Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

SALOMON UND KARINA


Von Josef Maria Mayer



1

In der Wüste von Ägypten
Salomo war auf der Jagd.
Bei ihm waren seine Freunde
Und er trug den Pfeil und Bogen.

Jagen wollte er den Fuchs,
Doch der Fuchs war listig, schlau,
Und er floh vor Salomo,
So der Fuchs ward unsichtbar.

Salomo verfolgte dann
Eine bunte Wüstenschlange,
Doch die Schlange ist geflohen,
Unsichtbar die Schlange wurde.

Salomo verfolgte dann
Den Schakal und die Hyäne,
Doch die Hinterlistigen
Flohen eilends vor dem Jäger.

Salomo den Geier jagte,
Der beim Aase sich gesammelt,
Doch der Geier flog davon,
Als er sah den Jäger kommen.

Salomo schlich nach dem Hasen,
Unrein ist er, Wiederkäuer,
Frisst erneut den eignen Kot,
Doch der Hase floh davon.

Dann gejagt ward das Kaninchen,
Doch es hoppelte davon.
Friedlich sieht es aus, das Tier,
Aber es ist voller Streitlust.

Salomo den Dachs verfolgte,
Klippdachs in den Felsenklüften,
Doch der Klippdachs ist geflohen,
Ward nicht mehr gesehn vom König.

Der ging nach der Antilope,
Doch die Antilope eilte,
Und wenn eilt die Antilope,
Dann kann keiner sie ereilen.

Salomo nun wollte jagen
Die Gazelle voller Anmut,
Doch sie huschte wie ein Blitz
Und schon ward sie unsichtbar.

Nun verfolgte Salomo
Ein sehr dummes Straußenweibchen,
Die nicht fliegen kann, doch rennen,
Rennt auch schneller als ein Pferd.

Salomo zu seinen Freunden
Auf der Jagd sprach diese Worte:
Heute ist wohl nicht mein Glückstag,
Heute stehen schlecht die Sterne.


2

Wo sind alle meine Freunde?
Alle haben mich verlassen!
Also klagte Salomo
Plötzlich in der Einsamkeit.

Meine Freunde waren da,
Als ich war erfolgreich, glücklich,
Doch als mich das Glück verlassen,
Da hat Gott mich auch verlassen!

Und nun steh ich einsam da,
Nur Frau Weisheit blieb bei mir.
Ach wie treulos meine Freunde,
Alle ähnlich Hiobs Freunden!

Und nun bin ich unbewaffnet,
Mir entfallen Pfeil und Bogen
Und das Schwert von meinem Vater,
Der den Goliath enthauptet.

Was sind Männer ohne Waffen?
Zwar ich bin der Friedefürst,
Doch versuche einmal, Knaben
Ohne Waffen zu erziehen,

Sie verwandeln jeden Stock
In ein scharfes Heldenschwert
Und sie schnitzen Pfeil und Bogen,
Für Gerechtigkeit zu streiten.

Löwen haben ihre Zähne
Und das Nashorn hat sein Horn,
Doch der Menschensohn hat nichts
Als sein Hirn und seine Waffe.

Und nun hab ich mich verirrt,
Habe selbst den Weg verloren!
Wo ist Osten, wo ist Westen,
Wo ist Süden, wo ist Norden?

Keine Sonne weist am Himmel
Mir den Weg in meine Heimat
Und kein Mond geht auf im Osten
Und ich sehe nicht den Bären.

Keine Straße ist zu sehen
Und von Menschenhand kein Schild,
Keine Bäume, abzulesen
An dem Moos die Himmelsrichtung.

Wehe, mitten in der Öde Mitte
Bin ich! Und nun bricht herein
Plötzlich tiefe Dunkelheit
Und die Finsternis der Nacht!

O du dunkle Nacht der Sinne,
O du dunkle Nacht der Seele,
O du dunkle Nacht des Glaubens,
O du dunkle Nacht des Nichts!

Nacht! Es nennen dich die Weisen
Layla! Alles ist vergeblich,
Alles Nichtigkeit, wenn Layla
Erst die Sinne dir verwirrt!

Und wo bin ich in der Nacht?
Was ist das für eine Gegend?
Eine unbekannte Gegend!
Ach, ist dies der Wald des Bösen?

Also klagte Salomo.
Und der Vater voller Mitleid
Hörte seinen Knecht im Elend
Und ihn tröstete Frau Weisheit.


3

Plötzlich in der dunklen Nacht
Schaute Salomo ein Weib,
War das Halluzination
Oder ein Erleuchtungsbild?

Ach, ihr Oberkörper nackt
Hatte große Wonnebrüste!
Solche Brüste hatte einst
Babels große Göttin Ishtar!

Und die schwarze Mähne wallte
Wie ein Wasserfall herab,
Reichte zu den großen Brüsten,
Reichte zu der schlanken Taille!

Und sie warf das Haupt zurück
Und mit ihrem nackten Arm
Hielt sie eine Rebentraube
Über ihren schönen Mund.

Und es lachten ihre Lippen,
Sinnlich volle, feuchte Lippen,
Und sie hatte weiße Zähne,
Eine weiße Perlenschnur.

Ihre hellen blauen Augen
Strahlten wie der Ozean
Und es ging ein Leuchten aus
Von den großen offnen Augen.

Und die schwarzen Augenbrauen
Waren feingezogne Bogen,
Zierlich wie der Wahrheit Feder
Auf der Waage des Gerichts.

