Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DER SCHRECKLICHGEWALTIGE HELD HERAKLES


Ein Gedicht für Knaben

Von Josef Maria Mayer



ERSTES KAPITEL
DIE GEBURT DES HERAKLES


Das war im alten Griechenland,
Da war ein Staat namens Theben.
Und der Hochkönig von Theben
War Amphitryon,
Der hatte sich eine Frau genommen,
Die hieß Alkmene,
Die war schön und weise.

Aber die Frau wollte
Nicht mit ihrem Mann schlafen
(Wie das so Eheleute tun),
Bevor er nicht ihre Brüder gerächt hätte,
Die waren nämlich in einem Krieg ermordet worden.
Also ging Amphitryon los,
Die acht Brüder zu rächen.

Nun gab es im Himmel viele Götter
Und der König der Götter war Zeus,
Der war scharf auf die heiße Alkmene!

Da verkleidete sich Zeus
Und nahm die Gestalt von Amphitryon an.
Er sah ganz aus wie ein Mensch,
Wie der Hochkönig von Theben.

Der Mann war ja nicht zuhause,
Die Frau saß zuhause und langweilte sich.
Da kam der Gott ihr eben recht!
Sie dachte, es wäre ihr Mann.
Und der falsche Amphitryon sagte:
Weib! Ich habe alle deine acht Brüder gerächt!

Oh danke, schnurrte sie wie eine Katze,
Nun schlaf mit mir!
Aber der Gott Zeus wollte
Einen ganz schrecklich gewaltigen Helden
Von Alkmene zur Welt bringen lassen.

Darum befahl er dem Mond:
Steh still, du dummer alter Mond!
Und dann befahl er dem Schlaf:
Dauer drei Nächte lang,
Du langweiliger Schlaf!

So schlief der Gott Zeus
Mit der schönen Alkmene drei Nächte lang!

So einen Helden wie Herakles
Kann man nämlich nicht in Eile zeugen!
Gut Ding will Weile haben!

Nun kam aber am dritten Tag
Der richtige Ehemann wieder.
Die Frau wusste ja gar nicht,
Daß sie mit Zeus geschlafen hatte.
Nun sagte der Dummkopf von Ehemann:
Weib! Ich habe deine Brüder gerächt!
Komm, schlaf mit mir!

Da sagte die Ehefrau ein bisschen zickig:
Das hast du mir gestern schon gesagt,
Daß du meine Brüder gerächt hast!
Und du hast auch erst gestern mit mir geschlafen!
Das muss ja nun wirklich nicht jede Nacht sein!

Da wunderte sich Amphitryon
Über die Worte seiner Frau.
Männer verstehen eben die Frauen schlecht.
Wer versteht auch schon eine Frau?
Also ging der König zum Seher,
Der hieß Tiresias und war blind.

Der Seher sagte: Mann,
Deine Frau hat mit Zeus geschlafen!
Da wagte Amphitryon nie mehr,
Mit Alkmene zu schlafen,
Damit Zeus nicht eifersüchtig wird!
O, die Eifersucht ist schon grässlich,
Aber die Eifersucht eines Gottes
Ist wie die Flamme des Todes!

Herakles wurde nun geboren,
Aber einen Tag vorher
Wurde sein Zwillingsbruder geboren.
Aber der Zwillingsbruder
Hatte wirklich Amphitryon zum Vater,
Herakles dagegen
Hatte zum Vater Zeus.

Nun hatte Zeus aber auch eine Frau im Himmel,
Die hieß Hera und war Himmelskönigin.
Die war nun ihrerseits furchtbar eifersüchtig!
Da sagte Zeus:
Hera, mein Sohn Herakles soll ein Gott werden!
Da sagte Hera:
Dann muss er aber erst zwölf Heldentaten vollbringen!
Da sagte Zeus:
Das macht der tolle Junge doch mit links!

Warum wollte Zeus denn eigentlich mit Alkmene schlafen?
Etwa nur, weil sie so heiß war?
Nein, nein!
Er wollte einen Helden zeugen,
Der die feigen Götter
Und noch feigeren Menschen beschützen kann!

Herakles hatte Glück!
Das Volk von Theben, wo er geboren war,
Feierte jeden Monat einmal
Seinen Geburtstag!
Da freute sich der Knabe!
Einmal im Monat Geburtstag!
Und immer vom ganzen Volk Geschenke!
Es ist doch herrlich, ein Sohn Gottes zu sein!


ZWEITES KAPITEL
KINDHEIT UND JUGEND

Die schöne Mutter Alkmene
Hatte grausige Angst
Vor der Eifersucht der Himmelskönigin!
Darum brachte sie das Baby Herakles
Aus der Stadt Theben heraus
Und ließ ihn irgendwo auf einer Wiese liegen.

Da kam gerade die Kriegsgöttin Athene
Mit der Himmelskönigin vorbei.
Da sagte die Kriegsgöttin:
Guck mal, meine beste Freundin,
Was liegt denn da für ein Wonneproppen?
Seine Mutter hat sicher den Verstand verloren,
Das Baby hier einfach liegen zu lassen.

Da machte die Himmelskönigin
Ihren Busen nackig
Und säugte das Baby. Aber –
Herakles war so stark!
Er sog so stark an der Brust,
Dass die süße Muttermilch der Himmelskönigin
An den Himmel spritzte
Und zur Milchstraße wurde!
(Jetzt weißt du auch, mein Freund,
Woher die Milchstraße kommt!
Lass dir in der Schule nichts andres erzählen!)

Dieser Racker!
Rief die Himmelskönigin.
Aber jetzt war Herakles unsterblich!

Na und? Unsterblich, was soll das?
Na, dann brauchst du den Tod nicht zu fürchten!

Die Kriegsgöttin brachte den kleinen Racker
Zu seiner Mutter Alkmene zurück:
Pass gut auf ihn auf, sagte sie.
Okay, sagte Alkmene.

