von
Josef Maria Mayer
GESPRÄCH
ÜBER DIE SEELE
PLATON
UND AUGUSTINUS
AUGUSTINUS
Verehrter
Meister Platon, neulich sagte mir eine christliche Matrone namens
Elisabeth, sie glaube, die Seele sei vor der Empfängnis bei Gott
gewesen. Das hat mich bewogen, dich zu einem Gespräch über die
Seele einzuladen.
PLATON
Ja,
fürwahr, hochweiser Augustinus, deine Matrone Elisabeth hat meine
Vision verstanden. Es ist meine Vision, dass die Seele vor der
Zeugung durch den Mannessamen und der Empfängnis im Uterus der
Mutter bereits lebte. Wie du weißt, nennt man das Präexistenz der
Seele. Ich hatte die Vision, dass die Seele, die auf griechisch
Psyche heißt und einem Schmetterling verglichen wird, vor ihrer
Inkarnation in einem himmlischen Reich war, das ich den Himmel der
ewigen Ideen nenne. Dort schaute die Seele die Götter des Himmels,
dort schaute die Seele die Ideen der Schönheit, der Wahrheit, der
Güte und der Liebe. In diesem Himmel der Ideen war die Seele von
aller Ewigkeit. Es gibt keinen Anfang der Seele, sie hat weder Anfang
noch Ende, sie ist unsterblich, sie ist ewig.
AUGUSTINUS
Wenn
nun die Seele von Ewigkeit zu Ewigkeit existiert und lebt, so muss
man sie ja Gott nennen. Und so viele Myriaden Seelen es gibt, so
viele Götter gäbe es dann auch. Dann wären Zeus und die zwölf
Götter des Olymp nicht alles, dann gäbe es Myriaden Götter. Aber
was wir Gott nennen, ist der Ursprung von allem, die Ursache aller
Bewegung, das ewige Sein, das Höchste, das Absolute, was alles
umfängt und erfüllt und zugleich übersteigt, und darum kann es nur
einen Gott geben. Was Alles ist, Alles durchdringt, alles umgibt,
alles übersteigt, kann man nur als Einheit denken. Credo in Unum
Deum – ich glaube an den Einen Gott. Wenn es aber nur Einen Gott
gibt, der Ursprung von allem Lebendigen ist, können die Seelen nicht
ewige Götter sein, sondern müssen irgendwie abgeleitet sein von
diesem Gott. Die Seele ist also nicht göttlich und ewig. Was aber
nicht göttlich ist, das ist Geschöpf, was nicht ewig ist, das hat
einen zeitlichen Anfang. Wir Christen bekennen den Schöpfergott –
Creator ex nihilo – der alles geschaffen hat, die sichtbare und die
unsichtbare Welt. Gott ist der Schöpfer der unsichtbaren Seele und
der Schöpfer des sichtbaren Leibes. Wenn Mann und Frau sich in Liebe
vereinigen, werden sie zu Mitschöpfern mit dem Schöpfergott und so
bereitet der Schöpfer den Leib. Die Seele wird im Augenblick der
Zeugung und Empfängnis von Gott aus dem Nichts geschaffen und in den
Keim des Körpers im Schoß der Mutter eingehaucht oder, wie unsere
Dichter sagen, in einem Kuss Gottes mitgeteilt.
PLATON
So
leugnet ihr die Existenz der Idee der Seele?
AUGUSTINUS
Nein,
wir behaupten, dass der allwissende Gott die Seelen alle in seinem
Geist vorhergewusst hat. Die Ideen der Seelen sozusagen existierten
im Geist Gottes. Wenn wir deinen Schüler Aristoteles zu Rate ziehen
wollen, so ist die Seele die geistige Form des Körpers, aber der
ewige Logos ist die geistige Form der Seelen. Der Logos oder
Christus, der allein präexistent ist, ist die Form der Seelen, darum
wir sagen, dass jede menschliche Seele von Natur aus christlich ist,
denn sie ist im Bild und Gleichnis Christi geschaffen von Gott dem
Vater aus dem Nichts und im Geiste Gottes eingehaucht in den Körper.
PLATON
Nun,
wie die Seele in den Körper kommt, da sind wir unterschiedlicher
Meinung. Ich hatte von den alten Weisen Ägyptens die Lehre vom
Sündenfall der Seele vernommen. Da die Seele in der glückseligen
Anschauung der Ideen war oder, wenn man so will, die himmlischen
Götter geschaut hatte, nun aber offensichtlich in der finsteren
Materie unglücklich und unwissend ist, musste ich notwendiger Weise
auf einen Sündenfall der Seele schließen. Denn dass Zeus so grausam
wäre, die glückselige Seele aus dem Ideenhimmel aus purer Bosheit
in das Elend der finsteren Materie zu verbannen, das zu denken,
verbot mir meine Ehrfurcht vor dem Gott, denn ich die Güte nannte.
Worin genau der Sündenfall der Seele bestand, wurde mir von meinem
Daimonium nicht offenbart. Aber es muss sich im Himmel eine Tragödie
ereignet haben.
AUGUSTINUS
Uns
berichten die Heiligen Schriften der Hebräer von einem Sündenfall
am Anfang der Menschheit. Der Mensch ist ursprünglich von Gott sehr
gut geschaffen worden, als Mann und Frau, beide Abbilder Gottes. Und
sie lebten in Harmonie mit Gott, in Harmonie untereinander, in
Harmonie mit der Natur. Gott gab ihnen nur ein einziges Gebot. Aber
verführt von einem bösen Geist übertraten sie das einzige Gebot
Gottes. Sie kamen so in den Zustand der Trennung von Gott, das nennen
wir Sünde. Die Menschen untereinander kamen in einen Zustand des
Brudermordes. Und auch die Natur geriet durch den Fall des Menschen
in den Bereich des Krieges, der Vergänglichkeit und des Todes. Das
ist der Sündenfall der ersten Menschen, und seitdem lebt die
Menschheit im Bereich der Sünde. Die Sünde wird von Generation zu
Generation weitergegeben. Jede Seele, die geschaffen wird und in
einen Körper kommt, gerät in den Einflussbereich der Sünde. Zwar
ist die Seele von Gott gut geschaffen, aber durch die
Umweltverschmutzung der Erbsünde neigt die Seele zum Bösen. Diese
Erbsünde wird hinweggenommen durch das Bad der Wiedergeburt, das
Sakrament der Taufe. Darum sollen nach dem Befehl des Meisters Jesus
alle Menschen getauft werden. Einzig die Seele der Jungfrau Maria war
voll der Gnade, von ihrer Empfängnis an von der Erbschuld befreit,
denn der Logos wollte von einer makellosen Jungfrau geboren werden.
PLATON
Wie
dem auch sei, die Seele ist mit dem Leib verbunden. Aber dieser Leib
ist das Verließ der Seele. Der Körper ist ihr Kerker. Solange sie
im Körper ist, lebt sie in der Verbannung, ist sie fern von der
himmlischen Heimat. Ja, der Leib ist der Sarg der Seele. Darum übt
sich der Philosoph in den Tod ein. Ja, Philosophieren ist Einübung
ins Sterben. Im Tod scheidet sich die Seele vom Körper und fliegt in
die Freiheit. Auch der Philosoph erhebt sich über die körperliche
Schönheit und schwebt hinan zur geistigen Betrachtung der göttlichen
Schönheit.
AUGUSTINUS
Dagegen
halten wir Christen den Leib für gut. Der Schöpfer hat den Leib
geschaffen. Der Logos hat einen menschlichen Leib angenommen. Wir
empfangen den Leib Christi im Abendmahl. Die körperliche Vereinigung
von Mann und Frau besiegelt das Sakrament oder Mysterium der
christlichen Ehe.
PLATON
Ihr
erklärt die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau zu etwas
Göttlichem? Ich dagegen bevorzuge die keusche Knabenliebe, da der
Weise den schönen Jüngling mit keuscher Bewunderung für seine
Schönheit liebt, ohne sexuelle Begierde zu erfahren. Allein die
philosophische Liebe, die man nach mir auch platonische Liebe nennt,
ist der Seele wahrhaft würdig. Der Philosoph liebt nur mit den Augen
die Schönheit des Lieblings und mit den Ohren lauscht er der Seele
des Lieblings und der Schönheit der Tugend. Jede Begierde und
sexuelle Vermischung ist dem Philosophen ein Gräuel. Denn diese Art
von Liebe macht den Menschen den Tieren ähnlich.
AUGUSTINUS
Wir
erkennen zwei Lebensweisen, sich mit der Liebe Gottes zu vereinigen.
Die erste ist die heilige Ehe. Aber du musst sie nicht vergleichen
mit den Bordellen im Hafen von Korinth. Die christliche Ehe lebt in
aller Keuschheit die wechselseitige selbstlose Hingabe als einen
Spiegel der Liebe Christi zu seiner Braut Kirche. Die andere
Lebensweise ist die der Jungfräulichkeit. Die Jungfrau verzichtet
auf einen sterblichen Ehemann, um sich mit dem Bräutigam Jesus zu
vermählen. Auch wir haben weise Männer, die ehelos leben in einem
mystischen Verlöbnis mit der Weisheit Gottes.
PLATON
Ich
weiß, wie schwer es ist, die Leidenschaften zu zügeln. Ich weiß
nicht, ob ich die Apathie mein Ideal nennen soll. Ich meine, in der
Seele sind drei Kräfte. Die erste ist die Leibseele, sie gleicht
einem wilden Hengst, es sind die Triebe und stürmischen
Leidenschaften. Die zweite Kraft ist die Geistseele, auch sie gleicht
einem Hengst, einem edlen Ross. Die beiden Pferde ziehen den Wagen
der Seele. Auf dem Wagen der Seele steht der Jüngling Wagenlenker,
das ist die Vernunft des Menschen, sie muss die beiden Pferde lenken.
Wenn das Ross der Leidenschaften nicht von der Vernunft gezügelt
wird, reißt es den Wagen der Seele in den Abgrund.
AUGUSTINUS
Ja,
wenn ich sage, Leib und Seele sind von Gott sehr gut erschaffen, dann
muss ich doch dazu sagen, dass die Seele den Leib regieren soll und
nicht umgekehrt. Nun, auch ich behaupte drei Kräfte in der Seele,
nämlich Erkenntnis, Gedächtnis und Willen. Die Erkenntnis geschieht
mithilfe der Vernunft des Menschen und bezieht sich auf die göttliche
Weisheit als ihr Ziel. Das Gedächtnis erinnert sich an alle
gewonnenen Erkenntnisse und bewahrt sie in der Seele. Das Wollen
geschieht durch den menschlichen Willen und bezieht sich auf die
göttliche Liebe als ihr Ziel. Ich bin der Meinung, von diesen dreien
ist der Wille die wichtigste Kraft. Aber ich gebe auch zu, dass man
darüber streiten kann, denn wir haben in der Kirche auch Gelehrte,
die die Vernunft über den Willen stellen.
PLATON
Was
aber macht die Schönheit der Seele aus? Die Tugend ist die Schönheit
der Seele. Und was ist Tugend? Es gibt drei Tugenden und eine vierte.
Die Tugenden heißen Weisheit, Starkmut und Maß und die vierte ist
die Gerechtigkeit. Das könnten wir nun auch auf einen gerechten
Staat beziehen, aber bleiben wir beim einzelnen Menschen. Die
Weisheit ist die Tugend des Geistes, Klugheit, Erkenntnis und
Vernunft. Starkmut, Mut oder Tapferkeit ist die Tugend des Herzens,
das Gegenteil von Kleinmut und Verzweiflung. Das Maß, das Maßhalten,
die Mäßigung oder wenn du willst, Selbstbeherrschung und Keuschheit
ist die Tugend des Leibes. Die Gerechtigkeit nun verwirklicht sich,
wenn diese drei Tugenden verwirklicht sind. Ein Mensch mit einem
klugen Geist, einem mutigen Herzen und einem keuschen Leib ist ein
Gerechter.
AUGUSTINUS
Ich
stimme dir vollkommen zu. Wir Christen anerkennen diese menschlichen
Tugenden, die man auch Kardinaltugenden nennt. Aber wir kennen noch
drei weitere Tugenden, die wir die theologalen oder göttlichen
Tugenden nennen, nämlich den Glauben an Gott, die Hoffnung auf den
Himmel und die selbstlos schenkende Liebe. Und von diesen Tugenden,
die von Gott der Seele eingegossen werden, ist die Liebe die größte.
Glauben verwandelt sich in Schauen, Hoffnung in Erfüllung, allein
die Liebe bleibt in Ewigkeit.
PLATON
O
die Liebe! Meine Philosophie ist eine Philosophie für Liebende. Die
Liebe ist auch bei uns Griechen ein Gott, Eros, der älteste der
Götter, wie die Dichter sagen. Alles, was ich über Eros weiß, hab
ich von der Priesterin Diotima gelernt. Sie sagte: Eros ist nicht
Gott und nicht Mensch, sondern ein guter Dämon, ein Mittler zwischen
den Menschen und den Göttern. In der Präexistenz im Ideenhimmel
schaute die Seele die Idee der Schönheit. Als die Seele in den
Kerker des Körpers kam, trank sie von der Lethe, dem Fluss des
Vergessens, und vergaß die Idee der Schönheit. Allein Philosophen
und Künstler tranken nur einige Tropfen von der Lethe, sie erinnern
sich noch einigermaßen gut an die göttliche Schönheit. Wenn nun
auf Erden die Seele einen schönen Liebling sieht, erinnert sich die
Seele langsam wieder an die himmlische Idee der Schönheit. Dann
wachsen die Flügel der Seele wieder. Eros nämlich, der Dämon, ist
die Liebe zur Schönheit. Diotima spricht von einer Himmelstreppe zur
göttlichen Schönheit. Zuerst liebt der Mensch die körperliche
Schönheit des Lieblings. Dann beginnt er, die seelische Schönheit
des Lieblings zu lieben, die in der frommen Tugend besteht. Dann
lernt der Mensch, die Tugend an sich zu lieben, die Güte und
Frömmigkeit. Und von dort steigt die Seele auf zur Idee des Wahren,
Guten und Schönen, bis er die göttliche Schönheit in ekstatischen
Visionen schaut, welche die Dichter Aphrodite Urania nennen, die
Himmelskönigin. Und das allerhöchste Ziel der Liebe ist die
Gutheit, die höchste Gottheit, in deren Schau die Seligkeit der
liebenden Seele besteht.
AUGUSTINUS
Wir
kennen diese Liebe und nennen sie den aufsteigenden Eros. Aber wir
vervollkommnen diese Liebe durch die herabsteigende Agape. Jedoch,
mein geliebter Platon, immer wenn ich Eros höre, muss ich an den
platonischen Mythos von Eros und Psyche denken.
PLATON
Psyche
war ein Mädchen, schön wie Aphrodite. Der Jünglingsgott Eros
verliebte sich in Psyches Schönheit. Eros stieg vom Himmel herab, um
sich mit Psyche zu verloben. Er gab ihr ein Gebot, sie solle nicht
begehren, den unsichtbaren Gott zu schauen. Doch von ihren älteren
Stiefschwestern verführt, übertrat sie das Gebot. Eros kehrte ohne
Psyche in den Himmel zum Vater Zeus zurück. Psyche suchte nun ihren
himmlischen Geliebten. Sie musste manche Prüfung bestehen. Ja, sie
musste hinabsteigen zum Hades. Wenn ihr nicht des Eros Mutter, die
himmlische Aphrodite, geholfen hätte, sie wäre nie ans Ziel
gelangt. Aber Aphrodite führte sie schließlich nach vielen
Prüfungen zu ihrem Sohn im Himmel. Und dort feierten in einer
himmlischen Hochzeit Eros und Psyche die mystische Ehe.
AUGUSTINUS
Und
darin ist soviel Wahrheit! Denn der aufsteigenden menschlichen Liebe
muss die herabsteigende göttliche Liebe entgegenkommen. Und das ist
das Mysterium des Christentums, dass die göttliche Liebe herabstieg
vom Himmel auf die Erde, um sich mit der menschlichen Seele zu
verloben und sie heimzuholen zur himmlischen Hochzeit. Diese
herabsteigende Liebe nennen wir nicht Eros, sondern Agape. Dies tun
wir, damit wir nicht missverstanden werden. Denn die Hetären in den
Freudenhäusern von Korinth berufen sich auch auf Eros und meinen mit
Eros Unzucht, Hurerei und Ehebruch. Wir sprechen aber von der
göttlichen, selbstlos schenkenden Liebe. Und dennoch sagen unsere
Mystiker: Jesus ist unser Eros! Jesus ist der Bräutigam der Seele!
Unser Eros ward gekreuzigt! Unser Eros ist auferstanden!
PLATON
Sprechen
wir von der Befreiung der Seele. Wie wird Psyche erlöst? Ich sehe
keinen anderen Weg der Erlösung als den der Erkenntnis. Die Psyche
muss weise werden. Sie muss mit den Augen der Liebe alles immer
tiefer durchdringen, bis sie zur Schau der göttlichen Ideen
hindurchdringt. Dann erkennt sie ihr verlorenes Paradies. Dann
streift sie alle weltlichen und materiellen Fesseln ab und schwingt
sich mit den Flügeln der Liebe zur Schönheit geistig auf in den
Himmel, ins Elysium. Der Tod wird diese Befreiung vollenden. Nur die
Seele, die auf Erden schon allen Staub von sich abgeschüttelt hat,
kommt nach Elysium. Die fleischlich gesinnten Seelen kommen entweder
in den Hades oder sie werden wiedergeboren.
AUGUSTINUS
Ich
würde sagen, das ist Pelagianismus, denn diese Häresie lehrt, der
Mensch könne aus eigener Kraft selig werden. Aber die katholische
Offenbarung Gottes sagt, dass alle Menschen Sünder sind und nur
gerettet werden können durch den Retter und Erlöser Jesus Christus.
Der nahm alle Sünden auf sich und starb und ist auferstanden und
macht und gerechtfertigt vor Gott aus reiner Gnade durch den Glauben,
der in der Liebe tätig ist. Und diese Gnade des Erlösers wird uns
im Sakrament der Taufe zuteil und in den anderen Sakramenten, vor
allem der Eucharistie. Die Kirche feiert sieben Sakramente. Aber man
könnte das betende Lesen der Heiligen Schrift quasi das achte
Sakrament nennen. Also: Die Seele kann nur durch den Erlöser erlöst
werden. Wer sich der Erlösung verweigert, wird verdammt. Wer die
Erlösung annimmt, kommt entweder direkt in den Himmel oder er geht
zuvor durch eine Phase der Läuterung und kommt dann in den Himmel.
Eine Wiedergeburt lehrt die göttliche Offenbarung definitiv nicht,
sondern, wie der weise Paulus sagt: Wir sterben einmal und dann kommt
das Gericht.
PLATON
Nun
lehrte aber der weise Pythagoras, die Seele wandere von Körper zu
Körper. Darum aßen die Pythagoräer keine Bohnen, denn die Bohnen
waren Sitz der Ahnen. Auch der göttliche Mann Empedokles lehrte die
Metempsychose oder Reinkarnation. Wie ich auch einige Juden von
diesem Glauben flüstern hörte.
AUGUSTINUS
Ich
weiß, ich kenne diese mystische Synagoge. Auch am Indus fabeln sie
von der Wiedergeburt. Kann aber eine greise Seele wieder zu einer
kindlichen Seele werden? Kann eine menschliche Geistseele zu einer
animalischen Tierseele oder gar einer vegetabilen Pflanzenseele
werden? Die eine einmalige Seele ist die eine einmalige Form diesen
einen einmaligen Leibes. Der Mensch ist nicht allein die Seele mit
verschiedenen zufälligen Leibern, sondern der Mensch ist diese
einmalige Einheit von Leib und Seele. Weil der Mensch die Einheit von
Leib und Seele ist, darum lehren wir nicht allein die Unsterblichkeit
der Seele, sondern auch die Auferstehung des Fleisches.
PLATON
O
Unsterblichkeit der Seele! Sokrates sagte, die Seele ist das
Lebensprinzip des Leibes. Und was an sich ein Lebensprinzip ist, kann
nicht sterben. Auch umfasst die Seele ja den unendlichen Kosmos. Die
Seele bewegt sich frei von Raum und Zeit. Sie kann die Ewigkeit
umfassen in ihrer Meditation. Darum ist die Seele der Ewigkeit gemäß.
AUGUSTINUS
Ich
stimme dir vollkommen zu. Dazu kommt, dass die Seele ein
substanzielles eigenständiges und immaterielles Wesen ist. Beim
Zerfall des materiellen Körpers kann das immaterielle und
eigenständige Wesen der Psyche nicht mit zerfallen.
PLATON
Wie
wollen wir aber das ewige Ziel der Seele nennen? Wir Griechen nennen
es Elysium. Und unsere griechischen Dichter singen Oden an die
Freude, die Tochter aus Elysium. Elysium ist ein himmlischer Garten,
eine vollkommene Gegenerde. Dort leben die unsterblichen Seelen mit
den himmlischen Nymphen und schauen den Tanz der Ideen und die
Schönheit der unsterblichen Götter.
AUGUSTINUS
Wir
nennen die ewige Heimat Paradies. Nach der Auferstehung des Fleisches
werden die erlösten unsterblichen Seelen in ihren auferstandenen
unsterblichen Geistleibern schauen von Angesicht zu Angesicht die
Urschönheit der Urgottheit. Sie werden schmachten nach dem Genuss
der Gottheit und werden befriedigt von der Liebe Gottes. Aber sie
werden nicht so schmachten, dass sie unglücklich werden, denn sie
werden ja befriedigt. Aber sie werden auch nicht so befriedigt, dass
sie des Himmels überdrüssig werden, sondern sie werden auch ewig
schmachten. Und so wird die Seele im Geistleib hineingesogen in das
Liebesspiel der dreifaltigen Liebe der Einen Gottheit.
PLATON
Nun
haben wir aber genug philosophiert. Lass uns eine Flasche Wein
köpfen.
AUGUSTINUS
Ja!
Ich bin kein Abstinenzler, ich trinke gerne Wein, aber nicht zuviel,
wie es sich für einen Bischof gehört.
BINAH
Zuletzt
haben wir Chochmah oder "inspirierte Weisheit" diskutiert.
Wir kommen nun zu der zweiten der zehn Sefirot, zu der Binah oder
"verarbeiteter Weisheit", auch als deduktive Weisheit
bekannt.
Wir
haben eine Definition von Binah in der nicht-mystischen
Midrasch-Literatur, die Binah in der gleichen Weise wie die Kabbala
definiert, und zwar als Verständnis einer Idee aus einer anderen
Idee heraus.
Eine
Person hat eine Idee - von Chochmah inspiriert – aber so, wie es
ist, erscheint die Idee nicht wirklich nützlich; sie ist roh. Aber
dann fängt man an, sie zu analysieren. Was genau sind die Parameter
dieser Idee? Welche Axiome gibt es es auf dieser Grundlage? Was sind
alle Auswirkungen dieser Idee, und sind sie in sich konsistent? Was
sind ihre Anwendungen?
In
kabbalistischen Literatur werden die Metaphern eines "Vaters"
und einer "Mutter" verwendet, um diese Beziehung von roher
Idee und verarbeiteter Idee zu beschreiben.
Genau
wie ein Vater seinen Samen sät, so ist Chochmah ein bloßer Same.
Der Same des Vaters ist verschwindend klein, mit einem unentwickelten
Code, der bloße Potenzialität ist.
Es
der Mutterleib der Ort, da es sich zu entwickeln beginnt. Jede Zeile
des DNA-Codes beginnt eine menschliche Zelle zu werden, ein
angehendes Gewebe oder ein bestimmtes Organ. Hier ist die Fähigkeit,
den Keim eines Menschen zu entwickeln.
Diese
Beziehung wird in der talmudischen Literatur so ausgedrückt:
Der
Mann bringt Weizen und Wolle aus den Feldern nach Hause. Kann ein
Mensch Weizen essen? Kann er Wolle tragen? Die Frau nimmt diesen
Weizen und macht Mehl, dann Teig und dann Brot. Sie nimmt die Wolle,
spinnt, webt und näht.
So
sehen wir, dass die Frau das Potenzial in jedem Punkt entwickelt.
(Dies erklärt vielleicht die besondere Begabung in der Erziehung,
die Mütter besitzen, denn sie sind in der Lage, Potenzial bei
Kindern zu sehen, lange nachdem der Vater sie aufgegeben hat.)
Ein
weiterer Punkt über die Metapher eines Vaters und einer Mutter. Der
ursprüngliche Mensch - Adam - ward geschaffen aus "Nichts."
Er begann als Klumpen Lehm, in den der göttliche Atem eingeblasen
wurde. So ist die Essenz des Menschen, dass er vom "Nirgendwo"
genauso kommt wie Chochmah.
Eva
wurde jedoch aus Adam gemacht. Ihre Existenz beweist, dass sie ein
Werk aus Etwas ist.
Adam
schien eine Person zu sein, aber es wurde gezeigt, dass aus dieser
Person eine andere Person geschnitzt werden konnte. Oder richtiger -
innerhalb dieses Adams gab es latent eine ganze Person, die darauf
wartete, zu entstehen.
Die
Bibel erklärt dann, dass dies der Grund ist, dass eine Frau Ishah
genannt wird, denn sie ist vom Mann Ish gemacht.
Lasst
uns den Kontrast zwischen Chochmah und Binah in einem anderen Bereich
untersuchen: im Studium der Torah.
Der
Talmud sagt, die Torah ward Mose gegeben, dass er sie Israel gebe.
Damals empfing Mose auch die Kunst der Prozesse der logischen
Extrapolation, eine neue Torah aus dem vorhandenen Körper des
Gesetzes zu entwickeln. Mose war nicht erforderlich, um diese
Fähigkeit Israel in die Hand zu geben, aber aus seinem guten Herzen
tat er es. Tatsächlich wurde die Kunst sehr nützlich, denn als Mose
starb, hatte Israel viele Gesetze vergessen, und diese wurden durch
die Prozesse der Entwicklung restauriert.
Diese
Lehre des Talmud ist eigentlich eine Beschreibung der Rolle der
beiden, Chochmah und Binah, in dem Studium der Torah.
Die
Torah ist sicherlich ein Beispiel für Chochmah. Es gibt eine äußere
Injektion von Gottes Weisheit in die Welt. Ihre Gültigkeit stammt
nicht daher, weil wir sie verstehen, sondern vielmehr, weil Gott es
sagte, so ist es.
Doch
die Torah hat gleichzeitig eine interne Binah. Angesichts der
Grundlagen kann man die logische Extrapolation verwenden und den Rest
wieder aufbauen. Auch der Modus der Entwicklungskunst wurde uns
gegeben und erinnert sehr an Binah. Die Torah an sich wurde uns von
Gott gegeben durch die Person, die sie bereits empfangen hatte, aber
Binah (also die Entfaltungskunst) hat sie weiterentwickelt. Ähnlich
wie die Frau aus dem Mann gebildet wurde, der schon da war.
Tatsächlich
scheint für einen Außenstehenden die Methode des Studiums seltsam.
Auf der einen Seite zeigen die Schüler eine enorme Ehrfurcht vor der
Torah als Gottes Wort. Auf der anderen Seite wird jeder Punkt
akribisch mit der schärfsten logischen Analyse debattiert. Dies
liegt daran, dass die Torah tatsächlich beide Komponenten enthält:
Chochmah von Gott und die menschliche Binah oder Entfaltungskunst.
Fassen
wir zusammen. Chochmah ist Intelligenz, die nicht von den rationalen
Prozessen ausgeht. Sie wird entweder inspiriert oder gelehrt. Binah
ist der rationale Prozess, der einer Person angeborenen ist und
arbeitet, um eine Vorstellung voll zu entfalten.
INSTRUKTION
DER HAGIA SOPHIA
Die
Pracht der Weisheit:
Mensch,
da gibt es nichts, was ich lieber habe als dich, ich will dir alles,
was ich zu deinen Gunsten getan habe, zeigen, und alles, was du von
mir erwarten kannst, solange du mich lieben wirst.
Ich
bitte nur um dein Vertrauen, um mein Verlöbnis zu bitten, und ich
will dir hundertmal mehr geben als das, was ich dir versprochen habe.
Denn
ich zerstreue alle deine Ängste, lösche alle deine Zweifel aus.
Ich
bin die Kraft und das Licht.
Die
Gründe für des Menschen Elend:
Die
erste Frage, die dich quält: Darum findet man sich in einer dichten
Materie, deren Notwendigkeiten und Korruption dich in der Sklaverei
gefangen halten und dauernder Verwirrung.