Ihre Nase war sehr klein,
Wirklich eine hübsche Nase,
Zitternd ihre Nasenflügel,
Zitternd zart vor Zärtlichkeit.

Auf der Stirne war ein Lichtglanz,
So als thronte dort der Gott.
Um die weibliche Gestalt
Eine Aura der Erleuchtung,

So als wär sie übergossen
Von der Gloria der Gottheit
Oder so, als ob erschienen
Selber eine Liebesgöttin.


4

Salomo sprach zu der Frau:
Schönheit! Nenn mir deinen Namen!
Woher kommst du, wohin gehst du?
Sag mir, wo bist du geboren?

Antwort gab die schöne Frau
Nicht dem König Salomo,
Sondern fragte: Wer bist du?
Was tust du in meinem Wald?

Antwort gab der weise König:
Ich bin König Salomo,
Bin Prophet des Gottes Jahwe,
Gottgeliebter Gottesmann.

Jahwe ist mein Herr und Gott
Und er redet auch zu mir
Und ich gebe seine Worte
Weiter als geschickter Schreiber.

Und ich singe meine Lieder
Wie mein Vater, König David,
Und ich singe sie dem Herrn
Und dem kommenden Messias.

Ich bin König Israels,
König Benjamins und Judas,
Ephraim, Manasse, Josef,
Mann der Tochter Pharao.

Und ich herrsche von dem Euphrat
Bis zum gelben Vater Nil,
Ofir ist mir untertänig,
Tarsis schickt mir seine Schiffe.

Herrscher bin ich aller Tiere,
Und ich spreche über Fleiß
Mit der Ameiskönigin,
Sie erzählt mir ihre Weisheit.

Und mein Bote ist der Hudhud,
Stets verliebter Wiedehopf,
Der dereinst den Kuppler machte
Zwischen Salomo und Balkis.

Und in meinem Siegelringe
Stehen neunundneunzig Namen
Gottes, mit dem Talisman
Bin ich auch der Engel Fürst.

Nicht nur dient mir Gabriel,
Das bedeutet Gottes Kraft,
Sondern auch die Dschinn-Dämonen
Sind mir alle untertänig.

Auch der Kobold muss mir dienen,
Eule auch und Nachtgespenst,
Und wenn ich mich schlafen lege,
Willig ist die Lilith dann.

Also sagte Salomo.
Bei dem Namen Lilith aber
Lachte laut die schöne Frau
Und der große Busen bebte.

Und sie trat zu Salomo,
Stand vor ihm im roten Rock,
Rot wie eine rote Rose,
Ihre Haut so weiß wie Schnee.

Und sie zeigte ihre Schönheit,
Einer Liebesgöttin Schönheit,
Sagte: Willst du meine Milch?
Möchtest du von meinem Honig?


5

Salomo sprach zu der Frau:
Wohin gehst du? Sag die Wahrheit!
Ich beschwöre dich im Namen
Des Messias, sag die Wahrheit!

Und da sprach die schöne Frau:
Du gebietest, ich gehorche,
Also muss ich dir jetzt sagen,
Wohin ich zu gehen denke.

Ja, ich geh zu einer Frau,
Welche Kinder trägt im Schoß,
Zwillinge im Mutterleibe,
Dräng die Mutter, abzutreiben!

Denn ich möchte ihre Kinder
Fressen, ihre toten Körper
Will ich fressen und ihr Blut
Saufen, so als wär es Wein!

Ihre kleinen zarten Knochen
Möchte ich zu Staub zermalmen
Und den Staub von diesen Knochen
Will ich von der Erde lecken.

Denk dir nichts dabei, o König,
Denn ich bin es so gewohnt.
Selber war ich einmal Mutter,
Schwanger ich mit Leibesfrucht

Dreimal, aber alle meine
Kinder wurden tot geboren,
Und ich fraß die Totgeburten,
Wollte so Magie erlangen!

Du bist weise, Salomo,
Du kennst die geheimen Zahlen
Und die Namen der Dämonen,
Dir gehorchen Dschinn-Dämonen.

Gott der Herr gab dir die Weisheit.
Doch wir ordinären Weiber
Ehren nicht den Vatergott,
Wir begehren die Magie!

Oh, ich wollte die Magie
Nur beherrschen, zu bezaubern
Alle Männer, die ich wollte,
Mit geschriebnem Liebeszauber.

Ich begehrte, wahrzusagen
Aus den Sternen unser Schicksal,
Wollt der Isis Wissen haben
Vom geheimen Namen Gottes!


6

Darauf sagte Salomo:
Ah du Kindermörderin,
Ich verfluche deine Sünde,
Gottes Zorn ist über dir!

Leibesfrüchte abzutreiben
Und die Menschen aufzufressen!
Gottes Fluch auf Satans Werke!
Gott verabscheut diese Sünde!

Zwar die Sünder liebt der Herr,
Will, dass sie sich noch bekehren,
Doch die Sünde hasst der Herr,
Sold der Sünde ist der Tod.

Wer dem Schoß der Frauen naht,
Leibesfrüchte auszusaugen,
Leibesfrüchte auszukratzen,
Leibesfrüchte zu vergiften,

Der ist auf dem Weg zur Hölle!
Und die Hölle ist bereitet
Satanas und seinen Engeln
Und den Sklaven Satans auch!

Dir droht ewige Verdammnis,
O du Kind des Zornes Gottes,
Fluch sei deinem Satanspakt,
Allen Werken der Dämonen!

