Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DIE FLAMME DER SCHÖNEN LIEBE




Von Josef Maria Mayer



REISSE DEN LETZTEN SCHLEIER HERUNTER!



O Liebe,
Du hast mich mit deiner Zärtlichkeit verwundet!
Komm, geliebte Liebe,
Reiße den letzten Schleier herab
Zur süßen Vereinigung!
Der Mensch ist in der Vereinigung,
Die ihm die göttliche Liebe gewährt,
Entflammt vom Feuer der Liebe,
Sein Gaumen schmeckt schon die Gloria
Und er ist ganz gebadet in dem Bad der Schönen Liebe!
Aus meinem Schoße fühl ich strömen
Ströme lebendigen Wassers!
Ich bin der ewigen Seligkeit schon so nahe,
Dass mich nur ein hauchfeiner Schleier
Noch von der Wonne trennt!
O zärtliche Liebesflamme,
Wie hast du mich angefallen!
Schenkst du mir jetzt das ewige Leben?
Reißt du jetzt den Schleier herunter,
Den Schleier des sterblichen Fleisches?
Mit glühender Sehnsucht sprech ich zur Flamme,
Dass sie das fleischliche Leben zerreiße
Um dieser süßen Begegnung willen,
In der sie mir dann vollkommen spendet,
Was sie mir immer geben möchte,
Wenn sie mir begegnet,
Nämlich mich ganz und gar
Zu verherrlichen in der ewigen Schönheit!
O wie brennend ist doch meine Sehnsucht,
Die Schöne Liebe zu überreden,
Mich doch zu entfesseln!
Die Liebesflamme verzehrt mich
In zärtlicher Liebe
Und macht mich sich gleich
Und brennt darüber hinaus in mir
Mit lodernden Flammenschlangen!
Meine Menschenseele ist
Der Schönen Liebe gleich gestaltet,
Unsere Liebesakte,
Die wir im Geist vollziehen,
Sind wie lodernde Flammen,
Flammende Liebe,
In denen unsre Gefühle geeint sind,
Da wir auf höchste Weise lieben,
In vollkommener Kunst,
Da die Liebe eins geworden ist mit der Weißglut!
So spricht Gott in mir,
O Gott, dein Wort erglüht!
Sind meine Worte nicht wie Feuer?
Diese Seligkeit, die mir der Geist der Liebe schenkt,
Diese lodernden Flammen des Geistes,
Sind so erhaben wonnevoll und schön,
Dass ich jetzt schon koste und erkenne,
Wie das ewige Leben schmeckt!
Darum nenne ich Gott lebendige Gottheit,
Weil ich lebendig die Liebe schmecke,
Wenn auch nicht ganz so köstlich wie im Himmel,
Doch hab ich einen köstlichen Vorgeschmack
Des Genusses im ewigen Leben.
Wie du mich zärtlich berührst
Mit dem Hauch deiner Glut!
Deine Flamme ist eine Flamme göttlichen Lebens,
Du verwundest meine Menschenseele
Mit der Zärtlichkeit des göttlichen Lebens,
Du verwundest mich so stark,
Du verwundest mich tief im Innern,
Du machst mich so zärtlich
Und lässt mich so verzärtelt werden,
Dass ich schmelze in Liebesglut!
Sobald mein Gott gesprochen,
Zerschmolz meine verzärtelte Seele!
Die Liebe weiß von ihrer Aufgabe wohl,
Mich zu verwunden,
Um mich verliebt zu machen
Und mich mit Seligkeit zu erfüllen!
Die Liebe lebt in mir
In strahlenden Flammen,
Sie fügt mir unaufhörlich Wunden zu,
Diese Wunden sind wie lodernde Flammen
Zärtlich liebkosender Liebesspiele,
Dabei übt sie lustvoll
Und feierlich aller Liebeskünste
Und geschickt die Liebesspiele,
Wie im orientalischen Palast
Der König mit seiner Braut gespielt.
Denn die Weisheit der Liebe freut sich alle Tage
Und spielt allezeit vor meinen Augen
Und ihre Wonne ist es,
Bei dem Menschen zu sein.
In der Mitte meiner Seele
Steckt Gott!
Die Liebe ist die Kraft
Des Menschen, um zu Gott zu gehen.
In der Liebe vereint
Sich der Mensch mit der Gottheit.
Der Mensch dringt immer tiefer in die Gottheit ein,
Je heißer seine Liebe ist,
Denn stärkere Liebe
Vereinigt inniger noch.
In dem Hause meines Vaters
Sind verschiedene Wohnungen.
Die Vereinigung mit der Gottheit in Liebe
Auf dieser Erde
Gleicht nicht der Vereinigung
In der Ewigkeit.
Ob der Mensch auch fortgeschritten ist
Auf dem Weg zur Vollendung,
So ist er auf Erden doch nie
In der absoluten Glückseligkeit
Der Vereinigung mit der göttlichen Liebe
In den ewigen Himmelsgärten.
Vielleicht geschieht ihm doch,
Dass die Gottheit im Vorübergehen
Eine Gnade gewährt.
