Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DEUTSCHE BALLADEN




Von Josef Maria Mayer


Weine, Weisheit, über die Rekruten,
Die dir Venus Aphrodite schickt,
Sie verhüllen unter frommen Kutten
Nur den Mangel, der sie heimlich drückt.
Würde Amors Talisman sie rühren,
Nur ein Hauch von Zypern um sie wehn? –
O sie würden hurtig desertieren
Und zur alten Fahne übergehn.“
(Schiller)


I


Ich will zu Lande reiten, sprach Meister Hildebrand,
Es weisen mich die Wege nach Bern im fernen Land,
Da bin ich nicht gewesen, ich weilte lang nicht da,
Wohl dreiundvierzig Jahre Frau Ute ich nicht sah.
Willst du zu Lande reiten, sprach Herzog Amelung,
Was siehst du auf dem Felde? Der rasche Ritter jung
Begegnet dir im Felde, der Junker Alebrant,
Du würdest von dem Ritter wohl kräftig angerannt.
Und würde er auch rennen in seinem Übermut,
Zerhaue ich den Schild ihm, das tät ihm nimmer gut,
Zerhau ich ihm die Rüstung mit meines Schwertes Schlag,
Auf dass er seiner Mutter fortan nur Klagen sag.
Das tu nur nicht, so sagte von Bern Herr Dieterich,
Denn Alebrant den Junker von Herzen liebe ich!
Sollst freundlich zu ihm reden nach gutem Willen mein,
Dass er dich lasse reiten, so lieb ich ihm mag sein.
Er ritt zum Rosengarten dort in des Berners Mark,
Er kam in schwere Arbeit durch einen Helden stark,
Nun sage mir, du Alter, was suchst du hier im Land?
Nun sage mir, warum du das Schwert hältst in der Hand?
Du führst dein Schwert, als seiest du eines Königs Kind,
Du machst mich jungen Helden mit offnen Augen blind.
Zuhaus du solltest bleiben in deinem Heimgemach,
An deinem warmen Ofen! Der Alte lacht und sprach:
Mir ist in alten Tagen zu wandern auferlegt,
Ich wandre auf der Erde, ich wandre unentwegt,
Zu wandern und zu kämpfen bis zu der Himmelfahrt,
Ich sags dir, junger Recke, bei meinem grauen Bart!
Den Bart will ich dir rupfen, ich sags dir, alter Kerl,
Bis dass dir rosenfarben das Blut vom Herzen perl!
Dein Schild und deine Rüstung gib mir, was du auch treibst,
Sollst werden mein Gefangner, so nur am Leben bleibst.
Mein Schild und meine Rüstung, die haben mich ernährt,
Mit Christus von dem Himmel hab ich mich stets erwehrt!
Sie ließen von den Worten und zuckten Schwerter gar,
Und was die Helden wollten, das wurden sie gewahr.
Da gab der junge Recke dem Alten einen Schlag,
Und Hildebrand der Alte von Herzen sehr erschrak.
Sag an, du junger Recke, denn Schlag lehrt dich ein Weib?
Hat dich ein Weib belehrt wohl mit ihrem lieben Leib?
Sollt ich von Weibern lernen und werden so zuschand?
Ich habe edle Ritter in meines Vaters Land,
Ich habe starke Ritter im Vaterlande doch,
Und was ich nicht erlernte, das will ich lernen noch.
Er traf ihn in der Mitte, die schwächste Stelle das,
So hinterrücks gefallen ist er ins grüne Gras.
Nun sage mir, o Jüngling, Beichtvater will ich sein,
Bist du ein Wolf, ein junger, will ich dein Hirte sein.
Wer reibt die alten Kessel, empfängt wohl dicken Rahm,
So wohl geschieht dir, Jüngling, dass ich als Alter kam,
Die Beichte sollst du sprechen in diesem Felde grün,
Das sag ich dir, o Jüngling, o stolzer Ritter kühn.
Du sagst mir viel von Wölfen, die lauern in dem Holz,
Ich bin ein edler Ritter von Griechenlande stolz.
Mir Mutter ist Frau Ute, die hohe Fürstin rein,
Und Hildebrand der Alte, der soll mein Vater sein.
Ist Mutter dir Frau Ute, die Fürstin reiner Zier,
Bin Hildebrand der Alte, ich bin dein Vater hier.
Gelobt sei Jesus Christus, wir beide sind gesund!
Frau Ute freut sich auch wohl mit ihrem roten Mund.
Ach Vater, ach mein Vater, so ich dich schmerzlich schlug,
Wärs lieber mir gewesen, ich selbst die Wunden trug!
Mein lieber Sohn, sei stille, da ist ein guter Rat,
Da Gott der Herr uns beide gebracht zusammen hat.
Das dauert von der None bis zu der Vesperstund,
Dass Alebrant geritten bis in den Berner Grund.
Was trug er an dem Helme? Den Siegerkranz von Gold.
Wer ging an seiner Seite? Sein lieber Vater hold.
Er führt ihn in den Saal ein und setzt ihn an den Tisch,
Gab Speise ihm und Trank ihm, von Wein und Brot und Fisch.
Die Mutter sprach, Frau Ute: Das ist des Ruhms zu hoch,
Das du setzt den Gefangnen an deine Tafel noch!
Nun still nur, liebe Mutter, ich gebe Kunde dir,
Ich traf ihn in dem Felde, er schlug mich beinah hier,
Doch höre, liebe Mutter, Gefangner ist er nicht,
Er ist mein lieber Vater! – Hier endet das Gedicht.


