Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

EPISTELN



Von Josef Maria Mayer

Meine Augen haben nur noch vierzig Prozent Sehkraft, das macht mich traurig, ich rufe gleich meine Mutter an, dass sie mich tröstet. Wie sieht es denn in deinem Herzen aus? Es war ja so schön, als wir eine Brieffreundschaft hatten, schade, dass du nicht mehr mit mir befreundet sein magst. Ich komme über den Tod meiner Freundin nicht hinweg, mein Herz ist mit ihr gegangen. Aber du hast dich einer neuen Liebe zugewandt? Es hat im Frühling sehr viel geregnet, so recht ein Wonnemai für Nacktschnecken und Regenwürmer, aber der Flieder blühte auch sehr farbenfroh und alles duftete so stark. Ich war heute im Antiquariat und habe Ghazelen und Sonette von Graf August von Platen gefunden. Ich schicke dir noch einmal ein Poem, ob ich dein Herz vielleicht für mich ein bisschen erwärmen kann? Wo lebst du eigentlich?

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Ist nicht der Pekingmensch 50 000 Jahre alt? Die Venus vom Hohen Fels ist 40 000 Jahre alt, die Venus von Willendorf 25 000 Jahre, beide aus Deutschland. Wenn die Feministinnen Recht haben, ist die Venus das älteste Gottesbild der Menschheit: Die Große Mutter. Der Priester sagte: Wenn Sie Venus liebten, dann sagen Sie zu Gott "Gottheit" und sagen zur Gottheit: DU bist die Schöne Liebe!

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Ich hatte ganz vergessen, dass an diesem Wochenende Quentins Geburtstag gefeiert wird, er wird nun 16 Jahre alt und ich weiß noch, wie er als Baby mein Gästebett vollgeschissen hatte. Da muss ich nun erscheinen, um nicht ungezogen zu sein. Ich wollte mir eine neue Brille beschaffen, aber die Optikerin sagte, ich hätte nur noch 40 Prozent Sehkraft, da hilft eine Brille auch nichts mehr. Ich forschte dann gleich nach einer Bibel in Großdruck, mindestens 12 Punkt, Lutherbibel (am liebsten von 1545) mit Apokryphen, unbedingt mit Apokryphen. Evi sagte, wenn ich ganz blind geworden, dann muss ich mir eine Hörbibel zulegen. Psalmen, Prediger Salomo, Hoheslied und Hiob hab ich schon.

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DIE ORCHIDEE

Orchidee, die edelste der Pflanzen,
Blühend stets das ganze liebe Jahr,
Zwar nur wenig Düfte sie umtanzen,
Doch die Blütenpracht ist wunderbar.

O sie kommt von einem andern Stern,
Sie versteckt sich tief im Tropenwald,
Bleibt auch lieber meinen Blicken fern,
Unsichtbar die reizende Gestalt.

Wundervoll sind ihres Leibes Formen,
Ihre Farbe meistens sanft pastell,
Meistens steht sie außerhalb der Normen
Und sie macht mir meine Seele hell.

Ja, sie adelt jede Gartenbank,
Sie kommt beinah ohne Erde aus.
Meine Seele füllt sie an mit Dank
Für den angenehmsten Augenschmaus.

Keusches Wasser – sie ist sehr bescheiden,
Weiter braucht sie nichts zum Lebensglück,
Doch sie muss die grelle Sonne meiden,
Zieht sich lieber schüchtern still zurück.

Ihre zarten Blätter, wie aus Seide,
Schimmern glänzend auch im dunklen Schatten.
Danke für die schönste Augenweide!
Dank dem schönen Leben, das wir hatten!

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Evi muss ausziehen und sucht ein Haus auf dem Land. Ich beschwöre mich selbst - die Weltseele wird mich doch nicht verlassen. ich begreife nicht, was Gott mir alles zumutet! Mein neues Werk im Netz wurde schon gelobt und ich Dichterkönig genannt.
Bete für mich bitte. Ich habe der Jungfrau geschworen, mich nicht umzubringen!

