HYMNEN AN DIE GÖTTLICHE SCHÖNHEIT
Herausgegeben von Josef Maria Mayer
HYMNE AN DIE SCHÖNHEIT
1
Das
Schöne beruht größtenteils
Auf
den Wahrnehmungen der Augen,
Es
beruht aber auch auf denen der Ohren,
Wie
bei den Zusammenstellungen von Wörtern
Und
in der Musik.
Denn
auch Melodien und Rhythmen sind schön.
Steigen
wir von der sinnlichen Wahrnehmung weiter aufwärts,
So
gibt es auch schöne Einrichtungen,
Taten,
Zustände, Wissenschaften,
Endlich
eine Schönheit der Tugend.
Ob
es noch eine höhere Schönheit gibt,
Wird
sich im weiteren Verlaufe zeigen.
Was
ist aber die bewirkende Ursache davon,
Dass
Körper als schön erschaut werden,
Dass
die Ohren den Tönen
Als
schönen Tönen ihre Zustimmung geben?
Und
was im weiteren mit der Seele zusammenhängt,
In
wiefern ist das eigentlich alles schön?
Und
sind weiter alle diese Dinge
Durch
ein und dasselbe schön,
Oder
gibt es eine besondere Schönheit bei einem Körper
Und
wieder eine besondere bei einem anderen Gegenstand?
Und
was sind denn eigentlich diese verschiedenen
Oder
diese eine Schönheit?
Denn
die einen Gegenstände sind nicht an sich selbst schön,
Zum
Beispiel die Körper,
Sondern
durch Teilhabe an der Schönheit,
Andere
dagegen sind an sich selbst Schönheiten,
Wie
es das Wesen der Tugend ist.
Auch
erscheinen dieselben Körper
Bald
schön, bald nicht schön,
So
dass ihr Sein als Körper verschieden ist
Von
ihrem Sein als schöne Körper.
Was
ist denn nun das,
Was
hier diese bestimmte Eigenschaft der Körper ausmacht?
Dies
muss nämlich der erste Gegenstand
Unsrer
Untersuchung sein.
Was
ist es also,
Was
auf die Augen der Beschauer einen Eindruck macht,
Was
sie auf sich zieht, sie fesselt
Und
sie an seinem Anblick Gefallen finden lässt?
Haben
wir dies gefunden,
So
können wir es vielleicht als Vorstufe
Zu
einer erfolgreichen weiteren Betrachtung gebrauchen.
Nun
wird fast von allen behauptet,
Dass
die Symmetrie der Teile zu einander
Und
zum Ganzen,
Dazu
noch schöne Färbung
Die
Schönheit für die Wahrnehmung der Augen ausmacht,
Und
für sie, wie überhaupt für das gewöhnliche Bewusstsein,
Ist
Schönsein so viel wie symmetrisch
Und
an gewisse Maßverhältnisse gebunden sein.
Bei
dieser Voraussetzung kann aber folgerichtiger Weise
Nichts
Einfaches,
Sondern
nur das Zusammengesetzte schön sein,
Die
einzelnen Teile werden an und für sich nicht schön sein,
Sondern
nur insofern sie in ihrer Beziehung zum Ganzen bewirken,
Dass
dieses schön ist.
Und
dennoch müssen, wenn das Ganze schön ist,
Auch
die einzelnen Teile schön sein.
Denn
es kann doch nicht aus Hässlichem bestehen,
Sondern
die Schönheit muss alle Teile ergriffen haben.
Ebenso
werden für die Anhänger dieser Annahme
Die
schönen Farben sowie auch das Sonnenlicht
Als
einfache und solche Dinge,
Die
ihre Schönheit nicht in Folge der Symmetrie haben,
Außerhalb
des Schönheits-Bereiches liegen.
Wie
soll dann das Gold schön sein?
Oder
wodurch der Blitz,
Der
in der Nacht gesehen wird?
Desgleichen
wird auf dem Gebiete der Töne
Das
Einfache nicht in Betracht kommen,
Obwohl
oftmals von den Tönen einer schönen Melodie
Jeder
einzelne musikalische Ton
Auch
an und für sich schön ist.
Und
wenn nun ferner, ohne dass die eine Symmetrie geändert würde,
Dasselbe
Gesicht bald schön, bald nicht schön erscheint,
Muss
man da nicht sagen,
Dass
das Schöne noch in etwas anderem
Als
dem Symmetrischen besteht
Und
dass das Symmetrische selbst
Durch
etwas anderes schön ist?
Und
wenn man nun im weiteren
Sich
zu den Einrichtungen und schönen Reden wendet
Und
auch hierbei das Symmetrische
Als
Grund des Schönen hinstellen wollte,
Wie
kann bei schönen Einrichtungen, Gesetzen,
Kenntnissen
und Wissenschaften
Von
Symmetrie die Rede sein?
Wie
können Gegenstände der Theorie
Zu
einander in symmetrischen Verhältnissen stehen?
Etwa
weil eine Übereinstimmung zwischen ihnen stattfindet?
Doch
hat auch das Schlechte seine Gleichartigkeit und Übereinstimmung.
So
stimmt zum Beispiel mit der Behauptung,
Maßvolle
Selbstbeherrschung sei Einfalt,
Jene
andre Behauptung überein,
Die
Gerechtigkeit sei eine edle Gutmütigkeit.
Beide
Behauptungen stehen miteinander in Einklang
Und
entsprechen sich.
Nun
ist Schönheit der Seele jedwede Tugend
Und
zwar eine solche,
Die
der wahren Schönheit viel näher steht
Als
die im Vorigen erwähnten Arten derselben.
Aber
sind sie symmetrisch?
Doch
weder als Größen,
Noch
als Zahlen,
Obgleich
es mehrere Teile der Seele gibt.
Denn
in welchem Verhältnis soll
Die
Zusammensetzung oder Mischung der Teile
Oder
Vorstellungen zu einander stehen?
Und
worin soll die Schönheit
Der
in sich selbst als ihrer Einheit
Versunkenen
Vernunft bestehen?
2
Wir
wollen nun den Faden der Untersuchung
Wieder
von vorn aufnehmen und bestimmen,
Was
eigentlich das ursprüngliche Schöne
An
den Körpern ist.
Denn
es gibt ein solches,
Was
sich gleich beim ersten Anblick wahrnehmen lässt.
Die
Seele bezeichnet es so als etwas ihr längst bekanntes,
Sie
erkennt es wieder als etwas ihr zusagendes,
Sie
tritt gleichsam in harmonische Beziehung zu ihm.
Trifft
sie dagegen auf das Hässliche,
So
wendet sie sich ab,
Sie
erkennt es nicht an
Und
weist es von sich
Als
ihrem Wesen fremd und widersprechend.
Unsere
Behauptung geht nun dahin,
Dass
die Seele ihrer eigensten Natur nach
Und
zur besseren Wesenheit
Im
Reich des Seienden gehörig,
Wenn
sie etwas Verwandtes
Oder
eine Spur des Verwandten erblickt,
Sich
freut,
In
heftige Bewegung gerät,
Den
gesehenen Gegenstand in Beziehung zu sich setzt,
Sich
ihres Wesens wieder bewusst wird.
Was
besteht also für eine Ähnlichkeit
Zwischen
dem diesseitigen und dem jenseitigen Schönen?
Doch
wenn eine Ähnlichkeit besteht,
So
mögen sie ähnlich sein.
Auf
welche Weise ist beides schön?
Durch
Teilhabe an der Idee, behaupten wir,
Ist
das Diesseitige schön.
Alles
Gestaltlose nämlich,
Dessen
natürliche Bestimmung darin liegt,
Gestalt
und Idee aufzunehmen, ist,
So
lange es ohne Vernunft und Idee bleibt, hässlich
Und
außerhalb der göttlichen Vernunft befindlich,
Und
zwar ist dies das schlechthin Hässliche.
Hässlich
ist aber auch das,
Was
von der gestaltenden Vernunft nicht durchdrungen ist,
Indem
die Materie sich nicht durchweg gestalten ließ.
Indem
nun die Idee herantritt,
Fasst
sie das, was aus vielen Teilen
Durch
Zusammensetzung zu einer Einheit werden soll,
Zusammen,
Führt
es zu einer realen Zweckbestimmtheit
Und
macht es zu Einem
Durch
innere Übereinstimmung,
Da
sie selbst Eins war
Und
auch das zu Gestaltende Eins werden sollte,
Soweit
dies bei seiner ursprünglichen Vielheit möglich ist.
Auf
ihm, wenn es bereits zur Einheit zusammengefasst ist,
Thront
nun die Schönheit
Und
teilt sich den Teilen wie dem Ganzen mit.
Trifft
sie aber auf ein schon von Natur Eines
Und
aus ähnlichen Teilen Bestehendes,
So
teilt sie sich bloß dem Ganzen mit.
Es
verleiht zum Beispiel irgend eine natürliche Beschaffenheit
Oder
auch die Kunst
Bald
einem ganzen Haus mit seinen Teilen,
Bald
einem einzelnen Stein die Schönheit.
So
entsteht also der schöne Körper
Durch
seine Teilhabe an der
Von
den Göttern kommenden Schönheit.
3
Die
Schönheit wird aber erkannt
Durch
ein besonderes dazu bestimmtes Vermögen,
Welches
vollkommen befähigt ist
In
seinem Bereich zu urteilen,
Sobald
die übrige Seele seinem Urteil beipflichtet.
Vielleicht
aber entscheidet auch die Seele selbst darüber,
Indem
sie den wahrgenommenen Gegenstand
Nach
der ihr innewohnenden Idee bemisst,
Deren
sie sich bei der Beurteilung bedient,
Etwa
wie man sich eines Richtscheits bedient,
Wo
es sich um das Gerade handelt.
Wie
aber stimmt das Körperliche
Mit
dem Unkörperlichen zusammen?
Wie
bemisst der Baumeister
Ain
außer ihm befindliches Haus
Nach
der ihm innerlichen Idee des Hauses,
So
dass er es als schön bezeichnet?
