Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DAS LIED DER LIEDER



Übersetzung und Kommentar von Josef Maria Mayer
 


Das Lied der Lieder.

Das Lied der Lieder ist das Lied der Lieder in dem Sinne wie die Bibel das Buch der Bücher ist. In dem Lied der Lieder ist die ganze Gottesliebe, die sich in der Heiligen Schrift offenbart, wie in einem Tropfen konzentriert, und dieser Tropfen ist eine Perle. Die Juden nennen das Hohelied auch das Allerheiligste. So wird es verglichen mit dem Tempel Salomos: Die ganze Heilige Schrift ist das Heiligtum, aber das Hohelied ist das Allerheiligste, in welches der Hohepriester nur einmal im Jahr treten durfte und den Namen Jahwes aussprechen. Origines, der Kirchenlehrer, der als Erster die christliche Auslegung des Hohenliedes gab, sagte: Selig ist, wer in das Heiligtum eintritt, aber glückseliger ist, wer in das Allerheiligste eintritt! Und Johannes vom Kreuz, der das Hohelied zum Zentrum seiner Mystik machte, bat an seinem Sterbebett den Priester: Lies mir nur das Hohelied vor, das ist genug.


Der Sang Schelomohs.

König Salomo hat diese Gedichte gedichtet. In seiner Jugend hat König Salomo das Hohelied gedichtet, dann hat er die Weisheit Salomos als Bräutigam geschrieben, dann hat er als reifer Mann die Sprüche gedichtet und in seinem Alter hat er den Prediger Salomo geschrieben. Alle diese Werke zeigen seine Liebe zur göttlichen Weisheit. Man sagt, diese Gedichte des Hohenliedes hat König Salomo zu seiner Hochzeit gedichtet. Einige vermuten, Sulamith, die Braut, sei Abischag von Schunem, die allerschönste Jungfrau, die man für den alten König David finden konnte. Andere vermuten, dass Salomo es für die Tochter Pharao gedichtet hat, die er sich zur Frau genommen hat. Wieder andere vermuten, dass er es für die Königin von Saba gesungen hat, als sie ihn besuchte, um seine Weisheit kennen zu lernen. Manche halten die Gedichte für eine Sammlung altisraelitischer Liebeslieder oder Hochzeitslieder. Manche vergleichen sie mit den altbabylonischen Gedichten, die zum Hieros Gamos, zur Heiligen Hochzeit von Himmelsgott und Erdgöttin gesungen wurden. Andere vergleichen diese Gedichte mit altägyptischen Liebesliedern. Dass diese Liebesgedichte von Salomo stammen, ist aber allegorisch zu verstehen, denn Salomo bedeutet: Der Friedefürst. Und der wahre Friedefürst ist der Messias, das ist Jesus. Gott selbst ist der Gott des Friedens. Und so ist dieses Lied Salomos das Lied des Gottes des Friedens an seine Braut, das Lied des Friedefürsten Jesus an seine Braut.


Küsse mich mit deines Mundes Küssen.

Die Juden sagen, der Kuß Gottes ist die Erkenntnis Gottes. Die christlichen Philosophen sagen, dass Christus die Form der Seelen ist, wie die Seele die Form des Leibes ist. Alle Seelen sind geschaffen in dem Urbild Christus. In dem Augenblick der Empfängnis, da aus Mannessamen und Frauen-Ei und der ehelichen Liebe der neue Leib eines neuen Menschen gebildet wird, haucht Gott die Seele als Formprinzip dieses neuen Leibes ein. Und diese Einhauchung der Seele, die im Bild und Gleichnis Christi aus dem Nichts von Gott geschaffen worden ist und nun eingehaucht wird, diese Einhauchung als wird von den Philosophen als ein Küssen bezeichnet. Die Seele wird von Christus in den Leib geküsst. So empfehlen die Mystiker diese Meditation: O Mensch, besinne dich zurück und bewege dich geistig in den Augenblick hinein, da Gott deine Seele im Bild und Gleichnis Christi geschaffen hat aus dem Nichts und sie im Hauch des Heiligen Geistes deinem Leibe eingeküsst hat, und so empfange in deiner Meditation erneut diesen Kuß Gottes, diesen Kuß Christi, diesen Kuß des Heiligen Geistes. Und darum, weil unsere Seelen geschaffen sind von einem Kuß Gottes, darum grüßen wir auch alle die Geschwister und Genossen des Glaubens mit dem Kuß der Liebe, mit dem geschwisterlichen Kuß, wie es der Apostel Paulus in seinen Briefen immer betont. In der Urkirche wurde tatsächlich vor der Kommunion der Friedenskuß ausgetauscht. Die Kirchenväter warnten nur vor solchen Brüdern, die den Glaubensschwestern mehr als einen Friedenskuß geben wollten. Dann führte man Metalltäfelchen ein und küsste die Metalltäfelchen. Heute geben sich die Christen vor der Kommunion die Hand und nur in Zeiten der Influenzen hüten sie sich vor einem Händedruck. Ursprünglich ist aber, dass wir den Kuß Gottes, den wir alle empfangen, geschwisterlich miteinander teilen und so eine Gemeinschaft des Küssens werden.


