Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DIE GÖTTLICHE NATUR


Nachgedichtet von Josef Maria Mayer



ERSTER GESANG
EMPEDOKLES

Höre, Pausanias, höre, du Sohn des Weisen Anchitos!

Wenige Möglichkeiten sind nur zu wissen den Menschen.
Alles zu wissen ist Lüge. Und überrascht wird so mancher,
Stillt die Seele und lebhafte Wünsche. Nachdem sie gesehen
Ihren winzigen Anteil am Leben, das kürzere Schicksal,
Werden wie Rauch sie hoch gehoben und huschen von dannen.
Meinen sie doch, sie seien voll Chancen, gesegnet vom Zufall,
Werden nur hin und her getrieben. Aber sie rühmen
Ihre große Vision des Ganzen, des ewigen Weltalls.
Aber auf diese Weise werden die Dinge erkannt nicht,
Nie von Menschen gehört, noch von den Geistern ergriffen.
Du nun, der hierher gekommen, sollst lernen, mein Lieber,
Aber nicht mehr lernen als ein Sterblicher je kann erkennen.
Du bewahr diese Lehren in deinem hörenden Herzen.

Aber nehmt den Wahnsinn von der Zunge mir, Götter,
Segnet die heiligen Lippen mit der Klarheit der Quelle!
Vielumworbene, weiß erstrahlend jungfräuliche Muse,
Dir will ich mich nähern. O eile und komme doch zu mir
Und mit milder Frömmigkeit zügle den Wagen des Liedes,
Dass es rechtmäßig werde, dass die Menschen es hören,
Deren Leben nur währt einen Tag. Es soll mich die Lust nicht
Treiben nach dem Lorbeer des Ruhmes, Gesänge zu zupfen
Und sich unter die irrenden Menschen töricht zu wagen.
Sprich über heilige Dinge in gebundener Rede,
Banne die Profanen von der Zinne der Wahrheit.
Aber komm, o Muse, jeder Weise will wissen,
Wie sich alles offenbart. Und mit sehenden Augen
Wollen wir sehen und wollen hören mit hörenden Ohren,
Schmecken, wie gut die Wahrheit ist, und mit der Zunge verkosten.
Überprüf die Beweise aller Glieder des Ordens,
Weise hin auf die Offenbarung jeglichen Dinges.

Aber die Niedern misstrauen stets dem Hohen und Starken,
Dennoch kennen sie die Zusagen unserer Muse,
Wenn ihre Worte einmal gesiebt werden durch deine Seele.
Und nun höre die vierfache Wurzel aller der Dinge.
Weißglänzend leuchtet Zeus, und Hades bringt Leben der Erde,
Und der Nestis Tränen betauen die sterblichen Menschen.

Elemente! Ich nenn sie die unerschaffenen Kräfte.

Mehr will ich dir nicht sagen. Es gibt doch keinen Geburtstag
Für die sterblichen Dinge und keinen Ruin in dem Tode,
Aber Vermischung gibt es und Austausch von Mischungen gibt es,
Und Geburt ist ihr Name bei den Menschen der Erde.

Aber wenn im Menschen, im Tier, im Vogel, im Busche
Diese Elemente vermischen sich, so sie gelangen
In das Reich des Lichts, Geburt nennens törichte Menschen,
Wenn sie vergehen, nennen sie's Schicksal des Todes, obwohl doch
Das nicht das Rechte ist, ich werde nicht zustimmen solchem.

Narren! Ihre Gedanken brüteten kurz über Eiern,
Die darauf vertrauen, das Nichts sei je Etwas geworden
Oder ein Etwas wäre, das je ganz zu Nichts sei geworden.

Denn aus Nicht-Seiendem kann nicht Seiendes werden, also
Kann das Seiende nicht zerstört werden, dass es zu Nichts wird.
Nein, kein Auge kanns sehen und kein Ohr kann es hören,
Körper werden es sein, wo immer sie stehen und gehen.

Und das All ist nicht Überfülle und ist auch nicht Leere.
Nämlich in dem All gibt es keine Leere, woher denn
Käme irgend ein Etwas, das nähert sich unseren Sinnen?

Nein, kein weiser Mann träumt Torheit im wissenden Herzen,
Dass nur während des Lebens, was man Leben nennt menschlich,
Wir unser Sein besitzen und gut sind oder sind elend,
Und noch ehe wir als Sterbliche werden verdichtet
Und nachdem wir aufgelöst wurden als sterbliche Menschen,
Seien wir reines Nichts gewesen, sagen die Narren.

Nämlich Liebe und Hass waren stark von jeher und immer,
Diese bleiben auch in den folgenden Zeiten, ich denke,
Niemals werden die Zeitalter dieser beiden entleert sein.

Ich will aber nun dir eine zweifache Wahrheit berichten.
Einmal kommt aus dem Vielerlei das Eine ins Leben,
Einmal aus dem vergehenden Einen kommen die Vielen.
Zwiefach die Geburt ist und doppelt der Tod ist der Dinge,
Nämlich einmal wird die Versammlung bringen das Viele
In Geburt und Tod, und dann, was auch immer gewachsen
Durch die Teilung, fliegt es auseinander im Sterben.
Diese lange Reihe von Austausch niemals wird enden.
Ist es im Einen nun, dann ist es vereint durch die Liebe,
Ist es das Viele, ist es durch Unfrieden, Hass und Zerstreuung.
Und soweit es das Eine noch ist, vereint durch die Liebe,
Und soweit die Vielen wieder wachsen zur Einheit,
So sie entspringen aus der urzeitlichen Streuung des Einen,
Haben sie eine Geburt und haben ein Datum des Todes.
Und soweit die lange Reihe des Austausches nimmer
Endet, soweit wie die ewigen Götter und Göttinnen droben
Um den Kreis der Welt sie sich ewig im Wechsel bewegen.
Aber komm! Und hör meine Worte! Erkenntnisse bilden
Dich und machen stark deine Seele. Bevor ich gesprochen,
Ich benannte das rechte Ziel meiner wissenden Worte.
Jetzt will ich dir aber eine zweifache Wahrheit berichten,
Nämlich jetzt kommt von Vielem das einige Eine ins Leben,
Jetzt aber aus dem vergehenden Einen kommen die Vielen.
Feuer und Wasser und Erde und die Höhe der Lüfte!
Bricht ihr geschlossener Kreis auseinander, die tödliche Streitmacht
Sie zerstreut, und doch bleibt in ihrer Mitte die Liebe,
In der Länge und Breite und Höhe und Tiefe die Liebe!
Seht sie mit der Vernunft und seht sie nicht mit den Augen
Staunend, denn angeboren ist die ewige Liebe
Und bleibt in den Gliedern der Menschen für immer gegründet.
Durch die Liebe denken die Menschen Gedanken der Liebe,
Perfektionieren sie die künstlichen Werke der Einsicht,
Nennen sie Göttin Aphrodite, Wonne der Wonnen!
In den Elementen mit Geschwindigkeit läuft sie,
Aber kein sterblicher Mann hat jemals die Liebe ergründet.
Aber nun höre meine Beweise, die unwiderlegbar.
Siehe, die Elemente besitzen die einige Stärke
Und den selben Ursprung, jedes regiert seinen Pflichtkreis,
Jedes Element waltet nach dem Modus ihm eigen,
Herrschend erobern sie im Laufe der kreisenden Zeiten.
Und für diese gibt es keine Geburt und kein Ende,
Denn sie waren immer und gehen nimmer verloren.
Wenn sie nicht waren, wie ward dann das ewige Weltall?
Wie aber könnten jemals sie ruiniert werden, nichtig,
Da von den Elementen nichts Existierendes leer ist?
Nein, sie sind Alles, und jetzt sind sie natürlich zusammen,
Miteinander sind sie jetzt dieses, jetzt jenes, geboren
Und so immer und ewig fort in Ewigkeit drunten.

