Von Josef Maria Mayer
1
Und der Gebenedeite sagte: O ihr Mönche, wenn andere
schlecht von mir sprechen oder von der Lehre oder von dem Orden, so sollt ihr
deshalb keinen Groll gegen sie hegen, keinen Kummer leiden und keine Abneigung
spüren. Wenn ihr deswegen böse wäret oder verletzt, so würde dies zu einer
Gefahr für euch. Denn wenn andre schlecht von mir oder von der Lehre oder dem
Orden sprechen und ihr darüber zornig seid oder wütend, wäret ihr dann noch
fähig, zu beurteilen, inwiefern ihre Rede etwa begründet wäre? – Die Mönche
sagten: Nein, o Gebenedeiter, das könnten wir dann nicht mehr. – Und der
Gebenedeite fuhr fort: Vielmehr, wenn andre schlecht von mir reden, von der
Lehre oder vom Orden, so sollt ihr deren Behauptungen zurückweisen, indem ihr
ganz vernünftig sagt: Aus diesem oder jenem Grunde ist es nicht so, so etwas
ist nicht in uns und nicht unter uns. Aber genauso, meine lieben Mönche, wenn
die Leute lobend von mir reden, von der Lehre oder dem Orden, sollt ihr darum
doch nicht voll Glück sein oder gar übermütig. Wenn andre lobend von mir reden
oder in den höchsten Tönen rühmend, von mir oder von der Lehre oder von dem
Orden, und ihr deshalb übermütig und begeistert wäret, so würde dies für euch
ebenfalls zu einer Gefahr werden. Sondern wenn andre lobend reden von mir oder
der Lehre oder dem Orden, so sollt ihr die Sache genau und vernünftig prüfen
und sagen: Aus diesem oder jenem Grund ist es so, das entspricht wirklich den
Tatsachen und so etwas gibt es in uns und unter uns.
2
Einst hörten die Schüler der Weisheit, der Herr, der
Einsiedler, sei in ihre Stadt gekommen. So kamen die Schüler, um den
Gebenedeiten zu sehen und zu hören. Als sie ihn trafen, grüßten einige den
Gebenedeiten und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige begrüßten den
Gebenedeiten höflich und setzten sich nach einem Austausch von Grüßen und
Höflichkeiten an seiner Seite nieder. Einige erhoben ihre gefalteten Hände zum
Gebenedeiten und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige nannten ihre Namen,
ihre Familie und setzten sich an seiner Seite nieder. Einige ließen sich an
seiner Seite nieder, ohne ein Wort zu sagen. Dann, als alle saßen, sprachen die
Schüler zum Gebenedeiten dies: O Herr, gewisse Einsiedler und Prediger kommen
in unsere Stadt. Was ihre Anschauung betrifft, so predigen sie diese in aller
Länge und Breite, und was die Anschauungen anderer betrifft, so verlachen sie
diese. Wenn wir ihnen zuhören, o Herr, so zweifeln und schwanken wir, welche
von all den religiösen und philosophischen Anschauungen die Wahrheit sei. - Da
sprach der Gebenedeite: Ja, ihr Lieben, euer Zweifeln und Schwanken ist
verständlich. Eine zweifelhafte Sache verursacht Ungewissheit. Aber lasst euch
nicht irreführen durch Meinungen, Überlieferungen und Hörensagen. Lasst euch
nicht irremachen von den genauen Kenntnissen der heiligen Schriften. Lasst euch
nicht irremachen durch bloßes logisches Denken und auch nicht durch Bevorzugung
irgendeiner Theorie, noch auch durch die scheinbare Wirklichkeit, noch auch
durch die Achtung vor einem Meister. Sondern, ihr Lieben, wenn ihr von gewissen
Anschauungen wisst, dass sie zum Schaden führen, so verwerft sie. Wenn ihr aber
erkennt, dass eine gewisse Anschauung nutzbringend für die Seele und ohne
logischen und moralischen Fehler ist, dass, wenn man dieser Lehre folgt, sie
zur Glückseligkeit führt und wenn sie von den Weisen gepriesen wird, dann, ihr
Lieben, folgt dieser Anschauung und haltet daran fest, wenn ihr sie einmal
ergriffen habt.
3
Ein bekannter und wohlhabender Hausherr war ein Laienschüler
eines bekannten Meisters und wurde von seinem Meister ausdrücklich
ausgeschickt, um dem Gebenedeiten zu begegnen und ihn hinsichtlich gewisser
Punkte des Schicksals und der Schuld zu befragen, da die Ansichten des
Gebenedeiten in dieser Hinsicht anders waren als die jenes Meisters. Ganz
entgegen aller Erwartung war der wohlhabende Hausherr am Ende der Diskussion
von der Ansicht des Gebenedeiten überzeugt und dass die Ansichten seines
bisherigen Meisters falsch waren. Daraufhin bat er den Gebenedeiten, ihn als
Laienschüler anzunehmen. Der Gebenedeite jedoch bat den wohlhabenden Hausherrn,
sich dies eingehend zu überlegen und nicht hastig und übereilt zu handeln. Der
Gebenedeite sprach: Vorsichtiges Abwegen ist gut für berühmte Männer wie dich.
