Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DAS BUCH RUTH


Verdolmetscht und kommentiert von Josef Maria Mayer



ÜBERSETZUNG

ERSTES KAPITEL

1 In den Tagen, da die Richter regierten, war eine Hungersnot im Lande. Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog fort, er, seine Frau und seine beiden Söhne, um in den Ebenen von Moab zu leben.

2 Der Mann hieß Elimelech (Mein Gott ist König), seine Frau Naomi (Die Süße) und ihre beiden Söhne Mahlon (Krankheit) und Kiljon (Schwindsucht); sie waren aus Ephratha, aus Bethlehem (Haus des Brotes) in Juda. Sie gingen in die Ebenen von Moab, dort ließen sie sich nieder.

3 Elimelech, Naomis Mann, starb, und sie und ihre beiden Söhne blieben dort.

4 Die Söhne heirateten Moabiterinnen: die eine wurde Orpah (Nacken) und die andere Ruth (Freundin) genannt. Sie lebten dort für etwa zehn Jahre.

5 Mahlon und Kiljon starben auch, und Naomi war beraubt ihrer beiden Söhne und ihres Mannes.

6 Sie beschloss, zurückzukehren von den Ebenen von Moab mit ihren Schwiegertöchtern, nachdem sie in den Ebenen von Moab gehört, dass Gott sein Volk heimgesucht und ihnen Essen gegeben.

7 Also, mit ihren Schwiegertöchtern verließ sie den Ort, wo sie lebte, und nahm den Weg zurück nach Juda.

8 Naomi sagte zu ihren zwei Schwiegertöchtern: "Geht zurück, jede von euch in das Haus ihrer Mutter.

9 Möge Jahwe euch seine treue Liebe zeigen, wie ihr sie denen, die gestorben sind, und mir gezeigt habt. Jahwe möge euch segnen, dass jede von euch das Glück hat, wieder einen Mann zu finden!" Sie küssten sie, aber dann begannen sie laut zu weinen
10 und sagten: "Nein, wir wollen mit dir gehen als deine Dienerinnen."

11 „Geht nach Hause, meine Töchter", antwortete Naomi. „Warum wollt ihr mit mir kommen? Habe ich noch mehr Söhne in meinem Schoß, um Ehemänner für euch zu gebären?

12 Geht heim, meine Töchter, geht, denn ich bin jetzt zu alt, um noch einmal zu heiraten. Auch wenn ich sagte: Ich habe immer noch eine Hoffnung: Ich werde einen Mann in dieser Nacht nehmen und weitere Söhne in meinem Schoße tragen,

13 wärt ihr denn bereit, auf sie zu warten, bis sie erwachsen sind? Möchtet ihr euch weigern bis dahin, noch einmal zu heiraten? Nein, Töchter, ich bin bitter vor Leid um euretwillen, da die Hand des Herrn wider mich erhoben ist."

14 Sie begannen alle, laut zu weinen, immer wieder; Orpah küsste ihre Schwiegermutter und ging zurück zu ihrem Volk. Aber Ruth blieb bei ihr.

15 Naomi sagte: "Schau, deine Schwester ist zu ihrem Volk und zu ihrem Gott gegangen. Geh du auch nach Hause, folge deiner Schwester."

16 Aber Ruth sagte: "Bedränge mich nicht, dich zu verlassen und nicht mit dir zu gehen, denn wohin du gehst, will ich auch gehen, wo du lebst, will ich auch leben. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

17 Wo du stirbst, will ich auch sterben, und dort will ich begraben werden. Lasse Jahwe unermessliche Übel über mich bringen und noch schlimmere Übel, doch nur der Tod soll mich von dir scheiden!"

18 Als sie sah, dass Ruth entschlossen war, mit ihr zu gehen, sagte Naomi nichts mehr.

19 Die beiden gingen weiter, bis sie nach Bethlehem kamen. Ihre Ankunft brachte die ganze Stadt auf die Beine, und die Frauen sagten: "Kann das Naomi sein?"

20 Dazu sagte sie: "Nennt mich nicht mehr Naomi, die Süße, sondern nennt mich Mara, die Bittere, denn Shaddai hat mein Schicksal bitter gemacht!

21 Ich ging voll aus, und der Herr hat mich leer nach Hause gebracht. Warum nennt ihr mich also Naomi, da der Herr sich gegen mich ausgesprochen und Shaddai mich elend gemacht?“

22 Dies war, wie Naomi nach Hause kam mit ihrer Schwiegertochter, der Moabiterin Ruth, bei der Rückkehr von den Ebenen von Moab. Sie kamen in Bethlehem an zu Beginn der Gerstenernte.

 
ZWEITES KAPITEL

1 Naomi hatte einen Verwandten von der Seite ihres Mannes, wohlhabend und von Elimelechs Clan. Sein Name war Boas (In ihm ist Kraft).

2 Ruth, die Moabiterin, sprach zu Naomi: "Lass mich in die Felder gehen und Ähren lesen in den Fußstapfen eines Mannes, der mich mit Wohlwollen ansehen wird." Sie antwortete: "Geh, meine Tochter."

3 So zog sie aus und ging in den Feldern, hinter den Schnittern her aufzulesen. Der Zufall führte sie zu einem Grundstück des Boas von Elimelechs Clan.

4 Boas war gerade aus Bethlehem gekommen. "Jahwe sei mit euch!" sagte er zu den Schnittern. "Der Herr segne dich!" antworteten sie.

5 Boas sagte zu einem seiner Diener, der über die Schnitter eingesetzt war: "Zu wem gehört diese junge Frau?"

6 Und der Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war, antwortete: "Das Mädchen ist die Moabiterin, die mit Naomi aus den Ebenen von Moab kam.

7 Sie sagte: Bitte lass mich doch auflesen und mitnehmen, was von den Garben hinter den Schnittern abfällt. - So kam sie, und hier blieb sie und machte kaum eine Pause von morgens bis jetzt."

8 Boas sagte zu Ruth: "Hör mir zu, Tochter. Du sollst nicht zur Nachlese in irgendeinen anderen Bereich gehen. Du sollst nicht von hier weggehen. Bleibe nah bei meinen Arbeiterinnen.
9 Halte die Augen gerichtet, auf welchem Teil des Feldes sie ernten, und folge ihnen. Ich habe meinen Männern verboten, dich zu belästigen. Und wenn du durstig bist, geh zu den Krügen und trinke, was die Knechte schöpfen."

10 Ruth fiel nieder auf ihr Angesicht, warf sich nieder und sagte: "Wie habe ich gewonnen deine Gnade, denn du hast mich beachtet, die ich nur eine Ausländer bin?“

11 Boas antwortete: "Ich habe alles gehört über die Art, wie du dich seit dem Tod deines Mannes bei deiner Schwiegermutter benommen hast und wie du von deinem eigenen Vater und Mutter und dem Land, wo du geboren wurdest, zu einem Volk gekommen bist, von dem du vorher nichts wusstest.

12 Möge Jahwe dir alles vergelten, was du getan hast, mögest du reichlich von Jahwe, dem Gott Israels, belohnt werden, die du unter seinen Flügeln Zuflucht genommen hast!"

13 Sie sagte: "Mein Herr, ich hoffe, du wirst immer auf mich schauen mit Wohlgefallen! Du hast mich getröstet und ermutigt, obwohl ich nicht einmal gleich bin einer deiner Arbeiterinnen."

14 Als es Zeit war zu essen, sagte Boas zu ihr: "Komm und iss etwas von diesem Brot und tauche dein Stück in den Essig." Ruth setzte sich neben die Schnitter, und Boas machten einen Haufen von gerösteten Getreide für sie; und sie aß, bis ihr Hunger gestillt war, und sie ließ einiges übrig.

15 Als sie wieder sammeln gingen, gab Boas Aufträge seinen Arbeitern: "Lasst sie zwischen den Garben auflesen. Belästigt sie nicht!

16 Und ihr werdet sicher ein paar Ähren von den Bündeln zupfen und fallen lassen. Lasst sie das dann aufzulesen, und schimpft nicht mit ihr."

17 So las sie auf dem Gebiet bis zum Abend. Dann drosch sie, was sie aufgelesen hatte, und es war etwa ein Scheffel Gerste.

18 Da ging sie zurück in die Stadt. Ihre Schwiegermutter sah, was sie aufgelesen hatte. Ruth nahm auch, was sie nach dem Essen behalten hatte, und gab es ihr.

19 Ihre Schwiegermutter sagte: "Wo hast du heute Nachlese gehalten? Wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei der Mann, der Notiz nahm von dir!" Ruth erzählte ihrer Schwiegermutter, in wessen Bereich sie tätig gewesen war. „Der Name des Mannes, bei dem ich gearbeitet habe", sagte sie, „ist Boas."

20 Naomi sagte ihrer Schwiegertochter: "Möge er von Jahwe gesegnet werden, der seine treue Liebe den Lebenden und Toten nicht vorenthalten hat! Dieser Mann", fügte Naomi hinzu, "steht in einer engen Beziehung mit uns. Er ist einer von denen, die das Recht der Lösung über uns haben."

21 Ruth, die Moabiterin, sagte zu ihrer Schwiegermutter: "Er sagte auch: Bleib bei meinen Arbeitern, bis sie meine ganze Ernte beendet haben.“

22 Naomi sagte zu Ruth, ihrer Schwiegertochter: "Es ist besser für dich, Tochter, mit seinen Arbeiterinnen zu gehen, als zu einem anderen Feld zu gehen, wo du vielleicht schlecht behandelt würdest."

23 So blieb sie bei den Arbeiterinnen des Boas und las auf, bis die Gersten- und Weizenernte fertig war. Und sie lebte mit ihrer Schwiegermutter zusammen.


DRITTES KAPITEL

1 Ihre Schwiegermutter sagte dann: „Tochter, ist es nicht meine Pflicht, dich glücklich zu machen?

2 Boas, der Mann, mit dessen Arbeiterinnen du warst, ist er nicht unser Verwandter? Heute Abend wird er die Gerste dreschen auf der Tenne.

3 So wasche dich und parfümiere dich, lege den Mantel um und geh auf die Tenne. Lass ihn dich nicht erkennen, während er noch isst und trinkt.

4 Aber wenn er sich hinlegt, beachte, wo er liegt, dann geh und hebe die Decke zu seinen Füßen und lege dich selber zu ihm. Er wird dir sagen, was du tun sollst."

5 Ruth sagte: „Ich werde alles tun, was du mir gesagt hast."

6 So ging sie auf die Tenne und tat alles, was ihre Schwiegermutter ihr gesagt hatte.

7 Als Boas fertig gegessen und getrunken hatte, ging er glücklich hin und legte sich neben den Haufen von Gerste. Ruth ging dann leise zu ihm, hob die Decke zu seinen Füßen und legte sich zu ihm.

8 In der Mitte der Nacht wachte er mit einem Schock auf und sah sich um; und zu seinen Füßen lag eine Frau.

9 „Wer bist du?“ sagte er; und sie antwortete: "Ich bin deine Magd Ruth. breite den Zipfel deines Mantels über deine Magd, denn du hast das Recht der Lösung."