Dennoch kann der Mensch
Die Liebe in diesem Leben schon besitzen,
Wie er sie in der Ewigkeit
Besitzen wird,
Dann wächst die Macht der Liebe so sehr,
Dass dieses Leben auf der Erde
Jenem Leben im Himmel sehr ähnlich ist.
Die Ewige Weisheit
Zögert nicht und schätzt es nicht gering,
Bei den Menschenkindern zu sein
Und auf dem Erdkreis zu spielen.
Das ist wohl zu glauben,
Dass ein Mensch, geprüft
Im Feuerofen der Trübsal,
Gehärtet durch Versuchung,
Gereinigt durch Leiden,
Für treu befunden von Gott,
Auch diese Gunst der Gottheit erfährt,
Dass die Dreifaltigkeit
Zu ihm kommt und bei ihm wohnt.
Dann wird die Erkenntnis des Menschen
Von der Ewigen Weisheit erleuchtet,
Die Empfindung des Menschen
Erfreut sich des Trostes der Ruach
Und der Schöpfer zieht die Seele
In die süße Umarmung
Und bettet sie an den barmherzigen Brüsten
Und lässt sie ruhen im Schoß der Barmherzigkeit,
Ruhen am pochenden Herzen
Der göttlichen Liebe des Schöpfers.
Zwei Arten der Vereinigung gibt es.
Es gibt die Vereinigung aus Liebe
Und die Vereinigung aus brennender Liebe.
Die Vereinigung in Liebe
Ist ein Feuer Gottes,
Die Vereinigung aus brennender Liebe
Ist ein Feuerofen Gottes.
Die Vereinigung in Liebe
Vereinigt die irdische Kirche
In selbstloser Liebe mit Gott,
Doch nur mäßig entzündet.
Die Vereinigung in brennender Liebe
Vereinigt die himmlische Kirche
In selbstloser Liebe mit Gott,
In einem Feuer, das dem Glutofen gleicht,
In einer vollkommenen Liebe,
Die reine Weißglut ist.
Eine gewisse Menschenseele ist mystisch
Noch nicht gelangt zur vollendeten Liebe,
Die wie ein Glutofen voller Weißglut ist,
Doch im Vergleich mit andern Seelen
Ist diese entflammte Seele
Wie ein brennender Feuerofen,
Darum ist ihr Aussehen friedlich,
Herrlich, zart,
Weil ja auch die Flamme reiner ist
Als ein Backofen.
O glühende Liebe, die du
Mit deiner Liebesbewegung
Gemäß der Kraft meiner Seele
Mich verklärst,
Indem du meiner Erkenntnis
Gott zu begreifen gibst
Und aufgrund meiner Läuterung
Und Reinigung im Feuerofen
Meiner inneren Seele
Dich göttlich näherst
Und den Kern meiner Seele
Mit Strömen der Glückseligkeit überstürzt!
Denn der geläuterte Mensch
Wird der Ewigen Weisheit einverleibt.
Der im Feuer gereinigte Kern
Wird eingefleischt in die Spalte der Ewigen Weisheit.
Dort entflammt der Geist
Das Züngeln der göttlichen Flammen!
Wie quälend war doch die Flamme dem Menschen!
Bei diesem Läuterungsfeuer
War die Flamme nicht licht,
Sondern war ein schwarzes Feuer,
So sieht der Mensch, wie erbärmlich er ist,
Er sieht seinen Mangel, es schmerzt ihn.
Und zündet die Flamme den Menschen an
Zuweilen auch mit warmer Liebe,
So geht die Qual doch Hand in Hand mit ihr.
Seligkeit schenkt sie ihm nicht,
Sie schenkt ihm Trockenheit.
Manchmal nach ihrem gütigen Wohlwollen schenkt
Sie ihm Wohlgefühl,
So ermuntert sie ihn,
Doch dann zahlt sie es ihm heim
Mit harter Arbeit und schwerer Mühsal.
Nicht, ihn zu erquicken
Im Frieden ist sie gesinnt,
Sondern verzehrend und quälend ist die Liebe,
So erkennt er sich selber,
Indem er vergeht vor Schmerzen,
Er sieht, wie er im Elend ist,
Er schmeckt das Bittere,
Denn die Gottheit schickt ihm
Feuer in Mark und Gebein
Und prüft den Menschen wie Gold
Im Feuerofen der Trübsal.
Der Kern der Seele erleidet
Verlassenheit,
Eine trockene Wüste,
Einen beißenden Frost,
Mitunter quälende Hitze,
Und nirgendwo findet Erleichterung
Und keinen Trost der Kern der Seele,
Der Mensch kann sein Herz nicht zum Herrn erheben,
Denn ihn peinigt die Flamme.
Wie grausam bist du zu mir!
Was der Mensch leidet in dieser Zeit
Ist wie die Zeit im Fegefeuer.
Ja, ich bin der Mann, der die Rute Gottes spüren muss,
Er hat mich in die Finsternis geführt
Und nicht ins strahlende Licht,
Er hat mich mit seiner Hand geschlagen,
Er hat mich eingemauert
Und mit Galle gespeist
Und mit Schierlingsgift getränkt.
So leg ich mein Herz auf glühende Kohlen,
Die Dämonen zu vertreiben.
Aber sei getrost, denn dieser Schmerz
Des Läuterungsfeuers
Wird denen zugefügt, die Gott
Auf höhere Stufen heben will
Der Vereinigung mit der Gottheit.