Doch
wohl, weil das außer ihm befindliche Haus,
Abgesehen
von den Steinen,
Nichts
als die innere,
Zwar
durch die äußerliche materielle Masse geteilte,
Aber
trotzdem sie an der Vielheit zur Erscheinung kommt,
Dennoch
ungeteilte Idee ist.
Wenn
nun auch die sinnliche Wahrnehmung
Die
den Körpern innewohnende Idee erblickt,
Wie
sie die gegenüberstehende gestaltlose Natur bewältigt
Und
zur Einheit verbindet,
Und
die Gestalt,
Welche
auf andre Gestalten in feiner Weise aufgetragen ist,
So
fasst sie jenes Vielfache
Zu
einer Totalität zusammen,
Hebt
es empor
Und
setzt es in Verbindung
Mit
der bereits vorhandenen ungeteilten Idee im Innern
Und
führt es ihr als etwas übereinstimmendes,
Verwandtes
und befreundetes zu:
Wie
es für einen rechtschaffenen Mann
Ein
erfreulicher Anblick ist,
Wenn
auf dem Antlitz eines Knaben
Eine
Spur von Tugend erscheint,
Die
mit der Wahrheit in seinem Innern übereinstimmt.
Die
Schönheit der Farbe
Ist
einfach durch Gestaltung und Bewältigung
Des
der Materie anhaftenden Dunkeln
Mittelst
Hinzutreten des unkörperlichen
Von
Vernunft und Idee ausgehenden Lichts.
Daher
denn auch das Feuer
Gegenüber
den anderen Dingen der Körperwelt
An
sich schön ist,
Weil
es im Verhältnis zu den übrigen Elementen
Den
Rang einer Idee einnimmt,
Denn
es ist nach oben gerichtet,
Es
ist der dünnste von allen übrigen Körpern,
Gleichsam
der Übergang zum Körperlosen,
Das
Feuer allein nimmt nichts andres in sich auf,
Während
es selbst alles andre durchdringt,
Denn
die Dinge werden warm,
Das
Feuer aber wird nicht kalt,
Es
enthält die Grundfarbe
Und
die anderen Dinge entlehnen von ihm die Färbung schlechthin.
Es
leuchtet also und glänzt,
Als
wäre es selbst eine Idee.
Das
Feuer freilich,
Welches
die Materie nicht bewältigt,
Mit
seinem matten bleichen Licht,
Ist
nicht mehr schön,
Weil
es ja gewissermaßen nicht an der Idee der Färbung
In
ihrer Gesamtheit teil hat.
Die
inneren, nicht in die Erscheinung tretenden Harmonien der Töne,
Welche
diejenigen hervorbringen,
Die
wir mit unserm Ohr vernehmen,
Erschließen
hiermit zugleich auch der Seele
Das
Verständnis des Schönen,
Indem
sie an einem Anderen
Ihr
eignes Wesen zur Erscheinung kommen lassen.
Allerdings
liegt es mit im Wesen
Der
vernommenen Töne,
Dass
sie sich nicht nach absolut idealen
Zahlenverhältnissen
bemessen lassen,
Sondern
nur in soweit idealen,
Als
sie dazu dienen,
Der
Idee zur Bewältigung der Materie zu verhelfen.
So
viel von dem Schönen,
Das
auf den Sinneswahrnehmungen beruht,
Welches
ja doch nur ein Abbild ist,
Ein
Schattenriss,
Der
sich gleichsam in die Materie verlaufen hat,
Sie
schmückt
Und
uns bei ihrem Anblick
Mit
Entzücken erfüllt.
4
Über
die ferneren Stufen der Schönheit nun,
Welche
der sinnlichen Wahrnehmung
Nicht
mehr zu schauen vergönnt ist,
Welche
vielmehr die Seele
Ohne
Sinneswerkzeuge schaut und denkt,
Müssen
wir unsre Betrachtung
Von
einem höheren Standpunkt aus anstellen,
Indem
wir die sinnliche Wahrnehmung
Hier
unten zurücklassen.
Wie
aber bei dem Schönen der sinnlichen Wahrnehmung
Niemand
über dasselbe sprechen konnte,
Der
es weder selbst gesehen
Noch
als schön wahrgenommen hatte,
Etwa
Leute, die blind sind von Jugend auf,
So
können ganz in derselben Weise
Auch
nicht von der Schönheit schöner Einrichtungen
Diejenigen
sprechen, welche die Schönheit derselben
Oder
der Wissenschaften und andrer derartiger Sphären
Nicht
empfunden haben,
Noch
von dem Licht der Tugend diejenigen,
Welche
nicht einmal eine Ahnung davon haben,
Wie
schön das Angesicht der Gerechtigkeit
Und
der maßvollen Selbstbeherrschung ist,
Dass
weder Morgen- noch Abendstern so schön sind.
Sondern
man muss das selbst geschaut haben auf dem Weg,
Auf
welchem die Seele derartiges schaut,
Und
muss bei dem Schauen in Freude
Und
staunendes Entzücken geraten sein,
In
noch viel höherem Grad
Als
bei den früheren Schönheitsstufen,
Da
man es ja hier nunmehr
Mit
der wahren Schönheit zu tun bekommt.
Denn
das muss die Empfindung sein
Bei
allem was schön ist:
Verwunderung
und liebliches Staunen,
Sehnsucht,
Liebe und freudiges Entzücken!
Das
können empfinden
Und
empfinden in der Tat auch bei dem,
Was
sich nicht mit leiblichen Augen sehen lässt,
Man
möchte sagen, alle Seelen,
In
höherem Grade allerdings diejenigen unter ihnen,
Die
liebesfähiger sind,
Wie
ja auch alle an schönen Körpern Gefallen finden,
Aber
nicht in gleicher Weise davon ergriffen werden,
Sondern
einige ganz besonders,
Von
denen man dann im eigentlichen Sinne sagt,
Sie
lieben.
5
Nun
müssen wir unsre Fragen
Auch
an diejenigen richten,
Die
von Liebe zum Übersinnlichen erfüllt sind.
Was
empfindet ihr bei sogenannten schönen Einrichtungen,
Schönen
Sitten, maßvollen Charakteren,
Überhaupt
bei den Werken und Zuständen der Tugend
Und
bei der Schönheit der Seelen?
Was
empfindet ihr,
Wenn
ihr euch selbst als schön in eurem Innern erblickt?
Wie
kommt es, dass ihr da in lauten Jubel ausbrecht
Und
in heftige Bewegung geratet,
Dass
ihr euch sehnt,
Von
den Banden des Körpers befreit,
In
Liebesverkehr mit euch selbst zu treten?
Denn
das ist in der Tat die Empfindung derer,
Die
in Wahrheit von Liebe ergriffen sind.
Was
ist aber der Gegenstand einer derartigen Empfindung?
Keine
Gestalt, keine Farbe, keine Größe,
Sondern
die Seele,
Die
selbst farblos ist
Und
das reine, farblose Licht der Weisheit
Und
übrigen Tugenden an sich hat,
Wenn
ihr entweder an euch selbst
Oder
an einem andern Hochherzigkeit,
Gerechte
Gesinnung,
Lautere
Weisheit erblickt,
Tapferkeit
mit ihrem ernsten Angesicht,
Würdevollen
Anstand und züchtiges Wesen,
Das
empor blüht an einer ruhigen,
Von
keiner Woge,
Von
keiner Leidenschaft bewegten Stimmung,
Über
dem allen aber
Die
gottgleiche Vernunft hervorleuchten seht.
Und
weshalb nennen wir nun das,
Indem
wir es bewundern und lieben, schön?
Nun,
es ist offenbar
Und
gibt sich, ohne dass man dem widersprechen kann,
Als
das wahrhaft Seiende zu erkennen.
Aber
was ist es in seinem wahrhaften Sein?
Etwa
schön?
Allein
noch hat sich aus der Untersuchung nicht ergeben,
Durch
welchen Zug seines Seins
Es
die Seele liebenswürdig macht.
Was
ist das, was an allen Tugenden hervorleuchtet wie Licht?
Willst
du einmal das Gegenteil nehmen
Und
das gegenüber halten,
Was
an der Seele Hässliches vorkommen kann?
Vielleicht
ist es für das Ergebnis unsrer Untersuchung
Von
Belang zu wissen,
Was
eigentlich das Hässliche ist
Und
warum es als solches erscheint.
Nehmen
wir also eine hässliche,
Zügellose
und ungerechte Seele,
Vollgepfropft
mit sinnlichen Begierden,
Eine
Seele voll Unruhe,
Voll
feiger Furcht, voll kleinlichen Neides,
Was
sie auch denken mag
Immer
nur in niedrigen
Und
vergänglichen Gedanken sich ergehend,
Stets
hinterlistig auf Seitenpfaden schleichend,
Eine
Freundin unreiner Genüsse,
In
ihrem Leben nur von körperlichen Einflüssen abhängig,
Eine
Seele, die am Hässlichen ihre Lust findet:
Werden
wir nun nicht sagen,
Dass
eben diese Hässlichkeit
Wie
ein ihr ursprünglich fremdes Übel
An
sie herangetreten ist,
Welches
sie schändlich verunstaltet,
Sie
unrein gemacht,
Sie
mit dem Bösen gleichsam durchtränkt hat,
So
dass sie kein reines Leben,
Keine
reine Empfindung mehr hat,
Sondern
durch die Vermischung mit dem Bösen
Ein
verschwommenes,
Vielfach
vom Tode durchdrungenes Leben führt,
Nicht
mehr das sieht, was eine Seele sehen soll,
Nicht
mehr im Stande ist, bei sich selbst zu bleiben,
Weil
sie stets zum Äußerlichen,
Irdischen
und Dunkeln hingezogen wird?
So
als unrein,
Indem
sie sich von den ersten besten Lockungen
Der
sinnlichen Eindrücke hinreißen lässt,
In
inniger Durchdringung mit dem Leibe,
In
vielfachem Verkehr mit dem Materiellen,
Das
sie in sich aufnimmt,
Hat
sie durch die Vermischung mit dem Schlechten
Ein
ganz andres Aussehen angenommen;
Gleichsam
wie wenn einer sich in Schlamm
Oder
Schmutz eintaucht
Und
nun nicht mehr seine ursprüngliche Schönheit erscheinen lässt,
Sondern
mit dem gesehen werden muss,
Was
von dem Schlamm und Schmutz sich an ihm festgesetzt hat.
