Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DREI GEISTLICHE SONETTKRÄNZE



Von Josef Maria Mayer
 


ERSTER SONETTKRANZ
MARIA


1

Du bist die Neue Eva, Makellose,
Du sagtest zu dem Engel Gottes Ja,
Du sagtest: Ich bin Magd dem Ich-bin-da,
Dein Ohr geworden ist zum offnen Schoße.

Als Gabriel dir schenkte Gottes Rose,
Weil Gottes Aug voll Liebe auf dich sah,
Da wolltest du auch alles, was geschah,
Was Gott getan, das unaussprechlich große.

Die Ja gesagt zu Gott, die Neue Eva,
Die ist die Kirche auf dem Felsen Kefa,
Die Rose, die am Herzen Gottes blüht.

Du öffnest uns erneut den Garten Eden,
Wenn wir wie Israel, wie Mose beten,
Die Tochter Zion bist du, Moses Lied.


2

Die Tochter Zion bist du, Moses Lied,
Du bist die auserwählte Braut des Gatten,
Der Kirche Urbild du und wir der Schatten,
Du Israel, das in der Wüste blüht,

Du Stern, den deine Schar am Ziele sieht,
Du Garten Eden voller Blumenmatten,
Du Hoffnung, die wir in dem Dunkel hatten,
Du Scheide, die uns von der Sünde schied,

Du Tochter Israel, verlobt mit Jahwe,
Wir treten in den Bund mit jedem Ave,
Du Freundin, die uns in den Himmel zieht.

Wir weihen alle unsre Lebenstriebe
Der Braut des Herrn, der Mutter schöner Liebe,
Du bist die wunderschöne Sulamith.


3

Du bist die wunderschöne Sulamith,
Du junges schönes Mädchen voller Liebe.
Die sonst gekommen sind, sind alles Diebe,
Du aber bist Geschenk, das liebend glüht.

Du bist die Rose, die aus Liebe blüht,
Zu Gott aufstreben alle deine Triebe.
Ach dass ich stets in deiner Liebe bliebe,
Stets blieb in deinem liebenden Gemüt!

Dich liebte sehr der weise Salomo,
Du Vielgeliebte ihm, sein A und O,
Sophia, seine Braut, du Makellose.

Frau Weisheit bist du, uns von Gott geschenkt,
Die Liebe bist du, die das Weltall lenkt,
Frau Weisheit bist du, unbefleckte Rose.


4

Frau Weisheit bist du, unbefleckte Rose,
Geschaffne Weisheit du, der Weisheit Thron,
Die ungeschaffne Weisheit ist dein Sohn,
Du Feuer in dem Dornbusch, dich sah Mose.

Ob wir auch ziehn von Licht und Recht die Lose,
Erwarten den messianischen Äon,
Uns wird erst in der Ewigkeit der Lohn,
Das Glück erwartet uns, das übergroße.

Wir warten mit Maria, wie es frommt,
Auf den Messias Israels, der kommt,
Ach, dass ich den Messias bald liebkose!

Da kommt der Logos mit des Geistes Wind,
Des Weltalls Schöpfer wird ein kleines Kind,
Das Wort empfingest du in deinem Schoße.


5

Das Wort empfingest du in deinem Schoße,
Empfangen hattest du mit deinem Ohr.
Verschlossen östlich war des Tempels Tor,
Da ging der Herr durch diese Tür, die große.

Als Adam war geformt vom Erdenkloße,
Kam Eva aus der Rippe schön hervor.
Die Neue Eva Seraphim im Chor
Lobpriesen, die gebar als Makellose.

Der Neue Adam lebte in der Mutter,
Ihr Blut war seines Lebens erstes Futter,
Gott war in ihrem innersten Gebiet.

Die Leibesfrucht im Innern ihres Leibes
Schön glänzte auf dem Angesicht des Weibes.
Magnifikat auf deinen Lippen blüht.


6

Magnifikat auf deinen Lippen blüht
Und deine Lippen priesen laut den Retter.
Du jauchztest über diesen Gott der Götter,
Der Allerhöchste war dein Liebeslied.

Gott, der voll Gnade zu dir nieder sieht,
Der redet sonst in Donner, Sturm und Wetter,
Als sanfter Hauch bewegt er nun die Blätter,
Als Tau des Morgens auf die Aue sprüht.