Denn wie im Fegefeuer
Der Schmerz die Geister läutert,
Damit sie im ewigen Leben
Durch die klare Schau erkennen,
So wird der Mensch auf Erden schon
Im Reinigungsfeuer geläutert,
Damit er schon in diesem Leben
Dem Herrn in Liebe gleich gestaltet wird.
Wer ist sie,
Die heraufkommt aus der Wüste,
Überfließend von Beseligung,
Und Liebe verströmend?
Mach Ende, o Liebe, mach Ende,
Lass es dir gefallen!
Vollziehe nun in deiner Vollkommenheit
Die spirituelle Vermählung
Und lass dich schauen,
Denn dich zu schauen ist meine Seligkeit!
Ach, ich muss doch die Leere fühlen
Und seufzen in diesem Leben,
Wenn auch sanft die Seufzer sind,
Weil mir die Vollkommenheit fehlt,
Weil all mein Streben sich erst beruhigt,
Wenn ich im Besitz der Glorie bin!
Wenn ich auch die Glorie
Schon manchmal gekostet
Und heimlich von ihr genascht hab,
So wird dieses Aufflackern
Mich vergehen lassen,
Ich könnte dieses intensive
Feuer der Glorie nicht ertragen,
Wenn nicht die göttliche Liebe
Begnadigte auch meine Sinnlichkeit
Und stärkte mein Fleisch mit der Rechten,
Dass ich die Glorie schauen konnte,
Ohne zu sterben vor Wonne!
So spricht auch zu mir der Geist:
Steh auf, meine Freundin!
Beeile dich, Freundin!
Meine Turteltaube, komm,
Meine Schöne, komm!
Der Winter ging vorüber,
Der Regen ist vergangen,
Die Blumen sind aufgeblüht,
Der Feigenbaum bringt seine Feigen hervor
Und die Turteltauben girren
Und schlagen mit den Flügeln!
Steh auf, meine Freundin,
Du bist voller Anmut,
Meine Turteltaube
In der Spalte des Felsens!
Lass mich deine Stimme hören,
Denn deine Stimme ist süß,
Und lass mich schauen dein Antlitz,
Denn dein Antlitz ist lieblich!
O Liebe, reiß den Schleier herab
Zur süßen Vereinigung!
Den ersten Schleier der Zeit,
Den hast du schon abgelegt,
O göttliche Liebe,
Denn zweiten Schleier der Natur
Hast du auch schon abgelegt,
O geliebte göttliche Liebe,
Du trägst nur noch den letzten Schleier,
Nur noch den dritten Schleier trägst du,
Den Schleier der Körper-Seele-Einheit,
Den Schleier der menschlichen Sinnlichkeit!
Reiße den Schleier herunter, o Liebe,
Den letzten Schleier,
Zur süßen Begegnung,
Die um so süßer sein wird,
Je rascher du den Schleier herunterreißt!
Andre sterben an tödlicher Krankheit,
Andre sterben an Altersschwäche,
Ich werde sterben vor Liebe, o Liebe,
Ich werde sterben vor Lust,
Wenn du den letzter Schleier herunterreißt
Und mein Kleinod in dich aufnimmst,
Den feurigen Funken meiner Seele!
Dann werde ich selig singen wie ein Schwan,
Wenn der Tod wie eine Hochzeit kommt!
Dann mündet der Strom meiner Liebe
In das Meer der göttlichen Liebe!
Ich bin voller Sehnsucht,
Aufgelöst zu werden
Und in der Gottheit zu sein!
Aber der Schleier verbindet noch
Den Geist und das Fleisch,
Der Schleier trennt noch
Die Gottheit und den Menschen.
Aber der Schleier ist nicht undurchsichtig,
Ist nicht so dicht wie Linnen,
Sondern transparent wie Gaze,
Das Licht scheint hindurch,
Der Schleier ist schon so dünn und fein,
So ganz aus Äther und Aura,
Dass die Schönheit der Gottheit
Schimmert durch den Schleier,
Ja, die Gottheit in ihrer strahlenden Schönheit
Verschleiert sich nicht mehr
Als wie mit einem Spinnengewebe!
O reiße doch den letzten Schleier herunter,
Nicht, dass er sich langsam verbraucht
Oder aufgewoben werde,
Sondern dass du ihn herunterreißt,
Denn ich bin so voller Ungestüm,
Dass das Herunterreißen des Schleiers
Meinem Verlangen besser gemäß ist!
Ja, meine feurige Liebe will
Den schnellen Akt,
Der Akt soll rasch vollzogen werden,
Ich will den Akt mit geballter Kraft!
Auf den trockenen Zunder meiner Liebe
Springt der Funke der göttlichen Liebe
Schon bei der ersten Berührung über!
So wünscht der verliebte Mensch
Das rasche Herunterreißen des Schleiers mehr,
Als ein langsames Aufgewobenwerden
Oder ein noch längeres Sich-Verbrauchen.
Denn der verliebte Mensch
Erträgt die Verzögerung nicht,
Er kann nicht warten,
Bis das Leben natürlich zu Ende geht,
Denn die gewaltige Kraft der Liebe,
Die ihn von innen bedrängt,
Lässt ihn wünschen, dass sein Leben
Durch eine Liebesbegegnung
In übernatürlicher Liebesaufwallung
Abgerissen werde mit reißender Eile!