Denn dein Lieben ist besser als Wein.

Was ist das Gute des Weines? Denn wenn Gottes Liebe besser ist als der Wein, dann ist der Wein gut, aber die Liebe Gottes ist noch besser. Der Psalmist sagt: Gott hat den Wein zur Freude der Herzen geschaffen. Nachdem die Sintflut abgelaufen war, baute Noah dem Herrn einen Altar und baute als erstes den Wein an. Benedikt erlaubt in seiner Ordensregel den Mönchen den Wein, aber in Maßen. Christus als der Messias Israels hat auf der Hochzeit zu Kana sechs Tonnen mit allerbestem Wein gefüllt. Nämlich die Juden erwarteten für die Heilszeit des Messias, wie die Rabbinen prophezeiten, einen Überfluß von Wein. Der Messias Jesus bezeugt mit seiner Verwandlung von Wasser in Wein, das mit ihm nun die messianische Heilszeit angetreten ist und dass er selbst der verheißene Messias Israels ist. Der Wein ist aber nur ein Zeichen, nämlich für die Freude, wie der Psalmist sagt, für die Erlösung, die der Messias bringt. Im Dionysoskult wurde der Gott des Weines auch der Kummerbrecher und Sorgenlöser genannt. Der Wein ist ein Heilszeichen des Erlösers, und seine Erlösung bringt jubelnde Freude. Der Wein kann trösten als Kummerbrecher, so ist der Messias auch der Trost der ganzen Welt. Der Wein kann inspirieren, so ist der Heilige Geist die inspirierende Geistigkeit Gottes. Darum sagt Paulus auch: Sauft euch nicht voll Wein, sondern lasst euch vom Heiligen Geist inspirieren. Der Heilige Geist ist ja die Liebe Gottes, und diese Liebe Gottes ist es in noch viel größerem Maße als der Wein, die uns Freude schenkt, uns tröstet, den Kummer bricht, die Sorgen löst, jubeln lässt, inspiriert und entgrenzt und in Ekstase versetzt. Man könnte den Vers auch so übersetzen: Deine Liebe ist berauschender als der Wein! Denn in den Sprüchen Salomos sagt der Weise über die Göttliche Weisheit: Berausche dich an ihren Brüsten allein! Wir sollen uns also berauschen an der Göttlichen Liebe! Welcher Christ aber wird beim Wein nicht an das Mahl des Herrn denken? So wie der Messias bei der Hochzeit von Kana Wasser in Wein verwandelte, so verwandelt der Heilige Geist beim Mahl des Herrn den Wein in Blut Christi. Man könnte den Vers also auch so übersetzen: Denn dein Blut ist besser als Wein! Blut und Liebe bedeuten insofern dasselbe, als dass Christus seine Liebe zu uns im Äußersten darin beweisen hat, dass er zu unserer Rettung vom ewigen Tod sein Blut vergossen hat. Im Blut ist das Leben, heißt es bei Moses. Christus gab sein Blut, sein Leben hin für uns und bewies uns damit seine Liebe, die uns vom ewigen Tod erlöst. Und dieses selbe Blut des Erlösers dürfen wir im Mahl des Herrn, in der mystischen Kommunion als einen geistlichen Trank empfangen, und in diesem Blut ist Christi Leben, und in diesem Blut ist Christi Liebe. Auch insofern dürfen wir uns an der Liebe berauschen, dass wir sein Blut im Sakrament der Liebe als geistlichen Trank (spriritual drink) empfangen.


