Von Josef Maria
Mayer
Immer um Mitternacht
zur Geisterstunde denk ich an Karine. Eben habe ich auf Radio Maria
gehört: Ja, von Avignon, von einem Urlaub in der Provence, noch
einmal, davon kann man jetzt nur noch träumen! Ich habe einen
christlichen Schriftsteller gelesen über die menschliche Trauer,
denn er hatte seine Frau durch den Krebs verloren, und er schrieb: Im
irdischen Leben hast du, Geliebte, mich immer wieder korrigiert, wenn
ich mir ein Bild von dir gemacht habe. Aber nun, da du tot bist,
befürchte ich, dass ich mir eine Idee von dir ausdenke, mir ein
Phantom zurechtphantasiere. - Aber ich habe ja nie eine wirkliche
Frau geliebt, sondern immer nur Ideen, Ideale, die zusammengeflickt
waren aus Poesie, Film, Träumen und wirklichen Bildern. Und so wird
Karine, nachdem ich sie als Dichter anderthalb Jahre lang begraben
habe, zu einer himmlischen Idee, zu einem Anker der Hoffnung im
Paradies. Ich bin eben allein mit meinen Gedanken und Gebeten.
*
Ich
habe den Vortrag eines katholischen Psychotherapeuten gehört, der
über psychische Erkrankungen sprach. Was nun die Depressionen
betrifft, muss ein Facharzt unterscheiden, ob es sich um eine
„endogene Depression“ handelt, das heißt um einen Mangel an
Endorphinen im Gehirn - zuwenig Glückshormone - oder ob es sich um
eine seelische Lebens- und Sinnkrise handelt. Wenn zuwenig
Glückshormone vorhanden sind, kann dies durch Antideprresiva
ausgeglichen werden. Falls es sich um eine Lebens- und Sinnkrise
handelt, braucht es eine psychologische Therapie. Dabei müssen
innere Lebenssätze, wie z.B. „keiner liebt mich“ oder „ich
kann das nicht“ abtrainiert werden und positive Lebenseinstellungen
geübt werden. Dazu kommt noch, dass ein eventuell krankmachendes
Gottesbild korrigiert werden muss, das ist dann ein Thema für die
geistliche Seelsorge. Therapie heißt eben auch Anbetung, und Jesus
ist der Therapeut schlechthin. Wichtig ist zuerst, dass der
Leidensdruck groß genug ist, zweitens, dass der Mensch bereit ist,
an seiner Heilung mitzuarbeiten. Optimal ist eine
spirituell-psychisch-somatische Behandlung, das heißt, die Nutzung
von Medikamenten, die Psychotherapie und die geistliche Heilung des
Gottesverhältnisses.
Ich
hoffe, dir damit dienen zu können.
*
Franziskus
hatte einen Vater, der das Geld liebte. Franz wollte aber Christus
folgen. Aber er hatte noch die reichen Kleider seines Vaters an. Da
stand er mit seinem Vater in der Kirche und zog die reichen Kleider
aus – auch die Unterhose, sagen die Legenden, und dann kleidete ihn
der Bischof mit dem Vatermantel des Bischofs: Gott ist nun dein Vater
der Liebe, nicht mehr dein leibliches Vater, der das Geld liebt.
*
Als
Neil Armstrong den Mond betrat, sagte er: Das ist ein kleiner Schritt
für mich und ein großer Sprung für die Menschheit. Als er dann
wieder in seinem Raumschiff war, sagte er: Good luck, Mister Gorsky!
Keiner wusste, wen er meinte. Einen von der amerikanischen
Raumfahrtbehörde? Da gab es keinen Mister Gorsky. Vielleicht einen
sowjetischen Astronauten? Solch einen gab es auch nicht. Er schwieg.
Viele Jahre später sprach ihn ein Journalist darauf an und er sagte:
Jetzt kann ich darüber reden, denn Mister Gorsky ist tot. Als ich
ein kleiner Knabe war, spielte ich Fußball und schoss den Ball zu
unsern Nachbarn. Als ich den Ball wieder holte, hörte ich, wie
Misses Gorsky zu Mister Gorsky sagte: Du darfst erst wieder mit mir
schlafen, wenn unser Nachbarsjunge auf dem Mond spazieren geht.