Mache du dich nicht zur Sklavin
Der Dämonen und der Hölle!
Baue nicht das Reich des Bösen,
Denn sonst trifft dich Gottes Fluch!

Also zürnte Salomo.
Doch es sprach zu ihm die Frau:
Fluche nicht, o weiser König,
Fluche du nicht deinen Feinden.

Dass ich deinen Segen mir
Auch verdiene, will ich sage,
Wie ein Mensch sich schützen kann
Vor dem Unheil, dass ich tu.

Weißt du doch von Lilith auch,
Dass man nur Drei Engel Namen
Schreiben muss auf ein Papier,
Dies als Amulett benutzen.

Gott der Herr gab dir doch Weisheit
Und du kennst der Engel Namen,
Die vor Liliths Fluch dich schütze
Und die Tochter Pharao.

Also rate meinen Namen,
Die vier Namen meines Wesens
Musst du sagen und sie schreiben
Mit dem Griffel auf Papyrus,

Wenn du unter allen meinen
Namen den geheimen weißt,
Unter welchem ich bekannt bin
Bei dem Herrn und seinen Engeln,

Sagst du den bewussten Namen,
Werde ich dich segnen müssen
Und die Tochter Pharao,
Deine Freundin Sulamith.


7

Da sprach König Salomo:
Wohl, ich kenne dich, du Böse,
Du hast in dir nicht die Liebe
Gottes, gehst den Weg des Irrtums.

Ja, die Engel Luzifers
Kommen oft als Lichtgestalten,
Doch sie dienen nicht dem Herrn,
Weihen sich dem bösen Feind.

Ja, ich kenne Satans Pläne,
Der die Kinder will verderben.
Gottes Arbeit ist die Schöpfung,
Satans Werk der Kindermord.

Du stehst in den Diensten Satans
Und ich kenne deine Namen,
Du bist Liliths Busenfreundin,
Beides Bräute Luzifers.

Salmas heißest du mit Namen
Und al-Hammas heißt du weiter,
Was du treibst, ist Terrorismus,
Mord an Gottes Lieblingskindern!

Umm al-Sibyan heißt du weiter,
Lässt dich Kindermutter nennen.
So auch nennt sich ja Frau Lilith,
Nennt sich gleichfalls Kindermutter.

Mörderinnen seid ihr beide,
Und könnt ihr der Kinder Körper
Nicht vernichten, so verderbt
Ihr die reinen Kinderseelen.

Ihr verderbt die Kinderseelen,
Die so rein am Anfang sind,
Bis sie euch Dämonen gleichen,
Nicht mehr in der Liebe sind!

Nicht nur in dem Nahen Osten
Fürchten Frauen Liliths Schwester,
Sondern auch im Fernen Osten
Fürchten sie die Kuntianak!

Ja, ich kenn dich, Kuntianak,
Dich, den femininen Teufel,
Die du schlägst die kleinen Kinder
Und die Männer treibst zum Selbstmord!

Du machst Männer unfruchtbar,
Und so schön ist auch dein Aussehn,
So ist finster deine Seele,
Voller Bosheit, Zank und Zorn!

Aber denke nicht, ich wüsste
Nicht den eigentlichen Namen:
Die Karina aller Frauen
Bist du und du heißt Tabia!

Als der weise Salomo
Sprach den Namen aus – KARINA
Und TABIA – da erbebte
Salomo trotz seiner Macht

Über alle die Dämonen,
Denn der feminine Teufel,
Die Karina und Tabia,
War sehr mächtig in der Welt.


8

Plötzlich war die Teufelin
Größer als ein Menschensohn,
Von der Rasse der Giganten,
Welche stolz den Himmel stürmten.

Berge häuften sie auf Berge
Und bekriegten so den Himmel,
Kinder sinds der Mutter Erde,
Sind gesonnen allzeit irdisch.

Die Gigantin war nun größer
Als der kluge Salomo,
Der trotz seiner Intelligenz
Wie ein kleines Kindlein schien.

Und da sprach die Teufelin:
Überwinden kann mich nicht,
Der von einer Frau geboren,
In der Erdenwelt ein Mann.

Ich bin der Triumph der Frau
Und der Großen Mutter Herrschaft,
Nichts bedeutet mir ein Mann,
Nichts ein weiser Menschensohn.

Salomo entgegnete:
Teufelin der Großen Mutter,
Geist der Katzengöttin Isis,
Zeig nur deine scharfen Krallen

Und die Zähne deiner Vulva,
Doch du musst es mir bekennen:
Wer ist mächtiger als du?
Wer kann deine Macht bezwingen?

Und da stöhnte die Dämonin:
Michael, der Drachentöter,
Michael kann mich bezwingen,
Gegen Engel bin ich machtlos.

Salomo im Herzen jauchzte:
Michael, wer ist wie Gott?
Gabriel, Gott ist die Kraft,
Raphael, Gott ist mein Arzt!

Lobpreis allen Engeln Gottes!
Siehe, hier ist Mahanajim,
Doppellager, Heereslager,
Hier der Engel Heereslager!

Cherubinen, Seraphinen,
Mächte, Throne und Gewalten,
Tugenden und Fürstentümer,
Die Erzengel, die Schutzengel!

Dieser Geist der Mutter Erde
Nicht erkannte Salomo,
Sie besaß nicht Gottes Weisheit,
War so dumm wie Straußenweibchen,

Sie erkannte nicht, wie mächtig
War der weise Salomo,
Stets begleitet von den Engeln,
Von der weißen Dame Weisheit!