Die
Emanation der Ältesten:
Um
deine Meinung zu erleichtern zu diesem Thema, werde ich dich lehren,
was vor der Bildung des Universums war: Ich ging von mir selbst aus
als geistiges Wesen, wie du es bist. Ich ging aus zu meiner eigenen
Ehre, so dass du mir darbringen kannst einen Kult der Liebe und
Verehrung, die mir gefallen, und zur gleichen Zeit bin ich glücklich
über den Zustand des glückselige Wesens dessen, der allein
versucht, mich zu ehren und zu lieben.
Das
Gesetz, Weisung und Gebot:
Alle
geistigen Wesen, die von mir ausgingen, waren frei.
Sie
hatten ein Recht in ihrer Ausstrahlung, waren zum Priester geweiht,
aber waren nicht in der Lage, den Grenzen der Natur zu entkommen und
daher nie meine Gleichen zu sein, aber heftig waren ihre Bemühungen.
Denn
ich bin das einzige Wesen, und es wird nie ein anderes sein wie ich.
Sie
hatten noch eine Vorschrift, um sie im Kult zu praktizieren, die dazu
da war, um die Essenz ihrer spirituellen Natur zu leiten und dass sie
ein Gebot erfüllen.
Wenn
diese Wesen nicht versucht hätten, die Grenzen, die ich ihnen
vorgeschrieben, zu überschreiten, wenn sie in meinen Geboten
gegangen wären und hätten nicht ihr eigenes Gebot gemacht, ich
hätte ihnen eine ununterbrochene Ruhe gelassen und unzählige
Köstlichkeiten wären ihr Lohn gewesen, und das Böse wäre noch
unbekannt.
Ihre
Freiheit:
Aber
unabhängig von mir, nach ihrem Willen und spirituellen Handlungen,
konnte ich nicht ihren freien Willen beschränken, ohne sie zu
zerstören. Sie hatten in sich ein Prinzip des unzerstörbaren
Lebens, das gebe ich allem, was aus mir hervor kommt. Und so ließ
ich sie handeln, wie sie wollten, ohne meine Intervention in jeder
Handlung der Wesen.
Meine
Gesetze sind unveränderlich. Wie ich mit mir trage die ewige Quelle
unendlicher geistiger Wesen, können alle, die von mir ausgehen,
nicht umhin, zu fühlen und zu wissen, wie sie mir geweiht sind,
dass, wenn sie von mir weichen, sie nur Verwirrung finden.
Mein
Gesetz kann nicht die alleinige Grundlage für ihre Freiheit sein,
sonst würden sie nicht meine Kinder sein, sondern eher meine
Sklaven.
Ausflüchte
wegen ihrer Freiheit:
Durch
die Kraft dieser Freiheit wagten die ersten geistigen Wesen in ihrer
Kühnheit, meinen Thron zu besteigen. Sie wollten meine Ewigkeit,
indem sie mir gleich sein wollten.
Sie
wollten meine Allmacht in meinem Betrieb der Schöpfung beschränken.
Schließlich
entwickelten sie den Plan, Schöpfer selbst zu sein, die dritte und
vierte Ursache, die sie wussten, die angeboren sind in meiner
Allmacht, da sie in ihrer Eigenschaft als göttlich-geistige Wesen
lesen konnten, was in meinem Herzen war.
Ihr
Fall:
Aber
mein Thron ist ewig und unerschütterlich, und nichts ist mir
verborgen, so drang ich in ihre kriminellen Gehirne, in denen einmal
diese Gedanken gebildet worden waren.
Ich
ließ sie wissen, dass es keine Macht gibt, die gegen meine bestehen
kann. Ich jagte sie weg von meinem heiligen Bezirk, wo sie erkennen
konnten meine göttliche Essenz, all das, was handeln sollte und
betreiben alle meine Herrlichkeit in den spirituellen Wesen, und
zwar: die überlegenen Häupter, die unteren und kleineren, obwohl
sie noch nicht ausgestrahlt waren.
Erschaffung
des physischen Universums:
Als
ich also mein Licht verweigerte, habe ich dieses physische Universum
der materiellen Formen geschaffen, in denen diese Provokateure
kontinuierlich ihre Erkrankung, die durch ihre mutwilligen Wünsche
erzeugt wurden, ausüben.
Die
Auswirkungen ihres Willens werden aber nicht für immer durchzusetzen
sein gegen die Gesetze der Ordnung und der Zeit, die ich habe
bestimmt in meiner Universal-Erschaffung, allgemeiner und spezieller
Art.
Es
liegt im Zentrum dieser Arbeit meiner Macht, dass ich für sie ein
Asyl in den Tiefen ihrer dunklen Operationen vorbehalten habe.
Emanation
des Menschen:
Also,
Mensch, öffnete ich mein Herz wieder, und du wurdest empfangen.
Ich
habe dir die Verteidigung meiner Ehre anvertraut, dir gab ich alle
Rechte, die ich genommen habe den Ältesten.
Ich
behaupte, deine Macht ist desselben Wesens, die andere Meister nicht
erkannt haben als ich allein.
Ich
gab dir Gesetze, Vorschriften und Gebote. Du warst frei, wie sie, um
die Freiheit zu meiner Ehre zu verwenden.
Aber
der Engel der Finsternis, der geschworen hat, alles, was mir gehört,
zu zerstören, ließ nicht ab von seinem Wunsch, dich zu verführen
und anders handeln zu lassen.
Des
Menschen Versuchung:
Er
deutete an den gleichen kriminellen Stolz in deiner Seele, der ihn
schon zum Objekt meiner Wut gemacht hatte. Er überzeugte dich, dass
es keine Grenzen für die Kraft gebe, die ich dir gab, und das du in
meinem Bild die gleichen Rechte wie ich hättest.
Statt
von sich weg zu jagen dieses Monster der Verwünschung, wie du die
Macht zu tun hattest, warst du niedrig genug, dich in diesem
Bestreben, das du dir vorgestellt, so schön zu sein zu dünken.
Er
nutzte dein Verhalten, um noch tiefer diese kriminelle Gedanken in
dein Herz einzuprägen.
Sein
Vergehen:
Und
bald wurdest du überredet, in Kraft dieses fatale Projekt zu
beginnen, das dich erschrecken sollte und dass sogar mehr als den Tod
selbst mit sich bringen sollte.
Sein
Elend:
Schreie,
Mensch, und gehe in dich in Bitterkeit.
Kenne
den Köcher deines Leidens, den du meiner Gerechtigkeit schuldest;
lerne, deine Verbrechen durch die Art und Weise deiner Strafe zu
richten: Denn mein Recht hat dich an dem Ort, an dem du gesündigt
hast, gequält, um sicherzustellen, dass deine Fehler dir klar vor
deinen Augen stehen.
Denke
daran, jeden Tag in deinem Leben, was es kostet, was du erhalten
hast, ein paar Strahlen meines Lichts, und du wirst sehen, wie weit
ich meine Rache reichen lasse zu allen, die mich empört haben.
Du
bewohntest eine Stätte der Ruhe und Klarheit: Du wurdest in einen
Abgrund der Verwirrung und Dunkelheit getaucht.
Du
lebtest: Du gerietest in einen Zustand, in dem du dein eigenes Grab
gegraben hast.
Du
warst der Meister, in meinem Bild erzeugt: Du wurdest Sklave von
Sklaven, der Ausgestoßene der Erde und des Himmels zu werden.
Aber
es kommt keine Qual und Verfolgung von mir, es kommen alle deine
Leiden von deinem Gegner, da du ihn über dich herrschen ließest.
Es
gibt nichts, was er nicht verwendet, um die geringsten Spuren der
Wahrheit bei dir zu verschlingen.
Er
ist nicht damit zufrieden, dass du fuhrst in seine dunklen Behausung;
er würde lieber sehen, dass du für immer dort bleiben würdest.
Güte
der Weisheit:
Aber,
Mensch, wie du das Objekt meiner Liebe immer noch bist, ich habe
meine Augen nicht von dir abgewandt.
Ich
habe mein Kind bestraft, so dass, auch wenn du meine Gerechtigkeit
fühltest, du wirst noch mehr das Gefühl meiner Gnade haben. Und
schließlich, bei der Erkennung der Größe meines Namens, wirst du
dich vor mir demütigen und du wirst mir dein Herz geben. Hätte ich
gewollt, dass du verloren gehst, möchte ich dich vollständig von
mir getrennt haben, da du derjenige warst, der sich mit Ausflüchten
von mir getrennt hatte.
Die
Kraft, dem Menschen gegeben:
Im
Gegenteil, ich hatte die Absicht, dir den Vorteil in deinem Kampf zu
geben, ich habe dich stark gegen den Feind bewaffnet, habe dir reiche
Beweise meiner Macht gegeben, dir sinnvolle Zeichen gesandt, um deine
Hommage an mich adressiert zu verbreiten, so wie ich diejenige bin,
die dich belohnen kann.
Schreibe:
O
mein Sohn, wie weit hast du durchgeführt deine Blindheit und
Unempfindlichkeit! Wenn du vergisst, was ich für dich getan habe und
was ich mache jeden Tag für dich! Meine größten Wunder begeistern
dich kaum; meine Geißel erschrickt dich nicht, meine donnernde
Stimme schlägt dich nicht, und meine Gesetze, überall in
unauslöschlichen Zeichen geschrieben, werden nicht auf dich
eingeprägt.
Also
warum sollte ich meine Dichtung in dein Herz legen? Nein, ich glaube
nicht, dass du von mir je mehr gehen wirst; ich möchte, dass du
diesen Zustand des Todes durchhältst, in dem du jeden Moment tiefer
sinkst.
Ich
will dich lehren, meine Arbeiten zu beobachten, ich möchte, dass
meine Wahrheiten in allen Schritten zu erkennen sind.
Des
Menschen Ressourcen:
So
musst du nicht mehr zögern, mich als deine Führerin zu nehmen, und
deine Seele wird gestehen, dass sie fest und unerschütterlich durch
das Leben gehen und immer in meinem Gesetz sein kann.
Beachte
die Formen und ihre Reihenfolge, wie du sie kennst, denn der erste
Einsatz von Sinnen ist es, alles um sich herum zu beobachten.
Du
wirst die Formen voneinander verschieden sehen; du wirst wahrnehmen
bestimmte Anteile und bestimmter Vorschriften dieser Formen, die alle
materiellen Wesen in all ihren Revolutionen regieren.
Dieser
Anteil wird dich befestigen und dich anziehen gegen deinen Willen.
Du
wirst spüren, dass du angezogen wirst durch die Anziehungskraft, die
du in allen Dingen, die es gibt, finden wirst.
Dies
ist die erste einfache Beobachtung, die du machen wirst, die Ewigkeit
meines Namens und der unveränderlichen Gesetze, die ich graviert
sogar auf die gröbsten Arbeiten mit meinen Händen, so dass du nie
Zweifel haben wirst.
DIE
APOSTELIN JUNIA
Paulus,
Brief an die Kirche von Rom, Kapitel 16, Vers 7:
„Grüßt
Andronikus und Junia, meine jüdischen Landsleute, die mit mir
gefangen waren. Sie nehmen unter den Aposteln einen hervorragenden
Platz ein und sind schon vor mir Christen geworden.“
1
Der
Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz hat gefordert, die
Allianz müsse „weiblicher werden“ – ein Ruf zu mehr Frauen in
geistlichen Leitungsfunktionen. Nicht nur Evangelikale, sondern auch
die großen reformatorischen Kirchen streiten darüber, ob eine Frau
in leitenden Ämtern dienen darf. Längst haben die meisten großen
Kirchen der Reformation die Debatte über die Frauenordination
beendet und Letztere eingeführt.
Unter
den Evangelikalen ist die Mehrheit der Auffassung, Frauen in ihren
Denominationen für den Dienst als Älteste und Pastorinnen
zuzulassen. Ein kleinerer Teil der Evangelikalen halten an der
Position fest, Frauen weiterhin den Zugang zu geistlichen
Leitungsämtern zu verwehren. Manche gehen so weit, dass sie die
radikale Forderung aufstellen „Die Frau schweige in der Gemeinde“
und gar ein absolutes Redeverbot für Frauen vertreten. Es sei der
Hinweis erlaubt, dass Paulus den Frauen der Gemeinde nicht untersagte
zu weissagen, solange sie sich an bestimmte Regeln hielten.
Die
Frau darf reden und beten in Gemeinde-Veranstaltungen. Dennoch sieht
das Neue Testament kein geistliches Leitungsamt für Frauen vor,
selbst wenn der Zeitgeist dies vehement einfordert. Ein Argument, das
die Befürworter der Frauenordination immer wieder anführen, ist der
Name Junia, der in Römer 16,7 angeführt wird. Junia wird von einer
Reihe von Auslegern als ein weiblicher Apostel betrachtet. Wenn das
Neue Testament weibliche Apostel kannte, so die Argumentation, dann
dürfe man Frauen den Dienst als Pastorinnen nicht verweigern.
Der
Kirchenvater Johannes Chrysostomus (viertes Jahrhundert) sprach von
dieser Person als einer Frau, aber der Kirchenschriftsteller Origenes
(drittes Jahrhundert) sah in dieser Person einen Mann, und der frühe
Kirchenhistoriker Epiphanius (viertes Jahrhundert) verwendet
ausdrücklich ein männliches Pronomen für Junia und schien
spezifische Informationen über ihn zu haben, wenn er sagt, dass
‚Junias, den Paulus erwähnte, Bischof von Apameia in Syrien
wurde.‘
Allerdings
hat da Epiphanius auch Priska als Mann deklariert. Woher Epiphanius
die Information hatte, dass Junias Bischof von Apameia wurde, bleibt
unklar. Man muss aber, wenn man Epiphanius folgen will, ebenso
erklären, wie Priskas Bischof oder. Priska Bischöfin wurde, die
Quellen des Epiphanius dürfen hier mit Recht angezweifelt werden.
Die
Meinungen, ob es sich bei Junia nun tatsächlich um einen Mann oder
eine Frau handelt, sind folglich nicht nur bei den modernen
Auslegern, sondern bereits bei den Christen der ersten Jahrhunderte
geteilt. Unterzieht man den griechischen Text einer textkritischen
Analyse, stößt man wiederum auf den Befund, dass der Name sowohl
maskulin als auch feminin sein kann. Letzteres ist aber besser
belegt. Die Übersetzer schließlich hatten die schwierige Aufgabe,
den Vers zu übersetzen, und erneut zeigen die unterschiedlichen
Übersetzungen. Vor kurzem ist eine neue Diskussion über die
Bedeutung des Textes entflammt. Denn der griechische Urtext kann
sowohl mit „angesehen bei den Aposteln“ als auch „hervorragend
unter den Aposteln“ (also angesehene Apostel) übersetzt werden.
Sind
also Andronikus und Junia selbst Apostel oder waren sie unter den
Aposteln bekannt? Doch eine rein grammatikalische Lösung dieser
Frage kann man dem Griechischen leider nicht entlocken. Man sollte
darum das Neue Testament auf den Begriff Apostel untersuchen, und so
kommt man zu dem Schluss, dass es sieben Arten von Aposteln kennt:
1.
Die 12 Apostel, die Wunder vollbrachten und neutestamentliche
Schriften verfassten.
2.
Paulus als ein einzigartiger Apostel, der eine besondere Berufung
hatte. Er wirkte Wunder und schrieb viele der neutestamentlichen
Briefe.
3.
Barnabas ist ein Apostel. Er wirkte Wunder, schrieb aber keine der
neutestamentlichen Schriften.
4.
Jesus selbst wird Apostel genannt. Er wirkte Wunder.
5.
Es gibt Apostel in dem Sinne, dass Personen „Gesandte“ waren. Sie
sind Boten und keine Wundertäter.
6.
Es ist möglich, dass jeder, der Christus vor Seinem Tod diente und
Ihn nach seiner Auferstehung sah, als Apostel bezeichnet werden
könnte.
7.
Es gibt falsche Apostel.
Es
gibt fünf Bedeutung des Wortes Apostel im Neuen Testament
Apostel
als vertretenden Beauftragten;
Apostel
als Beauftragten einer Gemeinde;
Apostel
als Träger der Verkündigung;
Apostel
als urchristliche Missionare;
Jesus
selbst als abschließende Offenbarung Gottes.
In
welche Kategorie nun fällt Junia? Junia ist kein Apostel, der den 12
Aposteln zuzurechnen ist, noch ist Junia ein Apostel wie Paulus oder
gar Jesus und auch kein falscher Apostel. Folglich wäre Junia ein
Apostel wie Barnabas in dem Sinne, dass Junia einfach gesandt war,
die Wahrheit zu verkünden.
Junia
war aber kein weiblicher Apostel in vollmächtiger Autorität über
die Gemeinde Christi. Junia war eine Apostelin im weiten Sinne, aber
keine Gemeindevorsteherin. Das Lehrverbot für Frauen in 1Timotheus
2,12 betrifft lediglich das Pastorale Belehren von Männern in der
Kirche. Darüber hinaus soll man Frauen ermutigen, sich
evangelistisch zu betätigen und einzubringen. Mission muss von
beiden Geschlechtern geleistet werden.
Bezüglich
der Frauenordination müssen aber noch zwei weitere Dinge
berücksichtigt werden. Erstens, die alttestamentliche
Schöpfungsordnung bleibt auch im Neuen Testament gültig; es gilt
nach wie vor: Der Mann ist das Haupt der Frau. Gleichzeitig aber gilt
auch: Es „ist im Herrn weder die Frau ohne den Mann, noch der Mann
ohne die Frau“ (1Korinther 11,11). Hiermit zeigt Paulus, dass die
Frau nicht abgewertet wird, sondern dem Mann gleichwertig ist. Es
wird deutlich, dass die schöpfungsgemäße Ordnung einerseits den
Mann zum Haupt der Frau macht, aber andererseits keine
Minderwertigkeit der Frau begründet. Dass Paulus bezüglich der
Stellung von Mann und Frau die Parallele zu Christus als dem Haupt
der Kirche anführt, will unmissverständlich zeigen, dass es sich um
Gottes ewige Ordnung handelt. Damit sollte jeder Zweifel ausgeräumt
sein, dass sich die paulinischen Ausführungen lediglich auf die
damalige Zeit oder Sitte bezogen. Für Paulus ist die Stellung von
Mann und Frau Gottes ewige Schöpfungsordnung.
Feministische
leitet aus der Gleichheit von Mann und Frau – „da ist nicht Mann
und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ – eine
Dienstemanzipation ab. Aus dem, was die Bibel sowohl über die
Schöpfungsordnung von Mann und Frau als auch über den Dienst der
Frau sagt, kann man das neutestamentliche Anliegen der Führungsrolle
des Mannes erkennen. Dies bedeutet konsequenterweise, dass die
geistliche Leitung dem Mann vorbehalten bleibt.
Das
oft angeführte Beispiel der Richterin Deborah steht hierzu nicht im
Widerspruch. Im Gegenteil: Wenn Männer in ihrer Rolle als Haupt und
Führer versagen, kann Gott Frauen in Diensten gebrauchen, die
eigentlich von Männern ausgeübt werden sollten. Im Siegeslied
Deborahs heißt es: „Es ruhten die Landbewohner (Es gab keine
Führer mehr), sie ruhten in Israel, bis ich, Deborah, aufstand“
(Richter 5,7). „Es gab keine Führer mehr“ – das ist die
biblische Analyse dafür, warum Gott eine Frau zur Richterin berief.
Selbst wenn Junia eine Apostelin gewesen wäre, muss man auch diese
Möglichkeit berücksichtigen, dass der Herr aus Mangel an
dienstbereiten Männern ausnahmsweise eine Frau in diesen Dienst
berufen hatte. Damit läge aber noch kein Präzedenzfall für die
Frauenordination vor.
2
Junia
oder Junias ist ein Apostel oder eine Apostelin, der oder die im
Römerbrief 16,7 zusammen mit Andronikus erwähnt wird.
Im
Römerbrief werden Andronikus und Junia erwähnt, die „angesehen
unter den Aposteln sind“. Der weibliche Name Junia wird dabei von
manchen Auslegern als Kurzform für den männlichen Namen Junianus
interpretiert. Neuer evangelische Bibeln fassen dagegen Junia als
Apostelin auf.
Für
eine Frau spricht auch, dass der Frauenname Junia in der
außerbiblischen antiken Literatur vielfach belegt ist, ein
Männername Junias aber bis heute nicht nachgewiesen werden konnte.
Die Ansicht, dass es sich bei der betreffenden Person um einen Mann
namens Junias handle, wird zum ersten Mal im 13. Jahrhundert in der
katholischen Kirche vertreten. Sie wird hier sehr schnell Gemeingut
der Ausleger und ist es bis heute geblieben, während die orthodoxen
Kirchen immer noch an der althergebrachten Auffassung festhalten.
In
den meisten älteren Bibelausgaben steht der Männername Junias.
Diesen Namen hat es für Männer in der Antike nicht gegeben, der
Frauenname Junia hingegen war üblich. Noch die Auslegungen zur Zeit
der Alten Kirche lasen hier Junia. Der Unterschied zwischen den
beiden Namen besteht nur in der Interpretation eines Akzents. Spätere
Ausleger konnten sich nicht mehr vorstellen, dass hier eine Frau als
Apostelin geehrt wird, deshalb veränderten sie den Text.
Wahrscheinlich
lautete der Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten Kirche
und noch bis ins 13. Jahrhundert wurde er als Frauenname verstanden.
Alle
Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein
ist etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke,
welch großes Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau
gewesen sein, dass sie für den Titel Apostel würdig befunden
wurde.“
Der
erste Ausleger, bei dem der Name Junias auftaucht, ist Aegidius von
Rom (13. Jahrhundert).
Seit
dem Jahre 2012 gibt es in Deutschland eine Junia-Kirche: Die
Gemeindeversammlung der alt-katholischen Gemeinde Augsburg hat in
einer Gemeindeversammlung 2011 über die Namensgebung der neu
gebauten Kirche abgestimmt und sich mit großer Mehrheit für die
Apostelin Junia entschieden. Die Kirche wurde 2012 durch einen
Bischof geweiht.
3
In
der Bibel wird zwischen »den Zwölfen« und dem Apostelkreis
unterschieden. Das ist nachzulesen in den Versen, in denen
Paulus aufzählt, wer den Auferstandenen gesehen hat. Da werden die
Zwölf genannt, dann 500 Geschwister und am Ende apostoloi.
Schließlich bezeichnet sich Paulus selbst als Apostel. Auch
Barnabas, der Begleiter des Paulus, wird Apostel genannt . Als
Apostel galten diejenigen, die die Auferstehung Jesu bezeugen konnten
und die sich von Jesus dazu beauftragt wussten. Auch Frauen waren
unter den apostoloi. Im Brief an die Gemeinde in Rom 16,7 lässt
Paulus zwei Personen grüßen. Sie heißen Andronikus und Junias und
werden als »berühmt unter den Aposteln« bezeichnet. Dazu gibt es
in den neueren Ausgaben der Bibel eine Anmerkung: „Wahrscheinlich
lautete der Name ursprünglich weiblich Junia. In der alten Kirche
und noch bis ins 13. Jahrhundert wurde er als Frauenname verstanden.
Für eine Frau spricht auch, dass der Frauenname Junia in der
außerbiblischen antiken Literatur vielfach belegt ist, ein
Männername Junias aber bis heute nicht nachgewiesen werden konnte.“
Die orthodoxen Kirchen des Ostens wissen seit jeher, dass Junia eine
Frau war. Die griechisch-orthodoxe Kirche zählt Junia gemeinsam mit
ihrem Gefährten Andronikus zum Kreis der Apostelinnen und Apostel.
In der Kunst wird Junia zuweilen zusammen mit Andronikus und dem
Wundertäter Athanasius abgebildet. Die Geschichte der
Geschlechtsumwandlung der Apostelin Junia trägt Züge eines
historischen Kriminalromans. Die amerikanische Theologin Bernadette
Brooten hat diese verdrängte Frauengeschichte offen gelegt. In ihrem
Aufsatz: „Junia, hervorragend unter den Aposteln“ zeichnete sie
das Verschwinden der Apostelin Junia zugunsten eines Apostels Junias
nach. Der frühen Christenheit war es selbstverständlich, dass es
sich bei Junia um eine Frau handelte, zumal es den Männernamen
Junias nicht gab. Der Kirchenvater Johannes Chrysostomos würdigte
Junia im 4. Jahrhundert: „Ein Apostel zu sein ist etwas Großes,
aber hervorragend unter den Aposteln – bedenke, welch wunderbares
Loblied das ist. Sie waren hervorragend aufgrund ihrer Arbeit und
ihrer rechtschaffenen Taten. Wie groß muss doch die Weisheit dieser
Frau gewesen sein, dass sie für den Titel Apostel würdig gefunden
wurde!“ Andere Kommentatoren haben sich dem Kirchenvater
angeschlossen, bis im 13. Jahrhundert Aegidius von Rom den Namen als
männlich einordnete. Damit begann eine Tradition, die sich bis heute
in Bibelausgaben gehalten hat. In der maßgeblichen
wissenschaftlichen Textausgabe des Neuen Testaments geschah diese
Verwandlung später: Bis zur Auflage von 1923 stand im griechischen
Text korrekt der Frauenname Junia. Erst zu dem Zeitpunkt, als Frauen
erstmals zum Theologiestudium zugelassen wurden und Pfarrerinnen
werden wollten, nämlich ab der Ausgabe von 1927, wurde aus der Frau
Junia der Mann Junias gemacht, ohne diese Verfälschung des Textes
kenntlich zu machen. Die Textmanipulation hatte enorme Auswirkungen
auf fast alle deutschsprachigen Bibelübersetzungen im 20.
Jahrhundert. Bis zur Auflage von 1963 waren wenigstens im
wissenschaftlichen Apparat zu Römer 16,7 die griechischen Belege aus
den ersten Jahrhunderten für den Frauennamen Junia aufgelistet. In
der Auflage von 1986 verschwanden sie und wurden erst in der Auflage
von 1997 wieder wissenschaftlich korrekt aufgenommen. Dennoch konnten
die Herausgeber sich nicht dazu durchringen, endlich auch im Text
selbst die weibliche Form Junia zu übernehmen. Erst 1998 iwurde
dieser Texteingriff korrigiert. Endlich steht im Griechischen wieder
der Frauenname Junia.
4
In
neuerer Zeit wird die These, dass es in den apostolischen Gemeinden
keine weibliche Apostel, Lehrer und Gemeindeleiter gab, gerne mit der
Vermutung zu widerlegen versucht, dass in Römer 16,7 ein weiblicher
Apostel namens "Junia" erwähnt sei.
Dabei
sei bemerkt, dass schon die Deutung des Textes nicht ganz einfach
ist, denn der griechische Text lässt sich verschieden lesen. Das
machen die verschiedenen Übersetzungen deutlich:
„Grüßet
Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine Mitgefangenen,
welche unter den Aposteln ausgezeichnet (oder:bei den Aposteln
angesehen) sind, die auch vor mir in Christo waren." Oder:
„Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine
Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind (vielleicht
auch in dem Sinn, dass sie unter den Aposteln angesehen sind), die
schon vor mir in Christus waren!“ Oder: „Grüßet den Andronikus
und den Junias, meine Gefreundeten und meine Mitgefangenen, welche
sind berühmte Apostel und vor mir gewesen in Christo.“ Oder:
„Grüßt Andronikus und Junias, meine Stammverwandten und
Mitgefangenen, die berühmt sind unter den Aposteln und schon vor mir
in Christus gewesen sind.“ Oder: „Grüßet Andronicus und Junias,
meine Verwandten und Mitgefangenen, welche unter den Aposteln
angesehen und vor mir in Christus gewesen sind.“ Oder: „Grüßt
Andronikus und Junias, meine Stammesgenossen und Mitgefangene, welche
sind hervorragend unter den Aposteln, die auch vor mir gewesen sind
in Christus!"
Man
ist bezüglich der Deutung von Römer 16,7 unterschiedlicher
Auffassung. Es könnte sein, dass Andonikus und Junias sehr angesehen
unter den Apostel sind, aber selbst keine Apostel sind, oder sie sind
als Apostel ausgezeichnet und anerkannt unter den Aposteln.
Von
einigen Auslegern, wird die These vertreten, dass es sich bei
"Junias" um einen weiblichen Vornamen handelt. Diese
Interpretation ist jedoch nicht sicher. Bei der paulinischen Neigung
zu abgekürzten Namen erklärt sich das Wort vielleicht als Kurzform
Junias für den häufig männlichen Namen Junianus.
Die
Vorstellung, dass Paulus einerseits einen weiblichen Apostel grüßen
lässt und andererseits in Übereinstimmung mit der Praxis der
gesamten Christenheit den Frauen im Gottesdienst jede Form der
Wortverkündigung untersagt, ist historisch unwahrscheinlich.