II


Störtebecker und Goedecke Michel,
Die sensten alles ab mit der Sichel
Zu Wasser und zu Lande,
Bis dass es Gott im Himmel verdross,
Da mussten sie leiden Schande!


Die Westersee ist mir wohl bekannt,
Die will ich für alle Tage!
Der reiche Kaufmann von Hamburg soll
Bezahlen mein Gelage!


Sie liefen ostwärts, die Sonne schien weiß.
O Hamburg, nun tu du deinen Fleiß,
Du kannst uns doch nicht gewinnen,
Denn was wir wollen, das machen wir auch,
Das werden wir auch beginnen!


Das aber ein Bote vernommen hat,
Das war ein listiger kluger Rat,
Der kam gen Hamburg gelaufen,
Er fragt nach des Bürgermeisters Haus,
Da hockte der Herren Haufen.


Ihr hohen Herren durch Gnade von Gott,
Hört meine Verkündigung ohne Spott,
Ihr möget mich nicht strafen,
Der Feind liegt nah vor Hamburg schon,
Liegt schon im Hamburger Hafen!


Der Feind ist nahe, bewaffnet mit Stahl,
Nun trefft, ihr Herren, eure Wahl,
Sie liegen an dem Strande,
Und lasst ihr sie von hinnen ziehn,
Trägt Hamburg ewige Schande!


Geselle, du bist uns unbekannt,
Rätst du uns etwa zum Schaden?
O glaubt doch, ihr hohen Herren, mir,
Auf Glauben und auf Gnaden!


Wenn euer Mann am Strande steht,
Bis selber ihr die Feinde seht
Wohl zur bestimmten Stunde,
Seht ihr dann irgendein Wanken an mir,
Dann geh ich gern zugrunde!


Die hohen Herren von Hamburg gut,
Sie gingen zu Segel mit der Flut,
Sie zogen voran dem Volke,
Vor Nebel konnten sie nichts mehr sehn
Und schwarz war die Wetterwolke.


Die Wolken erhellten sich wieder dann,
Da fuhren sie, da kamen sie an,
Sie wollten Ruhm erwerben.
Und Störtebecker und Goedecke Michel,
Die mussten des Todes sterben!


Sie hatten ein Schiff voll Wein genommen
Und waren in die Weser gekommen,
Den Kaufmann ließen sie leiden,
Nach Flandern wollten sie segeln nun,
Doch davon mussten sie scheiden.


Trinkt nicht mehr Wein, Genossen, trinkt Tee!
Drei Schiffe laufen dort auf der See,
Drei Schiffe mit Hamburger Knechten!
Kommen Hamburgs Knechte an Bord,
So müssen wir heldenhaft fechten!


Sie brachten die Waffen rasch an Bord,
Die Schüsse schallten schon fort und fort,
Die Büchsenschüsse singen!
Da sah man manchen stolzen Mann
Sein Leben zu Ende bringen!


Die Bunte Kuh von Flandern kam,
So bald sie das Gerücht vernahm,
Mit ihren goldenen Hörnern.
Die ganze Nordsee brüllte auf
Von harten Hagelkörnern.


Der Sensemann mähte mit scharfer Sichel!
Wahrlich, wahrlich, sprach Goedecke Michel,
Die Stunde ist gekommen!
Wir müssen kämpfen um unser Leben,
Mags schaden oder frommen.


