Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

FRAGMENTE


Kurze Prosa

von Josef Maria Mayer


LA SAINTE JEANNE


Wer waren die Eltern de la jeune fille? Jacques d'Arc ist ein beliebter Bauer des Ortes, und seine Frau Romée vereingt piété profonde avec beaucoup d'énergie. Drei Knaben haben sie: Jacquemin, Jean und Pierre. Später wird une seconde fille geboren, Catherine. Allen Kindern wird von den liebevollen Eltern eine gute christliche Erziehung zuteil. Nach der Gewohnheit des Landes hat la nouveau-né demoiselle eine Reihe Taufpaten und Taufpatinnen, die alle den Namen Jean oder Jeanne tragen. So wird ihr der Name Jeanne gegeben. Jeannette ist ihr Kosename im Elternhaus. Alle haben sie lieb en raison de sa douce, aimable, toujours serviable Wesen und erfreuen sich an ihren dévotions. Sie feiert täglich das heilige Messopfer mit, geht regelmäßig zur Beichte, und seit dem Tag ihrer ersten Kommunion vereinigt sie sich oft mit dem eucharistischen Christus. Wann immer es ihre Arbeit erlaubt, besucht sie l’église. Da kniet sie dann avant l'image du Christ crucifié oder liegt in Anbetung auf der Erde. Mit Heiterkeit verrichtet Jeannette die Arbeit im Haus und auf den Feldern. Sa mère lehrt sie Hanf und Flachs spinnen; sie führt das Gespann des Pfluges und hilft beim Einfahren der Ernte. Pour la communauté elle garde die Schafe. Pour les pauvres hat sie ein mitleidiges Herz; Kranke pflegt sie avec amour et patience. Sie ergötzt sich wie die anderen jungen Mädchen am Spiel; ihre liebsten Freundinnen sind Mengette und Hauviette. Mit ihnen teilt sie Arbeit und Freuden. Wie die anderen jungen Mädchen nimmt sie am schönsten Dorffest teil. Dann ziehen les jeunes hinaus zur alten großen Buche, dem "Beau May". "L'arbre des Dames", "L'arbre des Fées" oder "logis des Dames" wird sie auch genannt. Unter Spiel et danse und Gesang passent les heures heureuses. Die Mädchen winden Girlanden und spazieren zu einer Quelle, "faire ses fontaines" heißt das Spiel, und lassen sich zum Abendmahl nieder. Auch die Adligen von Bourlémont schätzen die wunderschöne Erde und feiern Laetare hier ihr Fest, dann bringen les jeunes filles de Domremy Brot, Wein und Eier, und gemeinsam freuen sich alle an der freudigen Feier. Der "Beau May" hat auch noch eine heilige Bestimmung: bei der Prozession wird unter seinen Zweigen l’Evangile du Jean vorgelesen.
Jeannes Lieblingswege aber führen à un sanctuaire. So schließt sie sich öfters Samstags avec sa sœur dem Gebetsspaziergang an der femmes pieuses à la chapelle de Notre-Dame de Bermont. Blumen der Gärten und Kerzen vom Wachs der fleißigen Bienen bringen sie Gott dar unter inbrünstigem Beten. Denn schwer ist das Leid des Landes. Jeannette sieht oft ihre Eltern im ernsten Gespräch und hört ihre traurigen Worte vom Niedergang französischer Waffen, von Diebstahl und Mord, von der Gefährlichkeit der Wege, hélas, und von Priestern, die ihre Pflichten versäumen und mehr auf ihre eigenen Genüsse schauen que sur les pauvres, les personnes désespérées! Elle entend les soupirs de sa mère: «Mon Dieu , rette la France!» Et une profonde tristesse dringt ein in le cœur de l'enfant.
Un jour - soeben sind die letzten Töne des Angelus verhallt - hört Jeannette im Garten ihren Namen rufen. Da umgibt sie plötzlich une lumière - und aus dem Lichte heraus strahlen ihr Gestalten entgegen, und sie erkennt besonders deutlich eine, die claire et noble Züge hat. Die spricht zu ihr avec cher et majestueux voix: «Jeannette, Jeannette, sei gut et pleine d’amour de Dieu!» Bang fällt sie auf die Knie. Dann aber weicht die Bangnis einem unaussprechlichen Glücksgefühl. Es ist ihr, als habe Gott sie in diesem Augenblick auserwählt für sich, als solle sie jeder irdischen Liebe entsagen. Und da sie daliegt in seligem Staunen, elle offre sa virginité à Dieu pour toujours! Dann steht sie auf, mutig und besonnen. Was das alles wohl bedeuten wird? Sie denkt darüber nach in der kommenden Zeit, und ihre Leidenschaft im Gebet erlahmt nicht.
Die Erscheinungen wiederholen sich, bis eines Tages le chef de l'armée céleste a révélé: "Je suis Michel, le protecteur de la France!" - L'enfant fait une profonde révérence. "Il ya une grande destruction dans le royaume de France», fährt der Erzengel fort und révèle un tableau sombre de la profonde tristesse de leur pays. Das Kind vergießt überreichliche Tränen... Da kündet ihr der himmlische Geist einen Retter an. Es jubelt ihre Seele auf, und sie dankt ihm für die Botschaft und fragt nach dem Namen des Kommenden, der Frankreich aus aller Not erlösen soll:
"Du bist es, enfant de Dieu! Nimm Abschied! Geh nach Frankreich!" Depuis la petite commence à trembler et à pleurer: «Je suis une pauvre fille!» antwortet sie, "ich kann weder ein Ross besteigen, noch Krieg führen." Der Erzengel aber wiederholt: "Nimm Abschied! Geh nach Frankreich!" Und verschwand.
Und wiederum erscheint le messager céleste. Da weist sie auf ihre Bauernkleider, streckt ihm abwehrend die Arme entgegen, zeigt ihm die Hände, die nur mit Hacke und Spaten umgegangen sind und möchte so gerne noch einmal ihm ihre ganze Ohnmacht ausdrücken: «Je suis une pauvre fille, je sais ni A ni B“, sprach sie lächelnd und sagte: „Ich kann weder reiten noch Krieg führen." Aber sie gehorcht Gott. Der Lohn folgt auf dem Fuße. Sankt Michael gibt ihr die tröstliche Zusage: "Gott sorgt für alles, was dir fehlt. Ich führe dir zwei heilige Jungfrauen zu. Es sind dies die heiligen Jungfrauen Katharine und Margarethe. Gott hat sie beauftragt, dich zu führen, du brauchst nur ihrem Rat zu folgen." Und schon sieht Jeannette in himmlischer Klarheit deux merveilleuses belles formes. Goldene Kronen tragen sie. Die heiligen Jungfrauen laden das Mädchen ein näher zu kommen, zärtlich umarmen sie das Mädchen. Sie betrachtet die Jungfrauen entzückt, gibt ihnen die Hand und küsst sie.
Von nun an suchen die beiden heiligen Jungfrauen das Mädchen mehrmals in der Woche auf und belehren sie über ihre Aufgabe. Jeannette aber nennt sie voller Dankbarkeit ihre „Ratgeberinnen" oder ihre „Stimmen" und dankt Gott pour la grâce extraordinaire.