Gegen
die Hypothese, dass in Römer 16,7 von einem weiblichen Apostel die
Rede ist, spricht außerdem der Befund, dass im ganzen Neuen
Testament keine einzige Stelle auch nur leise auf die Existenz
weiblicher Apostel hindeutet. Vielmehr bezeugen die Evangelien
ausdrücklich, Jesus habe nur Männer in den Zwölferkreis berufen.
Da die in Römer 16,7 erwähnte Person schon vor Paulus Christ wurde,
müsste man zu der historisch unwahrscheinlichen Annahme greifen,
dass die Urkirche schon bald nach der Auferstehung Jesu die Praxis
ihres Herrn beiseite geschoben und Frauen zum Apostelamt zugelassen
habe. Man müsste annehmen, dass eine derartige revolutionäre
Neuerung der Urkirche in der Apostelgeschichte des betont
frauenfreundlichen Lukas hätte erwähnt werden müssen, wo doch
Lukas sogar die Mitteilungen macht, dass die Töchter des Philippus
Prophetinnen waren und dass Priszilla zusammen mit Aquila dem
korinthischen Juden Apollos Unterricht in den biblischen Schriften
gab.
5
Der
Text in Römer 16,7 bezieht auch auf das Erlebnis des Apostels Paulus
in Damaskus und ehrt Andornikus und Junia. Die Bezeichnung als
Apostel, die einen hervorragenden Platz einnehmen, gibt darüber
Aufschluss, dass bereits nach dem Tode der ersten Apostel neue
Apostel eingesetzt wurden. Junia wurde bereits einige Zeit vor dem
Apostel Paulus zur Christin.
Es
gibt auch Auslegungen, die behaupten, hinter dem Namen Junia verbirgt
sich der eigentliche Männername Junianus, allerdings gehören diese
heute eher zur Minderheit.
Diese
Auslegung stützt sich auf 1. Timotheus 2,12: "Einer Frau aber
gestatte ich das Lehren nicht, auch nicht dass sie über den Mann
herrsche, sondern sie soll sich still verhalten." Dem entgegen
steht allerdings, dass viele Frauen der Urkirche auch Gemeinden
gegründet haben. Des Weiteren ist ein Männername Junias in der
Antike nicht belegt.
Die
Mehrzahl der Theologen und alle Kirchenväter halten Junia für eine
Frau.
Alle
Kirchenväter halten Junia für eine Apostelin. Bei Johannes
Chrysostomos findet sich folgende Bemerkung: „Ein Apostel zu sein
ist etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke,
welch großes Lob das ist. Wie groß muss die Weisheit dieser Frau
gewesen sein, dass sie für den Titel Apostel würdig befunden
wurde.“
In
der Orthodoxen Kirche nimmt Junia einen besonderen Platz ein. Von
Junia und Andronikus wird gesagt, dass sie viele apostolische Reisen
tätigten und dass sie den Heiden das Evangelium durch ihre Predigt
näher brachten. Hierdurch konnte Junia viele Menschen dazu bewegen,
sich Christus anzuschließen. Später starb Junia den Märtyrertod.
DIE
JUNGFRAUEN DES HOCHGEBETS
PERPETUA
UND FELICITAS
Der
Text ihrer Passion gliedert sich in insgesamt vier verschiedene
Teile: In ein Vorwort des Herausgebers, in die Aufzeichnungen
Perpetuas selbst, die Beschreibung einer Vision des Saturus, die von
diesem selbst stammt, und in der Darstellung des Martyriums der
Perpetua durch den Herausgeber mit einem abschließenden Nachwort. In
seinem Vorwort weist der Herausgeber darauf hin, dass es äußerst
wichtig ist, auch neuere Leidensgeschichten festzuhalten und ihrer zu
gedenken, um so der Verehrung Gottes Ausdruck zu geben und zugleich
den Glauben der Menschen zu stärken.
Perpetua
stammte aus vornehmem Haus, war etwa zweiundzwanzig Jahre jung,
klassisch gebildet, verheiratet und hatte einen Sohn im
Säuglingsalter. Sie wurde ebenso wie ihre schwangere Sklavin
Felicitas sowie die Christen Revocatus, Saturninus und Secundulus
verhaftet. Alle waren Katechumenen.
Perpetuas
Ausführungen beginnen mit ihrer Beschreibung der Besuche ihres
Vaters in der Untersuchungshaft. Dieser versuchte immer wieder, sie
vom katholischen Glauben abzubringen, konnte jedoch die wenige Tage
später stattfindende Taufe nicht verhindern. Aus der
Untersuchungshaft wurden Perpetua und ihre Gefährten schließlich in
den Kerker gebracht. Detailliert schilderte Perpetua ihre Ängste und
Sorgen, besonders auch um ihr Kind. Durch Bestechung erreichten zwei
Diakone, dass Perpetua ihr Kind sehen und einige Tage bei sich im
Kerker behalten durfte. Schließlich übergab sie es in die Obhut
ihrer Mutter und ihres Bruders.
Um
zu erfahren, ob ihr und ihren Gefährten das Martyrium oder die
Freilassung bevorstehe, erbat Perpetua von Gott eine Vision.
Daraufhin erschien ihr folgendes Bild: Eine schmale Leiter, die sich
bis zum Himmel erstreckte und an der für die Hinaufsteigende
gefährliche Eisenwerkzeuge hingen. Unter der Leiter lauerte ein
Drache. Zunächst erklomm Saturus die Leiter. Saturus hatte Perpetua
und ihre Gefährten zum Christentum geführt. An dieser Stelle
erwähnt Perpetua auch, dass Saturus sich freiwillig gestellt hatte
und ihnen in die Gefangenschaft gefolgt war. Perpetua folgte ihm die
Leiter hinauf. Oben angekommen, erblickte sie einen alten Hirten, der
ihr von einem köstlichen Käse zu essen gab. Als sie schließlich
erwachte, gelangte sie zu der Erkenntnis, dass das Martyrium
bevorstehe.
Als
bekannt wurde, dass die neu Getauften verhört werden sollten,
unternahm Perpetuas Vater einen weiteren Versuch, sie in ihrem
katholischen Glauben zu erschüttern, blieb aber wieder erfolglos.
Beim Verhör auf dem Forum bestätigten alle Gefährten ihr
Bekenntnis zu Christus. Auch hier erschien Perpetuas Vater, konnte
seine Tochter aber nicht an ihrem Bekenntnis hindern. Das Urteil sah
vor, dass alle mit den anderen den wilden Tieren vorgeworfen würden.
Im Anschluss kehrten sie in den Kerker zurück.
Bei
dem gemeinsamen Gebet kam Perpetua die Erinnerung an ihren Bruder,
der mit sieben Jahren an einem Geschwür gestorben war. In der
folgenden Nacht träumte sie von ihm: Trotz seines großen Durstes
gelang es dem kleinen Jungen nicht, aus dem großen Brunnen vor ihm
zu trinken. Perpetua wollte ihm helfen, doch zwischen ihnen lag ein
großer Abgrund. Ab diesem Tag betete sie täglich für ihn, bis zu
ihrer Verlegung ins Militärgefängnis. Von diesem aus sollten sie zu
ihrer Hinrichtung bei den Spielen zu Ehren des Kaisers gebracht
werden. In einer zweiten Vision sah Perpetua erneut ihren Bruder, der
nun ein gepflegtes und sauberes Äußeres hatte und dessen Wunde sich
nun geschlossen hatte. Das Wasserbecken war niedriger und aus dem
Brunnen floss beständig Wasser, sodass der Junge seinen Durst
endlich stillen konnte. In ihrer letzten Vision kämpfte Perpetua
gegen einen Gladiator, wobei sie siegreich hervorging und erkannte,
dass sie nicht gegen die Tiere, sondern gegen den Teufel selbst
kämpfen musste.
Es
folgt eine Schilderung der Vision des Saturus: Nachdem die Gefährten
gestorben waren, wurden sie von vier Engeln in das Paradies getragen.
Als sie hinausgingen, sahen sie vor dem Tor einen Bischof und einen
Presbyter. Diese warfen sich ihnen traurig zu Füßen und
berichteten, ihr Volk sei zerstritten, seitdem sie fortgegangen
seien. Perpetua tröstetete sie, doch die Engel schickten sie weg und
sagten, dass sie selbst alles in Ordnung bringen sollten. Als sich
die Tore schlossen, sahen sie innerhalb der Stadt viele Brüder und
auch Märtyrer. Fröhlich erwachte Saturus.
Die
schwangere Felicitas hatte Angst, dass sie nicht mit ihren Gefährten
das Martyrium mit den anderen erleiden könne, da es nicht erlaubt
war, Schwangere hinzurichten. Ihre Gefährten beten für sie und im
achten Monat gebar sie ein Mädchen, das eine ihrer Schwestern
aufnahm und erzog. Am letzten Tag im Kerker überredete Perpetua den
Wächter, sich zu Ehren von Cäsars Geburtstag erfrischen zu dürfen,
um bei der Vorführung besser auszusehen. Als die Märtyrer voller
Freude und ohne Furcht in das Amphitheater schritten, kamen die
wilden Tiere in die Arena. Da sich die Märtyrer ihre Todesart wählen
durften, wurden Sarturninus und Revokatus den wilden Tieren der Arena
vorgeworfen. Für Perpetua und Felicitas hielt der Teufel eine wilde
Kuh bereit. Da die wilde Kuh die beiden nur verletzte, wurden sie an
den Rand der Arena zurückgerufen. Die übrigen Märtyrer gaben sich
den Friedenskuss, der das Martyrium vollendete, und traten wieder in
die Mitte der Arena, um zu sterben. Ein junger Gladiator versuchte,
Perpetua zu erstechen, doch es gelang ihm nicht. Sie führte sein
Schwert an ihre Kehle, denn eine solche geistliche Frau konnte nicht
anders sterben, als wenn sie es selbst wollte. .
Perpetua
wird häufig in der Arena mit einer angreifenden wilden Kuh als
Attribut dargestellt. Einige Darstellungen zeigen sie auch mit ihrem
Kind im Kerker.
Der
Gedenktag von Perpetua und Felicitas ist in der Katholischen Kirche
der 7. März. An diesem Tag gedenken ihrer auch die Evangelischen und
die Anglikaner.
LUCIA
Eine
Grabinschrift um 400 in der Katakombe San Giovanni in Syrakus und
ihre Erwähnung in allen Martyrologien lassen es sicher sein, dass
sie gelebt hat. Um 600 gab es bereits ein Luciakloster in Syrakus und
Rom.
Die
frühesten Beschreibungen ihres Martyriums sind aus dem 5.
Jahrhundert erhalten, sie darin wurden zahlreiche Wunder berichtet.
Lucia war die Tochter eines reichen römischen Bürgers von Syrakus,
der jedoch früh starb. Ihre Mutter Eutychia wollte sie verheiraten,
doch Lucia hatte die Jungfräulichkeit um Christi willen gelobt und
verweigerte die Verlobung mit einem sterblichen Mann. Als ihre Mutter
auf einer gemeinsamen Wallfahrt zum Grab der heiligen Agatha nach dem
Gebet zur heiligen Agatha von den Leiden des Blutflusses geheilt
wurde, stimmte Eutychia dem Gelübde Lucias zu. Lucias
zurückgewiesener Bräutigam klagte sie in der Diokletianischen
Verfolgung als Christin an. Der Richter Paschasius wollte sie in ein
Bordell bringen lassen, doch auch ein Ochsengespann und tausend
Männer konnten sie nicht fortbewegen. Nach verschiedenen Martern und
Wundern wurde sie schließlich mit einem Schwertstich getötet.
Vorher hatte man ihr die Augen herausgerissen.
Ihre
Reliquien wurden um 1038 nach Konstantinopel und von dort 1204 nach
Venedig gebracht. Dort wurde sie zunächst in der Kirche Santa Lucia
beigesetzt. 1860 wurde diese abgerissen. Ihre Gebeine wurden in die
nahegelegene Kirche Sante Geremia e Lucia umgebettet. 1935 wurde für
die Reliquie ihres Hauptes eine Silbermaske angefertigt.
Der
Gedenktag der heiligen Lucia ist der 13. Dezember. Er ist oft
verbunden mit Lichtriten, da er vor der Gregorianischen
Kalenderreform auf die Wintersonnenwende fiel.
An
Sankt Lucia ist der Abend nah dem Morgen.
An
Sankt Lucia wird der Tag in Nacht verborgen.
Die
Heilige wird bei Augenleiden, Blutfluss, Halsschmerzen und Ruhr
angerufen. Sie ist die Patronin der Armen, der Blinden, der reuigen
Dirnen, der kranken Kinder und der Städte Syrakus und Venedig. Auch
die Bauern, Elektriker, Glaser, Kutscher, Messerschmiede, Näherinnen,
Schneider, Schreiber und Weber haben sie zur Patronin.
In
der Ikonographie wird die Heilige mit dem Schwert und dem Palmzweig
des Martyriums, einem Buch, einem Kranz aus Rosen oder einer Öllampe
als Attribut der geweihten Jungfrau dargestellt, oft auch mit ihren
ausgerissenen Augen, die sie in einer Schüssel trägt.
In
Schweden und anderen nordischen Ländern ist das Luciafest am 13.
Dezember ein fester Bestandteil des vorweihnachtlichen Brauchtums. Es
ist geprägt vom Tragen weißer Gewänder und häuslichen Elementen
wie traditionellem Gebäck und Gesang. Die Feierlichkeiten beginnen
am Morgen in der Familie und setzen sich in Kindergärten, Schulen
und am Arbeitsplatz fort.
Eine
besondere schwedische Ausprägung des Festes lässt sich für das
Mittelalter nachweisen. Aus dieser Zeit gibt es Berichte über
Feierlichkeiten, mit denen die Landbevölkerung das Ende der
vorweihnachtlichen landwirtschaftlichen Arbeiten und den Beginn des
Weihnachtsfastens beging. Zu einem landesweiten Brauch entwickelte
sich das Luciafest dagegen erst in den letzten hundert Jahren. Ende
des 19. Jahrhunderts griff Stockholm die westschwedischen
Luciatraditionen auf, um sie für kommende Generationen zu bewahren.
In der Folge fand das Luciafest einen festen Platz im schwedischen
Brauchtum.
In
Kroatien wird am Gedenktag der heiligen Lucia traditionell ein wenig
Weizen in einer Schale ausgesät. Der Weizen grünt bis zum
Weihnachtsfest und steht als Symbol für das neue Leben und die
Hoffnung inmitten des Winters. Manchmal wird der Weizen mit einem
Band in den kroatischen Nationalfarben rot, weiß und blau umfasst.
Teilweise werden ein Apfel oder eine Kerze in der Mitte des Weizens
aufgestellt. Nach den Feiertagen wird das Getreide nicht weggeworfen,
sondern an Vögel gegeben.
SANKT
AGNES
Die
heilige Agnes stammte aus einer römischen Adelsfamilie. Als der Sohn
des Präfekten von Rom die zwölfjährige Agnes zur Frau nehmen
wollte, bekannte sie, dass sie ihn niemals heiraten kann, da sie die
Ehelosigkeit um Christi willen gelobt hatte. Daraufhin ließ er Agnes
vor Gericht stellen. Doch auch die Drohungen des Richters vermochten
nicht, sie von ihrem Gelübde abzubringen.
Da
das römische Recht die Hinrichtung von Jungfrauen verbot, befahl
man, Agnes vollständig zu entkleiden und anschließend zu
vergewaltigen. Daraufhin bedeckte auf wundersame Weise ihr langes
blondes Haupthaar ihren gesamten Körper, und der ganze Platz
erstrahlte in weißem Licht. Bei dem Versuch, sie zu vergewaltigen,
wurde der Sohn des Präfekten von einem Dämon heimgesucht und starb
unter Qualen. Agnes hat ihn aber durch ihr Gebet ins Leben
zurückgerufen, worauf sie als Hexe bezeichnet wurde. Als man Agnes
daraufhin auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollte, ist selbst das
Feuer vor ihr zurückgewichen.
Schließlich
enthauptete ein römischer Soldat Agnes mit dem Schwert in der Art,
wie man Lämmer schlachtet. Daher erscheint die heilige Agnes oft in
Verbindung mit einem Lamm (agnus).
Die
Reliquien der heiligen Agnes befinden sich in der Kirche Sankt Agnes
vor den Mauern in Rom. Der Bau der ursprünglichen Kirche Sankt Agnes
ist mit dem Mausoleum Sankt Costanza verbunden. Nachdem er jedoch
verfallen war, ließ Papst Honorius unmittelbar daneben eine kleine
Basilika errichten, die ebenfalls der Heiligen Agnes geweiht wurde.
Die römische Kirche Sankt Agnes in Agone an der Piazza Navona steht
an der Stelle, an der Agnes das Martyrium erlitt.
Der
Gedenktag der Heiligen ist in der katholischen, der orthodoxen, der
anglikanischen und der lutherischen Kirche der 21. Januar. In der
katholischen Kirche wird die heilige Agnes als Schutzpatronin der
Jungfrauen und der jungen Mädchen, der Verlobten und der Keuschheit
angerufen. Die Heilige Agnes ist eine von mehreren Jungfrauen und
Märtyrinnen, deren Name im ersten Hochgebet genannt wird. Aus den
Schriften des Kirchenvaters Ambrosius von Milano geht die große
Verehrung und Wertschätzung hervor, welche die Heilige bereits zu
seinen Lebzeiten genoss.
Am
Gedenktag der heiligen Agnes segnet der Papst die Agnes-Lämmer. Mit
der Wolle dieser Lämmer werden die Pallien hergestellt, die am
Hochfest Peter und Paul den im vergangenen Jahr ernannten
Erzbischöfen überreicht werden. Ab dem Tag Sankt Agnes soll man
keine Neujahrswünsche mehr versenden.
Und
wenn der Agnes Tag gekommen,
Wird
neuer Saft im Baum vernommen.
Die
kleine Jungfrau-Agnes-Sonne
Hat
weder starke Kraft noch Wonne.
Die
Sonne scheint am Agnes-Tag,
Die
Frucht wurmstichig werden mag.
Ziehn
Wolken überm Erdengrund,
So
bleibt die Ernte stets gesund.
AGATHA
Agatha
wurde auf Sizilien als Tochter wohlhabender Eltern geboren. Als
gottgeweihte Jungfrau lehnte sie den Heiratsantrag des heidnischen
Statthalters von Sizilien, Quintianus, ab, da sie die
Jungfräulichkeit um des Himmelreiches willen gelobt hatte. Weil
Agatha ihn zurückwies, ließ sie der Statthalter für einen Monat in
ein Freudenhaus verschleppen. Da sie ihn nach dieser Zeit immer noch
ablehnte, veranlasste Quintianus ihre Verurteilung und ließ ihr die
Brüste abschneiden. Nach dieser Folter erschien ihr nachts der
heilige Petrus und pflegte ihre Wunden. Als man dies bemerkte, ließ
der Statthalter Agatha auf glühende Kohlen legen, wodurch sie starb.
Sie
flüchtete zwischenzeitlich nach Malta, wo sie sich für einige Zeit
in den Katakomben verbarg, die heute Sankt-Agatha-Katakomben heißen.
Etwa
ein Jahr nach ihrem Tod brach der Ätna aus, und die Einwohner von
Catania zogen mit dem Schleier der Heiligen Agatha dem Lavastrom
entgegen, der daraufhin zum Stillstand kam.
Agatha
liegt in der Kathedrale von Catania begraben und ist die
Schutzpatronin der Malteser, der Stadt Catania, der Armen und
Hirtinnen, der Glocken- und Erzgießer, der Weber und der
Goldschmiede. Sie gilt als Helferin bei Brusterkrankungen,
Viehseuchen, Erdbeben und Ausbrüchen des Ätna. In den nördlichen
deutschsprachigen Gebieten und der Schweiz ist die heilige Agatha die
Schutzpatronin der Feuerwehr.
In
der katholischen als auch in der orthodoxen Kirche wird der Gedenktag
der Heiligen Agatha am 5. Februar begangen.
Der
Schleier der heiligen Agatha wird, wie einige andere Reliquien, im
Dom von Catania aufbewahrt.
In
vielen Gegenden wird am Gedenktag der heiligen Agatha Brot gesegnet,
das Agathabrot. In manchen Gegenden verteilt man Agathazettel.
Sankt
Agatha, die Gottesbraut,
Sie
macht, dass Schnee und Eis gern taut.
CÄCILIA
Die
heilige Cäcilia war eine Jungfrau und Märtyrin, die im 3.
Jahrhundert nach Christus in Rom gelebt hat.
Sie
versprach sich als Jungfrau dem Bräutigam Jesus Christus. Ihre
Eltern verheirateten sie jedoch mit dem heidnischen Jüngling
Valerianus, mit dem sie dann aber eine keusche Josefsehe führte.
Cäcilia bekehrte ihren Mann Valerianus und seinen Bruder zum
Christentum. Wegen ihres Glaubens beteiligten sich diese beiden an
der verbotenen Bestattung hingerichteter Christen und wurden
daraufhin selbst ins Gefängnis geworfen und hingerichtet. Bei der
Verfolgung der Angehörigen der Hingerichteten fand man Cäcilia, die
ihre Dienerschaft bekehrte, bevor man sie in kochendes Wasser tauchen
ließ, das ihr allerdings nichts anhaben konnte. Als der Henker
daraufhin versuchte, sie zu enthaupten, gelang es ihm nicht, der
Heiligen den Kopf abzutrennen. Sie lebte noch drei Tage lang und
verteilte ihre Reichtümer unter den Armen.
Ihr
Leichnam wurde im 9. Jahrhundert unverwest geborgen und in der
Basilika Santa Cecilia in Trastevere beigesetzt, die auf der Stelle
ihres Geburtshauses errichtet wurde. Die Kirche wurde in den
folgenden Jahrhunderten weiter ausgeschmückt, unter anderem mit der
Fresken von Pietro Cavallini im 13. Hahrhundert und der berühmten
Skulptur der hingestreckten Märtyrerin von Stefano Maderno aus dem
Jahr 1600.
Ihr
Gedenktag in der katholischen Kirche, der orthodoxen, der
anglikanischen und den evangelischen Gemeinschaften ist der 22.
November.
Am
Gedenktag der Heiligen heißt es im Stundengebet in der Antiphon zum
Magnificat: „Die Jungfrau Cäcilia trug die frohe Botschaft
allezeit in ihrem Herzen. Tag und Nacht ließ sie nicht ab von
geistlichen Gesprächen und vom Gebet.“
Die
Verbindung der heiligen Cäcilia zur Kirchenmusik, insbesondere zum
Stundengebet und zum Orgelspiel, die in der christlichen Ikonographie
eine große Rolle spielt, geht vermutlich auf einen
Übersetzungsfehler zurück. In der Antiphon „Cantantibus organis
Caecilia Domino decantabat“ missverstand man organis als Hinweis
auf eine Orgel. Daher wurde Caecilia seit dem 14. Jahrhundert die
Orgel als Attribut gegeben.
Die
Cäcilienfeiern wurden im 17. und 18. Jahrhundert mit großen,
eigenen Kompositionen begangen. Unter den Komponisten, die dazu Werke
beitrugen war Georg Friedrich Händel (Alexander’s Feast or the
Power of Music. An Ode Wrote in Honour of Saint Cecilia und Ode for
Saint Cecilia’s Day, Texte von John Dryden). Auch Benjamin Britten
folgte mit der Hymn to Saint Cecilia (Text von W. H. Auden) dieser
Tradition.
ANASTASIA
Gegen
ihren Willen wurde sie mit einem heidnischen Mann verheiratet. Nach
dem frühen Tod ihres Ehemannes widmete sich Anastasia in Rom ganz
der Fürsorge für gefangene Christen. Als ihr Seelenführer
Chrysogonus in der Christenverfolgung gefangengenommen wurde,
begleitete sie ihn zur Hinrichtungsstätte in Aquileia in
Oberitalien. Dort wurde sie selbst ergriffen, in Sirmium in den
Kerker geworfen und schließlich zum Tode verurteilt. In einem
leckgeschlagenem Boot trieb man sie aufs offene Meer hinaus, aber das
Schiff ging nicht unter. Daraufhin wurde Anastasia in Sirmium
verbrannt.
In
der Anastasiakapelle des Klosters Benediktbeuern in Bayern befinden
sich seit 1053 Reliquien der heiligen Anstasia, die im Mittelalter
Ziel vieler Wallfahrten waren.
Der
Gedenktag der heiligen Anastasia ist in der katholischen Kirche der
25. Dezember, in der orthodoxen Kirche der 12. Oktober oder 22.
Dezember, in der koptischen Kirche der 5. Januar.
Die
Heilige wird als junge Frau mit Schleier und Krone und den Attributen
Schwert, Märtyrerpalme, Schere, Salbgefäß, auf dem Scheiterhaufen,
an Pfählen festgebunden oder auf einem Boot dargestellt. Anastasia
wird um Beistand bei Kopfkrankheiten und Brustleiden angerufen; sie
ist die Schutzpatronin der Pressefreiheit.
Die
heilige Anastasia ist eine der Schutzheiligen der kroatischen
Küstenstadt Zadar. Dort befindet sich auch die Basilika der heiligen
Anastasia. Sie ist die größte Kirche Dalmatiens und beherbergt
Reliquien der heiligen Anastasia.
PERSONALISMUS
1
Seit
Jahren setzt sich die amerikanische Dietrich-von-Hildebrand-Stiftung
für die Bewahrung des Werkes eines in Deutschland nahezu in
Vergessenheit geratenen Philosophen ein: Der 1889 geborene Dietrich
von Hildebrand promovierte bei Edmund Husserl, dem Begründer der
Phänomenologie, trat 1914 zum katholischen Glauben über, wie es
neben ihm und Edith Stein auffällig viele Husserl-Schüler taten und
lehrte bis 1933 als Professor an der Universität München. Dem
späteren Pius XII., Eugenio Pacelli, war er in dessen Zeit als
Nuntius freundschaftlich
verbunden.
Unter dem Einfluss von Adolf Reinach und Max Scheler entwickelte
Hildebrand, der davon überzeugt war, dass die objektive Wirklichkeit
am besten mittels der phänomenologischen
Methode
erkennbar sei, eine Wertphilosophie, mit der er die sittlichen Werte
zum Erkenntnisobjekt machte und das intuitive Werterfassen sowie Wege
des Zugangs zur unmittelbaren Erfahrung ihres Wesens beschrieb. Der
dialogische Charakter der Beziehung zwischen Wert und Person tritt
nach Hildebrand gerade bei der unmittelbaren Werterfahrung deutlich
in Erscheinung. Hildebrands Überzeugung vom unbedingten Wert der
Person gegenüber jedem Kollektiv wurde in seiner frühen und klaren
Sicht des wahren Charakter s des heraufdrängenden
Nationalsozialismus überaus praktisch deutlich: "Die Verbrechen
der Nazis beleidigen Gott ganz unabhängig davon, ob das Opfer ein
Jude, ein Kommunist, ein Sozialist oder ein Bischof ist" - seine
Kritik blieb im Hitler-Deutschland nicht ohne Folgen: Dietrich von
Hildebrand musste 1938 vor der NS-Verfolgung zunächst nach
Österreich fliehen, nach dem Einmarsch in die Schweiz und weiter
nach Frankreich, Portugal und Brasilien und fand schließlich seine
Heimat in New York, wo er bis zu seiner Emeritierung 1960 an der
Jesuiten-Hochschule Fordham-University lehrte. Dass die Erinnerung an
einen deutschen Philosophen, dessen Gedanken und Ideen möglicherweise
einigen Einfluss auf das Zweite Vatikanische Konzil und sicher auf
die "Theologie des Leibes" Johannes Pauls II. Hatten,
bisher nur in den Vereinigten Staaten gefördert wird, hängt wohl
auch mit der Bewahrung seines philosophischen Erbes durch die
"Hildebrand-Legacy" und deren enger Zusammenarbeit mit der
zweiten Frau Dietrich von Hildebrands, Alice von Hildebrand,
zusammen. Um den Radius der Bekanntschaft dieses Philosophen zu
erweitern und seine Ideen dem kontemporären, philosophischen Diskurs
zugänglich zu machen, organisierte deshalb das
"Hildebrand-Legacy-Projekt" eine vielbeachtete
internationale Konferenz an der päpstlichen Santa-Croce-Universität
in Rom zum Thema "Der christliche Personalismus von Dietrich von
Hildebrand - eine Erkundung seiner Philosophie der Liebe". Ziel
der Veranstaltung war eine kritische Rezeption der Hildebrandschen
Philosophie. Namhafte europäische und amerikanische Philosophen
setzten sich vor den Rängen in der Aula Magna aus unterschiedlichen
Perspektiven mit Hildebrands
personalistischem
Konzept vom "Wesen der Liebe" auseinander. Joseph Seifert
trug über Hildebrands "Benevolenz in Liebe und Freundschaft"
vor und zeigte auf, dass die Phänomenologie des Bewusstseins
insbesondere auf die zwischen dem Wert und den geistigen Gefühlen
bestehende Wechselbeziehung aufmerksam macht. Michael Waldstein
stellte darauf folgend die Verbindung zwischen Thomas von Aquin und
den Ideen Dietrich von Hildebrands in seinem Aufsatz "Werte und
die Transzendenz der Natur" heraus. Rocco Buttiglione zog in
seiner Vorlesung Vergleiche zwischen der "Philosophie der Liebe
bei Dietrich von Hildebrand und Joseph Ratzinger". Hanna-Barbara
Gerl-Falkovitz referierte in ihrer Vorlesung über "Die Gabe der
Liebe. Dietrich von Hildebrand im gegenwärtigen Gabediskurs",
worin sie "die Liebe ... in dreifachem Vollzug als
Selbstschenkung, als ,Erhöhung' des Anderen durch die
Selbstschenkung und letztlich als ,Selbsterhöhung' (im positiven
Sinn)" freigelegt beschrieb und Parallelen sowie das Potenzial
der Befruchtung der gegenwärtigen Phänomenologie der Gabe mit
Dietrich von Hildebrands Erkenntnissen darlegte. Charles Morerod gab
mit seinem Vortrag "Was würde Dietrich von Hildebrand
zeitgenössischen Atheisten zu sagen haben?" bedenkenswerte
Antworten auf den "neuen Atheismus". John F. Crosby sprach
über "Selbst und Andere: Die Überbietung sowohl des Altruismus
als auch des Eudämonismus bei Dietrich von Hildebrand", ein
Punkt, dem der Metropolit von Pergamon, John Zizioulas, ein großes
Potenzial für den interkonfessionellen Dialog beimaß. John
Zizioulas, der vom Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung
der Einheit der Christen, Kurienkardinal Walter Kasper, eingeführt
wurde, zeigte in seinem Vortrag "Eine Ontologie der Liebe:
Dietrich von Hildebrands ,Wesen der Liebe'", dass der
Personbegriff ursprunghaft der trinitarischen Vätertheologie
entstamme und es deshalb schwierig sei, philosophische und
theologische Herangehensweisen ganz zu trennen, sobald es um
Personsein und Liebe gehe. Er gab Hildebrand recht, dass jede Form
der Liebe, einschließlich der zu Gott, Erwartung enthalte und den
Wunsch nach Antwort. Ebenso stimmte er dessen Kritik der
"deformierten" Liebe und eines extremen Altruismus zu, der
sich selbst als vollkommen uninteressiert an Gegenseitigkeit zeige.