*
„Sei
getrost, sei getrost! Sei mutig und stark, du von Gott Geliebte!“
(Aus der Bibel)
P.S.:
„Wo
mir Anmaßung gefällt?
An
Kindern: Denen gehört die Welt.“
(Goethe)
*
Die
Kraft Gottes gehe dir voran und führe dich ins Paradies! Die Kraft
Gottes gehe hinter dir und gebe dir Rückenwind! Die Kraft Gottes
gehe neben dir, bewaffnet mit dem Schwert der Wahrheit! Die Kraft
Gottes sei unter dir und trage dich in deinen schwachen Stunden! Die
Kraft Gottes sei über dir und schütte die Liebe Gottes in dich aus!
*
Danke,
dass du an Platons Geburtstag gedacht hast. Es ist übrigens nicht
nur Platons Geburtstag, sondern auch sein Todestag. Des weiteren ist
dieser Tag der Namenstag von Karine, denn es ist in der orthodoxen
und katholischen Kirche der Festtag der heiligen Karine von Ankara,
einer verheirateten Frau und Mutter, die im dritten Jahrhundert in
Kleinasien den römischen Kaiser nicht als Gott anbeten wollte und
deswegen das Martyrium erlitt. Vierzig Kinder, die sie freudig für
Christus sterben sahen, bekehrten sich zum Herrn.
Gott
zum Gruße!
*
Bei
folgenden Versen des großen Alexander Puschkin dachte ich an den
letzten wahnsinnigen Winter und deinen Beistand:
„...Als
mich der höchste Foltergrad
Der
Liebe würgte ohne Gnade,
Als
ich, dem Tod schon nah, nur Zuflucht fand bei dir,
Des
sichern Hafens tröstendes Gestade,
Als
sich besänftigten die Stürme über mir,
Wie
hab den Göttern ich gedankt dafür!“
Gott
zum Gruß und dem Bruder ein Wohlgefallen!
*
„Mein
liebes Kind,
Tu
dir selbst soviel Gutes an, wie du kannst.“
*
Im
Augenblick des Todes erscheint unsere Seele vor Jesus, dem Richter.
Und im Evangelium steht, was Jesus dann sagen wird: Ich bin krank
gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin nackt gewesen und ihr habt
mir Kleidung gegeben. Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu
essen gegeben. Dann wird die Seele sagen: Herr, wann hab ich dich im
Krankenhaus besucht? Und Jesus wird sagen: Was du einem meiner
geringsten Brüder getan hast, das hast du für MICH getan! Komm
herein zu deines Herrn Freude! - Aber Jesus sagt auch zu den anderen:
Ich bin krank gewesen und ihr habt mich nicht besucht, geht hinweg
von mir in das ewige Feuer! - Alles, was wir den Kranken, den Armen,
den Leidenden, den Hungrigen tun, das wird uns Jesus im Himmel mit
ewiger Glückseligkeit belohnen! Das möge dir Kraft geben, mit
FREUDE barmherzig zu sein.
*
Der
achte Dezember als der Tag der Makellosen Konzeption der Mutter Jesu
ist auch ein Festtag der göttlichen Weisheit, darum habe ich am
neunten Dezember, dem Festtag des heiligen Juan Diego, des Sehers der
Jungfrau von Guadelupe, diese kleine Meditation über die
Evangelische Sophia geschrieben. In den Adventliedern singt die
Kirche nämlich: O Sapientia!
*
Wie
kommt das Weihnachtsfest am 25. Dezember zustande? Konstantin siegte
im Zeichen des Kreuzes und wurde Kaiser von Rom und führte das
Christentum als Staatsreligion ein, dreihundert Jahre blutige
Christenverfolgung nahmen ein Ende. Ein paar Jahrzehnte später,
wurde Julian Kaiser von Rom. Er war christlich getauft und erzogen,
aber dann vom Glauben abgefallen, darum nennt die Geschichte ihn
Julian Apostata, den vom Glauben Abgefallenen. Er konnte nicht
begreifen, dass der stolze und starke Römer nicht dem Weltherrscher
Jupiter huldigt, sondern einem dahergelaufenen Wanderprediger, der am
Kreuz hingerichtet worden war. Er nannte Christus immer nun: den
Galiläer. Das ist etwa so, als wenn der Kaiser von Berlin Jesus
einen verrückten Ostfriesen nennen würde. Julian Apostata verehrte
von allen römischen Göttern am meisten den siegreichen Sonnengott,
dessen Fest an der Wintersonnenwende gefeiert wurde mit Bacchanalien
und Saturnalien, einer Art trunkenem Karneval. Julian Apostata nahm
aber ein schmähliches Ende, von dem die Kirchenväter genüsslich
berichten. Nämlich auf seinem Persien-Feldzug wurde er von einem
seiner Offiziere mit einem Speer aufgeschlitzt. Die Eingeweide
quollen ihm heraus. Mit letzter Kraft eines Sterbenden packte er
seine Eingeweide mit den Fäusten und schleuderte sie der Sonne
entgegen und rief: Du hast mich besiegt, Galiläer! Anschließend
legten die Christen das Fest der Geburt des Herrn auf den Tag der
siegreichen Sonne, denn Christus ist das Licht der Welt.