RAMAKRISCHNA EVANGELIUM M

ERSTES KAPITEL

Ramakrishna lebte viele Jahre im gefeierten Tempel-Garten an dem östlichen Ufer des Ganges in dem Dorf Dakshineswara, etwa vier Meilen nördlich von Kalkutta. Dieser Tempel mit dem Garten war durch seine Gründerin der Göttlichen Mutter geweiht. In der nordwestlichen Ecke des weitläufigen Tempel-Komplexes ist ein kleiner Raum, der im Westen des Wassers des heiligen Flusses Ganges steht. Dieser Raum mit seiner Umgebung war Wohnstätte für viele Jahre dem Ramakrishna, dessen göttliche Gegenwart machte den Ort heiliger und noch heiliger. Es war von dieser Ecke im Ruhezustand, dass die Strahlen seiner göttlichen Herrlichkeit, von seiner gottberauschten Seele ausgehend, geblendet die Augen der Wahrheitssucher und zogen sie zu ihm, wie ein loderndes Feuer zieht Motten von allen Seiten an. Hunderte gebildete Männer und Frauen haben in die Richtung dieser übermenschlichen Persönlichkeit mit der tiefsten Ehrfurcht auf die Worte der Weisheit des Einen gehört, der Gott erkannt hatte und der in ständiger Gemeinschaft mit der Göttlichen Mutter des Universums gelebt hat.
Mahendra, der von einem Freund über diesen göttlichen Menschen gehört hatte, war so tief beeindruckt, dass er in den Tempelgarten kam, ihm voller Respekt einen Besuch abzustatten. Es war der Tag eines besonderen religiösen Festes und die Menschen waren in großer Zahl in Ramakrishnas Zimmer und auf der Veranda versammelt. Der Erhabene saß auf einer erhöhten Plattform und auf dem Boden um ihn herum waren Kedar, Suresh, Ram, Manmohan, Bijoy und viele andere Jünger. Sie blickten in sein strahlendes Gesicht und tranken den Nektar der lebendigen Worte der göttlichen Weisheit, die fielen von seinen heiligen Lippen. Mit einem lächelnden Gesicht sprach Ramakrishna von der Kraft des Heiligen Namens des Herrn und der wahren Liebe als Mittel zur Erreichung der Gottes-Vision. Bijoy fragte: Was sagst, ist das Mittel zur Erreichung Gottes?
Ramakrishna sprach: Durch die Wiederholung der Heiligen Namens. In diesem Zeitalter hat der Heilige Namen des Herrn Kraft .Ja, der Heilige Name hat Kraft, aber man muss ihn mit ernsthafter Sehnsucht aussprechen. Ohne ernsthafte Sehnsucht des Herzens kann niemand Gott durch bloße Wiederholung seines Namens sehen. Man kann seinen Namen wiederholen, aber wenn man den Kopf voll von Lust und Reichtum hat, wird das nicht viel helfen. Wenn ein Mensch von einem Skorpion oder einer Tarantel gebissen wird, werden bloße Wiederholung eines Mantras nicht eine spezielle Lösung bringen.
Bijoy fragte: Wenn das der Fall ist, Erhabener, werden dann die größten Sünder und Verbrecher, wie Ajamila, das Heil erlangen durch Wiederholung des Namens des Herrn zum Zeitpunkt ihres Todes?
Ramakrishna sprach: Vielleicht in seinen früheren Inkarnationen war Ajamila gerecht und tat sehr viele gute Taten. Außerdem ist es so, dass er später in diesem Leben Askese praktizierte. Es kann auch gesagt werden, dass im letzten Moment seines Lebens die Wiederholung des Heiligen Namens sein Herz gereinigt, und damit erreichte er die Erlösung. Wenn ein Elefant gewaschen wird, sofort wirft er wieder Staub und Schmutz über sich; aber wenn er in einem sauberen Stall nach dem Bad steht, dann kann er sich nicht mit Schmutz bedecken. Durch die Kraft des Heiligen Namens kann ein Mensch gereinigt werden, aber er kann noch einmal sündige Taten begehen, weil sein Geist schwach ist. Er kann nicht versprechen, dass er nie wieder sündige. Das Wasser des Ganges könnte vergangene Sünden abwaschen, aber es gibt ein Sprichwort, dass Sünden sitzen auf der Oberseite der Bäume. Wenn ein Mann kommt aus dem Ganges und steht unter einem Baum, die Sünden fallen ihm auf die Schultern und ergreifen ihn; diese alten Sünden reiten ihn, wie es früher war. Daher wiederhole den Heiligen Namen des Herrn, aber zur gleichen Zeit bete zu Ihm, dass du die wahre Liebe und Hingabe für Ihn hast, und dass deine Liebe zu Reichtum, Ruhm und den Freuden des Körpers abnehme, weil sie vergänglich sind und werden nur bis morgen dauern.
Wenn es wahre Hingabe und Liebe ist, kann man Gott durch eine der konfessionellen Religionen erreichen. Die Vaishnavas, die Anbeter des Krishna, verehren Gott in der gleichen Weise wie die Sâktas, die Verehrer der göttlichen Mutter oder die Anhänger des Vedanta. Die Brahmanen, die Mohammedaner und Christen gehören auch Gott und erkennen Ihn durch ihre jeweiligen Religionen. Wenn du einem dieser Wege mit intensiver Hingabe folgst, wirst du Ihn erreichen. Wenn ein Fehler in dem gewählten Weg ist, wird Er den Fehler auf lange Sicht korrigieren. Der Mann, der Jagannath sehen will, kann in Richtung Süden gehen oder in Richtung Norden, aber er wird früher oder später direkt in der richtigen Weise ankommen und er wird sicherlich Jagannath am Ende finden. Das einzige, was für die Realisierung notwendig ist, mit ganzem Herzen und ganzer Seele Hingabe an Gott zu leben.
Vaishnavas, Mohammedaner, Christen und Hindus sind alle voll der Sehnsucht nach dem gleichen Gott; aber sie wissen nicht, dass Er, der Krishna ist, auch Shiva ist, Göttliche Mutter ist, Christus und Allah. Gott ist einer, aber Er hat viele Namen. Die Substanz ist eine, wird aber unter verschiedenen Namen nach Zeit, Ort und Nationalität Seiner Diener verehrt. All die verschiedenen heiligen Schriften der Welt sprechen von demselben Gott. Er, der in den Veden als absolute Existenz, Intelligenz, Glückseligkeit oder Brahman bezeichnet wird, ist auch in den Tantras beschrieben als Shiva, in den Puranen als Krishna, im Koran als Allah und in der Bibel als Christus.
Fanatismus ist nicht richtig. Die verschiedenen Sekten streiten miteinander. Die Anbeter von Krishna, zum Beispiel, sagen, dass nichts ohne Verehrung Krishnas erreicht werden kann; diejenigen, die die Göttliche Mutter verehren, denken, dass die Verehrung der Göttlichen Mutter der einzige Weg zum Heil ist; ähnlich die Christen sagen, dass niemand den Himmel erreicht außer durch Christus, Er ist der einzige Weg, und das Christentum ist die einzige Religion, alle anderen Religionen falsch. Dies ist Engstirnigkeit. "Meine Religion ist wahr, während die der anderen falsch ist" – solch eine Art von Glauben ist nicht richtig. Es ist nicht unser Amt, die Fehler der anderen Religionen zu korrigieren. Er, der die Welt geschaffen hat, wird sie mit der Zeit korrigieren. Unsere Pflicht ist es in einer oder anderer Weise, sie zu verwirklichen. Gott kann über viele Wege erreicht werden; jede dieser sektiererischen Religionen weist auf einen Weg hin, der letztlich zur Göttlichkeit führt. Ja; Alle Religionen sind Wege, aber die Wege sind nicht Gott. Ich habe alle Sekten und alle Wege gesehen. Ich kümmere mich um sie nicht mehr. Menschen, die diesen Sekten angehören, streiten so sehr! Nach dem Versuch aller Religionen habe ich realisiert, dass Gott das Ganze ist und ich bin Sein Teil; dass Er der Herr ist und ich bin Sein Diener; weiter habe ich realisiert: Er ist ich und ich bin Er .
Leute streiten untereinander und sagten: "Gott ist persönlich, da kann er nicht unpersönlich und formlos sein." So der Vaishnavas, der Schuld bei denen sieht, die das Unpersönliche des Brahman verehren. Wenn aber einst die Erkenntnis kommt, dann werden alle diese Fragen geklärt sein. Er, der Gott gesehen hat, kann genau sagen, wie er ist. Wie Kavira sagte: "Gott als Person ist meine Mutter, Gott unpersönlich ist mein Vater: Wen soll ich loben? Die Balance ist doch das Beste?" Er ist Person, doch ist Er auch unpersönlich, und wer kann sagen, was für andere Aspekte Er noch haben kann!
Vier Blinde gingen, um einen Elefanten zu sehen. Einer berührte ein Bein des Elefanten und sagte: "Der Elefant ist wie eine Säule." Der zweite berührte den Stamm und sagte: "Der Elefant ist wie eine dicke Keule." Der dritte berührte den Bauch und sagte: "Der Elefant ist wie eine riesige Tonne." Der vierte berührte die Ohren und sagte: "Der Elefant ist wie ein großer Korb." Dann fingen sie an, sich untereinander über die Figur des Elefanten zu streiten. Ein Passant, der sie so streiten sah, fragte sie, um was es ginge. Sie erzählten ihm alles und baten ihn, den Streit zu schlichten. Der Mann antwortete: "Keiner von euch hat den Elefanten gesehen. Der Elefant ist nicht wie eine Säule, es sind seine Beine wie Säulen. Er ist nicht wie eine große Tonne, sein Bauch ist wie eine Tonne. Er ist nicht wie ein Korb, seine Ohren sind wie Körbe. Er ist nicht wie eine dicke Keule, sein Stamm ist wie eine Keule. Der Elefant ist wie die Kombination von allen diesen." In der gleichen Weise streiten sich diese Sektierer, die nur einen Aspekt der Gottheit gesehen haben. Er allein, der Gott in allen seinen Aspekten gesehen hat, kann alle Streitigkeiten beilegen.
Zwei Personen stritten heftig um die Farbe eines Chamäleons. Einer sagte: "Das Chamäleon auf dieser Palme ist von einer roten Farbe." Der andere, ihm widersprechend, antwortete: "Du irrst dich, das Chamäleon ist nicht rot, sondern blau." Nicht in der Lage, die Angelegenheit durch den Streit zu klären, gingen sie zu einer Person, die immer unter dem Baum lebte und hatte das Chamäleon in allen seinen Phasen von Farbe beobachtet. Einer von ihnen fragte ihn: "Herr, ist nicht das Chamäleon auf dem Baum rot?" Die Person antwortete: "Ja, Her." Der andere sagte: "Was sagst du, es ist doch nicht rot, sondern blau?" Die Person wieder demütig antwortete: "Ja, Herr." Die Person wusste, dass das Chamäleon ein Tier ist, das ständig die Farbe wechselt; so kam es, dass er "Ja" sagte zu diesen beiden widersprüchlichen Aussagen. Die Absolute Existenz-Intelligenz-Glückseligkeit hat ebenfalls viele Formen. Der Gläubige, der Gott in einem Aspekt gesehen hat, kennt Ihn nur in dieser Hinsicht allein. Aber der, der Ihn in vielfältigen Aspekten gesehen hat, ist in der Lage, mit Autorität zu sagen: "Alle diese Formen sind von Einem Gott und Gott ist vielgestaltig." Er ist persönlich und unpersönlich, und viele sind seine Qualitäten, die niemand alle kennt.
Gott ist nicht nur persönlich und mit Form begabt, sondern er kann die Form von Krishna, Christus oder einer anderen Inkarnation annehmen. Es ist wahr, dass Er sich manifestiert in unendlichen Formen, um die Wünsche seiner Jünger zu erfüllen. Es ist auch wahr, dass Er formlose, unteilbare Absolute Existenz-Intelligenz-Glückseligkeit ist. Die Veden beschrieben Ihn sowohl als persönlichen Gott und unpersönliches Wesen, mit Form und Attributen und formlos, jenseits aller Form und Attribute. Wisset ihr, wie das ist? Er ist wie der unendliche Ozean der Absoluten Existenz-Intelligenz-Glückseligkeit. Wie in dem Ozean durch intensive Kälte wird ein Teil des Wassers zu Eis, das in verschiedenen Formen auf dem Wasser schwimmen kann, ähnlich die intensive Hingabe und Liebe kann einen Teil der Göttlichkeit kondensieren und sie in verschiedenen Formen gefroren erscheinen lassen. Der persönliche Gott mit Form existiert aus Gründen Seiner Liebesjünger. Wenn die Sonne der Weisheit steigt, wird der Block aus Eis schmelzen und wird wieder Wasser; oben, unten und auf jeder Seite das unendliche Wesen durchdringt alles. Deshalb gibt es ein Gebet, in der Heiligen Schrift: "O Herr, Du bist mit persönlicher Form begabt: Du bist auch unpersönlich und formlos, Du hast dich selbst manifestiert in einer menschlichen Form und hast gelebt in unserer Mitte, aber in den Veden bist Du wie beschrieben Wort und Geist, Unaussprechlicher, Unmerklicher und Undenkbarer." Aber es kann gesagt werden, dass für eine bestimmte Klasse von Liebesjüngern Gott ewig ist und immer mit persönlicher Form begabt. Es gibt Orte, wo das Eis nie schmilzt, da wird es sich kristallisieren.
Kedar sprach: Erhabener, es steht auch in der Heiligen Schrift geschrieben: "O Herr, Du bist über Sprache und Geist hinaus, aber ich habe deine persönliche Form beschrieben, Du vergib mir dieses Vergehen."
Der Erhabene sprach: Ja, Gott ist mit Form begabt und auch formlos. Niemand kann positiv sagen, dass Er dies und das ist und nicht anders. Einem Geliebten Gottes erscheint der Herr als ein persönliches Wesen, mit Form begabt, aber einem, der über den Weg der Demütigung das Wissen um den Zustand des selbstlosen Samadhi erreicht hat, ist er der Formlose, Unpersönliche und Absolute, Brahman.
Die Nacht war hereingebrochen und die Priester bewegten die Lichter vor den Schreinen, zur Begleitung der Glocken, Becken und Trommeln. Vom südlichen Ende des Gartens wurde die süße Musik der Tempel-Musiker auf Flöten und anderen Instrumenten gespielt - die Musik, die weit über den Ganges hinaus erklang, bis sie sich verlor. Der Wind wehte aus dem Süden und war sanft und wohlriechend mit dem süßen Geruch der vielen Blumen. Der Mond ging auf, und der Garten wurde bald gebadet des Mondes weichem silbrigen Licht. Es schien, als ob die Natur ebenso wie der Mensch Freude empfand und hielt sich in Bereitschaft für die heilige Zeremonie des Abendgottesdienstes.
Einer nach dem anderen Jünger fing an, sich zu verabschieden. Mahendra und sein Freund, der verschiedene Tempel besucht hatte, wandte sich nun auf den Weg zurück durch das große Viertel in Ramakrishnas Kammer. Kommend bis zur Tür des Zimmers, bemerkten sie, dass sie geschlossen war. In der Nähe der Tür stand eine Magd namens Brinda. Mahendra sprach sie an und sagte: Nun, meine gute Frau, ist der Heilige Mann drinnen?
Brinda sprach: Ja, er ist in seinem Zimmer.
Mahendra sprach: Ich nehme an, er hat viele Bücher zu lesen und zu studieren?
Brinda sprach: Oh nein; nicht ein einziges. Alles, auch die höchsten Wahrheiten, sind von Gottes Zunge gesprochen. Seine Worte sind alle inspiriert.
Mahendra sprach: In der Tat! Ist er jetzt beim Abendgottesdienst? Dürfen wir rein? Wollest du gefälligst ihm unsere Sehnsucht, ihn zu sehen, sagen?
Brinda sprach: Warum, ihr könnt selbst reingehen, meine Kinder. Geht rein und nehmt eure Plätze vor ihm ein.
Daraufhin betraten sie den Raum. Keine anderen Leute waren da. Ramakrishna war allein, da er am Nachmittag auf der Plattform neben seinem Bett saß. Weihrauch brannte und die Türen waren geschlossen. Mahendra grüßte den Erhabenen mit gefalteten Händen. Eine Matte lag auf dem Boden. Mahendra und sein Freund nahmen ihre Plätze ein. Der Erhabene fragte ihn: Wie ist dein Name? Wo wohnst du? Wer bist du? Was hat dich nach Barahanagore gebracht? Mahendra beantwortet jede dieser Fragen, aber er bemerkte, dass im Laufe des Gesprächs Ramakrishnas Geist auf ein anderes Objekt fixiert war, über das er meditierte. Er war nur halb mit dem Bewusstsein bei der physischen Ebene, und seine Haltung ähnelte der eines Mannes, in der Hand ruhig haltend eine Angel, mit der Absicht Fische zu fangen. Wenn die Angel zittert und der Fisch beißt an, dann schaut der Mann sehnsüchtig auf die Angel und hält die Angel fest mit all seiner Kraft. Er spricht nicht mit jedem, aber seine ganze Seele ist auf die Angel fixiert. So war des Erhabenen Konzentration in diesem Moment. Mahendra erfuhr später, dass dies der Zustand des Samadhi oder Gottes-Bewusstseins ist, das jeden Tag während des Abendgottesdienstes immer über ihn kam. Sehr oft in diesem Zustand wurde er sich absolut unbewusst der Außenwelt. Mahendra, beobachtend seine Abstraktion, sagte zu Ramakrishna: Ich fürchte, Erhabener, dass du lieber den Abendgottesdienst allein feiern willst. In diesem Fall werden wir dich nicht länger stören, sondern dich ein anderes Mal anrufen.
Ramakrishna antwortete: Oh nein, ihr müsst nicht in Eile sein.
Aber er schwieg wieder für eine Zeit. Dann öffnete er seine Lippen und sagte: Abendgottesdienst? Es ist nicht so.
Kurze Zeit danach grüßte Mahendra den Erhabenen, der wiederum ihn zum Abschied grüßte und sagte: "Komm wieder."


ZWEITES KAPITEL

Der Erhabene saß in seinem Zimmer an seinem gewohnten Platz auf der kleinen Plattform neben seinem Bett. Es war Sonntag und das Zimmer war mit einer großen Zahl von Gläubigen gefüllt. Unter ihnen war ein junger Student, erst neunzehn Jahre alt, namens Narendra, der später weltbekannte Vivekananda. Jeder bemerkt schon damals, dass er ein aufrichtiger und ernsthafter Wahrheitssucher war und dass sein Geist über allen weltlichen Sorgen hinaus war. Seine Augen schienen mit spirituellem Licht, sein Gesicht war glühend von Unschuld und Einfachheit und seine Worte waren voller spiritueller Kraft. Der Erhabene diskutierte mit weltlichen Menschen, die die Anbeter Gottes verspotteten. Besonders gewandt an Narendra, fragte er: Was sagst du dazu, Narendra? Weltliche Menschen werden alle möglichen Dinge gegen gottesfürchtige Menschen sprechen, aber sie sind wie der Elefant. Wenn ein Elefant durch eine öffentliche Straße geht, laufen ihm Hunde und Rinder nach, aber der Elefant stellt sich taub ihrem Bellen und Muhen und geht seinen eigenen Weg. Angenommen, mein Junge, es sollten die Menschen schlecht über dich hinter deinem Rücken sprechen, was würdest du über sie denken?
Narendra sprach: Ich würde auf sie als eine Menge von bellenden Hunden ansehen.
Gott wohnt in allen. Der Erhabene lachte und sagte: Nein, mein Freund, geh nicht so weit. Du solltest alle lieben; keiner ist ein Fremder; Gott wohnt in allen Wesen; ohne ihn kann nichts existieren. Als Prahlada Gott realisierte, bat ihn der Herr, einen Segen zu erbitten. Prahlada antwortete: Wenn ich dich gesehen habe, welchen andere Segen brauche ich? Der Herr fragte ihn wieder. Dann betete er: Wenn du wünschst mir einen Segen zu erteilen, so lass mich denen vergeben, die mich verfolgen. Prahlada dachte, dass die, die ihn verfolgen, den Herrn in ihm verfolgen. Wisse, dass Gott in alle Dinge ist, belebten und unbelebten. Daher ist alles ein Objekt der Anbetung, seien es Menschen, Tiere oder Vögel, Pflanzen oder Mineralien. In unserer Beziehung zu Menschen ist alles, was wir tun können, um Rücksicht auf uns zu nehmen, dass wir uns mit guten Menschen vereinen und meiden schlechte Gesellschaft. Es ist jedoch wahr, dass Gott auch in schlechten Menschen ist, ja, sogar in einem Tiger; aber sicher ist das nicht, dass wir einen Tiger umarmen. Es kann gefragt werden: Warum sollten wir weglaufen vor einem Tiger, wenn Gott in dieser Form Wohnung nahm? Dies ist die Antwort, dass Gott, bleibend in unseren Herzen, uns wegführt von dem Tiger. Warum sollten wir seinem Willen nicht gehorchen?
In einem bestimmten Wald lebte ein Weiser, der eine Reihe von Jünger hatte. Er lehrte seine Jünger die Wahrheit: Gott wohnt in allen Dingen. Mit diesem Wissen solltet ihr eure Knie vor jedem Objekt beugen. Eines Tages ging ein Schüler in den Wald um Holz zu sammeln. Auf dem Weg sah er einen Mann auf einem Elefanten und der schrie wütend: Aus dem Weg, aus dem Weg! Dies ist ein verrückter Elefant! Der Jünger, statt wegzulaufen, erinnerte sich an seines Meisters Lehre und begann zu sprechen: Gott ist in dem Elefanten wie auch in mir. Gott kann nicht von Gott verletzt werden, also warum sollte ich fliehen? So denkend, stand er, wo er war, und grüßte den Elefanten, als der näher kam. Der Reiter schrie: Aus dem Weg! Aber der Schüler bewegte sich nicht, bis er von dem verrückten Elefanten geschnappt und zu Boden geworfen wurde. Der arme Junge, verletzt und blutend, lag bewusstlos auf dem Boden. Der Weise, hörend von dem Unfall, kam, ihn mit einem anderen Jünger nach Hause zu tragen. Als nach einiger Zeit der unglückliche Schüler wieder zu Bewusstsein kam, beschrieb er, was geschehen war. Der Weise antwortete: Mein Junge, es ist wahr, dass Gott sich manifestiert in allem. Aber wenn er in dem Elefanten ist, ist er nicht gleich offenbar im Reiter? Sag mir, warum du nicht geachtet auf die Warnung des Reiters?
Der Erhabene sprach weiter: In den Heiligen Schriften steht geschrieben: Gott wohnt im Wasser; aber einiges Wasser kann für den Gottesdienst sein oder zum Trinken, einiges fürs Baden oder Waschen verwendet werden, während schmutzige Wasser nicht einmal berührt werden sollte. In der gleichen Weise, wenn auch Gott in allen Menschen ist, doch gibt es gute Menschen und schlechte Menschen, gibt es Liebhaber Gottes und jene, die Gott nicht lieben. Wir sollten Göttlichkeit in allen erkennen, aber wir sollten nicht mit schlechten Menschen oder mit denen, die Gott nicht lieben, uns vereinen. Wir dürfen nicht in unmittelbarer Nähe mit ihnen sein. Es ist ratsam, die Gesellschaft von solchen Menschen zu vermeiden.
Narendra sprach: Welche Haltung sollten wir einnehmen, wenn böse Menschen kommen, um unsere Ruhe zu stören oder uns wirklich zu beleidigen?
Der Erhabene sprach: Eine Person, die in der Gesellschaft von Menschen mit bösem Geist ist, sollte zum Zweck des Selbstschutzes Widerstand leisten. Aber das Böse zeigt sich nicht nur von außen, ihre Aufgabe darin besteht, sich zu schützen vor den die Bösen, die ihr schaden möchten. Zur gleichen Zeit solltest du bei den tatsächlichen Verletzungen eines anderen denken, dass er sich Verletzungen bei dir geholt haben könnte.
Da war eine große giftige Schlange in einem Feld. Niemand wagte es, diesen Weg zu gehen. Eines Tages kam ein heiliger Mann, der durch diese Straße ging und die Schlange passierte, die ihn beißen wollte. Aber als die Schlange sich näherte dem heiligen Mann, verlor sie alle ihre Wildheit und wurde von der Sanftheit des Yogi überwältigt. Sie sehend, sagte der Weise: Nun, meine Freundin, du denkst, mich zu beißen? Die Schlange war beschämt und gab keine Antwort. Darauf sprach der Weise weiter: Höre, Freundin, niemanden verletze in Zukunft. Die Schlange verbeugte sich und nickte Zustimmung. Der Weise ging seiner Wege, und die Schlange kroch in ihr Loch und von da an begann sie ein Leben der Unschuld zu leben, ohne zu versuchen, jemandem zu schaden. Nach ein paar Tagen dachte die ganze Nachbarschaft, dass die Schlange ihr Gift verloren hatte und nicht mehr gefährlich wäre; so dass jeder anfing, sie zu necken. Sie bewarfen sie mit Steinen oder zogen sie gnadenlos am Schwanz, und es nahmen kein Ende ihre Probleme. Glücklicherweise kam der Weise wieder vorbei und sah die Prellungen und Quetschungen der Schlange und war sehr bewegt und fragte nach der Ursache. Heiliger Herr, antwortete die Schlange, das ist, weil ich nicht einen verletze, nach deinem Rat. Aber, ach, sie sind so gnadenlos! Der Weise sagte lächelnd: Meine Freundin, ich habe dir einfach geraten, nicht jeden zu beißen, aber ich habe dir nicht gesagt, andere gar nicht zu erschrecken. Obwohl du keine Lebewesen beißen solltest, solltest du dennoch die Menschen auf Distanz halten, indem du sie anzischst. Und Ramakrishna hat noch hinzugefügt: Es gibt keinen Schaden beim Anzischen böser Menschen und deiner Gegner, so zeigst du, dass du dich schützen kannst und weißt, wie man dem Böse zu widerstehen hat. Nur musst du nicht Gift ins Blut des Feindes gießen. Widerstehe nicht böse, indem du das Böse auf gleiche Weise erwiderst.