Hamburg, tu uns keine Gewalt,
Wir wollen uns ergeben,
Lasst uns bitte gesund den Leib,
So wollen wir fristen das Leben.


Gebt euch gefangen alle ja
Und lasst es euch nicht verdrießen,
Und hättet ihr nicht so übel getan,
Ihr könntet das Leben genießen.


Da sie nun auf den Richtplatz kamen,
Nicht frohe Botschaft sie da vernahmen,
Da hingen die Köpfe der Zecher!
Ihr Herren, das sind meine Genossen,
Sprach bitter Störtebecher!


Sie wurden in Hamburg zur Haft gebracht
Und saßen in Haft eine finstere Nacht
Und starben im Morgengrauen!
Ihr Sterben wurde bitter beklagt
Von schönen Mädchen und Frauen!


Die Herren von Hamburg taten schön,
In Samt durfte Störtebecker gehn,
Er hatte es sich geschworen.
Ach! Gut ist es, früh zum Tode zu gehn,
Und besser wärs, nie geboren!


Der Henker nannte sich Rosenfeld,
Der brachte manchen stolzen Held
Zu Gott, dem Höchsten Gute!
Der stand in feinen Stiefeln dort
Bis an die Schenkel im Blute!


O Hamburg, Hamburg, das ist dein Ruhm,
Vorüber ist das Seeräubertum,
Durch dich sind sie gestorben!
Du kannst nun tragen die Krone von Gold,
Die hast du ehrlich erworben!


III


Immer ärger, immer schlimmer
Wird es jetzo in Paris!
Alle Ordnung geht in Trümmer,
Umsturz nur ist ihnen süß,


Was so lange recht bestanden,
Was da stammt von Vätern her,
Ward zu Spott und ward zuschanden,
Ruiniert wird’s immer mehr!


Jeder Stand ist aufgehoben,
Hoch und niedrig, arm und reich,
Sei es unten oder oben,
Alles soll nun werden gleich!


Titel, Wappen, Seidenhüllen
Gelten nichts mehr in der Welt,
Alles nun des Pöbels Brüllen
Ganz für seinesgleichen hält.


König, Fürsten, Grafen, Richter,
Bürger oder Edelmann,
Frommer Bischof, weiser Dichter,
Bauer, Knecht und Bettelmann,


Alles wird im großen Topfe
Nun gekocht zum Einheitsbrei,
Phrygermütze auf dem Kopfe
Schreit der Narr: Ist alles frei!


Alles Geld wird nun zum Schmiergeld,
Ist kein Geld mehr etwas wert,
Jeder Narr auf das Papiergeld
Wie auf seinen Tabak schwört!


Maß, Gewicht und Zahlen gelten
Nichts, geht alles seinen Gang.
Denkst du anders, darfst nicht schelten,
Leicht gelangt man an den Strang!


Auch des Landes Ordnungsrahmen
Wird nun neu verteilt, verkauft,
Nichts mehr gelten alte Namen,
Narren werden umgetauft.


Doch der Mutter Kirche Taufen
Und der Bibel weises Wort
Werfen sie nun übern Haufen,
Jagen Gott zum Teufel fort!


Und des wilden Pöbels Wüten
Überbrüllt Gebot und Recht,
Keine Ordnung will man hüten,
Neu ist das Gesetz und schlecht!


Freche Frevler und Verräter
Walten in der Welt zumeist,
Gottvergessne Übeltäter
Breit sich brüsten, dumm und dreist!


Könnt daraus was Gutes werden,
Kann Frau Torheit so bestehn?
Soll man fortan auf der Erden
Kopflos auf dem Kopfe gehn?


Selbst Frau Freiheit, die sie haben
Anfangs auch zur Welt gebracht,
Wird im Trümmerschutt begraben
Und in finstrer Mitternacht!


Sollte solches glücklich enden,
Ob sich so das Glück erhebt,
Wo der Narr mit eignen Händen
Seine eigne Grube gräbt?


Ihr Franzosen, euer Prahlen
Mit der lieben Gleichheit Glück
Werdet teuer ihr bezahlen!
Rächen wird sich das Geschick!


Schreit euch doch nicht müd und heiser,
Dass ihr bringt der Welt Vernunft,
Werdet ernster doch und weiser,
Lebt nicht wie des Tieres Brunft!


Mögt ihr eure Kinder lehren,
Dass die Jugend Weisheit lernt,
Eh ihr wollt die Welt bekehren,
Gottes Ordnungen entfernt!