10 „Der Herr segne dich, Tochter", sagte er, "denn dieser zweite Akt der treuen Liebe, den du tust, ist größer als der erste, da du nicht jungen Männern hinterher läufst, sie seien arm oder reich.

11 Fürchte dich nicht, Tochter, ich werde alles tun, was du bittest, da die Leute am Tor meiner Stadt alle wissen, dass du eine Frau von großer Würde bist.

12 Aber, obwohl es wahr ist, dass ich das Recht der Lösung habe, hast du doch noch einen näheren Verwandten als mich.

13. Bleib hier heute Abend und am Morgen, und wenn er sein Recht auf dich ausüben will, gut, dann soll er dich lösen. Aber wenn er es nicht wünscht, so zu tun, dann, so wahr der Herr lebt, werde ich dich lösen. Lege dich hier hin bis zum Morgen."

14 So lag sie zu seinen Füßen bis zum Morgen, stand aber auf vor der Stunde, da ein Mensch einen anderen erkennen kann, denn Boas dachte: "Es muss nicht bekannt werden, dass diese Frau auf die Tenne kam.“

15 Dann sagte er: "Breite den Mantel, den du trägst, und halte ihn mir hin!" Sie hielt ihn hin, während er sechs Maß Gerste hinein legte, und dann lud er ihr alles auf; und sie ging in die Stadt.

16 Als Ruth nach Hause kam, fragte ihre Schwiegermutter sie: "Wie ging es mit dir, Tochter?" Sie erzählte ihr alles, was der Mann für sie getan hatte.
17 „Er gab mir diese sechs Maß Gerste und sagte: Du sollst nicht mit leeren Händen nach Hause zu deiner Schwiegermutter gehen."

18 Naomi sagte: "Tu nichts, Tochter, bis du siehst, wie die Dinge sich entwickeln. Ich bin sicher, er wird nicht ruhen, bis die Angelegenheit noch heute erledigt ist."


VIERTES KAPITEL

1 Boas war inzwischen bis zum Tor gegangen und setzte sich, und der Verwandte, von dem er gesprochen hatte, kam herbei. Boas sprach zu ihm: "Hier, mein Freund, komm und setze dich“; da kam der Mann und setzte sich.

2 Boas wählte anschließend zehn Älteste der Stadt und sagte: "Setzt euch hierher“; und sie setzten sich.

3 Boas sagte dann zu dem Mann, der das Recht der Lösung hatte: "Naomi, die wiedergekommen ist aus den Ebenen von Moab, will ein Stück Land verkaufen, das unserem Bruder Elimelech gehörte.

4 Ich dachte, ich sollte dir davon erzählen. Kaufe es in Anwesenheit der Männer, die hier in der Gegenwart der Ältesten meines Volkes sitzen. Wenn du dein Recht der Lösung verwenden möchtest, löse das Land. Wenn du es aber nicht willst, sag es mir, damit ich es weiß, denn ich bin die einzige Person, die neben dir zu lösen das Recht hat, und ich komme nach dir.“

5 Boas sagte dann: "An dem Tag, da du das Feld von Naomi erwirbst, erwirbst du auch Ruth, die Moabiterin, die Frau des Mannes, der gestorben ist, um so den Namen des Toten in seinem Erbe zu verewigen."

6 Der Mann mit dem Recht der Lösung sagte dann: "Ich kann mein Recht auf Lösung nicht verwenden, ohne dabei meinem eigenen Erbe zu schaden. Ich würde ja etwas kaufen, was später nicht bei meiner Familie verbliebe."

7 Nun, in früheren Zeiten war es Brauch in Israel, bei einer Transaktion im Bereich des Kaufs oder der Erbschaft, da gab einer seinen Schuh dem anderen und bestätigte so den Vertrag. Dies war die Art, wie Vereinbarungen in Israel ratifiziert wurden.

8 Also, als der Mann mit dem Recht der Lösung sagte zu Boas: „Erwirb du es selbst“, und er gab ihm seine Sandale.

9 Boas sagte zu den Ältesten und allen Leute da: "Heute seid ihr Zeugen, dass ich von Naomi erworben alles, was Elimelech gehörte, und alles, was zu Mahlon und Kiljon gehörte,

10 und dass ich auch Ruth, die Moabiterin, Mahlons Witwe, erworben, dass sie meine Frau werde, um den Namen des Toten in seinem Erbteil zu erhalten, so dass der Name des Toten nicht unter seinen Brüdern und am Tor seiner Stadt verloren geht. Heute seid ihr Zeugen."

11 Alle Menschen an der Pforte sagten: "Wir sind Zeugen"; und die Ältesten sagten: "Möge Jahwe die Frau machen wie Rahel und Lea, die beide das Haus Israel gebaut haben. Werdet mächtig in Ephrata, in Bethlehem werdet berühmt!

12 Und durch die Kinder, die der Herr dir von dieser jungen Frau geben wird, möge deine Familie wie die Familie des Perez werden, den die Tamar dem Juda gebar."

13 Also nahm Boas Ruth, und sie wurde seine Frau. Und als sie sich vereinigten, schwängerte sie der Herr, und sie gebar einen Sohn.

14 Da sagten die Frauen zu Naomi: "Gepriesen sei der Herr, der dich nicht verlassen hat, der dich erlöst hat. Sein Name soll in Israel gepriesen werden!

15 Das Kind wird ein Trost für dich sein und die Stütze deines Alters, denn er wurde geboren von deiner Schwiegertochter, die dich liebt und für dich mehr wert ist als sieben Söhne."

16 Und Naomi nahm das Kind und legte ihn an ihre Brust; und sie war es, die nach ihm sah.

17 Und die Frauen der Nachbarschaft gaben ihm einen Namen. "Ein Sohn", sagten sie, "ist der Naomi geboren worden", und sie nannten ihn Obed (Knecht). Dieser war der Vater von Jesse, dem Vater von David (dem Geliebten).

18 Das sind die Nachkommen von Perez: Perez zeugte Hezron,

19 Hezron zeugte Ram, Ram zeugte Amminadab,

20 Amminadab zeugte Nachschon, Nachschon zeuge Salmon,
21 Salmon zeugte Boas, Boas zeugte Obed,

22 Obed zeugte Jesse, Jesse zeugte David.


KOMMENTAR

ERSTES KAPITEL

Das Buch Ruth schildert eine landwirtschaftliche Lebensweise des Volkes Israel im Heiligen Land zur Zeit der sogenannten Richter. Die Zeit der Richter liegt zwischen dem Auszug der Kinder Israel aus Ägypten und der Königszeit, etwa 1300 vor Christi Geburt. Gott führte die Kinder Israel durch die Richter, die so etwas wie Bürgermeister waren. Das Buch Ruth wird in der jüdischen Liturgie als Festrolle zum jüdischen Wochenfest gelesen, das zur Gerstenernte stattfindet und der Vorläufer des christlichen Pfingsten ist. Der Verfasser des Buches Ruth ist anonym geblieben, allerdings vermuten die jüdischen Rabbinen den Seher Samuel als Autor des Buches. Das Buch ist keine poetische Erfindung, sondern ein geschichtliches Buch. Allerdings darf man bei seiner Auslegung nicht an historischen Fakten kleben bleiben, sondern muss durch die Allegorie den geistlichen Sinn erschließen.

1, 1 In den Tagen, da die Richter regierten, war eine Hungersnot im Land. Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog fort, er, seine Frau und seine beiden Söhne, um in den Ebenen von Moab zu leben.

Bethlehem in Juda ist das Haus des Brotes, wie sein Name sagt. Auch die Kirche ist das Haus des Brotes, denn die Kirche ist das Haus Christi, und Christus ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wenn die Familie, der Mann und die Frau und die Söhne, Bethlehem in Juda verlassen, um in das heidnische Moab auszuwandern, ist es dasselbe, als wenn eine christliche Familie die Kirche Gottes verlässt und in das Heidentum zurück sinkt.

1, 2 Der Mann hieß Elimelech (Mein Gott ist König), seine Frau Naomi (Die Süße) und ihre beiden Söhne Mahlon (Krankheit) und Kiljon (Schwindsucht); sie waren aus Ephratha, aus Bethlehem (Haus des Brotes) in Juda. Sie gingen in die Ebenen von Moab, dort ließen sie sich nieder.

Hier wird die Familie beschrieben, die eine Kirche im Kleinen oder eine Hauskirche ist. Der Vater ist Gott der König. Die Mutter, was die Protestanten vergessen, ist die Süße, die Liebliche. Die Kinder heißen Krankheit und Schwindsucht oder anders gesagt: Schwächlich und Gebrechlich, denn die Kinder der Kirche sind Sünder. Die Kirche stammt aus Bethlehem in Juda, denn mit der Geburt des Sohnes Gottes aus der Jungfrau Maria nahm die Kirche im Stall von Bethlehem ihren Anfang, da die jüdischen Hirten und die heidnischen Magier das göttliche Kind auf dem Schoß der süßen und lieblichen Mutter anbeteten. Ein Abfall vom Glauben ist es, den Stall von Bethlehem zu verlassen und in die Ebenen der Heiden auszuwandern. Wir leben in einer Zeit des massiven Glaubensabfalls und einer Flut des Neuheidentums.

1, 3 Elimelech, Naomis Mann, starb, und sie und ihre beiden Söhne blieben dort.

Elimelech, also mein Gott ist König, starb, wie Jesus Christus am Kreuze starb, und Naomi, die Liebliche, blieb mit ihren Kindern zurück, wie Jesus am Kreuz als sein Testament der Mutter Jesu die Jünger und Jüngerinnen Jesu als ihre Kinder anvertraut hat. Die liebenswürdige Maria ist die Mutter der Kinder Gottes.

1, 4 Die Söhne heirateten Moabiterinnen: die eine wurde Orpah (Nacken) und die andere Ruth (Freundin) genannt. Sie lebten dort für etwa zehn Jahre.

Die jüdischen Söhne heirateten heidnische Mädchen. Davor warnt das Wort Gottes im allgemeinen. Der Schriftgelehrte und Priester Ezra löste feierlich alle Mischehen auf. Der weise König Salomo ward durch seine heidnischen Konkubinen zur Verehrung der Göttin Astarte verführt. Der Name der beiden Mädchen ist Orpah und Ruth, das sind sprechende Namen. Denn Orpah bedeutet Nacken oder: Die den Rücken zuwendet. Und Ruth bedeutet Freundin oder Freundschaft. Orpah ist die Heidin, die dem Gott Israels den Rücken zukehrt. Ruth ist die Heidin, die zur Freundin Gottes wird. Die Rabbinen sagen, die beiden seien Prinzessinnen gewesen, Töchter des Königs von Moab. Sie waren von ihrer heidnischen Herkunft her Verehrerinnen des moabitischen Götterpantheons, dessen Hauptgott der Kriegs- und Todesgott Kemosch war, den die Septuaginta-Bibel mit dem griechischen Kriegsgott Ares identifiziert. Die Rabbinen sagen: So wie Ruth die Stammmutter Davids geworden, so ist Orpah als Stammmutter Goliaths anzusehen.

1, 5 Mahlon und Kiljon starben auch, und Naomi war beraubt ihrer beiden Söhne und ihres Mannes.