Fest umklammere du die Lieblichkeit ewiger Liebe!

Liebe und Hass regieren in den organischen Welten.

Und der weltweite Krieg der ewigen Zwei ist erkennbar
Auch in der Masse der menschlichen Glieder, ich will es dir zeigen:
Wenn zwei Menschen sich zu Einem in Liebe vereinen,
Nehmen die sterblichen Glieder an die leiblichen Formen,
Und das Leben ist eine Frühlingsblume. Verwelkend,
Durch den perversen Hass werden leibliche Glieder vernichtet.
Aber sie wandern weit und breit und nach oben und unten
An den Stränden, an den schrecklichen Ufern des Lebens.
So ist es auch mit Dickicht und Bäumen und schwimmenden Fischen,
Die da leben in den kristallenen Wassern der Tiefe,
Und so ist es auch mit dem Vieh, das auf Berghängen weidet,
Und mit Wasservögeln, die baden im bläulichen Meere.

Aus den Elementen ist alles, was Augen erblicken.

Aber komm, meine Worte sollen lieblich erklingen,
Wenn dein breiter Haufen über allem vergessen
Sollte, was geziemt den elementaren Gebilden.
Siehe, da ist die Sonne, die warme, die Helligkeit spendet,
Siehe die ewigen Sterne, für immer durchtränkt von dem Lichte
Und der flüssigen Wärme und der Ausstrahlung droben,
Siehe den Regen in Strömen schauern, den dunklen und kalten,
Wie von der Erde ausströmt aller Fruchtbarkeit Grünkraft.
All dies wird durch den Zorn an Formen vielfältig gespalten,
Aber durch Liebe nähert man sich und sehnt sich nach einem.
Denn aus den Elementen ist alles Knospe geworden,
Alles was war oder ist oder sein wird im ewigen Weltall,
Alle Bäume und Männer und Frauen und Tiere und Vögel
Und die Fische, die nähren sich in den tiefen Gewässern,
Götter haben sie ausgezeichnet mit Leben und Würde.
Diese leben alle, und da sie natürlich zusammen
Sind und miteinander, empfangen sie neue Gesichter
Durch Vermischung und dauerhafter Veränderung Wandel.

Bernsteinfarbene Sonne und Meer und Erde und Himmel
Jedem sind freundlich mit allen einzelnen Teilen, die Pfeile
Werden fern gejagt und zerstreut in der Sterblichen Weltkreis,
So auch die Dinge, die die meisten versuchen zu mischen,
Sind von Aphrodites und Eros' Gnaden vereinigt.
Aber feindlich sind die Dinge, welche die meisten
Voneinander unterscheiden, in der Geburt und
Auch in ihrer Vermischung und wenn in den Formen der Form sie
Wollen sich nicht vermischen, sie bleiben einsam und elend,
Bleiben so nach dem Ratschlag ihres Vaters, des Hasses.

Künstler, also die Männer, die ihr Handwerk verstehen,
Bilden durch die Vernunft mit schönen Formen und Farben
Lichte Tempelfiguren, und mit den Händen ergreifen
Pinsel und Palette sie mit Rotton und Goldton
Und sie mischen die Farben harmonisch, mal besser, mal schlechter,
Und so bilden sie unzählige Mode-Modelle
Und mit allen Dingen bevölkern sie künstliche Welten
Und mit Bäumen und Männern und Frauen und Tieren und Vögeln
Und mit Fischen, die sich nähren in tiefen Gewässern
Und mit ewiglebenden Göttern zu Lobpreis und Ehre.
Dereart, und lass in deinen Busen die Torheit nicht kommen,
Derart ist die Erschaffung aller der sterblichen Dinge
Durch die himmlischen Mächte geboren und sichtbar den Menschen.
O bewahre gut diese Weisheit, du hast sie vernommen,
Hör in meinem Lied die Göttin und ihre Geschichte.

Lass uns gemeinsam besteigen die Gipfel des Denkens
Und vollkommen wandeln den Weg, den noch keiner gegangen.

Was gesagt werden muss, das muss man ein zweites Mal sagen.

In dem Gegenzuge die Zyklen erobern die Zeiten
Und es schwinden die anderen immer noch, Wachs gleich zerschmelzend
Ist der eine, der andre ist von ältestem Schicksal,
Diese leben alle, und da sie natürlich zusammen
Sind und miteinander, die Menschen werden, die beiden,
Werden zahllose Völkerstämme haariger Biester.
Während des Schönen Auftrag der Liebe alle vereinigt,
Durch den Hass des Krieges wird alles Schöne zerrissen.
Und soweit das Eine kommt von den vielerlei Dingen
Und die Vielen wachsen wieder zusammen zu Einem,
Die entsprungen sind der urzeitlichen Streuung des Einen,
Soweit haben sie eine Geburt und ein Datum des Todes.
Und es endet nicht dieser lange Austausch und Wechsel,
Endet nicht, so weit die Götter den Weltkreis bewegen.

