Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

MARION BUSSE



Drama
 

Von Josef Maria Mayer


ERSTER AKT


ERSTE SZENE


(Der Ort Norden in Ostfriesland. Vor dem Hotel zur Post stehen einige Leute. Unter ihnen der Student Peter Schwan.)

LEUTE
Ein Wagen wird aus Dornum kommen, der
Wird Jungfrau Marion nach Norden bringen –
Man hört sehr viel von ihrer reinen Schönheit –
Sie gilt zugleich als unberührte Jungfrau –
Auch ist sie Künstlerin und selber Muse –
Wenn sie erscheint, wird sie uns sicher blenden –
Ich habe jüngst Lysistrata gesehen,
Die Frau allein wird uns den Frieden bringen –
Hat einer ihre Augen schon gesehen? –
Wird sie alleine kommen oder wird
Ihr Bruder Heinrich Buße sie begleiten? –
Was sagst denn du dazu, mein lieber Schwan?
PETER SCHWAN
Ich hörte wohl, sie sei ein Wundermädchen,
Doch ob sie von der Liebe etwas weiß?
LEUTE
Ach Peter Schwan, Student und Bettelbruder,
Was weißt du selber von der Liebe denn? –
Der arme Peter, der weiß nichts von Liebe –
Der ist so rein wie eine keusche Jungfrau –
Der hat noch nie ein schönes Weib geküsst –
Der hat die Manneskraft noch nicht betätigt –
Ja, reden kann er! Aber kann er küssen? –
Er ging den Frauen immer aus dem Weg –
Für ihn ist Sinnlichkeit wohl eine Sünde –
Du bist ein Dichter, kennst die Liebe nicht?
PETER SCHWAN
Ja, Dichter bin ich, kenn die Liebe wohl.
LEUTE
So sing uns doch ein Liedchen von der Liebe.
PETER SCHWAN
(singt)

Die Liebe stammt vom Himmel ab,
Denn ewig ist die Liebe!
Ich lieb die Liebe bis zum Grab,
Daß ich im Himmel bliebe.

Die Liebe führt ins Himmelreich,
Ist uns von Gott gegeben,
Die Liebe ist der Gottheit gleich,
Schenkt uns das wahre Leben.

Bei Liebe kenn ich keinen Spott
Und höhn nicht mit den Spöttern,
Denn durch die Liebe wird uns Gott
In Ewigkeit vergöttern!


ZWEITE SZENE


(Vor dem Hotel zur Post. Im Wagen kommen an: Marion Buße und ihr Bruder Heinrich Buße. Mit ihnen kommt der Bankangestellte Michael Franke an. Sie steigen aus und sprechen abseits von den Leuten miteinander.)

HEINRICH BUSSE
Der Vater Heinrich Buße senior hat
Beschlossen, dass du in ein Kloster sollst.
MARION BUSSE
O Bruder, welches Kloster soll es sein?
HEINRICH BUSSE
Der Karmel Unsrer Lieben Frau vom Frieden
In Köln solls sein, dort sollst du hinter Gittern
Dem ganzen Stammbaum derer von der Buße
In strengen Opferleiden Sühne leisten.
MARION BUSSE
Mich aber reizt das Leben mehr der Kunst.
Ich möchte eine junge Muse sein
Und selber Meisterin der Malerei.
HEINRICH BUSSE
Was so ein junges Mädchen alles will!
Du sollst nur wollen, was der Vater will!
MICHAEL FRANKE
Doch solche Klosterschwestern, die geloben
Doch Armut? Armut ist ein elend Ding.
Das Geld muss alles doch zuwege bringen!
HEINRICH BUSSE
Nein, Marion soll nicht der Eitelkeit
Der Welt verfallen! Nichtigkeit ist alles!
MICHAEL FRANKE
Doch solche Klosterschwestern auch geloben
Vor Gott die Keuschheit und Jungfräulichkeit.
Willst du die Liebe ihr denn vorenthalten?
HEINRICH BUSSE
Sie soll nicht gehn den Weg der Hurerei,
Der heute ist der allgemeine Weg.
MICHAEL FRANKE
Doch solche Klosterschwestern auch geloben
Gehorsamkeit vor Mutter Oberin.
HEINRICH BUSSE
Gehorsam soll sie ihrem Vater sein,
Der will, dass Marion wird Karmelschwester.
MARION BUSSE
Und wenn der Vater so mein Unglück will?
Nein, hinter Gittern möchte ich nicht leben!
Ich möchte schaun das Erdenparadies
Und malen alle Winkel meiner Seele!


DRITTE SZENE


(Marion Buße nähert sich dem Hotel zur Post. Peter Schwan erblickt sie – es ist Liebe auf den ersten Blick!)