Naomi war nun eine Witwe und kinderlos. Wenn die christliche Seele sich von ihrem Gott und Bräutigam los sagt, wenn sie ins Heidentum zurückfällt, wird sie eine kinderlose Witwe, eine einsame Seele. Einsamkeit nennt die Bibel nämlich Kinderlosigkeit der Seele. Es ist ein Zustand der Verzweiflung, der Bitterkeit. Gott wartet jedoch auf die Umkehr der verlorenen Tochter, um sie sich selbst zu vermählen und sie geistlich fruchtbar zu machen.

1, 6 Sie beschloss, zurückzukehren von den Ebenen von Moab mit ihren Schwiegertöchtern, nachdem sie in den Ebenen von Moab gehört, dass Gott sein Volk heimgesucht und ihnen Essen gegeben.

Hier tritt die Umkehr der verlorenen Tochter ein. Der verlorene Sohn im Gleichnis Jesu verprasste sein Erbe bei den Huren, lebte bei den Schweinen und fraß Schweinefutter, bis er dachte: Ich will umkehren und heimkehren zu meinem Vater, dort ging es mir besser. Die verlorene Tochter Naomi verscherzte ihr Segenserbe als Israelitin bei den moabitischen Schweinen, ihre Söhne heirateten Heidinnen. Aber nun will sie heimkehren zum Gott Israels, bei dem es Brot in Fülle gibt. Denn Gott gibt Christi Leib als Brot zur Speise der Seele und mit und durch und in dem eucharistischen Brot das Leben in Fülle, das ewige Leben. Die christliche erzogene Seele, die für eine Zeit die Kirche verlassen hatte und im Heidentum gelebt hatte, dessen Götzendienst Ehebruch und Hurerei ist, tut Buße und kehrt heim zur Barmherzigkeit Gottes.

1, 7 Also, mit ihren Schwiegertöchtern verließ sie den Ort, wo sie lebte, und nahm den Weg zurück nach Juda.

Die Seele, die sich zu Gott bekehrt, nimmt andere Seelen mit. Genauer gesagt, sie lädt die Seelen aus dem heidnischen Umfeld ein, sich gleichfalls zum barmherzigen Gott zu bekehren. Wir sehen gleich, dass es eine freie Entscheidung der Heidinnen bleibt, denn es gibt zwei Wege: Orpah wendet dem Gott Israels den Rücken zu, betet den Kriegsgott Kemosch weiter an, wird Mutter Goliaths, geht die breite Straße, die in die Verdammnis führt. Ruth wird Freundin Gottes, sie sieht im barmherzigen Gott Israels ihren allerhöchsten Freund, sie zieht nach Bethlehem, sie wird Mutter Davids, ja, Mutter des Messias, sie geht den engen Weg, der ins Paradies führt.

1, 8 Naomi sagte zu ihren zwei Schwiegertöchtern: "Geht zurück, jede von euch in das Haus ihrer Mutter.“

Naomi wollte die Schwiegertöchter nicht an sich binden, denn sie konnte ihnen keine Männer geben. Sie wies sie zurück in das Haus ihrer Mutter. Maria will uns auch nicht an sich binden, aber auch sie sagt uns: Kehrt um und geht zurück zur Quelle, ins Haus der Mutter. Auch im Hohenliede Salomos lädt die Freundin den Geliebten ins Haus ihrer Mutter ein. Und die Kirchenväter lehrten, die Mutter im Hohenliede sei Gott der Vater. Zurück zur Quelle! Zurück zur Mutter! Zurück zu Maria! Zurück zu Gottes mütterlicher Liebe!

1,9 „Möge Jahwe euch seine treue Liebe zeigen, wie ihr sie denen, die gestorben sind, und mir gezeigt habt. Jahwe möge euch segnen, dass jede von euch das Glück hat, einen Mann zu finden!" Sie küssten sie, aber dann begannen sie laut zu weinen.

Die christliche Seele segnet die Heidinnen in ihrem Umfeld und empfiehlt sie der treuen Liebe Jahwes. Denn die treue Liebe oder die Gnade Jahwes gilt allen Völkern und jeder einzelnen Seele. Auch die Frage des Mädchens, einen Bräutigam zu finden, ist eine Angelegenheit des Segens Jahwe. Die allerdings Jahwe den Rücken kehrt, wird seinen Segen über ihre Ehe nicht empfangen, aber die Jahwe ihren höchsten Freund nennt, wird von Jahwe mit einem frommen und heiligmäßigen Bräutigam gesegnet, ja, Jahwe, der Freund der Freundin, wird selbst ihr allerhöchster Bräutigam, und sie wird zur gesegneten Mutter Davids, Mutter des Messias. Und die beiden heidnischen Mädchen küssten Naomi, die Liebliche und Süße, ihre Schwiegermutter, oder wie der Engländer sagt: Ihre Mutter-nach-dem-Gesetz, und weinten. So sollen auch wir Maria, unsere liebenswürdige Mutter im Gesetz Christi, küssen, denn sie will uns mitnehmen nach Bethlehem zur Krippe, mitnehmen zum himmlischen Zion. Und die beiden Heidinnen weinten. Aber Orpahs Tränen waren von der Traurigkeit der Welt, die zum Tode führt, dagegen Ruths Tränen waren himmlische Traurigkeit, die zu Reue und Umkehr führt, zum Leben in Fülle.
1,10 Und sie sagten: "Nein, wir wollen mit dir gehen als deine Dienerinnen."

Beide, Orpah und Ruth, wollen mit der Mutter-nach-dem-Gesetz gehen als ihre Dienerinnen. So sollen die christlichen Seelen mit der Mutter des Neuen Bundes gehen und ihr dienen. Allerdings ließ Orpath ihren Worten keine Taten folgen, als der Weg mit der Mutter ein Opfer zu fordern schien, dagegen Ruth war zum Opfer bereit, bis hin zur Ehelosigkeit, dem Weißen Martyrium, folgte und diente der Mutter im Glauben und ließ ihren Worten Taten folgen. Gott ist nicht an bloßen Lippenbekenntnissen des Glaubens interessiert, sondern erwartet, dass sich unser Glaube durch die Werke der Liebe als echt und fruchtbar erweist.

1,11 „Geht nach Hause, meine Töchter", antwortete Naomi. „Warum wollt ihr mit mir kommen? Habe ich noch mehr Söhne in meinem Leibe, um Ehemänner für euch zu gebären?“

Es ist, als fragte die Mutter des Neuen Bundes die Seelen, die kurz vor der Entscheidung zur Bekehrung stehen: Warum wollt ihr mit mir kommen? Wenn ihr mir, der Mutter im Gesetz, nach Zion, nach Bethlehem folgen wollt, müsst ihr bereit zu Verzicht und Opfer sein. Ihr müsst mir folgen nach Bethlehem, wo mein Sohn in bitterster Kälte und großer Verlassenheit geboren ist. Ihr müsst mir folgen nach Golgatha, bis unter das Kreuz. Überlegt es euch, ob ihr nur irdische Segnungen wollt, oder ob ihr bereit zum Kreuztragen seid. Aber, flüstert die Mutter des Neuen Bundes, wenn du, o Seele, dich bekehrst, dann werde ich dir in Bethlehem einen Bräutigam gebären. Auch wenn es bei der Geburt nicht natürlich zugeht, werde ich doch mit dem Segen Jahwes, dir, Freundin Gottes, den Bräutigam gebären.

1,12 „Geht heim, meine Töchter, geht, denn ich bin jetzt zu alt, um noch einmal zu heiraten. Auch wenn ich sagte: Ich habe immer noch eine Hoffnung: Ich werde einen Mann in dieser Nacht nehmen und weitere Söhne in meinem Schoße tragen,
1,13 wärt ihr denn bereit, auf sie zu warten, bis sie erwachsen sind? Möchtet ihr euch weigern bis dahin, noch einmal zu heiraten? Nein, Töchter, ich bin bitter vor Leid um euretwillen, da die Hand des Herrn wider mich erhoben ist."

Naomi ist zu alt, einen Mann zu nehmen und einen Sohn zu gebären. So war auch Sara zu alt, einen Sohn zu gebären, es ging ihr nicht mehr nach der Frauen Weise und ihr Leib war erstorben. So galt Elisabeth als unfruchtbar. Und alle diese haben durch die Macht Gottes geboren. Naomi bekommt am Ende des Buches Ruth den Sohn der Ruth auf den Schoß gelegt. Sara gebiert mit neunzig Jahren den Isaak, vom Engel verkündet. Elisabeth, wie der Erzengel Gabriel ihrem Ehemann verkündet, gebiert Johannes den Täufer. Alle diese Wunder weisen hin auf die jungfräuliche Empfängnis Jesu im Schoß der Jungfrau Maria, des unbesamten Ackers. Und dieser Sohn der Jungfrau ist der Bräutigam. Seid ihr bereit, auf ihn zu warten? Aber die Jungfrau Maria, gesegnet mehr als alle Frauen, die Mutter Gottes, musste unter dem Kreuz die Worte Naomis wiederholen: Töchter, ich bin bitter vor Leid um euretwillen, da die Hand des Herrn wider mich erhoben ist. Denn Maria nahm auf einzigartige Weise teil an der Passion Jesu Christi. Der Schmerz, den sie erlitt, als ihr Sohn gekreuzigt wurde, dieser Schmerz drang wie ein Schwert in ihre Seele und öffnete ihr Herz für die Mutterschaft, denn Christus gab sie sterbend uns zur Mutter. Wer will dieses Testament Jesu nicht annehmen?

1,14 Sie begannen alle, laut zu weinen, immer wieder; Orpath küsste ihre Schwiegermutter und ging zurück zu ihrem Volk. Aber Ruth blieb bei ihr.
1,15 Naomi sagte: "Schau, deine Schwester ist zu ihrem Volk und zu ihrem Gott gegangen. Geh du auch nach Hause, folge deiner Schwester."
1, 16 Aber Ruth sagte: "Bedränge mich nicht, dich zu verlassen und nicht mit dir zu gehen, denn wohin du gehst, will ich auch gehen, wo du lebst, will ich auch leben. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
1,17 Wo du stirbst, will ich auch sterben, und dort will ich begraben werden. Lasse Jahwe unermessliche Übel über mich bringen und noch schlimmere Übel, doch nur der Tod soll mich von dir scheiden!"

Hier haben wir gesehen, was Nachfolge der Mutter im Glauben bedeutet, sie führt uns unter das Kreuz. Orpah weinte und küsste sie und – verlässt sie. Ruth weint und küsst sie und – geht mit ihr. Die Mutter-im-Gesetz will Ruth aber noch einmal prüfen, ob ihre Bekehrung echt ist, sie fordert eine erneuerte Entscheidung und ein entschiedenes Bekenntnis. Und hier spricht Ruth eine Formel, ihr Credo, der oft als Hochzeitstext gewählt wird, aber interessanterweise hier von Tochter zu Mutter, von Schwiegertochter zu Schwiegermutter gesprochen wird. Maria, ich will mit dir gehen, denn wohin du gehst, will ich auch gehen, und sei es unter das Kreuz oder gar an das Kreuz, denn du führst mich in den Himmel, du führst mich zu deinem Sohn, dem Bräutigam meiner Seele. Wo du lebst will ich auch leben. Du lebst im Paradies, und ich will bei dir im Paradies leben. Dein Volk ist mein Volk, denn dein Volk ist das Volk Gottes, du bist die Mutter des Volkes Gottes, die Mutter der Kirche, und deine Kirche ist auch meine Kirche. Und dein Gott ist auch mein Gott, denn du bist die Tochter Gottes des Vaters und die Mutter Gottes des Sohnes und die Braut Gottes des Heiligen Geistes, und meine Gottheit ist die Allerheiligste Dreifaltigkeit.