Zwar man kann erkennen die raschen Glieder der Sonne
Und die Kraft der zottigen Erde, die Brüste des Meeres,
Aber siehst du, wie alles vertieft in harmonischer Einheit?
Fest gegründet steht die gerundete Kugel des Weltalls
Freudenreich in der umliegenden Einsamkeit endloser Leere.

Weder Fraktion noch Kampf ist unziemlich kosmischen Gliedern.

Jene Kugel des Weltalls an allen Seiten ist endlos,
Freudenreich in der umliegenden Einsamkeit endloser Leere.

Von der Rückseite dieser Kugel schwingen nicht Arme,
Sie hat keine Füße und Schenkel, nicht Form und Gestaltung
Nährender Glieder, auf allen Seiten Kugel, und liebt sich.

Doch nach schrecklichem Streit kamen wieder wächserne große
Glieder innerhalb jener Kugel, blühende Rosen
Blühten zu ihrem eigenen Ruhm, als die Zeiten gekommen
Nach dem schrecklichen Streit, wieder Zeiten kamen der Liebe,
Von der Liebe kommen Gelübde und alle Gebote.

Siehe, eins nach dem andern erbebten die Glieder der Gottheit.

Die Union bindet zwei verschiedene Wesen zusammen.

Es ist, wie wenn der Lab des süßen Feigenbaumsaftes
Bald gerinnt zu weißer Milch und eilig sich bindet.

Also binde du deine Mahlzeit mit kochendem Wasser.

Aber eile zurück, ich will nun zurückkehren, Bruder,
Auf den Weg des festlichen Lieds, wie ich früher gesagt hab,
Will mich entleeren jeden Ausflusses meiner Gedanken.
Wenn nun unten der letzte Abgrund zu hassen begonnen
Und die Lieblichkeit schöner Liebe ward nicht gewonnen
In dem wirbelnden Zentrum der Masse, siehe, dann sammeln
Alle Dinge ums Zentrum herum erneut sich zur Einheit,
Plötzlich und willig, alle Bereiche vereint und verbunden,
Und aus ihrer Vermischung wird in die Fremde ergossen
Eine Vielzahl von Völkerstämmen sterblicher Dinge.
Doch viel Ungemischtes bleibt noch unterm Gemischten,
So wie der Hass sich noch in der Scheune hält in der Höhe.
Denn nicht alle sind schuldlos des Hasses Beute und Opfer
Drüben in den Kreisen des All an den äußersten Grenzen,
Aber zur Hälfte abgetrennt im Inneren blieb er,
Halb war er bereits entfernt aus den Gliedern des Weltalls.
Immer mehr schlich er weg und floh, und kam immer näher,
Innen bedrückend die Zärtlichgesinnten, voll göttlicher Sehnsucht
Nach untadelig schöner Lieblichkeit. Dort wuchsen eilig
Alle sterblichen Dinge, die ehmals zu sein pflegten ewig
Und unsterblich, und das einzig Reine und Pure
Wurde gemischt im Austausch der Wege erneuerten Lebens,
Und aus ihrer Vermischung ward in die Fremde ergossen
Eine Vielzahl von Völkerstämmen sterblicher Dinge,
Die in allen Formen gestrickt, ein Wunder zu schauen.

Und als die Dinge zusammen kamen, begann nun der Vater
Hass seinen Sitz in der Höh auf der äußersten Kante zu nehmen.

Erde durch Erde vergrößert die Form und Äther durch Äther.

Komm, ich werde dir nun die vier Urzeitlichen nennen,
Daraus stieg die Erscheinung der Dinge, die jetzt wir gewahren,
Nämlich Erde und feuchte Lüfte und rauschende Meere
Und im Äther Helios, der den Globus erleuchtet.

Dass die schwarzen Tiefen der Erde endlos, dass voll sei,
Übervoll der weiße Äther, das schwatzen die Zungen
Einiger wenig denkender Toren mit plappernden Mäulern,
Narren, die doch vom Weltall haben nur wenig gesehen.

Herrlich strahlend ist Helios und Selene glänzt zärtlich.
Siehe, die Flammen der Sonne, die gesammelten, schieben
Sich umrundend durch die gewaltigen Räume des Himmels.
Und die Strahlen der Sonne erleuchten den zärtlichen Vollmond
Und es dunkelt unter dem Monde die Erde, die große,
Wie aber ist die Breite der silberäugigen Mondin?
Lichtstrahlen fallen auf die breite Scheibe des Mondes.
Gegen den Olympos zurück schleudert Helios Strahlen,
Furchtlos ist das Antlitz des herrlich strahlenden Titan.
Rund um die Erde dreht sich die Scheibe voll fremdestem Lichte.
Selbst als kreise ein Schiff, so ist die äußerste Runde.
Denn in Richtung der herrlichen Kreise des Herrn, ihres Gottes,
Schaut die mütterliche Erde von Antlitz zu Antlitz.
Aber Nacht wirds auf Erden von Strahlen sinkender Sonne.
Mutter Nacht, du Einsame mit den erblindeten Augen!

Iris vom Meere bringt Sturmwinde oder mächtigen Regen.
Feuer sprang nach oben mit einer zerreißenden Eile.
Manch ein loderndes Feuer brennt unten unter der Erde.
Manchmal sind die Lüfte erfüllt und manchmal sind leer sie.
In die Erde versank der Äther mit mächtigen Wurzeln.
Und der Mutter Erde Schweiß sind des Ozeans Wasser.
Salz wuchs solide, aufgezogen durch Strahlen der Sonne.

Leider sah ich auch Köpfe ohne Hälse gewachsen,
Arme fielen von den Schultern, kahl nackte Arme,
Durch die Stirn sah ich dringen starre glotzende Augen.
Und in Isolation die Glieder wanderten einsam,
Hin und her, um gerecht zu werden ersehntem Vereine.
Aber jetzt, wie Gott mit Göttin sich mischt und vereinigt,
Diese Glieder fielen zusammen, wo sie sich trafen,
Manche Geburt ward daneben gezeugt von hässlichen Zeugern
In der endlosen Reihe von stets variierendem Leben.
Kreaturen mit unzähligen Händen und Füßen!
Manche wurden mit zweierlei Stirn und Busen geboren,
Einige mit des Mannes Gesicht auf dem Körper des Ochsen,
Einige mit der Gestalt des Mannes, den Köpfen von Ochsen,
Mischformen des Zusammenseins von tiefem Geheimnis,
Manchmal wie Männer, manchmal wie busenwuchernde Weiber.