Ihm
ist also das Hässliche
Durch
das herantretende Fremdartigen gekommen
Und
wenn er wieder schön werden will,
Muss
er durch mühsames Waschen und Reinigen
In
seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren.
So
könnte man mit Recht sagen,
Die
Seele sei hässlich geworden
Durch
ihre Vermischung, Verbindung
Und
ihr Hinneigen zum Körper und der Materie.
Und
es ist dies eine Hässlichkeit für die Seele,
Nicht
mehr rein und lauter zu sein,
Wie
für das Gold, noch in der Schlacke zu stecken.
Erst
wenn man die Schlacke entfernt,
Bleibt
das Gold übrig
Und
ruht losgelöst von allem andern in seiner
In
sich selbst versunkenen Schönheit.
So
auch die Seele.
Erst
wenn sie losgelöst ist von den Begierden,
Mit
denen sie in Folge ihres zu innigen Verkehrs
Mit
dem Körper behaftet ist,
Wenn
sie befreit ist von den übrigen Leidenschaften,
Gereinigt
von dem,
Was
sie in ihrer Verkörperung an sich hat,
Und
allein bleibt,
Pflegt
sie alle Hässlichkeit
Der
schlechteren Natur abzulegen.
6
Es
ist ja eben, wie der alte Spruch lehrt,
Mäßigung,
Tapferkeit,
Überhaupt
jede Tugend ist eine Reinigung,
So
auch die Weisheit selbst.
Deshalb
wird auch mit Recht
In
den religiösen Weihen
Dunkel
darauf hingedeutet,
Dass
der Ungereinigte auch in des Hades Behausung
Im
Schlamme liegen müsse,
Weil
das Unreine durch seine Schlechtigkeit
Mit
dem Schlamm etwas Verwandtes hat,
Wie
ja auch die Schweine mit ihrem unsaubern Leibe
An
derartigem Gefallen finden.
Was
wäre auch wohl die wahre Besonnenheit andres,
Als
den Verkehr mit sinnlichen Vergnügungen abzuweisen,
Sie
als unrein
Und
eines reinen Menschen unwürdig zu fliehen?
Die
Tapferkeit ist Furchtlosigkeit vor dem Tode.
Der
Tod aber ist das Getrenntsein der Seele vom Körper.
Davor
fürchtet sich der nicht,
Der
seine Freude daran findet, allein zu sein.
Die
Seelengröße ist
Das
Hinwegsehen über das Irdische.
Die
Weisheit ist das Denken
In
seiner Wegwendung von der Welt hier unten,
Das
Denken, welches die Seele zu dem Höheren empor führt.
Ist
nun die Seele geläutert,
So
wird sie zur Idee, zur reinen Vernunft,
Schlicht
unkörperlich, geistig
Und
ganz vom Göttlichen durchdrungen,
Von
wo aus die Quelle des Schönen kommt
Und
alles dessen, was mit ihm verwandt ist.
Empor
geführt zur Vernunft,
Ist
die Seele schön in möglichster Vollkommenheit.
Vernunft
und was von der Vernunft ausgeht,
Ist
die der Seele ursprüngliche, eigene Schönheit,
Die
nicht als etwas Fremdes an sie herantritt,
Weil
die Seele dies allein in Wahrheit ist.
Deshalb
sagt man auch mit Recht,
Das
Gut- und Schönwerden der Seele
Sei
ein Ähnlichwerden mit Gott,
Weil
von ihm aus das Schöne
Und
der bessere Teil des Seienden kommt.
Oder
vielmehr das Seiende ist die Schönheit,
Die
andere Natur aber ist das Hässliche.
Es
ist aber das Hässliche und das ursprünglich Böse identisch,
So
dass umgekehrt jenes zugleich gut und schön,
Richtiger:
das Gute und die Schönheit ist.
Auf
gleiche Weise also hat man
Das
Schöne und das Gute,
Das
Hässliche und das Böse zu suchen.
Als
das Erste ist demnach die mit dem Guten
Identische
Schönheit zu setzen.
Von
ihr geht die Vernunft aus als das schlechthin Schöne.
Durch
die Vernunft ist die Seele schön.
Das
andre, was an Taten und Handlungen schön ist,
Ist
es durch die Gestaltung der Seele.
Auch
in der Körperwelt wird das,
Was
den Namen des Schönen verdient,
Durch
die Seele dazu gemacht.
Da
sie nämlich etwas Göttliches,
Gleichsam
ein Teil des Schönen ist,
So
macht sie alles das schön,
Was
sie berührt und bewältigt,
So
weit dieses im Stande ist, es aufzunehmen.
7
Wir
müssen also wieder emporsteigen zum Guten,
Nach
welchem jede Seele sich sehnt.
Wenn
es jemand gesehen hat,
So
weiß er, was ich sagen will mit der Behauptung,
Es
sei schön.
Als
das Gute muss es erstrebt werden
Und
das Streben muss darauf gerichtet sein.
Man
erreicht es, wenn man nach dem Oberen aufsteigt,
Sich
zu ihm hinwendet und das ablegt,
Was
man beim Herabkommen angelegt hatte,
Wie
ja auch diejenigen, die zur allerheiligsten Handlung
Der
Mysterien sich anschicken,
Der
Reinigung bedürfen,
Ihre
Kleider ablegen
Und
im Untergewand herangehen,
So
lange bis man bei dem Hinaufsteigen allem ausgewichen ist,
Was
dem Göttlichen fremd ist,
Und
mit seinem alleinigen Selbst
Auch
das Göttliche in seiner Alleinheit schaut
Als
lauter, einfach und rein,
Als
das, wodurch alles bedingt ist,
Worauf
alles hinblickt,
In
welchem alles lebt und denkt.
Denn
es ist die Ursache des Lebens,
Der
Vernunft und des Seins.
Welche
Liebesglut wird aber nicht der empfinden,
Der
dies zu sehen bekommt,
Wie
wird er sich nach der innigen Vereinigung mit ihm sehnen,
Wie
wird ihn das Staunen der Wonne durchzittern!
Denn
nach dem Göttlichen als dem Guten
Sehnt
sich auch derjenige, der es noch niemals gesehen hat.
Wer
es aber gesehen hat,
Der
bewundert es wegen seiner Schönheit,
Der
wird mit freudigem Staunen erfüllt,
Der
gerät in Schrecken, der ihn nicht verzehrt,
Der
liebt in wahrer Liebe
Und
in heftiger Sehnsucht,
Der
verlacht alle andere Liebe
Und
verachtet das, was er früher für schön hielt.
Das
ist etwa die Empfindung derer,
Welchen
eine Erscheinung von Göttern
Zu
Teil geworden ist
Und
die nun nichts mehr wissen wollen
Von
der Schönheit der anderen Körper.
Was
wird der erst empfinden,
Welcher
nun gar das absolut Schöne sieht
In
seiner an und für sich seienden Reinheit,
Ohne
fleischliche körperliche Hülle
Um
rein zu sein,
An
keinen Raum der Erde oder des Himmels gebunden.
Denn
das ist ja alles etwas abgeleitetes und gemischtes,
Nichts
ursprüngliches,
Sondern
von jenem ausgehend.
Wer
also jenes sieht,
Welches
den Reigen aller übrigen Dinge eröffnet,
Welches
in sich selbst ruhend mitteilt
Und
nichts in sich aufnimmt,
Wer
dann in seinem Anblick verharrt und es genießt,
Indem
er ihm ähnlich wird,
Was
sollte der noch für ein Schönes bedürfen?
Es
ist ja eben selbst die Urschönheit,
Welche
als das recht eigentlich Schöne,
Auch
die es lieben,
Schön
und liebenswürdig macht.
Es
ist ferner das Ziel für den größten
Angestrengtesten
Wettkampf der Seelen,
Das
Ziel aller Mühen,
Nicht
unteilhaftig zu bleiben des herrlichsten Anblicks.
Selig,
wer es erreicht hat,
Wer
zum Schauen des seligen Anblicks gekommen ist;
Unselig
fürwahr dagegen, bei wem dies nicht der Fall.
Denn
nicht der ist unselig,
Der
um den Anblick schöner Farben und Körper kommt,
Der
weder Macht noch Ehre noch Kronen erlangt,
Sondern
wer dies Eine nicht erlangt,
Um
dessen Erreichung man
Auf
alle Kronen und Reiche der ganzen Erde,
Auf
dem Meere und im Himmel verzichten muss,
Ob
man das Irdische mit Verachtung verlassend,
Den
Blick auf jenes gewandt,
Zum
Schauen gelangen möge.
8
Aber
auf welche Art und wie soll man das auffassen?
Wie
soll man die unsagbare Schönheit sehen,
Die
gleichsam im innersten Heiligtum bleibt
Und
nicht herauskommt,
Dass
sie auch ein Uneingeweihter zu sehen bekäme?
So
gehe denn und kehre ein
In
sein Inneres, wer es vermag.
Er
lasse draußen,
Was
der Blick des Auges erschaut,
Er
sehe sich nicht um nach dem,
Was
ihm vormals als Glanz schöner Leiblichkeit erschien.
Denn
wenn man die leibliche Schönheit erblickt,
Muss
man nicht in ihr aufgehen wollen,
Sondern
im Bewusstsein, dass sie nur Schatten
Und
Schemen zeigt,
Zu
dem flüchten, dessen Abbild sie ist.
Denn
wer heranliefe, um sie als etwas Wahrhaftes zu umfangen,
Etwa
wie eine schöne Gestalt,
Die
auf dem Wasser schaukelt –
Jemand,
der eine solche umfassen wollte,
Heißt
es in einem bekannten, sinnreichen Mythos,
Versank
in die Tiefe der Flut
Und
ward nicht mehr gesehen, –
Der
würde, wenn er sich an dem Schönen der Sinnenwelt festhielte
Und
nicht davon losließe,
Ganz
in derselben Weise zwar nicht leiblich ,
Doch
geistig in dunkle,
Der
Vernunft unerfreuliche Tiefen versinken,
Würde
dann blind im Hades leben
Und
hier und dort mit Schatten verkehren.
