Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

EPATHALAMIUM


Satire von Josef Maria Mayer

1

ADAM
Ich habe in dem Körper einen Krebs,
Ich hoffe zwar, o Weib, ich überlebs,
Doch glaube ich, ich bin geweiht dem Tod,
Die Mannesreife ist mein Abendrot,
Ich werde in des Lebens Hälfte sterben!
Und darum will ich einmal um dich werben:
Wir spielen jetzt seit vierzehn Jahren schon
Das Spiel von Mann und Frau, und unser Sohn,
Unehelich geboren, ist schon zehn,
Wie wirst du denn nach meinem Tode stehn
Allein und ohne Rente in der Welt?
Auch in der Ehe sparen wir viel Geld,
Denn da wir lebten in dem Konkubinat,
Da unterstützte uns nicht Vater Staat,
Die wilde Ehe ist mir nun zu teuer,
Doch wirst du meine Frau, wir zahlen Steuer
Dem Staate weniger, wir sparen viel.
Der finanzielle Vorteil ist mein Ziel,
Und wenn ich dann gestorben bin am Ende,
Als Witwe zahlt man dann dir meine Rente
Und so gesichert stehst du in der Welt
Und unser Sohn bekommt dann Waisengeld.
Drum schlag ich vor, wir gehn zum Standesamt
Und treten vor in Seide und in Samt
Und schließen eine bürgerliche Ehe,
Denn schließlich steht der Tod in meiner Nähe.
EVA
Doch kirchlich willst du hoffentlich nicht freien?
Ich könnt mir in der Kirche nicht verzeihen,
Müsst ich im Angesichte Gottes lügen
Und schwören, in die Ehe mich zu fügen
In guten und in schlechten Zeiten, bis
Uns scheidet erst des Todes Finsternis.
Wie sollt ich solchen Schwur wohl schwören können?
Denn werde ich in spätrer Zeit dich kennen
Und lieben, wenn wir uns verändert haben?
Und wenn wir großgezogen unsern Knaben,
Ob wir uns dann noch was zu sagen haben?
Uns bindet die Erziehung unsres Knaben.
Ich kann ja treu sein nur dem eignen Stern,
In keinem seh ich meines Schicksals Herrn
Als nur in meinem wahren Selbst und Ich.
Drum werde ich dich nehmen sicherlich
Nicht  in der Kirche dich zu meinem Mann.
Doch gehen wir zum Standesamte. Dann,
Wenn wir uns können einmal nicht mehr leiden,
Dann lassen eben wir die Ehe scheiden.
ADAM
So wäre das geklärt. Und meine Mutter
Bezahlt der Hochzeitsfeier Brot und Butter,
Wir feiern in der Mühle „Don Quichott“.
EVA
Ich hab nichts anzuziehen, lieber Gott!


2

(Hochzeitsfest in der Mühle Don Quichotte. Unter den Hochzeitsgästen Johanna und Nathan. Beide etwa fünfzig Jahre alt, verheiratet.)

EVA
Wie kam denn das mit euch und eurer Ehe?
JOHANNA
Seit zwanzig Jahren in intimer Nähe,
Wir feiern zwanzig-Jahre-Jubiläum!
JOSEF
Da singt man Halleluja und Tedeum.
JOHANNA
Wir lebten fröhlich in dem Konkubinat,
Der Nathan säte fröhlich seine Saat,
Was in der Ehe anderes vermöcht er?
Wir haben jetzt schon zwei erwachsne Töchter,
Als Nathan plötzlich kam auf die Idee,
Dass er mich gern als seine Gattin säh.
NATHAN
Johanna hielt ja nichts vom Ehe-Leiden,
Denn ihre Eltern taten einst sich scheiden
Und scheiden ließen sich auch die Geschwister.
JOSEF
Erwache, Simson, über dir Philister!
JOHANNA
Da hat der Nathan mich doch klar erpresst:
Entweder feiern wir ein Hochzeitsfest,
So dass wir richtig Eheleute sind,
Sonst, sprach er, mach ich dir ein drittes Kind!
EVA
Noch eine Tochter? Das auf keinen Fall?
JOHANNA
Da lieber doch noch einen Hochzeitsball,
Da wird gefeiert, da wird Sekt getrunken,
Getrunken, bis man in das Bett gesunken,
Und alles ist vorbei. Und alles bleibt
So wie es vorher war, man lebt und leibt.
NATHAN
Und nach des Hochzeitsfestes toller Trance
Wir reisten wieder einmal nach La France,
An die Ardeche, zum Lager neuer Heiden,
Wo alle sich an Göttin Luna weiden.
Da sahen wir ein Mädchen aus Berlin,
Zwei Männer sahn wir mit dem Mädchen ziehn,
Sie lief mit ihren Brüsten splitternackt
Und hatte zwei Geliebte für den Akt.
EVA
Statt wilder Ehe – wilde Bigamie!
JOSEF
Ist besser als der Priester Sodomie!
JOHANNA
Da war ein Liebespaar aus Christiana,
Die beteten zur göttlichen Diana.
Habt ihr von Christiana schon gehört?
In Schwedens Hauptstadt, was mich sehr betört,
Ein eignes freies Reich von Anarchisten,
Die feiernd ihre schwarzen Fahnen hissten,
Und frei von Unterdrückung durch Despoten
Totale Freiheit leben die Chaoten!