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Evi wird wegziehen müssen und sucht etwas auf dem Land. Mir ist, als sei ich von Gott verlassen, als ob die Weltseele mich verließe. Ich habe aber Jesus versprochen, mich nicht umzubringen! Danke für die Ernsten Gesänge, so fühlt sich meine Seele an, so traurig.
Alles Gute!

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Nachdem ich Karine durch den Tod verloren habe, Milan durch seine Pflegeeltern verloren habe, verliere ich jetzt auch Evi und Tom durch ein Wegziehen. mir ist, die Weltseele verlässt mich. Ich schicke dir, lieber Hermaphrodit, meine Liebesgedichte für Knaben. schreib mir was Liebes!

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Danke für deine Ermutigung! Der Papst sagt, wir sollen nicht an falschen Sicherheiten hängen. ich bewege den Gedanken im Geist, falls Evi weiter weg zieht, mit zu ziehen, in eine eigene Wohnung natürlich, aber in ihrer Nähe. Ich scheue nur die Mühe des Umzugs. Aber Evi ist der Idee sehr wohlgesonnen. und ich will doch mit ihr alt werden und von ihr beerdigt werden. Auf Erden ist alles ungewiss, nur der Himmel ist ein Fels.

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Ihre Ermutigungen kamen bis jetzt immer gerade im rechten Augenblick. Ich hatte in einer persönlichen Not händeringend zum Tröstergeist gebetet, da kam Ihr Schreiben - es war der Trost des Tröstergeistes. Es freut mich, dass Sie mein Sonetten-Netz gelesen und für gut befunden haben, es geht ja auf eine Anregung von Ihnen zurück, und ich hatte mit dem Gedanken gespielt, es Ihnen und Ihrem Dichterfreund zu widmen, aber ich widme meine Gedichte keinen Menschen, da sie alle Gott gewidmet sind! Danke auch für ihr Gebet! Möge Sie der Heilige Geist gleichfalls segnen!

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Ich hab was zur Veröffentlichung fertig - heißt Throngenossin - aber ich wage es nicht, es dir ohne deine Erlaubnis zu schicken. mein österreichischer Verehrer schrieb: Möge ihre Alpha-Männlichkeit in alle Ewigkeit strahlen. - Heute war ich mit Sankt Evi und Söhnen türkisch essen, da war ein Engel, der erinnerte mich an die englischen Übersetzungen einiger meiner Werke, die muss ich nun auch zur Veröffentlichung fertig machen. Maria nennt es mein Schriftapostolat. o wie ich mich nach dem Paradies sehne!

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Erinnerst du dich an den Betrunkenen bei Hassan, der englisch sprach, den keiner verstand? Ich bin überzeugt, es war ein Engel, der uns gesegnet hat. Ich schreibe ein Poem über Göttinnen, Königinnen, Musen und weibliche Heilige, daraus ist dies Gedicht.

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Ich  hatte es telephonisch nicht verstehen können: Gioggio - halb Bär? und halb was? Schreiben Sie mir etwas über Gioggio, dann schau ich, ob ich Gioggio  kenne. Bären kenne ich nicht, außer einen solchen Bären wie Goethe in Lilis Menagerie oder der weinende Bär Majakowski am Telefon mit Lili Brik! Also wird Gioggio wohl in Lili verliebt sein?

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GIOGGIO

Nun Sabalino widmet sich der Herrin,
Der er allein das ganze Herz gewidmet.
O Herrin! wie mich doch betört die Närrin,
Bei Lili hat mein fester Fels gebidmet!

Nun Lili widmet sich der Weisheitsgöttin,
Ägyptens Weisheit sie studiert, die Gnosis.
Doch Sabalino liebt die Seelengattin,
Vergöttert sie in menschlicher Theosis.

Der Geist zeugt in der Schönheit, sagt der Weise,
So Sabalinos Geist in Lilis Schöne
Gezeugt hat und so kam zum Weltenkreise
Ein Wesen - Weinen seine ersten Töne -

Und das ist Gioggio! Tiefster Sympathien
Wir weihen ihn dem reinen Herz Marien!