Aber jetzt komm, jetzt höre wie die lodernden Feuer
Keime ins Leben geführt, die wölbten sich erst in den Nächten,
Wurden von Männern und Frauen voll Mitleid beweint und bejammert,
Ach das ist nur ein Märchen, das sieht und kennt seine Spuren.
Erst stiegen bloße Erdklumpen mit unhöflichem Eindruck,
Erdklumpen, die ihren Anteil hatten von Wärme und Wasser.
Diese wurden durchs Feuer (Im Aufwärts-Eifer erreichten
Sie die verwandten Feuer im Himmel) zur Höhe geschossen,
Wenn sie auch noch nicht die Formen enthüllt hatten ihrer
Reizenden Glieder, darum soll ein Mensch doch nicht weinen
Über diese geheimen Glieder, gemeinsam den Männchen.

Separat ist die Geburt der menschlichen Glieder,
Teilweise männliche Glieder und teilweise weibliche Glieder.
Liebessehnsucht kommt, den Sehenden dran zu erinnern.
In die sauberen Leiber werden die Samen ergossen,
Sind es kalte Samen, dann werden Mädchen geboren,
Sind es heiße Samen, dann werden Knaben geboren.
O hinein in der Aphrodite gespaltene Wiese!
Wärmere Leiber aber mit wärmeren Bäuchen geworden
Mütter von Knaben sind, und dass die Männer sind dunkel,
Kommen weitere handfeste Männer und zottige Männer.
Und am zehnten Tage des achten Monats des Zyklus
Wird das Blut des Weibes weißlich wie flüssiger Eiter.
Zweimal er bestieg das Lager auf weichlichem Lammfell.

Manchem fehlt des Glaubens Mark, da sind immer noch Zweifel,
Wie aus der Elemente liebevollen Vermischung
Kommen von Erde und Wasser, von der Luft und der Sonne
Viele Formen und viele Farben der sterblichen Dinge
Und so sind sie geworden, sind ins Dasein gekommen,
Jedes gestrickt und gerahmt von Aphrodites Betörung.
Lob den hohen Bäumen, den Fischen in salzigen Fluten!
Aphrodite, nach des Regens Erguss auf die Erde,
Eifrig erwärmt die Erde, dann gibt sie der Erde das schnelle
Feuer, dass die wachsende Erde fest werden könne.
Kypris führt auch die stummen Schwärme von laichenden Fischen.
Und die Tiere, im Innern kompakt und im Äußeren lose,
In der Aphrodite Händen die Formen bekommend,
Sie erhielten ihre Schwammigkeit nur durch die Liebe.
So ist es mit den Muscheln an den schweren Gestaden,
Den Bewohnern des Ozeans, des von Muscheln gekränzten,
Oder mit den steinharten Schildkröten, da kannst du merken,
Hart ist die äußere Kruste, weich sind die inneren Teile.
Bäume trugen ausdauernd Obst und ausdauernd Blätter,
Überladen mit Früchten alle kreisenden Jahre,
Seit dem Tag, da sie angeblasen fruchtbare Lüfte.
Große Olivenbäume legen grünliche Eier.
Dann auch sehen wir langsam die roten Granatäpfel reifen
Und es wachsen die Äpfel, die an Apfelsaft reichen.
Aber der edle Wein ist Wasser, im Holze gegoren,
Viele Fragen strömen aus der Rinde des Rebstocks.
Auf dem gleichen Stoff auf stabilen Gliedmaßen wachsen
Haare, Laub, und Schuppen von Fischen und Federn von Vögeln,
Steife Haare, scharf durchbohrende, Borsten des Schweines.

Denk dir einen Mann, im Begriff, eine Lampe zu zünden
Flammenden Feuers gegen die Winterkälte der Nächte,
Seine geile Laterne schirmend vor stürmischen Winden,
Und obwohl er sie schützt vor dem Blasen des wehenden Windes,
Ihre Strahlen pfeilen nach außen, die dünnen und feinen,
Und mit unermüdlichen Strahlen leuchtet der Himmel.
So war es auch, als das urzeitliche Feuer verborgen
Lag in der Runde der Pupille des Auges, geschlossen,
Lag in hauchdünnem Schleier, göttliche Poren durchbohrend,
Und so hielt es uns weit entfernt von den Tiefen des Wassers,
Während das Feuer brach nach außen, das dünne und feine.
Jene sanfte Flamme des Auges schuf uns der Zufall,
Wenig nur hat sie von den irdischen Teilen des Menschen.
Nämlich den Menschen hat Aphrodite, die göttliche Liebe,
Anerschaffen die schönen unermüdlichen Augen.
Aphrodite schmiedet mit den Schrauben der Liebe.
Eine Vision wird immer von zwei Augen geboren.

Wisse, alle Dinge sind aus Emanationen.
Süßes ergriff das Süße und Bittres flog auf das Bittre,
Saures ist dem Sauren entsprungen und Hitze ritt Hitze.
Wasser wird sich gut mit dem roten Weine verbinden,
Aber mit Öl will sich das keusche Wasser nicht mischen.
Aphrodite ist wie wenn man Zinn mit dem Kupfer vermischte.
Mit dem Flachs ist vermischt der silbrige ältere Samen.

Und die schwarze Farbe der Tiefe des Flusses kommt alles
Aus dem Schatten, man kann das auch sehen im Hohlraum der Höhle.

Mit den Händen Aphrodite formte Gebilde
Und zum ersten Mal fingen sie an, zusammen zu wachsen.
Siehe die Erde mit den breiten Schmelztöpfen, Mutter,
Von acht Teilen bekam sie zwei von der leuchtenden Nestis,
Von Hephästos vier. Von dort kamen weißliche Knochen,
Glücklich durch Klebstoff der Harmonie und Schönheit verbunden.
Und nachdem die Erde lag im vollkommenen Hafen
Aphrodites verankert, traf sie der rote Hephästos,
Und der Regen und der Äther, allgnädige Mächte,
Wenn auch Teile der Erde manchmal weniger waren,
Manchmal ein wenig mehr als die ihrigen, kamen aus diesen
Unser menschliches Blut und alle Formen des Fleisches.
Ohren, die fleischlichen Zweige, gleichen den Glocken des Tempels.