GÖTTIN ELOAH

Die Geschichte, von der ich erzählen will, ist einzigartig, denn es gibt viele Kontroverse über diese Geschichte heute, so wie es in der Zeit Abrahams war. Es kann sogar einige von euch im Publikum geben, die mit den Ideen, die ich präsentiere, nicht einverstanden sind, aber ich hoffe, dass ihr in der Lage seid, euren Geist offen zu halten für Variationen über religiöse Themen.
Um meine Geschichte zu beginnen, war Aschera die große Muttergöttin Kanaans etwa seit dem 13. Jahrhundert v. Chr.. Der Abraham der Bibel wuchs während dieser Zeit auf und wie seine Kultur eine Nomadenkultur war, nahmen sie viele Überzeugungen aus den umliegenden Kulturen als ihre eigenen auf. Aschera war eine solche Gottheit, die eine wichtige Figur in ihrem religiösen System war. Als er jung war, wuchs Abraham wahrscheinlich in einem religiösen Umfeld auf, in der Vatergott El und die Muttergöttin Aschera geglaubt wurden. El war der Schöpfer des Himmels und der Erde, der göttlichen Richter, und war bekannt als weise und barmherzig.
Der hebräische Name für Gott, der in der Genesis verwendet wird, ist Elohim, ein Plural von El. Viele Leute finden die Stelle in der Genesis, die besagt: "Lasst uns Menschen machen als unser Abbild" ein wenig verwirrend. Wenn es nur Einen wahren Gott gibt, dann, mit wem hat er dann gesprochen? Einige sagen, er sprach mit dem Heiligen Geist, einem anderen Aspekt der Elohim, auch männlicher Art oder zumindest ungeschlechtlich. Andere haben behauptet, dass er zu Eloah gesprochen, dem weiblichen Aspekt der Elohim. Elohim ist nämlich der Plural, damit ist impliziert, dass es mehr als ein "Wesen" in Elohim gibt. Da nur zwei Arten von Menschen geschaffen wurden, nämlich männlich und weiblich, könnte man davon ausgehen, dass der Mann im Bilde des El gemacht, während die Frau wurde im Bilde der Eloah gemacht. So waren wir alle, Männer und Frauen, im Bilde der Elohim gemacht, des männlichen und weiblichen Aspektes Gottes.
Da es keine schriftlichen oder mündlichen Erzählungen über Aschera gibt, die wir kennen, werde ich euch eine Geschichte erzählen, die von frühen hebräischen Frauen erzählt wurde, wie die Schöpfung zu erklären ist. Dies möge euch eine gute Idee von Ascheras oder Eloahs Rolle in der Schöpfung geben und wie sie im alltäglichen Leben der Menschen wichtig war.
Am Anfang war die Erde wüst und leer. El und Eloah beschlossen, die Welt zu einem lebenswerten Ort für die Kreaturen zu machen, die sie schaffen wollten. El begann mit der Schöpfung des Himmels: alle Sterne am Himmel, die Planeten, die Sonne und der Mond.
Eloah begann mit der Schöpfung der Erde, sie nahm die Form des Meeres an und ist über das ganze Land geflossen, wodurch Flüsse und Bäche entstanden. Sie ließ Berge und Hügel aus dem Meer steigen, das war die Schöpfung des Landes. Bäume entstanden entlang den Flüssen und auf den Bergen und Hügeln. El gesellte sich zu ihr, als er mit dem Himmel fertig war, und er begann, all die Tiere und Insekten, die auf der Erde kriechen, zu schaffen. Eloah trat zurück und sagte zu El: „Das ist gut. Ich bin mit diesem Ort, den wir geschaffen haben, sehr zufrieden.“ Da sagte El zu Eloah: „Jemand muss über die Erde und ihre Tiere regieren; wir sollten es unsere Kinder tun lassen. Sie werden wie wir sein, so dass sie wissen, wie man sich um diesen Ort zu kümmern hat.“ So ging El zu Eloah ein und bald gebar Eloah Zwillinge, ein Männchen und ein Weibchen. Diese Kinder des Gottes und der Göttin wurden Adam und Eva, die Eltern der ganzen Menschheit. El sagte: „Diese sind sehr gut. Jetzt haben wir die Kinder für die Pflege dieser Welt, die wir geschaffen. Aber um sicher zu sein, werde ich den Himmel regieren und du wirst die Erde regieren.“
Und dies ist, wie die Erde entstanden ist und warum Gott der Vater über uns wacht vom Himmel aus und die Muttergöttin wacht über der Erde, auf der wir wohnen. El ernährt unsere Pflanzen mit Wasser des Regens, er wärmt uns mit seiner Sonne, und er schützt uns vor unseren Feinden mit seinen Augen, die niemals schlafen. Unsere Mutter ist unser Baum des Lebens, aus dem alle Dinge entstehen und wachsen. Sie wacht über die Erde, um sicherzustellen, dass die Flüsse und die Bäume groß und stark sind. Sie gibt uns Schutz in ihren Höhlen und hilft unseren Pflanzen, uns zu ernähren. Unsere Mutter hilft unseren Frauen bei der Geburt und tröstet uns, wenn wir traurig sind.
N
un zu einer kurzen Geschichte der Eloah Aschera in der frühen Entwicklung des Judentums. Nachdem Abraham von Jahwe berufen worden und einige Jünger gesammelt hatte, hatte er eine schwierige Zeit, auszuscheiden die Aschera und die anderen regionalen Götter. Allerdings fortschreitend mit der Zeit des Alten Testaments, verringerte sich die Versuchung, andere Götter anzubeten, während die eklatante Anbetung der Aschera an der Seite des HErrn fortdauerte. Es war ein fast angeborene Notwendigkeit für die Menschen, auch eine göttlichen Mutter neben dem göttlichen Vater zu erkennen. Wie ihr wahrscheinlich wisst, aus den Hunderten von Tausenden von Religionen, die derzeit existieren oder jemals bestanden haben, können nur der Islam und das Judentum als ganz monotheistische gesehen werden, und, zusammen mit dem Christentum, fehlt ihnen eine weibliche Gottheit. Es war schwierig für die religiösen Führer im frühen Judentum, diesen scheinbar universellen Wunsch, eine pflegende, mitfühlende Mutter-Göttin zu erkennen, zu unterdrücken.
Ascheras Name bedeutet "Herrin des Meeres", "Lebensbaum", "Die gebären macht" und für die Kanaaniter "Mutter der Götter". Der Baum des Lebens, ein Gegenstand, der Aschera heilig, war eine Säule aus Terebinthenholz und wurde neben den Altären des HErrn platziert, so verehrten sie die Mutter und den Vater zusammen. Ihre eigenen spezifischen Kultstätten waren auf Hügeln und in Wäldern und Hainen. Wegen ihres Zusammenhangs mit heiligen Bäumen wurde sie als der Teil der Elohim gesehen, der die Fruchtbarkeit, neues Wachstum, erfolgreichen Ackerbau regierte. Zusammen mit dem Leben in der Natur, wurde sie auch als das Brot des Lebens für den hebräischen Menschen gesehen. Hebräische Frauen hatten spezielle Brotlaibe der Göttin, die gesegnet wurden, dann rituell gegessen wurden. Einige Theologen sagen, das ist der Vorläufer der Hostie.
Hebräische Frauen im Allgemeinen hatten eine engere Bindung an Aschera, da sie nicht keine große Rolle in ihrer Religion spielten. Natürlich gab es einige große Frauen wie Esther, Deborah und Rebecca, aber dass Frauen im frühen Judentum eine große Rolle spielten, war auf jeden Fall die Ausnahme statt die Regel. An archäologischen Stätten, die aus biblischen Zeiten stammen, sind kleine Statuen der Aschera gefunden worden, die höchstwahrscheinlich im Schlafzimmer und in der Küche verehrt wurden. Es ist weithin anerkannt, dass, obwohl die religiösen Führer die Verehrung der Aschera ablehnten, das gemeine Volk, vor allem die Frauen, hatte kleine Figuren der Aschera in ihren Haushalten.
Dies sollte nicht überraschen, da die Frauen der damaligen Zeit einen deutlich geringeren Stellenwert hatten als heute, und es gab keine Priesterinnen für sie, um ihnen Unterstützung zu geben, so mussten sie ihren eigenen Glauben finden. Was könnte der HErr wissen über Geburten ohne Ultraschallgerät? Wie konnten sie zu ihm beten zur Linderung von Menstruationsbeschwerden in einer Zeit vor der Pille? Was wusste der Herr, wie es ist, vom eigenen Mann geschlagen oder von einem Nachbarn vergewaltigt zu werden? Es gab keine Frauenhäuser damals, keine Anti-Depressiva gegen postnatale Depression. Es wäre nicht sinnvoll für sie, zu einem männlichen Gott wegen weiblicher Themen zu beten. Ich bin mir sicher, dass, wenn es jemals eine Gesellschaft gab, die nur Eine Gottheit und zwar eine Göttin verehrte, dann mussten die Männer sich seltsam fühlen, zu einer Göttin zu beten, zu heilen Impotenz oder vorzeitige Ejakulation.
Ich denke, dass die hebräischen Männer dieses Problem verstanden, das ihre Ehefrauen und Schwestern hatten, und sie waren nachsichtiger mit dem Aschera-Gottesdienst, als sie mit der Baal-Anbetung oder anderen Göttern. Eine interessante, aber wenig bekannte Tatsache über den Tempel von Jerusalem ist, dass eine Aschera-Statue für zwei Drittel der Zeit, die der Tempel in biblischen Zeiten stand, untergebracht war. Offenbar brachte eine der Frauen von Salomon es ihm bei, als sie ihn heiratete, und er ließ sie in dem Tempel für einige Zeit bleiben. Und er wurde immerhin als der weiseste Mann, der je gelebt haben, gepriesen! Auch als Elijah die Macht von Gott oder Jahwe beweisen wollte, rief er die 450 Priester des Baal und die 400 Priesterinnen der Aschera. Obwohl er dort war, um Baal und Aschera zu widerlegen, konzentrierte er sich auf die Priester des Baal und verspottete sie während ihrer Gebete, schließlich tötete er sie alle, aber er tat den Priesterinnen der Aschera nichts an.
Es scheint, dass die Menschen mit einer psychischen Sehnsucht gemacht sind, an eine göttlichen Mutter und den Vater zu glauben, und egal, wie verschiedene Religionen versuchen, diesen Wunsch zu unterdrücken, er wird nie ganz zum Schweigen gebracht werden. Eloah ist nur ein Beispiel.