Reiße rasch den letzten Schleier herunter
Zur süßen Vereinigung, Liebe!



DER LIEBESPFEIL



Der Geist der Liebe
Ist ein verzehrendes Feuer,
Von unendlicher Kraft,
Sie kann den Menschen verzehren
Und ihn sich gleichgestalten.
Die Liebe zehrt jeden so auf,
Wie sie ihn findet,
Den einen mehr, den andern weniger.
Weil die Liebe
Unendliches Liebesfeuer ist,
Erglüht der Mensch,
Wenn die Liebe ihn an sich zieht,
In solchem heißem Grad der Liebe,
Dass es ihm vorkommt,
Heißer als eine Napalmbombe zu brennen!
Die Stärke der Liebe
Ist zärtlich
Im Menschen brennend
Und glühend vergöttlicht sie ihn
Und beseligt ihn!
Der Jünger erglüht
Innerlich zärtlich vor Liebe,
Wenn das Feuer der Liebe
Mit großer Heftigkeit
Auf ihn herab kommt
Und ihn verzehrt!
Es kam das Feuer der Liebe vom Himmel,
Nicht den Menschen verbrennend,
Sondern leuchtend,
Nicht den Menschen verzehrend,
Sondern erleuchtend.
Denn es ist die Absicht der Gottheit,
Den Menschen groß zu machen,
So macht die Gottheit den Menschen
Mit ihren Selbstmitteilungen
Nicht müde und matt,
Sondern groß und beglückt!
Die Gottheit macht den Menschen
Nicht dunkel wie Asche,
Sondern leuchtend und reich und stark,
Darum nennt der Mensch die Liebe
Einen lodernden Liebespfeil!
Dieser spirituelle Mensch
Urteilt über alles,
Wird aber von keinem beurteilt.
Der spirituelle Mensch
Ergründet alles,
Sogar die Tiefen der Gottheit!
Denn das ist die Liebe:
Er will die Geliebte ergründen!
O wenn der Liebespfeil
So zärtlich ist,
Wie wonnetrunken
Ist dann der Mensch,
Der vom Liebespfeil getroffen wird!
Selbst wenn der Mensch es sagen wollte,
So kann er es nicht sagen,
Sondern stöhnt nur: Ah!
So wird es eine zärtliche Wunde sein
Von einem Reinigungsfeuer
Und eine wonnetrunkene
Liebeswunde,
Eine Wunde von zärtlicher Liebe,
Die den Menschen erfüllt
Mit zärtlicher Wonne!
Das ist so bei dem Liebespfeil,
Dass er den Menschen, den er getroffen,
Verwundet zurück lässt.
Der Mensch kennt seine Erbärmlichkeit,
Der Mensch kennt seine Sünde,
Doch alle seine Wunden
Werden ihm zu Liebeswunden!
Diese Liebeswunde
Vom Liebespfeil
Kann nicht anders Heilung finden
Als durch denselben Liebespfeil.
Die Liebe, die ihn verwundet,
Die Liebe allein kann ihn heilen.
Doch jedes Mal, wenn die Liebe
Die Liebeswunde berührt,
Vertieft sie die Liebeswunde.
Je mehr sie verwundet,
Umso mehr schenkt sie Heilung.
Heilung, die die Liebe schenkt,
Ist Berühren der Liebeswunde.
So wird die Seele des Menschen
Zu einer einzigen Liebeswunde.
So zur Liebeswunde geworden,
Ist der Mensch ganz heil in Liebe,
Weil der Liebe gleich gestaltet.
Und weil die Liebe nicht aufhört,
Mit dem Liebespfeil
Den Menschen zu verwunden,
Und obwohl der Mensch schon über und über
Verwundet von Liebe ist,
So ist er doch schon voller Wonne und Heil,
Die Wunde ist seine Wonne.
Oh wonnetrunkene Wunde!
O Wunde, wonnevoller, wonnetrunkner,
Je tiefer die Wunde
Und je heißer das Feuer der Liebe war!
Denn die Gottheit der Liebe
Fügte diese Wunde nur zu,
Um den Menschen selig zu machen!
Da es der Wunsch der Gottheit ist,
Den Menschen trunken zu machen von Wonne,
Wird die Wunde tief sein,
Damit die Wonne groß ist!
O wonnetrunkne Wunde,
Um so wonnevoller mit Wonne erfüllend,
Je tiefer der Liebespfeil
In die Mitte der Seele eindringt!
Alles will das Feuer der Liebe verzehren,
Alles, was die Liebe verzehrt,
Das erfüllt sie mit Wonne!
Wenn die Liebe
Mit dem Liebespfeil
Den Menschen durchbohrt,
Dann flammt seine Seele auf
Und das Feuer schießt in die Höhe!
Dann spürt der Mensch,
Vom Liebespfeil durchbohrt,
Die übermäßige Seligkeit!
Wenn dieser Seraph
Die Seele durchbohrt,
Dann wird sie erschüttert von zärtlicher Liebe,
Erglüht und schmilzt!