Alles wird einatmen, alles wird ausatmen. Und über alle
Ebenen Flächen der unblutigen Rohre des Körpers
Wird sich das Fleisch erstrecken, und an den offenen Rissen
Werden sich unzählig viele entlang der äußersten Rinde
Langweilen, aber das lebendige Blut bleibt im Innern,
Für die Luft ist frei geschnitten worden ein Durchgang,
Und von hier aus kommt aus den dünnen Blutrückwärtsströmen
Jene Luft mit dem Rauschen einer brüllenden Düne,
Aber wenn sie dann wieder weiter leitet die Ströme
Und die Luft im Gegenzug ausatmet, ists wie ein kleines
Mädchen, spielend mit der Flöte von glänzender Bronze.
Denn solange immer die Öffmung der länglichen Rohre
Werden durch ihre hübschen Finger gehalten, verschlossen,
So stürzt dann auch innerhalb der nachgiebigen Masse
Silbriges Wasser, und das kann dann die Welt nicht bewahren
In dem Gefäße. Aber der Lüfte Eigengewichte
Fallen im Inneren tief in die unzähligen Löcher,
Halten die Lüfte in Schach, bis dann das kindliche Mädchen
Aufdeckt die verdickten Lüfte und freispricht die Sätze,
Wie wenn einer die Wahrheit des Wassers verschüttet bestimmend
Und in die Führung ruft, wenn nachgibt die Luft. Und so ist es,
Wenn in dem schlanken Bauch von des Mädchens eherner Flöte
Wasser liegen und die Fingerspitzen des Mädchens
Führen das Rohr und den Schlauch. Und dann die Lüfte von außen
Kommen nach innen, gedrückt, sie halten zurück dann das Wasser
Über des gurgelnden Halses weithin offenen Torweg,
Wenn das hübsche Mädchen besitzt die Spitze der Flöte,
Bis sie dann wieder lockert ihr schlankes niedliches Händchen,
Ganz im Gegenteil, um Platz zu machen und weise
Auszugießen das untere Wasser, die Luft sinkt nach unten.
So ists auch mit dem dünnen Blut, das treibt unsre Glieder,
Wenn die Ströme eilen zurück nach innen, dann rauschen
Luftströme auf, und wenn weiter geleitet die Sprünge, die Luft dann
Atmet im Gegenzug aus entlang der selbigen Weise.

Schnüffelnd mit Nüstern von wilder Tiere Gliedmaßen, zärtlich
Streifend mit schlanken Füßen entlang den zärtlichen Gräsern:
So bekamen die Dinge Anteil von Düften und Atem.

Alle Dinge denken, allein durch den Zufall des Willens.
Und die Leichtesten noch im Stürzen schlagen zusammen.
Mit dem strömenden Blute, springend zurück zu dem Herzen,
So das Herz wird genährt, so herrscht die Allmacht des Herzens
Über die Männer rufenden Denkens, denn siehe, das Blut regt
An und das Herz allein kontrolliert die Gedanken der Männer.
Denn mit der Männer Sparsamkeit wächst die Vernunft ihres Denkens,
Nach der körpereigenen Sparsamkeit und nach dem Staate.
Denn von Aphrodite vermischt sind alle die Dinge,
Und durch Charis die Männer denken, sind froh oder traurig.
Und soweit die Sterblichen sich verändern am Tage,
So in der Nacht ihres Denkens kommt die Veränderung gleichfalls.
Durch die Mutter Erde ists, dass die Sterblichen da sind,
Und durch den himmlischen Vater Äther, den strahlenden Äther,
Und durch das keusche Wasser und durch das verzehrende Feuer,
Und durch die göttliche Liebe und die dämonischen Kriege.
Wenn auf einem Geiste ruht das feste Vertrauen,
Wird er immer voll Neigung sein und Fleiß des Bestrebens.
Du wirst an ihnen sehen, dass all diese Dinge gehören
Dir und sind für immer dein, des Dieners. Zudem auch
Sollst du von manchem eine erfüllte Zunahme machen,
Weil sie schon für sich selbst allein im Kerne gewachsen
Nach der Natur eines jedem Menschen, dem Wesen entsprechend.
Aber wenn du für die anderen schauen wirst, wirst du
Nur erreichen leere Schätze, gemein und unzählig.
Wie die Menschen auch sein mögen, die für immer und ewig
Blähen die Seelen auf mit lebhaften Wünschen, o diese
Werden dich zügig verlassen mit den kreisenden Jahren.
Aber bei aller Sehnsucht sei auch eilig die Rückkehr
Zu der Menschen eignem urzeitlichen Bette. Denn wisse,
Alle Dinge sind vorsätzlich, haben Anteil am Denken.

Du sollst Meister werden jeden Medikamentes,
Welches jemals erschaffen wurde zur Heilung des Kranken
Und des Alters. Für dich allein kommt alle Erfüllung,
Du wirst stillen die Macht der unermüdlichen Stürme,
Beben der Erde und das verderbliche Beben des Meeres,
Ja, und wenn du willst, sollst du erwecken die Kräfte
Und beobachten ihre Rache, die wilde und schrille,
Ehe du dich zu ihnen gesellst. Bewirke den Wechsel
Schwarzer Trockenheit, sind die Jahreszeiten dem Volk gut,
Und die lange Trockenheit in der Hitze des Sommers,
Du sollst ernähren auch die Bäume auf dem Gebirge,
Wenn sie unten den Äther einatmen. Du sollst im Hades
Liebevoll winken der Macht der umgekommenen Menschen.