PAUL PAULINSKI

1

Ich hatte bei den Pfingstlern ein Narren kennen gelernt, der ein heißer Katholikenhasser war und die Bilder der Jungfrau Maria nicht ertragen konnte, aber ein fleißiger Besucher des Hurenhauses war. Mit diesem frommen, wiedergeborenen Christen besuchte ich einen evangelikalen Hauskreis im Hause von Paul Paulinski. Da saßen auf dem Soha zwei schöne junge Frauen, die schwarzhaarige Doris und die blonde Thyrza – ein präraffaelitischer Engel oder eine evangelische Madonna. Ich diskutierte gleich fleißig mit Paul Paulinski, der die Bibel fast auswendig kannte und sehr gut denken konnte und sehr beredt war. Ich weiß noch, ich zitierte die Schrift: Der Eifer um dein Haus verzehrt mich! Das legte ich auf meine Leidenschaft für Jesus und sein Wort aus. Thyrza lachte. Paul Paulinskis Frau war auch da, Elisabeth, eine stille, kluge Physikerin und Mathematikerin. Die junge Ehe war noch kinderlos. Paul Paulinski war Physiker und er hatte immer die Bibel abgelehnt, da ihm immer erschienen war, dass der Schöpfungsbericht der Genesis, wie Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen, mit den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft unvereinbar sei, die besagten, die Natur haben sich über viele Millionen Jahre durch Evolution entwickelt. Er hatte dann mit einem evangelikalen Physiker diskutiert, der den sechs-Tage-Kreationismus vertrat und ihn für vereinbar mit der Wissenschaft hielt, wobei er die Evolutionstheorie als eine unbeweisbare bloße Theorie einschätzte. So hatte sich Paul Paulinski bekehrt und war zu einem evangelikalen Biblizisten und sechs-Tage-Kreationisten geworden. Seine Frau Elisabeth war evangelikale Christin von der Muttermilch an. Paul Palinski und ich freundeten uns an aus gemeinsamer Liebe zur Bibel. Paul Paulinski hatte eine Sammlung von deutschen Bibelübersetzungen und hatte auch etwas Griechisch und Hebräisch gelernt. Sein Eifer galt auch der exakten Textfassung des Neuen Testaments. Er wies darauf hin, dass Paulus eine Theologie daraus entfaltete, dass nicht von den Samen Abrahams der Segen ausgehe, sondern von dem Samen, dieser feine unterschied zwischen n und m, zwischen Plural und Singular sei Grundlage für die paulinische Christologie. So wichtig war Paul Paulinski die möglichst exakte Bibelüübersetzung. Er bevorzugte vor allen anderen deutschen Bibelübersetzungen die Elberfelder Bibel. Er kritisierte die modernen freien Bibelübersetzungen, die Maria nicht mehr eine Jungfrau, sondern ein junges Mädchen nannten, denn Paul Paulinski glaubte an die Jungfrauengeburt.


2

Paul Paulinski lud mich in einen lutherischen Bibelgesprächskreis ein, den er gewissermaßen geistig leitete. Es war kein Pastor dabei. Nur einmal kam ein evangelischer Pastor mit einem katholischen Priester in die Bibelrunde und referierte über die Versöhnung der Weltanschauungen. Ich grüßte den katholischen Priester mit Grüß Gott, er fragte, ob ich aus Bayern sei, ich sagte, nein, ich bin Friese. Ich dachte damals, Frieden zwischen den Völkern gibt es erst bei der Wiederkunft Jesu, die ich nahe bevorstehend glaubte. Der evangelische Pastor und der katholische Priester winkten ab: Ach was, Wiederkunft Jesu! Die wunderschöne Thyrza sprach von ihren Arabistik-Studien und meinte, der Koran sei kein Buch des Friedens. Paul Paulinski hielt ein anderes Mal einen biblischen Vortrag über die Gottheit Jesu. Als Evangelikaler wies er nicht auf das Konzil von Nizäa hin, sondern allein auf das Neue Testament. Er widerlegte die Sekte der sogenannten Zeugen Jehovas, der Arianer unserer Zeit, die Jesus für einen hohen Engel, aber für ein Geschöpf Gottes hielten. Paul Paulinski sagte aber zu Jesus mit dem Apostel Thomas: Mein Herr und mein Gott! Ich schlug vor, einen Vortrag zu halten über die feministische Theorie des Matriarchats, aber Paul Paulinski meinte, da gäbe es zuwenig biblisches Material zu. Ich solle lieber einen Vortrag über Rudolf Steiner und seine Christologie halten. Ich hatte vor meiner Bekehrung zu Christus viele Bücher von Steiner gelesen. Nun frischte ich mein Wissen wieder auf, indem ich evangelikale Bücher über Steiner las. Ich hielt den Vortrag dann in unserm Bibelkreis. Paul Paulinski sagte: Du hast die charismatische Gabe des Lehrens. Auch Paul Paulinskis Ehefrau Elisabeth hielt einen Vortrag und zwar über das Buch Ruth, das ihr gewissermaßen zum Schicksalsbuch wurde, da sie sich später mit Noemi identifizierte, die sagte: Nennt mich nicht mehr Noemi, die Süße, sondern nennt mich Mara, die Bittere. Denn auch Elisabeth musste, wie ich bald auch, das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus mitleiden und wie Maria unter dem Kreuz stehen mit einem schwertdurchbohrten Herzen. Elisabeth legte das Buch Ruth christologisch aus: Boas war der Vorschatte des Erlösers, Ruth war die Braut des Erlösers, die Gemeinde Christi. Ich erinnere mich noch, wie Elisabeth die beiden Söhne Noemis interpretierte: Ihre Namen bedeuten übersetzt Schwächlich und Gebrechlich. Ein weiterer Besucher des Bibelkreises war der alte Manfred, der mich nach meiner Berufung fragte. Ich sagte: Ich bin ein Dichter vor dem Herrn. Er meinte, wenn ich nicht Germanistik studiert habe, könne ich kein Dichter sein, das würde ich mir nur einbilden. Ich erzählte das meinem Freund Paul Paulinski und er sagte nur in aller Deutlichkeit: Die Zweifel an deiner Berufung, die Manfred säen wollte, kamen vom Teufel. Paul Paulinski hatte recht: Zum wahren Dichter wird man geboren, es ist ein Gottesgnadentum, man erwirbt sich das Charisma nicht durch ein Germanistikstudium. Ich hatte ja einmal ein Germanistikstudium begonnen, aber es war mir allzu kindisch. Lieber nutzte ich die Bibliothek der Universität auf eigene Faust und las die griechisch-römische Antike in Übersetzungen und die englische Poesie im Original, vor allem Ben Jonson und Byron. Das Studium brach ich ab und reiste stattdessen mit meiner Geliebten durch Südfrankreich. Und Südfrankreich ward für allezeit mein Arkadien. Nun ist die Geliebte schon vier Jahre tot. Ich stelle mir das Paradies wie ein verklärtes Südfrankreich vor, da ich die Geliebte wiederzufinden hoffe.


3

Und weiter führte mich Paul Paulinski in die christliche Szene ein. Es gab an der Universität, deren Bibliothek ich fleißig besuchte, eine Gruppe evangelikaler Studenten. Diese trafen sich regelmäßig zu einer Andacht. Desweiteren versammelte Paul Paulinski als das intellektuelle Zentrum einige Christen und andersgläubige Freunde in der Mensa und Caféteria der Universität. Paul Paulinski studierte Physik, Johann studierte Informatik, die schöne Judith und die schöne Christine wollten Lehrerinnen werden. Manchmal kam auch der vergeistigte Engel Thyrza dazu, sie studierte Biologie. In dem Andachtskreis hielt ich zweimal die Andacht. Das erste Mal referierte ich über christliche Lyrik, ich glaube, ich zitierte ein Sonett von Andreas Gryphius, ein Gedicht aus dem geistlichen Jahr der Droste-Hülshoff und ganz gewiss eine Hymne von Klopstock. Ich erinnere mich, dass Johann lachte über Klopstocks Frage, ob auch ein Glühwürmchen eine unsterbliche Seele habe. Die zweite Andacht hielt ich über die Weisheit. Das Motto bildete der Vers von Brecht: Ich wäre gerne weise, in den alten Büchern steht, was Weisheit ist. Ich zitierte nun auch aus den Apokryphen oder deuterokanonischen Schriften Weisheit Salomos und Jesus Sirach. Da diese biblischen Bücher in den evangelikalen Bibeln fehlen, kannten meine Freunde die Gestalt der Frau Weisheit nicht so umfassend. Ich erinnere mich, dass als einzige Judith meinen Vortrag kommentierte mit dem Hinweis auf Paulus, dass alle Weisheit der Welt Torheit vor Gott ist. Sehr gesellig, heiter und lebenslustig ging es dann beim Mittagstisch zu. Paul Paulinski in seiner jovialen Art war der Jupiter Xenius der Mensa. Um ihn scharten sich auch einige nichtgläubige Freunde, die sich teilweise auf den Buddhismus beriefen. Dazu kam auch noch der Student Friedrich, der schon im zwanzigsten Semester der Sozialpädagogik stand. Er war kein Christ, aber fragte sehr neugierig nach dem Evangelium. Paul Paulinski führte Friedrich zum christlichen Glauben. Als ich die evangelikale Szene später verlassen hatte und zur katholischen Kirche konvertiert war, traf ich Friedrich einmal auf dem Weg zu meiner krebskranken Freundin und ihren kleinen Kindern. Friedrich meinte, die Protestanten ehren Maria zu wenig, die Katholiken ehren Maria zu viel. Ich sagte, Maria habe ihr Ja zu Gottes Heilsangebot stellvertretend für die ganze Menschheit gesagt. Das war Friedrich zu viel. Er fragte noch, ob ich auch wüsste, dass meine Freundin auf dem Weg in die Hölle sei? Was er nicht wissen konnte war, dass sie auf dem Sterbebett nach dem Leib Christi verlangte. Sie ist wie der rechte Schächer am Kreuz von Jesus in das Paradies geführt worden. Damit hat mich der Heilige Geist nach ihrem Tod getröstet. Die schönen Christinnen Thyyrza, Christine und Judith inspirierten mich als Dichter. Ich las in jener Zeit viele altenglische Sonette. Da schrieb ich für Christine, die Englischlehrerin werden wollte, ein englisches Sonett. Sie bedankte sich lächelnd und sagte, daraufhin habe ihr Ehemann ihr auch ein Gedicht verfasst. Nicht so gut kam mein Frauenlob bei Judith an. Sie konnte sehr schön Gitarre spielen und ich ward von Tag zu Tag depressiver. Da besang ich sie als David, der harfespielend den bösen Geist von Saul verscheuchte. Sie sah mich darauf verlegen und pikiert an, sie sei schon verheiratet, was ich denn von ihr wolle. Aber vor allem Thyrza hatte es mir angetan. Ich hatte bei den Pfingstlern einen chinesischen Christen kennen gelernt und hatte von ihm einige chinesische Vokabeln gelernt. So schrieb ich für Thyrza ein chinesisches Liebesgedicht. Leider besitze ich das Gedicht nicht mehr, ich erinnere mich nur noch, dass ich sie Schwesterchen nannte, Schwanin und rein wie Jade, und dass ich sie liebte. Sie sagte, sie nähme mein Gedicht als ein Liebesgedicht von Jesus Christus, dem Bräutigam ihrer Seele. Ich war mit einem Pfingstler bei seinen baptistischen Verwandten im Schwabenland, dem Schwalbenland, und dachte an der Teck, in Tübingen, in Stuttgard voller Sehnsucht an Thyrza: Sei gegrüßt, du Holdselige, du hast Gnade gefunden in meinen Augen! Als wir wieder gen Norden fuhren, fieberte ich durch ganz Deutschland Thyrza entgegen. Wir kamen gerade noch rechtzeitig zur Bibelstunde in Paul Paulinskis haus an, und Thyrza lächelte und sagte: Ich bin da. Doch bald musste ich den Bibelkreis um Paul Paulinski verlassen, weil die leidenschaftliche Verliebtheit zu Thyrza mir jede Besinnung auf Theologie raubte. Wir sangen zum Abschied Bonhoeffers Lied: Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern, aus deiner guten und geliebten Hand.

4

Paul Paulinski organisierte ein Symposium über die Esoterik des neuen Zeitalters im Verhältnis zum Evangelium. Er lud einen Referenten ein, der lange Zeit als esoterischer Psychologe tätig gewesen und dann mit seiner Frau zusammen Buddhist geworden war. Er war auch dem Dalai Lama begegnet. Auf Ceylon aber in einer charismatischen Kirche hatten sich die beiden zu Jesus bekehrt. Der unterwies nun die evangelikalen Christen in den Lehren des Buddhismus. Paul Paulinski hatte mich gebeten, noch einmal über die Christologie der Anthroposophen zu sprechen. Thyrza hörte mir zu. Die Zuhörer waren sonst hauptsächlich an der Pädagogik der Anthroposophen interessiert, aber ich sagte: Lasst uns eilen, wir wollen noch nach Golgatha kommen. Rudolf Steiner wärmte nur die alten gnostischen Irrlehren über Christus auf. Nichts Neues unter der Sonne. In diesem Zusammenhang muss ich an Ingeborg denken, Thyrzas Freundin, die sich mit christlicher Psychologie beschäftigte. Ich sprach damals oft mit ihr. Vor allem erzählte sie mir von der Lehre der vier Temperamente. Aber ich lernte auch etwas über Adler und C.G. Jung. Paul Paulinski hatte ein schizpoides Temperament, der war sehr rational und klar im Denken, nüchtern und sachlich. Dazu kam aber auch ein phlegmatisches Temperament, welches nicht allein gern müßig geht, sondern auch von einer liebenswürdigen Güte ist. Ich hatte ein hauptsächlich melancholisches Temperament, wie es zumeist vorkommt bei Künstlern und Philosophen, einen gelehrten Tiefgang mit einem starken Hang zu Schwermut und Depression. Dazu kam aber auch bei mir ein phlegmatisches Temperament, eine große Faulheit und eine große Güte, aber auch Neigung zum Indifferenten und zur Gleichgültigkeit.

5

Paul Paulinski, seine Frau Elisabeth, die baptistische Madonna Thyrza und ich fuhren nach Frankfurt zu einem Treffen einer evangelikalen Gemeinschaft, das Thema war die Apokalypse. Ihr wisst ja, sagte der Prediger, es gibt die große Hure Babel auf den sieben Hügeln, aber gebt acht, sie hat noch eine jüngere Schwester! Dann sprach der Prediger über die siebente Königin der Apokalypse – das war natürlich Thyrza! Ich sagte zu dem Prediger: Die Frau des Pilatus hatte doch einen Traum wegen Jesus. Klopstock sagte, sie hätte von Sokrates im Hades geträumt, und Sokrates habe ihr gesagt, dieser Jesus sei ein Gottessohn! Der Prediger lächelte und sagte: Klopstock ist ein Poet, der darf das! Am Abend saß ich mit Paul Paulinski beim Rotwein. Der Rubion des Weines färbte den Fuß des Kristallkelches rot, es sah aus wie eine Taube aus Feuer. Da sagte ich zu Thyrza: Der Heilige Geist ist die Liebe! Ich schrieb am nächsten Tag nach einem Spaziergang durch verschneite Felder und Wälder eine Elegie für Thyrza, darin hieß es: Du bist so zart wie eine Pusteblume. Im folgenden Sommer nahmen Paul Paulinski und seine Frau Elisabeth mich und Thyrza mit nach Hannover in einen Bibelgarten. Da wuchs alles, was im Hohenlied Salomonis zum Vergleich für den Leib der Geliebten diente. Ein evangelikaler Autor schrieb: Der Leib der Frau ist des Mannes Paradies. Der Dichter Claudel schrieb: Die Frau ist eine Verheißung des Paradieses, das ist ihre Gnade, aber sie ist die Verheißung, nicht die Erfüllung. Daraufhin entrückte der Herr die Jungfrau Thyrza von der Erde wie weiland Henoch. Paul Paulinski zog in eine ferne Großstadt und ich verschwand im Fegefeuer der chronischen Depression.