9

Salomo sprach im Gebet:
Komm, mein Bruder, rasch zu Hilfe!
Ich bedarf der Bruderhilfe,
Denn ich bin in großer Not!

Bruder, du mein Freund und Bruder,
Hilf mir in der Welt des Hasses,
Da die Menschen sind so lieblos,
Mammon herrscht und Moloch herrscht.

O mein Bruder, Weggenosse,
Rette mich vor den Dämonen!
Ich bin einsam unter Menschen,
Habe nur der Engel Hilfe.

Komm aus deiner Ferne zu mir,
Tröste mich in meiner Not,
Auf der Erde herrscht der Hass,
Keiner will der Liebe dienen.

Michael, Sankt Michael,
Wenn ich bring das Speiseopfer,
Bitte ich Sankt Michael,
Satanas hinabzustürzen.

O mein Bruder, o mein Engel,
Ich bekenne meine Sünden,
Stürze du die Engel Satans
In die Ewigkeit der Hölle!

Ja, die Hölle, sie ist ewig,
Ist Gehenna und Scheol,
Ist bereitet für den Satan
Und die bösen Jünger Satans.

Keine Hoffnung auf Erlösung
Gibt es für die Engel Satans,
Aber von den Menschenkindern
Keiner ist bestimmt zur Hölle.

Gott will alle Seelen retten,
Und so flehe ich dich an,
Führe alle Menschenkinder
Zur Barmherzigkeit des Herrn!

Da erschien der Engelfürst,
Schön war er in seinem Glanz,
Ritt auf einem weißen Pferde,
Mit dem Schwert in seiner Hand.

Silbern war des Engels Rüstung
Und auf seinem Wappen stand:
Wer ist mächtig wie der Herr,
Wer ist mächtig wie El Shaddai?

Michael in seinem Glanz
Kam mit Heeresscharen Engeln.
Mahanajim, Mahanajim
War der Engel Doppellager.


10

Heil dir, starker Michael,
Gruß dir, guter Engel Gottes!
Du bist schön und stark und herrlich,
Also sagte Salomo.

Du bist ja der Schutz der Kinder
Israel, des Volkes Gottes,
Gott ist unsre Wehr und Waffen,
Zebaoth ist unsre Burg.

Wenn die Perser kämpfen werden
Gegen Gottes Augenstern,
Wirst du mit der Perser Engel
Siegreich kämpfen, Michael.

Und wenn die Hellenen kommen
Mit des Hellenismus Weltreich,
Wirst du mit der Griechen Engel
Siegreich kämpfen, Michael.

Ja, ich sah den Satan stürzen
Wie ein Blitz aus hohem Himmel,
Luzifer, der sich erhoben,
Gottes schöner Morgenstern,

Der nicht dienen wollte Gott
Und der Königin der Engel,
Diesen stürztest du hinab
In die Hölle, Michael.

Und die Königin der Engel
Als die Dame in der Sonne
Wird gebären den Messias,
Gottes Sklaven als ein Kind,

Doch der feuerrote Drache
Streitet gegen jene Frau,
Aber du, o Michael,
Bist der Ritter dieser Dame.

Und ich sehe in den Norden,
In das Land der Mitternacht,
Wenn Barbaren sich bekehren
Zu dem Herren Zebaoth,

Wirst du der Germanen Engel.
Und ich sehe auf der Erde
Aufgebaut der Hölle Lager
Und des Antichristen Herrschaft,

Jedem wird zuteil das Seine,
Steht geschrieben an der Hölle,
Und dass Arbeit erst den Affen
Macht zu einem freien Menschen.

Doch die Kinder Israel
Kehren jauchzend heim nach Zion
Und die Schechina-Matrone
Führt die Kinder zum Messias.

Also sagte Salomo
Zu dem Engel Michael
Und der Engel Michael
Sagte zu dem weisen König:

Lieber Freund und Bruder, sag,
Was gebietet mir mein Bruder?
Gerne will ich meines Freundes
Tiefsten Herzenswunsch erfüllen.


11

Salomo zum Engel sagte:
Lieber Bruder, bitte hilf mir,
Diesen Dämon auszutreiben,
Diese Kindermörderin!

Denn wir beten in dem Tempel
Nach Vollzug des Speiseopfers:
Michael, die bösen Geister
Stürze nieder in die Hölle!

Und der Engel lächelte:
Nur die Alten beten so,
Doch die Neuen glauben nicht,
Dass der Teufel existiert.

Aber höre, Salomo,
Dass die weibliche Dämonin
Längst schon überwunden ist
Durch den Namen des Messias.

Zwar ihr Juden wartet noch
Auf den kommenden Messias,
Doch uns Engeln ist er längst
Gegenwärtig in den Himmeln.

Denn der kommende Messias
Ist der Sohn des Allerhöchsten,
Gott von Gott und Licht vom Licht,
Eines Wesens mit dem Vater.

Und es ist der Logos Gottes
Existent vor aller Schöpfung
Und er ist der Engel Schöpfer
Und wir haben anzubeten.

Dieser Logos in dem Himmel
Zeigte mit dem Finger Gottes
Auf Karina, auszutreiben
Diese Kindermörderin,

Und es sprach der Logos Gottes
Mit gebieterischer Stimme:
Vor dem Namen Jehoschua
Sollst du weichen, böser Geist!