„Auf,
lasst uns fliehen zum geliebten Lande der Väter!“
Wollen
wir uns lieber zurufen.
Aber
wohin geht die Flucht
Und
wie wollen wir ins offne Meer gelangen?
Wie
es Odysseus andeutet, will ich meinen,
Der
von der Zauberin Circe oder von Kalypso wegeilend
Keinen
Gefallen am Bleiben fand,
Obgleich
sein Auge im Anblick der Lust schwelgte
Und
er sinnliche Schönheit vollauf genoss.
Vaterland
aber und Vater sind für uns dort,
Von
wo wir gekommen sind.
Und
wie geht unsre Fahrt und Flucht vor sich?
Nicht
zu Fuß sollen wir hinwandern,
Denn
die Füße tragen uns von einem Land zum andern.
Wir
brauchen uns nicht nach einem Fuhrwerk mit Rossen
Noch
nach einem Schiff zu Meere umzusehen,
Sondern
das alles muss man lassen und gar nicht sehen,
Man
muss sein Auge gleichsam schließen,
Man
muss ein andres dafür eintauschen und eröffnen,
Das
alle besitzen,
Dessen
sich aber wenige bedienen.
9
Was
sieht nun jenes innere Auge?
Sofort
bei seinem Auftun
Kann
es noch nicht das allzu Helle ertragen.
Daher
muss man die Seele selbst gewöhnen,
Zuerst
auf eine schöne Lebensweise zu blicken;
Dann
auf schöne Werke,
Nicht
Werke wie die Künste sie zu Wege bringen,
Sondern
wie sie von guten Männern ausgehen.
Dann
betrachte du die Seele derer, die gute Werke vollbringen.
Wie
willst du aber sehen, welche Schönheit
Einer
guten Seele eigen ist?
Ziehe
dich in dich selbst zurück und schaue,
Und
wenn du dich selbst noch nicht als schön erblickst,
So
nimm, wie der Bildhauer,
Der
an dem, was schön werden soll,
Bald
hier, bald da etwas wegnimmt und abschleift,
Bald
hier glättet, bald dort säubert,
Bis
er an seinem Bilde ein schönes Antlitz zu Stande bringt,
Auch
du alles das weg, was überflüssig ist,
Mache
das Krumme wieder gerade,
Reinige
das Dunkle und lass es hell werden,
Kurz,
höre nicht auf zu zimmern an deinem Bilde,
Bis
an dir der göttliche Glanz der Tugend hervorleuchtet,
Bis
du die Besonnenheit erblickst,
Die
auf heiligem Grunde wandelt.
Wenn
du das geworden bist
Und
dich selbst siehst
Und
rein mit dir selbst verkehrst,
Ohne
dass dich weiter etwas hindert,
So
selbsteinig zu werden,
One
dass du in deinem Innern eine weitere Beimischung
Z
deinem Selbst hast,
Sondern
ganz du selbst bist,
Wahrhaftiges
Licht,
Ein
Licht, weder durch Größe bemessen
Noch
durch Gestalt in enge Schranken gezwängt,
Noch
andrerseits zu maßloser Größe ausgedehnt,
Sondern
schlicht unendlich,
So
dass es über alle Maßbestimmung
Und
alle Quantität hinaus ist –
Wenn
du siehst, dass du dazu geworden bist
Und
du bereits die innere Sehkraft erlangt hast:
Dann
fasse Mut für dich selbst,
Schreite
von da aus weiter vor,
Du
bedarfst keines Führers mehr,
Und
schaue unverwandten Blicks vor dich hin.
Denn
nur ein solches Auge sieht die ganze volle Schönheit.
Wenn
es aber, den Blick durch Laster umflort
Und
ungereinigt oder schwach,
Zum
Sehen sich anschickt,
Indem
es in weibischer Feigheit
Das
allzu Helle nicht ertragen kann,
So
sieht es gar nichts,
Auch
wenn ein andrer ihm das an sich Sichtbare zeigen wollte,
Was
vor ihm liegt.
Denn
ein dem zu sehenden Gegenstand verwandt
Und
ähnlich gemachtes Auge
Muss
man zum Sehen mitbringen.
Nie
hätte das Auge jemals die Sonne gesehen,
Wenn
es nicht selber sonnenhaft wäre;
So
kann auch eine Seele das Schöne nicht sehen,
Wenn
sie nicht selbst schön ist.
Darum
werde jeder zuerst gottähnlich und schön,
Wenn
er das Gute und Schöne sehen will.
Zuerst
wird er bei seinem Emporsteigen
Zur
Vernunft kommen
Und
wird dort alle die schönen Ideen sehen,
Und
er wird sagen, dass die Ideen das Schöne sind.
Denn
alles ist durch sie schön,
Durch
die Schöpfungen und das Wesen der Vernunft.
Was
darüber hinaus liegt, nennen wir die Natur des Guten,
Welche
das Schöne als Hülle vor sich hat,
So
dass sie, um es kurz zu sagen, die Urschönheit ist.
Unterscheidet
man das Intelligente,
So
werden wir die Intelligenz der Schönheit
De
Welt der Ideen nennen,
Das
darüber hinausliegende Gute
Quelle
und Prinzip der Schönheit.
Oder
aber wir werden das Gute
Und
die Urschönheit als identisch setzen.
Dort
jedenfalls liegt die Schönheit.
HYMNE AN DIE INTELLIGENZ DER SCHÖNHEIT
1
Da
wir behaupten, dass derjenige,
Welcher
zum Anschauen
Der
übersinnlichen Schönheit gelangt ist
Und
die Schönheit des wahren Geistes empfunden hat,
Auch
im Stande sei, den Ursprung dieser
Und
den Ursprung des göttlichen Verstandes
Mit
seinen Gedanken zu erfassen,
So
lasst uns zu betrachten
Und
für uns selbst auszusprechen versuchen
(Soweit
dergleichen auszusprechen möglich ist),
Wie
jemand wohl die Schönheit des Geistes
Und
jener übersinnlichen Welt erschauen mag.
Denken
wir uns zwei Marmorblöcke
Neben
einander liegen,
Den
einen roh und ungestaltet,
Den
andern bereits von der Kunst bewältigt
Und
zum Bilde eines Gottes,
Etwa
einer Muse oder Charis,
Oder
eines Menschen, aber nicht eines beliebigen,
Sondern
eines von künstlerischer Hand
Sehr
schön gestalteten, geformt,
So
dürfte der von der Kunst zur schönen Gestalt erhobene
Offenbar
schön sein,
Nicht
weil er ein Marmorblock ist –
Sonst
wäre ja auch der andere in ähnlicher Weise schön –
Sondern
von der Idee her,
Welche
die Kunst ihm eingebildet hat.
Diese
Idee nun hatte nicht der Stoff,
Sondern
sie war, und zwar noch ehe sie in den Stein kam,
Im
Geist des Bildhauers,
Und
in ihm nicht, sofern er Augen und Hände hatte,
Sondern
weil er ein Künstler war.
Es
wohnte also in der Kunst diese weit höhere Schönheit;
Doch
ging nicht diese in den Marmorblock ein,
Sondern
indem jene bleibt,
Eine
von ihr ausgehende geringere;
Und
auch diese blieb nicht rein in sich selbst
Und
gehorchte dem Willen des Bildners nur insoweit
Als
der Stein der Kunst nachgab.
Wenn
aber die Kunst das, was sie hat und ist, bildet –
Und
sie bildet das Schöne nach dem Begriff dessen, was sie bildet –
So
ist sie in höherem und richtigerem Maße schön,
Weil
eben im Besitz der Schönheit der Kunst,
Die
jedoch noch größer und herrlicher ist
Als
sie nach außen hin erscheint.
Soweit
sie nämlich in den Stoff eingehend sich ausgedehnt hat,
Um
soviel ist sie schwächer
Als
die in sich selbsteinig verharrende.
Denn
alles sich Ausbreitende gibt etwas von seinem Wesen auf:
Die
Stärke von der Stärke,
Die
Wärme von der Wärme,
Überhaupt
die Kraft von der Kraft,
So
auch die Schönheit von der Schönheit;
Und
jedes schöpferische Prinzip
Muss
an und für sich besser sein als das Geschaffene;
Denn
nicht der Mangel an musikalischer Begabung
Macht
den Musiker,
Sondern
die musikalische Kunst,
Desgleichen
die sichtbare Gestalt
Die
vor der Sinnenwelt liegende.
Verachtet
aber jemand die Künste,
Weil
sie in ihren Schöpfungen die Natur nachahmen,
So
ist zuerst zu sagen,
Dass
auch die Schöpfungen der Natur Nachahmungen sind;
Sodann
muss man wissen,
Dass
sie die Erscheinung nicht schlechtweg nachahmen,
Sondern
aufsteigen zu den Gedanken,
Aus
denen die Natur stammt;
Dann,
dass sie auch aus dem Eigenen vieles hinzutun.
Sie
fügen nämlich als im Besitz der Schönheit
Allem
Mangelhaften etwas hinzu,
Wie
denn auch Phidias den Zeus
Nach
keinem sichtbaren Gegenstände gebildet hat,
Sondern
so wie Zeus aussehen würde,
Wenn
er einmal vor unsern Augen erscheinen wollte.
2
Doch
lassen wir die Künste.
Die
Dinge aber, deren Werke sie nachahmen sollen,
Das
sogenannte Naturschöne wollen wir betrachten:
Die
vernünftigen und vernunftlosen Wesen alle
Und
besonders diejenigen von ihnen,
Welche
der Bildner und Künstler
In
vorzüglichem Grad zu Stande gebracht,
Indem
er die Materie bewältigte
Und
ihr die ideale Gestalt, welche er wollte, gab.
Was
ist nun die Schönheit in diesen?
Woher
stammt, frage ich, die glänzende Schönheit der Helena,
Dieses
viel umstrittenen Weibes,
Oder
anderer Frauen,
Die
an Schönheit der Aphrodite gleichkamen?
Ja,
woher die der Aphrodite selbst
Oder
irgend eines andern schönen Menschen oder Gottes,
Die
wir etwa zu Gesicht bekamen
Oder
auch nicht bekamen,
Deren
Schönheit uns aber in die Augen fallen würde?