O ihr treuen Freunde, die in der mächtigen Stadt wohnt
Längs der gelben Akragas in der Akropolis, Freunde,
Ihr Verwalter der guten Werke und Taten der Liebe,
Ehrwürdig-freundlich gebt ihr Zuflucht geflüchteten Fremden,
Alle begrüßend. O ihr Freunde! Aber zu ihr geh ich selig
Als ein unsterblicher Gott jetzt, nicht mehr ein sterbliches Männchen,
Allen genehm und gut geehrt von jeglicher Seite
Und gekrönt mit goldener Krone und blühendem Kranze.
Wenn zu den Scharen von Männern und Frauen ich komme als Heiland,
In die blühenden Städte, werde ich suchen Gebete,
Tausende folgen, sie fragen mich nach dem Heilsweg, ersehnen
Meine Orakel, andere hören mein heilendes Reden,
Suchen heilende Worte gegen die Übel, die Krankheit,
Allzu lang sind sie alle schon durchbohrt von den Schmerzen.
Aber warum nicht fordern, was ich geben kann wahrlich
In den großen Dingen? Übertreffe ich weit nicht
All die andern sterblichen Männer, Tote erweckend?
O ihr treuen Freunde! Ich weiß fürwahr mit dem Worte,
Was ich reden werde, das ist die göttliche Weisheit,
Aber ohne Ruhe die Menschen sind alle die Tage
Und sind gewesen in unerbittlichen Kämpfen des Glaubens,
Bis die ewige Wahrheit ihren Busen erreichte.

Da ist das Wort des Schicksals, eine alte Verordnung,
Ewige Götter haben dieses eilig beschlossen
Und beschworen mit festen Eiden: Wer immer ein Geist ist,
Der hat von alters eine Lebensdauer unendlich,
Wenn er sich aber aufgeopfert dem ewigen Übel
Oder falsch geschworen mit der Lüge der Zunge,
Muss er wandern müde dreimal zehntausend Jahre
Weit entfernt von den Heiligen und muss wieder geboren
Werden in der Zeit in verschiedenen sterblichen Formen,
Immer sich ändernd auf dem Lebensweg, unruhig immer,
Denn jetzt die Lüfte jagen ihn weiter zum schäumenden Meere
Und das tobende Meer speit ihn an den Sandstrand des Ufers,
Dann die Erde speit ihn aus zu der strahlenden Sonne,
Daher kommt er wieder zurück in die wirbelnden Lüfte.
Jeder bekommt vom andern, was sie alle verabscheun.
Und auch ich bin jetzt gezählt zu der wandernden Menge,
Bin ein Vagabund und ein Flüchtling unter dem Himmel,
Bin dem Schicksal gehorsam in den schwärmenden Kämpfen.
Charis aber verabscheut das unerträgliche Schicksal.
Ich war schon einmal ein Knabe und war schon einmal ein Mädchen,
Ich war Blume und Vogel und ein Fisch in den Wellen.

Ach, ich weinte und jammerte, sehend die Fremdheit der Orte.
Ach, von welchem Ruhm und von welcher Glückseligkeit bin ich
Auf die Erde gefallen, mich unterm Volk zu bewegen!
Und dann kamen wir unters Dach einer finsteren Höhle.
Und wir kamen leider in öde freudlose Länder,
Wo die Truppen des Schlachtens und Krieges herrschten mit Schrecken,
Wo wir geschrumpft von Krankheit und obszönem Verfaulen,
Wo wir von schwerer Arbeit belastet wie Becher voll Wasser,
Durch die tristen Fluren bummelnd. Alles ist sinnlos.
Da gabs die schwarze feuchte Erde, die heilige Mutter,
Dort erschien mir die Jungfrau in dem Kleide der Sonne,
Aber auf Erden herrschte der blutige Krieg bis zum Grabe
Und es gab Chaos und Übel und Hast und sinnlose Arbeit,
Alle Menschen mit schwarzen Haaren in großer Verwirrung
Und die süßesten Mädchen waren sich sicher des Todes.
Und da herrschten Wachsen, Verfaulen, Schlaf und Erwachen,
Ruhe und Aktivität und Ruhm der Lorbeergekrönten,
Lärm und Stille, und vorherrschend war die Sprache der Mutter.
O ihr Sterblichen! O ihr armen Söhne der Trauer!
Ihr seid aus solchen Bedingungen nur wie Seufzer entsprungen!

Für die Toren machte Gott die verschiedenen Formen.
Alles in der Natur ist im Wandel, umhüllt sind die Seelen
Mit den verschiedenen Tuniken ihres sterblichen Fleisches.
Aber die würdigste Wohnung für die Seele des Menschen,
Wenn sie schon leben muss in der Form eines tierischen Körpers,
Sind die majestätischen Löwen, Tiere, die schlafen
Formschön auf der Erde an dem Fuße der Berge.
Aber wenn sie in Form von schön beblätterten Bäumen
Leben, ist die Eiche die würdigste Form für die Seele.

In dem goldenen Zeitalter war nicht Ares der Herrgott,
Auch nicht Zeus, der Vater der Götter, auch nicht Saturnus,
Auch nicht Poseidon, sondern es herrschte die Königin Kypris!
Diese haben die Menschen mit heiligen Opfern beruhigt,
Opferten nur gemalte Bilder lebendiger Wesen
Oder mit süßem Wohlgeruch die teuersten Salben
Oder sie brachen das süße Opfer zerriebener Myrrhe
Oder des duftenden Weihrauchs, gossen den Wein auf die Erde,
Opferten goldenen Honig, den sie mit Blut nicht vermischten,
Keine Stiere wurden geschlachtet am Opferaltare,
Unter den Menschen ward es angesehen als Übel,
Leben zu töten und ihre köstlichen Glieder zu essen.

War nun unter den vielen Menschen einer ein höchster
Mann von ausgedehntem Wissen, mit reichem Verständnis
Und ein Meister verschiedener Werke der Kunst und der Weisheit,
Der den ganzen Umfang und die Reichweite suchte
Der Vernunft, ein solcher gedieh in seltener Zeit nur.

In dem goldenen Zeitalter waren zahm alle Dinge
Und voll Sanftmut gegenüber den sterblichen Menschen,
Alle Tiere und Vögel waren mit Menschen befreundet
Und die freundliche Flamme brannte schön für den Menschen.

Du unsterbliche Jungfrau, o Muse, du könntest geruhen,
Diesen unseren armen menschlichen Sorgen zu geben
Eine Pforte zu deiner Seele, mehr noch, o Muse,
O Kalliope mit der schönen lieblichen Stimme,
Sei mir nah, wenn ich singe Gedanken der seligen Götter.

Wohl dem Mann, der gesichert hat sein reiches Vermögen
Göttlichen Denkens! Ach, erbärmlich der Mann, dessen Pflege
Ist die Finsternis eitler törichter Spekulationen!

Zwar wir sehn es vielleicht nicht mit den sterblichen Augen,
Zwar wir können es nicht begreifen mit menschlichen Händen,
Hände und Augen erkennen es nicht, doch der Pfad zu der Wahrheit
Kommt allein durch den Glauben in die Köpfe der Menschen.