Salomo zum Engel sagte:
Wer ist dieser Jehoschua?
Ist es aller Engel Höchster?
Oder ists ein guter Mensch?

Michael gab diese Antwort:
Jahwe ist der wahre Gott,
Ist der Vater in dem Himmel
Und der Schöpfer aller Welten,

Jehoschua (Jahwe rettet)
Ist der Sohn des Hochgelobten,
Ist der Logos, ist der Heiland,
Ist der kommende Messias,

Jahwe nun und Jehoschua
Sind wie Sohn und Vater liebend,
Beider Liebe ist die Ruach,
Heilig, geistig, Odem Gottes!

Und Jeschua mit dem Finger
Gottes austreibt die Dämonen
Und es ist der Finger Gottes
Ruach ha-kadosch, die Geistkraft!


12

Bei dem Namen Jehoschua
Und dem rechten Finger Gottes
Wurde plötzlich die Karina
Krumm und welk wie eine Greisin.

War sie erst der Jugend Liebreiz
Mit den nackten großen Brüsten
Und dem sinnlich vollen Mund
Und der langen Lockenmähne,

Hat beim Namen des Messias
Die Karina sich verwandelt,
Es erblindeten die Augen
Und der Gaumen wurde zahnlos,

Statt der langen Lockenmähne
War das Haar nun dünn und grau,
Statt der glatten Pfirsichwange
Trug sie einen Damenbart.

Statt der voller straffen Brüste
Hatte sie nun Hängebrüste,
Statt des Nabels voller Mischwein
Trug sie nun das Fett am Bauche.

Nicht mehr hüpften ihre Beine
Wie die zierliche Gazelle,
Sondern humpelnd, sondern hinkend
Ging Karina an dem Krückstock.

Nicht mehr war ihr Hintern prächtig
Wie die Hälften eines Apfels,
Sondern auf den Steiß gefallen,
Schmerzte das verletzte Steißbein.

Aber schlimmer als das Welken
Ihres einst so schönen Leibes
War die Dunkelheit der Seele,
Vor dem Zorne Gottes zitternd,

Vor der Herrlichkeit des Engels
Michael zutiefst erschrocken,
Hatte Angst sie vor dem Tod
Und der ewigen Verdammnis.

Michael, der starke Engel
Gottes, aber fuhr gen Himmel,
Er fuhr als ein Knecht zur Mutter
Des verheißenen Messias.

Gruß dir, Mutter des Messias,
Grüßte sie der Engel, Mirjam!
Du erlöse alle Frauen
Auf der Erde von Karina!


13

Und Karina wollte gehen,
Doch der König Salomo
Packte sie an ihrem Arm
Und er zog sie mächtig an sich,

Und er sah ihr Angesicht
Und er war zutiefst erschrocken!
Nein, nicht einer Göttin Antlitz,
Dies war eines Teufels Antlitz!

Antichristlich dieser Teufel
Und auch antimarianisch,
Hier erhob sich stolz die Schlange
Gegen Jahwe, den All-Einen!

Und er sah ihr Angesicht,
Und die langen schwarzen Locken
Waren nur noch graue Strähnen,
In den Strähnen saßen Läuse.

Und die meeresblauen Augen
Oder grünen Katzenaugen
Waren rötlich unterlaufen,
Schwarzer Teufel, rote Augen!

Und die feinen Augenbrauen,
Sonst gewölbt wie eine Waage,
Beim Gericht der Wahrheit Waage,
Wie die feine Feder Maats,

Diese waren schwarz und buschig,
Augenbrauen schwarz und buschig
Aber sind im Antlitz unschön,
Schön sind einzig feine Brauen.

Und die Nase fein und zierlich,
War nun eine Hakennase,
Auf der Hakennase saß
Eine dicke Hexenwarze.

Und die Oberlippe, sonst
Zärtlich zitternd vor Empfindung,
Trug nun einen Damenbart,
Zu behaart war dieses Weib!

Aber in dem roten Mund
Glühten rötlich schwarze Kohlen,
Aus der Nase Nüstern stieg
Ein Gestank und blauer Rauch.

Und die Zunge in dem Mund,
Die so köstlich küssen konnte
Und liebkosen einen Mann
Und des Mannes Glieder lecken,

Das war eine Schlangenzunge,
Die gespaltne Schlangenzunge
Zischte zwischen ihren Lippen,
Lüstern züngelnd, Lügen lispelnd.

Und die Haut des Angesichtes
War nicht mehr wie weiße Jade,
Sondern gelb und welk und faltig,
Wie vergilbte Pergamente.

Salomo zum Dämon sagte:
O Karina und Tabia,
Ich beschwöre dich beim Namen,
Den allein der Priester kennt,

Nenne du mir deine Werke!
In dem kommenden Äon
Satans wirst du als die Göttin
Satans angebetet werden!

Doch dass sich die Frommen schützen,
Die anbeten Gott den Herrn,
Decke deine Werke auf,
Nenne deine Übeltaten.


14

Und Karina hob die Stimme
Und Tabia nun bekannte
Alle ihre Übeltaten
Vor den Ohren des Propheten:

Wenn ein Mann als Bräutigam
Sich verlobt mit seiner Braut
Und sie singen in dem Frühling,
Salomo, dein Hoheslied,

Wenn sie dann die Ehe schließen
Wie einst Adamas und Eva
Und der Mann verlässt die Mutter,
Um dem Weibe anzuhangen,

Und die beiden sich vereinen
Und sind nicht mehr zwei, sind eins,
Und wenn sie, was Gott verbunden,
Nicht als Menschen wieder scheiden,

Ist das wohlgefällig Gott.
Doch wenn Bräutigam und Braut
Hochzeit feiern, feiern Hochzeit
Die Karina und der Karin.