Das Giftkraut auf der Spitze des Pfeiles
Steckt nun im Herzen
Der durchzuckten Seele!
Die Glut wächst so an,
Die Glut wird so verfeinert,
Dass es im Innern des Menschen
Meere der Liebe zu geben scheint,
Das Meer der Liebe reicht
Bis in die Tiefen der Erde
Und bis in die Höhen des Himmels!
Der Mensch schaut,
Wie das ganze Universum
Ein Meer der Liebe ist!
Der Mensch taucht ein
In dieses kosmische Meer der Liebe!
Er fühlt eine Liebe ohne Ende,
Eine grenzenlose Liebe!
Denn in sich fühlt der Mensch
Den Mittelpunkt der Schönen Liebe!
Der Mensch sieht sich
Zu einem Liebesfeuer geworden,
Zu einem grenzenlosen Feuer,
Das aus dem glühenden Punkt
Im Herzen der Schönen Liebe flammt!
Gottheit, was tatest du mir,
Als du deine Hand auf mich legtest,
Was tatest du mir mit der freigebigen großmütigen
Gnade, als du mich zum Spiegel deiner Herrlichkeit machtest!
Liebe, deine göttliche Weisheit
Reicht von einem Ende des Kosmos zum andern,
Und grenzenlos ist deine Liebesberührung!
O du zarte liebkosende Liebesberührung!
Weisheit, die du
Durch die Zartheit deines göttlichen Wesens
In den Wesenskern meiner Seele
Eingedrungen bist
Und meinen Kern sehr zärtlich berührst
Und mich aufnimmst in deinen Schoß
Mit allen Spielarten göttlicher Liebeswonnen
Und allen Künsten der zärtlichen Liebe,
Ganz mich in deinen Schoß aufgenommen!
Das sah man weder in Griechenland
Noch in Asien!
O wie glücklich,
O wie überglücklich ist der Mensch,
Ewige Weisheit, den du
Feinfühlig zärtlich liebkost!
Unaussprechliche zärtliche Liebesberührung
Der Ewigen Weisheit!
Sie geschieht im Menschen
Mit nichts als dem bloßen Sein,
Weil ihr Sein unendlich ist,
Unendlich zärtlich,
Unübertrefflich fein und zärtlich liebkosend!
Ewige Weisheit, dein Kuss
Schmeckt nach ewigem Leben!
Wer es genossen,
Der genieße und schweige!
Ewige Weisheit,
Du gibst mir einen weißen Stein,
Darauf ein Name steht,
Den nur du und ich zu lesen wissen.
O wenn mir hier schon dein Kuss
Nach ewigem Leben schmeckt,
Sophia, wie schmeckt dein Kuss
Dann erst im Paradies!
Wie wird deine Liebesberührung
Überzärtlich sein im Paradies!
Hier teilt mir die Gottheit alles mit,
Die göttliche Kraft der Liebe,
Die göttliche Schönheit,
Die Ewige Weisheit,
Die Grazie Gottes!
Denn wenn die Gottheit mich berührt,
So schmecke ich den Kuss der Schönheit,
Den Kuss der Liebe kann ich genießen,
Den Kuss der Weisheit trink ich auf,
Der Kuss der gnädigen Grazie wird mich beglücken!
Der ganze Mensch
Mit allen Gemächern seiner Seele
Wird Gott genießen!
Von dieser Glut der Liebe,
Von diesem feurigen Strom der Liebe in der Seele,
Fließt die Salbung des Geistes über
Und salbt die Sinne und die Glieder,
Dass bis ins Mark hinein
Der Mensch die Liebeswonne genießt!
Weil der Mensch auf seinem irdischen Pilgerweg
Sich abgemüht für Gott,
Steht Gott in der Schuld des Menschen,
Wenn ich so sagen darf,
Und Gott wird dem Menschen
Alle Leiden, Schmerzen, Ängste, Mühen und Kreuze
Überreich vergelten mit höchster Lust!
Ja, die Gottheit schenkt den Lohn
Oft schon in dieser Zeit
Und der fromme Mensch genießt
Die Vergeltung Gottes
Schon auf Erden
In unaussprechlicher Wonne
Und berauschender Seligkeit!
Es gibt doch kein Leid und keinen Schmerz
Und kein noch so trostloses Kreuz,
Dem nicht Gott Vergeltung schenkt
Auf Erden schon
Mit unaussprechlichen Liebeswonnen
Und Ekstasen der Glückseligkeit!
Aber in diese hohe Verfassung
Der geistlichen Ehe
Gelangt kein Mensch,
Der nicht zuvor gegangen ist
Durch den Feuerofen der Trübsal!
Wer durch den Feuerofen geläutert,
Durchs Purgatorium geschritten,
Der gelangt zur Einigung
Mit der Gottheit
In jenem Grad der Wonne,
Wie es der göttlichen Liebe wohlgefällt!
Auf diese Weise wurde der Mensch
Eingeführt in den Weinkeller
Göttlicher Weisheit,
Wo der Geliebte sich ergötzt
An seiner göttlichen Braut
Und sich über den Rausch des Weines hinaus
An ihren bloßen Brüsten berauscht!