– Als aber der wohlhabende Hausherr seinen Wunsch erneuerte, Laienschüler des
Gebenedeiten zu werden, bat ihn der Gebenedeite, auch weiterhin seinen
bisherigen religiösen Lehrer zu respektieren und zu unterstützen, wie er es
gewohnt war.
4
Man sollte nicht nur die eigene Religion ehren und die
Religionen der anderen verdammen, sondern man sollte die Religionen der anderen
vielmehr aus diesem und jenem Grunde ehren. So trägt man zum Wachstum der
eigenen Religion bei und leistet darüber hinaus auch noch den anderen
Religionen gute Dienste. Wenn man anders handelt, dann gräbt man das Grab der
eigenen Religion und schadet auch den anderen Religionen. Wer immer seine
eigene Religion rühmt und die anderen Religionen verurteilt aus Verehrung für
die eigene Religion, tut so, indem er denkt: Ich will meine eigene Religion
verherrlichen. – Aber im Gegenteil fügt er durch ein solches Tun seiner eigenen
Religion viel größeren Schaden zu. Daher ist Eintracht wichtig: Lasst alle
hören und bereitwillig den von anderen vorgetragenen Lehren lauschen.
5
Verehrung dem Gebenedeiten, dem Lichtreichen!
Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum zweiten Mal –
Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum zweiten Mal –
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum zweiten Mal –
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.
Zum dritten Mal –
Zum Gebenedeiten, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum dritten Mal –
Zur Wahrheit, dem Zufluchtsort, geh ich,
Zum dritten Mal –
Zum Orden, dem Zufluchtsort, geh ich.
Und nun gehe ich, Herr, zu dir, dem Gebenedeiten, als zu
meiner Zuflucht, und zur Wahrheit als meiner Zuflucht und zum Orden als meiner
Zuflucht. Möge der Gebenedeite mich als Jünger annehmen, als einen, der von
diesem Tage an, solange sein Leben währt, zu dem Gebenedeiten seine Zuflucht
nimmt.
6
Welche Engel hier auch zusammen kommen mögen, Engel auf der
Erde oder Engel im Himmel, lasst uns den vollkommenen Gebenedeiten ehren, der
von den Menschen verehrt wird. Möge er unsre Rettung sein! Welche Engel hier
auch zusammen kommen mögen, Engel auf der Erde oder Engel im Himmel, lasst uns
die vollkommene Wahrheit ehren, die von den Menschen verehrt wird. Möge sie
unsre Rettung sein! Welche Engel hier auch zusammen kommen, Engel auf der Erde
oder Engel im Himmel, lasst uns den vollkommenen Orden ehren, der von den
Menschen verehrt wird. Möge er unsre Rettung sein!
7
Um den Wert des Meisters erkennen zu lassen, also um der
Menschen willen, die dem Wagen der Heiligen folgen und selbst zu einem
Gebenedeiten werden möchten, und auch um jener Menschen willen, die sich dem
Vollzug der religiösen Riten gewidmet haben, deren Mittelpunkt der Gebenedeite
ist, sei das Folgende gesagt: Der Gebenedeite ist unsre Zuflucht, er, der der
Höchste ist für die Menschen. Um den Wert der Lehre erkennen zu lassen, also um
derentwillen, die der Lehre folgen und es unternehmen, einen immer tieferen
Begriff von der Lehre zu erhalten, wie auch um deretwillen, deren religiöser Eifer
sich auf die Lehre richtet, sei das Folgende gesagt: Die Wahrheit ist die
Zuflucht, sie, die das Höchste ist für die, die ihre Leidenschaften
beherrschen. Um den Wert der Jüngerschaft erkennen zu lassen, den Wert der
Gelehrten und der Heiligen, die die Lehre aller Weisen in sich aufgenommen
haben, die dem engen Weg folgen und durch Unterweisung zur Heiligkeit gelangen
wollen, wie auch um deretwillen, die sich den Pflichten der Ordensgemeinschaft
widmen, sei das Folgende gesagt: Der Orden ist eine Zuflucht, er, der die
vollkommenste aller Gemeinschaften ist. Kurz, aus drei Gründen hat der Herr
drei Zufluchtsorte verkündet. Das ist geschehen, um die Menschen auf dem
rechten Weg zu führen.
8
Der Geist als Träger der Erleuchtung wird in folgender Weise
gereinigt. Im Wunsch, um aller Kreaturen willen die Heiligkeit zu erreichen,
sollen wir dreimal am Tag und in der Nacht die folgenden Verse beten, und wir
sollten dies stündlich tun, um zu einer lichtvollen Geistigkeit zu gelangen:
Bis ich zur Heiligkeit gelangt bin,
Nehme ich Zuflucht
Beim Gebenedeiten, bei der Wahrheit und beim Orden.