Freiheitsbäume anzupflanzen
Mit der Phrygermütze rot,
Um die Freiheitsbäume tanzen,
Torheit ists, die bringt den Tod!


Könnt ihr sonst nichts Bessers schaffen
Als durch solchen Teufelspakt,
Seht, so gleicht ihr Gottes Affen,
Der nur hohle Nüsse knackt!


Nur mit Schreien und mit Toben
Baut der Zimmermann kein Haus,
Euer eitles Selbstbeloben
Lachen alle Weisen aus!


Morden, Rauben, Niederstürzen,
Solches tut des Pöbels Wut,
Das kann nur Frau Freiheit kürzen
Ihren Kopf im eignen Blut!


König Ludwig musste scheiden
Mit den Seinen aus Paris,
Konnte nicht den Pöbel leiden
Und sein Narrenparadies!


Doch sie haben ihn gefangen,
Fassten ihn am alten Zopf,
Er ist zum Schafott gegangen,
Weihte Gott den frommen Kopf!


IV


Ach Freund, wie es mir geht,
Wie’s elend um mich steht!
Wie bin ich strapazieret,
Wie habe ich marschieret,
Das hält kein Mann mehr aus,
Ach, wäre ich zuhaus!
Bis Koblenz an dem Rhein
Konnts noch gemütlich sein,
Doch was mir da begegnet,
Wie’s Tag und Nacht geregnet,
Verschimmelt war das Brot,
Gott schenk mir guten Tod!
Kein Berg für mich zu hoch,
Zu tief für mich kein Loch,
Ich musste es passieren
Und hungrig stets marschieren,
Mich schleppen spät und früh
Noch ärmer als das Vieh!
Da hieß es: Hab nur Mut,
In Frankreich wird es gut,
Da hast du deinen Willen,
Kannst deine Lüste stillen
Und baden dich in Wein!
Doch beides sollt nicht sein.
O Frankreich, schönes Land,
Nun bist du mir bekannt,
Nun, da ich Frankreich kenne,
Ich Frankreich Elend nenne,
Mein Bruder stimmt mit ein,
Das muss die Wahrheit sein.
Und bis Verdun, da gings
Gemütlich rechts und links,
Bis bei der Kanonade
Sie schossen ohne Gnade,
Fing für mich armen Mann
Das nackte Elend an!
Der Tabak und der Wein
Nicht konnten teurer sein,
Auch hatt ich nicht wie Prasser
Aus frischer Quelle Wasser,
Sechs Tage gabs kein Brot,
Da litt ich große Not!
Da konnte man mich sehn
Wie die Zigeuner gehn,
Ging barfuß und zerrissen,
Die Schuhe weggeschmissen,
Der Wagen war verbrannt,
So zog ich durch das Land.
Der Weg war breit und schmal
Voll Toter ohne Zahl,
Der Kaiser und die Hessen
Auch hatten mich vergessen!
Tot lag bedauernswert
Der Knecht und auch sein Pferd.
Geschunden wie ein Tier
Bei Koblenz im Quartier,
Da sollt ich mich erquicken,
Das wollte mir nicht glücken,
Hier ging es feurig zu,
Da fand ich keine Ruh.
Auf Ehrenbreitenstein,
Da musst ich fleißig sein
Und musst nach dem Marschieren
Die Rüstung reparieren,
Noch schaffen in der Nacht,
Dass mir der Buckel kracht!
Beim Bauern hab ich hier
Kein herrliches Quartier,
Nicht Holz, nicht Salz, nicht Feuer,
Das Fleisch ist allzu teuer,
Und tut kein Wunder Gott,
So werd ich ganz zu Spott!


V


Schau, nun ist der Tag gekommen,
Der von Gott vorherbestimmt,
König Ludwig von den Frommen
Heilig seinen Abschied nimmt,


Schallen schon der Kirche Glocken,
Und mit Heiterkeit im Sinn,
Vor dem Tode unerschrocken,
Tritt er zum Schafotte hin.


Langsam geht er, in Gedanken
An des großen Gottes Huld,
Und er spricht: Geliebte Franken,
Gott verzeih mir meine Schuld!


Jetzt, da Todesengel schweben
Schon an meinem Erdengrab,
Leg mit meinem ganzen Leben
Ich euch mein Bekenntnis ab.


Hört, was ich im Testamente
Euch als Botschaft hinterließ:
Gott gewidmet sei mein Ende,
Führ mich Gott ins Paradies!