Es ist nicht geschmückt mit menschenähnlichen Kopfe,
Von den Schultern schwingt sich nicht die Verzweigung der Arme,
Es hat keine Füße und keine Schenkel und ist nicht
Aus den Elementen gemischt, doch ist es lebendig,
Ist der heilige Geist, der unaussprechlich und einzig,
Der durchs Universum pfeilt mit schnellen Gedanken.

Aber das große Gesetz, dem alle beugen sich müssen,
Ist das Urteil des Äthers und des strahlenden Himmels.

Wollt ihr nicht mehr den großen Lärm der Schlachtung von Tieren?
Wollt ihr denn nicht sehen, gedankenlos, wie ihr dahin lebt,
Wie ihr einander zerreißt in Ermangelung jeglicher Weisheit?

Weh euch! Der Vater erhöht für den Schlag des grausamen Todes
Seinen eigenen Sohn und bringt ihn als Gabe zum Opfer,
Schlitzt ihm die Kehle auf als Opfer zu lauten Gebeten,
Ein verblendeter Narr ist der Vater! Die elenden Opfer
Flehen zu ihrem Zerstörer. Aber taub ist der Vater
Seinem kläglichen Stöhnen, seinem elenden Jammern.
Sondern er schlitzt ihm die Kehle auf und bereitet zuhause
Eine schreckliche Opfermahlzeit. So greift der Vater
Seinen Sohn und die Mutter schlachtet die eigenen Kinder
Und die eigene Leibesfrucht, fressen ihr eigenes Fleisch auf!

Weh mir, dass nicht einst ein unbarmherziger Tag mir
Hat mein Leben getötet, ehe die Lippen verkünden
Mussten die monströsen Verbrechen der Schlachtung der Kinder!
Dummkopf, halte zurück die Hände vom Lorbeer des Phöbus!
Ihr erbärmlichen Narren, ihr ganz elenden Toren,
Haltet die Hände zurück von den Bohnen, dem Wohnsitz der Ahnen!
Weder erfreuen die Sünder die Tempel des Vaters Kronion
Noch der rächenden Göttin Hekate heilige Hallen.
Frevler, es kommt von euren bösen Taten nur Unheil,
Darum sollt ihr das Leben verbringen in ewigen Schmerzen!

Aber die Seher der Ewigkeit und die Sänger der Hymnen,
Ärzte der Naturmedizin und die Häupter der Menschheit
Sollen dahin kehren, woher gekommen die Götter,
Und dort ausgezeichnet werden in Ehren vom Himmel.
An dem eigenen Herd und in der kultischen Feier
Mit den unsterblichen Göttern in trauter Vereinigung lebend,
Werden die Heiligen schließlich erlöst von den irdischen Schmerzen.



ZWEITER GESANG
PARMENIDES

Pferde tragen mich immer so weit, als es wünscht meine Seele,
Und so brachten sie mich und stellten mich auf den berühmten
Weg der Göttin, die mit eigenen Händen den Mann führt,
Die aus sich selbst alle Dinge weiß. So ward ich getragen,
So haben weise Rosse meinen Wagen gezogen,
Mädchen wiesen den Weg mir. Die Achse glüht in der Narbe,
Denn es waren runde wirbelnde Räder am Ende,
Mädchen vermittelten mir ihr Licht, ließen sinken den Schleier,
Gaben Töne wie Flötentöne, die Töchter der Sonne.
Ich ging von ihren Gesichtern, verließ die nächtliche Wohnung.
Dort gibt es Pforten der Möglichkeiten, Nächte und Tage,
Oben mit einem Türsturz und unten mit steinerner Schwelle,
Hoch in der Luft, sie werden von mächtigen Türen geschlossen,
Und die Gerechtigkeit hält die Schlüssel, diese zu öffnen.
Mädchen bitten mit Überredung und zärtlichen Worten,
Ohne Einwand den Riegel von den Toren zu lösen.
Dann, als die Türen wieder waren verschlossen, sie wiesen
Weit mir den Weg, die dreisten Scharniere schwangen nach hinten,
Waren mit Nieten und Nägeln befestigt. Grad durch sie führten
Auf dem breiten Wege die Mädchen Pferde und Wagen.
Und die Göttin begrüßte mich freundlich und nahm meine Hände
Freundlich mit ihren Händen und sprach zu mir diese Worte:
Herzlich willkommen, Knabe, in meiner himmlischen Wohnung,
Kommst du zu mir mit dem Wagen, gelenkt vom unsterblichen Führer.
Das ist nicht Zufall, sondern Recht und Gerechtigkeit ist es,
Die dich schickte auf diesen Weg der heiligen Reise.
Dieser Weg unterscheidet von ausgetretenen Pfaden
Törichter Menschen sich. Und so sollst du alles auch lernen,
Unerschütterlich in dem Herzen die Wahrheit bezeugen,
Anders als die Meinungen sind der sterblichen Menschen,
Gibt es in ihnen doch überhaupt keinen wahrhaftigen Glauben.
Du wirst diese Dinge lernen, beurteilen musst du
Die Erscheinung der Dinge, den Schein, den verehren die Leute,
Du aber gehe den Dingen auf den Grund als ein Pilger.

Komm jetzt, ich möchte dir sagen, und höre meine Gedanken,
Trage sie weiter. Es gibt zwei Möglichkeiten des Denkens.
So die erste Überzeugung: Seiendes ist es
Und unmöglich kann es ein Nichtseiendes auch sein.
Wahrheit ist dieses Gedankens höchste Führerin. Aber
Eine andere Überzeugung ist es, dass Nichts ist,
Dass das Etwas ein Nichts ist, unglaubwürdigerweise,
Denn zu wissen ein Etwas, das Nichts ist, unmöglich ist dieses.

Das ist nämlich eins: Was man denken kann und was sein kann.

Das muss sein, was man denkt und was ausgesprochen soll werden,
Unmöglich ist es ein Seiendes und ein Nichts auch. Dies ist es,
Was ich dir sage, denke drüber nach, mein Geliebter.
Untersuche die eine und die andere Meinung.
Sterbliche sollen wissen und nicht spazieren im Zweifel,
Zögernd nicht führen das wandernde Denken ins Innre des Busens,
Dass sie getragen werden wie taube erblindete Menschen.
Unwissend ist die Masse der Menschen, die nämliche Sache
Ist und ist auch nicht in ihren verschleierten Augen,
So gehn sie in entgegengesetzte Richtungen immer.