MEINE REGEL

Der von Gottes Gnaden bestellte Patriarch der Kirche von Jerusalem an die in Christus geliebten Söhne. und die übrigen Eremiten, die unter seinem Gehorsam beim Brunnen der Jungfrau leben: Gruß im Herrn und des Heiligen Geistes Segen!

Oftmals und auf vielfache Weise haben es die heiligen Väter gelehrt, wie einer, welcher Lebensform er auch angehört oder welche Gott geweihte Lebensweise er gewählt hat, in der Nachfolge Jesu Christi leben und ihm mit reinem Herzen und feinem Gewissen treu dienen soll.
Da ihr uns ersucht habt, euch eurem Vorhaben gemäß eine Lebensregel zu geben, sollt ihr in Zukunft folgendes beobachten:

1

Als erstes bestimmen wir, dass ihr einen von euch als Vater haben sollt, der durch Berufung Gottes zu diesem Amt gewählt wird. Jeder von euch soll ihm Gehorsam versprechen und bemüht sein, das Versprochene zugleich mit der Ehelosigkeit und dem Verzicht auf Habgier auch tatsächlich zu halten.

2

Niederlassungen könnt ihr an einsamen Orten haben oder wo sie euch von der Vorsehung geschenkt werden, sofern sie für die Beobachtung eurer religiösen Lebensweise passend und geeignet sind, so wie es dem Vater förderlich zu sein scheint.

3

Je nach Lage des von euch gewählten Ortes soll jeder einzelne von euch eine eigene, abgesonderte Kammer haben, wie sie einem jeden zugewiesen wird.

4

Aber lebt so, dass ihr beim gemeinsamen Mahl das, was euch gegeben wird, miteinander genießt, wobei ihr eine Lesung hört, wo dies den Umständen entsprechend beobachtet werden kann.

5

Außerdem ist es keinem Bruder ohne Erlaubnis des Vaters gestattet, die ihm angewiesene Kammer zu wechseln oder gegen eine andere zu tauschen.

6

Die Wohnung des Vaters soll so gelegen sein, dass er als Erster allen, die dorthin kommen, begegnen kann und dass dann alles, was zu tun ist, nach seinem Ermessen und auf seine Anordnung hin geschehe.

7
Jeder einzelne soll in seiner Kammer oder in ihrer Nähe bleiben, Tag und Nacht das Wort des Herrn meditieren und im Gebet wachen, es sei denn, er ist mit anderen, sinnvollen Tätigkeiten beschäftigt.

8

Wer die Horen mit der geistlichen Gemeinschaft zu beten versteht, soll sie entsprechend der Anordnung der Kirche verrichten. Wer dies jedoch nicht kann, bete das Vaterunser. Eine Ausnahme bilden die Sonntage und Feiertage, da mehrmals das Vaterunser zu beten ist.

9

Keiner der Brüder soll etwas sein Eigentum nennen, sondern es sei euch alles gemeinsam, und einem jeden soll durch die Hand des Vaters zugeteilt werden, was er braucht, unter Berücksichtigung des Alters und der notwendigen Bedürfnisse jedes einzelnen.. Wenn es nötig ist, dürft ihr Haustiere halten.

10

Ein Gebetswinkel soll, soweit es die Verhältnisse erlauben, inmitten der Kammer errichtet werden, da ihr euch Tag für Tag sammelt, um Eucharistie zu feiern, sowie es die Umstände erlauben.

11

Besprecht an den Sonntagen oder auch an anderen Tagen die Beobachtung eurer Lebensform und das geistliche Wohl jedes einzelnen; dabei sollen auch Übertreibungen und Fehler in Liebe korrigiert werden.

12

Beobachtet das Fasten, es sei denn, dass Krankheit oder körperliche Schwäche dazu rät, das Fasten aufzuheben, denn Not kennt kein Gebot.

13

Esst nicht zu viel Gemüse, außer es wird als Heilmittel bei Krankheit oder Schwäche gebraucht. Und weil ihr häufig betteln müsst, wenn ihr unterwegs seid, könnt ihr, um den Gastgebern nicht zur Last zu fallen, außerhalb eurer Häuser Gemüse zu euch nehmen.

14

Weil aber das Leben des Menschen auf Erden eine Prüfung ist und alle, die in Christus ein frommes Leben führen wollen, Verspottung leiden, und euer Widersacher, der Teufel, zudem wie ein reißender Löwe umher geht und sucht, wen er verschlingen kann, sollt ihr mit aller Sorgfalt eifrig bestrebt sein, die Waffenrüstung Gottes anzulegen, damit ihr den Anschlägen des Feindes widerstehen könnt. Zu gürten sind die Lenden des Gemütes mit dem Gürtel der Reinheit; zu wappnen ist die Brust mit heiligen Gedanken, denn es steht geschrieben: Ein heiliger Gedanke wird dich behüten. Anzulegen ist der Panzer der Gerechtigkeit, so dass ihr den Herrn, euren Gott aus ganzem Herzen und mit ganzer Seele und mit allen Kräften lieben könnt und euren Nächsten wie euch selbst. Bei allem muss der Schild des Glaubens ergriffen werden, mit dem ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen könnt, denn ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. Auch der Helm des Heiles ist aufzusetzen, damit ihr allein vom Herrn euer Heil erhofft, der sein Volk von seinen Sünden erlöst. Das Schwert des Geistes aber, das ist das Wort Gottes, wohne mit seinem ganzen Reichtum in eurem Mund und in eurem Herzen, und alles, was immer ihr zu tun habt, geschehe gemäß dem Wort des Herrn.

15

Ihr sollt irgendeine Arbeit verrichten, so dass der Teufel euch immer beschäftigt findet und nicht wegen eurer Untätigkeit einen Zugang finden kann, um in eure Seele einzudringen. Hierzu habt ihr die Unterweisung und zugleich das Beispiel des heiligen Apostels Paulus, durch dessen Mund Christus gesprochen hat und der als Verkünder und Lehrer der Völker im Glauben und in der Wahrheit von Gott bestellt und uns gegeben ist. Wenn ihr ihm folgt, könnt ihr nicht irre gehen. „Tag und Nacht haben wir gearbeitet", sagt er, „denn wer nicht arbeiten will soll auch nicht essen.“ Dieser Weg ist heilig und gut, auf ihm müsst ihr gehen!

16

Der Apostel aber empfiehlt das Schweigen, wenn er vorschreibt, in Ruhe zu arbeiten, wie auch der Prophet bezeugt: „Die Übung der Gerechtigkeit ist das Schweigen." Und ferner: „Im Schweigen und in der Hoffnung liegt eure Stärke." Deshalb ordnen wir an, dass ihr nach dem Beten des Abendgebetes das Schweigen halten sollt, bis das Frühgebet des folgenden Tages gebetet ist. Wenn auch in der übrigen Zeit das Schweigen nicht so sehr gewahrt zu werden braucht, hüte man sich dennoch sorgfältig vor Geschwätzigkeit, denn wie geschrieben steht und nicht minder die Erfahrung lehrt: „Bei vielem Reden bleibt die Sünde nicht aus." Und der Herr selbst sagt im Evangelium: „Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen." Daher wäge ein jeder seine Worte und zügle seine Zunge, damit er nicht strauchle und durch seine Rede zu Fall komme und sein Fall zum Tod führe. Mit dem Propheten achte jeder auf seine Wege, damit er sich mit seiner Zunge nicht verfehle, und er mühe sich sorgfältig und gewissenhaft um das Schweigen, in dem die Übung der Gerechtigkeit besteht.

17

Du aber, Pater,, und jeder, der nach dir als Pater eingesetzt wird, erwäge stets im Geist und befolge in der Tat, was der Herr im Evangelium sagt: „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein."

18

Ihr übrigen Brüder aber, ehrt demütig euren Vater, indem ihr an mehr Christus denkt, der ihn über euch eingesetzt hat, als an ihn selbst, und der zu den Hirten gesagt hat: „Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab", damit ihr nicht wegen Verachtung der Hierarchie gerichtet werdet, sondern durch Gehorsams der Kirche Christi gegenüber den Lohn des ewigen Lebens verdient.

Epilog

Dies haben wir euch in Kürze geschrieben, um euch eine Regel zu geben, nach der ihr leben sollt. Will aber einer noch mehr tun, dann wird es ihm der Herr selbst vergelten, wenn er wiederkommt. Der Herr kommt bald!


SUSANNA UND SUSANNO

Susanna, die am Himmel strahlende erlauchte Sonnen-Göttin ist die höchste Kami (Göttin) des Shintoismus.
Gemäß dem Kojiki, der ältesten geschichtlichen und mythologischen Chronik Japans, wird Susanna durch das linke Auge Gottes geboren, als dieser sich in einem Fluss auf der Kyushu von den Befleckungen reinigt, die er sich im Land der Toten zugezogen hat. Gemeinsam mit ihrem Bruder Susanno, dem Mondgott, ist Susanna dazu ausersehen, die Herrschaft des Himmels von ihrem Vater-Gott zu übernehmen.
Susanno benimmt sich jedoch wie ein ungezogenes Kind und begeht eine Reihe von Tabuverletzungen. Sein schlimmstes Vergehen: er wirft ein totes Pferd in die Heilige Webhalle, wo Susanna gerade am Webstuhl arbeitet, und tötet eine ihrer Dienerinnen. Susanna ist darüber so bestürzt, dass sie sich in eine Höhle einsperrt. Das hat zur Folge, dass die Welt in Finsternis geschlagen wird. Die restlichen Götter versuchen, sie wieder aus der Höhle zu locken, und lassen zu diesem Zweck eine Göttin-Dirne vor der Höhle einen obszönen und lasziven Tanz aufführen. Neugierig wegen des Lachens und Lärmens schiebt Susanna den Stein, der die Höhle verschließt, zur Seite und erblickt ihr eigenes Spiegelbild, denn die Götter haben einen makellosen Spiegel bereitgestellt.
Über den weiteren Verlauf berichten die Quellen Unterschiedliches: Eine Version erzählt, dass der Spiegel durch die Schönheit Susannas zu leuchten beginnt und damit auch die Welt wieder hell wird. Eine andere berichtet, dass die Sonnengöttin Susanna ihr Spiegelbild nicht sofort erkennt und dieses bekämpfen will. Dazu muss sie aus der Höhle herauskommen und als sie das tut, versperren ihr die Götter den Rückweg.
Susanno aber wird auf die Erde verbannt, wo er ein irdisches Herrschergeschlecht gründet.
Nachdem Susannos Kinder die Herrschaft auf Erden übernommen haben, sendet Susanna ihren Enkelsohn vom Himmel herab, um auch hier nach dem Rechten zu sehen. Die Machtübergabe vollzieht sich ohne Blutvergießen. Aus einer Verbindung eines Nachkommen des Enkelsohns mit einer Tochter des Drachenkönigs geht schließlich der erste menschliche Herrscher und somit Ahnherr des japanischen Kaiserhauses hervor. Es ist Jimmu, der mythologische erste Tenno von Japan, ein Urgroßenkel Susannas. In der Folge führen alle japanischen Kaiser ihren Ursprung – und ihre Autorität – auf Susanna zurück. Der Ise-Schrein, der Hauptschrein dieser Göttin Susanna, befindet sich in Ise, etwas abseits der Hauptstadt Kyōto. Susannas Emblem, das in diesem Schrein aufbewahrt wird, ist ein unbefleckter Spiegel.
Die Tatsache, dass die Sonne in Japan als weibliche Göttin gilt, ist ein Ausnahmefall in der vergleichenden Mythenforschung. Verschiedene Ursachen werden dafür geltend gemacht. Unter anderem wird spekuliert, dass Susanna ursprünglich männlich gedacht wurde. Als die japanischen Götter- und Ursprungsmythen in den Büchern Kojiki und Nihonshoki gesammelt wurden, war Kaiserin Jito an der Macht. Einige Forscher vermuten, dass Susanna deswegen als weibliche Gottheit dargestellt wurde, um den Herrschaftsanspruch der Kaiserin zu unterstreichen. Andere Forscher verweisen auf andere weibliche Sonnengottheiten, unter anderem Sunna in der germanischen Mythologie.