1,18 Als sie sah, dass Ruth entschlossen war, mit ihr zu gehen, sagte Naomi nichts mehr.
1,19 Die beiden gingen weiter, bis sie nach Bethlehem kamen. Ihre Ankunft brachte die ganze Stadt auf die Beine, und die Frauen sagten: "Kann das Naomi sein?"
1, 20 Dazu sagte sie: "Nennt mich nicht mehr Naomi, die Süße, sondern nennt mich Mara, die Bittere, denn Shaddai hat mein Schicksal bitter gemacht.

Wenn die Seele entschieden ist für Gott, dann braucht es nicht vieler Worte mehr, dann geht es um Taten. Wenn die Vereinigung mit Gott im Gebet vollzogen ist, dann geht es hinaus in die Welt, Werke der Liebe zu tun. Wir folgen Maria weiter und hören sie sagen: Nennt mich nicht mehr Unsere Süßigkeit, sondern nennt mich Mara, das Meer der Bitterkeit. Eine Spanierin namens Maria sagte mir nach dem Tod ihres Mannes: Maria heißt die Bittere, denn sie musste Bitteres erleiden. Ja, Maria, die das Salve Regina unsere Süßigkeit oder unsere Wonne nennt, dulcis virgo Maria, süße Jungfrau Maria, sie sagte, stehend unter dem Kreuz: Seht, ob es einen Schmerz wie meinen gibt! Wir Christen sind alle berufen, Anteil zu haben am erlösenden Leiden Christi, aber nie hat ein Mensch so sehr mit Jesus gelitten wie seine Mutter. Maria ahmt Jesus nach: Er war Gott in Herrlichkeit und wurde um unsertwillen zur Sünde und zum Fluch, und Maria ist unsere Wonne, die süße Jungfrau Maria, die unseretwillen zum Meer der Bitterkeit wurde. Eine Christin, die in der Kinderlosigkeit ihrer Seele das Kreuz Christi zu schmecken bekam, den bitteren Kelch der Leiden, das Mitgekreuzigtwerden mit Christus, wiederholte diese Worte: Nennt mich Mara, die Bittere. Hier ist Naomis Anteil an der Passion, ihr Kreuz. Wie Hiob klagt sie: Die Pfeile Shaddais durchbohren meine Seele! So drangen sieben Schwerter durch Marias Seele, als die Mutter der Schmerzen vereint mit dem Sohn der Schmerzen litt. Doch wie Jesu Passion uns erlöst hat, so ist Maria durch ihr Mitleiden unsere Mutter geworden, die Süße, die Liebliche, die Liebenswürdige.

1,21 Ich ging voll aus, und der Herr hat mich leer nach Hause gebracht. Warum nennt ihr mich also Naomi, da der Herr sich gegen mich ausgesprochen und Shaddai mich elend gemacht?“
1,22 Dies war, wie Naomi nach Hause kam mit ihrer Schwiegertochter, der Moabiterin Ruth, bei der Rückkehr von den Ebenen von Moab. Sie kamen in Bethlehem an zu Beginn der Gerstenernte.

Naomi spricht hier wie ein weiblicher Hiob. Shaddai hat mich elend gemacht. Dennoch hält sie an Shaddai fest. Sie liebt Shaddai, weil er Gott ist, nicht wegen seiner Gaben. Sie liebt Shaddai nicht nur in Zeiten des Halleluja, sondern auch in Zeiten des Wehe. Sie liebt Shaddai nicht nur im Sonnenschein, sondern auch in der dunklen Nacht der Seele. Sie hat sich abgewandt von der Welt, das ist die dunkle Nacht der Sinne. Sie fühlt Gottes Liebe nicht mehr, das ist die dunkle Nacht der Seele. Sie kann Gott nicht mehr verstehen, das ist die dunkle Nacht des Geistes. Doch diese dreifache Nacht ist der Weg zur Vereinigung mit der göttlichen Weisheit. Und so kommt Naomi mit Ruth in Bethlehem an zur Zeit der Ernte, jetzt kommt die Zeit der Fruchtbarkeit, jetzt kommt das Brot vom Himmel und die Fülle des ewigen Lebens. Ruth ist angekommen in Gottes Königreich.


ZWEITES KAPITEL

2,1 Naomi hatte einen Verwandten von der Seite ihres Mannes, wohlhabend und von Elimelechs Clan. Sein Name war Boas (In ihm ist Kraft).

Hier tritt der Löser zum ersten Mal auf. Der Löser war ein familiärer Beistand. Er kauft die Schulden der Witwen und Waisen auf. Er sichert das Erbe. Wir fragen uns, inwiefern der Löser des alten Bundes ein Hinweis auf den Erlöser des neuen und ewigen Bundes ist. Christus ist seiner Menschheit nach unser Bruder geworden, er hat uns durch das Lösegeld seines kostbaren Blutes von der Sünde und dem Satan und dem Tod freigekauft und unser himmlisches Erbe erworben. Der Name des Lösers ist Kraft. Jesus sagte: Von nun an werdet ihr den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft. Kraft ist also ein Name Gottes des Vaters. Paulus sagte: Gott hat Christus für uns gemacht zu Gottes Weisheit (Sophia) und Gottes Kraft (Dynamis). Kraft ist also ein Name Gottes des Sohnes. Auch der Heilige Geist wird Kraft Gottes genannt, der Kraftwirkungen (Energien) ausstrahlt. Wir glauben also an die dreifaltige göttliche Kraft. Boas, der Löser, die Kraft, erscheint in der allegorischen Auslegung als Gott der Bräutigam, Ruth, die Freundin, ist die christliche Seele, die Braut Christi.

2,2 Ruth, die Moabiterin, sprach zu Naomi: "Lass mich in die Felder gehen und Ähren lesen in den Fußstapfen eines Mannes, der mich mit Wohlwollen ansehen wird." Sie antwortete: "Geh, meine Tochter."

Ruth wollte als liebende Schwiegertochter arbeiten, um für sich und ihre Schwiegermutter das tägliche Brot zu verdienen. Sie wusste nicht genau, wohin sie gehen sollte. Sie erfüllte einfach ihre Pflicht und begann mit dem ersten praktischen Schritt. Sie suchte den Acker, wo sie Gnade finden würde bei dem Herrn des Ackers. Sie suchte Gnade, sie suchte Gott. Die verschleierte Vorsehung Gottes lenkte ihre Schritte auf das Feld des Boas. Nicht Ruth hat Boas erwählt, sondern Gott hat den Boas für Ruth erwählt. Die christliche Seele hat nicht Jesus erwählt, sondern Jesus hat die Seele erwählt und berufen. Viele Seelen suchen Gott auf irrigen Wegen, sie suchen einen Gott, den sie sich selbst ausgedacht haben. Aber der christliche Glaube ist eine Offenbarung von oben, ein Geschenk Gottes, die Ausgießung einer Gnade, eine Erwählung.

2,3 So zog sie aus und ging in den Feldern, hinter den Schnittern her aufzulesen. Der Zufall führte sie zu einem Grundstück des Boas von Elimelechs Clan.

Der Zufall führte sie. Albert Schweizer sagte: Zufall ist der Name Gottes, wenn er ingognito handelt. Wir sehen in diesem Zufall eine Fügung der göttlichen Vorsehung. Um die Wahl des rechten Ehepartners muss gebeten werden. Die Ehen werden im Himmel geschlossen. Der Mensch denkt, Gott lenkt, sagt das Sprichwort. Die Feministin sagte: Die Frau denkt, der Mann schenkt, und Gott lenkt. Auch in der Theologie der Schöpfung wäre zu bedenken, dass der schöpferische Zufall das verborgene Wirken des schöpferischen Geistes ist. Das christliche Leben besteht darin, sich von Gott führen zu lassen, zu dem rechten Wirkungsfeld, zu dem rechten Lebenspartner, zur Vereinigung mit Gott.

2,4 Boas war gerade aus Bethlehem gekommen. "Jahwe sei mit euch!" sagte er zu den Schnittern. "Der Herr segne dich!" antworteten sie.

Der Löser Boas kommt aus Bethlehem. Hier sehen wir wieder das Vorbild für den Erlöser Christus, der im Stall von Bethlehem geboren wurde, dem Ort seiner Menschwerdung. Nur durch seine Menschwerdung konnte Christus unser Erlöser werden, da er als wahrer Mensch die Sünde der ganzen Menschheit auf sich geladen und in Leiden und Tod gesühnt hat. Wer aber sind die Schnitter? Jesus spricht im Gleichnis von der eschatologischen Ernte von den Schnittern als von den Engeln, die das gute Korn in die Scheune sammeln, die schlechte Spreu aber ins Feuer werfen. Boas sagt zu den Schnittern: Jahwe sei mit euch! Die Schnitter antworten: Jahwe segne dich! Die Schnitter sind auch die Arbeiter des Herrn. Der Herr spricht zu den Aposteln: Der Friede sei mit euch! Und die Apostel antworten: Und mit deinem Geiste. Jesus sprach von den Arbeitern im Weinberg, hier sind es die Arbeiter auf dem Acker. Der Acker ist die Welt, und die Arbeiter des Herrn sind die Verkündiger des Evangeliums. Das Wort Gottes wird als guter Same ausgesät, die Arbeiter verkünden das Wort Gottes, die Schnitter bringen die Ernte ein.

2,5 Boas sagte zu einem seiner Diener, der über die Schnitter eingesetzt war: "Zu wem gehört diese junge Frau?"

Wem gehört diese junge Frau? Wem gehörst du, o Seele? Der Sänger sagt: Du hast einem zu dienen, es mag der Teufel sein oder es mag der Herr sein, aber du hast einem zu dienen. Papst Franziskus sagte in seiner Antrittspredigt: Wer nicht den Herrn anbetet, der betet den Teufel an. Wer ist dein Herr? Ist dein Ego dein Herr? Ist der Sex dein Herr? Ist der Erfolg dein Herr? Ist das Geld dein Herr? Dann gehörst du dem Teufel. Ist Jesus Christus dein Herr? Dann gehörst du Gott. Und wem gehörte die Jungfrau Maria? Sie sagte: Siehe, ich bin die Magd des Herrn. Sie sagte: doule des Herrn, das bedeutet Leibeigene oder Sklavin. Die Jungfrau Maria bekennt sich als Sklavin Gottes, Gott ist ihr Herr.

2,6 Und der Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war, antwortete: "Das Mädchen ist die Moabiterin, die mit Naomi aus den Ebenen von Moab kam.
2,7 Sie sagte: Bitte lass mich doch auflesen und mitnehmen, was von den Garben hinter den Schnittern abfällt. - So kam sie, und hier blieb sie und machte kaum eine Pause von morgens bis jetzt."