Bin ich zu dem Thron geschritten
Gottes, dass ich Gnade find,
Jenen will ich Huld erbitten,
Die an meinem Tod schuld sind!


Ich empfehle meine Söhne
Gottes milder Vaterhand
Und die Schwester auch, die Schöne,
Die ich treu im Leben fand,


Ich empfehle meinem Sohne,
Zu verzeihen meinem Feind,
Herrscht mein Sohn einst auf dem Throne,
Lebe er als Menschenfreund!


So starb Ludwig, Frankreichs König,
Der an seinem letzten Tag
Weise sprach und männlich wenig,
Bis sein Haupt im Blute lag!


Schreibt ihr Dichter nun Gedichte,
Schreibt: Wenn Ludwigs Herze bricht,
Die Franzosen die Geschichte
Richtet in dem Weltgericht!


VI


Und Sachs und Preuß zusammen sind
Gestanden gegen Franken,
Wohl siebzigtausend Männer, ich
Mein Leben Gott muss danken!


Wir hatten nicht mehr Helden viel,
Entgegen sie zu stellen,
Prinz Hohenloh wars böses Spiel,
Der Prinz gewann sich Schellen.


Frühmorgens dichter Nebel war,
Der Tag hat angefangen.
Mit Tauentzien voran die Schar
Den Feind ist angegangen.


Kanone donnert, brüllt und kracht,
Musketenkugeln knallen,
Ja wahrlich, das war eine Schlacht!
Viel Brüder sind gefallen!


An Zahl wir waren aber schwach,
Wir zogen uns zurücke,
Als General Grawert kam nach,
Da gab es neue Stücke,


Wir spielten neuer Stücke Kranz
Den herrlichen Franzosen,
Die schwitzten bald vom heißen Tanz
Und zogen aus die Hosen!


Doch kein Erfolg kam zu uns her,
Wir waren ganz verlassen,
Sie kehrten wieder, noch viel mehr,
Uns besser anzufassen,


Von allen Seiten ists mit Macht
Auf uns hereingedrungen!
Wir haben Frankreich ausgelacht,
Sie haben schlecht gesungen!


Ein Donnern gabs, als ging die Welt
In Scherben allzusammen,
Ein Bruder nach dem andern fällt,
Und alles steht in Flammen!


Da gaben wir bei diesem Fest
Den Franken was zu schaffen,
Wir kleine Schar, wir kleiner Rest,
Doch brannten unsre Waffen!


Wir aber zogen uns zurück
Bis auf Klein-Romstadt eben,
Doch Frankreich schrieb ein neues Stück,
Wir sollten uns ergeben,


Und als verloren unser Stück,
Wir kamen in die Enge,
Der kleine Haufen wich zurück,
Da wild war das Gedränge.


Geschlossen man die Deutschen fand,
Kein Teufel kann uns trennen!
Der Grenadier, bei dem ich stand,
Den muss ich Helden nennen.


Die Fahne habe ich geschwenkt –
Hurra ihr deutschen Brüder! –
Vor den Franzosen nicht gesenkt
Hab ich die Fahne nieder.


Was sonst noch in der Schlacht geschehn,
Ich meinem Weib berichte.
Nichts wollt so recht zusammengehn,
Und alles ward zunichte.


Von früh bis spät hat es gewährt,
Da ging die Schlacht zu Ende.
Adieu, ihr Brüder in der Erd!
Euch halten Gottes Hände!


VII


Der Kaiser von Frankreich ist Colbergs nicht mächtig!
Wir dulden und harren in Dunkelheit nächtig.
Dass Colberg begehrte der Kaiser zu haben,
Das sagte uns nur, dass wir Collberg nicht gaben.
Wir geben die Festung von Colberg nicht auf,
Wir hindern des Kaisers wetteifernden Lauf.
Wir haben Kanonen und Kugeln von Blei
Und sind auch noch tapfere Preußen dabei!
Ihr, tapfere Preußen – ich, Kaiser im Reich!
Zertrümmer ich Colberg, so zeige ich euch,
Dass ihr mir sollt geben das Colberger Haus
Und gehn als Gefangne aus Colberg heraus!
Wir nicht uns ergeben, wir lieben den König,
Frau Freiheit wir lieben und fürchten uns wenig!
Und liegt auch die Stadt halb in Trümmern und Asche,
Doch brennt noch das Taschentuch nicht in der Tasche!
Was nützt die Kanone euch? Unsere Mauern
Beschützen die Deutschen und lassen uns dauern,
Und bei uns ist Fleisch und ist Brot und ist Wein,
Das Tor ist verschlossen, darf niemand hinein!
So wollt ihr uns aushungern? Spott nur dazu!
Wir essen und trinken in heiterer Ruh!
Wir trinken den eigenen Wein ohne Pause!
Franzosen, marschiert nur recht ruhig nach Hause!