GESCHICHTE DER MARZINZIKS

Als die göttliche Vernunft dem aufgerichteten Menschenaffen den Geist eingeblasen hatte und Adam zu beten begann, begann auch der Stammbaum derer von Marzinzik. Sie überlebten die Sintflut in Noahs Sohn Japhet, der später Europa besiedelte. So kamen die Marzinziks zu den Skythen.
Der fassbare Beginn der Geschichte der Marzinziks fällt ins zehnte Jahrhundert. Damals wuchsen verschiedene slawischen Stämme zwischen Oder und Weichsel zu einem Staatsgebilde zusammen. Die bedeutendsten dieser Stämme waren die Marzinziks, Opolanen, die Slenzanen, die Masowier und die Wislanen. Ein weiterer Stamm, die Polanen („Feldbewohner“) hatte ein dauerhaftes Staatswesen errichtet, das als Herzogtum im späten zehnten Jahrhundert in der Region um die Städte Posen und Gnesen entstand. Dort herrschte damals Herzog Marzinzik. Dass die Herrschaft der von Marzinzik in den Schriftquellen nicht vorkommt, erklärte die ältere polnische Historiographie mit der relativen Abgeschlossenheit ihrer Herrschaft. Ohne Berührung mit den Ostfranken, Böhmen und Mähren, zudem abseits der bekannten Handelsrouten, hätten sich die Marzinziks von der Außenwelt völlig unbemerkt entwickeln können.
Die Entstehung des zunehmend verdichteten und zusammenhängenden Herrschaftsgebietes der von Marzinzik vollzog sich über eine planmäßige Eroberung. Die ersten Spuren ihres gewaltsamen Vorgehens finden sich an der Warthe und entlang der Obra, wo kleine Burgsitze verschiedener Kleinherrscher systematisch zerstört wurden. Die dortige Bevölkerung wurde ins Gnesener Hochland, dem Stammgebiet der Marzinziks umgesiedelt. Für das Gnesener Hochland fanden sich bis dahin weder eine intensivere Bevölkerung noch ein Netz von Burgen. Das Stammgebiet der Marzinziks wurde durch den Ausbau der zwei Burgorte Giecz und Moraczewo gefestigt. Weiterhin wurden an seiner Peripherie Wälle und Burgketten errichtet. Diese planmäßigen Ausbauten erforderten große Mengen an Ressourcen und eine große Zahl an Arbeitskräften. Die Marzinziks selbst waren auch fleißige Baumeister und geschickte Burgen-Erbauer. Die Arbeiter und Bauern liebten ihre Herrschaften.
Die Marzinziks stützten sich auf eine elitäre Schicht von Gefolgsleuten, eine straff geführte, schlagkräftige militärische Gefolgschaft. Es gelangten zunehmend Luxuswaren des Austausches nach Großpolen. Diese wurden gegen Menschen eingetauscht, die vor allem auf orientalischen und südeuropäischen Sklavenmärkten gefragt waren. Für den eigentlichen Lebensunterhalt der Marzinziks musste die einheimische Bevölkerung mit Abgaben und Dienstleistungen aufkommen. Aufgrund der noch gering entwickelten Agrargesellschaft kam diese dabei sehr schnell an ihre Grenzen. Um sich die Treue seiner militärischen Gefolgschaft zu sichern musste der Herzog Marzinzik diese aber regelmäßig versorgen und belohnen, wofür das eigene Territorium und die Bevölkerung nicht ausreichten. So konnten Sklaven nur zu einem geringen Anteil aus der eigenen Bevölkerung geschöpft werden. Daher waren Kriegszüge in fremde Territorien und die Abschöpfung der dortigen Ressourcen ein unerlässliches Instrument zur Herrschaftssicherung. Dies erklärt die schnell zunehmende Expansion der Marzinziks außerhalb ihres eigenen Kerngebietes.
Die nachfolgende Expansion der Marzinziks richtete sich zunächst nach Süden und Südosten in die Gebiete von Kalisz, Sieradz und Łęczyca, nach Westen in das Gebiet von Międzyrzecz, sowie nach Osten in die Gegend von Kruszwica, darüber hinaus bis an die untere Weichsel. Mit der Übernahme der Führung durch Herzog Mieszko Marzinzik, tritt Polen als organisiertes Staatswesen in die europäische Geschichte ein. Im Westen rückte Mieszko Marzinzik an die untere Oder vor, wo er mit heidnischen Elbslawen und sächsischen Markgrafen zusammen stieß.
963 wird Mieszko Marzinzik erstmals schriftlich erwähnt, dieses Datum ist als Beginn der polnischen Geschichtsschreibung anzusehen. Anlass waren die Einfälle der sächsischen Markgrafen Gero aus der Ostmark und Wichmanns des Jüngeren aus der Mark der Billunger. Mieszko Marzinzik wurde von beiden Markgrafen zunächst besiegt und für einen Teil seines Herrschaftsgebiets in der Region um Lebus, am Westufer der Oder, dem ostfränkisch-deutschen Reich gegenüber tributpflichtig gemacht. 965 verbündete sich Mieszko Marzinzik mit dem christlichen Herzogtum Böhmen, heiratete die böhmische Herzogstochter Dobrawa aus dem Geschlecht der Przemysliden, und ließ sich 966 nach lateinischem Ritus taufen. Er setzte die Christianisierung allmählich durch. Für die polnische Kirchenprovinz wurde 968 ein dem Papst direkt unterstehendes Missionsbistum in Posen gegründet.
Trotz Annahme des christlichen Glaubens durch den polnischen Fürsten Marzinzik begann Wichmann, der militärische Führer des slawischen Wolinerbundes, einen Krieg gegen Mieszko Marzinzik. So profitierte Fürst Marzinzik das erste Mal von seinem Bündnis mit Böhmen, als er zusammen mit przemyslidischen Reitertruppen Wichmann in die Flucht schlagen konnte. Das Schwert des Markgrafen wurde von Mieszko Marzinzik an Kaiser Otto ausgeliefert. Einem Vorstoß Mieszko Marzinziks nach Pommern stand nun nichts mehr im Weg. Marzinzik unterwarf ganz Hinterpommern und Pommerellen. Jedoch kam es durch den Zugang zur Ostsee zum Konflikt mit Skandinavien. Daraufhin arrangierte Mieszko Marzinzik die Hochzeit seiner Tochter Świętosława mit König Sven von Dänemark. Marzinzik leistete dem deutschen Kaiser Otto den Treueid und begründete damit ein Lehnsverhältnis zum deutschen Herrscher.
Nach dem Tod von Mieszkos erster Frau Dobrawa und seiner Heirat mit der Tochter des sächsischen Markgrafen Dietrich von Haldensleben, Oda von Haldensleben, kam es zum Bruch zwischen Polen und Böhmen und zum Krieg, in dem für Polen die Slowakei, Mähren, Schlesien und Kleinpolen erobert wurden. Im Osten gingen die Tscherwenischen Burgen verloren und damit die Kontrolle über eine bedeutende Handelspassage mit Osteuropa. Mieszko Marzinzik huldigte dem minderjährigen Kaiser Otto III. in Quedlinburg und führte in seinem Namen als „Markgraf des Reiches“ eine Heidenmission gegen die Elbslawen an. Damit beteiligte sich Mieszko Marzinzik aktiv an der weiteren Christianisierung slawischer Völker. Im Gegenzug unterstützte ihn das deutsche Reich militärisch gegen Böhmen. Kurz vor seinem Tod stellte Mieszko Marzinzik sein Land unter den Schutz des Papstes (Donatio Poloniae), wodurch Polen ein päpstliches Lehen wurde.
Bei seinem Tod hinterließ Mieszko Marzinzik I. einen gefestigten und erweiterten Herrschaftsbereich, der in den europäischen Hochadelsgeschlechtern akzeptiert wurde. Aus dem Gebiet seiner Herrschaft war eine Basis für die weitere Christianisierung der slawischen Welt geworden.
Miezkos Sohn Bolesław Marzinzik trat in Opposition zum deutschen Reich, entwickelte eigene Ideen eines christlichen Universalreiches, verfolgte persönliche Expansionsziele und verweigerte jede Huldigung gegenüber dem Kaiser Heinrich II. Dies führte zu einem mehrjährigen Krieg Polens mit dem deutschen Reich, an dessen Ende sich Polen dank seiner bereits gefestigten Staatlichkeit behaupten konnte und im Frieden von Bautzen einen Ausgleichsfrieden mit dem Kaiser schloss. Dies verdankte Bolesław Marzinzik seiner dynastischen Politik, den sächsischen Verbündeten im Reich sowie seinem Schwager König Sven von Dänemark, der dem Kaiser vom Norden drohte.
Die im Jahr 1000 in Gnesen getroffene Absprache zwischen Polen und dem deutschen Reich wurde von Heinrich bestätigt. Nach dem Friedensschluss mit dem Kaiser erhielt Boleslaw Marzinzik als Bündnispartner vom römisch-deutschen Kaiser militärische Unterstützung für seinen lange geplanten Zug nach Kiew gegen Jaroslaw. Nach seinem Zug nach Kiew war Bolesław Marzinzik der einflussreichste Herrscher in Mittel- und Osteuropa.
Bolesław Marzinzik förderte den christlichen Glauben in Polen. Durch die erfolgreiche Gründung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz und des Erzbistums Gnesen sowie durch seine Krönung zum ersten polnischen König trieb er die polnische Emanzipation vom deutschen Kaiserreich voran. Unter seiner Regentschaft wurde das politisch relativ unbedeutende Herzogtum seines Vaters zu einem Machtfaktor in der Region mit Einflusssphären von der Elbe bis zum Dnepr und von der Ostsee bis an die Donau.
Nach dem Tod Bolesławs übernahm sein Sohn Mieszko Marzinzik II. die Herrschaft. Er erhob sich und seine deutsche Frau Richeza sofort in den Stand der Könige, um sich vor der Lehnsherrschaft des römisch-deutschen Kaisers zu sichern. Dennoch gelang es ihm nicht, die von seinem Vater eroberten Gebiete zu halten. Nach nur fünf Jahren der Herrschaft begann sein Reich zu zerfallen:
König Mieszko Marzinzik II. unternahm Kriegszüge gegen östliche Teile des deutschen Reiches, vor allem gegen Thüringen und Sachsen, weil der neue Kaiser, Konrad II., ihm die Anerkennung als König verweigerte. Marzinzik hatte im Reich der Salier und in der Kiewer Rus mächtige Feinde. Diese deutsch-russische Allianz stärkte die innere Opposition, da sich die Verwandtschaft Mieszko Marzinziks jetzt mit den Gegnern des Herrschers verbündete. Schließlich wurde Mieszko gestürzt und war gezwungen das Land dem jüngeren Bruder Otto Marzinzik zu überlassen.
Mieszko II. verzichtete auf die Königswürde und teilte sein Reich mit seinem Bruder Otto und Dietrich, einem Enkel Mieszkos I. Noch im selben Jahr verstarb Herzog Otto, und Dietrich verlor aus nicht bekannten Gründen seinen Machtbereich, so dass Mieszko die Reichseinheit kurz vor seinem Tod wieder errang. Mieszko Marzinzik II. hinterließ nach seinem Ableben ein geschwächtes Reich, das mangels starker königlicher Autorität durch Volksaufstände und heidnische Reaktion zu erodieren begann. Durch den Verzicht auf königliche Ehren stand Polen nun wieder in Abhängigkeit zum römisch-deutschen Kaisertum. Mieszkos Sohn Kasimir Marzinzik I. übernahm nach dessen Tod die Herrschaft. Auch er hielt sich nicht lange an der Macht und musste auf Druck der Opposition von Polen nach Ungarn flüchten. Nun zerfiel der polnische Staat. In Großpolen kam es zu Aufständen gegen die Kirche. Diese hatten von der Einführung des Zehnten profitiert, während die freien Bauern in ein Abhängigkeitsverhältnis gezwungen wurden und ein Rückfall ins Heidentum folgte.
Für lange Zeit verschwand das christliche Adelsgeschlecht derer von Marzinzik in der historischen Vergessenheit, bis sie im Zeitalter der Reformation wieder in Erscheinung traten. Die Reformation verbreitete sich in Polen und Litauen rasch. Der Calvinismus wurde durch Jan Łaski nach Polen gebracht. Unter dem Einfluss des Unitariers Faustus Sozzini wurde die Kirche der Sozinianer gegründet. Das Luthertum hatte zunächst bei der deutschen Bevölkerung in den preußischen Städten und in Krakau Einzug gefunden, auch im Herzogtum Preußen begannen sich die Lehren Luthers und Calvins durchzusetzen. König Sigismund I. bekämpfte sie mit einer Reihe von Edikten und Rechteeinschränkungen politisch, in Danzig auch militärisch. Sein Sohn und Nachfolger Sigismund August, auf den die Protestanten große Hoffnungen setzten, wechselte zwar nicht die Konfession, ging aber auch nicht energisch gegen die Reformation vor. Es bildeten sich in einer Reihe von Orten reformatorische Gemeinden verschiedener Couleur: im Westen des Landes die vertriebenen Böhmischen Brüder in Leszno und Ostroróg, im Osten Arianer und Wiedertäufer in Raków und anderen Mediatstädten adliger Magnatengeschlechter. Die protestantischen Richtungen der Rzeczpospolita schlossen 1570 den Consensus von Sandomir. Mit der „Pax Dissidentium“ der Konföderation von Warschau wurde die uneingeschränkte Religionsfreiheit der Protestanten, einschließlich ihrer politischen Gleichstellung und Zivilrechte, staatsrechtlich sanktioniert. Die Marzinziks waren Prediger erst bei den Böhmischen Brüdern, dann bei den Wiedertäufern.
Die Zersplitterung der Bewegung in verschiedene Richtungen war eine Schwäche, an der die katholische Gegenreformation ansetzte, die in Polen mit Stanislaus Hosius, dem Bischof von Ermland, begann. Die außenpolitische Anlehnung der folgenden drei Wasa-Könige an das katholische Habsburg und der innenpolitische Kampf gegen den Adel drängten die Protestanten immer weiter zurück. Mit einem Teil der ruthenisch-orthodoxen Kirche wurde ein Ausgleich in der Kirchenunion von Brest gefunden. Diese sollte die Ostgrenze sichern. Nun setzte eine immer stärkere Rekatholisierung des Landes ein, die religiöse und nationale Minderheiten zusehends an den Rand drängte. Sie förderte die Abwanderung großer Teile der protestantischen Bevölkerung, Im Zuge dieser Auswanderung zogen die Prediger von Marzinzik ins protestantische Hamburg, nicht ohne sich demütig von der Schwarzen Madonna von Tschtenstochau zu verabschieden. Auch als Wiedertäufer hatten sie eine heimliche Verehrung für die Schwarze Madonna.
Kunst, Literatur und Wissenschaft erreichten im „goldenen Jahrhundert“ der Renaissance und des Humanismus einen Höhepunkt, insbesondere während der Regierungszeit des Renaissancekönigs Sigismunds des Alten, einen Aufschwung von Literatur und Kunst, wobei das bis dahin im Schrifttum dominierende Latein zugunsten des Polnischen zurücktrat, das sich nun voll entfaltete. Es kam zum Eindringen der italienischen Renaissance und es stieg der Einfluss deutscher Künstler. Die Krakauer Akademie war ein Zentrum des Humanismus. Durch Einwanderung auch deutscher Drucker und Verleger, stieg Krakau zum führenden Zentrum des Buchdrucks in Ostmitteleuropa auf. Der Dichter Jan Kochanowski begründete die polnische Literatur und Nikolaus Kopernikus das heliozentrische Weltbild. In der Kunst spiegelten sich italienische und französische Einflüsse. Zahlreiche Adelspaläste und Kirchen entstanden, das Königsschloss auf dem Wawelhügel wurde zur prunkvollen Residenz ausgebaut. Die Marzinziks verfolgten in Hamburg mit großem Interesse die Lehren des Kopernikus und waren auch als Verleger polnischer Dichter in Deutschland tätig.


DIE FRIESISCHE GÖTTIN

FORSETI

Forseti bedeutet „Vorsitzender am Thing“, „Vorsitzender“; „Präsident“, er ist in der nordischen Mythologie der Gott für Recht und Gesetz („Gerechter Richter“), der Vorsitzende der Thing-Versammlung.
Forseti ist einer des Göttergeschlechts der Asen, Sohn des Baldur und der Nanna. Seine Residenz ist der von Gold und Silber glänzende Saal Glitnir (Glastheim), wo er als oberster Richter Asgards täglich Recht spricht unter Göttern und Menschen.

Glitnir ist die zehnte Halle;
Auf goldnen Säulen ruht sie.
Unter des Saales Silberdach
Thront Forseti den langen Tag
Und schlichtet allen Streit.