PETER SCHWAN
Beim Heiland! Welche tiefen Zauberblicke!
Wie magisch schauen mich die Monde an!
Ich seh in diesen großen Mondenaugen
Die Seele einer lang vergangnen Welt,
Ich glaube gar, in einem andern Leben
War Marion mir Schwester oder Frau!
MARION BUSSE
Wie heißt du? Mensch, ich sehe es dir an,
Du bist ein Dichter oder sonst ein Künstler.
PETER SCHWAN
Ich bin ein Dichter. Manchmal mal ich auch
Ikonen einer strahlenden Madonna
Und manchmal spiele ich auf dem Piano
Von Träumereien oder Mondsonaten.
MARION BUSSE
Mit dir will ich ein großes Kunstwerk schaffen.
Wie wär es mit Theater-Marionetten?
PETER SCHWAN
Ja, soll ich ein Theaterstück dir dichten?
MARION BUSSE
Ja, von der Offenbarung Sankt Johannes.
PETER SCHWAN
Du bist die große Dame auf dem Mond!
MARION BUSSE
Die Dame der geheimen Offenbarung,
Ach, sie erinnert mich grad jetzt daran,
Mein Vater will, ich soll ins Kloster gehen,
Ich soll ins Kölner Karmelkloster gehen.
PETER SCHWAN
Auch ich will oftmals in ein Kloster gehen,
Doch wenn ich’s recht bedenke, will ich nicht
Ins Männerkloster zu den strengen Brüdern,
Nein, lieber Glöckner sein im Schwesternkloster!
MARION BUSSE
Ein Dichter braucht ja immer eine Muse.
PETER SCHWAN
In dir hab ich gefunden meine Muse!
Ich sah dich vorher schon in meinen Träumen.
MARION BUSSE
Mein Bruder kommt. Ich kann nicht weiter reden.
PETER SCHWAN
Komm heute Abend in die Schenke dort,
Zur Borke heißt die Schenke, siehst du, dort,
Dann wollen wir von unsrer Zukunft reden.


VIERTE SZENE


(Im Hotel zur Post. Michael Franke spricht mit dem Hotelwirt. Neben ihm am Tresen steht Enno Fink, ein Trinker.)

MICHAEL FRANKE
Hotelwirt, hast du dieses Weib gesehen?
HOTELWIRT
Die junge Frau mit Namen Marion?
MICHAEL FRANKE
Ach, Namen sind ja nichts als Schall und Rauch,
Ob Marion, ob sie nun Eva heißt,
Ein Klasseweib von ganz besondrer Schönheit!
Zu schade doch für hohe Klostermauern
Und die Klausur im Schatten dichter Gitter.
Hotelwirt, hier hast du genügend Geld,
Bestell mir einen Wagen für heut Nacht.
HOTELWIRT
Verlässt du uns schon wieder, guter Mann?
MICHAEL FRANKE
Ja, ich verlasse dies Ostfriesland heute
Um Mitternacht und zwar mit Marion.
HOTELWIRT
Entführen willst du dieses schmucke Mädchen?
MICHAEL FRANKE
Als Schmuckstück soll sie mir mein Leben schmücken.

(Enno Fink, der zugehört hat, entfernt sich unauffällig und tritt aus dem Hotel zur Post und redet mit seinem Freund Peter Schwan, der draußen bei einem Glas Bordeaux sitzt.)

ENNO FINK
Mein lieber Peter Schwan, mein Saufkumpan,
Der Franke Michael, der Bankmann drinnen,
Entführen will er deine Marion.
PETER SCHWAN
Entführen will er Marion? Und wann?
ENNO FINK
Heut grade zu der Zeit der Mitternacht.
Er hat sich einen Wagen schon bestellt.
PETER SCHWAN
Ach, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
ENNO FINK
Da musst du schneller sein, mein lieber Dichter.
PETER SCHWAN
Heut seh ich in der Borke Marion,
Am späten Abend werden wir uns treffen,
Ich frag sie, ob sie mit mir fliehen will.


FÜNFTE SZENE


(Die Schenke Zur Borke in Norden. Peter Schwan und Marion Buße sitzen am Tisch. Vor der Schenke steht schon der Wagen, den Michael Franke bestellt hat. Es ist kurz vor Mitternacht.)

PETER SCHWAN
Komm, meine stumme Taube unter Fremden,
Komm mit mir, vielgeliebte Colombine!
MARION BUSSE
Wenn ich die Colombine bin, bist du
Pierrot, der melancholische Gefährte.
PETER SCHWAN
Wir wollen durch Europa ziehn und singen
Und lustig musizieren wie Zigeuner.
(Er singt)

O Gott, ich hab dich wirklich lieb,
Denn du beschenkst den Pferdedieb!
Gestohlen hab ich Pferde viel,
Nun dank ich dir beim Kartenspiel!