Auf solcher Weise trunken
Von den Brüsten der Weisheit,
Läuft der Mensch auf Erden herum
Wie in einem himmlischen Fest
Und trägt auf seinen Lippen und seiner Zunge
Lauter Jubellieder
Und singt von Tag zu Tag ein Lied
Der Wonnen der Liebe!
Mein Geliebter ist mein
Und Ich bin sein!



ALL IHR FLAMMEN DER FEURIGEN GOTTHEIT!



Jetzt dankt der Mensch
Seiner Braut, der göttlichen Weisheit,
Für alle die reichen Gnaden,
Die er empfangen
Durch die Vereinigung mit ihr,
Und der Mensch empfängt
Manche Einsicht
Über die göttliche Weisheit,
Jede Einsicht in Liebe gehüllt.
Denn der Mensch der Liebe
Kann erst zufrieden sein,
Wenn er alles, was er ist und hat,
Der Geliebten schenkt und übereignet,
Und je mehr der Mensch
Sich ganz der Geliebten übereignet,
Umso mehr Freude findet er
Im Verschenken seiner selbst.
O ihr leuchtenden Flammen des Feuers!
Wer seid ihr, leuchtende Flammen des Feuers?
Die Eine Gottheit
In der Einheit ihres ewigen Seins
Ist die Summe ihrer Qualitäten,
Die Gottheit ist
Die göttliche Weisheit,
Die göttliche Güte,
Die göttliche Barmherzigkeit,
Die göttliche Gerechtigkeit,
Die göttliche Kraft,
Die göttliche Liebe,
Die göttliche Schönheit
Und Göttlichkeit, die uns noch unbekannt ist!
Alle diese großartigen Göttlichkeiten,
Frau Weisheit, Frau Liebe, Frau Barmherzigkeit,
Sie sind Gott,
Gott ist das unendliche Feuer
Und die Göttlichkeiten
Sind die Flammen des Feuers,
So leuchtet Frau Weisheit als Gottheit auf,
So leuchtet Frau Barmherzigkeit als Gottheit auf,
So leuchtet Frau Liebe als Gottheit auf,
Und wenn Frau Weisheit als Gottheit aufleuchtet,
Schenkt sie dem Menschen Wärme ihrer Liebesglut,
Und wenn Frau Barmherzigkeit als Gottheit aufleuchtet,
Schenkt sie dem Menschen Wärme ihrer Liebesglut,
Und wenn Frau Liebe, Frau Schönheit
Als Gottheit leuchtet,
Schenkt sie dem Menschen
Ihre glühende Liebe.
Wenn der Mensch
In einem einzigen Akt der göttlichen Vereinigung
Einsicht erlangt
In diese Göttlichkeiten,
So ist für ihn die Eine Gottheit, der er vereint ist,
Zugleich diese Vielzahl von Göttlichkeiten,
Und jeder dieser Göttlichkeiten
Schenkt dem Menschen
Besondere Erkenntnis
Und entflammt den Menschen in Liebe.
Und so liebt der Mensch
Jede einzelne Göttlichkeit besonders,
Er liebt die Göttlichkeit der Barmherzigkeit besonders,
Er liebt die Göttlichkeit der Schönen Liebe besonders,
Er liebt die Göttlichkeit der Frau Weisheit besonders,
Und jede ist ihm Gottheit
Und alle sind sie die Eine Gottheit.
Und so liebt der Mensch
Jede einzelne Göttlichkeit
Und empfängt von ihr Erkenntnis und Liebe,
Aber er liebt sie alle,
Denn alle zusammen sind die Eine Gottheit.
Denn was die Kirche Gott den Vater nennt,
Das liebt der Mensch
Als Gottheit der Allmacht,
Und was die Kirche Gott den Sohn nennt,
Das liebt der Mensch
Als Gottheit der Weisheit,
Und was die Kirche Gott den Geist nennt,
Das liebt der Mensch
Als Gottheit der Schönen Liebe.
Die Gottheit der Allmacht
Liebt den Menschen
Mit ihrer Allmacht,
Die den Menschen aus Nichts geschaffen,
Die Gottheit der Allmacht
Liebt den Menschen
Mit ihrer Weisheit,
Die dem Menschen Erkenntnis schenkt,
Die Gottheit der Schönen Liebe
Liebt den Menschen
Mit ihrer brennenden Leidenschaft
Und dem Glanz ihres Liebreizes,
In dem sie sich dem Menschen vereinigt.
Diese leuchtenden Flammen des Feuers
Sah Moses auf dem Berge,
Da die Herrlichkeit Gottes vor ihm erschien
Und Moses sich anbetend niederwarf
Vor der Schönheit Jahwes!
Da ward ihm große Erkenntnis zuteil
Der Tiefen der Gottheit
Und seine Liebe war groß
Entsprechend des Reichtums seiner Erkenntnis
Und darum war beseligend reich
Der Genuss der Gottheit, den Moses genossen!
Ja, die Seligkeit, die der Mensch genießt
In der Verzückung der Liebe,
Die Seligkeit, die ihm geschenkt wird
Von diesen Flammen der feurigen Gottheit,
Ist unermesslich groß und wundervoll!