Mit seinem rechten Arm entthront er Fürsten,
Er stillt die Armen, die nach Liebe dürsten,
Er ist die Liebe, die voll Eifer glüht.

Den du empfangen hast mit deinen Ohren,
Für uns hast du ihn in die Welt geboren,
Geboren hast du Gott in dem Gemüt.


7

Geboren hast du Gott in dem Gemüt,
In Bethlehem geboren in der Grotte
Als Kind die Majestät vom großen Gotte,
Der gnädig zu den Armen nieder sieht.

Da liegt das Kindlein in der Krippe, blüht
Wie eine Rose in dem Schnee, vom Spotte
Der Sünde unberührt, da wie die Motte
Verzehrt der Herr die Schönheit, die da glüht

Als Schönheit voller heißer Leidenschaft,
Die Sünde, übersteigend unsre Kraft,
Die Sünde wühlt dem Toren in dem Schoße.

Der Knabe, der das All in Händen hält,
Gekommen ist zum Heil, der Gott und Held,
Die Mutter liebte sehr der Sohn, der große.


8

Die Mutter liebte sehr der Sohn, der große,
Den Pflegevater liebte er zugleich.
Noch lehrte er uns nicht das Himmelreich,
Er war noch nah an seiner Mutter Schoße.

Wie Adam, einst geformt vom Erdenkloße,
Er liebte auch die Mutter Erde weich,
Als Knabe, sagt man, tat er manchen Streich,
Die Mutter liebte ihn, die Makellose.

Als Jüngerin ging mit ihm seine Mutter,
Die ihn genährt an ihres Busens Butter,
Sie führte zärtlich ihn zu seinem Kreuz.

O Mutter des Messias, unsre Wonne,
Du bittest und der Meister füllt die Tonne,
Du schenktest uns den Wein, o Frau voll Reiz.


9

Du schenktest uns den Wein, du Frau voll Reiz,
Die siebenhundert Liter in den Tonnen.
O Hochzeit! O ein Himmel voll Madonnen!
Fern flieht von uns der Erde Liebesgeiz.

O Taube, deine Liebesflügel spreiz,
Wir schauen wie die Adler in die Sonnen,
O Hochzeit! Jungfraun voller Liebeswonnen!
Fern flieht von uns der Schmerz des Liebesleids.

Wir feiern einst in goldenen Gebäuden
Die Hochzeit in den Wohnungen der Freuden!
Daß ich die Sünde liebte, Herr, mich reut’s!

Wir werden alle nach den Erdenleiden,
O Liebe Frau, an deinem Händchen scheiden.
Du standest tapfer unter Christi Kreuz.


10

Du standest tapfer unter Christi Kreuz,
Du sahest deinen Sohn und Heiland scheiden,
Ganz nackt, bis auf des Lendenschurzes Seiden,
Der Gott als Menschensohn verstarb am Kreuz.

Du opfertest dich selber unterm Kreuz,
Nun stehst du uns auch bei in unsern Leiden.
Ich leide wie der Herr, sag ich bescheiden,
Ich hänge mit dem Herrn am selben Kreuz!

Und Jesus spricht zu seinem Jünger: Schau,
Ich gebe dir zur Mutter diese Frau,
Sei du mein Jünger im Marien-Orden.

Ich habe zu Maria aufgeschaut:
Dort unterm Kreuze sah ich meine Braut,
Zu unsrer Mutter bist du dort geworden.


11

Zu unsrer Mutter bist du dort geworden,
Als Jesus ich am Grab gesehen hab
Und wie man ihn gelegt hat in sein Grab,
Das war der Sieg von Mitternacht und Norden.

Da stürmten an des Unheils düstre Horden,
Die Gottesmutter aber stand am Stab.
Maria, dass ich mich an dir erlab,
An dir erlabe mich in deinem Orden,

Wenn hoffnungslose Hoffnung mich muß stützen,
Wenn mir die Leiden in die Adern ritzen,
Daß du mich dann aus meinem Abgrund reißt!

Maria, allzeit will ich auf dich hoffen,
Ein neuer Frühling kommt, ich steh betroffen,
Zu Pfingsten hast erbeten du den Geist.