*
Ich
bete das Salve Regina in meiner eigenen Übersetzung:
Heil
dir, Königin, Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsre
Hoffnung, unsre Wonne und Süßigkeit, Heil dir! Zu dir schreien und
flehen wir, verbannte Kinder Evas, in diesem Tal der Tränen, in
diesem Jammertal! Eja, Herbeigerufene! Wende jene deine barmherzigen
Augen uns zu, und zeige uns nach diesem Elend die gebenedeite Frucht
deines Schoßes, Jesus! O gütige, o milde, o süße
Jungfrau Maria! (O so white, o so soft, o
so sweet is Shee!)
*
Dir
schenke ich zum Jahresanfang ein Wort aus der Bibel: „In Ruhe und
Umkehr liegt eure Stärke, in Stille und Vertrauen liegt eure Kraft.“
*
Gegen Depressionen
helfen folgende Heilmittel nach der Medizin der heiligen Hildegard
von Bingen: Fenchelwein wird drei bis vier Wochen lang täglich
angewandt, die Stirn, die Schläfen, die Brust und der Bauch werden
mit der Tinktur des Fenchelsaftes eingerieben. Des weiteren hilft
Flohsamenwein. Man nimmt einen Esslöffel Flohsamen und kocht ihn in
einem dreiviertel Liter Wein, seiht ihn dann ab und trinkt warm einen
Achtel Liter. Man kann den Wein für den Tagesbedarf aufwärmen und
als Kur ein bis zwei Wochen lang warm trinken. Drittens hilft
Veilchen-Elixier. Aus Veilchen, Galant, Süßholz und Wein wird das
Elixier bereitet und man trinkt täglich eine halbe bis zu einer
ganzen Tasse vier Wochen lang. Dieses Veilchen-Elixier heilt auch die
Lunge bei Problemen an der Bronchitis oder bei Asthma, wenn die Lunge
infolge der gedrückten Stimmung verletzt ist. Als Viertes empfiehlt
Hildegard die Weinraute. Ein bis zwei rohe Weinrautenblätter soll
man nach der Mahlzeit essen. Ersatzweise kann man auch
Weinrautenpulver nehmen und isst dann einen Teelöffel mit etwas
Brot. Oder man nimmt Weinrauten-Granulat oder konserviert etwas
Weinrautensaft in Alkohol. Diese Kur wendet man mehrere Wochen lang
an. Zuletzt wird empfohlen ein Fenchel-Balsamkraut-Tee. Das ist ein
Nerventee, bestehend aus drei Teilen Fenchel und einem Teil
Balsamkraut. Von diesem Tee soll man dann mehrere Wochen lang
tagsüber zwei bis drei Tassen kalt trinken.
*
„Obwohl wir jetzt
keine fremde Hilfe brauchen und Trost haben an den heiligen Schriften
in unseren Händen, so senden wir dennoch die Botschaft an euch, dass
wir die Bruderschaft und Freundschaft zwischen uns erneuern und
bestätigen wollen, um sie nicht zu vergessen; denn es ist schon
lange Zeit her, dass ihr zu uns geschickt habt. Darum wisst, dass
wir allezeit an Feiertagen und an allen anderen Tagen, an denen man
opfert, bei unserm Opfer und Gebet an euch denken, so wie sich’s
gebührt, an die Brüder zu denken. Und eure Ehre und euer
Wohlergehen sind uns eine Freude. Aber wir haben große Not gelitten
und viele schwere Kriege gehabt mit den Königen ringsum. Wir haben
aber euch und unsere andern Freunde und Bundesgenossen in diesen
unsern Kriegen nicht um Hilfe bitten wollen. Denn wir haben Hilfe vom
Himmel gehabt, und Gott hat uns befreit und die Feinde unterdrückt.