3

(Zwei weitere Hochzeitsgäste, Michael, fünfzigjähriger Holzfäller aus Berlin, und seine Konkubine Magdalena, auch fünfzig Jahre, aber immer noch schön.)

MICHAEL
O Eva, meine Lieblingsfreundin du!
Ich seh dir gerne bei der Hochzeit zu.
JOSEF
Wie hast du Magdalena kennen lernen?
MICHAEL
Die Liebe stand geschrieben in den Sternen.
Ich in Berlin auf dem Gymnasium
Ging nicht sehr fleißig mit der Schule um,
Ich blieb dem Unterrichte fern, dem Zank
Der Lehrer, da ich lieber mich betrank,
Ich war an jedem Tage schwer besoffen.
Die Tür zur Säuferhölle stand schon offen,
Als Magdalena wie vom Himmel kam
Und mich als Freund in ihre Arme nahm
Und mich als Mann in ihrem Schoß gebettet,
Sie hat mich aus des Abgrunds Loch gerettet.
MAGDALENA
Nun Adam Eva nimmt zu seiner Frau
An diesem trüben Herbsttag trist und grau,
O Michael, da könnten wir uns freien
Als Mann und Frau, wir sind doch schon zu zweien
Seit dreißig Jahren. Unser Sprössling Paul
Zählt achtzehn Jahre schon. Sei du nicht faul
Zur Ehe, sondern nimm mich an als Gattin!
JOSEF
O Magdalena; schöne Venusgöttin,
Wenn ich zum Himmel schau zum vollen Mond,
Ich meine, Eva auf dem Monde wohnt,
Im Mond seh ich das Antlitz dann von Eva.
MAGDALENA
Ich seh das Angesicht von Buddha-Deva
Im Mondenscheine lächeln sanft und weise.
MICHAEL
Du, Josef, in der schönen Frauen Kreise
Bist immer lieber Onkel ihren Knaben.
Ich durfte auch so einen Onkel haben.
Mein Vater hat mich immer nur geschlagen,
Besoffen war der Herr an allen Tagen,
Im Suff hat er sich nicht mehr selbst gezügelt,
Dann hat er mich in heißer Wut verprügelt.
Dann hat der Vater seine Frau verlassen,
Die Mutter saß dann da mit tränennassen
Und roten Augen, aber ich war froh,
Dass er gegangen war. Und da war so
Ein lieber Onkel, der mich aufgerichtet.
Der hat zwar nicht wie du so schön gedichtet,
Doch machte er mir immer wieder Mut.
MAGDALENA
Und wenn du mich zur Frau nimmst, liebes Blut,
Dann machen wir die schönste Hochzeitsreise.
Willst wissen du wohin? Ich sage leise,
Zur Mongolei, dem schönsten Flecken Erde.
MICHAEL
Das Glück liegt auf dem Rücken doch der Pferde!


4

(Josef und Evas Sohn, der zehnjährige Thomas, sitzen nebeneinander.)