12

Zu Pfingsten hast erbeten du den Geist,
Gekommen ist das große Liebesfeuer,
Der Glaube wurde mir zum Abenteuer,
Der Geist mich zu der Mutter Jesu reißt!

Ich habe Jesu Herz als Brot gespeist,
Da sah ich Unsre Liebe Frau im Schleier,
Ihr habe ich gewidmet meine Leier,
Der Dichter Harfner der Madonna heißt.

O Gott der Liebe! Christi Gnadensonne!
O Geist der Heiligkeit! O Frau der Wonne!
Ich liebe dich in Ewigkeit, du weißt.

Der Offenbarung makellose Dame,
Ich Adler, Feder, Schwanz und ganz dein Same,
Du Frau im Glanz der Sonne, die da gleißt.


13

Du Frau im Glanz der Sonne, die da gleißt,
Die Sonne ist die Herrlichkeit vom Sohne,
Zwölf Sterne trägt sie, ihre Sternenkrone,
Sie wandelt auf dem Monde, wie es heißt.

Sie ist die Mutter Gottes, die da kreißt,
Die Frau im apokalyptischen Äone,
Die Königin des Weltalls auf dem Throne,
Die allen Schlangen ihre Gier verweist.

Den Drachen niedertreten wird die Frau,
Johannes sah in visionärer Schau,
Daß Tod und Teufel sind zu Nichts geworden.

Vom Himmelreich steigt sie herab, die Braut,
Die meine Seele in den Nächsten schaut,
Die himmlische Jerusalem, mein Orden.


14

Die himmlische Jerusalem, mein Orden,
Sie ist die Gartenstadt im Paradies,
Verheißnes Land von Milch und Honig süß,
Sie lacht in Osten, Sünden, Westen, Norden,

Hier leben alle, die der Tod tat morden,
O Lebensquelle, durch die Auen fließ,
O Baum des Lebens, in den Himmel sprieß,
Hier sind die Seelenkranken heil geworden.

O Königin vom schönsten Paradeis,
So sanft bist du, so süß bist du, so weiß,
Ich weih mich deinem unbefleckten Schoße.

Ich weihe mich für alle Ewigkeit
Der Frau im Lichtleib in des Hauches Kleid:
Du bist die Neue Eva, Makellose.


KRANZSONETT

Du bist die Neue Eva, Makellose,
Die Tochter Zion bist du, Moses Lied,
Du bist die wunderschöne Sulamith,
Frau Weisheit bist du, unbefleckte Rose.

Das Wort empfingest du in deinem Schoße,
Magnifikat auf deinen Lippen blüht,
Geboren hast du Gott in dem Gemüt,
Die Mutter liebte sehr der Sohn, der große.

Du schenktest uns den Wein, du Frau voll Reiz,
Du standest tapfer unter Christi Kreuz,
Zu unsrer Mutter bist du dort geworden.

Zu Pfingsten hast erbeten du den Geist,
Du Frau im Glanz der Sonne, die da gleißt,
Du himmlische Jerusalem, mein Orden.



ZWEITER SONETTKRANZ
DAS JESUSKIND


1

Gott Vater spielte in den Ewigkeiten.
War aber Gott in großer Einsamkeit?
War er allein in seiner Herrlichkeit?
Ihn taten andre Götter nicht begleiten!

Gott einsam durch die Ewigkeiten schreiten
Sah einst ein Kind und sprach in Kindlichkeit:
Und darum Gott allein in Ewigkeit
Die Schöpfung und die Menschheit tat bereiten!

Der liebe Vater aber war nicht einsam,
Nein, drei Personen waren da gemeinsam,
Gott Vater, Sohn und Geist im gleichen Thron!

Gott Vater war nicht mit sich selbst alleine,
Zwar andre Götter gab es bei ihm keine,
Gott Vater spielte mit dem Lieblingssohn!


2

Gott Vater spielte mit dem Lieblingssohn,
Er spielte mit dem Hätschelkind, dem lieben,
Sie sind in Ewigkeit vereint geblieben,
Vereint in einem ewigen Äon.

Gott Schöpfer dachte an die Schöpfung schon,
Der Sohn hat diese Schöpfung schön getrieben,
Er hat nach Gottes Plan sein Wort geschrieben
Und schuf zuerst den Engel Metatron.