Es duften deine Öle lieblich, dein Namen ist wie Balsamen-Salbe ausgeschüttet. Darum lieben dich die Mädchen.

In der Übersetzung wird mit dem Wortspiel von Namen und Balsamen das hebräische Wortspiel von shem und shemen (Name und Salböl) ausgedrückt. Was ist aber das Salböl in der Heiligen Schrift? Gott gab Mose die Anweisung einer speziellen Mischung des Salböls, mit dem dann die Priester, Propheten und Könige gesalbt wurden. Diese Salbung war ein äußeres Zeichen, dass der Heilige Geist für eine bestimmte Aufgabe und eine bestimmte Zeit auf den Priester, Propheten und König herabkommt. Das Salböl bezeichnet also die Salbung mit dem Heiligen Geist. Inwiefern aber sind Salbung und Name identisch? Insofern als Jesus der Gesalbte ist, sein Name ist der Gesalbte, hebräisch Messias, griechisch Christus. Er ist der Gesalbte, denn auf ihm ruht in seiner ganzen Fülle der Heilige Geist. Er empfing die Salbung des Heiligen Geistes bei seiner Taufe im Jordan, als er sein öffentliches Wirken begann. Christus ist vom Heiligen Geist gesalbt zum Priester, der sich selbst zum Opfer bringt für die Erlösung der Menschen von ihrer Sünde, er ist der Prophet, der in Vollkommenheit das Herz des liebenden Vaters offenbart, er ist der König, dem alle Macht auf Erden und im Himmel gegeben sind, und Jesus ist der Name über allen Namen. Und weil er der Gesalbte des Heiligen Geistes ist, weil er der Messias ist, darum lieben ihn die Mädchen. Die Mädchen sind die Gemeinschaft der Jünger und Jüngerinnen, die in Jesus den Messias lieben, den König, Priester und Propheten, den Gesalbten, den Erlöser des Menschengeschlechts. Darum lieben sie Jesus, weil er gekommen ist, die Menschen und die ganze Schöpfung zu retten. Wir sehen diese Mädchen, die den Messias lieben, im Evangelium dargestellt. Da ist die öffentliche Sünderin, die Jesus die Füße wäscht mit ihren Tränen und die Füße Jesus trocknet mit ihren langen Haaren. Da ist Maria von Bethanien, die eine Karaffe voll kostbarer Narde vergeudet, um Christus vor seinem Begräbnis zu salben. In diesen beiden Szenen, die im Mittelalter zusammengefasst wurden zu dem Mädchen Maria Magdalena, einer Sünderin, die den Messias als ihren Geliebten salbt mit ihren Tränen der Reue, in diesen Szenen, die von vielen als erotisch empfunden wird, ist der Messias nicht nur König, Priester und Prophet, sondern der Bräutigam, und die Mädchen bilden seine Kirche, seine Braut. Noch eins ist aber zu sagen zur lieblichen Salbung: In Antiochia nannte man die Jünger Jesu zuerst Christen. Christen sind die, die zum mystischen Leib Christi gehören. Christus ist das Haupt und sein Leib ist die Kirche, die Christen sind Glieder des Leibes Christi. Und als solche, als zum Leib Christi gehörig, heißen sie Christen, also wie Christus: Gesalbte. Darum werden die Menschen, wenn sie im Bad der Wiedergeburt, das ist das Sakrament der Taufe, in den Leib Christi eingegliedert werden, auch mit Chrisam-Salbe gesalbt und später im Sakrament der Firmung erneut mit Chrisam-Salbe vom Bischof gesalbt und so mit Heiligem Geist ausgerüstet, um im Leib Christi ein heiliges Volk von Priestern, Propheten und Königen zu sein. Eins will ich noch erwähnen: Die Juden sagen: Lies nicht, darum lieben dich die Mädchen, sondern lies mit veränderten Vokalen: darum lieben sie dich bis zum Tod. Und daher kam es, dass Juden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten in die Gaskammern gingen mit diesem Vers auf den Lippen: Darum lieben dich die Mädchen, lies: Darum lieben sie dich bis zum Tod.