Es liege in der Tat in der Natur der Liebe, dass sie Antwort suche.
Sie könne aber auch dann lebendig und kraftvoll bleiben, wenn sie
auf Desinteresse oder gar auf Hass treffe. "Was man an
Hildebrands Begriff der Liebe vermisst, ist das Kreuz." Es sei
aus theologischer Sicht das Kreuz, wo antwortsuchende Liebe auf
Ablehnung und Hass stoße. So schmerzhaft es aber für die Liebe sei,
das Kreuz könne sie nicht zerstören, vielmehr sei nach christlichem
Glauben im Kreuz Heil. Zizioulas führte aus, sobald diese Art der
Liebe auch von uns gefordert sei, erschiene ihm Hildebrands Idee der
"Wertantworten" problematisch. Er veranschaulichte dies mit
dem Gemälde Caravaggios in der nahegelegenen Kirche San Luigi di
Francese von der Berufung des Matthäus, in dessen Gesicht er die
unausgesprochene Frage lese: Was findet er an mir? "Es gibt
nicht nur oft unzulängliche Gründe für die Liebe, sondern in der
Liebe, die uns in Jesus Christus offenbart ist, gibt es ziemlich oft
gar keine Gründe." Der Vortrag Robert Spaemanns "Paradoxe
der Liebe" überbrückte schließlich brillant den Graben
zwischen Psychologie und Ontologie, zwischen Philosophie und
Theologie, indem er anführte, dass das, was wir psychologisch als
Selbstverleugnung erfahren, ontologisch Selbstverwirklichung sei und
Aufstieg der Person: "Das Evangelium drückt es so aus: ,Der
seine Seele retten will, wird sie verlieren, aber der, der sie
aufgibt, wird sie gewinnen.' Aber diese Selbsttranszendenz schließt
die Bereitschaft zum Tod ein. ,Keiner hat größere Liebe als der,
der sein Leben dahin gibt für seine Freunde.' Leben lebt durch das
Opfer des Lebens." Die 87-jährige Alice von Hildebrand, die
nach den Worten John F. Crosbys in den 33 Jahren ihrer Witwenschaft
all ihre Energie und Mittel für die Verbreitung des Werkes Dietrich
von Hildebrands einsetzt, beschloss mit einem sehr persönlichen
Vortrag eine Konferenz, welche den philosophischen und theologischen
Diskurs bereichern könnte.
2
Personalismus
ist ein im 19. Jahrhundert gebildeter Begriff, der unterschiedliche
Interpretationen der menschlichen Person umfasst und verschiedene
Inhalte abdeckt, die geistesgeschichtlich weit in die Antike
zurückführen. In den italienischen Ansätzen eines
personalistischen Denkens und in Frankreich sind die Einflüsse Kants
und seiner auf Selbstbestimmung hin orientierten Personphilosophie
deutlich. Ein theologischer Personalismus befasst sich im deutschen
Sprachbereich mit der dialogischen Philosophie (als deren namhafteste
Vertreter Fritz Rosenzweig, Martin Buber und später G. Marcel
gelten). Der Unterschied zum früheren Personalismus ist besonders
dadurch gekennzeichnet, dass nun eine kritische Auseinandersetzung
mit der Auffassung von Subjektivität erfolgt und die konstitutive
Bedeutung der Ich-Du-Beziehung im Verhältnis des Menschen zu Gott
wie im Verhältnis der Menschen zueinander eingehend reflektiert
wird. In der evangelischen Theologie führt dies zu einem erneuerten
Verständnis der Offenbarung als Ereignis und der Liebe unter
Menschen als dem Ort, an dem sich Gott ereignet. Im
katholisch-theologischen Personalismus (Romano Guardini) wird weniger
aktualistisch das dialogische Sein thematisiert. Weitreichend ist die
Erkenntnis des theologischen Personalismus, dass die Liebe zu Gott
und die Liebe zu Menschen nur in strikter Einheit gegeben sind.
3
Der
Begriff Personalismus ist abgeleitet von Person im philosophischen
Sinn. Man versteht darunter eine philosophische Denkrichtung
insbesondere des 20. Jahrhunderts, die aus dem
christlich-humanistischen Weltbild hervorgegangen ist und sich als
kritische Alternative zu individualistischen, kommunistischen und
faschistischen Theorien versteht. Personalistische Ansätze bilden
einen „dritten Weg“ neben naturalistischen und sozialistischen
Theorien, indem sie die Freiheit der Entscheidung als Grundprinzip
des menschlichen Lebens setzen. Darüber hinaus setzen sie sich durch
ihre Betonung der geistigen Dimension des menschlichen Lebens, ihr
Eintreten für Autorität und wertorientiertes Handeln sowie die
Gemeinschaft als Fundament der Entwicklung des Einzelnen von anderen
Theorien ab. Ihr Ziel ist praktischer Natur, die Veränderung der
Gesellschaft.
Der
Kern der personalistischen Idee ist die Überzeugung, dass der Mensch
sich wesentlich durch die Fähigkeit zu freier Entscheidung und
Verantwortlichkeit für sein Handeln auszeichnet und dass diese
strukturelle Freiheit einen unveräußerlichen, höchsten Wert und
Selbstzweck darstellt. Dadurch, dass der Mensch von seiner Freiheit
Gebrauch macht, bestimmt er sich selbst als Person und wird zum Autor
seiner Lebensgeschichte. Die Person ist kein unsterblicher Wesenskern
(Seele), sie offenbart sich nur in der gemeinschaftlichen Praxis
menschlichen Denkens und Handelns. Personalität bedeutet in diesem
Sinn die dynamische Seinsverfassung des Subjekts, das sich selbst
durch Praxis hervorbringt.
Der
Unterschied zu einer reinen Subjekttheorie liegt darin, dass sich die
Person ausschließlich durch ihre Bezogenheit auf eine andere Person,
das heißt in ihren sozialen Bezügen konstituieren und realisieren
kann. Der Gemeinschaft der Personen und dem Dialog kommt daher eine
konstitutive Funktion zu, und hierbei insbesondere der personalen
Erziehung.
In
Abgrenzung von empirischen Ansätzen, die den Menschen etwa als
biologisches Individuum oder als gesellschaftlichen Rollenspieler
definieren, entzieht sich der Mensch als Person der Fremdbestimmung
durch Natur und Gesellschaft, er erschafft sich selbst durch sein
Handeln. Menschliche Freiheit und die damit einhergehende
Verantwortung sind unveräußerlich, das heißt der Einzelne kann
sich nicht von ihnen trennen. Diese Ansicht hat der Personalismus mit
dem Existenzialismus gemeinsam. Während der Existenzialismus sich
aber weitgehend auf eine Beschreibung der Sinnlosigkeit des Daseins
konzentriert, kommt es dem Personalismus darauf an, Werte
hervorzubringen, die ein sinnvolles Dasein begründen können. Die
ethischen Dimensionen der Person erstrecken sich auf drei Ebenen: dem
Wunsch nach einem erfüllten Leben – mit und für die anderen −
in gerechten Institutionen.
4
Das
vermeintliche prinzipielle Gegeneinander der christlichen und der
islamischen Zivilisation wird von einigen westlichen Intellektuellen
neben der Historie aus einem reduzierten Freiheitsbegriff im Islam
heraus zu interpretieren versucht, der von den Gläubigen eine
kritiklose Autoritätshörigkeit fordere, die dem Freiheitsgedanken
der Aufklärung entgegenstehe. In der Tat dominierte die als taqlid
bezeichnete kritiklose Übernahme der Positionen frühislamischer
Lehrautoritäten über Generationen die islamische Gelehrsamkeit und
war zweifellos eine der Ursachen für die im Verhältnis zur
islamischen Zivilisation unübersehbare neuzeitliche europäische
Fortschrittlichkeit, mit der die Europäer den größten Teil der
arabischen Welt, aber auch zahlreiche andere, vor allem islamisch
geprägte Nationen in Afrika und Asien bis Mitte des 20. Jahrhunderts
kolonisieren und kulturpolitisch bevormunden konnten. Dass der
muslimisch dominierte Orient dennoch bis in die Gegenwart hinein ein
emanzipatorisches Menschenbild kennt, welches den Menschen als
rational handelnde, kommunizierende und freiheitsorientierte Person
definiert, ist in besonderer Weise dem marokkanischen
Religionsphilosophen und Literaten Mohamed Aziz Lahbabi (1923-1993)
zu verdanken.
Durch
die Erfahrung im intellektuellen Widerstand gegen die französische
Protektoratsherrschaft seines Landes ebenso geprägt wie vom
christlich-westlichen Personalismus, den er während seiner
zeitweiligen Emigration in Frankreich kennen lernte, vertrat Lahbabi
einen progressiven muslimischen Personalismus, der ihm als Grundlage
einer antikolonialen muslimischen „Befreiungsphilosophie“ diente
und zugleich für die gleichberechtigte Begegnung von Orient und
Okzident die Perspektive bietet. Als erster Lehrstuhlinhaber an der
Philosophischen Fakultät der Universität von Rabat ist Lahbabi in
seinem Heimatland und darüber hinaus im gesamten Maghreb ebenso ein
hochgeschätzter Denker und Literat wie im französischen Sprachraum.
Östlich
des Rheins sind seine auf arabisch oder französisch verfassten Werke
und darin geäußerten Leitgedanken bislang jedoch nur den wenigsten
bekannt. Die aktuelle, in Politik wie Kirche in Deutschland geführte
Debatte um einen Kulturdialog zwischen Christentum und Islam
veranlasste den Beauftragten für den christlich-islamischen Dialog
des Erzbistums Paderborn, nun aber, für besonders bedeutsam
erachtete philosophische Werke Lahbabis ins Deutsche zu übersetzen
und anhand dieser seinen Landsleuten zu vermitteln, dass
emanzipatorisches Denken und ein gehobener Stellenwert des Ich als
Person erst im religiösen Glauben und hiervon ausgehend im
gesellschaftspolitischen Agieren im Sinne der Gemeinschaft mit
anderen seine volle Kraft entfaltet.
In
der Einleitung der unter dem Titel „Der Mensch: Zeuge Gottes –
Entwurf einer islamischen Anthropologie“, herausgebrachten
Werkzusammenstellung erläutert der Übersetzer die Grundlage von
Lahbabis im Islam verwurzeltem philosophischen Denken und stellt den
historischen Kontext heraus, in dem der marokkanische Autor seine
Ideen aufgenommen und publiziert hat. Das muslimische
Glaubenszeugnis, die shahada, interpretierte Lahbabi dabei als
intellektuelle und moralische Basis, von der aus er seine islamische
Anthropologie ableitete.
Um
möglichst nahe an Lahbabis Islamverständnis zu bleiben, hat der
Übersetzer die zur Untermauerung der philosophischen Ideen und
Leitthesen verwandten Koranzitate nicht eigenständig aus dem
Arabischen ins Deutsche übersetzen lassen, sondern sich hierbei an
der französischen Übersetzung von Lahbabi selbst orientiert.
Vollständig auf Deutsch übersetzt liegen nun Lahbabis bedeutendstes
Werk „Der muslimische Personalismus“ und drei weitere für das
Verständnis seines Denkens zentrale Werke vor. Hierbei gelangt
Lahbabis Auflösung des vermeintlichen Gegensatzes zwischen der
Betonung des Ich als Person und der Orientierung an der Gemeinschaft
mit anderen zum Ausdruck.
Lahbabi
baute seine Philosophie auf zentralen Gedanken islamischer
Philosophen sowohl des Mittelalters wie Avicenna und Averroes, als
auch der Moderne auf, lehnte sich aber ebenso an die französischen
Humanisten wie etwa Bergson an. Hiervon ausgehend kritisierte der
marokkanische Gelehrte depersonalisierende Strukturen, die er sowohl
in der islamisch-orientalischen Gesellschaft wahrnahm als auch im
christlich geprägten Europa der 1950er und 1960er Jahre. Diesem
stellte er den von ihm entwickelten fortschrittsorientierten
Personenbegriff gegenüber, der sowohl für die islamische als auch
die christliche Zivilisation eine Befreiungsbewegung initiieren
könne, die sich nicht mit der inneren Befreiung des Individuums
zufrieden gebe, sondern darüber hinaus die äußeren Umstände für
Freiheit herzustellen beanspruche.
Das
Personenverständnis des Islam biete hierfür die Grundlage. Das
Individuum trete als eigenständige Person aus dem Stammeskollektiv
heraus und vollziehe in seiner Bezeugung des Glaubens an den einzigen
Gott einen konstitutiven Akt der Personenwerdung. Weil es seinen
Prozess der Personenwerdung zugleich in der Kommunikation mit
anderen, die im Islam vor Gott als gleichrangig angesehen sind,
erfahre, sei durch die Islamisierung die Basis für eine Überwindung
der Sklaverei und die gesellschaftliche Gleichstellung verschiedener
Stammeszugehörigkeiten, Rassen sowie der beiden Geschlechter gelegt
worden. Auf diesem Fundament ließen sich, Lahbabi zufolge, auch
gegenwärtige politisch-gesellschaftliche Ungerechtigkeiten wie die
Abhängigkeit der Dritten Welt von westlichem Kapital überwinden
und hiervon ausgehend die verschiedenen Zivilisationen als
gleichberechtigte Partner im Sinne einer gemeinsamen globalen Zukunft
zusammenführen.
Lahbabis
Grundrespekt gegenüber der abendländischen Philosophie und ihres
geistigen Gerüsts für die gegenwärtige Fortschrittlichkeit des
Okzidents in ökonomisch-technologischer Hinsicht hat ihn nie dazu
verleitet, seine eigene Gesellschaft zur unreflektierten Nachahmung
westlicher Weltanschauungen aufzufordern. Vielmehr erkannte er im
islamischen Menschenbild ein egalitäres Element, dass er im
katholischen Christentum vermisste. Anders als die
römisch-katholische Kirche kenne der Islam die Erbsünde nicht und
treffe auch keine Unterscheidung zwischen Laie und Klerus in der
Beziehung zu Gott. Jedes gläubige Individuum bekenne sich unabhängig
von anderen zur Wahrheit und lege vor dem Schöpfer Himmels und der
Erden eigenständig sein Zeugnis ab.
Diese
Autonomie des einzelnen Moslems lege zudem die eigenständige Suche
nach einem Zugang zum Wort Gottes nahe. Gott und seine Propheten
sind diesem Verständnis nach die einzigen absoluten Autoritäten.
Der Einzelne sieht sich dementsprechend aufgefordert, im rationalen,
kontext- und gesellschaftsbezogenen Handeln den Willen des Schöpfers
zur Geltung zu bringen. Lahbabi versteht die Person als
schöpferischen Prozess mit dem Primat des Geistigen und erkennt
gerade für die religiöse Person die Vernunft als zentralen Wert an.
Mit der ijtihad, der zeit- und gesellschaftsbezogenen Neuauslegung
von Koran und Sunna besitze der Muslim ein Instrument, seine
religiösen Aufforderungen rational im Dienste seiner selbst als
Person wie der Gemeinschaft mit Mitmenschen einzusetzen.
Lahbabi
kritisiert die unter islamischen Gelehrten lange Zeit dominierende
Auffassung, das Tor zur ijtihad sei geschlossen und die
unreflektierte Nachahmung der Erkenntnisse von Lehrautoritäten aus
der Vergangenheit das einzige Erfordernis des Moslems. Diese
Sichtweise habe in der muslimischen Gesellschaft eine
Autoritätshörigkeit bewirkt, die dem eigentlichen islamischen
Personenbegriff in keiner Weise gerecht werde. Hierfür weist Lahbabi
der sufistischen Mystik eine wesentliche Verantwortung zu. Er
begreift die Philosophie als Schwester der Religion, die uns Menschen
dazu bringe, die göttliche Wahrheit aus den verschiedensten
Blickwinkeln zu erfahren.
Für
Lahbabi steht die Vernunft auch im unmittelbaren Bezug zur Religion
immer im Mittelpunkt. Sie ermögliche, Gottes Wort zu verstehen,
indem die Rationalität innerhalb der islamischen Lehre erkannt und
aufgezeigt werde. Die muslimische Person lasse andere durch eigenes
islamkonformes Handeln den Islam verstehen. In diesem Sinne bilde die
Religion ein verbindendes Element für eine menschliche Gemeinschaft
und verhindere eine Erstarrung des gelebten Glaubens. Durch
permanente ijtihad und rationale Reflexion überschreite sich die
religiöse Person permanent selbst, entwickele ihren eigenen Glauben
weiter und trage die ethische Grundlage für gemeinschaftlichen
humanen Fortschritt in sich.
Die
übersetzt vorliegenden Essays über den Menschen veranschaulichen
die von Lahbabi favorisierte diskursive Koranauslegung im Sinne von
Menschlichkeit. Sie stützen sich auf die göttliche Güte (rahma)
und postulieren eine göttliche Garantie für die Menschenrechte.
Trotz aller Erfahrungen des Bösen, der Schuld, der Angst und nicht
zuletzt der Erniedrigung durch Dritte (im Kolonialismus, aber auch in
den postkolonialen Regimen der arabischen Welt) verheißt Lahbabis
islamischer Rationalismus eine Zukunft, in der Gottesliebe und
Menschenliebe eine Einheit bilden. Die Aussicht auf diese Zukunft
bedeutet demnach nicht nur für das einzelne Individuum eine
hoffnungsvolle Perspektive, sondern darüber hinaus für die
menschliche Gemeinschaft insgesamt. Lahbabi versteht sie als
Grundlage einer freiheitlichen, jedoch nicht wertfreien Gesellschaft,
die sich immer wieder im Sinne ihrer kollektiven Freiheit engagiere
und die Basis einer humanen Weltordnung bilde, in der ein jeder den
anderen als freies emanzipiertes gleichrangiges Mitglied achte.
SEX
IN PLATONS REPUBLIK
Für
Männer, geboren und erzogen, wie für Bürger, ist der einzige Weg,
meiner Meinung nach, im rechten Rückschluss auf den Besitz und die
Verwendung von Frauen und Kindern, der Weg, auf dem wir ursprünglich
begonnen haben, als wir sagten, dass die Männer die Hüter und
Wächter der Herde sind.
Das
ist wahr.
Nehmen
wir weiter an die Geburt und Erziehung unserer Frauen nach einer
ähnlichen oder fast ähnlichen Regelung; dann werden wir sehen, ob
das Ergebnis im Einklang steht mit unserem Entwurf.
Was
meinst du?
Was
ich meine, kann in der Form einer Frage gestellt werden, ich sage:
Sind Hunde in Männchen und Weibchen unterteilt, oder sind sie beide
zu gleichen Teilen auf der Jagd und im Wachen tätig und bei den
anderen Aufgaben der Hunde? Oder müssen wir anvertrauen den Männchen
die gesamte und ausschließliche Pflege der Herden, während wir
lassen die Weibchen zu Hause, mit der Vorstellung, dass die Lager zu
hüten und ihre Welpen zu säugen Arbeit genug für sie ist?
Nein,
sagte er, sie gleich zu stellen; der einzige Unterschied zwischen
ihnen ist, dass die Männchen stärker und die Weibchen schwächer
sind.
Aber
kann man verschiedene Tiere für den gleichen Zweck nutzen, es sei
denn, sie sind gezüchtet worden und in der gleichen Weise geführt?
Man
kann es nicht.
Dann,
wenn Frauen die gleichen Pflichten haben wie Männer, müssen sie die
gleiche Erziehung und Bildung bekommen?
Ja.
Die
Ausbildung, die den Männern zugeordnet wurde, war Musik und
Gymnastik.
Ja.
Dann
müssen Frauen Musik und Gymnastik und auch die Kriegskunst erlernen,
sie müssen wie die Männer darin belehrt werden?
Das
ist die Schlussfolgerung, nehme ich an.
Ich
hätte eher erwartet, sagte ich, dass einige unserer Vorschläge,
wenn sie durchgeführt werden, ungewöhnlich erscheinen und
lächerlich.
Kein
Zweifel.
Ja,
und die lächerlichste Sache von allen wird der Anblick von Frauen
nackt in der Palästra sein beim Training mit den Männern, vor
allem, wenn sie nicht mehr jung sind; sie werden sicherlich nicht
eine Vision von Schönheit sein, ebenso wenig wie die begeisterten
alten Männer, die trotz der Falten und der Hässlichkeit weiterhin
häufig den Gymnasien beiwohnen.
Ja,
ja, sagte er: nach den heutigen Vorstellungen würde der Vorschlag
lächerlich zu denken sein.
Aber
dann, sagte ich, als wir festgestellt haben, um in unserem Geist zu
sprechen, müssen wir keine Angst vor den Scherzen der Witze haben,
die gegen diese Art der Innovation gerichtet werden; wenn sie von
Frauen-Kenntnissen sowohl in der Musik und Gymnastik und vor allem
auch über ihre Rüstung und das Reiten auf den Pferden sprechen!
Sehr
wahr, antwortete er.
Doch
nachdem wir begonnen, uns auf die unebenen Stellen des Gesetzes zu
begeben, zur gleichen Zeit bat der Herr, einmal im Leben ernst zu
sein. Vor nicht langer Zeit, wie wir daran erinnern, waren die Herren
der Meinung, die immer noch in der Regel bei den Barbaren empfangen
wird, dass der Anblick eines nackten Mannes lächerlich und
unsachgemäß war für die Hellenen; und als Erste die Kreter und
dann die Lakedämonier führten den Brauch ein, der Verstand des
Tages könnte ebenso diese Innovationen verspotten.
Kein
Zweifel.
(...)
Zuerst
also ist es die Frage, im Scherz oder im Ernst genommen, so lass uns
ein Verständnis über die Natur der Frau bekommen: Ist sie in der
Lage, den Austausch ganz oder teilweise in den Handlungen der Männer
zu üben oder gar nicht? Und ist die Kunst des Krieges eine jener
Künste, in der sie sich üben kann oder nicht? Das wird der beste
Weg sein, der Beginn der Untersuchung, und wird wahrscheinlich zum
schönsten Ergebnis führen.
Das
wird deutlich der beste Weg sein.
Sehen
wir erst einmal die andere Seite und beginnen mit dem Argument gegen
uns; auf diese Weise wird die Position des Gegners nicht unverteidigt
sein.
Warum
nicht? sagte er.
Dann
lass uns eine Rede in den Mund unserer Gegner legen. Sie werden
sagen: Sokrates und Glaukon brauchen keine Gegner, sie zu überführen,
denn die bei der ersten Gründung des Staates gaben den Grundsatz,
dass jeder eine Arbeit seiner eigene Natur geeignet tut. Und sicher,
wenn ich mich nicht irre, ein solches Eingeständnis wurde von uns
gemacht. Und ist nicht die Natur von Männern und Frauen sehr
unterschiedlich? Und wir werden antworten: Natürlich ist sie das.
Dann werden wir gefragt, ob die den Männer und die den Frauen
zugewiesenen Aufgaben nicht anders sein müssen, und wie angenehm sie
der unterschiedlichen Natur sind? Sicherlich sollten sie. Aber wenn
ja, ist es nicht eine schwere Inkonsistenz zu sagen, dass Männer und
Frauen, deren Naturen so ganz anders sind, die gleichen Aktionen
ausführen sollten? Welche Verteidigung machen wir für uns, mein
guter Herr, gegen jeden, der diese Einwände bietet?
Das
ist keine einfache Frage zu beantworten, so plötzlich gefragt; und
ich will und ich weiß, ich bitte dich, den Fall auf unsere Seite zu
ziehen.
Dies
sind die Einwände, Glaukon, und es gibt viele andere, einen von der
Art, die ich vor langer Zeit vorausgesehen; es machte mich ängstlich
und zurückhaltend gegen das Gesetz über den Besitz
und die Pflege von Frauen und Kindern.
Beim
Zeus, sagte er, das Problem zu lösen, ist alles andere als einfach.
(...)
Als
nächstes werden wir unsere Gegner fragen, wie, in Bezug auf eine der
Beschäftigungen oder Künste des bürgerlichen Lebens, die Natur
einer Frau sich unterscheidet von der eines Mannes?
Das
wird ganz gerecht sein.
Und
vielleicht wird er antworten, dass eine ausreichende Antwort auf die
Frage sofort zu geben nicht einfach ist; aber nach ein wenig
Nachdenken gibt es keine Schwierigkeiten.
Ja,
vielleicht.
Nehmen
wir also an, dass wir ihn einladen, uns in der Argumentation zu
begleiten, und dann können wir hoffen, ihm zu zeigen, dass es nichts
Besonderes in der Verfassung der Frau ist, die sie in der Verwaltung
des Staates beeinträchtigen würde.
Mit
allen Mitteln.
Lass
uns sagen zu ihm: Komm jetzt, und wir werden dir eine Frage stellen:
wenn du von einer begabten Natur oder einer nicht in jeder Hinsicht
begabten sprachest, wolltest du damit sagen, dass ein Mann eine Sache
einfach schwer erwerben kann und ein anderer leichter; ein wenig
Lernen wird den einen führen, sehr viel zu entdecken; während der
andere, nach viel Untersuchung und Anwendung, kaum mehr erfährt, als
er vergisst; oder wieder: Meintest du, dass der eine einen Körper
hat, der ein guter Diener seine Meinung ist, während der Körper des
anderen ist ein Hindernis für ihn? Meintest du nicht diese Art von
Differenzen, die die Menschen unterscheidet nach der begabten oder
unbegabten Natur?
Niemand
wird das leugnen.
Und
kannst du jedes Streben der Menschheit erwähnen, in der das
männliche Geschlecht nicht alle diese Gaben und Qualitäten in einem
höheren Grad als das weibliche hat? Brauche ich Zeit zu vergeuden im
Sprechen von der Kunst des Webens und der Bereitung von Pfannkuchen
und Marmelade, in der die Frauenwelt wirklich groß ist, und in dem
von einem Mann geschlagen zu werden absurd ist?
Du
hast ganz recht, antwortete er, bei der Aufrechterhaltung der
allgemeinen Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts: Obwohl viele
Frauen in vielen Dingen überlegen sind vielen Männern, aber im
Großen und Ganzen, was du sagst, ist es wahr.