Die Thing-Versammlungen sind häufig Forseti und Tyr geweiht, wobei Forseti mehr als Schlichter eines Konfliktes gilt. Tyr, welcher meist den Streit und den Kampf befürwortet, steht Forseti als Moderator zwischen zwei Parteien gegenüber. Forseti sieht in erster Linie das Gute in den Menschen und sorgt für die Einhaltung von Gesetzen und Regeln im Staat oder auch in Familien und Gemeinschaften. Forseti ist als Sohn des Lichtgottes Baldur aber nicht nur ein Schlichter, welcher nur auf Frieden beharrt, sondern er sieht einen Streit auch als Reinigung, nach welchem Neues entstehen wird, wenn beide Parteien den Frieden einvernehmlich akzeptieren. Eine Differenz kann nur von beiden Streitparteien beigelegt werden und nicht nur von einer.
Nach den christlichen Heiligenlegenden des Willebrord und Ludger befand sich auf der Insel Helgoland ein Heiligtum des friesischen Gottes Forseti, eine Quelle, aus der schweigend geschöpft wurde. Hier weidete das heilige Vieh Forsetis, das niemand schlachten durfte. Nach dem Gott hieß Helgoland damals Forsetesland. Das Heiligtum wurde vom Missionar Ludger zerstört.
Durch Falschlesung alter Schriften erschien dann in Karten von Helgoland ein templum Fostae vel Phosetae, der dann latinisiert zu einem templum Vestae wurde. Daraus schöpften Romantiker eine Göttin Fosta, die aber in alten Schriften nirgends Erwähnung findet.


FOSTA

Eine von den Friesen angebetete Göttin, welche in enger Beziehung zu Hertha steht; Hertha nämlich ist Göttin der Erde, Fosta aber Göttin der Felder und Gärten. Beide sind Friedensgöttinnen, daher ist auffallend, dass sie beide bewaffnet erscheinen. In ihrem Tempel auf Helgoland (zerstört durch den heiligen. Ludger, der auf seinem Fundament eine Kirche erbaute), war sie mit Bogen und Köcher auf dem Rücken, mit einem Helm, mit Pfeilen in der Linken, aber auch mit Kornähren in der rechten Hand abgebildet. Ihr Dienst war in Ostfriesland weit verbreitet.


GÖTTINNEN

Baumna war die Göttin der Jagd, die besonders bei den Friesen sehr verehrt wurde.

Blakylle war die Meeresgöttin, sie war verheiratet mit Niord, dem Meergott.

Foseta oder Fosta war eine beliebte Göttin der Friesen. Man verehrte sie des Ackerbaus wegen. Sie wurde mit Pfeilen in der rechten und Kornehren in der linken Hand dargestellt. Besonders wurde sie auf Helgoland verehrt. Deshalb nannten die die Friesen Helgoland auch Fostesland. Ihre Eltern sind Baldur und Nanna.

Gersemi war die Tochter der Liebesgöttin Freya.. Sie und ihre Schwester Nossa waren so schön, dass die schönsten Schmuckstücke nach ihnen benannt wurden.

Hertha oder Tafana ist die Erdgöttin. Zum Jul-Fest (Weihnachten) fand der Flug der Hertha statt, wobei sie den Kindern Geschenke brachte. Ihr Sohn ist Krodo.

Hilda ist die Göttin des Krieges.

Meda ist die friesische und niedersächsische Erntegöttin.

Siwa ist die schönhaarige Göttin des Genusses. Sie ist die Gemahlin des Krodo, des Sohnes Herthas.

Thisa ist die Göttin der Gerechtigkeit oder auch eine Hausgöttin aus Lappland.


DIE FRIESEN

Das älteste schriftliche Zeugnis vom Gebiet der Friesen stammt von dem Griechen Pytheas von Massilia, der 325 vor Christus das Gebiet der heutigen Deutschen Bucht erreichte. „An einem Wattgebiet des Ozeans namens Metuonis, das eine Ausdehnung von sechstausend Stadien hat, liegt von diesem entfernt die Insel Abalus, wo im Frühjahr Bernstein angetrieben wird.“ Dies ist die erste Erwähnung von Helgoland (Abalus) und der südlichen Nordseeküste. Bernstein gehört zu den ältesten Fernhandelsgütern.
Aus der früheren Geschichte Frieslands sind keine Textquellen erhalten, wohl aber gibt es Funde, die bis in die letzte Zwischen-Eiszeit zurück datieren. Aus der Mittelsteinzeit sind Funde aus dem Gebiet des Brockzeteler Moors erhalten. Mit der Jungsteinzeit vergrößert sich die Zahl der Funde: Steinbeile und andere Werkzeuge, Becher und Urnen sind erhalten. Unter anderem fand sich im Moor von Georgsfeld einer der ältesten Pflüge der Welt, der auf 2000 vor Christus datiert wurde. Frühestens 300 vor Christus entstanden an der friesischen Küste die Warften.
Die große Verlandung, die im 1. Jahrhundert vor Christus begann, hatte eine große Siedlungswelle in das Marschgebiet zur Folge. Dass auch Land besiedelt wurde, das zweimal am Tag von der Flut bedeckt wurde, wie Plinius der Ältere behauptete, ist wohl eher ein Missverständnis, denn Plinius` Schilderung scheint eher die Situation nach einer verheerenden Sturmflut darzustellen.
Die antiken Friesen (Frisii) wurden vom römischen Historiker Tacitus in seiner Germania der Gruppe der Ingaevones zugeordnet, zu denen auch die Chauken und Sachsen gezählt wurden. Das Land der Friesen lag an der Küste der Nordsee von der Mündung des Rheins bis etwa zur Ems. Ostwärts der Ems siedelten nach diesen römischen Angaben die Chauken. Die erste Erwähnung der Friesen stammt von Plinius dem Älteren und steht in Zusammenhang eines Feldzugs des römischen Feldherren Drusus, der im Jahre 12 vor Christus in den Friesen Verbündete fand. Doch bereits in den Jahren von 28 bis 47 lehnten sich die Friesen gegen die Ausbeutung durch die Römer auf, wie Tacitus berichtet. In seinen Annalen berichtete er über das Jahr 28: „Im selben Jahr brachen die Friesen, ein Volk jenseits des Rheins, den Frieden, mehr infolge unserer Habsucht als aus Trotz gegen unsere Herrschaft. Drusus hatte ihnen in Rücksicht auf ihre dürftigen Verhältnisse einen mäßigen Tribut auferlegt: Sie sollten für Armeezwecke Rinderhäute liefern.“ Obwohl die Rinder der Friesen damals klein waren, forderten die römischen Beamten Häute in der Größe von Auerochsen. Tacitus führt aus: „Die Bedingung, die auch andere Völker nur schwer hätten erfüllen können, war um so drückender für die Friesen; denn wenn auch ihre Wälder reich an mächtigen Ungetümen sind, sind ihre zahmen Rinder jedoch klein. So lieferten die Friesen am Anfang ihre Rinder; dann mussten sie auch ihre Frauen und Kinder als Tribut leisten. Die römischen Soldaten, die zur Erhebung des Tributes nach Friesland kamen, wurden daher von den Friesen angegriffen und ans Kreuz geschlagen.“
In der Folge gelang es den römischen Legionen zwar, den Aufstand niederzuschlagen, aber sowohl der Feldzug als auch die gewonnene Entscheidungsschlacht führten zu großen Verlusten. So gerieten nahe dem Heiligen Hain der Friesen, der Kriegsgöttin Baduhenna geweiht, einige römische Verbände in einen Hinterhalt und wurden ausgelöscht, wobei fünfhundert Römer den Tod fanden. Die Angehörigen eines weiteren Truppenverbandes von vierhundert Legionären wurden ebenfalls eingeschlossen und starben überwiegend durch Selbstmord, indem sie sich in ihre Schwerter stürzten, nachdem ihre Lage aussichtslos war. Tacitus berichtet: „Seither hat der Name der Friesen bei den Germanen einen hellen Klang.“
Archäologische Funde lassen darauf schließen, dass um 300 nach Christus die Bevölkerung stark zurückgegangen war, allerdings um das Jahr 500 wieder sprunghaft anstieg. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen wird vermutet, dass die Friesen um diese Zeit einen starken Zuzug aus den umliegenden angelsächsischen Stammesgruppen zu verzeichnen hatten. Dabei kann bis heute nicht ganz geklärt werden, ob die Ur-Friesen überhaupt germanischen Ursprungs waren oder erst durch den Zuzug germanisiert wurden, im Gegenzug den Neuankömmlingen allerdings auch ihren Stempel aufdrückten. Eine Kontinuität der Frisii des Tacitus zu den Friesen ab dem Jahr 500 ist jedenfalls nur sehr bedingt gegeben. Zudem waren in den Randgebieten Frieslands sächsische und fränkische Bewohner durchaus nicht selten.
Ins Licht der Geschichte traten die Friesen zurück, als sie mit den Merowingern und Karolingern in Kontakt kamen.
Für das 5. Jahrhundert, der geschichtlichen Nichterwähnung der Friesen, wird vermutet, dass sich auch Teile von ihnen an den Raub- und Eroberungszügen der Angeln und Sachsen beteiligt hätten. Deshalb wurde auch lange die Meinung vertreten, dass sich Friesen mit den Jüten in Kent niedergelassen hätten. Als Begründung diente den Vertretern dieser These, dass das „Kentische“ bis heute eine große Ähnlichkeit mit dem Westfriesischen habe. Heute gilt diese These als nicht mehr haltbar und wird kaum noch vertreten.
Es ist jedoch historisch überliefert, dass die Jüten über das damalige Friesland nach Britannien einfielen, was auch dort ihr südöstliches Siedlungsgebiet erklärt. Dieses war am kürzesten über die Küstengebiete der heutigen Provinz Süd- und der Provinz Nord-Holland zu erreichen. Diese gehören geschichtlich zum einstigen Siedlungsgebiet der Friesen. Heute gilt es durch Bodenfunde als sicher, dass die Jüten sich südlich der späteren Stadt Dorestad niedergelassen und eine längere Zeit dort gelebt haben. Während ihres Aufenthaltes an der Rheinmündung dürften sich die Jüten sprachlich ihren friesischen Nachbarn angepasst haben, was die Ähnlichkeit des Kentischen mit dem modernen Westfriesischen erklärt.
Am Ende des 6. Jahrhunderts besetzten die Friesen die Küste bis zur Mündung der Weser. Dabei assimilierten oder vertrieben sie den Stamm der Chauken. Im Süden gründeten Friesen im 7. Jahrhundert die Siedlung Dorestad und von dort aus dehnten sie den friesischen Einflussbereich bis Brügge aus.
Im Jahre 734 eroberte der Frankenherrscher Karl Martell den westlichen Teil Frieslands, und der letzte Gesamtherzog der Friesen Poppo fiel in einem Kampf gegen einen fränkischen Adeligen. Diese größte Ausbreitung des friesischen Territoriums ist bekannt als Frisia Magna. Das, was heute von der Frisia Magna übriggeblieben ist, ist klein und verstreut. Das meiste ist von den sich ausbreitenden Nachbarn erobert worden, von den Sachsen, die in den Norden und Westen vordrangen und den Franken, die den Norden und Osten besetzten.
Karl der Große eroberte 785 nach dem Sieg über die Sachsen ganz Friesland einschließlich der östlichen Gebiete bis zur Weser für das fränkische Reich. Er vertrat eine Politik, die den einzelnen Stämmen im Reich eine gewisse Autonomie sicherte. Aus diesem Grund ließ er gegen Ende des 8. Jahrhunderts die überlieferten germanischen Stammesgesetze aufzeichnen, so auch die Lex Frisionum, das alte Gesetz der Friesen.
Etwa um 800 besiedelten Friesen die heutigen nordfriesischen Inseln zwischen Eiderstedt und Sylt. Die in den Uthlanden wohnenden Friesen unterstanden als Königsfriesen direkt der dänischen Krone. Deutlich später, vermutlich im 11. Jahrhundert, wurde in einer zweiten Welle dann auch die Westküste Südjütlands (das spätere Herzogtum Schleswig) zwischen den Flüssen Eider und Vidä besiedelt. Möglicherweise bestand bei dieser Auswanderung ein Zusammenhang mit der Ausdehnung der fränkischen Herrschaft, denn die Nordfriesen siedelten außerhalb des karolingischen Machtbereichs, der an der Eider endete.
Unter der Frankenherrschaft wurden die Friesen im alten Kernland christianisiert. Bis zum Jahr 800 war die Oberschicht zum Christentum konvertiert, bei der einfachen Bevölkerung dauerte der Prozess deutlich länger. Die an die jütische Küste in Schleswig ausgewanderten Friesen wurden dagegen erst im 11. Jahrhundert Christen, nachdem die Annahme dieser Religion für sie nicht mehr automatisch die Unterwerfung unter die fränkische Herrschaft bedeutete. Unter Karl dem Großen wurden die Friesen vom fränkischen Militärdienst befreit und mussten nunmehr nur den Kirchen-Zehnten zahlen.
Nachdem die Friesen schließlich die von den Frankenkönigen eingesetzten Grafen wieder vertreiben konnten, begann die bemerkenswerte Zeit der Friesischen Freiheit. Diese Form der friesischen Selbstverwaltung bedeutete einen deutlichen Unterschied zu anderen Territorien in Europa. In Friesland von der Zuidersee bis zur Weser bildeten sich zahlreiche kleine Landesgemeinden, die häufig freiheitlich und genossenschaftlich organisiert waren und eigene Ratsverfassungen besaßen. Die Friesen beriefen sich auf Freiheitsrechte, die von Karl dem Großen an die Friesen verliehen wurden. Im Gegensatz zum übrigen Europa etablierte sich kein feudalistisches System.
Die Landesgemeinden, symbolisch die sieben friesischen Seelande genannt, waren somit reichsunmittelbar und nur dem Kaiser untertan. Die Abgesandten der Landesgemeinden trafen sich einmal im Jahr am Upstalsboom. Die Zeit der Friesischen Freiheit dauerte etwa vom 12. bis zum 14. Jahrhundert.