Zieh mich zu dir, so eilen wir.

Zieh mich zu dir, oder zieh mich dir nach, das bedeutet, Gott zieht uns zuerst an, die Initiative zur bräutlichen Liebe geht von ihm aus. Jesus sagt, dass niemand zu Jesus kommen kann, es sei denn, der Vater ziehe ihn. Der Vater zieht uns zu Jesus. Der Glaube ist keine Errungenschaft des Menschen, sondern ein unverdientes Geschenk Gottes. Gott offenbart sich. So sagt Jesus, dass niemand den Sohn kennt als allein der Vater und dass niemand den Vater kennt als allein der Sohn und eben jene, denen der Sohn den Vater offenbart. Glaube ist nur die gehorsame Annahme der göttlichen Selbstoffenbarung. So unterscheiden die Theologen zwischen den Religionen der Welt auf der einen Seite und der Selbstoffenbarung Gottes auf der anderen Seite. Gott hat sich selbst offenbart, zuerst dem jüdischen Volk, das der Herr auserwählt hatte, Empfänger seiner Offenbarung zu sein. So erzählen die Juden, dass der Herr seine Tora – seine Weisung – den Griechen angeboten habe, aber als die Griechen hörten: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, da sagten die Griechen: Wir wollen diese Tora nicht. Dann bot der Herr seine Offenbarung, seine Tora den Ägyptern an. Aber als die Ägypter hörten: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine andern Götter neben mir haben, da wollten die Ägypter die Tora nicht. Dann bot der Herr seine Tora den Kindern Israel an und die Kinder Israel sagten: Ja, wir wollen alles tun, und nun, Herr, rede! Gott hat mit Israel einen Bund geschlossen, aber er verhieß einen neuen und ewigen Bund, den er nicht nur mit Israel allein schließen wollte, sondern mit Israel und allen Völkern, und das ist der Bund im Blute Christi. Die Religionen der Heiden sind die Suche des Menschen nach einer höchsten Gottheit und nach dem Wesen dieser Gottheit. Aber in der jüdisch-christlichen Tradition ist es die Suche Gottes nach dem Menschen, denn Adam versteckte sich hinter einem Busch und Gott rief: Adam, wo bist du? Der Herr dagegen sagt: Hier bin ich! Ich bin da! So geht also die Initiative zum Bund der Liebe von Gott aus, er offenbart sich, der Mensch gehorcht der Offenbarung Gottes. Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern Gott hat uns zuerst geliebt, sagt die Schrift. Wer aber erfahren hat die Offenbarung Gottes in Christus und wer auf dieses Liebesangebot wie Maria sein Ja-Wort als Antwort gegeben hat, der eilt dem Herrn nach. Der Herr geht voraus und wir folgen ihm auf seinem Weg: Durch Kreuz und Auferstehung zur himmlischen Herrlichkeit. Der Bund des Menschen mit Gott in Christus erfordert eine Nachfolge Jesu, ja, eigentlich eine Imitation Jesu. In der Imitation Christi eilt der Jünger dem Meister nach und gelangt an das Ziel des Glaubens, die himmlische Herrlichkeit und die Seligkeit der Seele und die Anschauung Gottes und das himmlische Hochzeitsmahl. Dazu ist Jesus uns in den Himmel vorangegangen, dass wir – wenn er uns zieht – so eilen wir ihm nach! Ich denke, dieser Vers ist ein schöner Vers für eine gute Todesstunde. Menschen, die eine Todeserfahrung gemacht haben und doch ins Leben zurückgekehrt sind, beschreiben es so, dass ihre Seele aus dem Körper herausgesogen wurde – zieh mich dir nach – zieh mich zu dir! So eilen wir! Und wohin? Das beschreibt der nächste Vers.


Der König zog mich in sein Zimmer.