THOMAS
Ich warte auf Christina voller Wonne
Und Sehnsucht! Sie ist meine Himmelssonne!
JOSEF
Ich weiß. Ich sprach von Christi Himmelfahrt,
Du hörtest nur: Christinae Himmelfahrt!
THOMAS
Mein Herz ist mir entsprungen aus dem Busen!
JOSEF
Mit Amor kommen auch die jungen Musen.
Wie oft hab ich auf Eva schon geharrt,
Wie oft hat mich die Sehnsucht schon genarrt!
Am Jüngsten Tage, steh ich vor dem Richter,
Dann redet Jesus Christus: O mein Dichter,
Was tatest du mit deiner Lebenszeit?
Dann sage ich: Sei, Herr, gebenedeit,
Auf Eva wartete ich ganz vergebens,
Im Warten mir verging die Zeit des Lebens.
THOMAS
Christina, komm doch bald! Wann kommst du endlich?
Ich sehne mich, ich sehne mich unendlich!
JOSEF
Ich war einmal in Tübingen und wollte
Zu Thyrza! Selbst der schnelle Wagen rollte
Mir viel zu langsam für mein heißes Sehnen!
Ich kenne diese heißen Herzenstränen.
Doch Thyrza war verlobt mit einem Heiden.
Ich musste von der schönen Thyrza scheiden.
Sie schrieb mir noch, wie sehr mich Gott doch liebe,
Vergiss das nie in deines Herzens Trübe!
Doch auf dem Weg zur Universität
Ist sie verschwunden, wie vom Wind verweht,
Ward niemals mehr gesehen auf der Erde.
Sie war ein reines Lamm aus Christi Herde,
Vor ihrem Tod in eines Traumes Tiefe
Sie träumte, dass der Herr sie zu sich riefe.
THOMAS
War Thyrza schön? Wie sah denn Thyrza aus?
JOSEF
Die Augen licht wie Licht des Himmelsblaus,
Das Angesicht vergeistigt, zart und hold,
Der Körper schlank, die langen Haare Gold!
THOMAS
Wie mir Christina strahlt am Horizont,
Sie ist so schön, sie ist so strahlend blond!
JOSEF
Da ist sie ja! Jetzt kannst du wieder lachen!
THOMAS;
Geh, um den Platz ihr freizumachen.


5

(Die neunjährige Christina Sophia und der fünfzigjährige Josef sprechen über Gott.)

CHRISTINA SOPHIA
Wenn du was trinkst, dann sage immer Prost!
Sonst straft dich Gott! Der Trank sei dir zum Trost.
JOSEF
Gott straft dich nicht. Er ist ein lieber Vater,
Auf Erden gibt es in dem Welttheater
Nicht Einen Vater, der so lieb wie Gott!
Die Erdenväter sind dagegen Spott.
CHRISTINA SOPHIA
Doch geht ein armer Mensch sich selbst ermorden
Und kommt zu Gott, ist zornig Gott geworden
Und Gott voll Zorn den armen Menschen rüttelt,
Und Gott voll Zorn den armen Menschen schüttelt!
JOSEF
Gott ist der Schöpfer und er liebt das Leben.
Und wollte Einer tausend Dollar geben,
Dass man dich nicht ans Leben lasse kommen,
Dein Leben würde dir vom Feind genommen,
Doch bist du unbezahlbar! Gott will dich!
Gott schuf dich ja, Gott liebt dein schönes Ich!
CHRISTINA SOPHIA
Wenn du an Gott glaubst, warum rauchst du dann?
Denn in den Zehn Geboten, Gottesmann,
Geschrieben steht, du sollst dich selbst nicht töten!
JOSEF
Du siehst mich, schönes Kind, vor dir erröten.
Als Heide fing ich einst das Rauchen an,
Nun kann es lassen nicht der Gottesmann.
Deswegen fragte einmal ich den Priester:
Ist schuld ein frommer Gottesmann, genießt er
Den Tabak? Und der Priester hat geschrieben:
Du sollst – du sollst vor allem Menschen lieben,
Nicht nur die Rosen, sondern auch die Dornen,
Die Armen, Kranken, Kleinen, Ungebornen!
CHRISTINA SOPHIA
Wenn Oma fährt in ihrem alten Wagen,
Dann muss ich immer meiner Oma sagen:
Mit Vorsicht fahre du in dem Verkehr!
Denn in den Zehn Geboten sagt der Herr:
Du sollst nicht töten! Fahre nicht zu schnell,
Und immer sei dein Licht am Fahrzeug hell.
JOSEF
Liebhaber allen Lebens ist ja Gott,
Er ist der Töpfer, wir sind der Schamott.
CHRISTINA SOPHIA
Klein Fritzchen in der Kirche sollte beten,
Doch er verstand: Du sollst die Scheiße kneten.
JOSEF
Klein Fritzchen in der Kirche stets verstand:
Gescheh dein Wille, Gott, in unserm Land,
Klein Fitzchen dachte, dass gebetet ward
Für Onkel Willi, Onkel Willi zart.
Und wenn die Kirche sang zur Weihnachtsnacht
Im Weihnachtslied das Verschen: O wie lacht –
Dann dachte Fritzchen, dass die Kirchgemeinde
Des Freundes kleinen Bruder Owe meinte.
Und wenn die Kirche jauchzte: Halleluja,
Verstand klein Fritzchen immer: Hallo Julia!