Denn überfließend sind die vielen leuchtenden Flammen
Von Glut der Liebe,
Wobei die sanfte Barmherzigkeit
Den Menschen glühend liebt
Und beseligt im Genuss der Gottheit,
Wobei die ewige Weisheit
Den Menschen glühend liebt
Und beseligt im Genuss der Gottheit,
Und die Schöne Liebe
Liebt den Menschen mit brennender Liebe
Und macht den Menschen glückselig
Im Genuss ihrer Gottheit!
Ja, alle zusammen wirken dahin,
Den Menschen selig zu machen.
Der Mensch ist so unbeschreiblich glückselig,
Als würde er von drei Personen
Der Einen Gottheit
In Einem Augenblick
Liebkost, geliebt, beglückt!
O die zärtliche Liebesflamme
Der milden mütterlichen Barmherzigkeit,
Wie verwundet sie zugleich
Und beseligt sie zugleich!
O die zärtliche Liebesflamme
Der erleuchtenden ewigen Weisheit,
Wie verwundet sie das Herz des Menschen
Und im gleichen Augenblick
Schenkt sie dem Seelengipfel höchste Wonnen!
O die himmlische Grazie der Schönen Liebe,
Wie verwundet sie die Augen des Herzens
Und beseligt die Augen des Herzens zugleich
Mit dem Anschaun der göttlichen Schönheit!
O wie lieben die Personen
Der Einen Gottheit
Den Menschen doch mit einer Liebe,
Die das ewige Liebesleben ist!
Schön bist du, Prinzessin,
In den Spuren deiner Fußstapfen
Und deinen goldenen Sandalen!
Wer könnte die wunderbare Größe
Deiner beseligenden Liebe
Und die Majestät
Deiner strahlenden Herrlichkeit
Und die brennende Liebe
Der Flammen deines Feuers besingen?
Dein Schoß
Ist wie ein von Lilien umsticktes
Weizenfeld.
Und die Töchter des Königs
Wollen mich mit Myrrhe und Amber
Und andern Gewürzen
Beglücken!
Des Menschen Seele
Ist quasi eine Göttin geworden
In der wahren Gottheit!
Und nun sind die gemeinsamen Regungen
Der Gottheit und des Menschen
Verherrlichungen,
Fröhliche Spiele, Feste,
Wie die Schöne Liebe feiert
In der Seele des Menschen.
Wie die Jungfrau Maria
Ist des Menschen Seele,
Da der Heilige Geist ist über sie gekommen
Und die Kraft des Höchsten
Sie überschattete!
Ja, die Gottheit wirft Schatten,
Lichte Schatten ihrer strahlenden Gottheit!
Die göttliche Schönheit
Wirft den Schatten der Schönheit
Und der Schatten der Schönheit
Überschattet den Menschen.
Ja, die göttliche Weisheit
Wirft einen Schatten der Weisheit
Und der Schatten der Weisheit
Überschattet den Menschen.
Ja, die göttliche Liebe
Wirft einen glühenden Schatten der Liebe
Und der glühende Schatten der Liebe
Überschattet glühend den Menschen!
Der Mensch verschmeckt
Den Schatten der göttlichen Weisheit
Wie alleredelsten Wein!
Der Mensch verschmeckt
Den Schatten der göttlichen Liebe
Wie einen liebevollen Kuss!
Der Mensch verschmeckt
Den Schatten der göttlichen Schönheit
Wie eine wonnevolle Liebkosung!
Ja, die Ewige Gottheit
Bewässert des Menschen Felder,
Bewässert das obere Feld des Geistes
Und bewässert auch das untere Feld des Leibes,
Denn die lebendigen Wasser vom Berge
Durchströmen nicht allein die Seele,
Sondern durchrauschen auch erquickend den Leib!
O wie klar ist die Weisheit!
In dir, o Weisheit,
Ist manche Erleuchtung zu sehen,
Denn du bist der Abglanz
Der ewigen Leuchtkraft Gottes,
Du bist der fleckenlose Spiegel
Und das Abbild der ewigen Liebe!
Der Durst und Sehnsuchtsschmerz
Des geistigen Sinnes
Nach den Wonnen der Gottheit
Ist kaum erträglich!
Es steigert sich der Durst noch mehr,
Wenn gelegentlich ein Einblick gewährt wird,
Wenn der Mensch schaut wie durch eine Ritze
In den dritten Himmel
Und schon die eine und die andre
Lodernde Flamme der göttlichen Schönheit und Liebe
Den Menschen überkommt!
Wie ungeduldig brennt der Mensch dann in Liebe,
Diesen geschauten Genuss der Liebe
Auch vollkommen zu genießen!
Darum ist meine Seele begierig
Und fällt in eine fast tödliche Ohnmacht
Vor Verlangen
Nach den Zelten im Garten Eden,
Nach den Himmlischen Schönheiten
Auf der Insel der Glückseligen!
Meine Seele schmilzt in mir vor Glut der Sehnsucht,
Indem ich diese Schönheiten Gottes
In meinem Innern bewege,
So werde ich leben
Aus der Vorfreude göttlicher Hoffnung!
Denn das eine ist es,
Den lieben Gott recht gern zu haben.
Das andre ist es,
Sich der liebenden Gottheit ganz hinzugeben.
Das ist der Unterschied
Wie zwischen Verlobung und Hochzeit!