Des Vaters Liebling spielte wie mit Klötzen
Mit Elementen und Atomen. Götzen
Gabs keine da und keinen Spott und Hohn.

Der Liebling mit den Künstlerfingern fächelnd
Dem Vater gab das All. Zufrieden lächelnd
Gott Vater saß in seinem Vaterthron.


3

Gott Vater saß in seinem Vaterthron
Und sah das Universum an, das schöne,
Daß Gottes Sohn es mit dem Eckstein kröne,
Der Liebling selber war des Weltalls Kron.

Der Liebling schuf den kosmischen Äon,
Es sauste Geist mit seufzendem Gestöhne.
O dass ich ewig diesem Liebling fröne,
Dem Hätschelkind, des Vaters Pflegesohn!

Der Liebling baute dieses schöne All
Durch seiner Harfe schönen Saitenschall,
Die Finger gleiten durch die Harfensaiten.

Dem Vater hat der Sohn das All geschenkt,
Das All in seines Vaters Schoß versenkt,
Der Sohn dem Vater wollte Lust bereiten.


4

Der Sohn dem Vater wollte Lust bereiten,
Gehorsam war er seinem Vater stets,
Vereinigt stets voll innigen Gebets,
Er selber sah sich immer als den Zweiten.

Der Sohn will an der Hand des Vaters schreiten
Und immer von dem Wind des Geistes wehts.
Das Hätschelkind, zu Vaters Rechten stehts,
Er lässt sich immer von dem Vater leiten.

O Liebling, ruhend an des Vaters Brust,
Du bist des Ewigvaters höchste Lust,
Bist seine Wonne alle Ewigkeiten.

Es waltet Gottes Liebling in dem All,
Es spielt des Saitenspieles schönen Schall
Der Liebling Gottes in des Weltalls Weiten.


5

Der Liebling Gottes in des Weltalls Weiten
Als Sternenwandrer wandert durch das All.
Die Philosophen nennen Logos all
Den Liebling, den sie in dem Geist begleiten.

Der Schöpfer er von Räumen und von Zeiten
Durch seines Psalters liebevollen Schall.
Der Liebling singt wie eine Nachtigall
Und so tat er das schöne All bereiten.

Dann hauchte er die Wesen ohne Mängel,
Schuf Metatron und alle seine Engel,
Den Engel des Gesichtes, Metatron.

Die Engel sangen Lobpreis immer leiser,
Anbetungswürdig ist für sie der Kaiser,
Der Liebling Gottes in dem Licht-Äon.


6

Der Liebling Gottes in dem Licht-Äon
Ist Urform der gehauchten Menschenseelen.
In dieser Urform wollte Gott erwählen
Die Seele sich zur Braut an seinem Thron.

Gott dachte ja von Ewigkeiten schon
Die Seelen in des Sohnes Urform. Zählen
Tat er die Seelen schon, ob sie auch fehlen,
Im Urmensch er verheißt den Seelen Lohn.

Ein Drittel aller Engel war gefallen,
Die Seelen sollten füllen nun die Hallen,
Ihn anzubeten dort mit Metatron.

Im Urmensch sind gezeugt die Menschensöhne
Und jede Menschentochter auch, die schöne.
Es war beim Vater stets der Menschensohn.


7

Es war beim Vater stets der Menschensohn,
In ihm geschaffen wurden Menschenwesen,
So Adam ward und Eva auserlesen,
Mit Gott zu sein im Paradies-Äon.

Doch Eva pflückte sich des Todes Mohn,
Und dennoch sollte einst der Mensch genesen,
Er sollte nach dem tödlichen Verwesen
Erstehen, leben um den Gottesthron.

Der tiefgefallnen Menschheit kam vom Herrn
Die Hoffnung, dass dereinst der Morgenstern
Die Auferstehung ihnen wird bereiten.

Den Menschen allen in dem Stand der Schuld
Verkünde, dass die Gottheit ist voll Huld:
Gott Vater, Sohn und Geist die Menschen leiten.


8

Gott Vater, Sohn und Geist die Menschen leiten,
Sie leiten alle Welt zu ihrem Heil.
Der Weg ist schmal und dornenreich und steil,
In Tugend sollen ihn die Menschen schreiten.