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Ich habe mir heute Lautsprecher gekauft und der hochintelligente Quentin hat sie mir angeschlossen, jetzt kann ich den ganzen Tag geistliche Musik hören. Evi und Tom waren auch bei mir, wir sehen uns fast jeden zweiten Tag, fast wie Sterbende, wie Ertrinkende, die noch einmal alles auskosten wollen. Evi zu verlieren ist schlimmer als der Tod. Als meine Oma starb, konnte ich mich noch trösten, dass ich das dann eben besinge. Aber was ist ein Dichter ohne seine Muse? Ich weine und bete zum Heiligen Vater Johannes Paul, mir zu helfen. Maria hat mir gesagt: Mein Kind, ich und der Vater verlassen dich nicht. Und: Mein liebes Kind, ich weiß um dein Herzeleid. Du kannst die Wege des Vaters nicht ganz verstehen, weil dein Herz jetzt schwer ist. - Bitte bete weiter für mich.

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HERMAPHRODITES LIED

Ich weiß nicht, liebe ich allein Andrea?
Sie ist mir doch die liebe Bona Dea!
Ich weiß nicht, liebe ich allein den Peter?
Er ist mir doch der Vater in dem Äther!

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GEBET

Herr, schicke Kreuze uns, wir lassen uns nicht schrecken
Von Fahrradunterstand, von Durchfall und von Zecken!

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EPIGRAMM

Ich zahle lieber zehn Dukaten (also spricht
Mein Freund) als dass ich les ein lyrisches Gedicht!

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Der Papst ist ja gerade in Brasilien. da betete er vor dem Gnadenbild der Mutter Jesu, der Patronin Brasiliens. Die wird von den Brasilianern verehrt, so dass ein Prediger der Pfingstler, der öffentlich eine Kopie des Gnadenbildes der Mutter  Jesu mit Füßen trat, das Land verlassen musste! Wie kann man nur meinen, Jesus mehr zu ehren, wenn man die Mutter Jesu mit Füßen tritt?

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Solche schrecklichen Götzen wie die Aphrodite von Knidos haben die Heiden angebetet, bevor Christus kam! Nie die Hoffnung verlieren!

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Erkennst du es wieder? Matthäus 6,9 folgende: „Unser Pater-in-Uranos, geheiligt dein Name, deine Basileia komme, dein Begehren erfülle sich wie in den Himmeln, so auf der Erde. Unser substantielles morgiges Brot gib uns jetzt! Auch verzeih uns unsere Fehler, wie wir auch unseren Delinquenten verziehen haben. Auch bringe uns nicht hinein in die Prüfung, dagegen befreie uns von dem Übel!“ Amen.

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Dies ist Jakobus 3,13 folgende: „Wer ist weise (sophos) und intelligent bei euch, zeige aus schönem Benehmen seine eigene Arbeit in aller Milde der Sophia! Wenn ihr aber bittere Eifersucht und auch Intrigen in euren Herzen tragt, so verherrlicht euch nicht selbst und sprecht keine Lügen gegen die Aletheia! Solches ist nämlich nicht die Sophia, die von oben (oder vom Anfang) herabkommt, sondern eine weltliche, sinnliche, dämonische. Denn wo Eifersucht und Intrigen sind, da ist Tumult und jede Übeltat. Die Sophia von oben (oder vom Anfang) aber ist als Erstes makellos, danach friedlich (heilsam), mild (freundlich, geduldig), gehorsam, voll Mitleid und reich an guten Früchten, unparteiisch und ohne Heuchelei.“

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Heute habe ich Tom vorgelesen, wie Aslan Narnia geschaffen hat, indem er ein schöpferisches Lied sang, die hohen Töne schufen Vögel und die tiefen Töne Elefanten. Passt das nicht zur Strings-Theorie?