Weil wir aber jetzt Numenius, den Sohn des Antiochus, und Antipater,
den Sohn Jasons, ausgewählt haben und als unsre Boten zu den Römern
senden, um die Freundschaft und das Bündnis mit ihnen zu erneuern,
haben wir ihnen dabei befohlen, dass sie auch zu euch reisen, euch
unsern Gruß sagen und diesen Brief übergeben sollen, um unsre
Bruderschaft zu erneuern, und – bitten um Antwort!“
*
ich
habe zumindest deinen Aufsatz über das Alter der Erde gelesen. Mond
und Asteroiden also genauso alt wie die Erde. Und die Sonne auch?
Hier
schreibe ich dir einen kleinen Aufsatz über griechische
Naturphilosophie nach einem Referat, das ich gestern hörte.
Parmenides sagte: Alles Da-Seinde in der Natur ist dem Werden und
Vergehen unterworfen, es wird aber ins Dasein gesetzt und hat Anteil
an einem ewigen Sein. Dieses ewige Sein muss unsterblich sein,
allgegenwärtig, allumfassend, einzig. Es ist das göttliche Sein.
Edith Stein sagt, der Gottesname JHWH heißt philosophisch: Das Sein
oder der Seiende, das göttliche Sein in personhaftem Selbstbesitz.
Heraklit
sagte: Die Natur, der Kosmos ist immer in Bewegung: Panta rhei, alles
fließt, alles ist im Fluss, die Welt ist eine dynamische Welt, darum
muss dem dynamischen Kosmos eine dynamische Urkraft zugrunde liegen,
die er Feuer nannte, wir würden heute Energie sagen. Christus ist
nach Paulus die Dynamis Gottes. Diese dynamische Energie wirkt aber
im Kosmos nicht blindwütig, sondern nach geordneten Gesetzen, darum
muss noch eine göttliche Ordnungsmacht gedacht werden, die nannte
Heraklit den Logos (den göttlichen Geist, das Wort, den Sinn, die
Vernunft). Diesen Logos des Heraklit nahm Johannes auf und sagte:
Dieser göttliche Logos ist Fleisch geworden in Jesus.
Anaxagoras
war ein Physiker und sagte: Die Blitze sind nicht die Waffen des
Zeus, sondern physikalisch genau geregelte bloße Naturphänomene.
Die Sonne ist kein Sonnengott, sondern ein feuriger Steinklumpen. Die
Planeten sind nicht die Götter Mars und Jupiter, nicht die Göttinnen
Venus und Luna, sondern sind tote Himmelskörper, die nach exakten
Gesetzen im Himmel kreisen. Er wurde daraufhin der Gotteslästerung
angeklagt und konnte sich nur durch Flucht dem Todesurteil entziehen.
Aber er sagte: All diese naturwissenschaftlich exakt zu bestimmenden
Naturgesetze müssen von einem göttlichen Gesetzgeber in die Natur
hineingelegt worden sein. Diesen Gesetzgeber nannte er Nous (Geist,
Vernunft, Intelligenz). Max Planck sagte: Über all dem Kosmos
schwebt eine außerordentliche alles überragende Vernunft! Einstein
sagte: Wir Wissenschaftler sind Nachdenker eines Denkers, der schon
vorgedacht hat. Dieser Vordenker des Kosmos ist also die göttliche
Intelligenz, die die Naturgesetze gestiftet hat.
Ich
hoffe, das inspiriert dich zur Zusammenschau von Naturwissenschaft
und Glaube.
*
Zwei
Nachrichten, über die ich nachdenke:
1.
Sobald der Mensch historisch fassbar auftritt, tritt er als Mensch
auf und zwar als Künstler oder als Techniker. Beim Neandertaler fand
man eine Flöte und einen Speer. Der Speer war ärodynamisch so gut
gebaut, dass heutige Olmpia-Speerwerfer keinen besseren haben. Mich
als Dichter würden natürlich Gedichte der Neandertaler
interessieren.
2.