MARION BUSSE
Du bist ein Träumer, trauriger Pierrot.
PETER SCHWAN
Ich aber liebe dich und brauche dich
Und wer gebraucht wird, der ist nicht mehr frei.
MARION BUSSE
Will nicht gebraucht sein, sondern will geliebt sein!
PETER SCHWAN
Da draußen steht der Wagen, den dein Michael
Bestellt, bezahlt hat, um dich zu entführen.
Laß uns in diesen Wagen steigen, fliehen!
MARION BUSSE
Wie Mohammed geflohen ist aus Mekka
Und kam dann nach Medina als Prophet.
PETER SCHWAN
Ich bin Prophet, und du bist meine Muse,
Madonna der geheimen Offenbarung!
MARION BUSSE
Zieh mich dir nach und laß uns eilen, Liebster!

(Sie verlassen die Schenke. Vor der Tür stehen Leute. Peter und Marion steigen in den Wagen und fahren ab. In dem Augenblick kommen Heinrich Buße und Michael Franke. Sie sehen Marion flüchten.)

HEINRICH BUSSE
So lässt du Vaterhaus und Vaterland?
MICHAEL FRANKE
Und du wirst dennoch mein, du wildes Weib!
DIE LEUTE
Ihr Narren! Ist euch euer Schatz geraubt? –
Den Käfig hat das Vögelein verlassen –
Jetzt steht ihr da, verdutzte Idioten –
Lasst fahren alles allzu Flüchtige –
Wer Frauen traut, der hat auf Sand gebaut –
MICHAEL FRANKE
Lacht nur! Auf meiner Seite ist das Geld!
Seit Eva lieben Frauen goldnen Schmuck!


ZWEITER AKT


ERSTE SZENE


(Peter Schwan und Fräulein Buße in Paris, in einer sehr schlichten Dachkammer.)

PETER SCHWAN
Wie schön ist unsre Kammer unterm Dach!
Geliebte, in der Liebesstadt Paris
Ich will nun stets an deinen Brüsten liegen!
Nur aus dem Hause geh ich, Brot zu kaufen,
Kaffee zu kaufen, nicht mal roten Wein.
Ich brauche keinen Rausch des Weines mehr,
Wenn trunken ich an deinen Brüsten liege!
FRÄULEIN BUSSE
Geliebter, schön ist doch die Jugendzeit,
Paris, die Stadt der Liebe, ist so schön!
Ich möchte einmal sehen Notre Dame!
PETER SCHWAN
Du bist ja Notre Dame, und ich dein Glöckner!
FRÄULEIN BUSSE
Wir haben leider bald kein Geld mehr, Lieber.
PETER SCHWAN
Dann male doch ein Bild, du Künstlerin!
FRÄULEIN BUSSE
Soll malen ich den androgynen Vater,
Der trägt ein Glied inmitten seiner Schenkel
Und Frauenbrüste an dem Oberkörper?
PETER SCHWAN
Mal du das herrliche Geschlecht des Mannes
Vereint mit dem Geschlechte eines Weibes!
FRÄULEIN BUSSE
Du kennst doch die französische Komödie?
PETER SCHWAN
Wovon denn handelt die Komödie Frankreichs?
FRÄULEIN BUSSE
Nun, eine schöne Frau liebt einen Mann,
Der Mann weiß aber gar nicht, was er will,
So plappert er Gered der Philosophen,
Sie aber müht sich sehr um den Geliebten
Und schließlich: Sie vereinen sich im Bett.
PETER SCHWAN
Geliebte, lass doch Notre Dame und lass
Die Isle de la Cité, den Bogen des
Triumphes, die Elysischen Gefilde,
Hotel de Dieu und Efeuturm und komm,
Geliebte, komm zu mir ins breite Bett!
Victor Hugo beschrieb einst eine Straße,
Die rue de paradis, da sagte er:
Das war mein Paradies, das war das Bett,
Dort liebte ich die göttliche Julie!


ZWEITE SZENE


(Marion Buße trifft ihren Bruder Heinrich Buße in Paris, wie zufällig, auf der Straße. Er führt sie zu Michael Franke, der in einem reichen Viertel wohnt.)

MARION BUSSE
Mein Bruder! Du bist also in Paris?
HEINRICH BUSSE
Da wo die Schwester ist, da ist der Bruder.
MARION BUSSE
Willst du mit mir nicht einen Kaffee trinken?
HEINRICH BUSSE
Ja, aber nicht in dem Café der Straße,
Ich weiß da eine Wohnung, wo willkommen
Nicht nur der Bruder, noch vielmehr die Schwester.

(Sie kommen an ein vornehmes Haus.)

MARION BUSSE
Wer wohnt in dieses Hauses Herrlichkeit?
HEINRICH BUSSE
Ein Mann, der große Sehnsucht nach dir hat.

(Sie klopfen an. Michael Franke öffnet die Tür.)