Der König zog mich in seine Kammer, in sein Brautgemach. Der König bereitet, wie Jesus in seinen Gleichnissen vom Himmelreich es beschreibt, eine Hochzeit für seinen Sohn. Der Königssohn ist der Bräutigam, er zieht seine Braut in seine Kammer, das ist sein Brautgemach. Das Brautgemach ist der Himmel, da das himmlische Hochzeitsmahl stattfindet. Die Braut ist die Neue Jerusalem, die Braut des Lammes. Die Braut ist die Kirche, die in der Vollendung als triumphierende Kirche mit dem Bräutigam Christus die himmlische Hochzeit vollzieht. Aber das Brautgemach ist auch die Seele. Teresa von Avila beschreibt ja die innere Seelenburg, ein Schloß, welches sieben Kammern hat, die immer tiefer in der Seele liegen, in der untersten oder innersten Kammer lebt – wie Meister Eckard sagen würde – das Seelenfünklein, das Bild Gottes, welches dieser einzigartigen Seele als Original eingeboren ist. Teresa von Jesus beschreibt es als die Gegenwart Gottes, die wie ein lichter Kristall erscheint. Hier findet die Hochzeit statt, die mystische Hochzeit der Seele in der innersten Kammer der Seelenburg mit dem innewohnenden Gott. Gott ist ja, wie Augustinus sagt, der Seele innerlicher als sie es sich selbst ist. Der Koran sagt: Gott ist uns näher als unsere Haut. Gott ist also dem Menschen innerlicher als es sein Ich ist und so begegnet die Seele, die sich auf dem Weg nach innen begeben hat, im tiefsten Innern dem lebendigen Gott als Bräutigam, der im Brautgemach des inneren Himmels auf die Braut wartet, um die Hochzeit zu zelebrieren, die mystische Vereinigung der Seele mit Gott. Und wer das erfährt, der erfährt mitten in den dunklen Nächten und mitten an dem Kreuz schon einen Himmel auf Erden, nämlich die liebende Union der Seele mit Gott. In dieser Liebesvereinigung kann die Seele sehr weit kommen, aber es bleibt doch ein letzter Schleier zwischen der Seele und Gott. Johannes vom Kreuz sagt, dass schon sechs Schleier vom Antlitz der göttlichen Liebe gesunken sind, aber der siebente und letzte Schleier kann erst im Augenblick des Todes hinabsinken und darum ruft der Mensch voll Sehnsucht zur göttlichen Liebe: Reiße rasch den letzten Schleier herunter! – Man kann das ganze auch unter einem anderen Blickwinkel betrachten. In der jüdischen Mystik der Kabbala ist Gott der ewige König, der eine Tochter hat, das ist die Jungfrau Tora oder die göttliche Weisheit. Der König will für seine Tochter, die Prinzessin, eine Hochzeit bereiten. Er lädt den Schriftgelehrten, den Weisen ein, mit der himmlischen Prinzessin die Hochzeit zu feiern. Die himmlische Prinzessin zeigt sich ab und an in dem Palast des Königs und ermutigt den Weisen so, nach ihr zu streben. Wenn der Weise mit der göttlichen Weisheit näher vertraut worden ist, so gehen sie eine Verlobung ein. Salomo, der Dichter des Hohenliedes, sagt in seinem Buch der Weisheit: Ich habe die Schönheit der Weisheit liebgewonnen und suchte, sie als Braut heimzuführen. Es ist aber die Jungfrau der himmlischen Weisheit, die den Weisen heimführt. Und so sagte die Jungfrau Sophia zum Mystiker Jakob Böhme: Jetzt, solange du auf Erden weilst, sind wir verlobt, aber wenn du im himmlischen Paradies bist, so vollziehen wir die Ehe und ich schenke dir meine Perle.


Wir jubeln über dich und freuen uns an dir. Wir erinnern uns an deine Liebe lieber als an Wein. Die Gerechten lieben dich.