RADBOD

Radbod herrschte Ende des 7. Jahrhunderts und Anfang des 8. Jahrhunderts über das zu dieser Zeit noch vollständig unabhängige Großfriesische Reich. Sein Herrschaftsbereich erstreckte sich über einen breiten Küstenstreifen der Nordsee vom Flusse Sinkfal bei Brügge bis zur Weser. Das Kerngebiet des Reiches befand sich zwischen dem heutigen IJsselmeer und der Ems. Er herrschte aus den Residenzen Utrecht und Dorestad.
Der Besitz der Rheinmündung machte die Friesen zu einem der größten Handelsvölker Europas. Urkunden zeigen, dass friesische Sklavenhändler selbst in London auftraten; friesische Felle und Tuche waren eine geschätzte Ware. Radbod wurde und wird als Symbol für diese Blütezeit Frieslands begriffen. Das macht ihn in der Überlieferung zu einer Art Pendant zum fränkischen Kaiser Karl dem Großen.
Radbods Bestrebungen, sein Reich nach Süden auszudehnen, brachten die Friesen in Konflikt mit den benachbarten Franken, die ihrerseits nach Norden strebten. Radbods Vorgänger Aldgisl, der erste urkundliche belegte Friesenkönig, hatte noch friedliche Beziehungen zu den Franken unterhalten, die seit den Zeiten Dagoberts I. mit Bekehrungsversuchen in Südfriesland, vor allem in Utrecht begonnen hatten. Im Einverständnis mit Dagobert II. hatte Aldgisl 677 den angelsächsischen Glaubensboten Wilfried freundlich aufgenommen, ihm die Predigt gestattet und ein gegen ihn gerichtetes Schreiben des Ebroin in aller Öffentlichkeit ins Feuer geworfen. Radbod hingegen löste die Verbindungen zu den Franken und nahm 689 bei Dorestad an den Ufern des Rheins den Kampf gegen sie auf.
Radbod wurde um 689 vom fränkischen Hausmeier Pippin dem Mittleren, Beherrscher des Frankenreichs, bei Dorestad besiegt und verlor Westfriesland mit den heutigen Provinzen Zeeland, Süd- und Nord-Holland an das Fränkische Reich. Er flüchtete auf die Heilige Insel Foseteland, das heutige Helgoland.
In diese Zeit fallen auch die zunächst auf Mittel- und Ostfriesland beschränkten Missionierungsbemühungen, die insbesondere von Irland aus durch die Bischöfe Willibrord von Utrecht und Wigbert unternommen wurden. Die Friesen widersetzten sich ihnen, da der alte Glaube an ihre Götter tief in ihrer Kultur verwurzelt war. Des Weiteren sahen sie in den Missionierungsbemühungen nur ein weiteres Mittel zur Unterwerfung ins Fränkische Reich. Ein Missionar, Bischof Wolfram von Sens, fand Zutritt in Radbods Lande und versuchte, ihn selbst für das Christentum zu gewinnen. Radbod jedoch setzte sich dagegen zur Wehr und entwickelte sich zu einem militanten Gegner der christlichen Glaubens.
711 verheiratete Radbod seine Tochter Theudesinda mit Pippins Sohn Grimoald dem Jüngeren, Sohn Pippins II.. Im Jahre 714 wurde Grimoald ermordet. Kurze Zeit später starb auch Pippin II. selbst. Den nun entstehenden Doppelzwist zwischen Karl Martell und seiner Stiefmutter Plectrudis benutzte Radbod zur Wiedergewinnung des einst verlorenen Gebietes.
Unmittelbar nach Pippins II. Tod riefen Radbods Herolde alle wehrfähigen Männer des Landes zusammen, bis er ein starkes, friesisches Heer um sich versammelt hatte. Damit drang er in sein verlorenes Herrschaftsgebiet vor, wo er die Kirchen niederreißen und heidnische Altäre errichten ließ. Auf diese Weise gelang es Radbod während der Herrschaft Chilperichs II., alle verlorenen Landesteile zurückzugewinnen. Per Schiff begann er, sich in Richtung Köln voranzukämpfen.
716 stand Radbod mit seinem Heerhaufen vor Köln. Hier besiegte er den Hausmeier Karl Martell und fügte ihm seine erste und einzige Niederlage in seiner Amtszeit zu. Die bisher in diesem Raum errichteten Kirchen wurden abgerissen oder niedergebrannt, die Priester und Missionare vertrieben und die alten Götterhaine wiederhergestellt. Köln musste gegen Zahlung einer großen Geldsumme freigekauft werden.
Radbod starb im Jahre 719 im Vollbesitze seines wiedererlangten Landes und seiner Selbstständigkeit. Nach einer Überlieferungen liegt er unter einem großen Stein im Radbodsholz in Berumerfehn begraben. Einen Radbodsberg soll es auch auf der Insel Helgoland und der untergegangenen Insel Bant gegeben haben.
Auch nach Radbods Tod im Jahre 719 wollten die noch nicht von den Franken unterworfenen "Freien Friesen" zunächst vom Christentum nichts wissen und folgten damit Radbods Beispiel. Bereits im Jahre 716 war ein Missionierungsversuch des heiligen Bonifatius am Widerstand Radbods gescheitert. Als Bonifatius erneut in Friesland erschien, wurde er im Jahr 755 getötet, was für die Christen ein Märtyrertod für Christus war. Bonifatius’ Leichnam wurde nach Utrecht gebracht. Danach ebbte der nationale und religiöse Widerstand der Friesen gegen Frankenherrschaft und Christentum ab. Jahrzehnte nach Radbods Tod setzte sich das Christentum durch. Zwar konnten Karl Martell und Karl der Große nur schrittweise und nach erneuten Kämpfen das ganze Friesenland unterwerfen, aber noch vor Ablauf des Jahrhunderts bildete es einen integrierten Teil des Frankenreiches, und die Friesen leisteten, ebenso wie die anderen deutschen Stämme, ihrem neuen König Heeresfolge auf seinen Kriegszügen.
In der ostfriesischen Folklore ranken sich viele Sagen und Erzählungen um König Radbod. Eine der bekanntesten dürfte wohl die an die Kyffhäuser-Sage erinnernde Geschichte sein, nach der Radbod unter dem Radbodsberg bei Dunum, einer prähistorischen Grabstätte, oder unter dem Plytenberg bei Leer begraben liege, bewacht von den Erdmantjes, und darauf warte, bei großer Not gerufen zu werden, um den Friesen zu Hilfe zu kommen.
DIE MUTTERGÖTTIN HERTHA

"Wenn das erste Grün im heiligen Hain spross,sah der Priester darin das Zeichen der nahenden Göttin. Dann begann die Prozession, die den Lenz herbei brachte und die Gefilde mit Fruchtbarkeit segnete."
Beginnen wir mit Herthas anderem Namen "Nerthus": Nerthus - das ist Mutter Erde. So beschreibt Tacitus diese Göttin in seiner Darstellung der germanischen Stämme. Nerthus erscheint dort als Fruchtbarkeitsgöttin, deren Heiliger Hain auf einer Insel im Meer liegt. Der Umzug von sieben ingwäonischen Stämmen in Gemeinschaft im Frühjahr ist als Ausdruck des Fruchtbarkeitszaubers zu deuten.
Die Wurzel ner- steckt auch im Namen des altisländischen Gottes Njörðr, der die Entsprechung zu Nerthus darstellt. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit Nerthus und Njörd identisch sind. Freyr und Freya sind Kinder des Meeresgottes Njörd, nach dem die Stadt Norden benannt ist. Dies ist ein nordgermanischer Gott, der seine südgermanische Entsprechung wohl in Nerthus findet. Da die urgermanischen Wortstämme im Weiblichen und Männlichen gleich lauten, sind Nerthus und Njörd sprachlich identisch. Die Frage ist nun, ob Nerthus die weibliche Verkörperung von Njörd ist oder ob Nerthus gar androgyn zu denken ist. Man vermutet, dass Nerthus der Name eine Götter-Paares ist, das im patriarchalischen nordgermanischen Glauben zum Gott Njörd wurde. Fruchtbarkeitsgottheiten haben sich regional unterschiedlich in eine männliche oder weibliche Gottheit entwickelt.
Dazu passen würden die Nameserklärungen, die auf eine männliche, erschaffende Kraft hindeuten. Nerthus wäre dann die mit gleichen Attributen ausgestattete Gefährtin dieses Gottes.
Die im Zweiten Merseburger Zauberspruch erscheinenden Vol und Volla, deren Namen auf eine Beziehung zur Fruchtbarkeit schließen lassen, deuten darauf hin, dass eine Götterhochzeit von Vol und Volla, Freyr und Freya, Njördr und Nerthus gedacht werden kann. Interessant ist der Hinweis, daß sich in Schweden einige Ortsnamen von einer weiblichen Njörd ableiten!

Vol und Wodan ritten in den Wald.
Da verrenkte sich Baldurs Fohlen einen Fuß.
Da besprachen ihn Sindgund und Sunna, ihre Schwester,
Da besprachen ihn Frija und Volla, ihre Schwester,
Da besprach ihn Wodan, so gut wie er es konnte:
Wie die Verrenkung des Knochens, so die des Blutes,
So die des ganzen Gliedes!
Knochen an Knochen, Blut zu Blut,
Glied an Glied, als ob sie zusammen geleimt wären!

Zweiter Merseburger Zauberspruch (um 750 nach Christus)

Aber ist "Nerthus" überhaupt der richtige Name dieser Göttin? Ein Problem ergibt sich daraus, dass Nerthus nur eine Form dieses Namens ist, der auch ganz anders wiedergegeben wird, etwa als Nerthum, Neithum, Verthum, Hertha. .
Für den Namen Hertha spricht die Gleichheit mit dem urgermanischen ertha, althochdeutschen erda, das ist die Erde.
Die Personifizierung der Erde im Norden heißt Jörd und wird als Thors Mutter verstanden. Thor heißt Sohn der Erde. Hierdurch wäre auch der direkte Bezug zum Angelsächsischen Flursegen gegeben, in dem es heißt:

"Die Erde bitte ich und den Himmel...
Erde, Erde, Erde, Mutter Erde...
Heil sei dir, Erde, Mutter der Menschen!"

In der jüngsten Zeit ist man daher weitgehend der Meinung, dass es sich in der Tat bei Hertha um den richtigen Göttinnennamen handelt. Andererseits geht man davon aus, dass Tacitus die Angaben zum Nerthusbund von der Seherin Ganna gehabt haben könnte, die er in Rom befragen konnte. Würde diese Annahme stimmen, wäre sie ein gewichtiges Argument für die Namensform Nerthus.
Tacitus schreibt in seiner Darstellung der suebischen Stämme, hier vor allem der die Ostsee bewohnenden Stämme, „dass sie gemeinsam die Nerthus - das ist die Mutter Erde - verehren und glauben, sie nehme an dem Leben der Menschen teil und komme zu den Stämmen gefahren.
Auf einer Insel im Ozean steht ein Heiliger Hain, und in ihm befindet sich, mit einem Tuch zugedeckt, ein geweihter Wagen; nur der Priester darf ihn berühren. Er merkt es, wenn sich die Göttin in dem Heiligtum eingefunden hat, und geleitet sie unter vielen Ehrenbezeugungen, wenn sie von Kühen gezogen durch das Land fährt. Dann gibt es Freudentage, und festlich geschmückt sind alle Stätten, die die Göttin ihres Besuches und ihres Aufenthaltes würdigt. Man zieht dann nicht in den Krieg, ergreift die Waffen nicht, sicher verwahrt liegt alles Eisen. Frieden und Ruhe kennt und liebt man freilich nur dann und nur so lange, bis derselbe Priester die Göttin, die des Umgangs mit den Sterblichen müde geworden ist, ihrem heiligen Bezirk wieder zurück gibt. Dann werden Wagen und Decke und (wenn man dem Glauben schenken will) die Göttint selbst in einem versteckt gelegenen See abgewaschen. Hilfsdienste leisten dabei Sklaven, die alsbald derselbe See verschlingt. Ein geheimer Schauder umgibt daher den Brauch und eine heilige Scheu, zu erkunden, was das wohl sein mag, was nur Todgeweihte zu Gesicht bekommen."
Wo sich das erwähnte Heiligtum der Nerthus befunden haben soll, ist bis heute unklar. Höchstwahrscheinlich ist es auf einer der Ostseeinseln zu lokalisieren, die meisten Forscher gehen hier von Rügen aus, wo es im übrigen ja auch einen Hertha-See gibt.
Dass Rügens Kap Arkona ein zentraler slawischer Religionsort im frühen Mittelalter war, muss man als Kontinuität ansehen. Zwar war der Gott Swantewitt des slawischen Arkona ein männlicher Gott, aber man erinnert sich doch an den tausend Jahre älteren Bund der Nerthusverehrer. Ein Nerthushain auf Rügen löst auch ein anderes Problem: Nerthus wird auf einem von Kühen gezogenen Wagen gefahren. Eine Überfahrt von der Insel auf das Festland war notwendig, was von Rügen aus leichter war als von den entfernten dänischen Inseln.
Zur Prozession ist zu sagen, dass sie auf einem Wagen stattfand, der eventuell auch die Form eines Schiffes nachbildete. Somit lässt sich erklären, woher der Brauch kommt, prächtige Wagen zu bauen und in einem Karnevalsumzug durch die Stadt zu führen. Wir erleben hier das Relikt eines alten Fruchtbarkeitsumzugs, bei dem die Göttin über Land geführt wurde, um den Feldern Fruchtbarkeit zu bringen. Begleitet wurde die Göttin von einem Priester. Es kann vermutet werden, dass Priester und Göttin eine Heilige Hochzeit eingingen. Tacitus beschreibt, dass die Göttin Friede und Stille bringt. Das ist eine Eigenschaft, die auch Freyr zugeschrieben wird. So besitzt auch Freyr als mutmaßlicher Sohn der Nerthus das legendäre Schiff Skíöbladnir. Den von Tacitus beschriebenen See kann man auch als Eingang zur Unterwelt deuten: Die Göttin ruht dort in den Wintermonaten und kehrt im Frühling aus dem Schoß der Erde zurück.
Einige Gelehrte machen geltend, dass die dänischen Moorleichen, das Göttinnenbild aus dem Moor bei Viksö und der Wagen von Dejbjerg die bei Tacitus genannten Rituale stützen.
Es ist möglich, dass Tacitus bei der Beschreibung dieses Ritus an hellenistische und kleinasiatische Kulte wie die Umzüge der Großen Mutter Kybele und ihres Gemahls Attis Bezug nahm.
Ein Hinweis auf ein germanisches Fest zu Ehren der Erdgöttin im Frühling findet sich bei Beda Venerabilis, der (nachdem er den April der Göttin Ostara zugeordnet hat) über den März bei den Angelsachsen schreibt:
„Der Hrethmonat ist nach ihrer Göttin Hretha (Hertha) benannt, der sie in dieser Zeit opferten.“
Man hat auch in der Neuzeit noch viele Verbindungen zum Nerthuskult gezogen, von den Umzügen der Maienkönigin Maria bis hin zu seltsamen Geschichten von einer Verlagerung des Kultes nach Norden mit kultischer Reinigung im dortigen Schwanenteich. Die kirchliche Synode von Cloveshoe 747 verbot solche Hertha-Umzüge als heidnisches Treiben. Fortan kennt man zu Ostern und Christi Himmelfahrt und Fronleichnam solche Prozessionen mit der Gestalt des Heilands Jesus Christus.