Das Mädchen wird als eine Heidin bezeichnet, heidnischer Herkunft. Aber zu ihrer Rechtfertigung wird gesagt, dass sie mit ihrer Mutter-nach-dem-Gesetz, der Süßen, gekommen sei. Die jüdische Mutter wird die Fürsprecherin des heidnischen Mädchens. Wenn wir Seelen aus dem Heidentum vor den Gott Israels treten, dem Richter der Lebenden und Toten, wollen wir sagen: Ich bin ein heidnisches Mädchen, aber ich komme mit der Mutter des Neuen Bundes. Ich bin ein heidnisches Mädchen, aber ich diente meiner Mutter und Herrin, der Tochter Zion. Dann wird die Mutter Gottes vor dem Richter der Lebenden und Toten ihre Brüste entblößen und Fürbitte einlegen und sagen: Mein göttlicher Sohn, bei diesen Brüsten, daran du gesogen hast, erinnere dich an deine Menschheit und gedenke, dass die Menschheit schwach ist, dass sie Fleisch ist, und richte sie nicht wie die reinen Engel, sondern sei eingedenk deiner Barmherzigkeit. - Und noch etwas wird zur Rechtfertigung des heidnischen Mädchens gesagt, nämlich dass sie darum bat, nur das aufsammeln zu dürfen, was von den Schnittern fallen gelassen wird. Wir sehen hier Ruths Demut. Die Demut ist die Mutter aller Tugenden. Ohne Demut kann man Gott nicht gefallen. Maria sagte in ihrer Demut: Er hat angeschaut die Niedrigkeit seiner Magd. Die kanaanäische Frau sagte zu Jesus: Und doch essen die Hunde von dem, was von ihrer Herren Tisch herunterfällt. Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, wer sich in Demut erniedrigt, wird erhöht werden. Der Stolz Adams und Evas war, sein zu wollen wie Gott, so wurden sie aus dem Paradies vertrieben. Jesus kam als Knecht Gottes, den Willen des Vaters zu tun, und ward erhöht zur Rechten Gottes. Maria, das Gegenbild zu Eva, sagte: Ich bin die Gottesmagd, und so ward sie zur Königin des Himmels gekrönt. Der Mensch, der aus eigener Kraft Gott werden will, verfällt der Hölle. Der Mensch, der sich als Sklave Gottes bekennt, wird von Gott in den Himmel erhoben. Selbsterlösung und Selbstvergöttlichung ist des Teufels Werk. Erlösung aus Gnade und Vergöttlichung aus Gnade ist Christi Werk.

2,8 Boas sagte zu Ruth: "Hör mir zu, Tochter. Du sollst nicht zur Nachlese in irgendeinen anderen Bereich gehen. Du sollst nicht von hier weggehen. Bleibe nah bei meinen Arbeitern.“

Höre mir zu, Tochter! Höre, Israel, Jahwe, unser Gott, ist der einzige Gott! Christus spricht zur Seele: Komm auf meinen Acker und geh nicht von mir weg. Geh nicht auf den Acker Buddhas, Krishnas, Konfuzius, Mohammeds oder der Göttin Isis, sondern bleibe auf dem Acker Christi. Bleibe in der Kirche, die Christus gegründet hat, geh nicht in die Sekten, die sterbliche Männer gegründet haben. Geh in Gottes Wort spazieren, in dem Garten der Bibel, und setze nicht an die Stelle der Bibel die Sutren Buddhas oder die Bhagavadgita oder die Veden oder das Tao Te King oder die Gespräche des Konfuzius oder die Hymnen an Isis oder den Koran. Es gibt nur Einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, es gibt nur Einen wahren Gott, nur Einen wahren Glauben, nur Eine wahre Kirche. Und darum bleibe auf Christi Acker und bleibe nah seinen Arbeitern, den vollmächtigen Predigern des Evangeliums.

2,9 „Halte die Augen gerichtet, auf welchem Teil des Feldes sie ernten, und folge ihnen. Ich habe meinen Männern verboten, dich zu belästigen. Und wenn du durstig bist, geh zu den Krügen und trinke, was die Knechte schöpfen."

Folge den Arbeitern des Herrn, folge den Hirten der Kirche, folge den Predigern des Evangeliums. So sagt der Erlöser. Boas sagt: Ich habe meinen Männern verboten, dich zu belästigen. Ruth steht unter dem Schutz des Boas. Sie ist vorherbestimmt, seine Braut zu werden. Die anderen Männer sollen sie nicht beflecken. So sagte einst Heinrich Seuse zur Ewigen Weisheit: Ich habe viele Frauen in Minne verehrt, aber habe immer nur Dornen und keine Rosen gefunden. Da sprach die Ewige Weisheit zu Heinrich Seuse: Ich hab es so gefügt, denn ich wollte dich für mich! Und dann spricht Christus: Wenn du Durst hast, trinke, was meine Knechte geschöpft haben. Christus spricht im Evangelium: Wer Durst hat, komme zu mir, und ich gebe ihm lebendiges Wasser. Wer von diesem Wasser trinkt, wird nie mehr dürsten. So spricht die Weisheit in Jesus Sirach: Wer von mir trinkt, wird immer wieder dürsten. Das Wasser, das Christus uns zu trinken gibt, ist der Heilige Geist. Paulus sagt: Sauft euch nicht voll Wein, sondern lasst euch vom Heiligen Geist erfüllen. Der Heilige Geist schenkt die nüchterne Trunkenheit. Der Heilige Geist ist die ausgegossene Liebe Gottes, wer von dieser Quelle der Liebe trinkt, wer von dieser Liebe trunken wird, dessen Durst nach Liebe wird von Gott gestillt. Aber von Gott gestillt zu werden, bewirkt keine Sättigung bis zum Überdruss, sondern weckt immer neuen Durst nach neuen Ausgießungen der Liebe. Augustinus beschreibt die Glückseligkeit des Himmels so: Schauen und Genießen der göttlichen Schönheit, die uns vollkommen stillt und befriedigt und die zu gleicher Zeit eine unendliche Sehnsucht, ein Schmachten nach dem Genuss der göttlichen Schönheit in uns erregt. Und so bleibt das Paradies ein ewig spannendes Liebesspiel von Schmachten und Befriedigung.

2,10 Ruth fiel nieder auf ihr Angesicht, warf sich nieder und sagte: "Wie habe ich gewonnen deine Gnade, denn du hast mich beachtet, die ich doch nur eine Ausländerin bin?“

Wir erinnern uns bei diesem und den folgenden Versen an den Dialog des Erzengels Gabriel mit der Jungfrau Maria. Maria hat Gnade gefunden vor Gott. Der Engel grüßt sie als Gnadenvolle (Kecharitomene). Viele übersetzen das mit Begnadete, Luther ursprünglich sogar mit Holdselige. Hieronymus in der Vulgata übersetzt es mit gratia plena, voll der Gnade. Der Begriff Kecharitomene bedeutet: Mit Gnade bis zum Überfließen voll erfüllt und dies von jeher. Maria ist voll der Gnade und darum rein von Sünden, nicht aus eigenem Verdienst, sondern aus reiner Gnade Gottes, der eine reine Wohnung geschaffen hat für die Menschwerdung des Sohnes Gottes. Wie hab ich deine Gunst gewonnen, dass du mich beachtest, fragt Ruth. Maria fragt: Wie soll ich die Mutter des Sohnes Gottes werden, da ich doch gelobt habe, keinen Mann zu erkennen? Aber ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Gottes Wort. Wie hab ich deine Gnade gewonnen, dass du mich beachtest, fragt Ruth. Und Elisabeth fragt: Wie wird mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt!

2,11 Boas antwortete: "Ich habe alles gehört über die Art, wie du dich seit dem Tod deines Mannes bei deiner Schwiegermutter benommen hast und wie du von deinem eigenen Vater und Mutter und dem Land, wo du geboren wurdest, zu einem Volk gekommen bist, von dem du vorher nichts wusstest.“

Ruth hat ihr Volk und ihr Vaterhaus verlasse, um dem Gott Israels in Freundschaft zu begegnen. So heißt es im Buch Genesis bei der Stiftung der Ehe: Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen und sie werden Ein Fleisch sein. Auch Abraham hat sein Volk und sein Vaterhaus verlassen und ist dem Gott des Himmels gefolgt im Halbdunkel des Glaubens. Im Psalm 45, dem Hochzeitspsalm des Messias-Königs, heißt es: Höre, Tochter, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus. Er ist dein Herr, verneige dich vor ihm. Er verlangt nach deiner Schönheit.

2,12 „Möge Jahwe dir alles vergelten, was du getan hast, mögest du reichlich von Jahwe, dem Gott Israels, belohnt werden, die du unter seinen Flügeln Zuflucht genommen hast!"

Der buddhistische Mönch sagt: Ich nehme meine Zuflucht zum Buddha, ich nehme meine Zuflucht zum Gesetz der Vergeltung, ich nehme meine Zuflucht zum Orden. Der christliche Mönch sagt: Ich nehme meine Zuflucht zu Christus, ich nehme meine Zuflucht zum Evangelium, ich nehme meine Zuflucht zur universalen Kirche. Ruth nimmt ihre Zuflucht zu Jahwe, Zuflucht unter seinen Flügeln. Jahwe wird im Alten Testament des öfteren mit einem Muttervogel verglichen, der seine Küken unter seinen Flügeln schützt und wärmt. Jesus vergleicht sich selbst mit einer Glucke und die Kinder Jerusalems nennt er seine Küken. Wir sehen hier die mütterliche Liebe Gottes, die den kleinen Seelen Geborgenheit und Zärtlichkeit schenkt. Und dann spricht der Vers von Vergeltung und Lohn. Alle aufgeopferten Leiden, in Vereinigung mit Christi Leiden gelitten, alle Gebete, alles Fasten, alle Werke selbstloser Nächstenliebe, aller Verzicht wird im Himmel seinen Lohn finden. Sammeln wir nicht Schätze auf Erden, sondern Schätze im Himmel.

2,13 Sie sagte: "Mein Herr, ich hoffe, du wirst immer auf mich schauen mit Wohlgefallen! Du hast mich getröstet und ermutigt, obwohl ich nicht einmal gleich bin einer deiner Arbeiterinnen."

Hier hören wir erneut die Demut der Jungfrau Maria, die in ihrem Lobgesang singt: Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist frohlockt über Gott meinen Retter. Denn er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd gesehen. Großes an mir hat der Herr getan. Von nun an werden mich seligpreisen alle Generationen. Ich bin die Magd des Herrn. Diese Demut wird von Gott geliebt. So sagte Petrus zu Jesus: Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder! So bezeichnete Paulus sich selbst als Sklaven Jesu Christi, Missgeburt und Ersten aller Sünder. Es gibt zwei Menschenklassen: Heilige, die wissen, dass sie Sünder sind, und Sünder, die glauben, dass sie Heilige sind. Aber nur, wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Die Stolzen demütigt der Herr und erniedrigt die in ihrem Herzen voll Hochmut sind, wie Maria sagt.