Durch Werke der Barmherzigkeit und andere gute Werke
Kann ich zur Heiligkeit gelangen
Und mitwirken am Heil der Welt.
9
Einst weilte der Gebenedeite in einem Hain, in einem Park.
Da hielt der ehrwürdige Abt der Mönche den Mönchen in der Gebetshalle einen
Vortrag über die Wahrheit, er lehrte sie, er rüttelte sie auf, er spornte sie
an und machte sie froh. Am Abend machte sich der Gebenedeite aus seiner
Einsamkeit auf und näherte sich der Gebetshalle, blieb vor der Eingangstür
stehen, um das Ende des langen Vortrags abzuwarten. Und als er merkte, dass der
Vortrag beendet war, hüstelte er und klopfte an die Tür. Da öffneten die Mönche
dem Gebenedeiten die Tür, er trat ein und setzte sich und sprach zu dem
ehrwürdigen Abt: Wahrlich, wahrlich, Hochwürden, diese Weisheitslehre, die du
vor den Mönchen entfaltet hast, war eine sehr lange Predigt! Mein Rücken
schmerzte, als ich vor der Tür stand, um das Ende deiner Predigt abzuwarten. -
Da gab der Abt verlegen zur Antwort: Nein, Herr, wir wussten nicht, dass der
Gebenedeite vor der Tür stand, sonst hätten wir nicht so viel geredet. - Da
merkte der Gebenedeite, dass der ehrwürdige Abt verlegen war, und sagte zu ihm:
Es ist schon in Ordnung, Hochwürden. Es ist gut für euch, die ihr um des
Glaubens willen auf Frauen und Kinder verzichtet, das ihr hier in der
Gebetshalle versammelt sitzt, um von der Wahrheit zu hören. Es gibt zwei Wege
für euch Mönche: Entweder sprecht ihr über die Wahrheit oder ihr verharrt in
mystischem Schweigen.
10
Das Antlitz des Gebenedeiten ist wie der klare Vollmond
Oder wie tausend Sonnen, die strahlen.
Seine Augen sind rein und groß wie blaue Blumen.
Seine Zähne sind weiß und aufgereiht wie eine Perlenschnur.
Die Liebe des Gebenedeiten gleicht dem grenzenlosen Ozean,
Unendliche Schätze der Weisheit sind in ihm.
Stets erfüllt ihn die Quelle der lebendigen Weisheit.
Die Räder unter seinem Thron sind voller Augen.
Seine Hände und seine Füße sind wie Gold.
Er ist schön wie der König der Schwäne.
Die Ausstrahlung seines mystischen Körpers ist wie ein Berg
aus Gold,
Klar und rein und einzigartig.
Er hat die Tugend der Schönheit.
Deshalb neige ich mein Haupt vor dem Gebenedeiten.
Sein Zeichen ist höher als der Himmel,
Sein Realsymbol ist tiefer als das Meer.
Deshalb neige ich mein Haupt vor dem Gebenedeiten.
11
Der Gebenedeite weilte einst in dem Hain der Brüder. Und er
wandte sich an die Brüder und sprach: Brüder! Und sie sprachen: Ja, Herr? Und
er sprach: Brüder, es gibt zwei Sorten von Übermenschen, zwei Wege, und keinen
anderen. Wenn er ein Leben als Hausvater lebt, wird er König sein, gerechter
Herr, Herrscher der Welt, Sieger, Wächter über das Wohl seines Volkes, Besitzer
der sieben Schätze. Diese sieben Schätze werden diese sein: Der Wagen, das
Arbeitstier, das Haustier, der Diamant, die Ehefrau, die Vaterschaft und der
gute Rat. Er wird tausend Kinder und Kindeskinder haben, schöne Töchter und
starke Söhne, seine Kinder werden ihn verteidigen, wenn er mit seinen Feinden
streitet in der Öffentlichkeit. Und wenn er die Welt erobert hat, wird er nicht
Herrscher sein mit der Peitsche, sondern mit der Gerechtigkeit. Wenn aber ein
junger Mann sein Elternhaus verlässt, um Pilger zu werden, so wird dieser ein
Weiser, ein Heiliger werden und den Schleier vom Antlitz der Weisheit heben.
12
Was, o Herr, soll mit dem Leichnam des Gebenedeiten
geschehen? – So wie die Menschen den Leichnam des Königs der Könige behandeln
würden, ihr Mönche, soll der Leichnam des Gebenedeiten behandelt werden. – O
Herr, wie sollten die Menschen den Leichnam des Königs der Könige behandeln? –
Sie hüllen den Leichnam des Königs der Könige in ein weißes Linnen. Dann salben
sie den Leichnam mit Salböl. Dann verbrennen sie Weihrauch. Dann errichten sie
eine Grabeshöhle für den Leichnam des Königs der Könige. Das ist die Art und
Weise, ihr Mönche, wie die Menschen den Leichnam des Königs der Könige
behandeln würden. Und so soll man auch mit dem Leichnam des Gebenedeiten
verfahren. Und wer immer vor der Grabeshöhle Spezereien niederlegt oder Blumen,
wer sich dort verneigt und in dessen Herz die Ruhe einkehrt, dem wird das zu
ewiger Freude gereichen.