MARION BUSSE
Der Franke Michael! Was machst du hier?
MICHAEL FRANKE
Komm nur herein, geliebte Marion!
Zwar heute ist nicht grad der Weihnachtstag,
Doch hab ich einen ganzen Berg Geschenke
Für meine angebetete Geliebte!
MARION BUSSE
Ich bin des Elends meiner Armut satt!
Ja, wenn die ganze Menschheit elend wär,
Ich fügte mich bescheiden in das Schicksal.
Nun geht es aber allen Menschen gut,
Nur, weh mir, ich allein bin arm und elend.
MICHAEL FRANKE
Ja, Bettelmönche mögen das verklären
Und Künstler das vielleicht romantisch finden.
Ich glaube nicht, dass stinken tut das Geld.
Schau, hier ist Schmuck aus Südamerika,
Der Maya Gold, ich leg es dir zu Füßen.
Ich schenke dir ein goldenes Peru.
MARION BUSSE
Der Schmuck ist schön. Ich danke dir dafür.

(Sie legt den Schmuck an und besieht sich im Spiegel.)

MICHAEL FRANKE
Nicht danken sollst du, liebe mich dafür!


DRITTE SZENE


(In der Wohnung von Michael Franke. Marion Buße ist schön gekleidet und reich geschmückt. Einige Freunde von Michael Franke sind zu einem abendlichen Fest gekommen.)

MICHAEL FRANKE
Schaut, meine Freunde, diese schöne Frau!
FREUND 1
Ich dreh mich auf der Straße nach ihr um.
FREUND 2
Die ist noch schöner als mein eignes Weib.
FREUND 3
So schön ist sie und so ein liebes Wesen.
FREUND 4
Sie ist die Mutter der Barmherzigkeit.
MICHAEL FRANKE
Und heute Abend wird sie für uns tanzen.
FREUND 1
Ja, wird sie für uns tanzen auf dem Tisch?

(Michael Franke stellt einen Musikapparat an, es ertönt orientalische Tanzmusik. Marion Buße tanzt einen orientalischen Bauchtanz.)

MICHAEL FRANKE
So tanzt die Bajadere für die Götter!
FREUND 1
So tanzte Salome für Sankt Johannes.
FREUND 2
He, Freunde, haltet eure Köpfe fest!
MICHAEL FRANKE
Sagt, hab ich nicht ein wunderschönes Weibchen?
FREUND 3
Das passt sehr gut, ein Mann mit reichlich Geld,
Ein schönes Weib dazu mit goldnem Schmuck.
FREUND 2
So, Michael, kannst du dich sehen lassen
In der Gesellschaft, die die gute heißt.
Ein schönes Weib ist wie ein teures Schmuckstück.
FREUND 4
Ist sie auch anschmiegsam wie eine Katze?
MARION BUSSE
Die Katzen auf den Dächern von Paris
Sind nicht so zärtlich anschmiegsam wie ich.
MICHAEL FRANKE
Ihr habts gehört. Ich bin der Herr im Haus,
Sie ist der Edelstein in meiner Krone,
Ich bin ihr Haupt und habe hier zu sagen,
Ich liebe sie wie meinen eignen Leib.
MARION BUSSE
Ich ehre dich und bin dir auch gehorsam.
FREUND 4
Auf Erden habt ihr schon das Paradies.


DRITTE SZENE


(In Michael Frankes Haus. Michael Franke und seine Freunde gehen aus dem Haus, um in den öffentlichen Häusern weiter zu feiern. Marion Buße schaut wehmütig aus dem Fenster. Da treten Heinrich Buße und Peter Schwan ein.)

PETER SCHWAN
Geliebte, meine Flötenspielerin,
Ich lege dir die Rose hier zu Füßen!

(Peter Schwan legt Marion Buße eine rote Rose zu Füßen. Sie hebt die Rose auf und pflückt die Blütenblätter einzeln ab und verstreut sie im Raum.)

MARION BUSSE
Ich schenk die rote Rose deiner Liebe
Der ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung!
PETER SCHWAN
O hohe Herrin, laß mich knien vor dir,
Leg du mir deine Hände auf das Haupt
Und gib mir deinen göttingleichen Segen!

(Er kniet vor ihr. Sie legt ihm die Hände auf das Haupt.)

MARION BUSSE
Die Weisheit Gottes ewig sei mit dir!
Doch nun erhebe dich und sage mir,
Warum bist du gekommen und was willst du?
PETER SCHWAN
Ich wollt noch einmal deine Augen sehn!
MARION BUSSE
Ich hab von dir geträumt, mein lieber Schwan,
Wir kennen uns seit Millionen Jahren.
PETER SCHWAN
Umarme mich, Madonna meiner Seele!

(Sie umarmen sich.)

MARION BUSSE
Geh, du mein lieber Freund, ich komme nach.
Ich will den Schmuck aus Südamerika
In einem Koffer doch noch mit mir nehmen.
Nun geh, bevor dich Michael entdeckt,
Sonst bist du deines Lebens nicht mehr sicher.
Wir treffen uns in unsrer Künstlerbude!

(Peter Schwan ab. Marion Buße packt ihren Schmuck in eine Tasche und geht auch ab.)