Eines Abends, da war Herakles ein Jahr alt,
Lag er in seinem Bettchen
Neben seinem Zwillingsbruder.
Da kamen in der grauen Abenddämmerung
Zwei Giftschlagen hereingekrochen.
Der Zwillingsbruder schrie auf vor Angst!
Das hörte die Mutter.
Die weckte den Vater:
He, Alter, dein Kind schreit!
Da ging der Vater ins Kinderzimmer
Und was sah er?
Was meinst du?
Er sah Herakles, das einjährige Kind,
Wie er laut lachend
Die beiden Giftschlangen erwürgte
Und sie dem Vater tot vor die Füße warf!
Wirklich, sagte der Vater,
Herakles, du hast einen Gott zum Vater!

Herakles war nun schon fast zehn Jahre.
Er musste nicht in die Schule.
Ihn lehrten alles die größten Helden.

Erst lernte er Wagenlenken,
Dann Fechten,
Gebrauch der Waffen,
Reiten,
Taktik und Strategie!

Im Bogenschießen übertraf er alle!
Er konnte durch zwölf kleine Ringe hindurchschießen
Und noch einen Pfeil auf der Spitze einer Lanze spalten!

Linos, der Sohn eines Meeresgottes,
Unterrichtete ihn in Literatur
Und las ihm alle alten Sagen vor.
Er wollte ihm auch Gitarrespielen beibringen,
Aber Herakles erschlug den Linos
Mit der Gitarre.

Da brachte sein Vater ihn auf einen Bauernhof.
Da blieb er, bis er achtzehn Jahre alt war.
Er übertraf alle andern Jugendlichen
An Größe, Mut und Schönheit!

Dann lernte Herakles auch noch
Die Sternenkunde
Und die Lehren der alten Weisen.

Die Augen von Herakles
Waren wie feurige Blitze.
Mit dem Speer und mit dem Pfeil
Verfehlte er niemals sein Ziel.
Er aß gern,
Am liebsten Fladenbrot mit Fleisch
Und zum Nachtisch Kuchen.

Nachts schlief er lieber unter den Sternen
Als im Haus.

Herakles sagte:
Ich fang ja nie Streit an!
Aber wenn mir einer dumm kommt,
Dann gibt’s Saures!

Da war mal ein Schurke namens Temeros,
Der Reisende tötete.
Da haute Herakles mit seinem Schädel
Gegen den Schädel von Temeros!
Und welcher Schädel war härter?
Na klar, der von Herakles!
Der Schädel von Termeros
Zerbrach wie eine Ei-Schale.


DRITTE KAPITEL
HERAKLES HEIRATET FÜNFZIG FRAUEN

Herakles war achtzehn Jahre alt,
Da kam er zum Berg Helikon.
Auf dem Berg Helikon wohnten die Musen.
Was sind denn Musen?
Nun, wenn ein Schriftsteller schreiben will
Eine Geschichte,
Braucht er den Kuss
Einer göttlichen Muse,
Die sagt ihm alles, was er schreiben soll.

Auf dem Berg Helikon
Wohnten die neun Musen,
Und unten am Fuß des Berges
Stand eine Säule für den Liebesgott,
Die sah aus wie ein steinerner Penis.

Da wütete nun der Löwe
Und überfiel die Schafherden
Des Königs.

Der König hatte fünfzig Töchter,
Alles wunderschöne Mädchen
Von siebzehn Jahren.
Dann sind die Frauen besonders schön!

Nun wollte der König nicht,
Dass seine fünfzig Töchter
Feige Schwächlinge sich zu Männern nehmen.
Darum sagte er zu Herakles:
Gut, mein Held,
Du sollst meine Tochter heiraten
Und heute Nacht mit ihr schlafen.
Aber Herakles war ein Mann,
Der wollte nicht nur Eine Frau,
Sondern fünfzig Frauen!
Also blieb er fünfzig Nächte da
Und schlief mit allen fünfzig jungen Frauen.
Und sie alle
Gebaren ihm Söhne,
Keine Töchter, nur Söhne!

Dann hatte Herakles den Löwen aufgespürt.
Herakles nahm eine Keule,
Einen dicken Knüppel vom Olivenbaum,
Und erschlug den Löwen!
Dann zog Herakles dem Löwen das Fell ab
Und machte sich einen Mantel daraus.
Dann nahm er das Kinn vom Löwen
Und machte sich aus dem Knochen einen Helm.

Dann ging er von den fünfzig Jungfrauen weg.


VIERTES KAPITEL
DER BEFREIUNGSKRIEG

Theben hieß die Stadt,
Wo Herakles lebte.
Der König von Theben hieß Kreon.

Aber es gab einen andern König,
Der hieß Erginos,
Der überfiel mit seiner Armee
Die schöne Stadt Theben
Und zwang den König und das Volk von Theben,
Dem feindlichen König
Jährlich tausende Kühe zu liefern.

Herakles kam eben
Mit seiner Keule
Vom Berge der Musen, dem Helikon.

Da traf er die Boten
Des feindlichen Königs,
Die wollten die Kühe abholen.

Die Boten sagten rotzfrech zu Herakles:
Seid doch froh, dass unser König so lieb war,
Euch nicht die Nasen abzuschneiden!

Da sagte Herakles ärgerlich:
Wenn euer böser König
Bock hat auf abgeschnittene Nasen,
So soll er abgeschnittene Nasen haben!
Und so schnitt Herakles
Den Boten die Nasen ab,
Hängte sie an einer Schnur
Den Boten um den Hals
Und schickte so die Boten zu ihrem König zurück.

Da war der feindliche König stinksauer!
Er mobilisierte seine Armee
Und überfiel die Stadt Theben.

Herakles rief seine jugendlichen Freunde zusammen,
Um in den Freiheitskrieg zu ziehen!
Die Kriegsgöttin Athene
Legte dem Herakles die Rüstung an
Und gab ihm unbesiegbare Waffen.
So sammelte Herakles alle seine Freunde,
Wurde ihr Anführer und rief:
Auf geht’s!
Mir nach, Männer!