Ist
dieses denn nicht überall die Idee,
Welche
von dem Schöpfer auf das Geschöpf übergeht,
Sowie
sie auf dem Gebiet der Künste
Nach
unserer früheren Behauptung
Von
den Künsten übergeht auf das Kunstwerk?
Wie
also? Schön sind die Kunstwerke
Und
der die Materie beherrschende Begriff,
Und
der im Schöpfer,
Nicht
in der Materie wirksame Begriff,
Dieser
erste und stofflose sollte nicht Schönheit sein?
Ja,
wenn die Masse, insofern sie Masse war, schön war,
Dann
müsste der schöpferische Begriff,
Eben
weil er nicht Masse war, nicht schön sein;
Wenn
aber, falls in der gleichviel ob kleinen
Oder
großen Masse derselbe Gedanke waltete,
Dieser
die Seele des Beschauers in gleicher Weise bewegt
Und
stimmt durch seine eigene Kraft,
So
ist die Schönheit nicht der Größe der Masse beizumessen.
Ein
Beweis dafür ist auch dies:
So
lange sie außer uns ist, sehen wir sie nicht,
Sobald
sie inwendig geworden,
Hat
sie uns bereits affiziert.
Sie
geht durch die Augen ein
Nur
als Idee,
Wie
könnte sie das sonst bei einem so winzigen Gegenstande?
Mit
hineingezogen wird aber auch die Größe,
Nicht
groß in der Masse,
Aber
durch die Idee groß geworden.
Die
schöpferische Ursache
Muss
entweder hässlich oder indifferent
Oder
schön sein.
Wäre
sie hässlich, so würde sie nicht das Gegenteil bewirken;
Wäre
sie indifferent, warum sollte sie denn lieber
Das
Schöne als das Hässliche hervorbringen?
Aber
in Wahrheit ist die Natur,
Die
das Schöne so hervorbringt,
Viel
früher schön;
Wir
indessen, die wir nicht gewöhnt sind
Oder
nicht verstehen, in das Innere zu schauen,
Jagen
dem Äußern nach, ohne zu erkennen,
Dass
das Innere die bewegende Ursache ist;
Gerade
wie wenn jemand, der sein eigenes Bild erblickte
Und
nicht wüsste, woher es kommt, diesem nachjagte.
Es
beweist außerdem, dass das Erstrebte ein anderes
Und
die Schönheit nicht in der Größe zu finden ist,
Auch
die Schönheit in den Wissenschaften
Und
Beschäftigungen und überhaupt in den Seelen.
Da
ist es denn in der Tat eine größere Schönheit,
Wenn
du an jemandem die Weisheit schaust
Und
bewunderst, ohne auf sein Antlitz zu blicken;
Mag
dies immerhin hässlich sein,
Lass
du nur die ganze äußere Erscheinung bei Seite
Und
suche die innere Schöne an dem Menschen.
Fühlst
du dich aber noch nicht bewogen,
Einen
solchen Weisen schön zu nennen,
Dann
hast du dich auch noch nicht beim Blick in das Innere
An
deiner eigenen Schöne erfreut.
So
würdest du dann freilich in solchem Zustand
Jene
vergebens suchen,
Denn
du wirst sie suchen mit hässlichem
Und
nicht mit reinem Sinn.
Darum
gehen auch die Reden über dergleichen Dinge nicht alle an;
Hast
aber auch da dich schon als schön erblickt, so denke daran.
3
Es
gibt also auch in der Natur
Einen
Begriff der Schönheit,
Das
Urbild der in sichtbarer Gestalt erscheinenden;
Aber
schöner als der in der Natur
Ist
der in der Seele,
Von
dem auch der in der Natur stammt.
Am
hellsten strahlt natürlich der in einer reinen Seele,
Welcher
sich auch bereits in Schönheit manifestiert.
Denn
nachdem er die Seele geschmückt hat
Und
ihr Licht gebracht vom Lichte
Der
größeren ursprünglichen Schönheit,
Veranlagt
er selbst, in der Seele verbleibend,
Nachzudenken
über das Wesen
Des
voraufliegenden Gedankens,
Welcher
sich nicht mehr einem andern mitteilt,
Sondern
in sich selber verharrt.
Deshalb
ist er auch nicht einmal Gedanke,
Sondern
Schöpfer des ersten Gedankens,
Indem
die Schönheit in der seelischen Materie wohnt.
Und
dies ist die Vernunft, die ewige,
Zeitlich
unveränderliche Vernunft,
Da
sie nicht von außen her zu sich selbst gekommen ist.
Unter
welchem Bilde nun konnte man diese begreifen?
Denn
ein jedes wird von einem geringeren hergenommen werden.
Aber
freilich muss man das Bild des Geistes
Vom
Geist hernehmen
Und
nicht von einem Bilde,
Ähnlich
wie man zur Bezeichnung des Goldes überhaupt
Dies
oder jenes Gold nimmt.
Dabei
muss man, falls das genommene nicht rein ist,
Es
reinigen, faktisch oder begrifflich,
Und
zeigen, dass nicht alles dies Gold ist,
Sondern
nur dieses bestimmte hier innerhalb der Masse.
Das
gleiche gilt auch bei dem Bild
Des
reinen Geistes in uns
Oder
wenn man will bei den Göttern,
Nach
der Beschaffenheit des in ihnen wohnenden Geistes.
Denn
ehrwürdig sind die Götter alle und schön
Und
ihre Schönheit ist unendlich.
Aber
was ist es, wodurch sie so schön sind?
Nur
die Vernunft
Oder
vielmehr die in ihnen sich zur Erscheinung auswirkende Vernunft.
Nicht
also weil sie schöne Körper haben, sind sie schön –
Denn
schöne Körper machen das Wesen der Gottheit nicht aus –
Sondern
gemäss der Vernunft
Sind
sie eben Götter.
Demnach
sind sie nicht heute weise, morgen töricht,
Sondern
stets weise
In
ihrer ruhigen, beständigen, reinen Vernunft
Und
erkennen nicht eigentlich das menschliche Wesen,
Sondern
ihr eigenes Wesen
Und
alles, was die Vernunft sieht.
Von
den Göttern aber schauen die Himmelsbewohner
(Denn
sie haben Muße) beständig
Und
wie von fern die Dinge in jenem Himmelsraum
Durch
Emporheben ihres Hauptes;
Und
alle die Bewohner dort,
So
viele ihrer auf ihm und in ihm ihren Wohnsitz haben,
Weilen
überall in jenem Himmelsraum.
Denn
alles ist dort Himmel
Und
die Erde ist Himmel und das Meer
Und
die Tiere und Pflanzen und Menschen:
Alles
himmlisch in jenem Himmel.
Und
die himmlischen Götter
Verschmähen
die Menschen nicht,
Noch
irgend etwas der dortigen Dinge,
Weil
sie von dort sind,
Sondern
den ganzen Umkreis und Raum
Durchdringen
sie in erhabener Ruhe.
4
Auch
das „leichte Leben“ ist dort anzutreffen
Und
die Wahrheit ist ihnen Mutter
Und
Amme und Sein und Nahrung,
Und
sie sehen alles,
Nicht
als die werdenden ,
Sondern
als die seienden,
Und
sehen sich in andern;
Denn
alles ist klar und durchsichtig,
Nichts
dunkel oder widerstrebend,
Sondern
jeder ist jedem offenbar nach innen
Und
durch alles hindurch,
Denn
Licht zu Licht heißt es dort.
Es
hat auch jeder jedes in sich selbst
Und
wiederum sieht er in dem andern alles,
So
dass überall alles und alles
Alles
ist und jedes alles
Und
unermesslich der Glanz;
Denn
jedes an ihnen ist groß,
So
auch das Kleine groß
Und
die Sonne dort die Gesamtheit der Gestirne
Und
jedes Gestirn wieder Sonne und alles.
An
einem jedem ragt ein anderes hervor,
Es
zeigt aber zugleich alles.
Hier
ist auch reine Bewegung,
Denn
sie stört auf ihrem Gang
Nicht
eine andere von ihr verschiedene Bewegung,
Auch
die Ruhe wird nicht erschüttert,
Weil
sie nicht getrübt wird durch Unbeständigkeit;
Und
das Schöne ist schlechthin schön,
Weil
es nicht nur im Schönen ist.
Ein
jeder schreitet nicht wie auf fremdem Boden,
Sondern
eines jeden Stätte ist er selbst, was er ist,
Und
da sein Lauf sich nach oben richtet,
Geht
sein Ausgangspunkt mit,
Und
nicht ist er selbst ein anderes
Noch
der Raum ein anderes.
Denn
auch das Substrat ist Vernunft
Und
er selbst ist Vernunft,
Etwa
wie man auch diesen sichtbaren
Lichtartigen
Himmel ansehen könnte
Als
Erzeuger dieses aus ihm kommenden Lichtes.
Hier
nun in der Sinnenwelt
Geht
wohl ein anderer Teil aus dem andern Teil hervor
Und
jeder Teil bleibt allein für sich;
Dort
aber geht aus dem Ganzen immer jeder Teil hervor
Und
doch ist immer zugleich der Teil und das Ganze.
Zwar
erscheint er als Teil,
Aber
das scharfe Auge erblickt ihn als Ganzes,
Ein
Auge, wie es Lynkeus gehabt haben muss,
Der
nach der Sage ins Innere der Erde sehen konnte.
Für
das Schauen dort oben gibt es keine Ermüdung,
Keine
Sättigung und kein Aufhören;
Denn
es war ja kein Mangel vorhanden,
Nach
dessen endlicher Erfüllung man Genüge hätte,
Noch
auch Mannigfaltigkeit oder Verschiedenheit,
Dass
etwa dem einen nicht gefallen könnte
Was
dem andern gefällt:
Unermüdlich,
unerschöpft ist alles.
Doch
gibt es Unerfülltes in dem Sinne,
Dass
die Erfüllung nicht zur Verachtung des Erfüllenden führt;
Denn
im Anschauen vergrößert sich das Schauen,
Und
wer sich selbst
Und
das Gesehene als unendlich schaut,
Folgt
damit nur seiner eigenen Natur.