2,14 Als es Zeit war zu essen, sagte Boas zu ihr: "Komm und iss etwas von diesem Brot und tauche dein Stück in den Essig." Ruth setzte sich neben die Schnitter, und Boas machten einen Haufen von gerösteten Getreide für sie; und sie aß, bis ihr Hunger gestillt war, und sie ließ einiges übrig.

Wir sehen den Löser die Freundin sättigen. Wir sehen den Erlöser Christus die Braut Christi sättigen mit dem Brot vom Himmel, dem Brot der Engel, dem wahren Manna, der Wegzehrung, dem Leib Christi, dem Sakrament.

2,15 Als sie wieder sammeln gingen, gab Boas Aufträge seinen Arbeitern: "Lasst sie zwischen den Garben auflesen. Belästigt sie nicht!
2,16 Und ihr werdet sicher ein paar Ähren von den Bündeln zupfen und fallen lassen. Lasst sie das dann aufzulesen, und schimpft nicht mit ihr."
2,17 So las sie auf dem Gebiet bis zum Abend. Dann drosch sie, was sie aufgelesen hatte, und es war etwa ein Scheffel Gerste.

Nach dem Gesetz war es den Armen erlaubt, den Schnittern zu folgen und aufzusammeln, was auf den Boden gefallen war. Boas aber geht noch über das Gesetz hinaus in seiner Gnade und gebietet den Schnittern, extra noch von den Ähren etwas für Ruth abzuzupfen. Gott ist ein großzügiger reicher Vater, der seine Gnade nicht karg bemessen ausspendet, sondern der mit vollen Händen bereit ist, ein Übermaß von Gnaden auszuspenden. Und gerade in den letzten Zeiten, da die Sünde übergroß wird, ist Gott bereit, unermessliche Gnaden auszuschütten. Und so arbeitete Ruth und sammelte die Gnaden des Lösers auf und am Abend des Tages besah sie sich die Summe. So wirst auch du, o christliche Seele, am Abend deines Lebens die Summe deiner Verdienste betrachten. In der Ewigkeit erkennst du, wie viel du durch deine Mitarbeit mit der göttlichen Gnade an Verdiensten erworben hast. Diese Verdienste schmücken deine Wohnung im Vaterhaus Gottes. Hier werden deine Tränen zu Perlen, deine Leiden zu Kronen, deine Gebete zu Wohlgerüchen, deine Almosen zu Schätzen. Deine Verdienste bestimmen das Maß deiner Seligkeit. Aber die Rettung erreichen nur die geistlich arm sind vor Gott und keine Verdienste vorweisen, sondern allein auf die unermessliche Barmherzigkeit vertrauen.

2,18 Da ging sie zurück in die Stadt. Ihre Schwiegermutter sah, was sie aufgelesen hatte. Ruth nahm auch, was sie nach dem Essen behalten hatte, und gab es ihr.
2, 19 Ihre Schwiegermutter sagte: "Wo hast du heute Nachlese gehalten? Wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei der Mann, der Notiz nahm von dir!" Ruth erzählte ihrer Schwiegermutter, in wessen Bereich sie tätig gewesen war. „Der Name des Mannes, bei dem ich gearbeitet habe", sagte sie, „ist Boas."
2, 20 Naomi sagte ihrer Schwiegertochter: "Möge er von Jahwe gesegnet werden, der seine treue Liebe den Lebenden und Toten nicht vorenthalten hat! Dieser Mann", fügte Naomi hinzu, "steht in einer enge Beziehung mit uns. Er ist einer von denen, die das Recht der Lösung über uns haben."
2, 21 Ruth, die Moabiterin, sagte zu ihrer Schwiegermutter: "Er sagte auch: Bleib bei meinen Arbeitern, bis sie meine ganze Ernte beendet haben.“
2, 22 Naomi sagte zu Ruth, ihrer Schwiegertochter: "Es ist besser für dich, Tochter, mit seinen Arbeiterinnen zu gehen, als zu einem anderen Feld zu gehen, wo du vielleicht schlecht behandelt würdest."
2, 23 So blieb sie bei den Arbeiterinnen des Boas und las auf, bis die Gersten- und Weizenernte fertig war. Und sie lebte mit ihrer Schwiegermutter zusammen.

Die Mutter lehrt die Tochter, wer der Mann der Gnade ist, der Löser, und dass sie bei ihm bleiben solle und zu keinem andern gehen. Im Bereich der Gnade ist Maria die von Gott für uns bestimmte Mutter, und sie führt uns zu Christus. Was er euch sagt, das tut! So spricht die Mutter Jesu auf der Hochzeit von Kana. Maria ist die Gussform, in die der Mensch Jesus gegossen wurde, in der er gebildet wurde. Jesus ist das Haupt, und wir Christen sind die Glieder seines Leibes. Jesus Christus als das Haupt und die Kirche als sein Leib bilden den ganzen Christus, Christus totus. Wie Christus in Maria gebildet wurde, so muss auch der Christ in Maria gestaltet und geformt werden, bis er ein alter ego Christi wird, ein Anderer Christus. Die Mutter muss uns gebären ins ewige Leben. Die Mutter der Gnade nehme uns an die Hand und bereite uns und führe uns zu unserem Bräutigam Christus, dem Erlöser des Menschengeschlechts.


DRITTES KAPITEL

3,1 Ihre Schwiegermutter sagte dann: „Tochter, ist es nicht meine Pflicht, dich glücklich zu machen?

Ich machte einmal eine Wallfahrt nach Lourdes, wo die himmlische Dame gesagt hatte: Ich bin die Unbefleckte Empfängnis. Zu dem vierzehnjährigen Mädchen Bernhardette sagte die schöne Dame: Ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in dieser Welt glücklich zu machen, aber in jener Welt!

3,2 „Boas, der Mann, mit dessen Arbeiterinnen du warst, ist er nicht unser Verwandter? Heute Abend wird er die Gerste dreschen auf der Tenne.
3, 3 So wasche dich und parfümiere dich, lege den Mantel um und geh auf die Tenne. Lass ihn dich nicht erkennen, während er noch isst und trinkt.
3, 4 Aber wenn er sich hinlegt, beachte, wo er liegt, dann geh und hebe die Decke zu seinen Füßen und lege dich selber zu ihm. Er wird dir sagen, was du tun sollst."

Weil ich oft Depressionen habe, befolge ich den Ratschlag des Philosophen Thomas von Aquin: Wenn du traurig bist, dann bete die Psalmen, und wenn das auch nicht hilft, dann nimm ein heißes Bad. So tu ich es wie Ruth und Boas: Ich bade und salbe mich, ich esse, ich trinke ein Glas Rotwein, und dann lege ich mich zu Füßen meines gekreuzigten Bräutigams und bin bereit, in der dunklen Nacht meinem Gott zu begegnen.

3, 5 Ruth sagte: „Ich werde alles tun, was du mir gesagt hast."

Maria sagte zu dem Engel: Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort. Jesus sagte im Garten Gethsemane zu seinem Vater: Nicht mein Wille geschehe, sondern deiner. Im Vaterunser beten wir: Dein Wille geschehe. Vom Christen wird Gehorsam gegenüber Gottes Wort gefordert.

3, 6 So ging sie auf die Tenne und tat alles, was ihre Schwiegermutter ihr gesagt hatte.
3, 7 Als Boas hatte fertig gegessen und getrunken, ging er glücklich hin und legte sich neben den Haufen von Gerste. Ruth ging dann leise zu ihm, hob die Decke zu seinen Füßen und legte sich zu ihm.

Die Rabbinen zweifelten eine Zeit, ob das Hohelied Salomos in die Heilige Schrift aufgenommen werden soll, bis sie erkannten, dass die menschliche Liebe zwischen dem weisen Salomo und der schönen Sulamith Ausdruck der Brautmystik ist. Gott ist der Bräutigam und die Jungfrau Israel seine Braut. Origenes sagte: Christus ist der Bräutigam und die Kirche seine Braut. Bernhard von Clairvaux sagte: Jesus ist der Bräutigam und die Seele seine Braut. Im Mittelalter sagten einige auch: Der Heilige Geist ist der Bräutigam und Maria ist die Braut. Ein protestantischer Theologe sagte sogar: Die göttliche Weisheit ist die Braut und der Philosoph ist ihr Bräutigam. Das Evangelium, die Gleichnisse Jesu sind voll vom Reden über die Hochzeit. Die Apokalypse und damit die ganze Bibel schließt mit der Hochzeit des Lammes und der Braut (griechisch Nymphe) des Lammes. In diesem Sinne wollen wir auch die Liebesbegegnung von Boas und Ruth deuten.

3,8 In der Mitte der Nacht wachte er mit einem Schock auf und sah sich um; und zu seinen Füßen lag eine Frau.

In der Mitte der Nacht findet das süße Treffen statt. Die dunkle Nacht ist bei dem Karmeliten Johannes vom Kreuz poetischer Ausdruck für das Kreuz. Wir evozieren hier die Ikonen des Gekreuzigten, zu dessen Füßen seine mystische Braut Maria Magdalena kniet, weinend die Füße ihres Bräutigams umklammert. Die Braut sagt im Gedicht: Ich nehme meine Zuflucht zu den Lotosfüßen meines Herrn. Der Schock des Bräutigams, sein Schrecken, ist sein Kreuz, seine Gottverlassenheit, darum der Gott Zebaoth auch den Namen Schrecken Isaaks trägt, als der Vater Abraham seinen Sohn und Liebling Isaak opfern musste, wie der Vater Jahwe seinen Sohn Jesus opfern musste.

3,9 „Wer bist du?“ sagte er; und sie antwortete: "Ich bin deine Magd Ruth. breite den Zipfel deines Mantel über deine Magd, denn du hast das Recht der Lösung."

Wer bist du? Dies fragt der Heilige Geist meine Seele. Wer bin ich, fragte sich Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager: die Mitgefangenen sagen, ich sei immer froh und tröste alle, aber meine Seele ist voller Angst und Traurigkeit, wer bin ich? wer ich bin, weiß Gott allein. Die Braut aber sagt: Siehe, ich bin die Magd des Herrn, wie Maria. Jesus ist der von Jesaja prophezeite Gottesknecht, Maria ist die Gottesmagd. Paulus ist der Sklave Jesu Christi. Das Wesen des Heiligen sagt: Ich diene. Dagegen Luzifers Motto ist: Non servam, ich diene nicht! Jesus ist nicht gekommen zu herrschen, sondern zu dienen. Was aber bedeutet der Zipfel des Mantels, den der Bräutigam breiten soll über die Magd? Derselbe Ausdruck kommt beim Propheten Hesekiel vor und ist wieder auch dort ein Ausdruck der Brautmystik. Dort ist die Jungfrau Jerusalem ein junges Mädchen, von allen ungeliebt, ihre Brüste waren voll geworden und ihr Schamhaar war gewachsen, sie war schön geworden, da kam Jahwe vorüber und breitete den Zipfel seines Mantels über sie und schloss mit ihr den Bund, den mystischen Ehebund.