Wir jubeln über dich und freuen uns an dir: Das Evangelium ist die Freudenbotschaft der göttlichen Kaisers Christus und es besagt: Das Himmelreich ist nahe, glaubt an das Evangelium, der Bräutigam ist gekommen und lädt alle ein zur Hochzeit. Wir sind von Gott zum Glück geschaffen, aber nicht unbedingt zum irdischen Glück. So sagte die Jungfrau Maria in Lourdes zur jungen Seherin: Ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in dieser Welt glücklich zu machen, aber in der kommenden! Wir sind nicht unbedingt für das zeitliche Glück geschaffen, aber zu einer ewigen, immerwährenden Glückseligkeit. In seinen Leiden im Gefängnis erfährt der Philosoph den Trost der Philosophie. Die Philosophie erscheint als eine junge schöne Frau und sagt: Das Böse, das du erleidest, ist eigentlich nichts, du bist berufen zum Höchsten Gut, zur ewigen Glückseligkeit. Der geliebte Dichter Dante sagt in seiner göttlichen Komödie, dass im Paradiese Gottes die Engel und die Heiligen lachen und tanzen! Die Freude, die uns in Christus verheißen ist, beginnt aber schon auf Erden. Aber, Maria sagt: Das Gebet ist kein Spaß! Freude im Sinne Christi ist kein Spaß der Welt, kein lauter Gaudi, sondern wahres Gaudium, nämlich, wie ein evangelischer Lieddichter sagt: Freude in allem Leide. Ein Priester sagte einmal: Es ist leicht, Halleluja zu rufen, wenn alles gelingt im Leben, aber dann, wenn man mit Christus am Kreuze hängt und Anteil hat an den Leiden Christi, dann Halleluja zu singen, dann Freude in allem Leide zu haben, das ist die christliche Freude, das ist eine Freude, die einen auch am Totenbett nicht verlässt, wenn alles Irdische einen verlässt, dann bleibt diese Freude und zwar in Ewigkeit. Und was heißt: Wir erinnern uns an deine Liebe lieber als an den Wein? Der Wein steht für alle irdischen Freuden, alles, was uns auf Erden ergötzen kann. Aber stärker berührt uns im Innern die Erinnerung an die Begegnungen mit der Liebe Gottes. Denn alle irdischen Freuden sind vergänglich, die Liebe Gottes bleibt. Selbst wenn das höchste Maß des Unglücks erreicht ist, menschlich gesprochen, kann die Seele sich noch an die Liebe Gottes erinnern. Ich denke an Johannes vom Kreuz, er wurde von falschen Brüdern, lauen Christen, in ein dunkles Loch gesperrt. Alle irdischen Freuden waren fern von ihm, aber er erinnerte sich an die Liebe Gottes, an die Liebe, die Christus ihm erwiesen hat, als er am Kreuz für ihn starb! – Die Gerechten lieben dich! Ja, Jesus sagte einmal, dass er das Licht der Welt ist, aber die Böses tun, die hassen das Licht, denn sie wollen nicht, dass ihre bösen Taten vom Licht aufgedeckt werden. Die Psalmen und die Weisheitsliteratur des Alten Testaments unterscheidet zwischen den Frevlern und den Gerechten oder den gottlosen Toren und den frommen Weisen. Die Frevler hassen das Licht, die Gottlosen hassen Gott, die Toren hassen die göttliche Weisheit. Aber wer sind die Gerechten, die Gott lieben? Im Neuen Testament heißt es: Abraham glaubte Gott und das wurde ihm zur Gerechtigkeit angerechnet. Luther sagt, die Gerechtigkeit kommt aus Gnade durch Glauben, denn im Vertrauen auf Christus verleiht uns Christus seine eigene Gerechtigkeit vor Gott. Im Glauben an den Sohn Gottes werden wir von Christus gerechtgemacht. Abraham lebte diesen Glauben, als er sich auf das Wort des Herrn hin von seinem Vater und seiner Familie trennte und ins Ungewisse zog. Und als er dann den verheißenen Sohn Isaak, das Lachen, bekommen hatte, da hing er mit ganzer Vaterliebe an seinem Sohn, aber auf Gottes Wort hin war er bereit, den Sohn dem Herrn zurückzugeben. Dieser Glaube an das Wort des Herrn, dieser Glaube, der ein Gehorsam war, der wurde Abraham zur Gerechtigkeit gerechnet. Josef, der Bräutigam Mariens, wird in der Heiligen Schrift als Gerechter bezeichnet. Er liebte Gott, er folgte den Weisungen des Herrn, die ihm durch Engel im Traum übermittelt wurden, und er liebte den Sohn Gottes und Mariens wie sein eigenes Kind. Platon beschreibt den Gerechten so: Er verwirklicht die vier Kardinaltugenden Klugheit, Mut, Mäßigung und Gerechtigkeit. Der Mensch besteht aus Geist und Seele und Leib. In seinem Geist wird der gerechte Mensch die Klugheit verwirklichen. In seiner Seele oder seinem Herzen wird er den Mut verwirklichen. In seinem Leib wird er die Mäßigung oder Keuschheit verwirklichen. So wird er in seiner ganzen Person die Gerechtigkeit verwirklichen. In der Heiligen Schrift aber ist ein Gerechter der, der den Weisungen Gottes gehorcht, die Gebote Christi hält, und dieser wird Gott und Christus lieben. So sagt Jesus: Wer mich liebt, der hält meine Gebote.