Ferner
bringt das Leben, wenn es rein ist,
Niemandem
Ermüdung;
Und
wer das beste Leben lebt,
Was
sollte den ermüden?
Das
Leben aber ist Weisheit,
Eine
Weisheit, die durch Nachdenken
Keinen
Zuwachs erhält,
Weil
sie immer vollständig war,
Auch
keinen Mangel erleidet,
Dass
es der Forschung bedürfte,
Sondern
es ist die erste und ursprüngliche,
Von
keiner andern abgeleitete,
Ja,
das Sein selbst ist die Weisheit.
Darum
ist keine größer
Und
die Wissenschaft als solche
Thront
dort neben der reinen Vernunft
In
der Weise, dass sie mit einander in die Erscheinung treten,
Wie
man in einem Gleichnis etwa
Die
Dike zum Dis gesellt.
Denn
alle dergleichen Dinge sind dort
Wie
durch sich selbst
Und
in sich selbst sichtbare Bilder,
So
dass der Anblick ein Genuss
Überglücklicher
Beschauer ist.
Der
Weisheit Größe nun und Macht
Möchte
jemand schauen,
Weil
sie alles Seiende in sich befasst
Und
geschaffen hat
Und
alles ihr folgt
Und
sie selbst alles Seiende ist
Und
alles mit sich verbunden hält
Und
mit ihm eins geworden ist:
Kurz,
das Sein da droben ist die Weisheit.
Aber
wir sind zu jenem Verständnis
Noch
nicht hindurchgedrungen,
Weil
wir die Wissenschaften
Für
Erzeugnisse der Spekulation
Und
für ein Konglomerat
Aus
wissenschaftlichen Prämissen halten,
Und
das trifft doch nicht einmal
Für
die irdischen Wissenschaften zu.
Sollte
jedoch hierüber jemand in Zweifel sein,
So
wollen wir diese vor der Hand lassen;
Was
aber jene Wissenschaft betrifft,
Bei
deren Anblick auch Platon sagte:
Sie
ist nicht eine andere in einem andern –
(Aber
wieso, das ließ er uns offen zu suchen
Und
zu finden, wenn anders wir uns solcher Rede würdig achten) –
Damit
also machen wir vielleicht besser den Anfang.
5
Also
alle Produkte der Kunst wie der Natur
Bringt
eine Weisheit hervor
Und
die Werkmeisterin der schaffenden Tätigkeit
Ist
überall die Weisheit.
Und
wenn in der Tat jemand unmittelbar
Nach
der Weisheit schafft,
So
mögen ja die Künste dieser Art sein.
Aber
der Künstler wendet sich doch wiederum
Zur
Weisheit der Natur,
Nach
der er Künstler geworden,
Zu
einer Weisheit,
Die
nicht aus Theorien zusammengesetzt,
Sondern
ganz in sich eins ist,
Nicht
aus vielen Stücken zu einer Einheit zusammengefasst,
Vielmehr
aus der Einheit zu einer Vielheit aufgelöst ist.
Setzt
jemand diese als die erste,
So
mag es genügen,
Denn
wie sie aus keinem andern stammt,
So
ist sie auch nicht in einem andern.
Wenn
sie aber Vernunft in der Natur anerkennen
Und
als die Quelle dieser die Natur nennen,
So
werden wir fragen: woher hat sie dieselbe?
Sagen
sie: von einem andern,
Was
ist jenes andere?
Sagen
sie: aus sich selbst,
So
werden wir dabei stehen bleiben.
Kommen
sie aber auf die Vernunft,
So
ist hier zu betrachten,
Ob
die Vernunft die Weisheit erzeugt hat;
Und
wenn sie es zugeben, woher?
Wenn
aber aus sich selbst,
So
muss sie notwendig selbst Weisheit sein.
Die
wahre Weisheit ist also Sein
Und
das wahre Sein Weisheit,
Und
der Werth kommt dem Sein von der Weisheit
Und
weil es von der Weisheit herrührt,
Ist
es wahres Sein.
Deshalb
sind alle Wesenheiten,
Welche
die Weisheit nicht in sich tragen,
Zwar
Wesenheiten,
Weil
um einer gewissen Weisheit willen entstanden;
Aber
weil sie die Weisheit nicht in sich enthalten,
Sind
sie nicht wahre Wesenheiten.
Es
ist also nicht anzunehmen,
Dass
die Götter oder andere überglückliche Wesen da droben
Wissenschaftliche
Grundsätze schauen,
Sondern
alles, was man dort nennt,
Sind
schöne, ideale Bilder,
Wie
sie sich etwa jemand vorstellt
In
der Seele eines weisen Mannes,
Aber
nicht aufgezeichnete Bilder
Sondern
seiende.
Daher
nannten auch die Alten die Ideen
Seiendes
und Wesenheiten.
6
Es
gebrauchten auch, scheint mir, die ägyptischen Weisen,
Sei
es durch die sorgfältigste Erwägung,
Sei
es durch einen gewissen Instinkt darauf geführt,
Zur
Mitteilung ihrer Weisheit
Nicht
Schriftzeichen als Vermittler von Worten und Lehrsätzen,
Sondern
sie machten Bilder
Und
jeden einzelnen Gegenstand
Fassten
sie in die Umrisse eines Bildes
Und
zeigten dann in den Tempeln
Bei
Entzifferung desselben,
Dass
ein jedes eine gewisse Wissenschaft und Weisheit sei
Und
zwar in seiner zu Grunde liegenden Totalität,
Nicht
aber das Resultat eines Nachdenkens
Oder
einer Überlegung.
Erkannte
später jemand das aus jener Totalität des Wesens
Hervorgegangene
Bild,
Wie
es sich bereits in einem andern
Aus
sich gleichsam herausgewickelt hat
Und
sich selbst in der Entwickelung kundgibt
Und
die Gründe, weshalb so, herausfindet,
Dann
gestand er die Weisheit zu bewundern,
Wie
sie, ohne die Gründe ihres Seins zu fassen,
Doch
dem nach ihr Geschaffenen eine solche Existenz verleiht.
Dass
also dies Schöne,
Das
infolge einer Untersuchung kaum
Oder
überhaupt nicht zur Erscheinung kommt,
Sich
so, wenn es jemand ausfindig macht,
Vor
der Untersuchung und Überlegung verhalten
Und
vorhanden sein muss,
Wie
etwa – denn ergreifen wir an Einem großen Ganzen
Was
ich meine, das wird dann auch auf alles Einzelne passen.
7
Was
also dieses Weltall betrifft,
Das
doch, wie wir zugeben,
Von
einem andern
Und
zwar in dieser Gestalt erschaffen ist,
Sollen
wir da etwa annehmen,
Der
Schöpfer habe bei sich überlegt,
Dass
die Erde und zwar solcher Gestalt
In
der Mitte dastehen müsse,
Dann
das Wasser sowohl das auf der Erde
Als
das übrige der Reihe nach bis zum Himmel,
Dann
alle lebenden Wesen
Und
zwar jedes in der Gestalt
Soviel
davon jetzt vorhanden,
Dazu
mit diesen inneren und äußeren Organen,
Dass
er dann eines jeden Ordnung bei sich festgestellt
Und
so Hand ans Werk gelegt habe?
Aber
ein solches Überlegen war doch weder möglich,
Denn
woher sollte sie dem kommen,
Welcher
dergleichen niemals gesehen hat?
Noch
konnte er nach einem andern Muster arbeiten,
Wie
jetzt die Werkmeister arbeiten
Mit
Gebrauch von Händen und Füssen,
Denn
später entstanden auch erst Hände und Füße.
Bleibt
also nichts übrig,
Als
dass zwar alles in einem andern ist,
Dass
aber, da ein Zwischengebiet zwischen dem Sein
Und
dem Geschaffenen sich nicht findet,
Gleichsam
plötzlich ein Abbild und Symbol
Jenes
in die Erscheinung trat,
Sei's
aus sich selbst heraus,
Sei's
unter Mitwirkung der Seele
(Denn
auf diesen Unterschied kommt gegenwärtig nichts an)
Oder
einer gewissen seelischen Kraft.
Gewiss
also war von dorther dies alles zusammen
Und
existierte dort in schönerer Weise;
Denn
die Dinge hier und nicht jene sind gemischt.
Doch
werden sie gewiss von Anfang bis zu Ende
Durch
Formen gebunden:
Zuerst
die Materie durch elementare Formen,
Dann
schließen sich wieder andere Formen an die Formen,
Daher
es auch schwer ist, die Materie zu entdecken,
Die
unter vielen Formen sich verbirgt.
Da
jedoch auch sie gewissermaßen eine letzte Form ist,
So
ist dies All ganz Form und alles Formen;
Denn
auch das Urbild war Form;
Es
schuf aber dieses geräuschlos,
Weil
alles Schaffende Sein und Form ist.
Deshalb
geht die Schöpfung auch so mühelos vor sich;
Auch
erstreckte sie sich auf alles, da sie ja alles ist.
Nicht
also gab es ein Widerstrebendes
Und
auch jetzt gewinnt sie die Herrschaft
Gleichwohl
über die einander widerstrebenden Dinge;
Aber
für sie gibt es auch jetzt noch keinen Widerstand,
Da
sie ja alles ist und bleibt.
Und
ich glaube, wenn wir die Urbilder
Und
das Sein und die Form zugleich wären
Und
die gestaltende Kraft uns
Als
unser Wesen eignete,
Dann
würde auch unser Schaffen ohne Mühe den Sieg gewinnen;
Aber
der Mensch, wie er nun einmal ist,
Schafft
eine von seinem Wesen verschiedene Form.
Denn
der Mensch, wie er jetzt geworden,
Hat
aufgehört, das All zu sein;
Aber
wenn er aufgehört hat, Mensch zu sein, sagt Platon,
Dann
schwingt er sich auf und regiert die ganze Welt;
Denn
eins geworden mit dem Ganzen schafft er das Ganze.