VIII


Zar Alexander, der große Held,
Schlug Kaiser Napoleon in dem Feld,
Bei Moskau war die heiße Schlacht,
Verlor Napoleon seine Macht!
Da sprach der Franke, dass Gott erbarm:
Wie bin ich auf einmal so elend und arm!
Die ganze Kriegskasse ging mir verlorn
Und zehntausend Pferde sind mir erforn!
Ach Gott, wo flüchten wir jetzt uns hin?
Ach Gott, wie ich gottverlassen bin!
Ich hätts nicht geglaubt von der Mutter Ruß,
Das sie uns jagt von hinnen zu Fuß!
Und als er nach Dresden gekommen war,
Man fragte: Wo ist denn gewesen die Schar?
Ich wagte zu tief mich nach Russland hinein!
Der Zukunft solls eine Warnung sein!
Und als er gekommen bis nach Mainz,
Da war es nach Mitternacht um halb Eins,
Seid Ihr der Fürst von Neufchatel?
Man fragte: Wohin des Weges, Gesell?
Ich will nun fahren ins schöne Paris,
Champagner trinken mit Frauen süß!
Und als er gekommen nach Paris,
Er kam nicht ins Liebesparadies!
Napoleon! Wie sieht du denn aus?
Wie kamst du nur aus Russland heraus?
Da ihn die Frauen ausgelacht,
Da hat Napoleon bitter gedacht:
Weh! Wehe! Die Kosaken sind nah
Mit langen Bärten! Die Teufel sind da!


IX


Irrt durch den Schnee umher
Das große Frankenheer,
Der Kaiser auf der Flucht,
Soldaten ohne Zucht,
Mit Mann und Ross und Wagen,
So hat sie Gott geschlagen!


Der Kaiser ohne Heer,
Die Jäger ohn Gewehr,
Die Heerschar ohne Herrn,
Die Wildnis ohne Stern,
Mit Mann und Ross und Wagen,
So hat sie Gott geschlagen!


Der Trommler ohne Stock,
Der Held im Weiberrock,
Der Ritter ohne Schwert,
Der Reiter ohne Pferd,
Mit Mann und Ross und Wagen,
So hat sie Gott geschlagen!


Die Speicher ohne Brot,
An allen Orten Not,
Der Wagen ohne Rad,
Der Kaiser ohne Staat,
Mit Mann und Ross und Wagen,
So hat sie Gott geschlagen!


X


Marschieren wir ins Sachsenland,
Stadt Leipzig ist uns wohlbekannt,
Marschieren übers weite Feld.
Ist Deutschland oder Frankreich weiser?
Da kam heran der stolze Held,
Der Held Napoleon, der Kaiser!


Frühmorgens leuchtet uns der Tag,
Die Ebne lag da zart und zag,
Da sah man die Franzosen stehn,
Die Schützen mit den Grenadieren.
Wir Preußen fröhlich vorwärts gehn
Und die Franzosen retirieren.


Was sich der Kaiser bildet ein?
Soll Deutschland denn französisch sein?
Ergebe sich nur Leipzigs Tor,
Der Kaiser soll sich resolvieren,
Die Preußen stehen dicht davor
Und sind bereit zu bombadieren!


So läuft mir doch mein Stück nicht ab,
Ich will noch nicht ins kühle Grab,
Ich schau mir an der Preußen Stück,
Sonst wäre mir das eine Schande,
Käm sonst ich nach Paris zurück,
So müsst ich fliehen aus dem Lande!


Ihr Kanoniere, fröhlich auf
Und richtet die Kanone drauf!
Gebt Donner, dass es brüllt und kracht
Und feuert Mann und Mäuse nieder!
Zerstört des Frankenkaisers Macht!
Hurra, Hurra, ihr deutschen Brüder!


XI


Nun hört mir zu und lauscht recht still,
Weil ich euch etwas sagen will
Von dem Schlaraffenlande.
Es bliebe keiner mehr zu Haus,
Der dieses Land erkannte.


Der Garten heißt Schlaraffenland,
Ist faulen Leuten wohlbekannt,
Liegt hinter einem Hügel,
Und wer will in das Land hinein,
Muss wandeln durch den Spiegel.