Und
wenn so, mein Freund, ich schon sagte, es gibt keine spezielle
Fähigkeit der Verwaltung in einem Zustand, den eine Frau hat, weil
sie eine Frau ist, oder die ein Mann kraft seines Geschlechts hat,
aber die Geschenke der Natur sind gleich verteilt in beiden; alle
Bestrebungen der Männer sind die Bestrebungen von Frauen auch, aber
in allen von ihnen ist eine Frau schlechter als ein Mann.
Sehr
wahr.
Dann
sind wir berechtigt, alle unsere Inszenierungen über Männer zu
verhängen und keine von ihnen über die Frauen?
Das
wird so sein.
Eine
Frau hat eine Gabe der Heilung, eine andere nicht; eine ist eine
Musikerin, und eine anderer hat keine Musik in ihrer Natur?
Sehr
wahr.
Und
eine Frau hat eine Neigung zum Turnen und zu militärischen Übungen
und eine andere ist unkriegerisch und hasst Gymnastik?
Ganz
sicher.
Und
eine Frau ist eine Philosophin, die andere ist eine Feindin der
Philosophie; eine hat Geist, die andere ist ohne Geist?
Das
gilt auch.
Dann
eine Frau hat das Temperament eines Vormunds und eine andere nicht.
War nicht die Auswahl der männlichen Erziehungsberechtigten durch
Unterschiede dieser Art festgelegt?
Ja.
Männer
und Frauen also gleichermaßen besitzen die Eigenschaften, die ein
Vormund zu haben hat; sie unterscheiden sich nur in ihrer
vergleichbaren Stärke oder Schwäche.
Offensichtlich.
Und
die Frauen, die solche Eigenschaften haben, sollen als die
Gefährtinnen und Kolleginnen von Männern gewählt werden, die
ähnliche Eigenschaften haben und denen sie in Kapazität und im
Charakter ähnlich sind?
(...)
Das
Gesetz, sagte ich, das die Fortsetzung von diesem und von allem, was
vorausgegangen ist, ist von folgendem Inhalt, dass die Ehefrauen der
Erziehungsberechtigten Gemeineigentum sind, und ihre Kinder sind
Gemeineigentum, und kein Elternteil kennt sein eigenes Kind, noch ein
Kind seine Eltern.
Ja,
sagte er, das ist eine viel größere Bewegung als alles andere; und
die Möglichkeit als auch der Nutzen eines solchen Gesetzes ist
unbestritten.
Ich
glaube nicht, sagte ich, dass es Streitigkeiten über die sehr große
Nützlichkeit des Gemeineigentums an Frauen und Kindern gibt; die
Möglichkeit ist dennoch etwas ganz anderes und wird häufig
angefochten werden.
Ich
denke, dass ziemlich viele Zweifel über beides erhoben werden
können.
Es
bedeutet, dass die beiden Fragen kombiniert werden, antwortete ich.
Nun meinte ich, dass du das Dienstprogramm zugibst; und so dachte
ich, ich sollte von einem Programm von ihnen entkommen, und dann gäbe
es nur die eine Möglichkeit.
Aber
der kleine Versuch wird erkannt, und deshalb mögest du bitte eine
Verteidigung von beiden Gesetzen geben.
Nun,
sagte ich: Ich nehme mein Schicksal an. Doch tu mir einen kleinen
Gefallen: lass mich meine Meinung sagen mit dem Traum als ein
Tagträumer, der in der Gewohnheit des Schlemmen selbst beharrt, wenn
er allein zu Fuß geht. (...) Jetzt fange ich an, jetzt verliere ich
den Mut, und ich möchte, wenn du gestattest, die Frage der
Möglichkeit zur Zeit übergehen. Unter der Annahme der Möglichkeit,
des Vorschlags, werde ich jetzt gehen zu fragen, wie die Herrschenden
durchführen werden diese Regelungen, und ich werde zeigen, dass
unser Plan, wenn er ausgeführt wird, der größte Vorteil für den
Staat und die Erziehungsberechtigten haben wird. Vor allem dann, wenn
du nichts dagegen hast, werde ich mit deiner Hilfe die Vorteile der
Maßnahme bemühen; und im Folgenden die Frage der Möglichkeit.
Ich
habe nichts dagegen; fahre fort.
Erstens
glaube ich, dass, wenn unsere Herrscher und ihre Hilfsmittel diese
Namen verdienen, die sie tragen, muss es die Bereitschaft geben, der
einen oder anderen Befehlsgewalt zu gehorchen; die
Erziehungsberechtigten müssen sich den Gesetzen fügen, und sie
müssen auch in allen Details, die ihnen anvertrauten werden, den
Geist imitieren.
Das
ist richtig, sagte er.
Sie,
sagte ich, die ihre Gesetzgeber sind, nachdem sie ausgewählt wurden,
die Männer sind, werden nun die Frauen wählen und nehmen sie; sie
müssen so weit wie möglich ihrer Natur nach bei ihnen sein; und sie
müssen in normalen Häusern leben und sich treffen zu gemeinsamen
Mahlzeiten, keine von ihnen wird etwas haben, das speziell ihr
eigenes ist; sie werden zusammen sein und zusammen gebracht werden
und werden bei gymnastischen Übungen verknüpft. Und so werden sie
durch die Notwendigkeit ihrer Natur gezogen werden, um
Geschlechtsverkehr miteinander zu vollziehen der Notwendigkeit
entsprechend. Das ist ein starkes Wort, nicht wahr?
Ja,
sagte er, Notwendigkeit, nicht geometrische, sondern eine andere Art
von Notwendigkeit, die die Liebhaber kennen, und die überzeugender
und einschränkender auf die Masse der Menschheit wirkt.
Es
stimmt, sagte ich, und dies, Glaukon, wie alles andere, muss nach
einer geordneten Weise vorgehen; in einer Stadt der Seligen ist
Zügellosigkeit eine unheilige Sache, die die Herrscher werden es
verbieten müssen.
Ja,
sagte er, es sollte nicht zugelassen werden.
Dann
eindeutig ist das Nächste, was sein wird, die Ehe im höchsten Grade
heilig zu machen, und das, was für die meisten von Vorteil ist, gilt
doch als heilig?
Genau.
Und
wie können die Ehen heilig gemacht werden? Das ist eine Frage, die
ich an dich stelle, weil ich in deinem Haus Jäger sehe, und der
edleren Art von Vögeln nicht wenige. Nun, ich bitte dich, ich sag
mal, hast du jemals auf ihre Paarung und Aufzucht geachtet?
In
welcher Hinsicht?
Darum,
in erster Linie, obwohl sie alle guter Art, sind nicht einige besser
als andere?
Wahrlich.
Und
wirst du alle züchten, gleichgültig, oder kümmerst du dich um die
Besten, nur sie zu züchten?
Um
die Besten.
Und
siehst du auf die ältesten oder die jüngsten, oder wirst du nur
diejenigen von reifem Alter nehmen?
Ich
wähle nur diejenigen von reifem Alter.
(...)
Darum,
habe ich gesagt, ist das Prinzip bereits festgelegt, dass das Beste
aus beiden Geschlechtern sollte mit den Besten so oft wie möglich
vereint sein, und die Unteren mit den Untergeordneten so selten wie
möglich; und dass danach die Nachkommen der einen Art von
Vereinigung, aber nicht der anderen, zur Welt kommen, sofern sich die
Partei in erstklassigem Zustand gehalten halt. Nun ist diese Treiben
ein Geheimnis, das nur die Herrscher kennen, oder es kommt eine
weitere Gefahr, dass unsere Herden, die Wächter genannt werden,
ausbrechen in Revolutionen.
Sehr
wahr.
Hätten
wir nicht besser bestimmte Festivals, an dem wir gemeinsam die Bräute
und Bräutigame zusammen bringen und die Opfer dargebracht werden und
geeignete Hochzeitslieder von unseren Dichtern gesungen werden: und
die Zahl der Hochzeiten ist eine Frage, die in das Ermessen der
Herrscher gelegt werden muss, deren Ziel es ist, den Mittelwert der
Bevölkerung zu bewahren? Es gibt viele andere Dinge, die sie zu
prüfen haben, wie die Auswirkungen von Kriegen und Krankheiten und
etwaigen gleichartigen Geschehnissen, um, soweit dies möglich ist,
den Staat davor und Groß und Klein zu bewahren.
Gewiss,
antwortete er.
Wir
müssen eine geniale Art der Lose wählen, die die weniger Wertvollen
bei jeder Gelegenheit zusammenzubringen wissen, und dann werden sie
ihr eigenes Unglück und nicht die Herrscher beschuldigen.
Um
sicher zu sein, sagte er.
Und
ich denke, dass unsere mutige und bessere Jugend, neben ihren anderen
Ehrungen und Chancen, größere Einrichtungen zum Verkehr mit Frauen
bekommen müsste; ihre Tapferkeit wird ein Grund sein, und solche
Väter sollten so viele Kinder wie möglich haben.
Wahrlich.
Und
die richtigen Offiziere, ob männlich oder weiblich oder beides, denn
die Ämter sind von Frauen als auch von Männern besetzt worden -
Ja
-
Die
richtigen Offiziere sollen die Nachkommen der guten Eltern im Stift
aufnehmen oder aussteigen lassen, und sie werden sie mit bestimmten
Ammen, die in einem eigenen Viertel wohnen, versehen; aber die
Nachkommen der Unteren oder der Besseren, wenn sie die Chancen
verformen, werden an einen geheimnisvollen, unbekannten Ort gebracht
werden, wie es sein sollte.
Ja,
sagte er, was getan werden muss, wenn die Rasse der Wächter rein zu
halten ist.
Sie
werden für ihre Erziehung zu sorgen haben, und werden sie den
Müttern in den Schoß legen, wenn sie voll Milch sind, wobei
möglichst darauf zu achten ist, dass keine Mutter ihr eigenes Kind
erkennt; und anderen Ammen in die Obhut gebracht, wenn mehr Frauen
benötigt werden. Fürsorge wird auch geachtet werden, dass der
Prozess der Säuglinge nicht langwierig wird; und die Mütter müssen
nicht aufstehen in der Nacht oder andere Schwierigkeiten bestehen,
sondern es werden über alle diese Art der Sachen Ammen und
Betreuerinnen wachen.
So
werden die Frauen unserer Erziehungsberechtigten bei einer leichten
Buße ein leichtes Spiel haben, wenn sie Kinder haben.
Darum,
sagte ich, so soll es sein. Lass uns aber füllen das Schema. Wir
sagten, dass die Eltern sollten in der Blüte des Lebens sein?
Sehr
wahr.
Und
was ist die Blüte des Lebens? Kann es nicht als ein Alter von etwa
zwanzig Jahren in dem Leben einer Frau, und von dreißig bei einem
Mann definiert werden?
Welches
Jahr willst du enthalten?
Eine
Frau, sagte ich, mit zwanzig Jahren könne damit beginnen, Kinder für
den Staat zu gebären, und sie weiterhin, bis zu vierzig Jahren,
gebären; ein Mann kann mit fünfundzwanzig beginnen, wenn er den
Punkt, an dem der Puls des Lebens schlägt, schnellsten durchlaufen
hat, und auch weiterhin Kinder zeugen, bis er fünfundfünfzig ist.
Sicherlich,
sagte er, sind das bei Männern und Frauen die Jahre der Blüte der
physischen als auch der geistigen Vitalität.
Jedem
über oder unter den vorgeschriebenen Altersgruppen, der an den
öffentlichen Hochzeiten teilnimmt, muss gesagt werden, dass er eine
unheilige und ungerechte Sache tut; das Kind, von dem er der Vater
ist, wenn es ins Leben kommt, wird unter der Schirmherrschaft der
anderen stehen, die Opfer und Gebete darbringen, der hochzeitlichen
Priesterinnen und Priester und der ganzen Gesellschaft, dass die neue
Generation besser sein kann, die so konzipiert sind und besser und
nützlicher sind als ihre Eltern gut und nützlich waren, während
sein Kind sonst wird ein Nachkomme der Finsternis und seltsamen Lust
sein.
Sehr
wahr, antwortete er.
Und
dasselbe Gesetz wird eintreten innerhalb der vorgeschriebenen Alter,
die eine Vereinigung mit einer Frau in den besten Jahren ohne
Zustimmung der Herrscher nicht gelten lassen; denn wir werden sagen,
dass er sonst erhebt einen Bastard für den Staat, nicht zertifiziert
und ungeweiht.
Sehr
wahr, antwortete er.
Dies
gilt jedoch nur für diejenigen, die innerhalb der festgelegten Alter
zeugen: dass wir es ihnen ermöglichen, nach Belieben zu zeugen, es
sei denn, dass ein Mann seine Tochter oder seiner Tochter Tochter
oder seine Mutter oder seiner Mutter Mutter heirate; und Frauen, auf
der anderen Seite, sollen nicht heiraten ihre Söhne oder Väter oder
Söhne der Söhne oder den Vater ihres Vaters und so weiter in beide
Richtungen. Und wir gewähren alles, unter Begleitung der Genehmigung
mit strengen Befehl, jeden Embryo zu verhindern, der so ins Leben
kommt, zu sehen das helle Licht; und wenn jede Kraft ein Weg der
Geburt ist, müssen die Eltern verstehen, dass die Nachkommen einer
solchen Vereinigung nicht aufrechterhalten werden können, und
vereinbaren es entsprechend.
Das
auch, sagte er, ist ein vernünftiger Vorschlag. Aber wie werden sie
wissen, wer Vater und wer die Töchter, und so weiter?
Sie
werden es nie erfahren. Die Art und Weise wird diese sein: Zählend
ab dem Tag der öffentlichen Hochzeit, der Bräutigam, der
verheiratet war, wird alle männlichen Kinder, die in dem siebten und
zehnten Monat später geboren werden, seine Söhne nennen, und die
weiblichen Kinder seine Töchter nennen, und sie werden ihn Vater
nennen, und er wird deren Kinder seine Enkel nennen, und sie werden
die Alten Großväter und Großmütter nennen. Alle, die zu der Zeit
gezeugt wurden, da ihre Väter und Mütter zusammen kamen, nennen sie
ihre Brüder und Schwestern, und diese werden aufgerufen, wie ich
schon sagte, dass Mischehen verboten sind. Dies ist jedoch nicht als
ein absolutes Verbot der Heirat von Brüdern und Schwestern zu
verstehen; wenn die Menge sie begünstigt und sie die Sanktion des
Pythischen Orakels erhalten, wird das Gesetz es ermöglichen.
Ganz
richtig, antwortete er.
Das
ist das System, Glaukon, wie die Hüter unseres Staates ihre Frauen
und Familien gemeinsam haben. Und jetzt willst du das Argument
gezeigt bekommen, dass diese Gemeinschaft im Einklang mit dem Rest
unseres Gemeinwesens steht, und auch, dass nichts besser ist, nicht
wahr?
(...)
Hauptsächlich,
sagte ich; aber ich frage dich noch einmal: Soll eine Familie im
Namen nur bestehen; oder sollen sie in all ihren Handlungen getreu
dem Namen sein? Zum Beispiel in der Verwendung des Wortes Vater, wäre
die Pflege eines Vaters impliziert und die kindliche Ehrfurcht und
Pflicht und Gehorsam ihm gegenüber, die das Gesetz befiehlt; und der
Verletzer dieser Pflichten ist zu betrachten als eine gottlose und
ungerechte Person, die nicht in der Hand Gottes oder des Menschen
viel Gutes zu erhalten hat? (...)
So,
sagte er, und nichts anderes; denn was ist lächerlicher, als die
Namen der Familienbande nur mit den Lippen auszusprechen, ohne in
ihrem Geiste zu handeln?
Dann
in unserer Stadt soll die Sprache der Harmonie und Eintracht öfter
herrschen als in jedem anderen Staat. Wie ich bereits beschrieb, wenn
einer gut oder schlecht ist, das universelle Wort ist „gut“ oder
„schlecht“.
Höchst
wahr.
Und
passend zu dieser Denkweise und diesem Sprechen, werden wir nicht
sagen, dass sie ihre Freuden und Leiden gemeinsam haben?
Ja,
so werden sie.
Und
sie werden ein gemeinsames Interesse an der gleichen Sache haben, die
sie gleichermaßen „meine eigene“ nennen, und mit diesem
gemeinsamen Interesse ein gemeinsames Gefühl der Freude und der
Schmerzen haben?
Ja,
weit mehr als in anderen Staaten.
Und
der Grund dafür, die allgemeine Verfassung des Staates, wird sein,
dass die Wächter eine Gemeinschaft von Frauen und Kinder haben?
Das
wird der Hauptgrund sein.
Und
diese Einheit des Gefühls, das wir angenommen, das höchste Gut zu
sein, wie es in unserem eigenen Vergleich eines wohlgeordneten Staat
auf das Verhältnis vom Leib und seinen Gliedern genannt ist, wenn
sie von Freude oder Schmerz betroffen werden gemeinsam?
Das
haben wir anerkannt und ist sehr richtig.
Dann
wird die Gemeinschaft von Frauen und Kindern unserer Bürger
eindeutig die Quelle für das höchste Gut des Staates?
Ganz
sicher.
Und
das stimmt mit dem anderen Prinzip überein, das wir bekräftigen,
dass die Wächter nicht Häuser oder Grundstücke oder anderes
Eigentum haben sollen; ihr Lohn ist es, ihre Nahrung von den anderen
Bürgern zu erhalten und dass sie keine privaten Ausgaben haben; denn
wir beabsichtigten, ihnen den wahren Charakter des
Erziehungsberechtigten zu erhalten.
Richtig,
antwortete er.
Sowohl
die Gütergemeinschaft als auch die Gemeinschaft von Familien, wie
ich sage, neigen dazu, dass sie wirklich Erziehungsberechtigte
erzeugen; sie werden nicht die Stadt in Stücke reißen durch
unterschiedliches "mein" und "nicht mein", die
jeder Mann behauptet, der in einem separaten Haus seines Eigentums
lebt mit einer separaten Frau und Kindern und privaten Freuden und
Schmerzen; aber alle werden so weit beeinträchtigt werden, wie sie
durch die gleichen Freuden und Schmerzen gehen, weil sie alle einer
Meinung sind über das, was in der Nähe und in der Liebe zu ihnen
steht, und damit sie alle zu einem gemeinsames Ende neigen.
Gewiss,
antwortete er.
(...)
SANNYASIN
Jede
Religion hat eine Gruppe von Einsiedlern, die ein Leben in Rückzug
und Meditation führen. Es gibt die Bettelmönche im Buddhismus,
Fakire im Islam, sufistische Fakire im Sufismus, Mönche und Eremiten
im Christentum. Die Glorie einer Religion ist absolut verloren, wenn
diese Einsiedler oder Sannyasins oder die, die ein Leben in Abkehr
und göttlicher Kontemplation führen, wegfallen. Es sind diese
Menschen, die die Religionen der Welt aufrecht erhalten. Es sind
diese Menschen, die den Menschen Trost bringen, wenn sie Kummer und
Sorgen haben. Sie sind die Vorboten göttlicher Weisheit und Frieden.
Sie sind die Überbringer heiligen Wissens und himmlischer
Botschaften. Sie sind die Verbreiter spiritueller Wissenschaft und
schriftlicher Offenbarungen. Sie heilen die Kranken, trösten die
verlorenen Seelen, pflegen die Bettlägerigen. Sie bringen den
Hoffnungslosen Hoffnung, den Deprimierten Freude, den Schwachen
Stärke, den Schüchternen Mut, indem sie das Wissen von Gott und die
Bedeutung der All-Einheit weitergeben.
Ein
echter Sannyasin ist der einzige wirkliche Machthaber auf dieser
Erde. Er nimmt nie. Er gibt immer. Nur Sannyasins haben in der
Vergangenheit wirklich ehrwürdige, großartige Arbeit geleistet. Nur
Sannyasins können in der Gegenwart und in der Zukunft Wunder
vollbringen. Eines Weisen Name kann nie ausgelöscht warden, solange
die Welt existiert. Ramakrishna oder Vivekananda haben die
großartigen Lehren der Schriften verbreitet und die Hindu-Religion
so erhalten. Nur ein Sannyasin kann wahre Wunder vollbringen, denn er
hat göttliches Wissen, er ist ein vollendeter Mensch. Ein echter
Sannyasin kann das Schicksal der gesamten Welt verändern. Ein
mächtiger Weiser ist einer, der die Doktrin der heiligen Philosophie
etablierte. Er lebt weiter in den Herzen der Menschen.
So
wie es Forschungegelehrte oder Studenten mit abgeschlossenem Studium
in Naturwissenschaften, Psychologie, Biologie, Philosophe und so
weiter gibt, so sollte es auch gelehrte Sannyasins geben, die ihre
Zeit den Schriften und Meditation und der Forschung über Gott
widmen. Diese gebildeten Weisen werden der Welt ihre Erfahrungen und
Erkenntnisse auf dem Gebiet der Religion und Spiritualität geben.
Sie werden Schüler ausbilden und diese in die Welt hinaus senden, um
zu predigen. Es ist die Pflicht der Bürger und der Gesellschaft,
sich um die Bedürfnisse dieser Sannyasins zu kümmern. Diese
Sannyasins werden sich um die Seelen der Menschen kümmern, und im
Gegenzug kümmern die Bürger sich um deren Körper. So wird das Rad
der Welt sich reibungslos drehen. Im Land wird Frieden herrschen.
Sannyasins
sollten fest in heiligen Bewusstsein verwurzelt sein. Das bloße
Studium von Büchern kann nicht die Erfahrung reinen heiligen
Bewusstseins bringen. Philosophischer Tratsch oder müßiges,
trockenes Gerede über die heiligen Schriften hilft niemandem dabei,
die Einheit oder Einigkeit des Lebens zu empfinden. Es gibt keine
Hoffnung darauf, die heilige Einheit des Bewusstseins zu erfahren -
Gott allein genügt - solange der Aspirant nicht schonungslos alle
Arten von Hass, Kleingeistigkeit, Eifersucht, Neid,
Überlegenheitsgedanken, und alle Grenzen, die die Menschen
voneinander trennen, zerstört, durch unaufhörlichen, langfristigen
Dienst an der Menschheit mit der richtigen geistigen Einstellung oder
göttlichem Tugend. Praktizierte Weisheit ist heutzutage rar. Es gibt
nur trockene Diskussionen und bedeutungslosen Streit über die nicht
lebensnotwendigen Dinge der Religionen.
Die
zentrale Lehre der Bhagavad Gita ist Selbstverwirklichung in der
Welt. Dasselbe predigt der Weise. Der Menschheit dienen — als
Manifestation Gottes — und Gottes gedenken, während man an der
Welt Anteil nimmt und aktiv in ihr lebt, ist einem Höhlenleben
überlegen. Selbstloser Dienst ist auch Gebet. Arbeit ist Gebet.
Wirklicher spiritueller Fortschritt beginnt mit tätiger Liebe.
Ehrwürdiger
Sannyasin! Diene jedem mit intensiver Liebe, ohne Gedanken an die
Auswirkung, ohne Früchte, Lohn oder Wertschätzung dafür zu
erwarten. Nutze deinen Leib für selbstlose Arbeit. Fühle, dass du
nur ein Instrument in den Händen Gottes oder ein Zeuge von Gottes
Aktivitäten bist, wenn du Liebe übst. Hafte an keinen Ort, keiner
Person oder Sache an. Behalte dein inneres Gleichgewicht bei all den
Mühen und Turbulenzen der Welt, ohne Erfolg oder Misserfolg, Gewinn
oder Verlust, Sieg oder Niederlage, Respekt oder Geringschätzung,
Freude oder Schmerz in Betracht zu ziehen. Habe immer einen
ausgeglichenen Geist. Habe den Geist bei allen Aktivitäten fest im
Herzen verwurzelt. Dann wirst du ein wahrer Heiliger der tätigen
Liebe. Arbeit erhebt, wenn sie mit der richtigen Einstellung
verrichtet wird. Selbst wenn Menschen dich verspotten, beschimpfen,
schlagen, schmähen oder töten, sei immer gleichmütig. Sei
beständig bei deinem Herrn.
Dein
Herz erfordert konstante Praxis, Standhaftigkeit, Geduld,
Beharrlichkeit und Ausdauer. Die kombinierte Praxis von tätiger
Liebe und Kontemplation in der Welt ist viel schwieriger als die
Praxis reiner Kontemplation im Rückzug einer Bergeinsiedelei. Der
Einsiedler hat keine Ablenkungen des Geistes, während der Heilige
der tätigen Liebe schnell von Geräuschen oder der Betriebsamkeit
der Stadt gestört werden kann. Die Meditation aufrecht zu erhalten,
während man sonst aktiv ist, ist eine andere Art schwieriger
Weisheit. Der Mensch, der Kontemplation übt, während er sonst Taten
der Nächstenliebe vollbringt, ist in der Tat ein mächtiger Weiser.
Er hat einen ganz anderen Geist.
Schlechte
Sannyasins wollen Sünden nicht durch Nächstenliebe tilgen. Sie
glauben, dass Dienst am Menschen und tätige Liebe nichts bedeuten.
Sie rasieren sich die Köpfe, ziehen orangene Kleidung an, bleiben in
einer Höhle und posieren als große Weise oder Heilige. Sie
studieren ein paar Bücher über Gott und stilisieren sich als große
Philosophen. Das ist ein großer Fehler. Selbst wenn es einen echten
Philosophen gäbe, braucht er eine große dynamische Kraft, die ganze
Welt zu regieren. Einige Sannyasins aus der alten orthodoxen Schule
denken, dass ein Philosoph machtlos ist. Er kann jedoch das Schicksal
der ganzen Welt verändern.
Ein
wahrer Sannyasin strebt, sein Selbst nach und nach mit der großen
Gottheit zu verschmelzen, indem er alle Bindungen aufgibt und frei
wird von Gegensatzpaaren. Das Wissen über den höchsten Geist, das
Verschwinden aller Gefühle von ich oder mein, werden für einen
Sannyasin nur durch die Praxis unaufhörlicher Kontemplation über
das Absolute Ich zugänglich. Wer sich das Wissen der Einheit des
Individuums mit dem höchsten Gott nicht angeeignet hat, wird die
höchste Stufe durch bloße dumpfe Meditation nicht erreichen. Ein
Sannyasin muss unaufhörlich die heiligen Worte der Ewigen Weisheit
murmeln sowie die Sätze aus der heiligen Schrift, die die Ewige
Wahrheit behandeln. Gott ist der Zufluchtsort sowohl aller wissenden
als auch unwissenden Menschen. Er ist das Ziel der Sehnsüchte aller,
die unsterblich werden möchten.
Wegen
des Privilegs, Gott zu beschauen, wird ein Sannyasin von allen
Arbeiten befreit und wird gleichgültig selbst gegenüber den Freuden
des Himmels, da er Gott allein sucht. Durch unaufhörliches
Nachdenken über Gott allein erreicht der Weise die höchste Wonne.
Sannyasins
sollten ein ideales, beispielhaftes Leben führen und den Bürgern
raten, kein Haschisch, Opium und so weiter zu rauchen. Der Geist
imitiert immer. Wenn der Meister am Tag Haschisch raucht, wird der
Schüler am Tag Haschisch rauchen. Wie der Meister, so der Schüler.
Sannyasin
sein ist eine ernste Sache. Komfortables Sannyasin-sein ist sehr
gefährlich. Es ist überhaupt kein Sannyasin-sein. Alle für
Sannyasins vorgeschriebenen Regeln sollten von Sannyasins befolgt
werden. Nur dann können sie als wahre und ideale Sannyasins glänzen.
Nur dann können sie den Menschen als Vorbild dienen. Ehre dem
wahren, idealen Sannyasin, der ein beispielhaftes Leben führt! Diese
Welt braucht dringend wahre, ideale Sannyasins, die dem Land und der
Menschheit mit Liebe helfen und Wissen über die Seele und Gottes
Liebe überall verbreiten.
Mögen
Sannyasins, die Quellen göttlicher Weisheit, die Fackelträger der
absoluten Wahrheit, die Leuchtfeuer dieser Welt, die Grundpfeiler
spiritueller Gebäude und die zentralen Säulen ewigen Glaubens der
Religion die verschiedenen Nationen dieser Welt leiten.
ENGEL
IN DER BIBEL
Wer
oder was sind Engel? Wo kommen sie her, und in welcher Beziehung
stehen sie zu uns?
als
Einleitung fragen wir, wie sich Menschen Engel vorstellen. Dann
müssen wir gleich überlegen, wie wir mit ihnen umgehen sollen.
Drittens fragen wir, wo sie herkommen, viertens, was sie von uns
unterscheidet, dann welche Ordnungen und welche Aufgaben sie haben
und fassen zum Schluss noch einmal alles unter der Frage zusammen,
welche Einstellung wir zu ihnen haben sollen. Bei allem begnügen wir
uns mit den wichtigsten Aussagen.