Die feindliche Armee kam heranmarschiert.
Sie mussten auf dem Weg
Durch eine enge Felsenspalte.
Da lauerten Herakles und seine Freunde
Den Feinden auf,
Überfielen sie in einem Überraschungsangriff
Und vernichteten die feindliche Armee.

Nachts schlich sich Herakles
In das Lager der Feinde
Und stahl die Pferde der Armee,
Band sie an Bäume,
Und tötete die Krieger in dem Feindeslager
Mit dem blutigen Schwert.

In diesem Freiheitskrieg
Starb auch des Herakles Pflegevater.

Die Götter schimpften nicht mit Herakles,
Darum hat das Volk von Theben
Dem Herakles ein Denkmal aufgestellt
Und sangen Lieder zu Ehren
Des Herakles, des Nasenabschneiders!

Der feindliche König ward ganz arm.
Erst im hohen Alter
Bekam er wieder etwas Geld.
Da fragte er den Seher, was er jetzt tun soll.
Da sagte der Seher geheimnisvoll:

Ein neuer Schuh ist besser /
Für das alte abgenutzte Messer /

Das verstand der alte König so,
Daß er eine junge Frau heiratete.


FÜNFTES KAPITEL
HERAKLES WIRD WAHNSINNIG

Der Sieg des Herakles
Über die feindliche Armee
Machte ihn zum weltberühmten Helden.
Das Volk von Theben nannte ihn
Den Schutzgeist unsres Volkes.

Aber die Himmelskönigin war sauer,
Daß Herakles den feindlichen Kriegern
Die Nasen abgeschnitten hatte.
Da schickte die Himmelskönigin
Dem Herakles den Wahnsinn –
Herakles wurde verrückt!

Sein Zwillingsbruder hatte einen Sohn,
Der hieß Iolaos,
Den hielt Herakles für einen Eber
Und griff ihn an,
Aber der Neffe entfloh.

Da stürzte sich Herakles auf seine eigenen Söhne!
Er liebte seine Söhne eigentlich sehr,
Aber jetzt hatte er nicht mehr alle Tassen im Schrank!
Er hielt die Söhne
Für Drachen und tötete sie mit dem Schwert!

Das ganze Volk von Theben
Beweinte die Söhne von Herakles!

Dann fand Herakles seinen Verstand wieder.
Er trauerte über seine Söhne.
Da schloss er sich drei Jahre lang
In einem dunklen Zimmer ein und weinte,
Er heulte wie ein Schlosshund!
Ja, ja, auch Helden müssen mal heulen!

Dann ging er zum Bauchnabel der Erde,
Da saß an einer rauchenden Spalte
Die Seherin und sagte zu Herakles:

Du sollst dem Mann Eurystheus
Zwölf Jahre lang dienen
Und alle Arbeiten tun,
Die er dir zu tun aufgibt.

Da war Herakles verzweifelt!
Was, schrie er, so einem Taugenichts soll ich dienen,
So einen Tunichtgut und Grillenfänger!
Aber der Wille meines Vaters Zeus geschehe!

Herakles hatte viele Freunde,
Die trösteten ihn
Und machten ihm Mut,
Dem Mann Eurystheus zu dienen,
Wie es die Seherin befohlen hatte.

Der Götterbote Hermes
Gab dem Herakles ein Schwert,
Der Sonnengott Apollon
Gab dem Herakles Pfeil und Bogen,
Der Schmiedegott Hephästos
Gab ihm eine goldene Rüstung,
Die Kriegsgöttin Athene
Gab ihm einen harten Helm.
Athene schenkte ihm auch Lust am Leben
Und Hephästos schützte ihn in aller Kriegsgefahr.
Der Meergott Poseidon
Gab ihm Pferde
Und sein Vater Zeus
Gab ihm einen Schild,
Darauf waren zwölf Giftschlangen abgebildet,
Und wenn Herakles in den Krieg zog,
Erschreckten die zwölf Giftschlangen
Seine Feinde zu Tode!

Aber am liebsten ging Herakles so:
Mit dem Fell des Löwen als Mantel
Und bewaffnet nur mit einem Knüppel
Vom Holz des wilden Olivenbaums.


SECHSTES KAPITEL
DIE ERSTE HELDENTAT

Die erste Arbeit,
Die Herakles tun sollte,
War, das Fell abzuziehen
Dem Monster-Löwen von Nemea.
Sein Fell war so dicht,
Daß es gegen Eisen und Steine geschützt war.

Die Mondgöttin Luna
Hatte diesen Monster-Löwen geboren
Und ihn auf die Erde fallen lassen
In Nemea
In einer Höhle mit zwei Ausgängen.

Noch heute wird die Höhle
In Griechenland gezeigt
Und meine Eltern sahen sie einmal
Und haben sie mir genau beschrieben.

Herakles kam nach Nemea
Am Mittag, als die liebe Sonne
Auf ihrem lustigen Höhepunkt war!
Aber Herakles fand keinen,
Der ihm den Weg zeigen konnte,
Denn alle mieden die Gegend,
Wo der Monster-Löwe brüllte.

Da stieg Herakles auf den Berg
Und entdeckte den Monster-Löwen,
Der gerade in seine Höhle zurückging,
Befleckt vom Blut der Kinder,
Die er gefressen hatte!

Lecker, Knaben schmecken
Wie gebratene Bananen!

Herakles schoss viele Pfeile ab
Auf den Löwen von Nemea,
Aber sie prallten alle ab
An dem eisenharten Fell.
Der Löwe leckte sich die Lippen
Und gähnte faul.
Nach der Speise der Knaben
Rülpste er einmal kräftig,
Denn es heißt doch beim Weisen:

Warum rülpset und furzet ihr nicht?
Hat es euch nicht geschmecket?

Dann schlug Herakles
Mit dem Schwert
Nach dem Monster-Löwen,
Doch da verbog sich das Schwert,
Als wäre es aus weichem Blei.

Dann nahm Herakles seine Keule
Vom Holz des wilden Olivenbaums
Und haute dem Monster aufs Maul!
Das verkroch sich beleidigt in seiner Höhle.

Beleidigte Leberwurst,
Dachte Herakles.