Bei der Hochzeit mit der Gottheit
Findet Hingabe statt der Personen,
Ganzhingabe der Gottheit,
Ganzhingabe des Menschen!
Schon in der Brautzeit
Besucht der Herr die Seele manchmal,
Doch in der Hochzeit
Gibt es die Einswerdung
Der Personen,
Der göttlichen Person
Mit der menschlichen Person,
Die doch der Höhepunkt der Hochzeit ist!
Das ist nun das selige Dasein
Im Stand der geistlichen Brautzeit
Des Menschen und der göttlichen Weisheit,
Da Sophia ihrem Verlobten
Unaussprechlich große Gnaden gewährt
Und ihn oftmals liebevoll heimsucht
Und der Mann dabei von ihr
So süße Gnaden, so gnädige Gunst empfängt,
Dass er beseligt ist in seinem tieferen Leben!
Doch diese Gunst der Ewigen Weisheit,
Diese Beseligung ihres Verlobten,
Ist noch nicht zu vergleichen mit der Wonne,
Der überseligen Wonne und Entzückung
In der Vereinigung mit der Gottheit
In der lichten Nacht der Hochzeit mit der Gottheit!
So beschreibt das Warten der Brautzeit
Auf das hohe heilige Glück der Hochzeit
Der Dichter mit den Worten, wie Esther
Gesalbt ward ein halbes Jahr mit Myrrhe
Und ein halbes Jahr mit Balsamen,
Bis sie zum großen König Ahaschweros
Zur Hochzeit geführt ward.
Diese Sehnsucht, die den Menschen fast sprengt,
Diese schmerzlich-süße Sehnsuchtsglut
Ist nun die Vorbereitung
Auf die Hochzeit mit der Gottheit!



SIE ERWACHT IN MEINEM SCHOOSZ MIT SANFTEM BLASEN



Das Erwachen, dass du,
O Sophia, meine göttliche Braut,
In der Mitte meiner Seele vollziehst,
Wo du geheimnisvoll und leise
Als meine einzige Domina lebst,
Nicht nur als Hausfrau in deinem Haus,
Nicht nur als Ehefrau in deinem Bett,
Sondern als Geliebte in meinem Schoß,
Ganz eng mit mir vereinigt,
Wie sanft liebkosend erwachst du,
Ausgesprochen liebevoll liebkosend!
Mir ist wie einem,
Der beim Öffnen eines Palastes
In Einem Augenblick
Die Erhabenheit der Königin sieht
Und sieht, was die Königin tut.
Die Gottheit gewährt dem Menschen, zu schauen,
Wie die Gottheit einige Schleier ablegt,
Die vor der Schönheit der Gottheit sind,
So dass der Mensch die Gottheit schauen kann,
So wie sie ist,
Wie sie schimmert im Halbdunkel,
Ein von höchstem Liebreiz erfülltes Antlitz!
Bei der Selbsthingabe der Gottheit
Im Schoß des Menschen
Ertönt in der Ohrmuschel der Seele
Ein überaus reizender Gesang
Von tausend Reizen der himmlischen Liebe!
Und der Mensch ist mittendrin
In diesen Reizen der himmlischen Liebe!
Mit allem Lieblichen aller Geschöpfe,
Mit allen Liebreizen aller Geschöpfe
Ist meine Gottheit ausgestattet!
Wer diese außerordentliche Schönheit der Gottheit schaut,
Muss in Ohnmacht fallen,
Wenn er nicht selbst verherrlicht wird.
Er schaut ja nicht nur einen Engel der Gnade,
Sondern Sie Selbst, die Gottheit!
Mit allem Liebreiz aller Geschöpfe ausgestattet,
Von erregender Macht
Und außerordentlicher Schönheit
Und von klingenden Reizen erfüllt
Das Schöne Antlitz der Gottheit!
Sophia wohnt heimlich in meinem Schoß.
Der Mensch spürt die Umarmung in sich,
Und wenn die göttliche Geliebte aufwacht,
Scheint dem Menschen: Nun erwacht Sophia,
Sie, die vorher schlief in meinem Schoß.
Ich spürte sie doch vorher auch,
Doch war sie wie in Schlaf versunken.
Wenn wir schlafen, wenn Sie schläft oder ich schlafe,
Dann teilen wir uns die Liebe nicht spürbar mit,
Aber wenn wir zusammen erwachen...!
Sophia weilt nun immer in meinem Schoß,
Ich genieße sie alle Tage meines Lebens.
Aber wenn Sophia immer wach wäre
Und mir ihrer Liebe Ganzhingabe schenkte,
Dann wär ich schon im Paradies!
Aber ich in meiner Menschheit,
Ich wache kaum auf und tue kaum das Auge auf,
Da bin ich schon in solcher Seligkeit,
In einem solchen entrückten Zustand der Erleuchtung,
Was wird dann erst im Paradiese,
Wo Sophia ewig wach ist und ich ewig wach bin
Und wir uns immerfort lieben!
Von dem sanften Blasen der Ruach
Bin ich ganz verliebt!
Darüber schweige ich besser.
Es ist dasselbe Blasen,
Mit dem Elohim Adam Leben in die Nase blies.
So gelange ich zur Erkenntnis der Chochmah.
So werde ich hinein gesogen in die Ewigkeit!