Doch Hilfe kommt auch aus den Ewigkeiten,
Ein Retter wahrlich ist vonnöten, weil
Die Sünde treibt der Scheidung scharfen Keil
Und viele Menschen in den Abgrund gleiten.

So kam uns die Verheißung von dem Thron,
Der Liebling Gottes selbst, der Menschensohn,
Herab wird kommen in die Welt der Sünde.

Da war die Neue Eva, schön und keusch,
Der Neue Adam war der Sohn im Fleisch,
O Gottes Liebling ward zum Menschenkinde.


9

O Gottes Liebling ward zum Menschenkinde,
Der Ewigvater grüßte eine Frau,
Der Ewigvater sprach zur Jungfrau: Schau,
Du wirst begattet werden von dem Winde,

Und dass ich dich dem Geiste offen finde,
Ich dir vollkommne Gnade anvertrau,
Du bist der makellose Tempelbau,
In dem ich meinen neuen Tempel gründe.

So kam der Geist persönlich zu der Frau
Und säte Gottes Liebling ein wie Tau,
Daß Gottes Liebling in die Jungfrau münde.

Und Gottes Liebling lebte in dem Schoß
Der Jungfrau Gottesmutter makellos,
Der Knabe kam in diese Welt der Sünde.


10

Der Knabe kam in diese Welt der Sünde,
Geboren wurde er in Bethlehem,
Geopfert ward er in Jerusalem,
Daß Gott auf ihm die neue Schöpfung gründe.

Im Liebling schloß der Herr den Bund der Bünde,
Die Menschen sind dem Vater angenehm,
Die einem Menschensohn vertrauen. Wem?
Die da vertrauen Gottes Lieblingskinde.

Stets war er bei der Jungfrau voll von Reizen,
Als Zimmermann er spielte schon mit Kreuzen,
Die Kreuze seine große Liebe sind.

Die Mutter wurde Allmacht auf den Knieen,
Die Mutter will uns stets zum Kinde ziehen.
Er spielte mit der Mutter und dem Wind.


11

Er spielte mit der Mutter und dem Wind,
Er gab der Mutter eine Sternenkrone,
Sie sollte herrschen droben mit dem Sohne,
Die Gottesmutter mit dem Gotteskind.

Und alle Kinder seiner Mutter sind
Des Gotteslieblings Brüder zweifelsohne
Und werden sitzen einst auf seinem Throne,
Wie er auf Gottes Thron sitzt lieb und lind.

Geschichte ward Geschichte zu dem Heil,
Die Menschen pilgern zur Vollendung, weil
Die Weisheit treibt sie, ist auch keiner weiser.

Und Kyrie eleison singt die Welt,
Erbarme dich, o großer Herr und Held!
Der Liebling Gottes ist des Weltalls Kaiser.


12

Der Liebling Gottes ist des Weltalls Kaiser,
Unendlich seine Herrschaft in der Welt,
Der Mensch und Schöpfung in den Händen hält,
Des Weges zur Vollendung Unterweiser.

Die Menschheit ist vom lauten Schreien heiser,
So mancher Mensch vom Tode wird gefällt,
Im Sterben noch sich unter Christus stellt,
Den Körper Christi speist er noch als Speiser.

O deine Herrschaft ist die Liebe nur,
Die Liebe ist der Gottheit Gottnatur,
Die Liebenden, der schönen Liebe Preiser,

Zu Gott sie kommen in das Paradies,
Dort lächelt Gottes Liebling honigsüß,
O Knabe, keiner lächelt lieber, leiser.


13

O Knabe, keiner lächelt lieber, leiser,
Und so verehren wir dich, Jesulein,
Dich Prager Jesulein, dich Knaben klein
Und rein und fein, geheimer Weltenkaiser.

Wir sind dir Lober und wir sind dir Preiser,
Und gehen einst wir in das Jenseits ein,
Sollst du, o Knabe, unser Richter sein
Und unser Retter, keiner ist doch weiser

Und keiner liebevoller als der Knabe.
Dir schenk ich meiner Liebe Ganzhingabe,
Die wir vereint wie Sohn und Vaters sind!