Herakles verschloss mit einem Netz
Den einen Eingang der Höhle
Und trat dann durch den andern Eingang
In die Dämonenhöhle ein.

Er wusste, mit Waffen war dem Biest nicht zu kommen,
Aber seine muskulösen Arme
Waren gewaltiger doch als alle Waffen.
Da machte Herakles
Einen Ringkampf
Mit dem Monster.
Herakles umarmte den Hals des Löwen
Und erwürgte ihn.

Bei der Rückkehr zu seinem Arbeitgeber
Trug Herakles
Den toten Löwen auf seinen Schultern.

So heißt es bei dem Weisen:
Besser ein lebender Hund
Als ein toter Löwe!

Nun wusste Herakles nicht,
Wie er dem Löwen das Fell abziehen sollte.
Da dachte er:
Mein Bruder hat schon lange Fingernägel!
Aber meine Krallen sind noch schärfer!
So zog er dem Löwen
Das Fell mit seinen Krallen ab!
Das Fell trug er fortan als Panzer
Und den Löwenschädel als Helm.

Sieg, Sieg!


SIEBENTES KAPITEL
DIE ZWEITE HELDENTAT

Als seine zweite Arbeit
Sollte Herakles
Die neunköpfige Schlange töten.

Sie lebte in den lernaischen Sümpfen.
Sie hatte einen Hundekörper
Von Riesengröße
Und neun Schlangenköpfe,
Von denen ein Kopf unsterblich war.

Die Kriegsgöttin Athene hatte sich überlegt,
Wie Herakles die Hundsschlange töten könnte.
Der kleine Sohn seines Zwillingsbruder
Lenkte den Wagen
Und Athene zeigte Herakles die Höhle,
Wo der Schlangendämon lebte.

Athene sagte:
Schieß Brandpfeile ab
Und zwinge das Monster so,
Aus der Höhle zu kriechen.

Herakles hielt seinen Atem an,
Bis sein Gesicht ganz rot wurde,
Und fing dann die Schlange ein.

Die Schlange aber schlang sich
Um des Herakles Beine
Und versuchte, ihn zu Fall zu bringen.
Herakles schlug mit seinem Knüppel
Dem Biest auf die neun Köpfe,
Aber kaum war ein Kopf zerschmettert,
Da wuchsen auf dem Hals zwei neue Köpfe nach!

Da schoss eine Riesen-Krabbe
Aus dem Sumpf
Und versuchte, dem Schlangendämon zu helfen
Und biss den Herakles in seinen Fuß.
Zornig zerschlug Herakles die Riesenkrabbe
Und zertrümmerte ihren Panzer
Und rief den Knaben zu Hilfe,
Den Sohn seines Zwillingsbruders.

Da hatte der Junge eine Idee!
Er knetete seine Unterlippe,
Dann bekam er die besten Ideen!
Heureka! Ich habs!
Und er nahm eine Fackel,
Und wenn Herakles der Schlange einen Kopf abschlug,
Verbrannte der Junge den Hals,
So dass keine neuen Köpfe nachwachsen konnten.

Jetzt nahm Herakles seinen Dolch
Und schlug den unsterblichen Kopf ab,
Der ganz aus Gold war.
Als Herakles schon weiter weg war,
Zischte der unsterbliche Kopf immer noch.

Herakles nahm die Innereien
Aus dem toten Schlangenkörper
Und tauchte seine Pfeile
In das kochende Schlangengift,
So hatte er immer Giftpfeile bei sich!


ACHTES KAPITEL
DIE DRITTE HELDENTAT

Die dritte Arbeit,
Die Herakles tun sollte,
War es, die Hirschkuh der Jungfraungöttin
Lebend zu fangen.
Diese schnelle, gefleckte Hirschkuh
Hatte eiserne Hufe
Und goldene Hörner wie ein Hirsch.

Die Jungfraungöttin
Hatte einen Siegeswagen,
Den zogen vier Hirschkühe,
Aber die fünfte Hirschkuh
Lebte wild und frei,
Und die sollte Herakles fangen,
Aber lebend, lebend,
Denn man darf kein Reh der Jungfrau töten!

Darum brauchte Herakles diesmal keine Gewalt,
Er brauchte diesmal Schlauheit!
Und der Weise sagt:
Ein Schlauer ist stärker
Als sieben Muskelprotze!

Ein ganzes Jahr lang
Jagte Herakles
Die Hirschkuh der göttlichen Jungfrau.

Die Jagd führte ihn bis nach Deutschland,
Ins Land der Finsternis und des Regens.

Endlich suchte sie schließlich Zuflucht
Auf dem Jungfrauenberg,
Da schoss Herakles einen Pfeil ab,
Aber nicht um sie zu töten, nein,
Er konnte so gut zielen,
Daß er ihre Vorderbeine mit dem Pfeil zusammenheftete.
Der Pfeil ging zwischen Knochen und Sehnen hindurch,
Und es floss kein Blut!

Dann legte sich Herakles
Die lebendige Hirschkuh auf seine Schultern
Und kehrte zu seinem Arbeitgeber zurück.


NEUNTES KAPITEL

DIE VIERTE HELDENTAT


Lieber Freund, als Kind hab ich mich
Immer sehr gewundert,
Daß die Helden aus den Heldengeschichten
Nie Pipi mussten.
Also: Herakles musste Pipi.
Er pinkelte am liebsten im Freien,
Er pinkelte in die Büsche.

Aber nun musste er seine vierte Arbeit tun,
Er musste einen wilden Eber lebend fangen.
Das war ein wildes Tier, ein Riesentier,
Das die ganze Gegend verwüstete.

Ein so sehr wildes Tier
Lebend zu fangen,
War sehr schwierig.
Herakles brüllte so laut er konnte
Und trieb das Wildschwein
Aus seinem Gebüsch.
Dann jagte Herakles
Den wilden Eber
In einen riesigen Schneehaufen
Und sprang auf den Rücken des wilden Ebers.
Er fesselte das Wildschwein mit Ketten
Und trug es lebend auf seinen Schultern
Zu seinem Arbeitgeber zurück.