Postmoderne Künstler in London haben Gorillas die Pfoten mit Farbe
beschmiert und ihnen ein weißes Blatt untergelegt und analysieren
nun die Kunstwerke der Gorillas - wohl ein Gipfel der postmodernen
Kunst.
*
„Wenn die Affen
Langeweile haben könnten, dann könnten die Affen zu Menschen
werden.“ (Goethe)
*
EPITAPH-AKROSTICHON
Frau,
du bist zum lieben Gott gegangen,
In
dem Himmel hat man dich empfangen,
Christus
hat vom Tode dich gerettet,
Keiner
ist so schön wie du gebettet,
Milch
und Honig fließt im Garten Eden,
In
dem Geist die Engel mit dir reden,
Christus
will mit dir in Gott verschmelzen,
Herr,
du wirst den Stein vom Grabe wälzen.
*
In
der Osternacht sprach der Papst über die Schöpfungsgeschichte. Vom
Sechs-Tage-Werk sprach er: Zur Schöpfung gehört die „Dimension
der Zeit“. Am siebenten Tag ist Sabbat, d.h. die Schöpfung ist
dafür geschaffen, um ein Raum zu sein, da Gott und seine Geschöpfe
in Liebe und Freiheit verbunden sind. Die Kirche hört zu Ostern
besonders dies: Es werde Licht! Erst später wurden Sonne, Mond und
Sterne als „Lampen an den Himmel gehängt“, um zu sagen, dass die
Gestirne keine Götter sind. Das Licht aber bedeutet den Abglanz der
Herrlichkeit des Herrn in der Schöpfung. Licht erleuchtet, Licht
bringt Erkenntnis, Licht macht Gemeinschaft und Kommunikation
möglich. Die Schöpfung ist geschaffen für den Menschen, dass er in
Gemeinschaft lebt, Gott erkennt und in den Frieden Gottes eintritt.
Die Auferstehung Christi ist eine Neue Schöpfung. Aber damit die
Auferstehung Christi nicht nur ein Wort bleibe, sondern wirklich zu
uns komme, hat Christus zwei Brücken zu uns geschlagen: Die Taufe
und das Glaubensbekenntnis. In der Osternacht vergangenes Jahr sprach
der Papst über die Schöpfungsgeschichte, dass die Offenbarung uns
darüber belehrt, dass am Anfang der Schöpfung nicht die tote
Materie stand, sondern die göttliche Vernunft.
*
Eben
habe ich einen Vortrag von Kardinal Christoph Schönborn über die
göttliche Barmherzigkeit gehört und er verwies auf sein Buch über
Schöpfung und Evolution, ich glaube, es heißt „Ziel oder Zufall“.
Vielleicht interessiert es dich. Er sagte kurz nebenbei, die
Naturwissenschaft kann nicht beweisen, dass es Gott nicht gibt, aber
sie kann auch nicht beweisen, dass es Gott gibt. Das sind zwei
verschiedene Ebenen. „Vielleicht“ beschreibt die
Evolutionstheorie die Entwicklung des Lebens, aber den SINN des
Lebens kann sie nicht erklären. Der Katechismus sagt: Wir glauben,
dass die Welt aus dem Willen Gottes, aus der Weisheit Gottes
entstanden ist. Das Leben hat einen Sinn und ist nicht das Produkt
eines blinden Schicksals, einer anonymen Energie oder eines
willkürlichen Zufalls. Aber dann sprach er wieder über die
Barmherzigkeit, das heißt, die Eingeweide oder eigentlich den
Mutterschoß Gottes.
*
Liebe Oma! Herzlichen
Glückwunsch zu Maries Baby!
*
Die
Rose folgt mir in den Schlaf,
Und
weich durchwehe ich die Nacht.
Ich
habe Blut geweint als Tränen
Und
hab im Sturme laut gelacht.
Ich
wein, aus Träumen wirr erwacht,
Es
stürzen meine Tränen nieder.
Dies
Seufzen blutet wie die Wunden,
Es
blutet wie die Anemone.
Mein
Herz erlischt! Mein Herz erlischt!
Im
Spiegel gaukelt mir das Herz
Nur
Dornen vor, doch ohne Schmerzen
Liebkosen
sie mein armes Fleisch.
Du
bist der Mund, der nie versiegt,
Der
Mund, der meinen Mund berührt.