Ich bin schwarz und sehr schön, ihr Töchter Jeruschalajims, wie die Zelte Qedors, wie die Draperien Schelomohs. Schaut mich nicht an, daß ich so schwärzlich bin: die Sonne hat mich so angeschaut.

Hier spricht die Braut Christi, die Kirche: Ich bin schwarz und schön oder ich bin schwarz, aber schön! Hören wir nicht immer wieder von den Feinden der Kirche Christi die Litanei der Sünden der Christen? Und haben sie nicht oft sogar recht? Wenn es Priester oder Mönche gibt, die Kinder sexuell missbrauchen, dann ist die Braut schwarz, schwarz von der hässlichsten Sünde! Papst Johannes Paul der Große hat im Millennium das große Schuldbekenntnis der Kirche gesprochen für alle Verfehlungen der Söhne und Töchter der Kirche. Das sind die schwarzen hässlichen Flecken der Kirche. Die Kirche ist ein Lazarett der Sünder. Und dennoch sagt die Braut Kirche: Aber ich bin schön! Sie ist schön, weil Christus sie gestiftet hat. Christus ist der neue Adam, der die Ursünde Adams sühnt am Kreuz. Wie Gott dem Adam, als er schlief unterm Baum, die Rippe entnahm und seine Braut Eva bildete, so nimmt Gott aus der Rippe Christi, als er entschlafen war auf dem Holz des Kreuzes, als Blut und Wasser aus seiner Seitenwunde flossen, die Braut Christi, die neue Eva, die Kirche. Christus ist das Haupt und die Kirche ist sein mystischer Leib. Augustinus sagt: Das erst ist der ganze Christus, das Haupt Christus und der mystische Leib Christi. Wie aber beschreibt die Kirche ihre Schönheit? Ich bin schön wie die Zelte Qedors, wie die Draperien Schelomos. Qedor war ein arabischer Wüstenstamm und hatte schwarze, aber schöne Zelte. Die Draperien oder Teppiche Salomos waren schwarz, aber schön. Einige übersetzen auch statt Draperien Salomos: wie der Pavillon von Salma. Die Kirche stellt sich hier als ein Zeltheiligtum oder als der Tempel Salomos vor. Die Zelte Qedors mögen aber auch auf die arabische Liebesmystik verweisen. Im Islam gibt es eine Mystik, die oft in Auseinandersetzung mit der islamischen Orthodoxie stand, da Allah als der Liebling bezeichnet wurde und die Vereinigung mit Gott verglichen wurde mit dem Weinrausch. Aus diesen Gründen hat man den persischen Liebesdichter Hafiz die mystische Zunge genannt. Auch der Islam enthält ja Elemente der Offenbarung durch seine Aufnahme alttestamentlicher und neutestamentlicher Offenbarungsinhalte. So gibt es bei den Muslimen, wie Johannes Paul der Große sagte, echten Glauben. Vor allem aber in der islamischen Mystik, die eine Liebesmystik oder Brautmystik ist, gibt es große Ähnlichkeiten zur christlichen Brautmystik. Wenn die Kirche schön ist wie der Pavillon Salmas, so denke ich auch an die fernöstliche Liebesmystik. Mir ist zum Beispiel das Liebesgedicht eines koreanischen buddhistischen Mönches bekannt, der seine Seele als Nonne und mystische Braut Buddhas verstand, wobei Buddha für ihn gewissermaßen die göttliche Weltseele war, die er in sinnlichen Liebesversen besang.. Auch in Indien in der Bhakti-Mystik, das heißt der Liebesreligion, gibt es das große Gedicht von Jayadeva, das Gita-Govinda, da die Seele in ihrer Liebesvereinigung mit Gott dargestellt wird als die Hirtin Radha im Liebesspiel mit Krishna befindlich. Die Kirche ist also die Braut, die schön wird durch die Liebe des Geliebten. Das sie aber schwarz ist, das kommt von der Sonne, von der Welt. Aber die Kirche fordert auch alle ihre Gegner auf: Schaut mich nicht an, dass ich so schwarz bin! Starrt doch nicht nur, ihr Feinde der Kirche, auf die schwarzen Sünden der Christen, sondern öffnet eure Augen auch für die Schönheit der Braut, die eine große Schatzkammer der Heiligkeit und Weisheit ist und eine feurige Geliebte des göttlichen Bräutigams!