Dann genehmigte Herakles
Sich einen Kanister voll Rotwein,
Ein Fladenbrot mit gebratenem Fleisch
Und Knoblauchquark.
Ein Musiker machte Musik
Und junge Mädchen tanzten,
Indem sie mit den Hüften wackelten.
Denn es sagte der Weise:

Wer nicht liebt Weib, Wein und Gesang /
Der bleibt ein Narr sein Leben lang /


ZEHNTES KAPITEL
DIE FÜNFTE HELDENTAT

Nun kam die fünfte Arbeit,
Da sollte Herakles
Den schmutzigen Saustall
Des Augias putzen!

Der Arbeitgeber stellte sich vor,
Wie Herakles putzte
Und die ganze Scheiße
In großen Eimern wegträgt.
Da lachte der Arbeitgeber:
Herakles ist eine Putzfrau!

Augias war ein reicher Mann,
Er hatte riesige Mengen von Schweinen.
Den Göttern hatte es gefallen,
Daß die Schweine nie krank wurden
Und dass die Säue viele Ferkel warfen.

Nun war die Scheiße der Schweine
Schon jahrelang nicht weggeräumt worden.
Überall stank es nach Scheiße!
Da kam von der Scheiße
Die Pest ins Land!
Der Acker war so voller Scheiße,
Daß kein Weizen mehr wuchs!

O leckerer weißer Weizen!
O gesunder Dinkel!
Du konntest nicht wachsen
Vor lauter Scheiße!

Herakles rief von weitem
Zu Augias und sagte:
Noch vor Anbruch der Nacht
Hab ich deinen Saustall geputzt!
Das schwöre ich, so wahr mein Gott und Vater lebt!

Das war der einzige Schwur,
Den Herakles je geschworen.
Denn sonst sagte er:
Schwören muss man nicht,
Wenn man immer die Wahrheit sagt!
Sagt nur Ja Ja – Nein Nein!
Aber die Dummschwätzer sagen lieber:
Bla Bla – Jein Jein!

Nun öffnete Herakles
Die Mauer des Saustalls
Und rief die beiden benachbarten Flüsse
Peneis und Menios,
Dass ihr Wasser durch den Saustall flutete
Und schwemmte die ganze Scheiße weg!
Das war vielleicht eine Suppe!

So vollendete Herakles die Arbeit
An einem einzigen Tag,
Ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

Aber am Abend
Nahm er ein Bad
In heißem Wasser
Mit viel duftendem Schaum,
Denn er wollte den Gestank der Scheiße loswerden.

Dann sprach er zu seinem Schatten:
Nun komm, mein Schatten,
Wir gehen schlafen!
Ich verspreche dir, mein Schatten:
Nie verkauf ich dich
An den Bösen!
Bleib immer bei mir, mein Schatten,
Denn du bist mein bester Freund!


ELFTES KAPITEL
DIE SECHSTE HELDENTAT

Herakles musste nun seine sechste Arbeit tun.
Da gab es nämlich kinderfressende Vögel,
Die hatten Eisenflügel
Und Eisenkrallen.

Sie waren von den Wölfen der Wolfsschlucht
Vertrieben worden
Und hatten sich niedergelassen
In den Stymphalischen Sümpfen.
Hier vermehrten sie sich wie die Ratten.

Manchmal flogen sie auf,
Um kleine Kinder zu fressen!
Sie warfen eiserne Federn ab
Und ließen ihre Vogelscheiße
Auf die Felder fallen,
So dass die Ernte verdorben wurde.

Als Herakles ankam
An den Sümpfen,
Ringsum waren Wälder,
Da konnte er die Monstervögel nicht vertreiben
Mit Pfeil und Bogen.
Der Sumpf war auch nicht fest genug,
Dass er drauf laufen könnte,
Und der Sumpf war nicht flüssig genug,
Daß er mit einem Boot hätte rudern können.
So stand Herakles am Ufer
Und wusste nicht, was tun?

Da kam die Kriegsgöttin Athene
Und schenkte dem Herakles
Kastagnetten, die klapperten laut.

Da stellte sich Herakles
Auf den Berg Kyllene,
Der nahe bei den Sümpfen war,
Und klapperte laut mit den Kastagnetten
Und machte solch einen Heidenlärm,
Daß die Vögel sich nicht trauten,
Sich auf der Erde niederzulassen,
Sie schwirrten so lange in den Lüften,
Bis sie vor Erschöpfung zu Boden fielen.

Da hat er sich die Monstervögel geschnappt
Und brachte sie zu seinem Arbeitgeber
Und sagte: Hier, Chef,
Auftrag erfüllt!


ZWÖLFTES KAPITEL
DIE SIEBENTE HELDENTAT

Nun befahl der Arbeitgeber:
Herakles, du musst die Hengste
Von König Diomedes fangen!

Diomedes hielt die Hengste
Mit eisernen Ketten
An eisernen Krippen gebunden
Und fütterte sie mit dem Fleisch
Seiner Gäste!

Wer möchte da schon gerne Gast sein?
So ging es auch einmal einem Dichter,
Der besuchte eine Frau, die er liebte,
Und die hat das Herz des Dichters
Ihrem Hund zum Fraß vorgeworfen!

Aber Herakles verprügelte
Die Diener des Diomedes
Und jagte die Hengste zum Meer,
Wo er sie auf einem kleinen Hügel zurückließ.
Herakles hatte einen kleinen Liebling,
Der hieß Abderos
Und war neun Jahre alt,
Der sollte auf die Hengste aufpassen.

Nun verprügelte Herakles
Den Diomedes mit seiner Keule,
Schleifte seinen Körper ans Meer,
Um ihn den Hengsten zum Fraß vorzuwerfen.
Aber die Hengste hatten keinen Hunger mehr!
Warum?
Weil sie den Liebling des Herakles aufgefressen hatten!

Herakles legte den Liebling in ein Grab
Und gründete an dem Grab des Abderos
Die schöne Stadt Abdera.