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Zu meiner eigenen Tröstung und als Gruß an dich (ich sah den Paderborner Dom und den Liborius-Schrein) übersetze ich für dich dies Gedicht:

POEM AN DIE JUNGFRAU MIRJAM

VON MIRJAM DER KLEINEN ARABERIN

Zu den Füßen Mirjams, meiner lieben Mutter,
Ich fand das Leben.
O du, der du leidest, komm zu Mirjam,
Zu den Füßen Mirjams fand ich das Leben.
O du, der du Arbeit leistest im Karmel,
Mirjam sei dein Lohn und nicht dein Schweiß.
Du sage dir:
Zu den Füßen Mirjams fand ich das Leben.
Du, der im Karmel leben wollte,
Löse dich von dem, was auf Erden ist.
Dein Heil und Leben ist zu Mirjams Füßen.
Ich lebe in dem Schoß meiner Mutter,
Ich finde dort meinen Geliebten.
Bin ich ein Waisenkind? Im Schoß Mirjams
Ich fand das Leben.
Sage dir nicht: Ich bin ein Waisenkind:
Ich habe Mirjam zur Mutter und Gott zum Vater.
Die Schlange, der Drache versucht, mich zu beißen
Und zu fangen mein Leben;
Aber zu den Füßen Mirjams fand ich das Leben.
Mirjam ruft mich, und in diesem Karmel
Ich werde für immer bleiben.
Zu den Füßen Mirjams
Ich fand das Leben.

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Du fragtest, ob ich eine Ohrenweide habe, da die Augen schwach geworden sind. Ja, ich höre viel Musik, Klassik, neuerdings gern Wagner, geistliche Lieder. Ich leide oft an der Einsamkeit, aber manchmal kann ich bei Evi und Tom etwas neue Kraft finden. Ich bekomme eine neue Brille, meine Mutter spendiert sie mir. Ich habe mich auch mit Paul Celan angefreundet. Interessierst du dich eigentlich noch für Poesie? Alles Gute und Liebe und Schöne!

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Mein Trost ist die Milch der Madonna. Da keine hinreißende Schönheit um mich ist, ergeh ich mich in dem Harem meiner Erinnerung. Hier das Gedicht an Inka.

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Da denkt einer an dich und sendet dir aus seiner Dunklen Nacht der Seele dies Gedicht zum Gruß.

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Der Bibellehrer erklärt den Begriff Apokalypse. Es ist ein umgangssprachlicher Begriff der griechischen Sprache und bedeutet die Entschleierung der Braut in der Hochzeitsnacht. In der jüdischen Kultur war ja die Braut vor der Hochzeitsnacht verschleiert. Aber in der Hochzeitsnacht ließ sie ihren Schleier fallen. Und der Bibellehrer fügte hinzu: Und sie ließ nicht nur den Schleier fallen!... Der Mystiker Johannes vom Kreuz schrieb von der mystischen Vereinigung mit der göttlichen Liebe, diese göttliche Liebe ist für uns sterbliche Menschensöhne siebenfach verschleiert, aber auf dem mystischen Weg fallen auf Erden Schleier um Schleier. Nur der letzte, der siebente Schleier, fällt auf Erden nicht. Und der Gottesmann, der sich nach der vollkommenen Vereinigung mit der göttlichen Liebe sehnt, ruft: Reiße den letzten Schleier herunter! Damit meint er den Tod und den Eingang in den Himmel. Johannes vom Kreuz sagt: Ich sage nicht: Lasse gemächlich den letzten Schleier sinken, sondern ich sage: Rasch herunter reiße den letzten Schleier!

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Ich hoffe, es ist erlaubt, auch deine Ehefrau zu besingen. wie Goethe sagt: Nichts vom Vergänglichen, wie's auch geschah, / uns zu verewigen, sind wir ja da. - Ich hoffe, du magst dies Gedicht deiner Schwesterbraut zeigen und hoffe, du bleibst mir wohlgewogen.

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Es war einmal eine Novizin in Holland im Kloster der gekreuzigten Liebe, die verliebte sich in den Organisten der Pfarrgemeinde und brannte mit ihm durch. Als sie das Kloster verließ, legte sie ihren linken Schuh unter die Statue der Jungfrau Mirjam. Sie lebte dann zehn Jahre mit dem Organisten in einer wilden Ehe, bis sie sich entschloss, ins Kloster zurückzukehren. Aber da musste sie sich gar nicht vor den Nonnen rechtfertigen, ihr Fehlen war gar nicht bemerkt worden, die Jungfrau Mirjam hatte die Gestalt der Novizin angenommen und ihren Dienst getan. Längst war die Novizin Äbtissin geworden. - Es ist keine Sünde, mir zu schreiben.