13
Vor langer Zeit, sagt man, war der Heilige ein König, dem
sein Reich durch Erbfolge zugefallen war. Er hatte dieses Reich erlangt durch
seine moralischen Verdienste und er regierte sein Reich in Frieden, ungestört
von irgendwelchen dummen Rivalen. Seine Herrschaft wurde allgemein anerkannt.
Sein Land war frei von Plagen und Katastrophen, die inneren und äußeren
Beziehungen waren vom Frieden bestimmt. Alle seine Untertanen gehorchten ihm
gerne. Dieser König hatte seine Feinde, die Leidenschaften, gezähmt und so
verspürte er kein Verlangen nach jenen Lüsten, wegen denen man sich tadeln
muss, wenn man sie genießt. Er war von ganzem Herzen darauf bedacht, das Glück
seiner Untertanen zu fördern. Indem er die Güte als einzigen Zweck seiner Taten
ansah, verhielt er sich wie ein Weiser. Er kannte die Natur der Menschen, er
wusste, dass die Menschen gerne die Edeln nachahmen. Darum legte er auch
größten Wert auf die Erfüllung seiner religiösen Pflichten, um so die Menschen
zur Erlösung zu führen. Er spendete gerne Almosen, hielt sich streng an die
moralischen Vorschriften und setzte sich für das Wohlergehen aller Kreaturen
ein. Sein sanfter Gesichtsausdruck war im Einklang mit seiner inneren Seligkeit
und seinem Denken, das ganz um die Seligkeit seiner Untertanen kreiste. So
erschien er als Verkörperung der Wahrheit.
14
Der Gebenedeite sprach: In der letzten Zeit, Brüder, wird
sich in der Welt ein Erhabener erheben mit dem Namen der Allweise, reich an
Weisheit und Liebe, glückselig, der die Welten kennt und unübertroffen sein
wird als der Führer der Sterblichen, jener, die bereit sind, sich von ihm
führen zu lassen, er wird ein Lehrer der Geister und Menschen sein und ein
Gebenedeiter wie ich es nun bin. Er wird das Universum durch und durch erkennen
und von Angesicht zu Angesicht schauen, das Universum mit seinen Welten der
Engel und Dämonen und seiner Welt der Einsiedler und Priester, der Könige und
der Völker, er wird das Universum erkennen, wie ich es nun erkenne. Die
Wahrheit, lieblich in ihrem Ursprung, lieblich in ihrer Ausbreitung und
lieblich in ihrer Vollendung, wird von ihm gepredigt werden, im Geist mehr als
im Buchstaben, er wird das heilige Leben predigen mit all seinem Reichtum und
seiner Reinheit, wie ich es nun tue. Er wird von einer Gefolgschaft von tausend
Jüngern begleitet werden, wie ich nun von einer Gefolgschaft von hundert
Jüngern begleitet werde.
15
Der Gebenedeite pflegte früh aufzustehen und sich aus
Rücksicht auf seine Diener selbst zu waschen und anzuziehen. Dann zog er sich
an einen einsamen Ort zurück und betete, bis es an der Zeit war, seinen Gang zu
tun und Almosen einzusammeln. Dann kleidete er sich vollständig an, nahm seine
Sammelschale und ging, manchmal alleine und manchmal in Begleitung seiner
Jünger, ins nächste Dorf, um Almosen zu sammeln. Als er sich einmal einem Dorf
näherte, wehte ein leichter Wind vor ihm, der seinen Weg säuberte, Regentropfen
fielen vom Himmel, um den Staub niederzuhalten, Wolken schwebten über ihm und
breiteten sich wie ein Schutzschirm über ihm aus, um ihn vor der Sonnenhitze zu
schützen. Weitere Brisen wehten Blumen vom Himmel herab, um seinen Weg zu schmücken.