Mir nahmest du hinweg des Geistes Blindheit,
Ich seh den lieben Gott in seiner Kindheit,
Und so bekenne ich: Gott ist ein Kind!


14

Und so bekenne ich: Gott ist ein Kind
Und so wird Menschheit er und All erlösen,
Den Tod vernichten, Schuld und Macht des Bösen,
Bis alle seine Brüder Engel sind.

Ins Bündlein des Lebendigen mich bind
Und in den allerletzten Atemstößen
Komm, deine Gnade in mich einzuflößen,
Daß ich mich an des Jenseits Ufer find

Und komme an des Glaubens Hoffnungsziel,
Im Garten Eden mit dem Liebling spiel
In ewig heiteren Glückseligkeiten!

O Sabbat! Fern ist alles, was ich litt!
Ich spiel mit Jesus, wie er ewig mit
Gott Vater spielte in den Ewigkeiten!


KRANZSONETT

Gott Vater spielte in den Ewigkeiten,
Gott Vater spielte mit dem Lieblingssohn.
Gott Vater saß in seinem Vaterthron,
Der Sohn dem Vater wollte Lust bereiten.

Der Liebling Gottes in des Weltalls Weiten,
Der Liebling Gottes in dem Licht-Äon,
Es war beim Vater stets der Menschensohn,
Gott Vater, Sohn und Geist die Menschen leiten.

O Gottes Liebling ward zum Menschenkinde,
Der Knabe kam in diese Welt der Sünde,
Er spielte mit der Mutter und dem Wind.

Der Liebling Gottes ist des Weltalls Kaiser,
O Knabe, keiner lächelt lieber, leiser,
Und so bekenne ich: Gott ist ein Kind!



DRITTER SONETTKRANZ
DER KARMEL


1

Teresia von Jesus lebte innen
Und ging den Weg im inneren Gebet,
Wo Gott am Ziel des innern Weges steht,
Worüber lang der Geist kann sich besinnen,

Wie kann man dieses Höchste Gut gewinnen?
Die Majestät als Freund und Bruder geht
Mit uns zum Kreuz und bleibt doch Majestät,
In uns die Tränen Christi blutig rinnen!

Was ist Gebet? Es ist ein Strom der Gnade,
Die Kelter treten wir mit nackter Wade,
Das Blut des Weines Christi durch uns floss.

Von oben wird der König uns begießen,
Im Innern werden wir den Herrn genießen,
Sind sieben Kammern in dem Seelen-Schloss.


2

Sind sieben Kammern in dem Seelen-Schloss
Und eine Gnade ist in jeder Kammer.
Daß ich mich nicht an meine Seele klammer,
Von Raum zu Raum die Seele weiter floss

Und so ein Strom der Gnade sprudelnd schoss
Und Funken sprühten unterm Leidenshammer
Und Jubel ward geboren aus dem Jammer,
Der ich den Herrn an seinem Kreuz genoss.

Die siebte Kammer – dass mich dahin rette
Der Herr und mich im Brautgemache bette!
O Gottes Jubelstrom mich überfloss!

Der Gott der Liebe wollte in mir wohnen
Und mir vereinigt sein in Kommunionen:
O Majestät, du liebender Genoss!


3

O Majestät, du liebender Genoss,
Du Jesuskind, bist Majestät und Kaiser,
Die Hoheit noch ergründete kein Weiser,
Kein Denken je zur höchsten Allmacht schoss!

Und dennoch bist du Freund, den ich genoss,
Den ich geliebt – ich rede immer leiser,
Bin ich auch schon vom lauten Schreien heiser –
Ich seh dich reiten auf dem weißen Ross,

Da stürzte ich hinab zum Erdenschlamm
Und sagte: Wenn du uns so quälst, o Lamm,
So wirst du wenig Freunde dir gewinnen!

Sankt Josef helfe mir! Ich bin Gebet,
Ich bin vereinigt deiner Majestät,
Gebete sollen deine Liebe minnen!


4

Gebete sollen deine Liebe minnen,
Denn deine Liebe mehr berauscht als Wein!
O führe mich in deine Kammer ein,
Ich will als Bach in deine Meere rinnen,

Ich will als Trank der Liebe Milch gewinnen
Vom Busen meines Gottes und will sein
Mit meinem Bräutigam ein einig Ein!
So höre mich, ein schlechtes Weiblein, spinnen!