Jedoch,
wovon die Rede war,
Du
kannst einen Grund angeben,
Warum
die Erde sich in der Mitte befindet und rund ist
Und
warum gerade hier die Ekliptik;
Dort
aber wurde nicht, weil es so sein musste,
Ein
solcher Beschluss gefasst,
Sondern
weil's so ist, wie es ist, darum ist es so auch schön.
Da
war gleichsam vor dem Syllogismus der Schlusssatz,
Der
sich nicht erst aus den Prämissen ergab;
Denn
nicht aus Folgerung und Untersuchung
Ergeben
sich die Dinge,
Sondern
vor aller Folgerung und Untersuchung;
Denn
alles dieses: Schluss, Beweis, Bestätigung
Sind
abgeleitete Dinge.
Und
da es auch Prinzip ist,
So
ergibt sich daraus alles
Und
zwar auf diese Weise;
Auch
heißt es sehr richtig,
Man
solle nicht die Ursachen der Ursache suchen,
Zumal
einer solchen zweckbestimmten,
Welche
identisch ist mit dem Zweck;
Dasjenige
aber, welches Ursache und Zweck ist,
Das
ist alles in allem,
Mangellos
und ohne Aufhören.
8
Es
ist also die Urschönheit,
Und
zwar ist sie ein Ganzes und überall ganz,
Damit
auch nicht an einem einzigen Teil
Die
Schönheit mit einem Mangel behaftet sei.
Wer
also wird sie nicht schön nennen?
Denn
das ist sie doch sicherlich nicht,
Was
sie nicht ganz ist,
Sondern
nur einen Teil davon
Oder
auch diesen nicht einmal hat.
Oder
wenn jene nicht schön ist, was denn sonst?
Denn
das vor ihr Liegende will nicht einmal schön sein.
Was
aber zuerst und ursprünglich
In
die Erscheinung tritt,
Dadurch
dass es Form und Anschauung
Der
reinen Vernunft ist,
Ist
eben dadurch auch wundervoll anzusehen.
Daher
auch Platon, um dies zu bezeichnen,
Seinen
Weltschöpfer auf etwas
Unserer
Anschauung näher liegendes blicken
Und
mit Rücksicht hierauf sein Werk gutheißen lässt,
Indem
er zeigen will, wie wundervoll
Die
Schönheit des Urbildes und der Idee sei.
Denn
bei jedem Gegenstand unserer Bewunderung,
Der
nach einem andern gemacht worden,
Geht
die Bewunderung auf dasjenige zurück,
Wonach
er gemacht worden ist.
Wenn
uns dieses selbst nicht zum Bewusstsein kommt,
So
ist das kein Wunder.
Wissen
ja auch die Liebenden,
Die
Bewunderer irdischer Schönheit, nicht,
Dass
es um jenes willen geschieht,
Und
doch geschieht es deshalb.
Dass
Platon aber jenes „er bewunderte“
Auf
das Urbild bezogen wissen will,
Zeigt
Platon deutlich,
Indem
er geflissentlich im Verlauf der Rede hinzufügt:
Er
bewunderte sein Werk
Und
wollte es dem Urbild noch ähnlicher machen.
So
deutet er die Schönheit des Urbildes an
Dadurch,
dass er das aus jenem entsprungene Schöne selbst
Als
ein Abbild jenes Urbildes bezeichnet.
Was
wäre auch sonst, wäre jenes nicht die Überschönheit
In
ihrer unbegreiflichen Schönheit,
Schöner
als diese sichtbare Schöne?
Daher
haben die Tadler dieser sichtbaren Schönheit kein Recht,
Oder
nur insofern als diese nicht jenes Ideal erreicht.
9
Lasst
uns also diese Welt,
In
der jeder Teil bleibt, was er ist, ohne Konfusion,
In
unsern Gedanken als ein Ganzes auffassen,
Soweit
möglich, in der Weise, dass im bunten Wechsel der Erscheinungen,
Die
von außen wie von dem Rand einer Kugel umschlossen werden,
Dem
Bild der Sonne und aller Sterne zumal
Der
Anblick der Erde und des Meeres
Und
aller lebenden Wesen folgt,
Gleichsam
wie auf einer überall sichtbaren Kugelfläche,
Und
es wird in der Tat uns alles zu Gesicht kommen.
Nehmen
wir in der Seele die hellleuchtende Gestalt einer Kugel an,
Die
alles in sich befasst, bewegt oder ruhend,
Oder
zum Teil ruhend, zum Teil bewegt.
Indem
du dieses festhältst,
Nimm
ein anderes Bild,
Von
dem du alles Stoffliche abgestreift hast, in dich auf;
Nimm
auch alles Räumliche
Und
jede Vorstellung von Materie weg
Und
versuche nicht eine andere nur der Masse nach kleinere Gestalt zu
fassen,
Sondern
rufe Gott,
Der
die Vorstellung, die du hast, geschaffen hat, an
Und
bitte ihn zu kommen.
Er
wird kommen in seiner Pracht mit allen Göttern,
Die
in ihm sind,
Als
ein einiger und alle befassend,
Wie
auch jeder einzelne alle in sich befasst
Zu
einer Einheit;
Verschieden
nur sind sie in ihren Kräften
Und
doch wieder alle eins in jener einen großen Kraft,
Oder
vielmehr der Eine ist sie alle zusammengenommen.
Denn
er selbst erfährt keine Verminderung,
Wenn
alle jene erzeugt werden;
Zusammen
sind sie alle und doch wieder jeder für sich
Auf
einem räumlich nicht getrennten Standpunkt,
Ohne
jegliche sichtbare Gestalt,
Denn
sonst würde der eine hier der andre dort sein
Und
jeder nicht ganz in sich selbst;
Auch
hat er nicht andere Teile für andre oder sich selbst,
Noch
ist jedes Ganze dort eine geteilte Macht
Und
etwa nur von solchem Umfang,
Als
sie abgemessene Teile hat.
Es
ist Macht schlechthin, ins Unendliche sich erstreckend,
Mit
seinen Wirkungen,
Und
insofern ist jener groß,
Als
auch seine Teile unendlich sind.
Und
wo wäre irgend etwas zu nennen,
Wo
jener nicht schon zuvor wäre?
Groß
also ist auch dieser sichtbare Himmel
Und
alle Kräfte an ihm insgesamt,
Aber
größer wäre er
Und
gar nicht zu sagen wie groß,
Wenn
nicht an ihm ein geringes Maß von Körperlichkeit haftete.
Gleichwohl
möchte jemand groß auch die Kräfte des Feuers
Und
anderer körperlichen Dinge nennen,
Aber
darin verrät sich schon die mangelhafte Kenntnis
Der
wirklichen Kraft,
Wenn
wir den äußeren Vorgang betrachtend sagen:
Sie
brennen und zerstören und reiben und wirken mit
Bei
Entstehung der lebenden Wesen.
Aber
diese Dinge hier zerstören,
Weil
sie auch zerstört werden,
Und
erzeugen, weil sie selbst entstehen;
Die
Kraft dort aber hat ausschließlich das Sein und das Schönsein.
Denn
wo wäre das Schöne des Seins beraubt zu finden?
Denn
wo das Schöne aufhört, da hört auch das Sein auf.
Darum
ist auch das Sein begehrenswert,
Weil
es dasselbe ist wie das Schöne,
Und
das Schöne liebenswert, weil es das Sein ist.
Was
nutzt es aber zu untersuchen,
Welches
des andern Ursache sei,
Da
die Natur nur Eine ist?
Denn
dieses Pseudo-Sein hier
Bedarf
eines von außen herzugebrachten schönen Scheinbildes,
Damit
es auch schön scheine und überhaupt nur sei,
Und
insoweit nur ist es, als es Teil hat an der Schönheit der Idee,
Und
je mehr es Teil genommen, desto vollendeter ist es,
Denn
nur der Idee eignet in höherem Grade
Die
Schönheit an sich.
10
Deshalb
bricht auch Zeus,
Der
ja der älteste ist von den Göttern,
Die
er selbst anführt,
Zuerst
auf zum Anschauen der intelligenten Welt,
Sie
aber folgen,
Die
andern Götter und Geister und Seelen,
Welche
diese Dinge zu sehen vermögen.
Sie
aber erscheint ihnen von einem unsichtbaren Ort her
Und
hoch über ihnen aufgehend leuchtet sie herab auf alles
Und
erfüllt es mit ihrem Glänzen
Und
scheucht die niederen Seelen auf,
Und
diese wenden sich, nicht im Stande zu schauen,
Wie
man nicht in die Sonne sehen kann;
Die
einen werden von ihr empor gehalten und schauen,
Die
andern geraten in Verwirrung,
Je
weiter sie von ihr entfernt werden.
Indem
aber die, welche es können, schauen,
Blicken
sie alle auf dieselbe und auf ihren Reichtum,
Nicht
aber gewinnt ein jeder dieselbe Anschauung,
Sondern
der eine sieht unverwandten Auges
Die
Quelle und Wesenheit des Gerechten hervorleuchten,
Der
andere wird mit der Anschauung
Des
besonnenen Maßhaltens erfüllt,
Doch
nicht in der Weise, wie die Menschen sie in sich haben,
Wenn
sie überhaupt sie haben.
Denn
diese hier ist in gewissem Sinne
Eine
Nachahmung jener,
Die
dort aber,
Unter
allen den ganzen Umkreis derselben sozusagen beschreibend,
Wird
schließlich vollkommen von denen gesehen,
Welche
schon vieler deutlichen Anschauungen
Teilhaftig
geworden sind.
Es
schauen also die Götter
Ein
jeder einzeln und jeder zugleich
Und
auch die Seelen, die alles dort schauen,
Und
aus dem All entstanden sind,
So
dass sie selbst alles von Anfang bis zu Ende umschließen,
Und
sie sind wahrhaft dort
Soweit
es zu ihrer Natur geworden ist dort zu sein,
Oft
sind sie auch ganz und gar da,
Wenn
sie sich nämlich gar nicht losgesagt haben.