Dann nahm er den Wagen des Diomedes
Und spannte die Hengste davor.
Die hatten noch nie Zaum und Zügel gesehen,
Aber Herakles zähmte die wilden Hengste.
Und so fuhr er
Zu seinem Arbeitgeber zurück und sagte:
Mission erfüllt!


DREIZEHNTES KAPITEL
DIE ACHTE HELDENTAT

Nun kam die achte Arbeit,
Die Herakles mal eben schnell erledigen musste.
Er sollte den Stier von der Insel Kreta einfangen.

Der Stier verwüstete die Insel Kreta,
Riss das Getreide aus dem Acker
Und zerstörte die Obstgärten,
Da wuchsen eigentlich Äpfel,
Die sauer waren, aber sehr lecker,
Und schließlich heißt es auch:
Sauer macht lustig!

Herakles segelte nun nach Kreta
Und der König von Kreta
Bot Herakles seine Hilfe an.
Aber Herakles wollte die Arbeit allein tun,
Denn dann ist auch der Ruhm seiner allein.

Der Stier schnaubte Feuerflammen aus den Nüstern,
Aber Herakles ließ sich nicht beeindrucken
Und nahm den Stier gefangen.
So brachte er ihn zu seinem Arbeitgeber
Und schrie: Ich hab gewonnen!
Ich bin Erster!
Ich bin der Stärkste!


VIERZEHNTES KAPITEL
DIE NEUNTE HELDENTAT

Nun sollte Herakles
Für seinen Arbeitgeber
Den Zaubergürtel
Der Amazonenkönigin rauben.
Sein Arbeitgeber hatte eine Tochter,
Die hieß Admete,
Die wollte den Zaubergürtel
Der Amazonenkönigin haben.

Du fragst dich sicher:
Was ist eine Amazone?

Die Amazonen waren Töchter
Der Liebesgöttin Venus,
Sie lebten am Amazonas-Fluss.
Sie waren kriegerische Frauen,
Die ihre Töchter so erzogen,
Daß sie gut reiten konnten
Und gut mit Pfeil und Bogen schießen.
Die Amazonen duldeten keine Männer bei sich,
Da lebten nur Frauen zusammen.
Wenn eine Amazone einen Sohn gebar,
So brachen sie ihm die Beine,
Damit er kein Krieger wird.
Die Jungens mussten da die Hausarbeit machen,
Die Töchter nur durften in den Krieg ziehen.

Und die Königin der Amazonen
War Königin Hippolyte,
Die hatte einen goldenen Zaubergürtel um.

Als Herakles zum Amazonas-Fluss kam,
Warf er Anker im Hafen.
Die Amazonenkönigin besuchte ihn im Hafen
Und sagte: Wow!
Du bist ein echter Mann!
Wie schön deine Muskeln sind!

Da war sie wie besoffen
Von den Muskeln des Herakles
Und weil sie so besoffen war,
Schenkte sie ihm den Zaubergürtel.

Aber die Himmelskönigin Hera
Stieg von der Wohnung der Götter herab,
Verkleidet als Amazone
Und rief: Dieser Herakles
Will eure Königin entführen!

Da warfen sich die Kriegerinnen
Auf ihre Pferde
Und griffen das Schiff von Herakles an.

Herakles nahm den Zaubergürtel,
Versteckte ihn gut,
Nahm dann der Amazonenkönigin
Die Doppelaxt ab
Und trieb die Kriegerinnen in die Flucht.

So kehrte er zurück
Und gab den Zaubergürtel
Von der Amazonenkönigin Hippolyte
Seinem Arbeitgeber,
Und der schenkte den Gürtel
Seiner Tochter Admete.


FÜNFZEHNTES KAPITEL
DIE ZEHNTE HELDENTAT

Als zehnte Arbeit
Sollte Herakles
Das Vieh des Geryon holen.

Geryon lebte in Spanien
Am Ozean
Und sagte von sich:
Ich bin der stärkste Mann der Welt!
Ha! Ha!
Da kannte er aber Herakles schlecht!

Geryon hatte drei Köpfe,
Drei Körper und sechs Hände.
Geryons rote Tiere
Waren unglaublich schön.
Der Hirte Eurytion weidete sie
Mit seinem doppelköpfigen Hirtenhund Orthros.

Als Herakles nach Spanien kam,
Da stellte er zwei Säulen auf,
Eine in Europa
Und eine in Afrika.
Denn die Griechen glaubten,
Daß Europa und Afrika früher einmal
Ein einziger Kontinent gewesen waren.
Nun war da aber eine Meerenge dazwischen
Und da stellte Herakles die Säulen auf,
Damit keine Seeungeheuer
Vom Atlantischen Ozean
Ins Mittelmeer schwammen.

Der Sonnengott strahlte heiß auf Herakles.
In der Hitze kann ich nicht arbeiten!
Rief Herakles
Und schoss einen Pfeil auf den Sonnengott.
Genug, genug! rief der Sonnengott.
Da entschuldigte sich Herakles,
Weil er so wütend geworden war.

Da ist fein von Herakles,
Dass er sich entschuldigt hat.
Das zeugt von gutem Charakter,
Wenn man sich entschuldigen kann.
Das zeigt, dass man den Fehler einsieht
Und es nicht mehr tun will
Und dass man ein besserer Mensch werden will.
Böse Menschen machen auch dauernd was falsch,
Aber sie entschuldigen sich nicht.
Nur die Guten entschuldigen sich,
Wie du, mein kleiner Leser.

Der Sonnengott war auch zufrieden
Und schenkte dem Herakles
Einen goldenen Siegespokal.
In diesem Siegespokal
Wie in einem Boot
Fuhr Herakles übers Meer.

Dann stieg er auf den Berg Abas.
Der doppelköpfige Hirtenhund
Stürzte sich auf Herakles,
Aber Herakles verscheuchte ihn mit seiner Keule.
Dann trieb Herakles die schönen roten Tiere weg.

Davon hörte Geryon,
Und er forderte den Herakles
Zum Zweikampf heraus.
Herakles schoss einen einzigen Pfeil
Durch alle drei Körper des Geryon.