Ja, Karina ist mein Name,
Das bedeutet die Gefährtin,
Und der Karin ist mein Gatte,
Das bedeutet der Gefährte.

Ich, Karina, bin der Schatte
In dem Inneren der Braut
Und der Karin ist der Schatte
In dem Herz des Bräutigams.

Das gibt eine Doppelhochzeit,
Freit die Braut der Bräutigam,
Freit Karina auch der Karin,
Die Dämonin freit der Dämon.

Wenn auf Braut und Bräutigam
Ruht der Vatersegen Gottes,
Stehen Karin und Karina
Unterm Zorn des Weltenrichters.

Aber wie die Weisen sagen,
Freien nicht nur Eheleute
Und dazu auch die Dämonen,
Auch die unbewussten Seelen

Freien sich bei einer Hochzeit
Und der Animus der Frau
Freit die Anima des Mannes
In der mystischen Union.

Doch die Anti-Ehe zwischen
Der Karina und dem Karin
Drängt, die Ehe zu zerstören
Zwischen Braut und Bräutigam.


15

Wenn ich Mann und Frau betrachte,
So erzeuge ich Begierde,
Und so wird die schöne Frau
Nur des Mannes Lustobjekt.

Frauen lehr ich gerne schwatzen
Mit intimer Busenfreundin
Und dabei den Mann verlästern,
Übel stets ihm nachzureden.

Und wenn sich die beiden streiten,
Stift ich Missverständnisse,
Jeder dünkt sich frei von Schuld,
Schuldig ist allein der andre.

Und wenn sich die beiden zanken,
Dann verhindre ich das Schöne,
Dass sie vor dem Schlafengehen
Zärtlich sich versöhnen wieder.

Männer mache ich gefühlskalt
Und die Frauen mach ich wütend,
Dass die Frau mit Fäusten schlage
Wütend auf des Mannes Brustkorb.

Und ich treibe Keile zwischen
Mann und Frau, und ihre Betten
Stelle weit ich auseinander,
Lass ihn auf dem Sofa schlafen.

Frauen schenk ich stolze Herrschsucht,
Lass die Männer protestieren
Gegen ihre Matriarchin,
Die die Frauenherrschaft einführt.

Und wenn Frauen Kinder wollen,
Gebe ich den Männern ein,
Dass sie keine Kinder wollen,
Mache Männer kinderfeindlich.

Und ich flüstre ein dem Mann:
Wünsche dir nur keine Kinder,
Denn die Kinder schmieren Brei
An die weißlichen Tapeten.

Und ich bringe bei der Frau,
Weder Ja noch Nein zu sagen,
Provoziere so den Mann,
Lasse ihn cholerisch toben.


16

Wenn die Frauen in der Ehe
Leben mit den Ehemännern,
Dann erweck ich in den Frauen
Die Begier nach andern Männern.

Wo ward eine Frau gefunden,
Die zufrieden war mit einem
Mann allein, die braucht dazu
Einen zweiten Mann als Hausfreund.

Wenn der Ehemann der Frau
Ist an seiner Arbeitsstelle,
Schicke ich der Frauen Hausfreund
An den Mittagstisch der Frau.

Und ich sage zu der Frau:
Bade deinen weißen Körper,
Aber so, dass auch der Hausfreund
Einen Blick erhaschen kann.

Wenn der Ehemann der Frau
Bei der Arbeit Frauen trifft,
Mach ich diese jungen Frauen
Reizend für den Ehemann.

Und ich lass den Ehemann
Denken über seine Gattin:
Wenn ich von der Arbeit komme,
Wartet zänkisch meine Alte,

Aber diese junge Frau
Schmeichelt meiner Männlichkeit.
Ach, ein Hauskreuz ist die Ehe!
Freie Liebe nur ist himmlisch!

Schließlich wird es in dem Himmel
Keine Ehe geben, sondern
Freie Liebe mit den Mädchen,
Welche immer Jungfrau bleiben!

Also flüstre ich, Karina,
In der Eheleute Ohren,
Ich, die ewige Idee
Jeden Ehebruchs auf Erden.

Woran denn erkennen Richter,
Was da sei ein Ehebruch?
Bei den vielen Ehebrüchen
Sehn sie einzig die Idee,

Die Idee des Ehebruchs
Ist der wahre Ehebruch,
Ehebrüche auf der Erde
Sind nur unreale Schatten.

Ich bin nicht nur die Idee
Jeden Ehebruchs auf Erden,
Sondern bin auch die Idee
Jeder Scheidung einer Ehe.

Ehefrauen mach ich toll,
Dass sie in das Tollhaus kommen,
Dass die Ehemänner sagen:
Nun, ich lass mich von dir scheiden.

Ich begeistre Scheidungsrichter
Und die Winkeladvokaten.
Ich bin die Idee der Scheidung,
Denn ich hasse Liebestreue!


17

Wenn ein Mann in Männlichkeit
Hat ein starkes Mannesglied
Und in seinen Zwillingshoden
Fruchtbar reiche Mannessamen,

Blase ich, Karina, ihn
An mit meines Mundes Odem,
Dass sein Phallus werde schlaff,
Baumle zwischen seinen Beinen,

Dass er nicht errichten kann
Seines Phallus stolze Säule
Und ich blase so ihn an,
Dass der Samen nicht mehr fließt.