Indem
dieses also Zeus schaut
Und
wer unter uns von gleicher Liebe getrieben wird,
Ist
er das in allen Dingen zur vollendeten Erscheinung kommende
Schöne
in seiner Ganzheit
Und
hat Teil an der dortigen Schönheit;
Denn
alles glänzt von dort hervor
Und
erfüllt die dort Angekommenen,
Dass
sie selbst schön werden,
Wie
es wohl geschieht, dass Menschen,
Die
hoch hinaufsteigen in Regionen,
Wo
die Erde gelbe Farbe hat,
Die
Farbe des Elements annehmen,
In
dem sie sich bewegen.
Farbe
aber ist dort die gleich einer Blüte
Sich
ansetzende Schönheit,
Oder
vielmehr alles ist dort Farbe
Und
Schönheit lief von innen heraus,
Denn
die Schönheit ist nicht anderes
Als
von außen sich ansetzendes.
Aber
denen, die nicht das Ganze sehen,
Erscheint
nur die Oberfläche als etwas schönes,
Die
aber, welche ganz und gar gleichsam berauscht
Und
von Nektar trunken sind,
Denn
die Schönheit durchdringt ja die ganze Seele,
Gehen
nicht als bloße Zuschauer davon.
Denn
nicht ist der Schauende außerhalb,
Noch
auch das Geschaute außerhalb,
Sondern
der Scharfsichtige hat das Geschaute in sich,
Und
wenn er es hat, weiß er es meistenteils nicht
Und
schaut es wie ein Äußeres,
Weil
er es wie ein Angeschautes ansieht und ansehen will.
Denn
alles, was jemand als ein sichtbares schaut,
Sieht
er von außen.
Aber
man muss es in sich selbst übertragen
Und
anschauen wie Ein Ganzes
Und
anschauen wie sich selbst,
Gleichsam
wie jemand, der hingerissen von einer Gottheit,
Dem
Phöbus oder einer Muse,
In
sich selbst die Anschauung der Gottheit bewirkt,
Wenn
er die Kraft hat, die Gottheit in sich selbst zu sehen.
11
Bringt
aber jemand von uns,
Unvermögend
sich selbst zu schauen,
Von
jener Gottheit zum Schauen ergriffen,
Es
zu einer Anschauung,
Dann
bringt er sich selbst zur Anschauung
Und
schaut ein schöneres Bild seiner selbst.
Lässt
er jedoch jenes Bild, obwohl es schön ist,
Und
geht er ganz in sich selbst zurück,
Ohne
mehr eine Trennung wahrzunehmen,
Dann
ist alles zugleich eins mit jener Gottheit,
Die
in aller Stille herbeigekommen,
Und
er ist mit ihr eins, soweit er kann und will.
Wendet
er sich aber wieder zur Zweiheit,
Dann
ist er, falls er rein bleibt,
In
seiner nächsten Nahe,
So
dass er auf die obige Weise
Sich
wieder mit ihr vereinigen kann,
Wenn
er sich wieder zu ihr wendet.
Bei
der Hinwendung hat er diesen Gewinn:
Anfangs
wird er seiner selbst inne
So
lange er ein anderer ist;
Eindringend
aber in das Innere hat er das Ganze,
Und
den Blick nach rückwärts aufgebend
Aus
Furcht vor der Entzweiung, ist er immer dort,
Und
wenn er begehrt etwas als ein anderes zu schauen,
Stellt
er sich aus sich selbst heraus.
Es
muss aber, wer dies lernen will,
Dasselbe
in stets anhaltender Forschung
Wie
in einem Abriss genau erforschen,
Und
nachdem er gelernt hat, worin er sich versenkt,
Und
sich überzeugt hat,
Dass
er sich in einen preisungswürdigen Gegenstand versenkt,
Muss
er sich nunmehr ganz in das Innere versenken
Und
statt zu schauen die Anschauung eines andern werden,
Strahlend,
wie er von dort kommt
In
reinen Gedanken.
Wie
mag indessen jemand in der Schönheit sein
Ohne
sie zu sehen?
Nun,
so lange er sie sieht als ein anderes,
Ist
er noch nicht in der Schönheit,
Ist
er sie aber geworden,
Dann
ist er gerade so am meisten in der Schönheit.
Geht
nun die Schönheit auf ein Äußeres,
So
darf das Schauen kein anderes sein,
Als
das, welches mit dem geschauten Gegenstand eins ist;
Dies
ist aber gleichsam ein Innewerden
Und
Empfinden seiner selbst,
Verbunden
mit der Scheu,
Dass
man in dem Bestreben, mehr zu schauen,
Von
sich selbst abfalle.
Man
muss aber auch jenes beachten,
Dass
die Empfindungen des Übels
Größere
Eindrücke hinterlassen,
Aber
geringere Erkenntnisse,
Die
da durch den Eindruck gleichsam herausgeschlagen werden.
Denn
die Krankheit gibt mehr einen schlagartigen Eindruck,
Die
Gesundheit aber, welche ruhig bei uns weilt,
Ein
stilles Verstehen ihrer selbst,
Denn
sie wohnt bei uns als unsere Hausgenossin
Und
wird mit uns eins;
Jene
aber ist etwas fremdes und nicht heimisches,
Und
dadurch ganz wahrnehmbar,
Dass
sie uns immer etwas anderes zu sein scheint;
Das
uns eigentümliche jedoch sind wir selbst,
Wir
werden es nicht gewahr.
Sind
wir aber wie oben angegeben beschaffen,
Dann
sind wir von allen am meisten uns unserer selbst bewusst,
Indem
wir das Wissen von uns
Und
uns selbst zu einer Einheit gebracht haben.
Dort
oben indessen, wenn wir am meisten
Nach
der Vernunft und begrifflich erkennen,
Glauben
wir nicht zu wissen,
Indem
wir auf den Eindruck eines inneren Sinnes gewiesen sind,
Welcher
meint, nicht gesehen zu haben;
Denn
der hat nicht gesehen
Und
dürfte auch dergleichen niemals sehen.
Das
Misstrauen also hegt die sinnliche Empfindung,
Der
andere aber, der Geist ist der Schauende;
Oder
falls auch jener misstrauen sollte,
Dann
dürfte er auch nicht an seine eigene Existenz glauben,
Denn
allerdings kann er,
Auch
aus sich selbst herausgestellt
Wie
ein sichtbarer Gegenstand,
Mit
leiblichem Auge sich nicht sehen.
12
Doch
es ist gesagt, wie jemand als ein anderer
Und
wie als er selbst dieses tun kann.
Wenn
er nun also geschaut hat,
Sei
es als ein anderer, sei es als er selbst,
Was
vermeldet er?
Nun,
dass er eine Gottheit gesehen habe,
Die
mit einem schönen Sohn kreiste
Und
in sich alles erzeugt hat
Und
zwar ohne die Wehen der Geburt;
Denn
froh über ihre Sprösslinge
Und
voll Bewunderung für ihre Kinder
Trägt
sie alles in sich
Und
freut sich über ihren eigenen
Und
über ihrer Kinder Schönheitsglanz;
Er
aber, während schön sind und schöner, die in ihm verharren,
Trat
allein von den andern als Sohn nach außen hervor.
An
ihm als dem letzten Kind
Ist
auch wie in einem Spiegelbild zu sehen,
Wie
groß der Vater
Und
die bei dem Vater verbleibenden Brüder sind.
Er
aber behauptet nicht umsonst, vom Vater gegangen zu sein,
Denn
nunmehr gibt es eine andere Welt,
Die
schön geworden als ein Abbild des Schönen,
Auch
ist es wider alles Recht,
Dass
das Bild des Schönen und des Seins nicht schön sei.
So
ahmt er also das Urbild in allen Stücken nach.
Denn
auch das Leben hat er
Und
das Sein als Nachahmung,
Desgleichen
die Schönheit als von dort stammend;
Er
hat auch die ewige Dauer als Abbild,
Oder
soll er das Bild bald haben, bald nicht,
Da
doch das Bild nicht durch die Kunst hervorgebracht wird?
Durchaus
aber ist es von Natur ein Bild,
Soweit
als nämlich das Urbild bleibt.
Daher
haben diejenigen Unrecht,
Welche
die sichtbare Welt,
Während
die unsichtbare bleibe,
Für
vergänglich halten
Und
ihre Erzeugung ansehen
Als
aus einem Rathschluss des Schöpfers hervorgegangen.
Denn
die Art einer solchen Schöpfung
Wollen
sie nicht verstehen, noch wissen sie,
Dass
soweit jene leuchtet
Auch
die andere niemals aufhört,
Sondern
dass diese denselben Ursprung hat wie jene;
Denn
sie war und wird ewig sein.
Inzwischen
müssen wir diese Bezeichnungen notwendig anwenden,
Wenn
wir uns verständlich machen wollen.
13
Der
Gott also, der gebunden ist,
Immer
derselbe zu bleiben
Und
der seinem Sohne die Herrschaft über dieses All abgetreten –
Denn
es ziemte sich für ihn,
Der
jene Herrschaft abgegeben,
Nicht
eine jüngere als er selbst und eine spätere zu erstreben,
Da
er mit der Schönheit gesättigt ist –
Nachdem
er also dies aufgegeben,
Ordnete
er seinen eigenen Vater sich selbst über
Und
dehnte sich bis zu ihm hin nach oben aus;
Dann
ordnete er wieder das,
Was
von dem Sohn her bereits begonnen
Zu
einem Anderssein überzugehen,
Um
nach ihm zu existieren.
So
ist er zwischen beide getreten,
Einmal
dadurch, dass er sich durch sein Anderssein
Von
dem Oben losgerissen hat,
Dann
dadurch, dass er sich fernhält von der Fessel,
Die
ihn herabzieht zu dem, was nach ihm ist:
Er
steht zwischen einem besseren Vater
Und
einem geringeren Sohne.
Aber
da sein Vater größer ist,
Als
dass man ihn schön nennen könnte,
So
blieb er selbst ursprünglich schön,
Obwohl
schön auch die Seele ist;
Aber
er ist schöner auch als diese,
Weil
sie eine Spur seiner selbst ist,
Und
dadurch eben ist sie zwar schön ihrer Natur nach,
Noch
schöner aber, wenn sie dorthin blickt.
Wenn
nun die Weltseele,
Um
ein bekannteres Wort zu brauchen,
Wenn
nun die Aphrodite selbst schön ist,
Wer
ist jener?