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Die Mutter Gottes sagt oft: Nur Mut, meine Kinder! Einmal sagte sie: Ihr seid von der Welt so gehasst, aber von Jesus so sehr geliebt! - Ich finde es revolutionär, was Sie sagen, revolutionär im Sinn einer Revolution der Liebe! Möge Maria Sie und alle Ihre Lieben segnen, schützen, trösten, ermutigen und froh machen.

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Lieber Josef Maria Mayer,
für eine Predigtvorbereitung beschäftige ich mich gerade mit dem Thema "Himmel und Hölle". Ich bin jetzt ernsthaft auf ein Problem bzw. eine Frage gestoßen, wo ich gerne deine Hilfe in Anspruch nehmen möchte. Es geht um folgenden "Beweis", und meine Frage ist, wo steckt darin der Fehler. "Jeder Mensch ist durch Sünde von Gott getrennt und kann deswegen nicht in den Himmel kommen, sondern kommt in die Hölle. Jesus hat die Strafe, die ein Mensch tragen müsste, stellvertretend getragen. Durch diese Erlösung muss ein Mensch, der dies für sich annimmt, nicht mehr in die Hölle, sondern kommt in den Himmel zu Gott. Welche Strafe hat Jesus getragen? Er ist gestorben, aber er wurde nicht ewig in der Hölle gequält. Daher kann es die Hölle als Strafe für einen von Gott getrennten Menschen nicht geben, sonst wäre die Erlösung unvollständig." Ich wäre froh, wenn du mir auf die Sprünge helfen könntest. Ich kann es irgendwie nicht "knacken". Oder ist die Hölle tatsächlich nur ein Mythos?