Das Hügelige wurde eben und die Täler wurden ausgefüllt, so dass der Weg zu
seinen Füßen eben wurde und die zarten Blumen seine Füße umschmeichelten. Ein
Glorienschein von sieben Farben umgab seinen Körper, wenn er auf der Schwelle
der Häuser stand, und vergoldete die Häuser. Die Vögel und Haustiere ließen
sich zu seinem Lobpreis hören und himmlische Musik erfüllte die Luft. Da sagten
die Menschenkinder: Heute ist der Tag, da der Gebenedeite gekommen ist, um
Almosen zu sammeln. – Dann kamen die Menschenkinder in ihren schönsten
Kleidern, mit Blumensträußen geschmückt, auf die Straße und wetteiferten
miteinander, indem sie sagten: Herr, nimm heute deine Mahlzeit bei uns ein –
nein, bei uns – nein, komm doch zu uns! Wenn dann die Mahlzeit beendet war, pflegte
der Gebenedeite den Menschenkindern von der Wahrheit zu predigen, immer mit
Rücksicht auf ihr geistiges Fassungsvermögen. Daraufhin legten einige die
Gelübde ab, andere gelangten zur Heiligkeit. Dann pflegte er aufzubrechen und
sich zu seiner Wohnung zu begeben. Da saß er auf dem Balkon und wartete, bis
auch seine Jünger zu Ende gegessen hatten. Daraufhin begab er sich in seine
Zelle. Später stellte er sich in die Tür und belehrte seine Brüder: Seid
ernsthaft, Brüder, bemüht euch um Heiligkeit. Es ist schwer, ein wahrhaft
menschlicher Mensch zu werden! Es ist schwer, der Welt zu entsagen. Es ist
schwer, das richtige Wort zu hören. – Dann baten ihn einige um Anregungen zu
ihrem Gebet, so zog sich jeder an einen einsamen Ort zurück, um zu beten. Der Gebenedeite
zog sich in seine Zelle zurück, die vom Duft des Weihrauchs erfüllt war.
Nachdem sich sein Körper etwas ausgeruht hatte, erhob er sich, um über die Nöte
und Sorgen der Menschenkinder nachzudenken, und überlegte, wie er ihnen Gutes
tun könne. Gegen Ende des Tages pflegte sich die Nachbarschaft bei ihm zu
versammeln und ihm Blumen als Geschenk darzubringen. Er sprach zu ihnen von der
Wahrheit und wenn die rechte Stunde gekommen, entließ er die Nachbarn. Am Abend
nahm er ein erfrischendes heißes Bad, dann pflegte er noch eine Zeit lang in
Gedanken versunken da zu sitzen, bis sich die Brüder bei ihm versammelten, die
von ihrem Gebet zurückgekommen waren. Dann pflegten einige von den Brüdern ihm
philosophische Fragen zu stellen, andere befragten ihn nach der Kunst des
Gebetes und andere wiederum baten ihn um eine Interpretation der heiligen
Schriften. So verging der erste Teil der Nacht. Dann verabschiedete er alle
Brüder. Die restliche Nacht verbrachte er im Gebet, bis er sich hinlegte und
innerlich ruhte. Mit der Morgenröte des neuen Tages setzte er sich auf sein
Bett und stellte sich in Gedanken die Weltkinder vor und überdachte ihre Lage
und überdachte die Mittel, wie er ihnen zum Heil verhelfen könnte.
16
.Ein Mönch ist ein Mönch, weil er um Almosen bettelt, weil
er die Kutte trägt, weil er von anderen Mönch genannt wird, eil er sich selbst
als Mönch bekennt. Komm, Mönch! rufen die andern. Ein Mönch hat die Vollmacht,
den Gebenedeiten als seine Zuflucht anzurufen, die Wahrheit und den Orden. Ein Mönch
bringt Freude. Ein Mönch verkörpert das Wesentliche. Ein Mönch ist ein
Lernender, ein Schüler. Er fügt sich harmonisch in den Orden ein. Er ist
geprüft und siebenfach geläutert. Er hat sich entschieden. Er handelt in
Übereinstimmung mit der Wahrheit und der Regel des Ordens. Er ist ausdauernd.
Der so lebt, ist wahrhaft ein Mönch.
17
Der Mönch ist einem Weltmann vergleichbar,
Wenn der seinen Körper badet
Und mit kostbarem Salböl salbt,
Sein Haupt mit Blumen schmückt
Und sich in reine Gewänder hüllt,
Dann wird der Weltmann Sohn eines edlen Vaters genannt.
Ebenso ist es mit dem pilgernden Mönch,
Denn er ist rein in den Tugenden,
Er bekleidet sich mit den Gewändern der Gebote,
Er ist vollendet in seiner inneren Haltung,
So wird er der wahre Sohn des Gebenedeiten genannt.
18
Was will der erreichen,
Der entschlossen ist,
Seinen Vater zu verlassen?
Er ist nun ein Jünger,
Ein pilgernder Mönch,
Nicht länger ein Weltmensch.
Sein Geist ist beständig
Auf die Wahrheit gerichtet,
Sein Verhalten ist so klar
Wie eine Schneeflocke oder ein Kristall,
Er strebt nicht nach Reichtum
Und strebt ebenso wenig nach Ruhm.
Es gibt für ihn keinen anderen Weg,
Als zu pilgern und zu studieren.
Er soll Geist und Körper schulen,
Er soll sich mit den Weisen anfreunden
Und ihnen Achtung erweisen,
Er soll die Unbill der Witterung ertragen
Und gefrorene Straßen beschreiten,
Sein Stab begleite ihn auf allen Wegen,
Drachen und Schlangen zu vertreiben,
Menschenfresser und Dämonen zu vertreiben.