VIERTE SZENE


(Marion Buße verlässt gerade mit ihrer Tasche voller Schmuck die Wohnung von Michael Franke, da begegnet ihr vor der Tür Michael Franke, der mit einem Polizisten im Gespräch ist. Er entdeckt, dass sie mit dem Schmuck fliehen will.)

MICHAEL FRANKE
So dankst du mir, du liederliche Hure?
MARION BUSSE
Kein Weib wird gern als Hure angeredet.
MICHAEL FRANKE
Und doch, ich weiß es schon seit Jugendtagen,
Wenn einer nicht von Huren reden soll,
So muss er überhaupt von Weibern schweigen.
MARION BUSSE
Nicht weil du Geld hast, bleibe ich bei dir.
Ich habe keine Angst vor Not und Elend.
MICHAEL FRANKE
So seid ihr Künstler, Hungerleider seid ihr,
Die Herrin Armut preist ihr hochgesinnt,
Doch von dem Bankmann nehmt ihr gern den Schmuck.

(Er wendet sich an den Polizisten.)

Gendarm, die Hure hier hat mich bestohlen,
So machen Sie nur mal die Tasche auf,
Sie finden Schmuck aus Südamerika.
MARION BUSSE
O Michael, den hast du mir geschenkt!
POLIZIST
Wem denn gehört nun dieser goldne Schmuck?
MICHAEL FRANKE
Mir, mir allein, ich habe ihn gekauft,
Ich habe dieses Weib damit geschmückt,
Dass ich mich sehen lassen kann in der
Gesellschaft feiner Leute mit der Dirne.
Ich habe diesen Schmuck doch nicht gekauft,
Dass sie ihn trägt zu ihrem Bettelmönch!
POLIZIST
Madam, ich muss sie leider jetzt verhaften.
MARION BUSSE
Zum Himmel schreit die Ungerechtigkeit!
POLIZIST
Sie können einen Advokaten nehmen.
MARION BUSSE
Ja, diese Advokatenklasse kenn ich,
So sagte einst ein Advokat zum Richter:
Ja, mein Klient, er ist des Todes schuldig!


DRITTER AKT


ERSTE SZENE


(Marion Buße im Gefängnis. Ihr Advokat Herr Benoni ist bei ihr.)

MARION BUSSE
Was hat beschlossen das Gericht? Was gibt’s?
HERR BENONI
Das Todesurteil über dich erging.
MARION BUSSE
Gut. Soll ich sterben, also sterbe ich.
HERR BENONI
Doch ich verwandelte das Todesurteil
In lebenslange Haft in dem Gefängnis
Sankt Quentin drüben in Amerika.
MARION BUSSE
So lehrte schon der weise Denker Platon,
Dass meine Seele Schuld auf sich geladen
Und aus dem Himmel der Ideen fiel
In einem ersten Sündenfall am Anfang
Und kam in das Gefängnis der Materie
Und wandte sich mit Lust dem Fleische zu.
Doch kommt der Advokat, der Paraklet,
Der Geist zur Seele kommt in das Gefängnis.
HERR BENONI
So sagt man, Heilig Geist ist Advokat,
So ist der Advokat wohl Heilig Geist.
MARION BUSSE
Der wahre Paraklet befreit die Seele
Und löst sie aus dem Kerker ihres Fleisches.
HERR BENONI
Morbide Philosophensprüche dies!
Mir, mir hast du dein Leben zu verdanken!
MARION BUSSE
Was soll ich mit dem Leben in Sankt Quentin?
HERR BENONI
Wenn du schon Philosophensprüche liebst:
Im Dasein ist verborgen eine Schuld,
Die Menschen fressen Tiere und die Tiere
Selbst fressen Tiere und sie fressen Pflanzen
Und alles ist voll Sterben und Verwesung.
Begleiche du die Sünden deines Daseins,
Begleiche du die Schuld der Existenz,
Indem du in Sankt Quentin Buße tust,
Wie schon dein Name dich berufen hat,
Weil Nomen Omen ist und du bist Buße.
MARION BUSSE
So will ich Buße tun, doch nicht allein
Für meine Sünde, sondern für die Schuld
Der Väter auch und auch der ganzen Menschheit.


ZWEITE SZENE


(Vor dem Gefängnis, in dem Marion Buße sitzt, stehen schwarzgekleidet Heinrich Buße und Peter Schwan. Mondhelle Nacht.)