So können nie auch bewiesen werden nichtseiende Dinge.
Halte zurück dein Denken von dieser Art der Gedanken,
Auch nicht aus Gewohnheit werfe dein Auge auf diese
Hinterhältigen Spuren oder die durstigen Ohren
Oder die herrschende Zunge. Widerlege die Meinung
Auf subtile Art durch das Wort der Göttin der Wahrheit.

Aber ein Weg ist da für uns, der rechte der Wege,
Davon zu sprechen, nämlich vom Seienden. Darin ist Inhalt,
Seiendes, Unerschaffnes, Unverwüstliches, Einssein,
Unbeweglichkeit und Vollkommenenheit, Ewiges, Alles,
Auch wars immer schon da und wird es immer auch da sein,
Nun ists, alles auf einmal, kontinuierliches Dasein.
Welchen Ursprung deines Daseins willst du sonst suchen?
Wie und aus welcher Quelle würde erhöht sonst dein Leben?
Das lass ich nicht zu und das will ich dir auch nicht sagen,
Dass du aus dem Nichts gekommen wärest, das Nichts ist
Nicht, man kann es nicht denken, man kann vom Nichts auch nicht sprechen.
Falls du aus dem Nichts kämst, wie wär es notwendig gewesen,
Dass du später entstanden oder früher entstanden?
Daher ist überhaupt ein Seiendes oder alles ist nichtig.
Auch wird die Macht der Wahrheit nicht leiden, dass etwas entstehe
Neben ihr in irgendeiner Weise. Und darum
Wird die Gerechtigkeit ihre Bande nimmer verlieren,
Oder nichts mehr werden lassen oder vergehen.
Ists oder ist es nicht? Gewiss, es ist, wie es sein muss,
Dass wir den falschen Weg als undenkbar legen beiseite,
Aber der richtige Weg ist realistisch und wahrhaft.
Wie also kann auch Seiendes sein in kommenden Tagen
Oder wie kann es entstehen? Wenn es aus Nichts ist geworden
Und im Nichts auch vergeht, so ist es alles nur nichtig.
Aber das Seiende ist nicht teilbar, ist immer sich gleichend,
Nicht gibts an einem Orte mehr davon als am andern,
Nicht wirds mehr oder weniger, da doch alles erfüllt ist.
Darum hält alles zusammen das Seiende, was in Kontakt ist
Mit dem Sein. Auch ist es unbeweglich in Banden
Mächtigster Ketten, auch ohne Anfang und auch ohne Ende,
Seit es Werden und Vergehen gibt, treibts in der Ferne,
Wahrer Glaube wirft es nicht weg, das ewige Dasein,
Es ist immer dasselbe und verweilt in sich selber
Und es liegt in dem Eignen stets an der selbigen Stelle.
So ists an seiner Stelle bleibend. Notwendigkeit hält es
In den gewissen Banden der Grenze auf jeglicher Seite.
Darum ists nicht unendlich, auch brauchts nichts. Wär es unendlich,
Würde es alles stehen in Notwendigkeit. Es ist
Eins, was existiert und was gedacht wird im Denken.
Denn Gedanken können nichts finden, das nicht ist etwas,
Dem sind sie verlobt. Und wahrlich, es ist auch nicht anders,
Denn das Schicksal hat es angekettet ans Ganze,
Unverrückbare. Diese Dinge haben den Namen,
Darum glauben die Sterblichen, dass die Dinge auch wahr sind,
Nämlich Werden und Vergehen, Sein oder Nichtsein,
Wechsel des Ortes oder Änderung leuchtender Farbe.
Wo also ist die entfernteste Grenze, ist es vollendet
Und vom Zentrum in alle Richtungen ist es vollendet
Wie die Masse einer abgerundeten Kugel.
Nicht ists irgendwo kleiner oder größer woanders,
Denn es ist nicht mehr hier oder weniger dort, denn
Es ist unverletzlich, sich gleich in jeglicher Richtung,
Und ist beschränkt auch innerhalb seiner eigenen Grenzen.
Hier soll ich schließen meine vertrauenswürdige Rede
Und Gedanken über die Wahrheit. Lerne nun kennen
Du der Sterblichen Meinungen, leihe dein Ohr nun dem Irrtum.
Von zwei Formen sprechen in ihren Köpfen die Toren,
Das ists, wo sie in die Irre gehn von der Wahrheit.
Nämlich sie weisen entgegengesetzte Substanzen zu jedem,
Voneinander unterschiedne Markierungen, nämlich
Auf der einen Seite das Feuer des Himmels, das leichte,
Dünne, in jeder Richtung das Gleiche, aber nicht gleich der
Dunklen Nacht, dem kompakten schwergewichtigen Körper.
Ich aber sage dir die gesamte Anordnung, Liebling,
Dass kein Sterblicher dich kann übertreffen in Weisheit.

Jetzt werden alle Dinge benannt nach Lichtschein und Dunkel.
Und die Dinge stehen unter der Leitung von einem
Dieser beiden. Alles ist voll von Licht oder Dunkel.
Aber da hat das eine nichts zu tun mit dem andern.

Und du kennst den Ursprung von allem, die heilige Höhe,
Alle Zeichen am Himmel und die prächtigen Werke
Von der glühenden Sonne klaren lodernden Fackel
Und woher sie kam, und du sollst ebenfalls lernen
Über die wandernden Taten des runden Gesichtes des Mondes
Und die Herkunft des Mondes, sollst auch kennen den Himmel,
Der uns umgibt, und wie er entstand und die Grenzen der Sterne.

Lern, wie die Erde, der Mond und die Sonne, der Himmel entstanden,
Allen gemeinsam, und die Milchstraße und der Olympus,
Wie entstanden sind die glühenden Mächte der Sterne.

Engere Kreise, mit ungemischtem Feuer erfüllte,
Um sie herum die Nacht, und in der Mitte der Binsen
Ist ihr Anteil an Feuer. In der Mitte der Kreise
Ist die heilige Gottheit, leitet alle die Dinge,
Leitet die Zeugung und die Schmerzen der Wehen nach Regeln,
Treibt das weibliche Wesen in die Arme des Mannes,
Treibt das männliche Wesen an den Busen des Weibes.