Was
stellen sich Menschen unter Engeln vor?
Bestimmte
Begriffe erzeugen in uns bestimmte Vorstellungen, zum Beispiel:
Gespenster, Geister, Dämonen, Totengeister, Poltergeister, Teufel,
Engel.
Die
meisten Menschen heute glauben zwar nicht, dass es solche Wesen
wirklich gibt, das hält sie aber nicht davon ab, jede Menge Bücher
darüber zu kaufen, ganz abgesehen von den oft magischen
Märchenbüchern für Kinder. Manche versuchen sogar, Geister von
Toten zu beschwören.
Was
soll man nun glauben? Welche Wirklichkeiten spielen in unserem Leben
eine Rolle und welche sind vielleicht nur von einer schöpferischen
Phantasie ausgedacht?
Für
Menschen, die an die Göttlichkeit der Natur glauben, ist die
Existenz von engelähnlichen Wesen eine Selbstverständlichkeit.
Engel, Geister, Gespenster und Götter und Dämonen spielen in ihrer
Kultur eine große Rolle. Unsere westliche Kultur war Jahrhunderte
lang vom Christentum geprägt. Von daher haben die Menschen geglaubt,
dass es Engel, aber auch böse Geister oder Dämonen gibt.
Interessant ist, wie sich die Menschen diese Wesen vorgestellt haben.
Was haben sich die großen Künstler gedacht, wenn sie Engel
darstellten? Standen vielleicht sogar bestimmte persönliche
Erfahrungen hinter ihren Darstellungen? Man sehe sich die vielen
Gemälde an, die den Erzengel Gabriel darstellen, der die Jungfrau
Maria grüßt, oder die Gemälde, die den Erzengel Michael im Kampf
mit dem Drachen zeigen, oder auch die Darstellungen der Engel in der
orthodoxen Ikonographie, oder wen man will, die Engelein als nackte
Kindchen mit Flügeln in der barocken Kunst.
Die
Engel in den Mosaiken und Bildern der ersten Jahrhunderte sind alles
andere niedlich. Es sind grandiose, ehrfurchtgebietende Gestalten.
Man bekommt den Eindruck von dem übermächtigen Einbruch einer
anderen Dimension in die Welt der Sichtbarkeit.
Um
die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert gibt es immer noch Bilder, in
denen der Engel der große und herrliche Bote Gottes ist, der die
Botschaft von dem unerhört Neuen bringt. Gleichzeitig aber finden
wir Bilder, die Engel als liebliche Mädchen darstellen.
In
der Renaissance tauchen dann die Putten auf, diese Engelein, die zur
Dekoration in kirchlichen Räumen werden. Oft bestehen sie nur aus
Kopf und Flügeln. Man denke da an Raffaels Engel zu Füßen der
Sixtinischen Madonna.
Die
etwas süßlich kitschigen Engelsdarstellungen des 19. Jahrhunderts
sind dennoch ganzen Generationen lieb geworden.
Wie
spricht die Bibel von Engeln? Dort sind Engel nicht niedlich, sondern
erschreckend heilig! Sie verursachen bei Menschen immer ein großes
Erschrecken. Zuweilen erschienen sie in solcher Herrlichkeit, dass
selbst ein Apostel wie Johannes in Versuchung kam, sie anzubeten.
In
der Bibel werden Engel ungefähr dreihundertmal erwähnt. Ihre
Existenz ist eine Selbstverständlichkeit.
.
Wie
sollen Menschen mit Engeln umgehen?
Exodus
20,1-5: „Ich bin Jahwe, dein Gott! Ich habe dich aus dem
Sklavenhaus Ägyptens befreit. Du wirst keine anderen Götter neben
mich stellen! Du wirst dir kein Götterbild machen, kein Abbild von
irgendetwas im Himmel, auf der Erde oder im Meer! Wirf dich niemals
vor ihnen nieder und verehre sie auf keinen Fall! Denn ich, Jahwe,
ich, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott.“
Dazu
gehören auch Engel. Sie dürfen nicht angebetet werden. Offenbarung
22,8-9: „Ich, Johannes, habe alles gesehen und gehört, was hier
berichtet ist. Überwältigt von dem, was ich gehört und gesehen
hatte, warf ich mich vor dem Engel nieder, der mir das alles gezeigt
hatte, und wollte ihn anbeten. Doch er sagte: Tu das nicht! Ich bin
ein Sklave Gottes genauso wie du und deine Brüder, die Propheten,
und wie alle, die sich nach den Worten dieses Buches richten. Bete
Gott an!“ Die heiligen Engel Gottes haben nie Anbetung angenommen.
Kolosser 2,18: „Und lasst euch durch niemand von eurem Ziel
ablenken, durch keinen, der sich in Demutsübungen gefällt und Engel
anbetet und das mit Visionen begründet, die er gesehen haben will.
Solche Menschen haben eine ungeistliche Gesinnung und sind ganz ohne
Grund stolz und aufgeblasen.“ Anbetung von Engeln ist ein
Kennzeichen von gnostischen oder esoterischen Irrlehrern.
Wo
kommen Engel her?
Durch
sein Wort hat Gott die Engel erschaffen. Psalm 148,2.5: „Lobt ihn,
alle seine Engel! Lobe ihn, du himmlisches Heer! … Sie alle sollen
loben den Namen Jahwes, denn sie alle entstanden durch sein Gebot.“
Durch Christus hat Gott die Engel geschaffen. Kolloser 1,16: „Denn
in Ihm ist alles, was es im Himmel und auf Erden gibt, erschaffen
worden: das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften,
Mächte und Gewalten; alles hat Gott durch Ihn und für Ihn
geschaffen.“ Engel wurden vollkommen erschaffen. Ezechiel 28,15:
„Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, als du
geschaffen wurdest...“
Engel
haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie wurden alle
unmittelbar von Gott geschaffen.
Engel
sind keine Rasse wie die Menschen, die alle von Adam und Eva
abstammen. Engel haben nicht die Fähigkeit der Vermehrung; sie
wurden alle unmittelbar von Gott geschaffen. Sie sind keine
geschlechtlichen Wesen und wurden weder als Mann noch als Frau
erschaffen, sondern sie rein geistige Intelligenzen.
Matthäus
22,30: „Denn wenn die Toten auferstehen, heiraten sie nicht mehr,
sondern werden wie die Engel im Himmel sein.“ Es gibt Myriaden von
Engeln. Da dies die größte Zahl der griechischen Sprache war, heißt
das praktisch: unzählbar viele.
Hebräer
12,22: „Ihr dagegen seid zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen
Gottes gekommen, zu dem Jerusalem im Himmel, wo sich unzählbare
Engelscharen zu einem Fest versammelt haben.“
Die
Engel wohnen im Himmel, haben jederzeit Zugang zu den Menschen und
zum Thron Gottes. Lukas 2,13-15: „Plötzlich waren sie von ganzen
Heerscharen des Himmels umgeben, die alle Gott lobten und riefen:
Ehre und Herrlichkeit Gott in der Höhe und Frieden den Menschen
seines Wohlgefallens auf Erden. Als die Engel in den Himmel
zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen
nach Bethlehem! Sehen wir uns an, was da geschehen ist, was der Herr
uns sagen ließ.“ Engel wurden geprüft. Hiob 4,18: „Siehe,
selbst seinen Knechten vertraut er nicht, und seinen Engeln legt er
Irrtum zur Last.“ Es gab Engel, die haben sich der Rebellion
Luzifers angeschlossen und sind für ihre Sünde persönlich
verantwortlich. Einige von ihnen sind jetzt schon gefangen. 2 Petrus
2,4: „Gott hat nicht einmal die Engel verschont, die sich gegen ihn
vergangen hatten, sondern hat sie bis zum Tag des Gerichts in
Finsternis gefesselt, in Höhlen des Abgrunds verwahrt.“
Judas
1,6: „Auch die Engel, die ihre Vollmacht überschritten und den
Platz verließen, den Gott ihnen zugewiesen hatte, hat er mit ewigen
Fesseln in der Finsternis verwahrt, um sie an jenem großen Tag zu
richten.“ Die abgefallenen Engel werden im Weltgericht in die Hölle
geworfen: Matthäus 25,41: „Dann wird er zu denen auf der linken
Seite sagen: Geht mir aus den Augen ihr Verfluchten! Geht in das
ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel vorbereitet ist!“
Die Christen werden einmal über Engel zu Gericht sitzen. 1 Korinther
6,3: „Wisst ihr nicht, dass wir sogar über Engel zu Gericht sitzen
werden?“
Was
unterscheidet Engel von Menschen?
Engel
besitzen die Merkmale einer Person.
Epheser
3,10: „Erst durch die Kirche sollte er den Mächten und Gewalten in
der Himmelswelt bekannt werden. Auf diese Weise sollten sie die
vielfältige Weisheit Gottes kennen lernen.“ 1 Petrus 1,12: „Gott
ließ sie erkennen, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienten.
Euch ist das alles jetzt von denen verkündigt worden, die euch mit
der guten Botschaft vertraut gemacht haben. Sie taten das in der
Kraft des Heiligen Geistes, den Gott vom Himmel gesandt hat.“
Engel verlangen nach der vollkommenen Einsicht in Gottes Pläne.
Judas
1,9: „Selbst der Engelsfürst Michael wagte es nicht, ein
abwertendes Urteil über den Teufel zu fällen, als er mit ihm über
den Leichnam von Mose stritt. Er sagte nur: Der Herr bestrafe dich!“
Lukas 15,10: „Ich sage euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes
über einen Sünder, der Buße tut.“ Die Engel freuen sich am Heil
und sind interessiert an der Rettung jedes einzelnen Menschen.
Hebräer
1: „Als er den Erstgeborenen aber in die Welt einführte, sagte er:
Alle Engel Gottes sollen ihn anbeten!“
2
Petrus 2,4: „Gott hat nicht einmal die Engel verschont, die sich
gegen ihn vergangen hatten, sondern hat sie bis zum Tag des Gerichts
in Finsternis gefesselt, in Höhlen des Abgrunds verwahrt.“
Offenbarung
19,10: „Da warf ich mich ihm zu Füßen, um ihn anzubeten. Aber er
sagte zu mir: Tu das nicht! Ich bin auch nur ein Sklave Gottes wie
auch du und deine Brüder, die ihr an der Botschaft von Jesus
festhaltet. Bete Gott an! Denn die prophetische Botschaft ist die
Botschaft von Jesus.“
Engel
haben also Vernunft, Willen, Gefühle und Selbstbewusstsein, sie sind
geistige Personen.
Engel
sind geistige Wesen, die keinen materiellen Leib besitzen.
Sie
benötigen keine Nahrung und können sich unabhängig von der Materie
im ganzen Universum fortbewegen. Hebräer 1,7: „Von den Engeln
heißt es zwar: Seine Engel macht er zu Sturmwinden, seine Diener zu
Feuerflammen.“ Hebräer 1,14: „Nein, die Engel sind alle nur
Diener.“ Es sind Wesen der himmlischen Welt, die Gott als Helfer zu
denen sendet, die an der kommenden Rettung teilhaben sollen.
Engel
sind den Menschen überlegen
Manchmal
können Engel in menschlicher Form erscheinen und gesehen werden.
Matthäus 28,2: „Plötzlich gab es ein starkes Erdbeben. Ein Engel
des Herrn war vom Himmel gekommen und zum Grab getreten. Er wälzte
den Stein weg und setzte sich darauf.“
Engel
können sich unabhängig von der Materie im ganzen Universum
fortbewegen
Markus
16,5: „Sie gingen in die Grabkammer hinein und erschraken sehr, als
sie innen auf der rechten Seite einen Jüngling in weißem Gewand
sitzen sahen.“ Die Engel sind den Menschen in gewisser Hinsicht
überlegen, denn als Gott Mensch wurde, erniedrigte er sich eine
kleine Weile unter die Engel (Psalm 8).
Hebräer
2,7: „Für kurze Zeit hast du ihn geringer gemacht als die Engel,
dann aber hast du ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Die
Engel sind den Menschen an Kraft überlegen. Daniel 6,23: „Mein
Gott hat seinen Engel geschickt, weil ihm meine Unschuld bekannt war.
Und der hat den Löwen die Rachen verschlossen, so dass sie mir
nichts antun konnten. Auch dir gegenüber, König, habe ich kein
Unrecht begangen.“
Apostelgeschichte
12,7: „Plötzlich stand ein Engel des Herrn vor ihm und ein helles
Licht erfüllte die Zelle. Er stieß Petrus in die Seite, um ihn zu
wecken. Steh schnell auf!, sagte er. Sofort fielen ihm die Ketten von
den Handgelenken ab.“ Dies ist sehr schön dargestellt auf einem
Gemälde Raffaels. Sie sind uns auch an Weisheit überlegen, aber sie
sind nicht allwissend, das ist nur Gott.
Matthäus
24,36: „Doch Tag und Stunde von diesen Ereignissen weiß niemand,
nicht einmal die Engel im Himmel oder der Sohn selbst; nur der Vater
weiß es.“ Die Engel erscheinen immer als mächtige Wesen und
erwecken Furcht und heiligen Schrecken.
Lukas
2,9: Plötzlich trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und das Licht der
Herrlichkeit Gottes umstrahlte sie. Sie erschraken sehr und hatten
Angst, aber der Engel sagte zu ihnen: Ihr braucht euch nicht zu
fürchten, denn ich bringe euch eine gute Nachricht, über die sich
das ganze Volk freuen wird.“
Matthäus
28,4: „Da zitterten und bebten die Wächter vor Angst und fielen
wie tot zu Boden. Der Engel sagte zu den Frauen: Erschreckt nicht!
Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.“ Engel werden nicht
erlöst, wenn sie gefallen sind, im Gegensatz zur
Allversöhnungslehre.
Hebräer
2,14: „Weil diese Kinder nun Menschen von Fleisch und Blut sind,
ist auch er ein Mensch von Fleisch und Blut geworden. So konnte er
durch seinen Tod den Teufel entmachten, der die Macht über den Tod
hatte, und konnte die befreien, die durch Angst vor dem Tod ihr
ganzes Leben lang versklavt waren. Außerdem wissen wir ja, dass er
sich nicht für Engel einsetzt, sondern für die Nachkommen
Abrahams.“
Welche
Ordnungen gibt es unter den Engeln?
Verschiedene
Bezeichnungen für Engel zeigen hierarchische Ordnung an: Throne,
Herrschaften, Fürstentümer, Mächte und Gewalten, Erzengel, Engel
der Völker und Schutzengel. Das wird in der Bibel angedeutet. Wer
Genaueres wissen will, lese Dionysius Areopagita über die Himmlische
Hierarchie.
Cherubim
und Seraphim sind mit den Thronen die höchsten Engelwesen. Die
Cherubim besitzen unbeschreibliche Kraft und Schönheit und Klugheit
und umgeben den Thron Gottes. Geschnitzte Abbilder von ihnen
breiteten ihre Flügel über die Bundeslade Israels aus und bildeten
im Tempel die sichtbare Basis für den unsichtbaren Thron Gottes.
Jesaja
37,15: „Hiskia betete: Jahwe, du allmächtiger Gott Israels, der
über den Cherubim thront, du allein bist Gott und Herr über alle
Reiche der Welt. Du hast Himmel und Erde geschaffen.“
Seraphim,
die Brennenden, sind die Engel der höchsten Liebesglut, sie werden
ähnlich wie Cherubim beschrieben und umgeben auch den Thron Gottes.
Sie werden nur zweimal in Jesaja 6,1-3 erwähnt:
„In
dem Jahr als König Usia starb, sah ich den Herrn. Er saß auf einem
hoch aufragenden Thron. Die Säume seines Gewandes füllten den
ganzen Tempel aus. Umgeben war er von Seraphim, majestätischen
Wesen. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel. Mit zweien davon bedeckte
er sein Gesicht, mit zweien seine Beine und mit zweien flog er. Einer
rief dem anderen zu: Heilig, heilig, heilig ist Jahwe, der
allmächtige Gott. Die ganze Erde bezeugt seine Herrlichkeit!“
(Sanctus, Sanctus, Sanctus, Deus Dominus Sabaoth!) Cherubim und
Seraphim sind vielleicht identisch mit den vier Lebewesen in der
Offenbarung. Jedenfalls sind das die einzigen Wesen in der Nähe
Gottes, die mit Flügeln beschrieben werden.
Offenbarung
4,6: „In der Mitte, im innersten Kreis um den Thron, standen vier
mächtige Wesen, die vorn und hinten voller Augen waren. Das erste
Wesen glich einem Löwen, das zweite einem jungen Stier. Das dritte
hatte ein Gesicht wie ein Mensch und das vierte glich einem
fliegenden Adler. Jedes der vier hatte sechs Flügel, die ebenfalls
innen und außen mit Augen besetzt waren. Und immer wieder, bei Tag
und Nacht, rufen diese mächtigen Wesen: Heilig, heilig, heilig ist
Gott, der Herr, der allmächtige Herrscher, der war, der ist und der
kommt!“
Folgender
Text beschreibt im Bild des Königs von Tyrus den Fall Luzifers, der
gehörte ursprünglich zu den Cherubim.
Ezechiel
28,13-16 : „Du warst in Eden, dem Garten Gottes; aus Edelsteinen
jeder Art war deine Decke: Karneol, Topas und Jaspis, Türkis, Onyx
und Jade, Saphir, Rubin und Smaragd; und Arbeit in Gold waren deine
Ohrringe und deine Perlen an dir; am Tag, als du geschaffen wurdest,
wurden sie bereitet. Du warst ein mit ausgebreiteten Flügeln
schirmender Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht; du warst auf
Gottes heiligem Berg, mitten unter feurigen Steinen gingst du einher.
Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, als du geschaffen
wurdest, bis sich Unrecht an dir fand. Durch die Menge deines Handels
fülltest du dein Inneres mit Gewalttat und sündigtest. Und ich
verstieß dich vom Berg Gottes und trieb dich ins Verderben, du
schirmender Cherub, aus der Mitte der feurigen Steine.“
Der
Erzengel Michael
Judas
1,0: „Selbst der Engelsfürst Michael wagte es nicht, ein
abwertendes Urteil über den Teufel zu fällen.“ Von den einzelnen
Engeln ist offenbar Michael der Engelsfürst, eine kämpferische
Gestalt.
Offenbarung
12,7: „Dann brach im Himmel ein Krieg aus: Der Engelfürst Michael
kämpfte mit seinen Engeln gegen den Drachen. Der Drache und seine
Engel wehrten sich, aber sie konnten nicht standhalten. Von da an war
für ihn und seine Engel kein Platz mehr im Himmel.“
Der
Engel Gabriel
Gabriel
ist offenbar mehr der Verkünder Gottes. Daniel 8,16: „Gleichzeitig
hörte ich eine Stimme über dem Ulai-Kanal, die ihm zurief: Gabriel,
erkläre ihm die Vision!“
Lukas
1,26: „Als Elisabeth im sechsten Monat schwanger war, sandte Gott
den Engel Gabriel nach Galiläa in eine Stadt namens Nazareth zu der
Jungfrau, die Maria heißt.“
Engel
haben nach den Berichten der Bibel viele Aufgaben und Dienste zu
erfüllen. Sie dienten unserem Herrn nach der Versuchung durch Satan
und stärkten ihn im Kampf in Gethsemane, sie standen bereit, ihn zu
schützen, waren bei seiner Himmelfahrt gegenwärtig und verkündigten
seine Wiederkunft.
Der
Engel Raphael
Raphael,
sein Name heißt: Gott ist Arzt, ist der Führer der Schutzengel, der
Wegbegleiter und der Engel der Heilung, wie er im Buch Tobit
beschrieben wird. Raphael, Gabriel und Michael sind die drei in der
Bibel namentlich erwähnten Erzengel.
Aufgaben
der Engel gegenüber Gott
Sie
beten Gott an.
Offenbarung
5,11-12: „Dann sah und hörte ich eine unzählbar große Schar von
Engeln, es waren Tausende und Abertausende. Sie standen im Kreis um
den Thron, die mächtigen Wesen und die Ältesten, und riefen in
gewaltigem Chor: Würdig ist das Lamm, das geopfert worden ist,
würdig zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit, Stärke und
Ehre, Ruhm und Anbetung!“ Die Engel regieren im Auftrag Gottes
Naturkräfte, ganze Völker und auch Ortskirchen.
Offenbarung
7,2: Und von da, wo die Sonne aufgeht, sah ich noch einen anderen
Engel herkommen, der das Siegel des lebendigen Gottes in der Hand
hatte. Er rief den vier Engeln, denen Gott die Macht gegeben hatte,
der Erde und dem Meer Schaden zuzufügen, mit lauter Stimme zu:
Verwüstet weder das Land noch das Meer und richtet auch an den
Bäumen noch keinen Schaden an! Erst müssen wir allen, die Gott
gehören und ihm dienen, sein Siegel auf die Stirne drücken.“
Daniel
10,13.20-21: „Aber der Engelfürst von Persien hat sich mir 21 Tage
lang entgegengestellt. Da kam Michael, einer der höchsten
Engelfürsten, mir zu Hilfe, so dass ich beim Kampf um Persien
entbehrlich wurde. … Weißt du nun, warum ich zu dir gekommen bin?,
sagte er. Schon bald werde ich wieder zum Fürsten von Persien
zurückgehen, um weiter gegen ihn zu kämpfen. Und wenn ich mit ihm
fertig geworden bin, muss ich auch gegen den Fürsten von
Griechenland antreten. Doch vorher will ich dir mitteilen, was im
Buch der Wahrheit aufgezeichnet ist. Ja, es gibt niemand, der mit mir
zusammen seine Kräfte gegen jene beiden aufbietet, außer Michael,
eurem Fürst.“ Offenbarung 2,1: „Schreibe an den Engel der
Gemeinde in Ephesus …“
Aufgaben
der Engel im Leben von Menschen
Wir
haben schon gesehen, dass Engel damit beauftragt sind, Menschen
Botschaften zu überbringen und dass sie sich über die Erlösung
freuen. Sie tun aber noch mehr.
Hebräer
1,14: „Nein, die Engel sind alle nur Diener. Es sind Wesen der
himmlischen Welt, die Gott als Helfer zu denen sendet, die an der
kommenden Rettung teilhaben sollen.“
Das
gilt generell für alle Gläubigen.
Engel
ermutigen Gläubige und retten sie in Gefahren.
Apostelgeschichte
27,23: „Letzte Nacht kam nämlich ein Engel Gottes zu mir, des
Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene. Er sagte zu mir: Paulus,
du brauchst dich nicht zu fürchten! Gott will, dass du vor den
Kaiser trittst, und er wird deinetwegen allen, die mit dir fahren,
das Leben schenken. Habt also Mut, Männer! Ich vertraue Gott, dass
es so kommen wird, wie er mir sagen ließ.“
Offenbar
gibt es Schutzengel, nicht nur für Kinder.
Matthäus
18,10: „Hütet euch davor, einen dieser Kleinen überheblich zu
behandeln! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel haben jederzeit
Zugang zu meinem himmlischen Vater.“
Psalm
34,8: „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn
fürchten, und er befreit sie.“
Psalm
91,11: „Denn Er bietet seine Engel für dich auf, dich zu bewahren
auf allen deinen Wegen.“
Psalm
91,12: „Auf den Händen tragen sie dich, damit du deinen Fuß nicht
an einen Stein stößt.“
Engel
beobachten das Leben der Gläubigen und loben Gott für seine Gnade.
Epheser
3,10: „Erst durch die Kirche sollte er den Mächten und Gewalten in
der Himmelswelt bekannt werden. Auf diese Weise sollten sie die
vielfältige Weisheit Gottes kennen lernen.“
1
Korinther 11,10: „Deshalb soll eine Frau mit Rücksicht auf die
Engel das Zeichen ihrer Vollmacht auf dem Kopf tragen“. Es scheint,
dass sie besonders das Leben der Priester der Kirche beobachten. 1
Timotheus 5,21: „Ich beschwöre dich vor Gott, vor Christus und den
auserwählten Engeln: Befolge dies alles ohne Vorurteil und
begünstige niemand.“
Engel
vollstrecken das Gericht Gottes an den Menschen.
Hebräer
11,28: „Aufgrund des Glaubens führte er das Paschafest ein und
ließ das Blut der Paschalämmer an die Türpfosten streichen, damit
der todbringende Engel ihre Erstgeborenen nicht antastete.“
Apostelgeschichte
12,23: „Im gleichen Augenblick aber schlug ihn (Herodes) ein Engel
des Herrn, weil er sich als Gott feiern ließ und nicht Gott die Ehre
gab. Von Würmern zerfressen starb er unter Qualen.“
Welche
Einstellung sollen wir zu Engeln haben?
Die
Jungfrau Maria sagt: „Jeder Mensch hat seinen Schutzengel und soll
zu ihm beten.“ In der alten Messe wurde nach jeder Eucharistiefeier
der Erzengel Michael angefleht, die Dämonen in die Hölle zu
stürzen. Wenn uns Krankheiten plagen, rufen wir den Erzengel Raphael
um Beistand an. Wir folgen dem Beispiel des Erzengels Gabriel und
grüßen die Jungfrau Maria: Ave Maria, du Gnadenvolle, der Herr ist
mit dir! Wir verehren die allerseligste Jungfrau Maria als Königin
der Engel. Wir bemühen uns, in der Gottesliebe groß und so ein
seraphischer Heiliger zu werden. Wir bemühen uns, in der
Gottesweisheit groß und so ein cherubinischer Pilger zu werden.
ABRAHAMS
OPFER SEINES LIEBLINGSSOHNES
(Genesis
22)
Es
geschah einige Zeit später, dass Gott Abraham auf die Probe stellte.
Abraham, Abraham!' rief er. Hier bin ich, antwortete er.
Gott
sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen Sohn, deinen vielgeliebten
Isaak, und geh in das Land Moria, wo du ihn als Brandopfer auf einem
Berge, den ich dir weisen werde, darbringen sollst.
Früh
am nächsten Morgen sattelte Abraham seinen Esel und nahm mit sich
zwei seiner Knechte und seinen Sohn Isaak. Er hackte Holz zum
Brandopfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den Gott ihm
angegeben hatte.
Am
dritten Tag blickte Abraham auf und sah den Ort in der Ferne.
Da
sagte Abraham zu seinen Knechten: Bleibt hier mit dem Esel. Der Junge
und ich werden da drüben hingehen, wir werden anbeten und dann zu
euch zurückkommen.
Abraham
nahm das Holz zum Brandopfer, lud es Isaak auf und trug mit seinen
eigenen Händen das Feuer und das Messer. Und dann gingen die beiden
zusammen weiter.
Da
sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Vater? Sagte er. Ja, mein Sohn?
antwortete er. Siehst du, sagte er, hier ist Feuer und Holz, wo ist
aber das Lamm zum Brandopfer?
Abraham
antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich das Lamm zum Brandopfer wählen.
Und die beiden gingen zusammen weiter.
Als
sie an dem Ort, den Gott ihm angegeben hatte, angekommen waren, baute
Abraham dort einen Altar und schichtete das Holz. Dann band er seinen
Sohn und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.
Abraham
streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu töten.
Aber
der Engel Jahwes rief ihm vom Himmel zu: Abraham, Abraham! Sagte er.
Hier bin ich, antwortete er.
Rühre
den Knaben nicht an, sagte der Engel, und schade ihm nicht, denn nun
weiß ich, dass du Ehrfurcht hast vor Gott. Du hast ihm nicht
verweigert deinen eigenen geliebten Sohn.
Dann
erblickte er, dann sah Abraham einen Widder mit seinen Hörnern im
Gestrüpp verfangen. Abraham nahm den Widder und opferte ihn zum
Brandopfer an seines Sohnes statt.
Abraham
nannte diesen Ort "Jahwe opfert", und damit die Leute heute
sagen: Auf dem Berg Jahwes wurde ein Opfer zur Verfügung gestellt.
Der
Engel Jahwes rief Abraham ein zweites Mal vom Himmel:
Ich
schwöre bei mir selbst, der Herr erklärt, dass, weil du das getan
hast, weil du mir deinen eigenen geliebten Sohn nicht verweigert
hast,
Werde
ich Segnungen auf dich ausschütten und deine Nachkommen so zahlreich
machen wie die Sterne am Himmel und der Sand am Ufer des Meeres.
Deine Nachkommen werden erobern die Tore ihrer Feinde.
Alle
Völker der Erde werden sich mit deinem Nachkommen segnen, weil du
auf meine Stimme gehört hast.
Abraham
ging zurück zu seinen Knechten, und gemeinsam zogen sie nach
Beerscheba, und Abraham ließ sich in Beerscheba nieder.