Die Millionen Samenzellen
In den Hoden jenes Mannes
Mach ich faul und unfruchtbar,
Keiner kann ein Ei befruchten.

Selbst wenn noch der Same fließt,
Mach ich, dass die Samenzellen
Schüchtern weichen vor dem Ei
In dem Schoß der Ehefrau,

Und die Samen drängeln sich
Von dem Ei der Frau zurück,
Keiner will das Ei befruchten,
Keiner möchte Leben zeugen.

Wenn jedoch ein Mann in Kraft
Noch den Phallus heben kann
Und sein Same auch noch fließt,
Blase ich ihn an, Karina,

Dass er nicht begatten will
Einen Mutterschoß der Frau,
Sondern dass den Samen er
Auf die Erde fallen lässt.

Nicht die Frau soll ihn erregen,
Dass sie fruchtbar schwanger werde,
Sondern seine rechte Hand
Melke Milch aus seinen Hoden.

Kennst du, weiser Salomo,
Die Geschichte von dem Mann,
Der von seiner Mutter ward
Angelogen, dass sie sprach:

Dieser Mann an meiner Seite
Ist dein Zeuger und dein Vater,
Doch der Mann war nicht sein Zeuger
Und der Mann war nicht sein Vater,

Und der falsche Vater schlug
Und verprügelte den Knaben,
Dass der Jüngling schwor: Ich werde
Nie ein Zeuger, nie ein Vater?

Weißt du, was der Jüngling tat,
Als ihm kam die Mannesreife?
Er ließ sich vom Arzt kastrieren,
War steril und unfruchtbar.

Das war mein geheimer Plan,
Dass der schändliche Kastrat
Nicht mehr zeugen Knaben kann,
Nicht Benoni, nicht Benjamin,

Dass er unfruchtbar, steril,
Dass er lebe mit der Frau
So wie der Eunuch im Harem
Mit den zweiundsiebzig Jungfraun!


18

Wenn ich einen Ehemann
Neben seiner Gattin sehe
Liegen in dem Ehebett,
In dem breiten Doppelbett,

Dann erscheine ich dem Mann
In der Nacht in einem Traum
Und ich biete mich ihm an
Als Erfüllung seiner Sehnsucht.

Denn es will der Ehemann
An dem Tage eine Hausfrau,
Welche reinigt die Gemächer,
Nachts begehrt er eine Hure.

Aber seine Gattin keusch
Seine Lustbegier verschmäht
Und die Praktiken des Sex,
Wie man sie im Süden feiert.

Dann erscheine ich als Weib
In des Ehemannes Traum,
Eine blonde Lockenmähne
Fällt auf üppig große Brüste.

Üppig große Brüste hab ich,
Aber eine schlanke Taille.
Und ich beug mich vom Gewicht
Meiner üppig großen Brüste.

Und dann tanz ich mit der Schlange,
Die ich um die Schultern lege
Und ich nehm der Schlange Haupt
In den Mund mit vollen Lippen.

Ich versuche, in dem Traum
Des Gemahles Lust zu wecken,
Dass er in dem tiefen Schlaf
Eine Erektion erfährt.

Wenn ihm dann im tiefen Schlaf
Aus dem steifen Mannesglied
Samen ausfließt, saug ich diesen
Auf mit meinem feuchten Munde.

Und ich locke den Gemahl
Mit dem Spreizen meiner Schenkel,
Dass er sich im Traum vereint
Mit der Phantasie der Wollust.

Wenn ich zwischen meinen Schenkeln
Fühle seinen Phallus, dann
Breche ich mit ihm die Ehe
In der Wollust seines Traums.

Wenn der Mann erwacht am Morgen,
Ist noch heiß sein Mannesglied
Und er muss dem Priester beichten:
Ich betrog mein Eheweib!


19

Wenn ein Mann mit einer Frau
Schlafen will, geb ich ihm ein,
Dass er keine Kinder will,
Dass er Kinder will verhüten.

Also aus dem Ochsendarm
Oder aus dem Gummi schuf ich
Einen Überzieher für
Das potente Mannesglied,

Dass der Mannessamen wird
Aufgefangen in dem Beutel
Und nicht zu dem Ei gelangt
In dem Mutterschoß der Frau.

Also lehr ich Männer streicheln
Ihre Frau mit einem Handschuh
Und ich trenne von dem Sex
Die Funktion der Fruchtbarkeit.

Oder ich belehre Frauen,
In die Vulva Schaum zu schmieren,
Der den Mannessamen tötet,
Noch bevor er zeugen konnte.

Oder ich belehre Ärzte,
Dass sie nicht die Frauen heilen
Und die Unfruchtbaren machen
Fruchtbar, wie es Gott gefällt,

Sondern dass sie Drogen geben,
Die die Fruchtbarkeit der Frau
Durch ein Gift zerstören, so
Dass die Frau wird unfruchtbar.

Oder wenn ein Ei befruchtet
Ist vom Mannessamen schon,
Gebe ich den Frauen Drogen,
Dass das Ei nicht nistet ein

In dem Eierstock der Frau,
Sondern dass die Menschenzelle
Wird vernichtet in dem Schoß
Einer ungewollten Mutter.

Denn ich hasse alle Kinder,
Denn es wird ein Kindlein sein,
Das mich einst vernichten wird,
Gottes eingebornes Kind!