Er soll nicht belästigt werden
Durch das laute Lärmen der Welt.
Seine Freunde sind die Mönche im Kloster,
Die die Weisheit erforschen.
Hüte dich davor, von anderen verführt zu werden
Zu der Sinnlosigkeit weltlichen Treibens.
Nun, da du Mönch bist, ist es deine Pflicht,
Den engen Weg zu beschreiten.
Sei nicht gebunden an die Welt
Und meide das Triviale und Profane.
Erhebe dich zur ewigen Weisheit
Und verweigere auch nicht harte Arbeit.
Halte dich fern vom Lärm
Und eitlen Getriebe der Welt
Und mach ein Ende mit aller Begierde.
Denk an den, der sich im Schnee gewälzt,
Um die Begierde auszulöschen.
Sei stets eifrig in der Erforschung der Weisheit,
Erweise den Hirten deine Achtung.
Hitze und Frost
ertrage
Und ertrage alle Entbehrungen.
Denke nicht an weltlichen Wohlstand
Und sei nicht deprimiert,
Wenn du verachtet wirst.
Strebe danach, dich selbst zu erkennen
Und sei nicht abhängig von anderen Menschen.
Schließlich wirst du dem Meister begegnen
Und in die vollkommene Weisheit eingeführt.
Dann wirst du nicht länger Unkraut
Für eine Heilpflanze halten.
19
Ich bin die freie Frau!
Oh, wie frei bin ich!
Wie frei von der Plackerei der Küche!
Einst schmutzig zwischen meinen Kochtöpfen,
Achtete mich mein Mann als gering,
Während er unterm Sonnenschirm saß
Und müßig war.
Gereinigt von meinen früheren Lüsten
Und gereinigt von allem Hass,
Verweile ich in schönen Träumen
Im Schatten eines Feigenbaumes,
Oh wie wohl mir ist!
Obwohl ich leide und schwach bin
Und der Frühling meiner Jugend verwelkt ist,
Hab ich mich auf meinen Stab gestützt
Und den Gipfel erklommen.
So lehne ich mich an den Felsen,
Der Mantel ist von meiner Schulter geglitten,
So vertreibe ich die Finsternis,
Die mich so lange gefangen hielt.
20
Mit dem Pflug das Feld aufreißend,
Saat in die Ackerfurchen säend,
So gewinnt der Bauer seine Ernte,
Erfreut sich an seinem Gewinn
Und an seinem Weib und seinen Kindern.
Warum aber ich,
Dessen Seele sich rein erhält,
Der den Willen des Meisters tut,
Der ich nicht faul bin in den Werken der Barmherzigkeit,
Der ich nicht aufgebläht bin von Stolz,
Warum genieße ich nicht
Die Freuden des Paradieses?
Ich beobachte das Wasser eines Baches,
Der hinabrieselt,
Mein Herz übt sich in Geduld,
Wie man ein Pferd zureitet,
So zähme ich mein Herz,
Und auf meinem Lager sitzend
Beobachte ich die Flamme der Kerze.
Ich stoße den Docht tief in das flüssige Wachs!
Siehe, das Paradies der Flamme!
Die Freiheit glüht wie die ewige Morgenröte!
Meine Seele ist frei im Geist!
21
Obwohl ich einer bin, ihr Mönche, der von dem Erlöschen
redet, gibt es einige Prediger, die mich nicht wahrheitsgemäß wiedergeben,
missverständlich, wenn sie sagen: Der Gebenedeite will, dass wir alle zu Nichts
werden! Er verkündet die totale Vernichtung der Seele, das absolute Aufhören
der existenziellen Wesenheit! – Nein, ihr Mönche, das ist es nicht, was ich predige,
diese Prediger geben mich falsch wieder. Seit eh und je, ihr Mönche, predige
ich über das Leiden und die Erlösung! Aber wenn andre, ihr Mönche, den
Gebenedeiten verleumden und verschmähen, so ist doch deshalb in dem
Gebenedeiten wegen dieser Menschen kein Groll und kein Gram, keine Störung
meines himmlischen Friedens.
22
Da sprach der Herr zu den Mönchen und sagte: Von der Ursache
kommt die Wirkung. Von der Nichterkenntnis kommt das Schicksal, vom Schicksal
kommt das persönliche Bewusstsein, von dem persönlichen Bewusstsein kommt die
leibseelische Wirklichkeit, von der leibseelischen Wirklichkeit kommt die
sinnliche Wahrnehmung, von der sinnlichen Wahrnehmung kommt das Gefühl, vom
Gefühl kommt die Begierde, von der Begierde kommt das Nehmen, vom Nehmen kommt
das Werden, vom Werden kommt die Geburt, von der Geburt kommt das Leiden, das
Altern, das Sterben. Auf diese Weise entstehen die schlimmen Leiden. Aber wenn
die Nichterkenntnis aufhört, dann hört auch das Schicksal auf, wenn das
Schicksal aufhört, dann hört auch das persönliche Bewusstsein auf, wenn das
persönliche Bewusstsein aufhört, dann hört auch die leibseelische Wirklichkeit
auf, wenn die leibseelische Wirklichkeit aufhört, dann hört auch die sinnliche
Wahrnehmung auf, wenn die sinnliche Wahrnehmung aufhört, dann hört auch das
Gefühl auf, wenn das Gefühl aufhört, dann hört auch die Begierde auf, wenn die
Begierde aufhört, dann hört auch das Nehmen auf, wenn das Nehmen aufhört, dann
hört auch das Werden auf, wenn das Werden aufhört, dann hört auch die Geburt
auf, wenn die Geburt aufhört, dann hören auch Leiden und Alter und Sterben auf.