Und
es geschah nach einiger Zeit, dass Abraham ein Wort empfing, dass
Milka auch nun Söhne seinem Bruder Nahor geboren hatte:
Uz,
seinen Erstgeborenen, Buß, seinen Bruder, Kemuel, den Vater von
Aram,
Chesed,
Haso, Pildasch, Jidlaph, Bethuel,
Und
Bethuel zeugte Rebekka. Dies waren die acht Kinder, die Milka
schenkte dem Nahor, Abrahams Bruder.
Er
hatte auch eine Konkubine namens Rehuma, und auch sie hatte Kinder:
Tebah, Gaham, Tahash und Maacha.
DIE
WELTSEELE
Die
Weltseele (lateinisch anima mundi, griechisch psyche tou pantos) ist
ein religiöses und naturphilosophisches Konzept. Es beruht auf der
Vorstellung einer Analogie zwischen der Gesamtheit des Kosmos und dem
Menschen. Das Universum als Makrokosmos soll analog zum Menschen, dem
Mikrokosmos, strukturiert sein. Als Lebens- und Bewegungsprinzip wird
für beide eine Seele angenommen. So wie man sich einen einzelnen
Menschen als beseelt und von seiner Einzelseele belebt vorstellt, so
wird der Kosmos als lebendiger, mit einer eigenen Seele
ausgestatteter Organismus aufgefasst.
Der
Begriff „Weltseele“ wurde von Platon geprägt. In seinem Dialog
Timaios entwarf er eine Theorie der Beseelung der Welt. Er
bezeichnete die Weltseele als selbstbewegt; in ihrer Eigenbewegung
sah er ihr Hauptmerkmal. Als notwendig betrachtete er sie aus zwei
Gründen. Erstens hielt er ein Prinzip, auf das Bewegung generell
zurückgeführt werden kann, für erforderlich; in seinem Spätwerk
Gesetze betonte er, die Weltseele sei die Ursache aller Bewegung in
der Natur. Auf sie führte er die Bewegungen am Himmel ebenso wie
diejenigen auf der Erde zurück. Zweitens benötigte er die Weltseele
als das Prinzip, vermittels dessen er die im Kosmos waltende Vernunft
mit der Weltmaterie verband.
Nach
dem im Timaios erzählten Mythos hat der Weltschöpfer die Weltseele
zusammen mit dem Kosmos erschaffen. Aus verschiedenen Mischungen
schuf er die Weltseele. Dank dieser Mischungen enthält die Weltseele
Elemente von allem und wird dadurch in die Lage versetzt, alles
wahrzunehmen und zu erkennen. Ihr steht die Herrschaft über den
Weltkörper zu, so wie der Einzelseele des Individuums die Herrschaft
über dessen Körper. Die Weltseele durchdringt und umgibt den Körper
des Kosmos, seine Materie. Sie ist die vermittelnde Instanz zwischen
der rein geistigen Ideenwelt und dem physischen Weltkörper.
Allerdings
bedarf die Weltseele nach der platonischen Naturphilosophie zur
geordneten Bewegung der Vernunft, des Geistes (Nous). Der Geist, der
im Timaios vom Weltschöpfer repräsentiert wird, lenkt als
übergeordnete Instanz die Weltseele von außen. Damit stellt sich
die Frage, ob die Weltseele auch über eine eigene Vernunft verfügt
oder ob sie von sich aus unvernünftig wäre, aber sich dank fremder
Lenkung dennoch stets gut verhält.
Plutarch
vertrat eine dualistische Position: Da in der sinnlich wahrnehmbaren
Welt Gutes mit Schlechtem gemischt ist, nahm er zwei entgegengesetzte
Prinzipien (archai) und einander widerstreitende Kräfte (dynameis)
an. Eine der Kräfte führt in die richtige Richtung, die andere in
die verkehrte. Die negative Kraft kann sich normalerweise nur unter
dem Mond, also insbesondere auf der Erde, auswirken; der über dem
Mond gelegene Himmelsbereich ist eigentlich frei von Schlechtigkeit.
Plutarch identifizierte das negative Prinzip mit der Urseele, der
Seele im Urzustand. Diese sei von Natur aus unvernünftig, bewege
sich ungeordnet und werde nur dank der Herrschaft der ordnenden
Vernunft auf das Gute ausgerichtet. Plutarch betrachtete die
Weltseele als unauflöslich mit der ihr zugehörigen, von ihr
beseelten Weltmaterie verbunden.
Im
Neuplatonismus hingegen wurde die Weltseele zu den vollkommenen
Elementen der geistigen Welt gezählt. Sie galt als die unterste der
drei hierarchisch geordneten „Naturen“ oder, wie man später zu
sagen pflegte, Hypostasen, welche die geistige Welt ausmachen. Plotin
meinte, die Weltseele unterscheide sich von den Einzelseelen dadurch,
dass sie ständig auf den Geist (Nous) ausgerichtet und immer mit
ihrem Körper verbunden sei, während die Ausrichtung der
Einzelseelen Veränderungen unterworfen sei. Indem die Weltseele den
Kosmos beseele, verleihe sie ihm quasi göttliche Qualitäten.
Aristoteles
lehnte das platonische Konzept der Weltseele ab und verwarf
insbesondere die Vorstellung, dass sie nicht nur bewege, sondern auch
selbst in ständiger Bewegung sei.
Von
dem platonischen Konzept abgeleitet, aber stark abgeändert war die
Auffassung der Stoiker von der Beseelung der Welt. Sie nahmen ein
aktives, den ganzen Kosmos durchdringendes feuriges Prinzip, das
Pneuma, an. Damit verbanden sie die Vorstellung, die Welt sei ein
beseeltes, unsterbliches, göttliches Lebewesen, dem sie Sinne und
Vernunft zuschrieben. Die Einzelseelen betrachteten sie als Teile der
Weltseele. Für die Stoiker war die Weltseele jedoch nicht wie im
Platonismus eine eigenständig existierende geistige Substanz mit
einem bestimmten Rang und einer besonderen Aufgabe in der
hierarchischen Weltordnung, sondern nur ein bestimmter Aspekt einer
einheitlichen, körperlich gedachten Welt.
Der
stark vom Platonismus beeinflusste jüdische Denker Philon von
Alexandria wsollte die Wltseele nur als Metapher gelten lassen. Bei
den verschiedenen Strömungen der Gnosis fand das Konzept keinen
Anklang, nur der Manichäismus nahm es auf. Die Manichäer
betrachteten die Weltseele jedoch nicht wie die Platoniker und die
Stoiker als von Natur aus dem Weltkörper zugeordnet, sondern hielten
ihren Aufenthalt in der materiellen Welt für das Ergebnis einer
Katastrophe, das ebenso wie bei den Einzelseelen durch Erlösung
rückgängig zu machen sei.
Unter
den Kirchenvätern fällt Augustinus durch sein positives Verhältnis
zum Gedanken einer Beseeltheit der Welt auf. Er hält ihn für eine
kühne Hypothese, die weder mit Vernunftgründen beweisbar noch aus
der Bibel abzuleiten sei, aber möglicherweise zutreffe. Boethius
bekannte sich in seiner Schrift vom Trost der Philosophia
ausdrücklich zur Idee der „alles bewegenden Seele“ der Welt.
Im
9. Jahrhundert bekannte sich der neuplatonisch orientierte
christliche Philosoph Johannes Scottus Eriugena zur Idee der
Belebtheit der ganzen Welt.
Im
11. Jahrhundert übernahm der in Spanien lebende jüdische Philosoph
Solomon ibn Gabirol im Rahmen seiner Rezeption des Neuplatonismus
auch die Vorstellung einer Weltseele.
Im
12. Jahrhundert wurde das Weltseele-Thema erneut aufgegriffen. Der
Platoniker Wilhelm von Conches, der den Timaios kommentierte, nannte
die Weltseele eine belebende „natürliche Kraft“ und schrieb, sie
sei zugleich mit der Welt geschaffen worden. Er brachte sie – eine
schon in der Antike auftauchende Überlegung – vorsichtig mit dem
Heiligen Geist in Zusammenhang. Allerdings identifizierte er sie
nicht ontologisch mit dem Heiligen Geist (was wegen dessen
Ungeschaffenheit theologisch problematisch wäre), sondern ließ die
Frage ihres Verhältnisses zur dritten Person der Dreifaltigkeit
ausdrücklich offen. Der einflussreiche Theologe Bernhard von
Clairvaux bekämpfte die Gleichsetzung der Weltseele mit dem Heiligen
Geist nachdrücklich.
Nikolaus
von Kues setzte sich im 15. Jahrhundert in seinem Werk von der
gelehrten Unwissenheit mit der platonischen Auffassung von der
Weltseele auseinander. Er betrachtet die Weltseele als „universale
Form“, die den Dingen innewohne, aber nicht eigenständig außerhalb
von ihnen existiere. Er setzt sie nicht mit dem Heiligen Geist
gleich, sondern hält sie für dessen „Ausfaltung“. Sein
Zeitgenosse Marsilio Ficino teilt die platonische Überzeugung von
der Beseeltheit der gesamten Welt, ebenso wie auch Giovanni Pico
della Mirandola, doch halten sich diese Denker von einer
pantheistischen Deutung dieses Konzepts fern. .
Giordano
Bruno war ebenfalls der Meinung, dass man in allen Dingen Seele und
Leben antreffe und dass die Seele als Form aller Dinge überall die
Materie ordne und beherrsche. Er betont stärker als seine Vorgänger
den Aspekt der Immanenz Gottes in der Welt. Der Weltseele, die er als
die allgemeine Form des Weltalls bezeichnet, schreibt er eine
„universale Vernunft“ zu, welche er mit der Wirkursache des
Weltalls gleichsetzt. Er meint, die Weltseele sei überall, doch sei
ihre Allgegenwart in einem geistigen Sinne zu verstehen, nicht
körperlich oder der Ausdehnung nach.
Im
17. Jahrhundert wird im Zuge der sich verstärkenden Mechanisierung
des Weltbilds die herkömmliche panpsychistische Naturauffassung der
Naturphilosophen von prominenten Denkern und Wissenschaftlern radikal
verworfen oder einfach ignoriert. Damals beklagte der Dichter John
Donne in einem Gedicht den Tod der Weltseele.
Im
Zeitalter der Aufklärung wird die Weltseele meist als
Phantasievorstellung betrachtet. Ein Verteidiger des
Weltseele-Konzepts war jedoch Salomon Maimon. Er hielt die Weltseele
für eine von Gott erschaffene Substanz und deutet sie metaphysisch
als endliche Universalform. Dieses Verständnis der Weltseele ist
nach seiner Ansicht mit dem naturwissenschaftlichen Kenntnisstand
seiner Zeit kompatibel.
Schelling
griff den Begriff „Weltseele“ auf und machte ihn sogar zum Thema
seiner Schrift Von der Weltseele. Allerdings verstand er ihn nur als
Metapher für ein organisierendes Prinzip, das nach seiner Auffassung
die organische und die anorganische Natur kontinuierlich verbindet
und die ganze Natur zu einem allgemeinen Organismus verknüpft. Den
antiken Philosophen schrieb er eine Ahnung von diesem Prinzip zu, die
sie dazu veranlasst habe, an eine Weltseele zu denken. Goethe, der
Schelling schätzte und dessen Schrift über die Weltseele kannte,
benannte sein Gedicht „Weltschöpfung“ unter dem Einfluss
Schellings in „Weltseele“ um. Auch in seinem Gedicht „Eins und
Alles“ nahm Goethe auf die Weltseele Bezug: „Weltseele, komm, uns
zu durchdringen!“ Dabei ging es ihm um die Erfahrung der Einheit
und Lebendigkeit der Natur.
In
der Literatur der Romantik, in der „Seele“ zu den
Schlüsselbegriffen gehört, kommt der Ausdruck „Weltseele“
öfters vor, besonders bei Novalis.
Der
russische Religionsphilosoph Wladimir Solowjew knüpfte an gnostische
Vorstellungen an, indem er einen Absturz der Weltseele annahm; sie
sei aus dem Mittelpunkt der All-Einheit des göttlichen Daseins
heraus in die Peripherie der geschöpflichen Vielheit gefallen. Damit
habe sie sich ihrem eigenen Wesen entfremdet und die gesamte
Schöpfung in die Unordnung hinab gezogen. Aus dem dadurch
hervorgerufenen Chaos sei das Böse entstanden, dessen Frucht das
Leid sei.
Carl
Gustav Jung bezog das Weltseele-Konzept auf das den einzelnen Seelen
gemeinsame „kollektive Unbewusste“.
Künstlerisch
wird die Weltseele als nackte Göttin dargestellt, deren Kopf von
einem Sternenkranz umgeben ist. Sie steht auf einer Weltkugel, mit
einem Fuß im Meer und einem Fuß auf der Erde stehend. Die rechte
Brust ist mit einem Stern, die linke mit einer Sonne verziert, die
Scham mit einem Mond.
HYPATIA
Hypatia
(auch Hypatia von Alexandria, geboren um 355 in Alexandria; gestorben
März 415 oder März 416 in Alexandria) war eine griechische
spätantike Mathematikerin, Astronomin und Philosophin. Von ihren
Werken ist nichts erhalten geblieben, Einzelheiten ihrer Lehre sind
nicht bekannt. Sie unterrichtete öffentlich und vertrat einen mit
kynischem Gedankengut angereicherten Neuplatonismus. Als Vertreterin
einer nichtchristlichen philosophischen Tradition gehörte sie im
überwiegend christlichen Alexandria der heidnischen Minderheit an.
Doch konnte sie lange unangefochten lehren und erfreute sich hohen
Ansehens. Schließlich wurde sie aber das Opfer eines politischen
Machtkampfs, in dem religiöse Gegensätze instrumentalisiert wurden.
Ein aufgehetzter Pöbel ermordete sie und zerstückelte ihren
Leichnam.
Der
Nachwelt blieb Hypatia hauptsächlich wegen der spektakulären
Umstände ihres Todes in Erinnerung. Seit der Aufklärung wird
Hypatias Ermordung oft von Kritikern der Kirche als Beispiel für
Intoleranz und wissenschaftsfeindliche Haltung angeführt. Aus
feministischer Sicht erscheint die Philosophin als frühe, mit
überlegenem Wissen ausgestattete Vertreterin einer emanzipierten
Weiblichkeit und als Opfer einer frauenfeindlichen Haltung ihrer
Gegner.
Über
Hypatias Leben und Werk liegen nur spärliche Nachrichten vor. Die
wichtigsten Quellen sind: Erstens, sieben an Hypatia gerichtete
Briefe des Neuplatonikers Synesios von Kyrene, der sie außerdem in
weiteren Briefen und in seiner Abhandlung Über das Geschenk erwähnt.
Als Schüler und Freund Hypatias war Synesios sehr gut informiert. Da
er am Neuplatonismus festhielt, aber zugleich Christ war und sogar
Bischof von Ptolemais wurde, ist seine Sichtweise relativ wenig von
Parteinahme in den religiösen Konflikten geprägt. Zweitens, die
Kirchengeschichte des Sokrates von Konstantinopel (Sokrates
Scholastikos), der ein jüngerer Zeitgenosse Hypatias war. Sokrates
schildert die Philosophin respektvoll und verurteilt ihre Ermordung
nachdrücklich als unchristliche Tat. Drittens, die nur
fragmentarisch erhaltene Philosophische Geschichte des Neuplatonikers
Damaskios, die im Zeitraum 517–526 entstanden ist. Damaskios war
ein entschiedener Anhänger der alten Religion und Gegner des
Christentums. Er neigte zu kritischen Urteilen über die Kompetenz
von Philosophen, die seinen Maßstäben nicht genügten, und auch
seine Bemerkungen über Hypatia lassen eine abschätzige Haltung
erkennen. Viertens, der Hypatia gewidmete Artikel in der Suda, einer
byzantinischen Enzyklopädie des 10. Jahrhunderts. Dort sind Angaben
unterschiedlicher Herkunft und Qualität unkritisch
aneinandergereiht. Der Verfasser des Suda-Artikels verwertete
Nachrichtenmaterial aus der Philosophischen Geschichte des Damaskios
und wahrscheinlich auch aus einer weiteren spätantiken Quelle, der
von Hesychios von Milet angelegten Sammlung von
Literaten-Biographien, die heute bis auf Fragmente verloren ist. In
seiner Darstellung ist legendenhafte Ausschmückung erkennbar.
Hypatias
Vater war der Astronom und Mathematiker Theon von Alexandria, der
letzte namentlich bekannte Wissenschaftler im Museion von Alexandria,
einer berühmten staatlich finanzierten Forschungsstätte.
Wahrscheinlich wurde Hypatia um 355 geboren, denn zum Zeitpunkt ihres
Todes war sie, wie ein Chronist berichtet, bereits eine „alte
Frau“, vermutlich etwa sechzigjährig. Sie scheint das ganze Leben
in ihrer Heimatstadt Alexandria verbracht zu haben. Bei ihrem Vater
erhielt sie eine mathematische und astronomische Ausbildung. Später
beteiligte sie sich an seiner astronomischen Arbeit. Wer ihr
Philosophielehrer war, ist unbekannt; aber es kommt Antoninos, ein
Sohn der Philosophin Sosipatra, in Betracht.
Nach
dem Abschluss ihrer Ausbildung begann sie, selbst Mathematik und
Philosophie zu unterrichten. Nach Angaben der Suda verband sie
rhetorische Begabung mit einer umsichtigen, durchdachten
Vorgehensweise. Sokrates von Konstantinopel berichtet, von überall
seien Hörer zu ihr gekommen. Manche ihrer Schüler waren Christen.
Der berühmteste von ihnen war Synesios, der im letzten Jahrzehnt des
4. Jahrhunderts bei ihr sowohl Philosophie als auch Astronomie
studierte. Damaskios berichtet, Hypatia habe den Philosophenmantel
getragen und sei in der Stadt unterwegs gewesen, um öffentlich zu
unterrichten und allen, die sie hören wollten, die Lehren Platons
oder Aristoteles’ oder auch jedes beliebigen anderen Philosophen
auszulegen. Die überlieferte Darstellung von Hypatias Lehrweise
rückt die Philosophin äußerlich in die Nähe des Kynismus, ebenso
wie der Hinweis auf ihren Philosophenmantel, ein Kleidungsstück, das
man mit Kynikern zu assoziieren pflegte.
Damaskios
war der Meinung, dass Philosophieunterricht nicht in der
Öffentlichkeit und nicht jedem, sondern nur entsprechend
qualifizierten Schülern erteilt werden sollte. Möglicherweise hat
er bei seiner Darstellung von Hypatias Tätigkeit karikierend
übertrieben. Jedenfalls kann man seinen Worten entnehmen, dass sie
philosophische Themen, die man sonst in geschlossenem Kreis unter
einschlägig Gebildeten zu erörtern pflegte, einer relativ breiten
Öffentlichkeit unterbreitete.
In
diese Richtung weist auch eine in der Suda überlieferte Anekdote,
wonach sie einem in sie verliebten Schüler ihr Menstruationsblut als
Symbol für die Unreinheit der materiellen Welt zeigte, um ihm die
Fragwürdigkeit seines sexuellen Begehrens drastisch vor Augen zu
führen. Die Geringschätzung des Körpers und der körperlichen
Bedürfnisse war ein Merkmal der neuplatonischen Weltsicht.
Jedenfalls war Hypatia dafür bekannt, vor einem bewusst
provozierenden Verhalten nicht zurückzuschrecken. Dies ist ebenfalls
ein Indiz für ein kynisches Element in ihrer philosophischen
Haltung: Kyniker pflegten kalkuliert zu schockieren, um Erkenntnisse
herbeizuführen.
Neben
dem Lehrstoff, den Hypatia der Öffentlichkeit vermittelte, gab es
auch Geheimlehren, die einem engeren Schülerkreis vorbehalten
bleiben sollten. Dies ist aus der Korrespondenz des Synesios
ersichtlich, der gegenüber seinem Freund und Mitschüler Herkulianos
mehrfach an das Gebot der Verschwiegenheit erinnert und Herkulianos
vorwirft, sich nicht daran gehalten zu haben. Dabei verweist Synesios
auf das Schweigegebot bei den Pythagoreern; die Vermittlung von
Geheimwissen an unqualifizierte Personen führe dazu, dass solche
eitlen und verständnislosen Hörer ihrerseits das Vernommene in
verzerrter Form weitergäben, was letztlich eine Diskreditierung der
Philosophie in der Öffentlichkeit bewirke.
Sokrates
von Konstantinopel schreibt, Hypatia sei in der Umgebung hoher
Beamter aufgetreten. Sicher ist, dass sie zum Umkreis des römischen
Präfekten Orestes gehörte.
Hypatia
blieb ihr ganzes Leben unverheiratet. Damaskios erwähnt ihre
außergewöhnliche Schönheit.
Im
Rahmen ihrer naturwissenschaftlichen Arbeit befasste sich Hypatia
auch mit Messgeräten. Dies ist aus der brieflichen Bitte des
Synesios ersichtlich, sie möge ihm ein „Hydroskop“ schicken. Ob
das Instrument zur Erfassung und Beschreibung der
Himmelskörperbewegungen, das Synesios bauen ließ, nach Anweisungen
Hypatias konstruiert wurde, ist umstritten.
Hypatia
wurde im März 415 oder im März 416 ermordet. Die Vorgeschichte
bildete ein primär politischer und persönlicher Konflikt mit
religiösen Aspekten, mit dem sie wohl ursprünglich nichts zu tun
hatte.
Schon
in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts war es in Alexandria zu
starken Spannungen zwischen Teilen der christlichen
Bevölkerungsmehrheit und Anhängern der alten Kulte gekommen, die zu
gewalttätigen Ausschreitungen mit Todesopfern führten. Im Lauf
dieser Auseinandersetzungen wurde die Minderheit zunehmend
zurückgedrängt. Der Patriarch Theophilos von Alexandria ließ
Kultstätten zerstören, insbesondere das berühmte Serapeum, doch
der heidnische Unterrichtsbetrieb wurde – wenn überhaupt – nur
vorübergehend beeinträchtigt.
Die
religiös-philosophische Weltanschauung der Gebildeten, die an der
alten Religion festhielten, war ein synkretistischer Neuplatonismus,
der auch Teile des Aristotelismus und stoische Gedanken in sein
Weltbild integrierte. Diese heidnischen Neuplatoniker versuchten, die
Verschiedenheiten der überlieferten philosophischen Systeme durch
eine stimmige Synthese der philosophischen Traditionen zu
überbrücken, und erstrebten damit eine einheitliche Lehre als
philosophische und religiöse Wahrheit schlechthin. Von der Synthese
ausgenommen war nur der Epikureismus, den die Neuplatoniker insgesamt
verwarfen und nicht als legitime Variante der griechischen
Philosophie betrachteten.
Zwischen
dem heidnischen Neuplatonismus und dem Christentum bestand ein
Gegensatz. Nur Synesios, der zugleich Christ und Neuplatoniker war,
versuchte eine Harmonisierung. In Konfliktfragen gab er aber
letztlich der platonischen Philosophie gegenüber den Glaubenslehren
den Vorzug. Die religiös orientierten nichtchristlichen Platoniker,
welche die geistige Basis für einen Fortbestand heidnischer
Religiosität in gebildeten Kreisen schufen, erschienen den Christen
als Gegner.
Zu
Opfern von Verfolgung und Vertreibung wurden Personen aus diesem
heidnischen Milieu aber nicht wegen ihres Festhaltens an ihrem
religiös-philosophischen Weltbild, sondern wegen ihrer Kultpraxis.
Seit Iamblichos von Chalkis schätzten und praktizierten viele
Neuplatoniker die Theurgie, eine rituelle Kontaktaufnahme mit den
Göttern zum Zweck des Zusammenwirkens mit ihnen. Aus christlicher
Sicht war das Zauberei, Götzenkult und Beschwörung teuflischer
Dämonen.
Neben
den Konflikten zwischen heidnischen und christlichen Einwohnern von
Alexandria gab es zugleich auch unter den Christen schwere
Zerwürfnisse zwischen Anhängern unterschiedlicher theologischer
Richtungen sowie Auseinandersetzungen zwischen Juden und Christen.
Damit vermischten sich politische Gegensätze sowie Machtkämpfe, zu
deren Hintergrund auch persönliche Feindschaften gehörten.
Den
Ausgangspunkt der Ereignisse, die schließlich zu Hypatias Tod
führten, bildeten handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen Juden
und Christen, die eskalierten und zahlreiche Todesopfer forderten.
Der Patriarch Kyrill von Alexandria war der Neffe und Nachfolger des
Theophilos, dessen Kurs religiöser Militanz er fortsetzte. Kyrill
profilierte sich zu Beginn seiner Amtszeit als radikaler Gegner der
Juden. Ein in seinem Sinne tätiger Agitator namens Hierax schürte
den religiösen Hass. Als er bei einer Veranstaltung des Präfekten
Orestes im Theater auftauchte, beschuldigten ihn die anwesenden
Juden, er sei nur gekommen, um einen Aufruhr anzuzetteln. Orestes,
der zwar Christ war, aber als oberster Repräsentant der Staatsmacht
für den inneren Frieden zu sorgen hatte, ließ Hierax festnehmen und
sogleich öffentlich unter der Folter befragen. Daraufhin bedrohte
Kyrill die Anführer der Juden. Nach einem nächtlichen Angriff der
Juden, die dabei viele Christen getötet hatten, organisierte Kyrill
einen umfassenden Gegenschlag. Seine Anhänger zerstörten die
Synagogen und plünderten die Häuser der Juden. Jüdische Einwohner
wurden enteignet und aus der Stadt vertrieben. Es gab aber auch
später noch eine jüdische Gemeinde in Alexandria. Ein Teil der
Vertriebenen kehrte zurück.
Das
eigenmächtige Vorgehen des Patriarchen gegen die Juden forderte die
Autorität des Präfekten heraus, zumal Angriffe auf Synagogen
gesetzlich verboten waren. Es kam zu einem erbitterten Machtkampf
zwischen den beiden Männern, den höchsten Repräsentanten des
Staates und der Kirche in Alexandria. Dabei stützte sich Kyrill auf
seine Miliz. Zur Verstärkung seiner Anhänger trafen rund
fünfhundert gewaltbereite Mönche aus der Wüste ein. Zu diesen
militanten Mönchen hatte Kyrill ausgezeichnete Beziehungen, da er
früher einige Jahre unter ihnen gelebt hatte. Im Milieu der teils
analphabetischen Mönche herrschte eine bildungsfeindliche
Einstellung und radikale Intoleranz gegenüber allem
Nichtchristlichen; sie hatten schon den Patriarchen Theophilos bei
der Verfolgung religiöser Minderheiten tatkräftig unterstützt. Die
Parteigänger des Patriarchen behaupteten, der Präfekt schütze
Gegner des Christentums, weil er mit ihnen sympathisiere und selbst
insgeheim ein Heide sei. Die fanatisierten Mönche traten dem
Präfekten, als er in der Stadt unterwegs war, offen entgegen und
forderten ihn mit Beschimpfungen heraus. Ein Mönch namens Ammonios
verletzte Orestes durch einen Steinwurf am Kopf. Darauf ergriffen
fast alle Begleiter des Präfekten die Flucht, sodass er in eine
lebensgefährliche Lage geriet. Seine Rettung verdankte er
herbeieilenden Bürgern, welche die Mönche verjagten und Ammonios
ergriffen. Der Gefangene wurde verhört und starb unter der Folter.
Daraufhin lobte Kyrill öffentlich den Mut des Ammonios, verlieh ihm
den Namen „der Bewundernswerte“ und wollte für ihn einen
Märtyrerkult einführen. Damit fand er aber bei der christlichen
Öffentlichkeit kaum Anklang, da der tatsächliche Hergang der
Auseinandersetzung allzu bekannt war.
Nun
entschied sich Kyrill für ein Vorgehen gegen Hypatia, die sich als
Angriffsziel eignete, da sie eine profilierte heidnische
Persönlichkeit im engeren Umkreis des Präfekten war. Nach dem
Bericht des Sokrates von Konstantinopel, der glaubwürdigsten Quelle,
wurde das Gerücht verbreitet, dass Hypatia als Beraterin des Orestes
diesen zu einer unnachgiebigen Haltung ermutige und damit eine
Versöhnung zwischen der geistlichen und der weltlichen Gewalt in der
Stadt hintertreibe. Hierdurch aufgestachelt, versammelte sich eine
Schar christlicher Fanatiker unter der Führung eines gewissen
Petros, der in der Kirche den Rang eines Lektors innehatte, und
lauerte Hypatia auf. Die Christen bemächtigten sich der alten
Philosophin, brachten sie in die Kirche Kaisarion, zogen sie dort
nackt aus und töteten sie mit Scherben. Dann rissen sie den Leichnam
in Stücke, brachten seine Teile an einen Ort namens Kinaron und
verbrannten sie dort.