Ich möchte trinken der Granaten Most
Und wie die Morgenröte in dem Ost
Mich lehnen an den Vielgeliebten! Innen,

Ja, innen will genießen ich den Herrn,
Das selbe wünsch ich meinem Freunde gern:
Johannes von dem Kreuz, in seinem Sinnen.


5

Johannes von dem Kreuz, in seinem Sinnen,
Der Mystik Doktor er und hochgelehrt,
Wie er Teresia von Jesus ehrt,
Als seine Freundin geistlich sie zu minnen!

Die falschen Brüder sollten doch gewinnen,
Sie haben ihn in ein Verließ gesperrt,
Dort hat ihn Gottes Geist höchstselbst belehrt,
Wie Gott zu lieben ist im Dunkel innen.

Die Sinne sehen nichts – o Nacht der Sinne!
Die Seele fühlt nichts – Nacht der Seele inne!
O Nacht des Glaubens – Gott mein Herz durchschoss!

So nackt von allem Menschlichen, in Freiheit
Er an dem Kreuz erfuhr die Einheit-Dreiheit,
Wie er die dunkle Pein der Nacht genoss!


6

Wie er die dunkle Pein der Nacht genoss,
Als er mit Gott gehangen an dem Kreuze!
Von falscher Brüder leerem Liebesgeize
Gepeinigt, ihm der Herr das Herz durchschoss!

Ein Strom von Blut und Tränen aus ihm floss,
Doch, Liebestaube, deine Flügel spreize,
Die schöne Liebe kommt mit ihrem Reize,
Er flog zu ihr auf seinem Flügelross!

O Höllenabgrund bitterlichster Qualen,
Kein Maler könnte die Verdammnis malen,
Die Gott zur Nacht in seine Seele goss!

Daß doch auch mir im Abgrund meiner Hölle
Die Feurigkeit der Liebeslüste quölle!
In dunkler Nacht die Liebesflamme spross!


7

In dunkler Nacht die Liebesflamme spross,
Die schöne Liebe kam mit goldnen Flügeln,
Sie thronte hoch auf Tochter Zions Hügeln,
Wie feurig sie die Liebesblicke schoss!

Wie selig er in Trunkenheit genoss
Geheime Liebe mit den sieben Siegeln,
In ihren Spiegeln durfte er sich spiegeln,
Bis er in ihre Liebesmeere floss!

Und in der Gottesliebe Ozean
Zunichte wurde aller Menschen Wahn,
Es waren die Glückseligen von Sinnen!

In der Unendlichkeit des finstern Lichts
Des Menschen Ego ward in Gott zum Nichts,
So konnte Gott zur Ehe er gewinnen!


8

So konnte Gott zur Ehe er gewinnen,
Die Seele Braut, der Gott ein Bräutigam,
Die Seele lebte keusch und monogam,
Nur Gott allein war ewiglich ihr Minnen.

Vor Gotteslust die Seele war von Sinnen,
Da der Verstand an seinen Wahnsinn kam,
Gott sich die Seele aus der Seele nahm
Und blieb doch in der innern Seele innen.

Johannes von dem Kreuze, bitte zeig
Die Gottes-Ehe uns! O mystisch schweig!
Ach, wie uns doch das Kreuz des Herrn betrübte!

Passion und Leidenschaft und Sympathie!
Johannes von dem Kreuze liebte wie
Therese von dem Kinde Jesus liebte.


9

Therese von dem Kinde Jesus liebte
Den Vater. War ihr Vater in der Welt
Ein Guter und ein Heiliger, ein Held,
Der nie die kleine Königin betrübte.

Therese war als Königin Geliebte
Des Vaters droben in dem Himmelszelt,
Des Vaters, der das All in Händen hält.
Sie trat auch in das Brautgemach, das siebte,

Denn das Gebet ist eine Königin,
Hat allzeit Zutritt bei dem König in
Dem Himmel. Satan wollte, dass er siebte

Therese, fern des Gottesangesichts,
Erlitt sie ihre dunkle Nacht des Nichts.
Therese sich in Kindesliebe übte.