ANTWORT

Wir können nicht mit Gott vereint werden, wenn wir uns nicht freiwillig dazu entscheiden, ihn zu lieben. Wir können aber Gott nicht lieben, wenn wir uns gegen ihn, gegen unseren Nächsten oder gegen uns selbst schwer versündigen: „Wer nicht liebt, bleibt im Tod. Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder, und ihr wisst: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt" (1 Joh 3,14-15). Unser Herr macht uns darauf aufmerksam, dass wir von ihm getrennt werden, wenn wir es unterlassen, uns der schweren Nöte der Armen und Geringen, die seine Brüder und Schwestern sind, anzunehmen (Vgl Mt 25,31-46). In Todsünde sterben, ohne diese bereut zu haben und ohne die barmherzige Liebe Gottes anzunehmen, bedeutet, durch eigenen freien Entschluss für immer von ihm getrennt zu bleiben. Diesen Zustand der endgültigen Selbstausschließung aus der Gemeinschaft mit Gott und den Seligen nennt man „Hölle". Jesus spricht öfters von der „Gehenna" des „unauslöschlichen Feuers" (Vgl. Mt 5,22. 29; 13, 42. 50; Mk 9,43-48), die für jene bestimmt ist, die bis zum Ende ihres Lebens sich weigern, zu glauben und sich zu bekehren, und wohin zugleich Seele und Leib ins Verderben geraten können (Vgl. Mt 10,28). Jesus kündigt in ernsten Worten an, daß er „seine Engel aussenden" wird, die „alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und ... in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt" (Mt 13,41-42), und daß er das Verdammungsurteil sprechen wird: „Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!" (Mt 25,41). Die Lehre der Kirche sagt, daß es eine Hölle gibt und daß sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, „das ewige Feuer". Die schlimmste Pein der Hölle besteht in der ewigen Trennung von Gott, in dem allein der Mensch das Leben und das Glück finden kann, für die er erschaffen worden ist und nach denen er sich sehnt. Die Aussagen der Heiligen Schrift und die Lehren der Kirche über die Hölle sind eine Mahnung an den Menschen, seine Freiheit im Blick auf sein ewiges Schicksal verantwortungsvoll zu gebrauchen. Sie sind zugleich ein eindringlicher Aufruf zur Bekehrung: „Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit, und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn" (Mt 7,13-14). „Da wir weder Tag noch Stunde wissen, müssen wir auf die Ermahnung des Herrn hin standhaft wachen, damit wir, wenn unser einmaliger irdischer Lebenslauf erfüllt ist, mit ihm zur Hochzeit einzutreten und den Gesegneten zugezählt zu werden verdienen und uns nicht wie bösen und faulen Knechten geheißen wird, ins ewige Feuer zu weichen, in die Finsternis draußen, wo ‚Heulen und Zähneknirschen sein wird". Niemand wird von Gott dazu vorherbestimmt, in die Hölle zu kommen; nur eine freiwillige Abkehr von Gott (eine Todsünde), in der man bis zum Ende verharrt, führt dazu. Bei der Eucharistiefeier und in den täglichen Gebeten ihrer Gläubigen erfleht die Kirche das Erbarmen Gottes, der „nicht will, daß jemand zugrunde geht, sondern daß alle sich bekehren" (2 Petr 3,9): „Nimm gnädig an, o Gott, dieses Opfer deiner Diener und deiner ganzen Gemeinde; ordne unsere Tage in deinem Frieden, rette uns vor dem ewigen Verderben und nimm uns auf in die Schar deiner Erwählten" (Römisches Hochgebet 88). Die Erklärung des Geheimnisses des Menschen, so verwurzelt es im Mysterium der Inkarnation des WORTES ist, gilt "nicht nur für die Christgläubigen, sondern für alle Menschen guten Willens, in deren Herzen die Gnade unsichtbar wirkt. Da nämlich Christus für alle gestorben ist, und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, dass der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein." (Gaudium et Spes) Ich denke, Gott verneigt sich so absolut vor der Freiheit des Menschen, da Gott die Liebe ist und Liebe in freier Entscheidung zur Liebe von uns erwartet. Er kann uns nicht retten durch einen Heilsmechanismus, indem er einfach allen das Heil schenkt, ob sie es wollen oder nicht, das wäre eine Vergewaltigung des Menschen. Gott hat auch Maria nicht einfach überwältigt, sondern sie um ihre Einwilligung zur Gottesmutterschaft gebeten. Christus ist zur Sünde geworden und hat allen Zorn Gottes auf die Sünde auf sich gelegt und ist den Sold der Sünde, nämlich den Tod gestorben, und hinabgestiegen in das Reich des Inferno - man denke sich, Gott in Person hat sich selbst verdammt - aber er drängt uns das Heil nicht auf, er bietet es nur an, aber dies mit Langmut und Geduld und großer Gnade bis an unser Lebensende. Aber wer sich freiwillig gegen Gott und gegen die Liebe entscheidet und nicht in der Gemeinschaft mit Gott leben will, dessen freie Entscheidung respektiert Gott. In der Hölle gibt es nur Freiwillige. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden, aber er kann es nur immer wieder anbieten und anbieten. Ich kann dein logisches Denkproblem nicht auflösen vielleicht, aber ich bitte dich, noch einmal über diese beiden Aspekte nachzudenken: 1. Gottes absolute Achtung unserer Freiheit (weil es ohne Freiheit auch keine Liebe geben kann), und 2. Die Notwendigkeit für den Menschen, an seinem Heil selbst mitzuwirken. Im Apostolischen Glaubensbekenntnis (Credo) heißt es ja, Christus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes (lateinisch: Inferno). Christus ist nach drei Tagen auferstanden, aber das heißt doch nicht, dass er nur "drei Tage in der Hölle"war, während die Verdammten "ewig" darin verweilen. Hier verwechselst du Zeit und Ewigkeit. Ewigkeit ist nicht eine unendliche Zeit. Ewigkeit ist Zeitfreiheit. Und meinst du, wir könnten es ermessen, was es für Gott den Sohn bedeutete, vom Angesicht Gott Vaters wegverdammt zu sein "in Inferno" - ob das nicht vielleicht für Christus eine Qual war größer als alle Qualen aller Verdammten? Man rührt da an Mysterien, die man mit der rationalen Logik nicht ganz erklären kann, sondern man muss in Ehrfurcht und Gehorsam die geoffenbarte Wahrheit annehmen. Das Leiden Gottes können wir nicht im geringsten erahnen. Maria hat in Fatima in Portugal dieses Gebet gelehrt: O mein Jesus, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe ALLE Seelen in den Himmel, BESONDERS jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.