20

Wird die Mutter schließlich schwanger,
Wie sie es von Gott erbeten,
Es erbettelt unter Tränen,
Als erwart sie den Messias,

Lass ich in den ersten Wochen
Oft die Frucht im Schoße sterben,
Einen Klumpen Menschenzellen,
Angetan mit einer Seele.

Wenn den Frauen das geschieht,
Sagen sie, wenn sie sehr fromm sind:
Ein Kind hab ich schon im Himmel,
Das beim Heiland auf mich wartet.

Lange sagten zwar die Priester:
Wenn ein Kind nicht eingeweiht ist
Mit dem Wasser der Besprengung,
In Vorhöllen lebt es leidlos.

Aber weil so viele Kinder
Starben in dem Mutterschoße
OhneWasser der Besprengung,
Sprach ein weiser Hohepriester:

Kinder, die im Schoße sterben
Ohne Wasser der Besprengung,
Können durch des Heilands Gnade
Kommen in den Himmel Gottes.

Wenn das Kindlein überlebte
Seine ersten Lebenswochen,
Sich entwickelt hat im Schoße,
Tret als Dämon ich zum Vater

Und ich flüstre ein dem Vater:
Sage deinem Eheweibe:
Treibe doch dein Kindlein ab,
Unterbrich die Schwangerschaft!

Und dann schicke ich die Frau
Zu dem Arzt, der einst geschworen,
Alles Leben zu bewahren,
Und nun bricht er seinen Schwur,

Und mit einem Messer kratzt
Er den Menschen aus der Mutter
Oder mit dem Schlauche saugt
Er das Leben aus dem Schoß,

Und er nimmt den kleinen Menschen
Und er wirft ihn zu dem Müll,
Nach Gehenna, wo der Müll brennt,
Gott erlöst das Kindlein trotzdem!

Alles das sind meine Werke,
Ich bin die Idee des Frevels,
Kleine Kinder abzutreiben,
Ich, die Kindermörderin!


21

Ich, Karina und Tabia,
Mache, dass die Leibesfrucht
Den Geburtskanal nicht findet,
Diesen Tunnel in das Licht.

Oder wenn die Leibesfrucht
Den Geburtskanal wohl findet,
Mach ich den Kanal so eng,
Dass sie nicht hindurch kann kommen.

Oder dies ist auch mein Werk,
Dass die Mutter zwar gebiert,
Doch gebiert ein totes Kind,
Mutter einer Todgeburt.

Dann kommt nur ein Klumpen Fleisch
Aus dem offnen Mutterschoß,
Unbeseelter Fleischeshaufen,
Nichts als Erde, Kot und Asche!

Oder wenn geboren wird
Von dem Mütterchen ein Baby,
Wickle ich die Nabelschnur
Um den Hals des Neugebornen.

Wenn die Nabelschnur das Kind
Nicht erwürgt, wie ich es plante,
Hat das Kindlein doch ein Trauma,
Und es muss als junges Kind

Neunmal wickeln um den Hals
Einen langen Schal, das ist
Dann sein Trauma, wiederholend
Seinen Schreck bei der Geburt.

Wenn das neugeborne Kind
Liegt dann an dem Mutterbusen,
Schaue ich es böse an,
Werf darauf den bösen Blick,

Denn in meinen Katzenaugen
Ist die Macht des bösen Blickes.
Ja, wenn Blicke töten könnten!
Töten kann mein böser Blick!

Höre dies von einem Mädchen,
Welches war im Mutterschoß,
Doch die Eltern ihres Vaters
Boten tausend Drachmen an,

Wenn das Kind wird abgetrieben,
Tausend Drachmen, ja zehntausend
Drachmen für den Tod des Mädchens!
Also wertvoll ist der Mensch.

Doch das Mütterchen gebar
Dieses Mädchen, gab es dann
In die Obhut seiner Oma,
Die das Mädchen Sophie nannte.

Da hab leider ich versagt,
Denn allmächtig bin ich nicht,
Meine Kraft wird oft beschränkt
Von der Hagia Sophia.


22

Also sagte die Karina
Und Tabia, die Dämonin.
Salomo, der weise König,
Hatte sie dies reden lassen.

Aber nun sprach Salomo:
Dämon, schöre bei dem Namen
Der gebenedeiten Mutter
Des Messias, Herrin Mirjam:

Schwöre, mit den Übeltaten
Und den Freveln aufzuhören
Und fortan zu fördern alle
Fruchtbarkeit in meinem Reich!

Da erzitterte Karina
Vor der Allgebenedeiten
Und so schwor es die Dämonin
Bei dem süßen Namen Mirjam:

Bei dem süßen Namen Mirjam,
Der Dämonen lässt erzittern,
Schwöre ich, Karina, alle
Kimderlein ins Licht zu lassen!

So schwor die Karina. Siehe,
Herrin Mirjam dies bewirkte,
Dass fortan Karina war
Göttin aller Fruchtbarkeit.

O Karina, Liebesgöttin,
Mach den Mannessamen stark,
Mach den Frauenschoß empfänglich,
Kinder lass geboren werden!

Und der weise Salomo
Sagte dieses Weisheitswort:
Lasst die kleinen Kinder kommen,
Deren Engel sehen Gott,

Es gehört den kleinen Kindern
Gottes Himmelsparadies,
Nur wer wie die Kinder wird,

Kann in Gottes Himmel kommen!