Für
Orestes bedeutete der Mord eine spektakuläre Niederlage und er büßte
viel Ansehen in der Stadt ein, da er weder die mit ihm befreundete
Philosophin schützen noch die Täter bestrafen konnte. Zwar wurde
gegen die Mörder Klage erhoben, doch ohne Folgen. Damaskios
behauptet, Richter und Zeugen seien bestochen worden. Eine
Gesandtschaft des Patriarchen begab sich nach Konstantinopel an den
Hof des oströmischen Kaisers Theodosius II., um dort die Ereignisse
aus der Sicht Kyrills zu schildern. Etwas später jedoch, anderthalb
Jahre nach Hypatias Tod, konnten die Gegner des Patriarchen ihm einen
schweren Schlag versetzen, denn es gelang ihnen, sich in
Konstantinopel durchzusetzen. Kaiserliche Verordnungen vom September
und Oktober 416 legten fest, dass künftig Gesandtschaften an den
Kaiser unter Umgehung des Präfekten nicht mehr erlaubt seien und
dass die Miliz des Patriarchen verkleinert und fortan der Kontrolle
des Präfekten unterstellt werde. Demnach verlor diese Truppe den
Charakter einer Miliz, die der Patriarch nach Belieben verwenden und
sogar gegen den Präfekten einsetzen konnte. Diese kaiserlichen
Maßnahmen hatten allerdings nicht lange Bestand, schon 418 konnte
Kyrill die Befehlsgewalt über seine Miliz zurückgewinnen.
Die
Darstellung des Damaskios, dass Hypatia sowohl die Schriften Platons
als auch die des Aristoteles auslegte und überhaupt über jeden
beliebigen Philosophen dozierte, weist sie als Vertreterin des zu
ihrer Zeit vorherrschenden Synkretismus aus. Man ging von einer in
den Grundzügen einheitlichen Lehre aller damals als seriös
geltenden philosophischen Richtungen aus. Die verschiedenen
Richtungen, ausgenommen der verachtete Epikureismus, wurden unter dem
Dach des Neuplatonismus zusammengeführt. Sokrates von Konstantinopel
stellt ausdrücklich fest, sie habe der Schule angehört, die Plotin
begründet hatte, und dies war die neuplatonische.
In
der Suda werden ihr mehrere Werke – alle mathematischen oder
astronomischen Inhalts – zugeschrieben: ein Kommentar zur
Arithmetik des Diophantos von Alexandria, ein Kommentar zu den
Kegelschnitten des Apollonios von Perge und eine Schrift mit dem
Titel „Astronomischer Kanon“. Unklar ist, ob das letztgenannte
Werk ein Kommentar zu den „Handlichen Tafeln“ des Astronomen
Ptolemaios war, wie meist angenommen wird, oder ein eigenes Tafelwerk
Hypatias. Diese Schriften sind früh untergegangen, da sie sonst
nirgends erwähnt werden.
Es
ist keine einzige konkrete mathematische, naturwissenschaftliche oder
philosophische Aussage überliefert, die Hypatia mit Sicherheit
zugeschrieben werden kann. Allerdings hat ihr Vater Theon in der
ältesten Handschrift des von ihm verfassten Kommentars zu
Ptolemaios’ Almagest bei der Überschrift zum dritten Buch
angemerkt, es handle sich um eine „von der Philosophin Hypatia,
meiner Tochter“ durchgesehene Fassung. Unklar ist, ob damit gemeint
ist, dass sie den Text der Almagest-Handschrift, die Theon für die
Erstellung seines Kommentars verwendete, auf Fehler durchgesehen hat,
oder ob sie korrigierend in den Text von Theons Kommentar
eingegriffen hat. Im Kommentar sind Spuren einer Überarbeitung
erkennbar, die möglicherweise anzeigen, dass sie wirklich an diesem
Werk ihres Vaters beteiligt war.
Schon
zu ihren Lebzeiten genoss Hypatia einen legendären Ruf. Synesios
rühmte sie überschwänglich und erwähnte in einem an sie
gerichteten Brief ihren großen Einfluss, der sie zu einem
gewichtigen Faktor im öffentlichen Leben mache. Sokrates
Scholastikos schrieb in seiner Kirchengeschichte, sie habe die
Philosophen ihrer Zeit übertroffen und sei wegen ihrer
Tugendhaftigkeit allgemein bewundert worden. Dass sie in Alexandria
außerordentlich verehrt wurde, bezeugt auch ein durch die Suda
überlieferter Bericht. Daher erregte ihre Ermordung großes Aufsehen
und wurde auch von einem Teil der christlichen Geschichtsschreiber
verurteilt. Der arianische Kirchengeschichtsschreiber Philostorgios
nutzte die Gelegenheit, seine theologischen Gegner, die Anhänger des
Konzils von Nicäa, für den Mord verantwortlich zu machen. Auch im
lateinischsprachigen Westen wurde der Vorgang bekannt: Ein Kapitel
der unter Cassiodors Leitung kompilierten Kirchengeschichte Historia
ecclesiastica tripartita ist dem Schicksal Hypatias gewidmet. Diese
Version folgt der Darstellung des Sokrates von Konstantinopel, gibt
aber abweichend von dessen Bericht an, die Philosophin sei mit
Steinen getötet worden.
Dem
Dichter Palladas wird traditionell ein Lobgedicht auf Hypatia
zugeschrieben, von dem fünf Verse in der Anthologia Palatina
überliefert sind.
Einer
Forschungsmeinung zufolge zeigt die Überlieferung vom Tod Hypatias
Ähnlichkeiten mit der hagiographischen Darstellung des Martyriums
der heiligen Katharina von Alexandrien. In der Katharina-Legende
seien die Rollen von Christen und Heiden vertauscht. Möglicherweise
habe die Überlieferung des Martyriums der heiligen Katharina einen
Bericht über Hypatias Tod zum Ausgangspunkt einer literarischen
Legende gemacht.
Im
14. Jahrhundert berichtete der byzantinische Geschichtsschreiber
Nikephoros Gregoras, die Kaiserin Eudokia Makrembolitissa, die im 11.
Jahrhundert lebte, sei „eine zweite Theano und Hypatia“ genannt
worden. Aus seinen Worten ist zu ersehen, dass Hypatia im
mittelalterlichen Byzantinischen Reich als Muster einer vorzüglich
gebildeten Frau fortlebte.
Die
Instrumentalisierung des Themas für religiöse und philosophische
Polemik setzte im späten 17. Jahrhundert ein. Der protestantische
Kirchenhistoriker Gottfried Arnold beurteilte in seiner
Unparteyischen Kirchen- und Ketzer-Historie die Rolle des Patriarchen
als verbrecherisch. Im 18. Jahrhundert wurde das Schicksal Hypatias
unter dem Gesichtspunkt der damaligen Gegensätze zwischen Katholiken
und Protestanten sowie zwischen Vertretern der Aufklärung und der
katholischen Kirche thematisiert. Henry Fielding nahm ebenfalls in
seiner kirchenfeindlichen Satire A journey from this world to the
next auf Hypatias Schicksal Bezug. Ihr Tod galt als eindrückliches
Beispiel für einen kirchlicherseits geförderten mörderischen
Fanatismus, den insbesondere Aufklärer wie Voltaire anprangerten.
Voltaire äußerte sich dazu unter anderem in seinem Examen important
de Milord Bolingbroke ou le tombeau du fanaticisme. Für ihn war
Hypatia eine vom Klerus beseitigte Vorläuferin der Aufklärung.
Der
Anglikaner Thomas Lewis publizierte ein Pamphlet, in dem er Kyrill
verteidigte und Hypatia als „most impudent school-mistress“
bezeichnete. Die Rechtfertigung Kyrills war das Ziel einer Abhandlung
des französischen Jansenisten Claude-Pierre Goujet.
Eine
Einschätzung von Hypatias philosophischen, mathematischen und
astronomischen Leistungen ist angesichts der sehr ungünstigen
Quellenlage spekulativ und problematisch. Christian Lacombrade
betont, dass Hypatia ihren Nachruhm den Umständen ihres Todes
verdanke, nicht ihrem Lebenswerk. Eine Gegenposition zu dieser
skeptischen Einschätzung ihrer Bedeutung ist in der feministischen
Forschung anzutreffen. Im feministischen Diskurs werden die antiken
Texte zu Hypatia unter dem Gesichtspunkt der Genderforschung
interpretiert. Ihr Schicksal erscheint als Beispiel dafür, „wie
man mit der weiblichen Intellektualität und wie man mit weiblicher
Autorschaft umzugehen pflegte“. So wie Hypatias Leichnam
zerstückelt wurde, so sei auch ihre Lebensleistung durch die
Überlieferung zerstückelt worden. „Sie der Vergessenheit zu
überantworten, war Kalkül.“
1925
veröffentlichte Dora Russell, die Frau des Philosophen Bertrand
Russell, als Mrs. Bertrand Russell eine feministische Schrift mit dem
Titel Hypatia or Woman and Knowledge.
Mehrere
feministische Zeitschriften sind nach der spätantiken Philosophin
benannt worden.
Charles
Leconte de Lisle schrieb zwei Fassungen eines Hypatia-Gedichts, das
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Leser fand, und das
kurze Drama Hypatie et Cyrille. Er verherrlichte das Ideal einer
Verbindung von Weisheit und Schönheit, das er in Hypatia
verwirklicht sah.
Von
dem Komponisten Roffredo Caetani stammt die Oper Hypatia, eine azione
lirica in drei Akten, die 1924 veröffentlicht und 1926 im Deutschen
Nationaltheater in Weimar uraufgeführt wurde. Sie handelt vom
letzten Lebenstag Hypatias.
Nach
Hypatia ist der Asteroid (238) Hypatia benannt, der am 1. Juli 1884
entdeckt wurde. Auch der Mondkrater Hypatia trägt ihren Namen.
Nördlich des Kraters befinden sich Mondrillen, die Rimae Hypatia
(„Hypatia-Rillen“) heißen.
SALOMO
UND DIE ELSTER
Es
war im Jahre 1000 vor der Geburt des Retters Jesus Christus, als der
weise König Salomo in Jerusalem Richter der Juden war, da fand eine
Gerichtsverhandlung im Richthaus statt. Staatsanwalt war der Prophet
Nathan, der schon dem König David ins Gewissen geredet hatte,
nachdem der die schöne Nachbarin Bathseba nackt baden gesehen und
mit ihr die Ehe gebrochen hatte. Rechtsanwalt war Assaph, der
gleichzeitig der Fürst der Tempelsänger war. Nebenkläger war der
Rosengärtner Johannes. Er hatte nämlich, als er schon Witwer war,
seinen goldenen Ehering eines Tages von seinem Finger abgezogen und
auf das Fensterbrett gelegt.
Nun
grenzte sein Rosengarten an den Garten der frommen Witwe von En-Dor,
die im Chor der Tempelsängerinnen zu Ehren Gottes des Herrn mit
schöner Stimme Psalmen sang. In dem großen Garten der Witwe von
En-Dor lebte eine treue Elster. Wenn die Elster auf der Gartenpforte
saß und mit dem Schwanz wippte, wusste die Witwe von En-Dor, dass
Gäste nahten. Die Witwe von En-Dor mochte deswegen die Elster gerne,
denn sie war sehr leutselig. Aber das Ohr der Witwe war auf
harmonische Schönheit gestimmt, darum mochte sie das Klappern und
Schnarren der Elster weniger.
Was
sie aber nicht bedachte, war, dass die Elster eine diebische Elster
war, die alles Schimmernde und Glänzende liebte, wie schon unser
aller Mutter Eva sehr den Goldschmuck und die Silberkettchen und
Perlenketten und Lapislazuli und Mondstein liebte, mit dem Vater Adam
sie hofierte.
Nun
begann die Gerichtsverhandlung. Das Richthaus war von Zedern und
Zypressen und unbehauenen Steinen errichtet und inwendig und
auswendig mit Uphas-Gold verkleidet. An der Stirn des Gerichtssaales
saß der Richterstuhl des Königs Salomo. An der rechten Seite des
Saales saß der Staatsanwalt Nathan und der Nebenkläger Johannes. An
der linken Seite des Saales saß der Verteidiger Assaph. In der Mitte
des Gerichtssaales saß die Angeklagte, die Elster. Sie saß in einem
Vogelkäfig, den die Witwe von En-Dor auf ihrem Schoß trug.
Salomo
eröffnete die Gerichtsverhandlung: Im Namen Gottes des Herrn! Wir
sind hier, die Schuld der Elster zu untersuchen. Nathan,
Staatsanwalt, beginne mit deiner Anklage.
Nathan
erhob sich und begann zu reden: Hochheiliger Salomo, wir sind hier,
um ein abscheuliches Verbrechen zu ahnden. Gott der Herr hat am
fünften Schöpfungstag die Vögel geschaffen. Unter der Klasse der
Vögel gab es die Ur-Elster. Diese Elster ist also ein Geschöpf
Gottes. Und wie das Sprichwort in Israel sagt: Seht die Vögel unter
dem Himmel, sie arbeiten nicht, sie sparen nicht, und Gott der Herr
ernährt sie dennoch. Diese Elster ist also nicht nur ein Geschöpf
Gottes, sondern wird auch Tag für Tag von Gott am Leben erhalten.
Daher ist es die Dankesschuld der Elster und ihre Pflicht, die Gebote
des Herrn zu halten. Nun gab Gott aber den Kreaturen das hochheilige
Gesetz, die zehn Gebote. Darin heißt es: Du sollst nicht stehlen!
Und: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib und Magd und
Eselin und Kamel und Schaf und irgendein Ding. Diese Elster hat gegen
diese beiden Gottesgebote verstoßen. Zuerst erwachte in ihr die
Begierde nach dem Ehering des Israeliten Johannes, und der Begierde
folgte die Tat, die Elster stahl den Ehering des Johannes. Gott ist
der Richter, aber, wie der Psalmist sagt, Gott hat sein Gericht dem
König übergeben und dem Königssohn. Und du, o weiser Salomo, Sohn
Davids, des Mannes nach dem Herzen Gottes, du musst Gottes Gericht
vollstrecken.
Salomo
sagte: Was für eine Strafe fordert der Staatsanwalt Nathan?
Nathan
sagte: Wie es im Gesetz Moses heißt: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich
fordere nicht die Todesstrafe durch Steinigung, wie es der
Gotteslästerung und dem Ehebruch angemessen ist, sondern, was die
Elster gestohlen hat, das muss die Elster ersetzen.
Salomo
fragte: Ist der Ehering des Johannes denn noch da, dass die Elster
ihn einfach zurückgibt?
Nein,
Ehrwürden, die Elster hat den Ring verschleppt und kann uns nicht
sagen, wo er ist. Zudem verstehe ich auch nicht die Sprache der
Elstern.
Salomo
lächelte. Jeder in Israel wusste, dass der weise Salomo die Sprache
der Vögel verstand. Außer Salomo verstanden nur noch der Gott der
Germanen Odin und der heilige Franziskus die Sprache der Vögel.
Salomo lächelte und sagte: Groß ist die Torheit der Elster! Gott
hat ihr nicht wie mir die göttliche Weisheit verliehen. Sie stiehlt
einen Ehering und versteckt ihn und vergisst dann, wo sie ihn
versteckt hat. O Frau Torheit, wie unermesslich ist dein Reich! Das
erinnert mich an die Eichhörnchen, die roten Waldteufel. Sie
vergraben ihren Vorrat an Nüssen für den Winter und dann im Winter
haben sie vergessen, wo sie die Nüsse vergraben haben. Auch ihnen
hat Gott keine Weisheit verliehen. Und wie schon Hiob sagte, Gott hat
die Weisheit auch vorenthalten dem Straußenweibchen. Sie vergräbt
ihre Eier im heißen Sand und überlässt sie dann ihrem Schicksal,
und es ist ihr gleichgültig, ob die Eier zertreten werden. Aber ich
schweife ab. Zurück zu unserem Fall. Wie soll nun, edler Nathan,
Auge um Auge, Zahn um Zahn, Ehering um Ehering zurückgegeben werden?
Nathan
sagte: Das ist die Aufgabe des Richters, das zu entscheiden. Aber ich
gebe zu bedenken, dass die Elster im Garten der Witwe von En-Dor
lebt, dass die Elster so quasi Eigentum der Witwe ist, dass die Witwe
darum verantwortlich ist für das Treiben ihres Haustieres, und dass
die Witwe noch, wie ich ermittelt habe, den goldenen Ehering ihres
verstorbenen Ehemannes Eber trägt. Sie könnte ihren Ehering zur
Buße dem Witwer Johannes geben.
Da
rief die Witwe von En-Dor dazwischen: Bei aller Liebe, aber das ist
lächerlich! Die Elster ist genauso wenig mein Eigentum wie die Luft,
die durch meinen Garten weht. Die Luft ist des Schöpfers Eigentum!
Oder soll ich mir täglich einen Beutel Luft kaufen müssen? Gottes
ist die Luft und Gottes ist die Elster! Warum schuf Gott die Elster
so diebisch?
Evas
Tochter, willst du den allweisen Gott anklagen, der alles gut
geschaffen hat? So sprach Salomo. Aber, fügte er hinzu, ich will
erst den Nebenkläger Johannes hören.
O
Johannes, ich weiß, du bist ein gottesfürchtiger Mann, der zu den
jüdischen Hauptfesten den Tempel in Jerusalem besucht. Schildere mir
deine Sicht der Dinge.
Johannes
sprach: O weiser Salomo! Auch mir hat Gott eine Erkenntnis geschenkt:
Der Mensch soll sich nicht so wichtig nehmen. Der Mensch ist aus Erde
gemacht und zur Erde kehrt er zurück, und bei der Nachwelt wird er
vergessen sein. Ja, seufzte Salomo, Nichtigkeit der Nichtigkeiten,
alles ist nichtig. Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel.
Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten, alles ist sinnlos. Wahnsinn des
Wahnsinns, alles ist Wahn. So redet die Altersweisheit, edler
Johannes. Aber, sprach Johannes, ich vergesse doch meine geliebte
Ehefrau Hanna nicht, auch wenn sie tot ist. Salomo sprach: Gott ist
nicht ein Gott der Toten, in Gott leben sie alle. Ja, sagte Johannes,
mein Weib ist bei Gott. Wenn die Elster mir ein Goldstück gestohlen
hätte, so hätte ich gesagt: O Herr, erlöse uns vom täglichen Übel
des Geldes! Salomo sagte: Recht gesprochen. Die Liebe zum Geld ist
die Wurzel aller Übel. Nun aber, fuhr Johannes fort, hat mir die
Elster den Ehering gestohlen, und der hat doch einen ideellen Wert.
Ich weiß, ich habe meiner Ehefrau Treue versprochen, bis dass der
Tod uns scheidet, und nun ist sie tot, und wir sind geschieden.
Salomo sagte: Ja, im Himmel werden wir nicht verheiratet sein,
sondern wie die Engel sein. Aber, sagte Johannes, ich rede jetzt
töricht, aber die Liebe ist eine Torheit, nämlich, wenn ich den
Ehering nicht mehr tragen kann, das kommt mir vor wie posthumer
Ehebruch. Salomo sagte: Ich habe in meinen Liebesliedern gedichtet:
Die Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft brennend wie das
Totenreich. Johannes sagte in tiefer Demut: O weiser Salomo, muss man
nicht sagen: Die Liebe ist stärker als der Tod? Denn der Bruder Tod
hat mir meine Frau genommen, aber die Liebe macht, dass sie als mein
guter Engel und als meine heilige Schutzfrau um mich schwebt. Wohl
gesprochen, sagte Salomo. Ich will nun aber auch den Rechtsanwalt
hören.
Assaph
erhob sich und begann zu reden: Hochweiser Salomo! Wenn das
philosophische Grundkonzept falsch ist, folgt daraus eine falsche
Politik. Der Staatsanwalt sagte, die Elster sei von Gott geschaffen
und sei darum verpflichtet, das Gesetz Gottes zu halten. Die Witwe
von En-Dor rief: Warum hat Gott die Elster auch so diebisch
erschaffen? Das ist die Frage, die wir zuerst klären müssen. Denn
wenn Gott die Elster als Diebin erschaffen hätte, wäre es ungerecht
von Gott, ihr zu gebieten: Du sollst nicht begehren, und du sollst
nicht stehlen! Nun wissen wir aber, dass am Anfang Gott mit den
Menschen und der Natur in Harmonie im Paradiese lebte. Die Ur-Elster,
die Gott erschuf, war keine Diebin. Aber als die reizende Eva auf das
Flüstern der Schlange hörte und die verbotene Feige verschluckte,
da kam die Unordnung in die Schöpfung. Die Brüder schlugen einander
aus Neid tot. Die Wölfe begannen, die Lämmer zu fressen. Die
Elstern wurden diebisch. Eine Frage, weiser Salomo: Hat Gott auch die
Bakterien und die Pestflöhe erschaffen? Ich für meinen Teil glaube,
dass der Teufel den Herrn nachäffen wollte und die Ratte erschuf.
Aber lassen wir das beiseite. Die Ur-Elster war keine Diebin. Immer,
wenn Adam seiner schönen Eva ein Silberkettchen mit einem heiligen
Medaillon schenken wollte, vertraute er es der Ur-Elster an, die trug
es dann als Botin zu Eva. Erst durch den Sündenfall des Menschen ist
auch die Natur in Schuld gefallen. Unsere Elster ist also
unschuldigerweise mit in Schuld gefallen. Sollen wir der schönen Eva
die Schuld geben? Aber sie wurde von der Schlange verführt. Ist also
die Schlange schuldig? Ja, alles Böse kommt vom Erzbösewicht!
Können wir der armen Elster die Schuld Satans anlasten? Sie ist
unschuldig schuldig geworden. Überhaupt, o Salomo, ist die ganze
Existenz schuldig. Der Mensch frisst das Tier, das Tier frisst die
Pflanze. Wo der eine Baum steht, kann ein anderer Baum nicht mehr
stehen. Hass und Liebe kämpfen in den Elementen. Dasein ist Schuld!
Die Luft, die ich atme und verbraucht von mir gebe, kann ein anderer
nicht mehr atmen. Und als Eva nackt im Garten Eden spazierte, zertrat
sie da nicht auch einmal aus Versehen eine fleißige Ameise? Was
bleibt zu sagen angesichts dieser ungeheuren Schuld? Herr, erbarme
dich! Wir brauchen alle die uferlose und unerschöpfliche göttliche
Barmherzigkeit! Darum bitte ich dich, o Salomo, lass Gnade vor Recht
ergehen und sprich die Elster frei!
Salomo
freute sich und sagte: Dann müssen wir wohl wie die Araber den
Teufel steinigen! Aber ich möchte noch die Witwe von En-Dor hören.
Edle Dame, ich weiß, du singst in den Chören der Tempelsängerinnen
die Psalmen Davids zu Ehren Gottes des Herrn. Sprich, wie du die
Sache siehst!
Die
Witwe von En-Dor sprach: Ich habe auch zu klagen. Der Rosengärtner
Johannes, mein Nachbar, führt immer seine Hündin Isis in meinen
Garten, wo sie ihr Exkrement niederlegt. Und er führte auch seine
Stute an den Rand meines Gartens, und ich musste dann die Pferdeäpfel
entsorgen. Auch muss ich immer hören den Lärm der Trompeten und
Posaunen und Trommeln aus seinem Haus. Ich dagegen liebe mehr die
sanfte ruhige Musik der Flöten und Harfen. Aber genug der Klage,
denn eigentlich ist der alte Johannes ein bescheidener und
humorvoller Mann. Ich bin ja eine Witwe, Salomo, und das Gesetz
Gottes besagt, dass man sich vor allem um Witwen und Waisenkinder
kümmern soll. Ein Zimmermann aus meinem Dorf hat sich selbst
ermordet, nachdem seine Frau ihn als Witwer zurückgelassen hat. Das
sei mir ferne. Aber ich war fünfzig Jahre mit meinem Ehemann Eber
verheiratet, und wir sind Ein Fleisch geworden. Er nannte mich noch
im Alter von siebzig Jahren zärtlich: Mein Mädchen! Alles, was mir
von ihm geblieben ist, ist sein Grab, mein Ehering und die
Erinnerung. Darum empörte es mich auch so, als der Staatsanwalt
forderte, ich solle meinen Ehering zur Buße meinem Nachbarn geben.
Bin ich verantwortlich, wenn ein Blitz einschlägt in meines Nachbarn
Haus? Bin ich verantwortlich, wenn ein Sturm in meinem Garten die
Eiche umwirft und sie stürzt auf meines Nachbarn Hausdach? Das nennt
man Höhere Gewalt! So bin ich auch nicht verantwortlich für die
Streiche der Elster, die in meinem Garten auf dem Fichtenwipfel
haust. Ich ertrage geduldig ihr Schnarren und Klappern, denn ich
denke: Vielleicht freut sich der Schöpfer nicht nur am Flöten der
Nachtigall, sondern auch am Schnarren der Elster. Vielleicht kann man
sogar Gott nicht nur mit Gesang zu Harfen und Flöten erfreuen,
sondern auch mit Trommeln und dem Blasen von Hörnern.
Salomo
sagte: Als letztes will ich nun noch die Elster hören. Und Salomo
begann zu schnarren, zu schnattern, zu klappern und schrill zu
schreien. Er sprach die Sprache der Elster. Und die Elster in ihrem
Käfig senkte demütig ihr Haupt und beichtete flüsternd: Vater, in
Demut und Reue bekenn ich meine Sünden. Ich habe mich gelüsten
lassen. Ich habe gestohlen. Salomo sprach zur Elster: Im Namen Gottes
sprech ich dich los von deinen Sünden. Gehe hin und sündige nicht
mehr. Zur Buße bete drei Psalmen.
Dann
sprach Salomo wieder mit Menschenstimme. Ich habe nun alle Lebenden
gehört. Nun bleibt mir nur noch, die Toten zu hören. Mein Knabe,
bring mir meinen magischen Spiegel und meinen Orakel-Becher! - Der
Knabe eilte und kam mit den gewünschten Dingen zurück. Salomo
stellte den magischen Spiegel auf und füllte den Orakel-Becher mit
Wein aus dem Libanon. Dann begann er, in der Sprache der Engel zu
beten. Plötzlich begann er zu tanzen und zu lachen. Dann sagte er
klar und deutlich: Ich sehe im magischen Spiegel Hanna und Eber.
Hanna
und Eber sagen, sie haben schon den Messias gesehen und sind
gerettet. Sie sind jetzt in dem Vorsaal des Himmels und müssen ihre
Kleider waschen, bis sie weiße Hochzeitskleider für die Hochzeit
mit Gott sind. Sie verzehren sich in Sehnsucht, den Messias
wiederzusehen. Sie warten auf euch im ewigen Leben. Sie bitten euch
um euer Gebet und versichern euch ihres Gebetes und ihrer Hilfe. Sie
warten auf den glücklichen Tag, wenn ihr alle vier beisammen seid
beim Festmahl des Messias. Sie wollen mit euch dort im himmlischen
Jerusalem eine gebratene Ente essen, die so groß ist, dass man sie
zu viert essen muss. Sie sagen, der Messias wird eine Schürze
anlegen und euch bei Tisch bedienen. Und sie bitten euch noch, dass
ihr, Witwer und Witwe auf Erden, einander Freude und Trost und
Beistand seid, denn es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.
Dann
verhüllte Salomo den magischen Spiegel, trank den Orakel-Becher leer
und sagte: Wir kommen nun zur Urteilsverkündung. Wenn ihr von mir
ein gerechtes Urteil erwartet, werde ich euch enttäuschen. Ich sage:
Vergebt einander, was ihr einander zu vergeben habt. Seid barmherzig
miteinander. Wenn ihr irdische Gerechtigkeit einfordert, werdet ihr
in der Stunde eures Todes auch durch das enge Tor der strafenden
Gerechtigkeit Gottes müssen. Wenn ihr aber barmherzig seid, zu jeder
Zeit barmherzig, dann dürft ihr durch das sperrangelweite Portal der
göttlichen Barmherzigkeit triumphierend in den Himmel eingehen, um
im Paradies eure Geliebten wiederzutreffen und in Gemeinschaft mit
Gott dem Herrn glückselig zu sein!
Da
reichten Johannes und die Witwe von En-Dor sich die Hände, gaben
sich den keuschen Friedenskuss und verließen Hand in Hand den
Gerichtssaal. Und Salomo sagte zur Elster: Dich lass ich frei, Vogel
Gottes, und lade dich ein, komm in meinen Palastgarten.