3, 10 „Der Herr segne dich, Tochter", sagte er, "denn dieser zweite Akt der treuen Liebe, den du tust, ist größer als der erste, da du nicht jungen Männern hinterher läufst, sie seien arm oder reich.“

Boas nennt Ruth seine Tochter. Denn Boas ist ein älterer Mann, Ruth ein junges Mädchen. Denn Gott ist einerseits Vater und die Seele ist seine Tochter, aber Gott ist auch der Bräutigam und die Seele ist seine Braut. Gott ist der König und die Seele ist seine schöne geliebte Prinzessin. So ist Maria die erstgeborene Tochter des Vaters, aber gewissermaßen auch die Braut Gottes, als der Vater sie zur Mutter seines Sohnes machte. Und der zweite Akt der treuen Liebe oder Gnade ist größer als der erste Akt. Der erste Akt ist der mystische Ehebund Jahwes mit Israel, der zweite größere Akt ist der mystische Ehebund Jesu mit der ganzen Menschheit.

3,11 „Fürchte dich nicht, Tochter, ich werde alles tun, was du bittest, da die Leute am Tor meiner Stadt alle wissen, dass du eine Frau von großer Würde bist.“

Fürchte dich nicht! Das sagt der Engel zu Maria. Die Leute wissen, dass du eine Frau von großer Würde bist. Maria sagt: Der Allmächtige hat Großes an mir getan, von nun an werden mich selig preisen alle Generationen. Denn die Frau ist eine Frau von großer Würde oder, wie Luther sagt, von großer Tugend, oder wie andere sagen, eine tüchtige Frau. Dies erinnert an das Lob der tüchtigen Hausfrau am Schluss der Sprüche Salomos: Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Eine starke Frau, wem wird sie beschert? Die Würde der Frau stammt von Gott. Die makellose Jungfrau-Mutter Maria ist die Frau nach dem Herzen Gottes. Heinrich Seuse, der Minner der Ewigen Weisheit, machte einmal als Mönch einer Frau den Weg frei, er trat in eine Pfütze, damit sie ungehindert weitergehen könne.Sie wunderte sich: Du bist ein Mönch und ehrst so ein Weib? Da sagte er: Meine Minneherrin, die Himmelskönigin, ist eine Frau. Darum ehre ich jede Frau. Johannes Paul der Große sprach von der Würde der Frau mit dem schönen Ausdruck vom Genius der Frau. Die starke Frau, die tüchtige Frau, die tugendsame Frau, die Frau von großer Würde, die Frau der Offenbarung ist Maria. Nach dem Sündenfall wird die Frau verkündigt, deren Samen der Schlange den Kopf zertritt. Bei der Hochzeit von Kana nennt Jesus Maria Frau, desgleichen am Kreuz: Frau, siehe deinen Sohn. In der Apokalypse sieht Johannes die Frau in der Sonne.

3,12 „Aber, obwohl es wahr ist, dass ich das Recht der Lösung habe, hast du doch noch einen näheren Verwandten als mich.“

Boas, der namentlich erwähnt wird, ist der Löser. Aber es gibt noch einen anderen Löser, näher verwandt, der nicht namentlich erwähnt wird. Dieser Löser, wie sich später zeigt, vermag nicht zu lösen. Wir spekulieren: Der näher verwandte namenlose Löser, der nicht zu lösen vermag, ist das Gesetz Mose. Der potente Löser Boas ist die erlösende Gnade. Nicht die Werkgerechtigkeit bringt uns Erlösung, sondern die Rechtfertigung aus Gnade durch den Glauben an den Namen des Herrn Jesus Christus.

3,13 „Bleib hier heute Abend und am Morgen, und wenn er sein Recht auf dich ausüben will, gut, dann soll er dich lösen. Aber wenn er es nicht wünscht, so zu tun, dann, so wahr der Herr lebt, werde ich dich lösen. Lege dich hier hin bis zum Morgen."
3, 14 So lag sie zu seinen Füßen bis zum Morgen, stand aber auf vor der Stunde, da ein Mensch einen anderen erkennen kann, denn Boas dachte: "Es muss nicht bekannt werden, dass diese Frau auf die Tenne kam.“

Ein reifer Mann mit einem jungen Mädchen liegt des Nachts im Frühsommer im Mondschein im Getreidefeld! Wer erkennt nicht die Erotik dieser Szene? Die Moabiterinnen galten als besonders schön, exotische Schönheiten, wie Salomo sie liebte. Dazu war Ruth jung und Jugend ist graziös. Ein evangelikaler Pastor sagte mir einmal: Die Liebe Gottes hat viel mit Mutter Teresa von Kalkutta und nichts mit Don Juan gemein. Das klingt sehr fromm, und doch irrt er sich im Wesentlichen. Denn er wollte sagen: Gottes Liebe ist Agape oder Caritas, selbstlos schenkende Liebe, und Gottes Liebe ist nicht Eros oder Amor, begehrende leidenschaftliche Liebe. Aber Papst Benedikt schrieb in seiner Enzyklika Deus Caritas Est, dass in Gott auch der Eros ist. Gott spricht in Jeremia, Hesekiel und Hosea als ein leidenschaftlich begehrender Bräutigam, der rasch eifersüchtig ist, der zwei Huren sich zu Frauen genommen hat, die ihre Brüste von den Heiden betatschen ließen und ihre Beine jedem Hurenbock spreizten. Es gibt das Lied: Ubi caritas et amor, Deus ibi est: Wo selbstlos schenkende Liebe und wo leidenschaftlich begehrende Liebe ist, da wohnt Gott. Der Vater der abendländischen Mystik, Dionysius Areopagita, ein syrischer Theologe aus dem fünften Jahrhundert sagte, die Väter hätten erkannt, dass Gott Eros ist, aber weil das gemeine Volk unter Eros Unzucht versteht, hätten sie das Wissen, dass Gott Eros ist, geheimgehalten und stattdessen gesagt, Gott ist Agape. Ein Heiliger rannte am Karfreitag weinend durch die Straßen und rief: Mein Eros wird gekreuzigt, mein Eros wird gekreuzigt! Aber wir leben heute im Bereich der Hure Babylon, unsere Kultur ist geprägt von Unzucht, Ehebruch, Abtreibung, Homosexualität, Pornographie, Prostitution. Die Bordelle nennen sich Häuser des Eros. Wie kann man da sagen, Gott sei Eros. Aber der Eros Gottes ist nicht pervers, der Eros Gottes ist wie im Buch Ruth ganz rein und lauter, keusch und heilig. Das neuplatonische Märchen Amor und Psyche schildert, wie der jugendliche Gott Amor vom Himmel kam, um die wunderschöne Jungfrau Psyche zu freien. Sie musste manche Prüfung bestehen und erreichte schließlich nur durch die Hilfe der Mutter des Amor den Himmel, wo Gott Amor mit der Jungfrau Psyche die Hochzeit feierte. Und so ist es mit Christus, dem Amor Gottes.

3,15 Dann sagte er: "Breite den Mantel, den du trägst, und halte ihn mir hin!" Sie hielt ihn hin, während er sechs Maß Gerste hinein legte, und dann lud er ihr alles auf; und sie ging in die Stadt.
3,16 Als Ruth nach Hause kam, fragte ihre Schwiegermutter sie: "Wie ging es mit dir, Tochter?" Sie erzählte ihr alles, was der Mann für sie getan hatte.
3,17 „Er gab mir diese sechs Maß Gerste und sagte: Du sollst nicht mit leeren Händen nach Hause zu deiner Schwiegermutter gehen."
3,18 Naomi sagte: "Tu nichts, Tochter, bis du siehst, wie die Dinge sich entwickeln. Ich bin sicher, er wird nicht ruhen, bis die Angelegenheit noch heute erledigt ist."

Ruth bekommt sechs Eimer Gerste geschenkt. Jesus verwandelt sechs Fässer Wasser in Wein. Jesus verwandelt das Brot in sein Fleisch und den Wein in sein Blut. Gott ist ein Gott der Fülle. Buddha ist ein Götze der Leere, aber Gott ist ein Gott der Überfülle, des überfließenden Reichtums, der Fülle des Lebens, des maßlosen Schenkens, der grenzenlosen Liebe. Gott ist übervoll an Liebe und will all seine brennende Liebe in deinen Schoß schütten. Öffne dein Herz und empfange!


VIERTES KAPITEL

4,1 Boas war inzwischen bis zum Tor gegangen und setzte sich, und der Verwandte, von dem er gesprochen hatte, kam herbei. Boas sprach zu ihm: "Hier, mein Freund, komm und setze dich“; da kam der Mann und setzte sich.
4,2 Boas wählte anschließend zehn Älteste der Stadt und sagte: "Setzt euch hierher“; und sie setzten sich.
4,3 Boas sagte dann zu dem Mann, der das Recht der Lösung hatte: "Naomi, die wiedergekommen ist aus den Ebenen von Moab, will ein Stück Land verkaufen, das unserem Bruder Elimelech gehörte.
4,4 Ich dachte, ich sollte dir davon erzählen. Kaufe es in Anwesenheit der Männer, die hier in der Gegenwart der Ältesten meines Volkes sitzen. Wenn du dein Recht der Lösung verwenden möchtest, löse das Land. Wenn du es aber nicht willst, sag es mir, damit ich es weiß, denn ich bin die einzige Person, die neben dir zu lösen das Recht hat, und ich komme nach dir.“
4,5 Boas sagte dann: "An dem Tag, da du das Feld von Naomi erwirbst, erwirbst du auch Ruth, die Moabiterin, die Frau des Mannes, der gestorben ist, um so den Namen des Toten in seinem Erbe zu verewigen."
4,6 Der Mann mit dem Recht der Lösung sagte dann: "Ich kann mein Recht auf Lösung nicht verwenden, ohne dabei meinem eigenen Erbe zu schaden. Ich würde ja etwas kaufen, was später nicht bei meiner Familie verbliebe."
4,7 Nun, in früheren Zeiten war es Brauch in Israel, bei einer Transaktion im Bereich des Kaufs oder der Erbschaft, da gab einer seinen Schuh dem anderen und bestätigte so den Vertrag. Dies war die Art, wie Vereinbarungen in Israel ratifiziert wurden.
4,8 Also, als der Mann mit dem Recht der Lösung zu Boas sagte: „Erwirb du es selbst“, und er gab ihm seine Sandale.
4,9 Boas sagte zu den Ältesten und allen Leute da: "Heute seid ihr Zeugen, dass ich von Naomi erworben alles, was Elimelech gehörte, und alles, was zu Mahlon und Kiljon gehörte,
4,10 und dass ich auch Ruth, die Moabiterin, Mahlons Witwe, erworben, dass sie meine Frau werde, um den Namen des Toten in seinem Erbteil zu erhalten, so dass der Name des Toten nicht unter seinen Brüdern und am Tor seiner Stadt verloren geht. Heute seid ihr Zeugen."