Da eilte die Himmelskönigin Hera
Dem Geryon zu Hilfe,
Aber Herakles schoss einen Pfeil ab
Und traf eine Brust des Himmelskönigin
Und da ist sie geflohen.

So brachte Herakles die schönen roten Tiere
Zu seinem Arbeitgeber und rief:
Triumph! Triumph!


SECHZEHNTES KAPITEL
DIE ELFTE HELDENTAT

Zehn Arbeiten hatte Herakles schon getan,
Das hatte acht Jahre gedauert.
Nun kam sein elfter Auftrag,
Er sollte die goldenen Äpfel
Vom Baum der Hesperiden holen.
Der Apfelbaum mit den goldenen Äpfeln
War einst ein Geschenk der Mutter Erde
An die Himmelskönigin gewesen.
Die Himmelskönigin hatte
Einen eigenen Garten angelegt
Für den Baum mit den goldenen Äpfeln.
Dieser Garten lag am Hang
Des Berges Atlas
In Marokko in Nordafrika.
Die Töchter des Atlas waren die Hesperiden,
Die bewachten diesen Garten.
Und den Baum beschützte ein Drache,
Der die goldenen Äpfel beschützte.
Er hatte hundert Köpfe
Und sprach verschiedene Sprachen.

Atlas war ein Held,
Der trug auf seinen Schultern den Himmel.

Herakles hatte nun den Rat bekommen,
Die goldenen Äpfel nicht selbst zu pflücken,
Sondern den Helden Atlas darum zu bitten.

Herakles ging also zu Atlas und sagte:
Lass mich einmal eine Stunde lang
Den Himmel auf den Schultern tragen,
Und du pflückst mir dafür
Die goldenen Äpfel
Aus dem Garten der Hesperiden.

Atlas war einverstanden.
Herakles nahm den Himmel
Auf seine Schultern.

Bald kehrte Atlas
Mit den goldenen Äpfeln zurück.
Er fand es aber ganz geil,
Den Himmel nicht mehr tragen zu müssen
Auf den Schultern.
Er wollte den Herakles gar nicht mehr ablösen.

Da sagte der schlaue Herakles:
Okay, Atlas,
Ich trage weiter den Himmel
Auf meinen Schultern.
Aber du musst noch mal kurz
Den Himmel übernehmen,
Damit ich mir ein Kissen
Auf die Schultern legen kann,
Damit der Himmel nicht so hart drückt.

Atlas fiel drauf rein!
Er nahm den Himmel noch einmal auf seine Schultern
Und Herakles lachte laut
Und ging weg.
Er nahm aber die goldenen Äpfel mit.
Und so hat er wieder gewonnen!


SIEBZEHNTES KAPITEL
DIE ZWÖLFTE UND LETZTE HELDENTAT

Die schwerste Arbeit,
Die Herakles tun musste,
War es, den Höllenhund Kerberos
Aus der Hölle zu holen.

Um sich darauf vorzubereiten,
Ging er zum Gottesdienst.

So vorbereitet,
Stieg Herakles in die Hölle herab.
Der Eingang zur Hölle
War am Schwarzen Meer.

Wenn immer Herakles erschöpft war,
Rief er seinen Vater und Gott um Hilfe an,
Dann kam die Weisheitsgöttin Athene
Und gab ihm neue Kraft.

Da war ein Fluss in der Unterwelt,
Den musste er überqueren.
Da war ein Mann, der lenkte ein Boot,
Das war Charon,
Der brachte den Herakles hinüber.

Als Herakles aus dem Boot stieg,
Flohen alle Schatten der Hölle vor ihm
Aus Angst vor dem Sohn Gottes.

Da fand Herakles in der Hölle
Seinen Freund, den König Theseus,
Den befreite er aus der Hölle.

Um die Schatten der Hölle
Zu beruhigen, opferte Herakles
Ein wenig Blut von einem Schaf.

Da kam die Königin der Hölle
Und begrüßte Herakles
Wie einen Bruder.

Da sagte Herakles:
König der Hölle, du finsterer Hades,
Ich will den Höllenhund haben.

Da sprang Hades auf und schrie:
Du kannst den Höllenhund haben,
Wenn du ihn ohne Pfeil oder Keule besiegst.

Herakles fand den Höllenhund
Am Eingang der Hölle angekettet.
Er hatte drei Köpfe,
Die waren bedeckt mit Schlangen,
Und sein Schwanz
War der Stachel eines Skorpions.
Mit dem Schwanz schlug der Höllenhund
Nach Herakles,
Doch der war geschützt
Durch sein Löwenfell.

Herakles würgte den Höllenhund so lange,
Bis der erstickte,
Und dann ging Herakles
Mit seinem Freund,
Dem König Theseus,
Aus dem Totenreich heraus
Auf die lichte Erde.
Er war drei Tage im Totenreich gewesen.


ACHTZEHNTES KAPITEL
DIE FRAU DES HERAKLES

Herakles hatte keine Ehefrau
Und keine Söhne.
Söhne sind ein Geschenk Gottes,
Und wenn ein Mann Söhne hat,
Sind sie wie Pfeile im Köcher,
Und wenn der Mann
Mit seinen Feinden streitet
Vor Gericht,
So werden seine Söhne ihn verteidigen.

Deianira war die Tochter
Des Weingottes Dionysos.

Viele bewarben sich um Deianira,
Alle wollten Sex mit ihr haben.

Sie konnte gut reiten,
Sie konnte gut den Wagen fahren,
Sie konnte gut mit dem Schwert umgehen.

Aber keiner traute sich,
Deianira zu bitten:
Werde mein Weib!

Das trauten sich nur zwei,
Herakles, unser Freund,
Und der alte dicke Flussgott Acheloos,
Der alte dicke Flussgott mit seinem langen grauen Bart.
Der Flussgott Acheloos
Konnte als Stier erscheinen
Oder als Schlange.
Wasser floss immer
Aus seinem wilden grauen Bart.
Deianira sagte:
Ich wär lieber tot,
Als diesen dicken Flussgott
Mit dem wilden grauen Bart
Zum Mann zu nehmen!