Muss durch den Spiegel beißen sich
Drei Meter, lassen weisen sich,
Nun nicht mehr länger suchen,
Denn auf der Häuser Dächern liegt
Ganz zarter Pfannekuchen!


Die Türen und die Wände sind
Lebkuchen für das liebe Kind,
Die Balken Schweinebraten,
Und was sonst einen Pfennig wert,
Das gilt hier für Dukaten.


Um jedes Haus ein Gartenzaun
Ist von gebratnen Würsten braun,
Kein Büßer hier mehr büße,
Hier gibt es Fleisch im Überfluss,
Nicht immer nur Gemüse.


Die Fische auf dem Wasser gehn,
Bratheringe und Schollen schön,
Und an den Bäumen hangen
Seezungen knusprig und paniert,
Braucht keiner sie zu fangen.


Auch fliegen um, ihr könnt es glauben,
Gebratne Enten, Gänse, Tauben,
Und wer da ist zu faul,
Zu fangen selbst sich seinen Schwan,
Dem fliegt er in das Maul.


Die Schweine, fett sind sie geraten,
Herum sie laufen braun gebraten,
Schon Messer in dem Bauche,
Der Schinken schon an ihrem Bein
Geräuchert hängt im Rauche.


Die Käse wachsen wie die Steine,
Auch Schimmelkäse, grobe, feine,
Das mag ein jeder glauben.
Die Steine schmecken lecker und
Sind fett wie Turteltauben.


Der Sommerregen ist daheim
So golden wie der Honigseim,
Den alle gerne schlecken,
Und regnet in der Erde Schoß,
Da kann man dann dran lecken.


Im Winter schneits im Paradies,
Da schneit es weißen Zucker süß,
Rosinen, Nüsse, Mandeln,
Und wer sie gerne essen mag,
Der muss nicht erst drum handeln.


Auf Weidenbäumen wachsen frei
Milchbrötchen mit der Milch dabei,
Milchbäche drunter fließen,
Das Brötchen selbst taucht in die Milch,
Wie Kinder gern genießen.


Und welche große Trinker sind –
Die Flaschen trinken leer geschwind!
Ist immer voll die Kanne!
Die Frauen sind betrunken gleich,
Was Wonne macht dem Manne!


Im Land herrscht Freiheit, hört nur still,
Wer seine Gattin nicht mehr will,
Kann sie vertauschen eben,
Man gibt ein Mädchen ihm dafür,
Zwei Mädchen noch daneben.


Es gibt auch eine große Gnade
In einem öffentlichen Bade,
Das hat sehr große Macht,
Die Alten, badend in dem Bad,
Die werden jung gemacht.


Und wer ein altes Weibchen hat,
Der schicke auch sie in das Bad,
Wird Wunder er gewahren,
So wird aus ihr ein Mädchen schön
Von etwa siebzehn Jahren!


Vollendet ist das Paradies,
Zumeist den Müßiggängern süß,
Den Faulen ward’s erschaffen,
Und wer ein süßes Leben sucht,
Der geh ins Land Schlaraffen!


XII


Nun will ich heben zu singen an,
Tannhäuser zu singen beginne
Und welche Wunder geschehen ihm
Bei Venus, der Göttin der Minne!


Tannhäuser, ein edler Rittersmann,
Er wollte Weltwunder schauen
Und wollt in der Göttin Venus Berg
Zu lieblichen schönen Frauen.


Wer mächtige Wunder schauen will,
Der wandle im Wald mit den Ricken.
Tannhäuser, ein edler Rittersmann,
Tat Wunder der Welt erblicken.


Tannhäuser, lieber Tannhäuser mein,
Bei Göttin Venus verbleibe,
Schau hier meine beiden Töchter an,
Ich geb sie dir beide zum Weibe!


Die beiden Töchter, die will ich nicht,
Dämoninnen ohne Zweifel,
Denn schau ich in ihrer Augen Grund,
So seh ich glühen den Teufel!


Tannhäuser, lieber Tannhäuser mein,
Sollst Göttin Venus nicht schelten,
Bleibst du in der Göttin Venus Berg,
Ich will dir alles vergelten.


Tannhäuser, ich liebe dich doch so sehr,
Sei treu mir in Werk und Gedanken,
Geschworen hast du mir deinen Eid,
Lass deine Treue nicht wanken!