So hören die schlimmen Leiden schließlich auf.
23
Zwei Mönche trafen sich in einem Hain. Da sprach der junge
Mönch zu dem alten Mönch: Abgesehen vom Glauben, Ehrwürdiger, abgesehen von
deiner Zuneigung und abgesehen vom bloßen Hörensagen, abgesehen vom logischen
Denken und von theoretischen Disputen, hat Ehrwürden aus sich selbst die
Erkenntnis, dass das Aufhören des Werdens das Paradies ist? – Da sprach der alte
Mönch: O mein junger Freund, abgesehen von dem Glauben und all dem andern,
erkannte ich: Das Aufhören des Werdens ist das Paradies! – Da sprach der junge
Mensch: Ehrwürden ist ein Weiser, für den aller Rausch vorüber ist! – Da
schwieg der alte Mönch. Die Wahrheit vom Aufhören des Werdens hat das Zeichen
des himmlischen Friedens. Sein Sinn ist, nicht mehr zu sterben. Es manifestiert
sich als das Unaussprechliche.
24
Einst weilte der Gebenedeite in einem Wildpark und sprach
dort zu den Mönchen, die bei ihm waren: O ihr Mönche, der, der ausgezogen ist
als Pilger, soll sich vor zwei Extremen hüten, einerseits vor der Hingabe an
die Sinnenlust und andererseits vor der Hingabe an die allzu strenge Askese.
Indem er diese beiden Extreme vermieden hat, ist der Gebenedeite zur Erkenntnis
des goldenen Mittelwegs gekommen, der Einsicht und Erkenntnis verleiht, der zu
Frieden führt, der Erlösung bringt und in das Paradies führt.
25
Was ist der Weg, der zur Erlösung führt? Es sind die acht
Wege, die Ein Weg sind, nämlich: Richtige Anschauung, richtiges Wollen,
richtiges Reden, richtiges Tun, richtiges Leben, richtiges Streben, richtige
Achtsamkeit, richtige Begeisterung. Was ist richtige Anschauung? Das Wissen um
das Übel, das Wissen um das Aufhören des Übels und um den Weg, der zum Aufhören
des Übels führt. Was ist richtiges Wollen? Der Wille zur Entsagung, der Wille
zu Güte und Freundlichkeit. Was ist richtiges Reden? Enthaltung von Lügen,
übler Nachrede, Beleidigung und sinnlosem Geschwätz. Was ist richtiges Tun?
Nicht töten, sich nichts nehmen, was nicht gegeben ist, sich nicht der
Fleischeslust hingeben. Was ist richtiges Leben? Den Lebensunterhalt auf eine
würdige und heilige Art verdienen. Was ist richtiges Streben? Hier, o ihr
Mönche, bemüht sich der Mensch, die Geisteskraft aufzubringen, um böse
Leidenschaften sich nicht erheben zu lassen. Zu diesem Zweck zügelt und
beherrscht der Geist seine Leidenschaften. Dann strebt sein Geist, dass gute
Leidenschaften zu einer inneren Gewohnheit werden. Sein Geist strengt sich an,
um die guten Seelenkräfte immer mehr zu vervollkommnen. Und was ist richtige
Achtsamkeit? Hier betrachtet der Bruder seinen Leib achtsam, indem er die
Begierde als auch die Traurigkeit überwunden hat. Was seine Gefühle,
Vorstellungen und Gedanken betrifft, so bleibt sein Geist achtsam und
aufmerksam. Und was ist die rechte Begeisterung? Hier tritt der Bruder, frei
von sinnlicher Begierde und bösen Gedanken, in die erste Phase ein, in der
Nachdenken und Überlegung ist, Freude und Ruhe. Indem er die Nachdenklichkeit
überwindet, tritt er in die zweite Phase ein, sie ist voller Freude und Ruhe
und Freiheit des Geistes, der Geist ist ruhig und sicher auf das Höhere
gerichtet. Enttäuscht von dem Jubel, tritt der Bruder in die Beschaulichkeit
ein und ihm wird wohl sein. So tritt er in die dritte Phase ein. Indem er dann
über Wohlbehagen und Unbehagen hinausgeht, indem er über Glück und Melancholie
hinausgeht, kommt er in die Phase der Verzückung der Reinheit und der
Gelassenheit. Das ist die richtige Begeisterung.