HEINRICH BUSSE
Die Schwester zu befreien, ach, vergebens!
PETER SCHWAN
Vergebens! Großes Wort des ganzen Lebens!
HEINRICH BUSSE
Was nur der Menschengeist vermag – vergebens!
PETER SCHWAN
Ach, alle Mühen unsrer Kraft – vergebens!
HEINRICH BUSSE
Des Lebens Arbeit – nichts als Nichtigkeit!
PETER SCHWAN
Ganz wie die Ohnmacht des Allmächtigen!
HEINRICH BUSSE
Vergebne Liebesmüh das ganze Drama!
PETER SCHWAN
Die Seele ist ein Vögelchen im Käfig.
HEINRICH BUSSE
Was kann ich noch für meine Schwester tun?
PETER SCHWAN
Ach, könnten meine Tränen sie befreien!
HEINRICH BUSSE
Die Menschenfeinde haben sie gefangen.
PETER SCHWAN
Der Menschenfreund bleibt ohne Macht zurück.
HEINRICH BUSSE
Wie dunkel ist doch dieses Erdental!
PETER SCHWAN
Ja, lacrimosum valle – diese Erde!
HEINRICH BUSSE
Wenn Gott Gewitter von dem Himmel schickte!
PETER SCHWAN
Wenn Gottes Donner diese Wände bräche!
HEINRICH BUSSE
Die Gottheit hüllt sich ein in tiefes Schweigen.
PETER SCHWAN
Vorsehung Gottes, siebenfach verschleiert!
HEINRICH BUSSE
Ergeben wir uns still in Gottes Willen.
PETER SCHWAN
So mancher hilft sich mit dem Fatalismus.
HEINRICH BUSSE
O dunkle Seele unsrer armen Ohnmacht.
PETER SCHWAN
Die Liebe ist ein Opfer der Gemeinen.
HEINRICH BUSSE
Vermählen wir mit ihrem unser Opfer.
PETER SCHWAN
Der Tod erlöst uns? Ach, wir sind unsterblich.


DRITTE SZENE


(Im Hafen von Marseille liegt das Schiff Sankt Maria, das Marion Buße nach Amerika bringen soll, ins Gefängnis Sankt Quentin. Marion Buße wird in Ketten von einem Polizisten auf das Schiff gebracht.)

MARION BUSSE
O jenseits von den Säulen Herkules’
Die Insel liegt im Wasser dort, Atlantis.
POLIZIST
Europa war ein junges Mädchen einst
Und schwamm auf Gottes weißem Stier nach Kreta.
MARION BUSSE
Frau Simonetta war die schlanke Venus,
Ihr Bruder war Americo, der Seemann.
POLIZIST
Europa aber auf drei Säulen ruht,
Ruht auf Jerusalem, Athen und Rom.
MARION BUSSE
Doch wenn Atlantis wieder aus dem Meer taucht?
POLIZIST
Europa ist der Gipfel der Kultur.
MARION BUSSE
Die Indianerin Amerika,
Die Kaiserin der zwei Amerika,
Erwartet sie mich im gelobten Land?
POLIZIST
In Deutschland Denker sind und Dichter sind,
In Frankreich leben glücklich die Verliebten,
In Roma aber residiert der Papst.
MARION BUSSE
Wenn die jungfräuliche Amerika
Aus dem Atlantik auftaucht, jung und nackt,
Und wenn sie naht sich der Virginia,
Wenn Göttin Freiheit hoch die Fackel hält,
Dann bin ich wohl in Gottes eignem Land?
POLIZIST
Hier ist das Abendland der Mutter Kirche.
Dort tümmeln sich fanatisch nur die Sekten.
MARION BUSSE
Doch dort ist Mexiko, das Land des Mondes!
POLIZIST
Vom Land des Mondes kriegst du nichts zu sehen,
Sankt Quentin schließt dich ein in seine Mauern.
MARION BUSSE
Ist denn die ganze Erde ein Gefängnis?
POLIZIST
Die Flut des Bösen ist gewaltig groß!
MARION BUSSE
Wie halt ich auf die große Flut des Bösen?
Soll denn mein Leben eine Agonie sein?
POLIZIST
Nun schweige, Marion, sei still vor Gott
Und lausche auf das Schweigen deiner Gottheit.


VIERTE SZENE


(Nacht. Das Schiff Sankt Maria liegt im Hafen von Marseille. Peter Schwan, schwarz gekleidet wie die Nacht, schleicht sich an.)