Ich
küss mein Leben in dich ein,
Die
Lust, zu deinem Mund geflossen,
Dein
Atem, glutbewohnte Blüte,
Träumt
ewig schön hervor aus Muscheln,
Es
träumt das heiße Atemwehen
Phantastischer
Gesänge leise,
Die
lächelnde Tragödie ist es.
An
Schönheit bist du Lilien gleich,
Von
deinen Lidern tropft der Tau,
Ein
süßer Hauch umschwirrt dein Haar,
Dein
Mund ist kundig aller Künste
Und
so umschlingst du mir mein Fleisch.
Du
bist das todeskühle Blut,
Du
blühst in meinem offnen Mund.
O
lösche nie dein Kerzenlicht,
Dein
Licht, das keine Grenzen hat.
Leis
lachend trinke ich dein Herz,
Dein
schönes Bild ist nie verweht.
*
Danke
für das Wort von den dichtenden Polytheisten, es wäre doch sehr
schade, wenn alle meine Hymnen an die uralten und ewigjungen
Göttinnen nicht auf die Nachwelt kommen würden. Und nun ein Wort
von Goethe an den naturforschenden Pantheisten:
„Wenn
die gesunde Natur des Menschen als ein Ganzes wirkt, wenn er sich in
der Welt als in einem großen, schönen, würdigen und werten Ganzen
fühlt, wenn das harmonische Behagen ihm ein reines freies Entzücken
gewährt; dann würde das Weltall, wenn es sich selbst empfinden
könnte, als an sein Ziel gelangt aufjauchzen und den Gipfel des
eigenen Werdens und Wesens bewundern. Denn wozu dient all der Aufwand
von Sonnen und Planeten und Monden, von Sternen und Milchstraßen,
von Kometen und Nebelflecken, von gewordenen und werdenden Welten,
wenn sich nicht zuletzt ein glücklicher Mensch unbewusst seines
Daseins erfreut?“
(Goethe,
Winckelmann)
Möge
dir der Rosenkranz dies „harmonische Behagen“ vermitteln. Die
Orthodoxen wiederholen immer wieder dieses Jesusgebet (Herzensgebet):
Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich über
mich armen Sünder!
Gruß!
*
Schreib
für die Toten, die sind ausgeruht,
Die
hören gern, was wahr und schön und gut.
Frau
Welt hört dich nicht an in ihrem Lärme,
Den
Toten sende deine Taubenschwärme!
Fehlt
dir so Ruhm wie Nachruhm, dich nicht härme,
Frau
Welt hat nicht Erbarmen im Gedärme.
So
ist es und so bleibt es. Dennoch Mut!
Dich
hört das Fleisch des Meisters und sein Blut!
Verborgen
bleibe, ein bescheidnes Veilchen,
Wir
sind auf Erden nur ein kleines Weilchen,
Wir
singen doch für einen Lorbeerkranz
Ganz
andrer Art. Der Herr in seinem Throne
Soll
einst uns krönen mit der Schönheit Krone!
Gott
tanzt zu deinem Liede seinen Tanz.
*
Ein
langes Leben dem, der dieses Leben liebt!
(Ich
aber bin es Lebens überdrüssig.)
Eine
schöpferische Liebesglut dem, der noch glühen kann!
(Ich
aber bin zu Asche verbrannt.)
EPITAPH
Frau
Minne hat mich allzu arg zerdroschen -
Der
Herr hat mich erlöst - ich bin erloschen...
*
Mich
sprechen die Botschaften der Mutter Christi aus Medjugorje,
Herzegowina,
an.
Sie sind sehr einfach, aber es ist die Sprache der Mutter Jesu. Die
Kirche anerkennt
manche
Privatoffenbarungen, wie zum Beispiel Guadelupe, Lourdes, Fatima
(Medjugorje
ist noch nicht anerkannt), macht sie aber nicht verpflichtend.
Privatoffenbarungen
fügen der Offenbarung Christi nichts hinzu, sondern
aktualisieren
das Evangelium in eine bestimmte Zeit hinein, sie helfen, die
Zeichen
der Zeit zu deuten. Man kann aber auch Katholik sein und davon
nichts
halten, aber ich finde es schade, wenn die Zeichen vom Himmel nicht
beachtet
werden.
PS:
Ein
Dichter hat mir zwei Sonette gewidmet und meint, während die meisten
heute
schreibenden
Dichter „Blech und Blei“ schreiben, sei ich der „klare
Gletscher
aus dem Norden“, der „mehr das Kreuz sucht als den Lorbeerkranz“.