Wir behandeln diesen Ehekontrakt im allgemeinen. Wir sehen, dass die Prozedur der Eheschließung bis ins Detail vom Gesetz Gottes vorgegeben ist. Wie anders erleben wir es doch in unsern weltlichen Familien, da mancher Zank durch Gottlosigkeit, Materialismus und Egoismus entsteht. Wir erkennen in dieser Schilderung eines vom Gesetz geleiteten Ehekontraktes die Empfehlung der Weisheit, in Fragen der Ehe den Herrn zu Rate zu ziehen. Bei Tolstoi im Roman Anna Karenina stehen Überlegungen geschrieben, wie junge Leute am besten die Ehe eingehen. War es in alten Zeiten besser, da die Klugheit der Eltern den Ehepartner für das Kind wählte? Oder ist die moderne Sitte besser, da das Kind seinem Herzen folgt und nach der gefühlten Liebe sich selbst den Ehepartner wählt? Wir sehen allerdings in unserer heutigen gottlosen Zeit, dass die modernen Jugendlichen einzig ihren Trieben folgen und ohne an das Gesetz Gottes zu denken, rein nach dem Diktat ihrer pubertierenden Triebe vorschnell unzüchtige Vereinigungen eingehen, die ebenso schnell wieder gelöst werden und tiefe Risse in den Herzen hinterlassen. Eine andere Form der gottinspirierten Eheschließung sehen wir im apokryphen Evangelium nach Jakobus, dessen Fakta in die katholische Liturgie eingegangen sind. Maria wächst als eine gottgeweihte Tempeljungfrau heran. In der Zeit ihrer Geschlechtsreife erkennt der Priester, dass die gottgeweihte Jungfrau einen ehelichen Beschützer braucht. Nach der Weisung des Herrn soll der Bräutigam der Jungfrau aus dem Stamm Juda, aus dem Haus Davids stammen. Zwölf Freier bewerben sich um die Jungfrau. Jeder von ihnen legt einen Stab in den Tempel Gottes. Allein der Stab Josefs schlägt aus und bringt eine Blüte hervor. Damit ist der vom Heiligen Geist erwählte Bräutigam der Jungfrau bezeichnet. Die Szene der Vermählung der gottgeweihten Jungfrau mit dem heiligen Josef ist festgehalten auf dem Gemälde Sposalizio Mariae von Raffael.

4,11 Alle Menschen an der Pforte sagten: "Wir sind Zeugen"; und die Ältesten sagten: "Möge Jahwe die Frau machen wie Rahel und Lea, die beide das Haus Israel gebaut haben. Werdet mächtig in Ephrata, in Bethlehem werdet berühmt!
4,12 Und durch die Kinder, die der Herr dir von dieser jungen Frau geben wird, möge deine Familie wie die Familie des Perez werden, den die Tamar dem Juda gebar."

O ihr lieben Frauen des Alten Testaments! Heinrich Heine berichtete von einem holländischen Pietisten-Prediger, der verheiratet war, aber sehr zum Leidwesen seiner Ehefrau des Nachts immer von den Frauen des Alten Testaments träumte. So hörte die Ehefrau den Ehemann nachts im Ehebett im Schlaf reden, wie er entzückt ausrief: O Vashti, ich liebe dich! Nun, die Sehnsucht der Frauen Israels war es, Mutter des Messias zu werden. Der Messias Jesus hat ja einen Stammbaum, der bis zu Eva zurückreicht. Er stammt von Israel ab. Das Zwölfstämmevolk Israel war von Lea und Rahel, den beiden Frauen Jakobs geboren. Rahel war Jakobs Favoritin, sie hatte schöne Augen, aber sie war lange kinderlos. Lea war sehr fruchtbar, aber sie hatte blinde Augen. Rahel starb in Ephrata bei Bethlehem während der Geburt Ben-Jamins oder Ben-Onis. Wir wollen auch die beiden Mägde von Jakobs beiden Ehefrauen nicht vergessen, Bilha und Silpa, die dem Jakob auch Kinder geboren haben. Tamar war mit Onan verheiratet, aber Onan ließ seinen Samen lieber zur Erde fallen. Onan starb durch den Zorn des Herrn. Da setzte sich Tamar als verschleierte Hure an den Straßenrand, da ihr Schwiegervater Juda vorbeikam, der mit der Hure schlief, und Tamar ward schwanger von Juda und gebar Zwillinge. Auch Tamar ist eine der Stammmütter des Messias. Das Evangelium nennt vier Stammmütter Jesu in Jesu Stammbaum: Rahel, die Hure von Jericho, die mit Salman den Boas gebar; Tamar, die als Hure von ihrem Schwiegervater schwanger ward; Ruth, die Moabiterin aus dem Heidentum, die den Großvater Davids gebar; und Bathseba, die David vom Dach seines Hauses nackt sich baden sah, mit der er die Ehe brach, deren heidnischen Ehemann er dem Tod auslieferte, diese ward Mutter Salomos. Wir erkennen, dass der Messias in eine Menschheit eingetaucht ist in seiner Menschwerdung, die von Sünde geprägt ist, von Hurerei, Ehebruch und Götzendienst. Wir meinen aber auch, sagen zu können, dass die Tatsache, dass die Moabiterin Ruth als Urgroßmutter Davids Stammmutter des Messias ward, ein Hinweis darauf ist, dass der Messias auch Ahnen im Heidentum hat. Zwar, wie Jesus selbst sagte, das Heil kommt von den Juden. Aber schon die frühen Väter der Kirche sprachen von dem Logos Spermatikos, von den Samenkörnern der Wahrheit, die im Heidentum enthalten sind. So gibt es bei den Griechen die Mythen von den gottbefruchteten Menschentöchtern, den Begriff des Gottessohnes, die Idee eines sterbenden und auferstehenden Gottes, die Idee eines Gottesmahles im Mysterienkult. Von Platon wird behauptet, seine Mutter habe ihn jungfräulich geboren. Die christlichen Theologen haben in der griechischen Philosophie, zuerst vor allem bei Platon, später mehr bei Aristoteles, Samenkörner der Wahrheit entdeckt, so sehr, dass einige meinten, Platon habe seine Philosophie in einer Offenbarung empfangen, ja so gar bis hin zu der irrigen Auffassung, Jesus von Nazareth habe die Schriften Platons studiert. So auch, als die jesuitischen Misionare von Portugal nach China kamen, schätzten sie sehr die kanonischen Bücher der chinesischen Philosophie und identifizierten das Tao mit dem Logos Gottes.

4,13 Also nahm Boas Ruth, und sie wurde seine Frau. Und als sie sich vereinigten, schwängerte sie der Herr, und sie gebar einen Sohn.

Als sie sich vereinigten, schwängerte sie der Herr. Die Ehe ist kein weltlich Ding, wie Luther meinte, sondern die Ehe ist ein Mysterium (Sacramentum) der Liebe Gottes. Der eheliche Bund zwischen Einem Mann und Einer Frau für das ganze Leben wird besiegelt als Sakrament wodurch? Nicht durch den Segen des Priesters, nicht durch den Ehering, sondern durch die sexuelle Vereinigung. In der sexuellen Vereinigung mystisch gegenwärtig ist die Liebe Gottes. Die sexuelle Vereinigung von Ehemann und Ehefrau, die offen ist für die Zeugung des Kindes, ist ein Abbild der Liebesvereinigung in der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Die erste Person der Gottheit liebt die zweite Person, die zweite Person liebt die erste Person, und aus ihrer wechselseitigen Liebe geht als Frucht der Liebe die dritte Person der Gottheit hervor. Durch die Zeugung eines Kindes werden die Ehepartner Mitschöpfer Gottes. Sie erfüllen den Willen Gottes: Seid fruchtbar und mehret euch. In dem Augenblick der Verschmelzung des männlichen Samens mit dem weiblichen Ei haucht Gott die aus dem Nichts geschaffene Seele diesem Keim des menschlichen Körpers als Lebens- und Entwicklungsprinzip ein, oder wie man poetisch sagen muss: Gott küsst die Seele in den Leib. Die Lust und Freude, die Mann und Frau bei der Zeugung des Kindes empfinden, ist ein Ebenbild der Lust und Freude des Schöpfers. Gott hat Lust an dir! Du bist Mein geliebtes Kind, an dir hab Ich mein Wohlgefallen! Kinder sind ein Geschenk Gottes, wie der Psalmist sagt. Gott der Vater zeugt die Seele aus dem Nichts in Bild und Gleichnis des Sohnes Gottes, darum ist Christus die Form der Seele, die Seele ist die Form des Leibes. Da die Seele im Bild Christi geschaffen ist, ist jede Seele von Natur aus christlich. Die Seele war nicht vor der Empfängnis präexistent im Ideenhimmel, wie Platon meinte, sondern im Augenblick der Empfängnis wird die Seele von Gott aus dem Nichts geschaffen: Creator ex nihilo. Durch das Lebensprinzip der menschlichen Geistseele ist der Mensch vom Augenblick der Empfängnis an eine menschliche Person als Ebenbild Gottes. Daher die Abtreibung eines Fötus Mord an einem Menschen ist. Das millionenfache Blut Abels schreit laut zu Gott!

4,14 Da sagten die Frauen zu Naomi: "Gepriesen sei der Herr, der dich nicht verlassen hat, der dich erlöst hat. Sein Name soll in Israel gepriesen werden!
4,15 Das Kind wird ein Trost für dich sein und die Stütze deines Alters, denn er wurde geboren von deiner Schwiegertochter, die dich liebt und für dich mehr wert ist als sieben Söhne."
4,16 Und Naomi nahm das Kind und legte ihn an ihre Brust; und sie war es, die nach ihm sah.

Naomi nimmt das Kind bei seiner Geburt auf den Schoß und nimmt es damit als ihr eigenes Kind an, sie ward seine Wärterin und zog es groß. Ich muss an meine Kindheit denken: Mein Vater und meine Mutter gingen der Berufsarbeit nach und mich zog meine Großmutter groß. Ich muss auch denken an eine liebe Freundin, die drei Söhne gebar, die sie alle nach ihrer Geburt in meine Arme legte, dass ich sie als meine Söhne annehme und sie großzöge. Meine geliebte Großmutter und die geliebte Freundin sind nun tot. Aber die Weisheit unterscheidet nicht zwischen Lebenden und Toten, ihr leben sie alle, sie unterscheidet nur zwischen denen, die in Christus sind, und denen, die nicht in Christus sind. Im Übrigen, wenn die heidnischen Feministinnen der Bibel Frauenfeindlichkeit unterstellen, sollen sie das Wort bedenken, dass für Naomi Ruth mehr wert war als sieben Söhne.

4,17 Und die Frauen der Nachbarschaft gaben ihm einen Namen. "Ein Sohn", sagten sie, "ist der Naomi geboren worden", und sie nannten ihn Obed (Knecht). Dieser war der Vater von Jesse, dem Vater von David (dem Geliebten).
4,18 Das sind die Nachkommen von Perez: Perez zeugte Hezron,
4,19 Hezron zeugte Ram, Ram zeugte Amminadab,
4,20 Amminadab zeugte Nachschon, Nachschon zeuge Salmon,
4,21 Salmon zeugte Boas, Boas zeugte Obed,
4,22 Obed zeugte Jesse, Jesse zeugte David.

Hier sehen wir den Stammbaum des Königs David. Es ist ein Vorschatte des evangelischen Stammbaums Jesu, des ewigen Messias-Königs. Der Name Jesu sei gepriesen!

EPILOG

Ich bin die Magd des Herrn / Ich bin die Freundin Ruth /

Und Du mein Bräutigam / Erlöser auf dem Blut!