PETER SCHWAN
Sie haben meinen Liebling mir entführt!
Ihr Bösen, wenn ihr eure Dichter stört,
So sei es euch vergeben und vergessen,
Doch reißt nicht die Verliebten auseinander!
O welcher Groll in meiner Seele tobt!
Vergeben soll ich euch? So will es Christus!
Ich aber rufe zu dem Gott der Rache
Und der Gerechtigkeit und der Vergeltung:
O Gott der Rache, häufe diesen Bösen
Die Gluten deines Zornes auf ihr Haupt!
O Gott der Rache, du vergelte ihnen,
Wie diese Übeltäter es verdient!
O Gott der Rache, spare deinen Zorn nicht,
Gib diesen Unfruchtbaren keine Kinder!
O Gott der Rache, diese Übeltäter,
Lass ernten sie die Früchte ihrer Werke!
O Gott der Rache, wie sie lieblos waren,
Gib ihrer Feindschaft den verdienten Lohn!
O Gott der Rache, wie du strafen kannst,
So strafe ohne weibliches Erbarmen!
O Gott der Rache, strafe diese Sünder,
Die mit der Sünde deine Huld beleidigt!
O Gott der Rache, fege von der Erde
Den ganzen Haufen dieser Bösen fort!
O Gott der Rache, tilge ihre Sippschaft,
Die Unfruchtbaren bleiben unfruchtbar!
O Gott der Rache und Gerechtigkeit,
An Stätten der Gerechtigkeit herrscht Unrecht,
Gerecht bestrafe diese üblen Leute!
O Gott der Rache, lass nicht in den Himmel
Die Lästermäuler und die Schlangenzungen!
O Gott der Rache, lass nicht in den Himmel
Die Unfruchtbaren und die Kindermörder!
O Gott der Rache, lass nicht in den Himmel
Die Ungerechten, straf sie im Gericht!
Mir aber gib in allen Ewigkeiten
Den Schatz zurück, den Liebling, den ich liebe!
O Gott der Liebe, gieße deine Huld aus
Und deinen Segen über die Gefangne!
O Gott der Liebe, segne die Gefangne
Und schütz sie mit dem Mantel des Erbarmens!
O Gott der Liebe, öffne deinen Himmel
Für meinen Schatz, den ich so brennend liebe!
O Gott der Liebe, rette du dein Kind,
Schenk Wonne ihr in Zeit und Ewigkeit!

(Peter Schwan schleicht sich als blinder Passagier auf die Sankt Maria.)


VIERTER AKT


ERSTE SZENE


(Alabama in den Vereinigten Staaten von Amerika. Peter Schwan und ein Franziskaner vom Ewigen Wort.)

PETER SCHWAN
Ich habe meinen allerschlimmsten Feind
Verflucht, verdammt, und oft schon umgebracht!
PATER
Und sollst doch deinen Feinden all vergeben.
PETER SCHWAN
Wie oft schon habe ich vergeben, doch
In jeder Nacht erneuert sich der Haß!
PATER
So denke du an Jesus an dem Kreuz:
Verzeihe, Vater, allen meinen Mördern,
Sie wissen nicht, was Böses sie getan!
PETER SCHWAN
Und wenn ich selber wie der Herr verzeihe,
So kommt mir doch zurück die Lust der Rache!
PATER
Ja, sagt man zwar, die Rache ist so süß,
Doch wenn du deinen Feinden nicht vergibst,
Vergibt dir Gott auch deine Sünden nicht.
PETER SCHWAN
Ich glaube, dass ich meinen Feind getötet,
Ich habe ihn hinabgeschickt zur Hölle!
PATER
Die Mörder kommen nicht ins Himmelreich.
PETER SCHWAN
Wenn nur mein Feind nicht in den Himmel kommt!
PATER
Ja, willst du denn nicht in den Himmel kommen?
PETER SCHWAN
Wenn ich nur Marion auf Erden habe!
PATER
Und soll nicht Marion im Paradies
Glückselig sein in aller Ewigkeit?
PETER SCHWAN
Sie ist ja eine Heilige, gewiß
Gibt Gott ihr einen Thron beim Thron Mariens.
PATER
Das weiß man nicht. Das steht allein bei Gott.
PETER SCHWAN
Ach, was ich alles litt für Marion,
Das wird ihr doch das Paradies verdienen!
PATER
Und du? Dein Schicksal in der Ewigkeit?
PETER SCHWAN
Am Fuß des Fegefeuers will ich knien
Und schaun zu Marion im Paradies!


ZWEITE SZENE


(Marion Buße und Peter Schwan in der Wüste von Mexiko.)

PETER SCHWAN
Als Israel zog aus Ägyptenland,
Sie zogen vierzig Jahre durch die Wüste.
Elias floh vor Fürstin Isebel,
Da ging er vierzig Tage durch die Wüste.
Herr Jesus wurde von dem Geist geführt,
War fastend vierzig Tage in der Wüste.
Im Anbeginn des Christentums die Mönche
Den Psalter betend lebten in der Wüste.
Die fromme Witwe Paula lebte auch
Studierend in der Bibel in der Wüste.
MARION BUSSE
Ja, Israel war in der Wüste Gottes
Und traute auf den Herrn für vierzig Jahre.
Elias auch war in der Wüste Gottes
Und betete zum Vater vierzig Tage.
Und Jesus fastete in Gottes Wüste,
Allein mit seinem Vater vierzig Tage.
Und in der Kirche ist die Zeit der Buße
Bis zu dem Osterfeste vierzig Tage.
PETER SCHWAN
Wie groß das Böse ist in dieser Welt!
Da zieh ich mich zurück von dieser Welt.
MARION BUSSE
Was sollen Schlangen und Skorpione auch
Uns schaden in der Wüste Mexikos?
Viel schlimmer sind der Menschen Schlangenzungen
Und Menschen, die wie die Skorpione stechen!
PETER SCHWAN
Wenn nur das Manna von dem Himmel fällt,
Dann frag ich nichts nach Knoblauch aus Ägypten.
MARION BUSSE
Und wenn wir fasten, wie es Jesus tat,
Und in der Wüste leben bei den Schlangen,
Dann kommen Engel auch und dienen uns.
PETER SCHWAN
Ich sah einst die Vision von meinem Engel,
Da war es eine Lichtgestalt als Schwester
In einem langen weißen Seidenkleid
Und angetan mit einem goldnen Gürtel
Und goldne Locken fielen auf die goldnen Flügel
Und aus den Flügeln schauten weiße Hände
Und in der schmalen Hand ein goldnes Schwert.
MARION BUSSE
Und auf dem Schwert der Name Gottes steht?
Doch, Peter Schwan, wie ist der Name Gottes?
PETER SCHWAN
Der Name Gottes ist Messias Jesus.