25
Der Gebenedeite sprach: Ihr Mönche, es gibt drei Übungen.
Die Übung in höherer Ethik, ich höherem Denken, in höherer Weisheit. In der
Übung in höherer Ethik lebt der Mönch selbstbeherrscht und enthaltsam, bei
Führung des reinen Lebenswandels sieht er eine Gefahr für seine Seele auch in
den lässlichen Sünden. Er akzeptiert die reine Morallehre und übt sich darin.
Bei der Übung im höheren Denken übt der Mönch, der sinnlichen Begierde
entrückt, die Kunst der Beschauung. In der Übung in höherer Weisheit erkennt
die Mönch die wahre Bedeutung der Entstehung des Übels, den Weg zum Ende des
Übels. Dies sind die drei Übungen.
26
Der Gebenedeite sang:
Wenn ein weiser Mann, gefestigt in der Tugend,
Bewusstsein und Verständnis in sich rein entwickelt,
Dann wird es ihm als eifrigem und klugen Mönch
Gelingen, alle innere Verworrenheit zu entwirren.
27
Was ist Liebe und Freundlichkeit, Mitleid und Freude? Die
Liebe ist süß und schmelzend, daher ist sie Liebe und Freundlichkeit. Ihr Sinn
ist: Sie befreit vom Ich. Sie geschieht im Hinblick auf einen Freund oder eine
Freundin. Sie ist das Verhalten einem Freund oder einer Freundin gegenüber.
Dies ist Liebe und Freundlichkeit. Wenn es Leiden gibt, bewegt dies die Herzen
guter Menschen, das ist das Mitleid. Oder man bekämpft das Leiden anderer und
vernichtet es, auch das heißt Mitleid. Oder das Mitleid wird ausgeschüttet über
die Leidenden und durchdringt ihre Seelen. Die Mitleid haben, sind froh, es ist
das reine Maß des Frohseins, deshalb ist es Fröhlichkeit. Liebe und
Freundlichkeit mehren das Wohlergehen des Nächsten. Es ist die Aufgabe der
Guten, das Wohlergehen des Nächsten zu mehren. Das Anliegen der Liebe ist es,
dass der Mensch alle Menschen als liebenswert ansieht. Die Liebe ist
erfolgreich, wenn sie die bösen Neigungen überwindet, und sie scheitert, wenn
sie den selbstsüchtigen Interessen erliegt. Mitleid beruht darauf, dass man die
Leiden des Nächsten nicht ertragen kann. Mitleid ist Nichtgrausamkeit. Es sieht
die Hilflosigkeit des Nächsten, der vom Leiden überwältigt ist. Freude ist das
Frohsein über den Fortschritt des Nächsten. Freude beruht darauf, dass man
nicht neidisch ist. Freude beruht auf der Beseitigung der Abneigung und der
Langeweile. Die wahre Freude scheitert, wenn sie sich zum Spaß degeneriert.
Gleichmut aber ist Unvoreingenommenheit allen Menschen gegenüber. Man sieht
alle Menschen als Brüder und Schwestern. Das Ziel von Liebe und Freundlichkeit,
von Mitleid und Freude und vom gelassenen Gleichmut ist die Seligkeit der
Weisheit und ein glückseliges kommendes Leben.
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Was sind die vier Phasen in der Entwicklung eines Heiligen?
Es sind diese vier Phasen: die natürliche Laufbahn, die entscheidende Laufbahn,
die Anpassung und das Beharren. Was ist die natürliche Laufbahn? Es gehört zum
Heiligen, dass er Vater und Mutter ehrt, die Mönche und Priester ehrt,
tugendhaft lebt, Almosen spendet, Irrende belehrt, Verdienste erwirbt und den
Gebenedeiten und seine Jünger liebt. Und was ist die entscheidende Laufbahn?
Geängstigt durch die Macht der Vergänglichkeit, bemüht sich der Heilige
entschieden, mit der Verehrung des Gebenedeiten, die Macht der Vergänglichkeit
zu vernichten. Und was ist die Phase der Anpassung? In dieser Phase wird das
Wesen des Heiligen mystisch erleuchtet. Und was ist die Phase des Beharrens?
Dies bedeutet, dass der Heilige nicht in der Versenkung verschwindet, sondern
zu den Verlorenen in der Welt zurückkehrt.
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DER ABSCHIED
Als Jünger des selben Meisters,
In der selben Lehre unterrichtet,
Sind wir beide, du und ich, Brüder.
Schau die weißen Nebel,
Die in den Lüften schweben,
Sie kehren heim in die Höhe.
Dieser Abschied kann
Unsre letzte Begegnung
In diesem Leben sein.
Nicht nur im Traum,
Sondern auch in unsern tiefen Gedanken,
Wollen wir uns nach dem Leben
Noch oft begegnen, mein Bruder.