10

Therese sich in Kindesliebe übte,
Sie war ja selbst in frommes kleines Kind
Und voller Unschuld, wie die Kinder sind,
Und fühlte sich als Jesu Vielgeliebte.

Und wie es der Geliebten so beliebte,
So spielte oft sie mit dem Jesuskind.
Doch kam ein Sturm auf See, ein scharfer Wind,
So weckte sie das Kind nicht, das geliebte.

Maria lächelt, Königin des Himmels,
Therese spricht: Wir Menschen des Gewimmels,
Wir haben dich! Wem aber du vertraust?

Maria hat ja keine Himmelsmutter!
Doch Jesus hüpft von deines Busens Butter,
Das Jesuskind im Spiele um sie saust.


11

Das Jesuskind im Spiele um sie saust,
Therese immer stiller, immer leiser,
Einfältiger und frömmer, also weiser,
Therese, wie du doch dem Kind vertraust!

Das Kind hält doch das Weltall in der Faust,
Der Jesusknabe ist der Unterweiser
In Gottesliebe und des Weltalls Kaiser,
O Kind, das du als Kind das Weltall baust!

Geheimer Kaiser der Historia,
Die Majestät, trotz allem, was geschah,
Therese dich als ihren Gott verehrte.

Der Kaiser der Geschichte, heimlich, still,
Zur Freundin eine Philosophin will:
Das Fräulein Doktor Edith Stein, sie lehrte.


12

Das Fräulein Doktor Edith Stein, sie lehrte
Die Phänomene unbefangen schaun.
Ein Phänomen ist auch das Gottvertraun,
So Fräulein Edith sich zur Gottheit kehrte.

Teresia von Jesus sie bekehrte
Und Edith ward getauft. Und jungen Fraun
Sie brachte Weisheit bei und wollte baun
Der Kirche Feminismus. Die Geehrte

Trat in Mariens Kölner Karmel ein
Und schrieb ein Buch, das handelt von dem Sein,
Vom Endlichen zum Ewigen die Fährte

Ging philosophisch Fräulein Doktor Stein,
Bis Gott erkannte sie im Höchsten Sein,
Weil sie das absolute Sein begehrte.


13

Weil sie das absolute Sein begehrte,
Drum wandte sie sich an das einig Ein,
Das ewige und absolute Sein,
Die Gottheit, über-seiend, wie sie lehrte.

Sankt Dionysios, den sie verehrte,
Sie führte zu der Über-Gottheit, rein
Und makellos und einzigartig fein,
Durchdringend alle Geister, auch Gelehrte.

Sie schrieb die Kreuzeswissenschaft, doch blieb sie
Fragment. In dieser Wissenschaft es trieb sie
Der Geist, der überm finstern Chaos braust,

Daß sie die Kreuzeswissenschaft erlitten
Und in den Feuerofen ist geschritten:
Sie liebte bis zum eignen Holocaust!


14

Sie liebte bis zum eignen Holocaust,
Als Marterzeugin ging die Frau, die Weise,
Hinunter alle die neun Höllenkreise,
Als sich dem Satan weihte Deutschlands Faust!

O weise Frau, der Weisheit du vertraust,
Vollendet hast du deine Pilgerreise,
Da Gottes Weisheit war dir Seelenspeise,
Im Dunkel du die Morgenröte schaust:

Da öffnet Edith sich das Himmelstor:
Therese von dem Kinde tritt hervor,
Johannes von dem Kreuz in seinem Minnen,

Die Karmel-Königin eröffnet so
Des Paradieses Garten Eden, wo
Teresia von Jesus lebte innen.


KRANZSONETT

Teresia von Jesus lebte innen,
Sind sieben Kammern in dem Seelen-Schloss.
O Majestät, du liebender Genoss,
Gebete sollen deine Liebe minnen!

Johannes von dem Kreuz in seinem Sinnen,
Wie er die dunkle Pein der Nacht genoss!
In dunkler Nacht die Liebesflamme spross,
So konnte Gott zur Ehe er gewinnen.

Therese von dem Kinde Jesus liebte,
Therese sich in Kindesliebe übte,
Das Jesuskind im Spiele um sie saust.

Das Fräulein Doktor Edith Stein, sie lehrte,
Weil sie das absolute Sein begehrte,
Sie liebte bis zum eignen Holocaust!