Ich
habe mich gefreut.
*
Ich
habe dir noch einmal einen zweiten Brief geschrieben, aber ich weiß
nicht, ob er dich erreicht hat. Ich hatte dir darin von meinen
vergangenen zehn Jahren erzählt und dir ein Gedicht über
chinesische Pädagogik (nach dem Li Gi) geschickt. Ob das angekommen
ist? Ich habe in diesem Frühling das Tao Te King aus dem Englischen
und die Orakel des I Ging auch aus dem Englischen übersetzt. Ich
habe auch einmal an das deutsche katholische China-Zentrum
geschrieben, ob sie meine chinesischen Gedichte gebrauchen können
für die China-Mission, aber ich habe keine Antwort bekommen. Oft
scheint mir meine schriftstellerische Arbeit so sinnlos, aber es kann
ja sein, dass der Heilige Geist meine Bücher erst in kommender
Zukunft und vielleicht in ganz andern Ländern gebrauchen kann. Wenn
in der Heiligen Messe für die weltweite Kirche gebetet wird,
schließe ich oft die chinesische Kirche in mein Gebet ein. Ich habe
auch die Volkslieder aus dem Shi Ging in poetischer Prosa
nachgedichtet. Ansonsten lebe ich inzwischen in radikaler Einsamkeit
- alle Knaben, die ich großgezogen habe, sind mir genommen worden.
Aber, wie der Papst sagte: Wer glaubt, ist nie allein, - denn Gott
ist mit mir!
*
Wie war deine Predigt
vor der Gemeinde von Laodizea? Hat der heilige Geist dich minniglich
gegrüßt? – Ein Araber führte einen Rabbi an das Ende der Erde.
Der Rabbi nahm einen Korb mit Brot mit. Er stellte den Brotkorb am
Ende der Erde ab und siehe, schon war der Brotkorb verschwunden. Da
sagte der Araber: Wundere dich nicht, Rabbi, das ist das Rad des
Firmaments, das dreht sich, morgen findest du dein Brot wieder.
*
Die protestantischen
Liederdichter wie Paul Gerhard und Rudolf Alexander Schröder
sprechen angesichts ihrer Leiden von dem Vater, der sie mit der Rute
züchtigt, um sie zu bessern. Ich kann das nicht. An solch einen
Gottvater kann ich nicht glauben. Ich glaube an einen mit-leidenden
Gott, dessen Schmerzen mindestens so groß sind wie meine. – Ich
hoffe, deine reizende Tochter segnet mich bald wieder.
*
Sei
gegrüßt, Thusnelda!
Wir
Friesen trinken selten, aber wenn wir trinken, dann auch viel, und
das oft!
Gruß
auch an deinen Gemahl.
*
Heute
zum Festtag des heiligen Augustinus schenke ich dir ein Wort von ihm,
das dir wohl aus dem Herzen gesprochen sein könnte, wie ich denke:
„Es
ist schwer, dem Unbehagen und der Traurigkeit gerecht zu werden, die
in uns aufkommen gegen jene, die das Buch Genesis allzu eng auslegen
und die derart unbesonnene Behauptungen über ihr Wissen den
gelehrten Brüdern vorlegen.“
Ich
habe eine deutsche Version der babylonischen Genesis fertiggestellt.
Gruß!
*
DAS SAN-MARCO-LIED
Und als Petrus sich besann,
Kam er vor das Haus MARIAS,
Der Mutter des Johannes,
Der mit dem Zunamen Marco hieß,
Da viele beieinander waren
Und beteten.
Barnabas aber und Saulus
Kehrten wieder von Jerusalem,
Nachdem sie überantwortet hatten
Die Handauflegung,
Und nahmen mit sich Johannes,
Mit dem Zunamen Marco.
Barnabas aber gab Rat,
Dass sie mit sich nähmen Johannes,
Mit dem Zunamen Marco.
Und sie kamen scharf aneinander,
Also dass sie voneinander zogen
Und Barnabas zu sich nahm Marco
Und schiffte nach Zypern.
Es grüßt euch Aristarch,
Mein Mitgefangener,
Und Marco,
Der Neffe des Barnabas,
Über welchen ihr etliche Befehle empfangen habt,
So er zu euch kommt, nehmt ihn auf!