O Venus, geschworen hab ich nicht,
Da muss ich dir widersprechen,
Und redet mir einer von dem Schwur,
Soll Jesus mich an ihm rächen!


Tannhäuser, wie redest du zu mir,
Wohin verschwand dein Vertrauen?
Die Göttin Venus schenkte dir doch
Die beiden Ehefrauen!


Und sollte die beiden Frauen ich je
Im Venusdienste erkennen,
So würde ich in der Hölle Glut
Für alle Ewigkeit brennen!


Du sagst mir viel von der Hölle Glut,
Du selbst hast die Glut nie empfunden!
Schau an, wie ich mit dem roten Mund
Dich labe in nächtlichen Stunden!


O Venus, was hilft mir dein lockender Mund?
Ich kann dir nicht mehr vertrauen.
Nun gib mir Urlaub, o Herrscherin,
Bei Unserer Lieben Frauen!


Tannhäuser, wenn du den Urlaub willst,
Ich will dir doch keinen geben,
Tannhäuser, bleibe in meinem Schoß
Und lebe lustvoll dein Leben!


Die Seele ist mir geworden krank,
Ich nicht bei der Göttin mehr bleibe,
Gib Urlaub mir, Göttin der Liebeslust,
Gib Urlaub von deinem Leibe!


Tannhäuser, red nicht so dummes Zeug,
Gedenk meiner vollen Brüste,
Komm, komm in die Kammer, komm ins Bett,
Wir spielen das Spiel der Lüste!


Bin überdrüssig geworden der Lust,
Ich lieb nicht mehr mit den Sinnen,
O große Göttin Venus, o
Du Göttin der Teufelinnen!


O Göttin Venus, ich will nicht mehr,
Ich nicht mehr im Schoße dir bleibe!
Maria Mutter, glückseligste Maid,
Nun hilf du mir fort von dem Weibe!


Frau Venus besaß einen Feigenbaum,
Tannhäuser lag unter dem Baume.
Von Sünden der Unzucht wende dich ab!
Vernahm er die Stimme im Traume.


Tannhäuser erhob sich und ging davon,
Er wollte in Roma beichten,
Er wollte nicht länger im Sündenpfuhl
Verschlemmen, im süßen und seichten.


Und als er nach Roma gekommen war,
Da blutete er an den Füßen,
Da fiel er nieder aufs Angesicht,
Die Sünden vor Jesus zu büßen!


Nun geh ich als Büßer den Pilgerweg,
Gott lasse die Gnade walten!
Ich frage Urban den Vierten, den Papst,
Ob er will die Schuld mir behalten.


O Papst, o Heiliger Vater mein,
Ich will Euch bekennen die Sünden,
Die ich im Leben begangen hab,
Ich wills in der Beichte verkünden.


Ich bin gewesen drei Jahre lang
Bei Venus, der Göttin der Frauen!
Nun aber will ich empfangen die Buß,
Will Jesus im Himmel schauen!


Der Papst hatte einen Stab in der Hand,
Der Heilige Vater sprach ledig:
Wenn jemals der Stab erblühen wird,
Dann ist dir Jesus gnädig!


Und sollt ich leben noch Einen Mond,
Noch Einen Mond und dann sterben,
So will ich empfangen die heilige Buß
Und Gottes Gnade erwerben!


Da zog er wieder aus Roma fort
Und schaute Madonna voll Leiden:
Maria Mutter, glückseligste Maid,
So muss ich nun von dir scheiden?


Und als er vors Stadttor weinend trat,
Da sah er die Frau aller Frauen:
Gegrüßet seist du, o Liebe Frau,
Darf ich dich nimmermehr schauen?


Tannhäuser erneut in den Venusberg
Zu lockender Wollust sich wendet.
Ich will zu meiner Göttin zurück,
Zu Venus mein Jesus mich sendet!


Gott sei es gedankt, Tannhäuser mein,
Du warst mir so lange verloren,
Gott sei es gedankt, geliebter Freund,
Dich hab ich zum Buhlen erkoren!


Das ging bis an die dritte Nacht,
Der Stab begann zu grünen!
Der Heilige Vater ließ in der Welt
Tannhäuser suchen, den kühnen.


Tannhäuser ward nimmermehr gesehn,
Er war in der Venus Garten,
Er lag der Göttin Venus im Schoß,
Auf Christi Gnade zu warten.


Drum sollt Ihr, Heiliger Vater, o Papst,
Nie einen Sünder verdammen,
Denn Jesus alle erretten will
Aus den verderblichen Flammen!