DRITTE SZENE


(In der mexikanischen Wüste. Marion Buße und Peter Schwan allein.)

MARION BUSSE
O Peter Schwan, mein Felsen und mein Petrus,
Ich habe solchen Durst! Mich dürstet sehr,
Ich weiß nicht, ob es dürstet mich nach Wasser,
Ich weiß nicht, ob es dürstet mich nach Liebe.
PETER SCHWAN
Ich möchte tränken dich mit meiner Liebe!
MARION BUSSE
Ich fühle jetzt, wie Quasimodo schrie
Vor Unsrer Dame von Paris in Qualen:
O Wasser, Wasser, Esmeralda, Wasser!
PETER SCHWAN
Wo soll ich Wasser finden in der Wüste?
MARION BUSSE
In meine Seele ist gefallen Feuer
Von einer Napalm-Bombe aus Vietnam
Und dieses Feuer kann kein Wasser löschen,
Ja, nicht einmal der Stille Ozean!
PETER SCHWAN
So will ich gehen, ob ich in der Wüste
Hier einen Kaktus finde, denn als Kind
Hab ich gelernt aus Indianer-Schriften,
Der Kaktus in der Wüste spendet Milch.
MARION BUSSE
Die Kaktus-Milch ist meine letzte Hoffnung.

(Peter Schwan entfernt sich.)

Du, Unsre Liebe Frau des Lichts, erscheine,
Du, Unsre Liebe Frau von Mexiko,
O steh mir bei in meiner Todesstunde!

(Peter Schwan erscheint wieder.)

PETER SCHWAN
O selig, dürstend nach Gerechtigkeit!
O selig, dreimal selig sind die weinen!
Glückselig sind die Ausgestoßenen!
Die Armen ruhen in den Armen Gottes!
MARION BUSSE
Kein Wasser, keine Kaktusmilch für mich?
PETER SCHWAN
Wie unbarmherzig ist die Wüstenwelt!
Kein Kaktus spendet seine Muttermilch!
MARION BUSSE
Die Erde ist ein Kaktus ohne Milch.

(Sie schweigen.)


VIERTE SZENE


(In der mexikanischen Wüste. Marion Buße liegt sterbend in den Armen von Peter Schwan.)

MARION BUSSE
Ich denke jetzt an meine liebe Mutter.
Unglücklich war die Liebe meiner Mutter
Zu mir, ich liebte meine Mutter nicht,
Unglücklich war auch meine Liebe zur
Geliebten Mutter, die mich nicht geliebt.
PETER SCHWAN
Verzeihe deiner Mutter, Marion,
Verzeihe dir die Sünde deiner Jugend,
Verzeihe Gott, der viel dir zugemutet!
MARION BUSSE
Jetzt sind wir beide ganz allein, mein Lieber,
Jetzt ist es Zeit, dass ich es dir gestehe:
Ich liebe dich mit meiner ganzen Seele!
PETER SCHWAN
Ich liebe dich in deiner Todesstunde
Und liebe dich in alle Ewigkeit!
MARION BUSSE
Ich gehe in das Reich von tausend Jahren
Und herrsche mit dem Herrn in seinem Himmel.
PETER SCHWAN
Wenn du im Reich der tausend Jahre bist
Und droben herrschst mit Christus in dem Himmel,
Dann bitte Gott, dass du mein Engel wirst!
MARION BUSSE
Dein Engel will ich werden, mein Geliebter!
PETER SCHWAN
Und wenn ich selber in den Himmel komme,
Dann will ich viele hundert Kinder haben!
MARION BUSSE
Du, Unsre Liebe Frau des Lichts, erscheine!
O komm zu mir, geliebtes Jesuskind!

(Marion Buße stirbt.)

PETER SCHWAN
O kleines Jesuskind, du bist so schön!

(Er neigt sich weinend auf die tote Marion Buße.)

Mit meinen Tränen lösch ich deinen Durst!
Ah weh mir, weh mir, Marion ist tot!
Ich bin allein in dieser Erdenwelt,
Vollkommen isoliert in dieser Wüste!
Nimm mich in deine Heiland-Arme, Tod!