Herakles sagte:
Deianira, wenn du meine Frau wirst,
Dann hast du Zeus zum Schwiegervater!
Dann bist du Gottes Schwiegertochter!

Acheloos aber brummte in seinen Bart:
Du blöder Herakles,
Entweder bist du nicht der Sohn von Zeus
Oder deine Mutter ist eine Ehebrecherin,
Und dann bist du ein Hurensohn!

Beleidige meine Mutter nicht!
Sagte Herakles,
Ich bin besser im Kämpfen
Als im Diskutieren.

Da kämpfte Herakles mit Acheloos,
Er packte ihn an den Hörnern des Stieres
Und warf ihn zu Boden,
Da verwandelte sich Acheloos in eine Schlange,
Da lachte Herakles laut auf: Ha, Ha!
Schon als Kind hab ich Schlangen erwürgt!
Und so erwürgte Herakles die Schlange.

Dann hat Herakles Deianira geheiratet
Und wie es sich gehört für Mann und Frau,
Sie haben Sex miteinander gemacht.

Dann zog Herakles mit seiner Frau
Zum Fluss Euenos.
Da sollte ein Zentaur sie hinübertragen.
Der Zentaur hieß Nessos.
Herakles schwamm durch den Fluss,
Aber Deianira ließ sich tragen
Von dem Zentauren Nessos
Über den Fluss auf die andere Seite.

Aber als der Zentaur die schöne Frau
Auf seinem Rücken trug,
Versuchte er, sie zu vergewaltigen!
Sie schrie um Hilfe:
Mein Herakles, mein Held,
Der Zentaur versucht mich zu vergewaltigen!
Da nahm Herakles Pfeil und Bogen
Und schoss einen Pfeil
In die Brust des Zentauren.

Der Zentaur Nessos zog den Pfeil aus der Wunde
Und sagte zu Deianira:
Ich habe meinen Mannessamen
Auf die Erde fallen lassen,
Nimm diesen Samen
Und mische ihn mit dem Blut meiner Wunde,
Tu Olivenöl dazu
Und streiche damit das Hemd von Herakles ein,
Dann wird er dir nie untreu werden!
Und selbst wenn du fünfzig Jahre alt wirst
Und grau und runzelig
Und dir die Haare ausfallen,
Wird Herakles nicht
Den jungen Mädchen hinterher gucken!

Deianira sammelte also den Samen,
Das Blut und das Olivenöl,
Und strich das Hemd von Herakles ein.
Sie sagte ihm aber nichts davon.

Herakles aber trug das Hemd nicht,
Er guckte lieber den jungen Mädchen nach.


NEUNZEHNTES KAPITEL

HERAKLES FÄHRT GEN HIMMEL

Herakles wollte seinem Vater Zeus
Ein Opfer bringen
Auf dem Altar,
Dazu brauchte er ein schönes Hemd,
Denn er wollte nicht nackt
An den Altar treten.
Da bat Herakles seine Frau:
Gib mir ein schönes Hemd!
Und Deianira
War eifersüchtig,
Weil Herakles immer
Von dem jungen Mädchen Iole schwärmte,
Da gab Deianira dem Herakles
Das vergiftete Hemd.

Herakles zog das vergiftete Hemd an
Und brachte dem König der Götter
Ein Opfer von Brot und Wein,
Da fing er plötzlich an zu schreien,
Als ob ihn eine Giftschlange gebissen hätte!
Das Gift drang in seinen Körper ein,
Die Schmerzen wurden unerträglich!
Herakles versuchte, sich das Hemd auszuziehen,
Aber es ging nicht,
Es klebte so fest an seiner Haut,
Daß er die Haut mit abriss.
Herakles stürzte sich in den nahen Fluss,
Aber das Gift brannte weiter.
Herakles rannte über die Berge
Und riss die Eichen aus,
Schließlich wollte er nur noch
In Einsamkeit sterben!

Als Deianira das alles sah,
Nahm sie einen Dolch
Und schnitt sich die Adern auf,
So ist sie verblutet
Und gestorben.

Herakles häufte sich aus Zweigen und Ästen
Einen Scheiterhaufen,
Steckte den Scheiterhaufen an
Und warf sich lebendig in das Feuer!

Im Feuer stehend, sah er so fröhlich aus
Wie ein Mann im Kreis seiner Freunde,
Wenn sie viel Wein getrunken haben
Und lustig lachen!

Dann ging Herakles in den Himmel!

Sein Vater Zeus begrüßte ihn und nahm ihn in die Arme.
Dann kam auch die Weisheitsgöttin Athene
Und fasste den unsterblichen Herakles an der Hand
Und stellte ihn den andern Göttern vor.

Da kam auch die Frau von Zeus,
Die Himmelskönigin Hera.
Sie versteckte Herakles unter ihrem Rock
Und schrie, wie Frauen schreien bei der Geburt,
Und brachte Herakles in einer zweiten Geburt
Im Himmel zur Welt als einen Gott
Und Sohn der Himmelskönigin.

Dann sagte die Himmelskönigin zu Herakles:
Mein Sohn, was wünschst du dir für den Himmel?
Da sagte Herakles:
Ein junges Mädchen, siebzehn Jahre jung,
Die für alle Ewigkeit Jungfrau ist
Und mich in Ewigkeit liebt!
Da gab die Himmelskönigin dem Herakles
Ein himmlisches Mädchen zur Freundin,
Das war die Jungfrau Hebe,
Die den Göttern den Wein einschenkte.

Nachtsüber war Herakles im Bett bei Hebe
Und tagsüber hielt er Wache am Himmelstor,
Denn er durfte nur die Guten einlassen.
Vor allem freute sich Herakles,
Wenn Tote ankamen,
Die unschuldig wie die Kinder waren!
Aber wenn er seine Arbeit getan,
Ging er abends wieder in seine himmlische Wohnung
Zur immerwährenden Jungfrau Hebe.

Halleluja, Halleluja!
Oder wie der Spaßmacher sagt:
Hallo Julia, Hallo Julia!