Lukas allein ist bei mir.
Marco nimm zu dir
Und bringe ihn mit dir;
Denn er ist mir nützlich zum Dienst.
Marco,
Aristarch, Demas, Lukas,
Meine Gehilfen.
Es grüßen euch,
Die samt euch auserwählt sind
Zu Babylon,
Und mein Sohn Marco.
*
Ein
Mönch kam in ein Gasthaus und wollte dort übernachten. Um am
nächsten Tag nichts zu vergessen, schrieb er im Bett noch folgenden
Zettel: Der Rock auf dem Stuhl, die Bibel auf dem Nachttisch, der
Rosenkranz daneben, ich im Bett. - Am nächsten Morgen stand er auf
und nahm den Zettel, er fand alles wieder, der Rock war auf dem
Stuhl, die Bibel auf dem Nachttisch, der Rosenkranz lag daneben. Er
zog sich an und steckte alles ein. Dann sah er vorsichtshalber noch
einmal auf den Zettel und las: Ich im Bett. Er schaute ins Bett, aber
- da war er nicht! O WEH, ICH HABE MICH SELBST VERLOREN! WO BIN ICH?
Er durchsuchte die ganze Herberge und FAND SICH SELBST NICHT!
Schließlich legte er sich erschöpft und verzweifelt ins Bett, und
siehe, Ich im Bett - ICH HABE MICH SELBST GEFUNDEN!
*
Ich
weiß nicht, ob du Zeit hast, dies zu lesen und womöglich gar zu
kommentieren, aber ich wollte dir dies schreiben. In den letzten zwei
Jahren lernte ich einen katholischen philosophischen Standpunkt
kennen, der die Evolutionstheorie ablehnt, weil es ein Prinzip der
Entwicklung der einen Art aus der anderen Art verkündet. Der Gedanke
der Entwicklung geht auf Hegel zurück, der sagte, dass die absolute
Idee Gottes sich durch die Natur hindurch entwickelt bis zum
Selbstbewusstsein des vernünftigen Menschen, da Gott erst wahrhaft
Gott geworden sei. Das haben meine Neu-Scholastiker natürlich zu
Recht abgelehnt: Gott ist kein werdender Gott, sondern ein
ewig-seiender: Jesus Christus gestern, heute und in alle Ewigkeit
derselbe! Diese Neu-Scholastiker sagten, Gott habe die Urtypen nach
dem besonderen Art-Logos geschaffen. Nun lese ich gerade meinen
Freund Wladimir Solowjew, einen orthodoxen Religionsphilosophen, der
sagt: Hegel hatte nicht Recht, das Prinzip der Entwicklung in das
Absolute, die Gottheit, zu legen, aber seine große Leistung war, das
Prinzip der Entwicklung in der Weltseele erkannt zu haben. Solowjew
sagte, das erste Auftreten einer organischen Zelle in einer
anorganischen Masse sei ein „Wunder“, so auch das erste Auftreten
von Bewusstsein (in den Tieren) sei ein „Wunder“, so auch das
erste Auftreten von vernünftigem Selbst-Bewusstsein, freiem Willen
und Person inmitten von Orang-Utans sei ein „Wunder“, aber dies
alles sei noch dem Tod unterworfen. Der Tod ist ein Sieg der Materie
über den Geist, ein Sieg des Chaos über die vernünftige Ordnung.
Erst die Auferstehung des Gottmenschen (Christus) sei ein
vollkommener Sieg des lebendigen Geist-Prinzips über das chaotische
Materie-Prinzip, über den Tod. Christus war die vollkommene
Geist-Person und habe sich die Materie vollkommen unterworfen. Er ist
der Erstgeborene aus den Toten, und alle Christen, die teilhaben an
der Auferstehung zum Leben, vollziehen dieses letzte natürliche
„Wunder“, nach dem Menschen kommt das Gottmenschentum (Christus
ist Gottmensch von Natur, die Christen sind Gottmenschen aus Christi
Gnade). Insofern weist das Prinzip der Entwicklung (oder Evolution)
doch keine Sinnlosigkeit auf, keine Ziellosigkeit, sondern das Ziel
der Evolution in der Weltseele ist das Gottmenschentum und das ewige
Leben, der vollkommene Triumph des Geistes über den Tod.