Meiner Mutter Söhne brennen wegen mir. Sie setzten mich zur Gärtnerin der Weinberge, aber meinen eigenen Weinberg hab ich nicht gepflegt.

Meiner Mutter Söhne brennen wegen mir, oder sie zürnen mir. Der Herr spricht zum Propheten Jeremia: Hüte dich vor dem Haus deines Vaters und vor deinen Brüdern, denn sie zischen hinter dir her. Auch wenn sie freundlich mit dir reden, traue ihnen nicht! Jesus sagt: Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Salomo sagt in den Sprüchen: Besser ein Freund in der Ferne als ein Bruder in der Nähe. Was taten die Brüder Sulamiths? Sie setzten sie zur Hüterin ihrer Weinberge, das heißt, der Weinberge der Brüder. Sulamith sollte sich verzehren in der Aktion der Nächstenliebe. Aber ihren eigenen Weinberg hat Sulamith nicht gehütet. Was ist der Weinberg? Jesaja sagt: Ich singe ein Lied für meinen Geliebten, er hat einen Weinberg. Der Weinberg ist die Braut. Jesus erzählt das Gleichnis vom Weinberg und seinen Pächtern, der Besitzer des Weinberges wird kommen und die Ernte einfordern. Der Weinberg, das verstanden die Pharisäer, ist Israel, Israel als die Braut des Herrn. Sulamith hat ihre eigene Brautschaft mit dem Geliebten nicht gepflegt. Sie hat sich verzehrt in Aktionismus für die Nächsten, in selbstaufopferungsvoller Nächstenliebe hat sie sich verausgabt. Die Menschen haben ihre Hilfsbereitschaft gesehen und sie schamlos ausgenutzt. Die Braut hoffte, wenn sie den Nächsten dient, werden die Nächsten sie lieben. Aber bald stand sie ausgebrannt da und kraftlos, denn man hatte sie ausgebeutet und nun war sie leer. Ein Christ diente einer Kranken und räumte ihr die Wohnung auf, aber er hatte keine Kraft mehr, seine eigene Wohnung aufzuräumen. Sulamith hat ihren eigenen Weinberg nicht gehütet. Ein Christ wollte eine Heidin zu Christus führen und besuchte sie so oft, dass er keine Zeit mehr fand, zum Mahl des Herrn zu gehen. Sulamith hat ihren eigenen Weinberg nicht gehütet. Der Weinberg ist das innere Leben in Gemeinschaft mit Gott. Ein weiser Mönch sagte: Wenn du in deiner Kindheit zu wenig Mutterliebe empfangen hast, wirst du sehr empfänglich sein für das Bedürfnis der Anderen nach Mutterliebe, nach Fürsorge und Geborgenheit. Aber du stehst in der Gefahr, dein eigenes Herz zu verausgaben für die andern und dich selbst nicht zu hüten. Du musst lernen, zu dir selbst wie eine Mutter gut zu sein und dir auch deine eigene Geborgenheit schaffen. Sulamith warnt uns: Hüte deinen eigenen Weinberg! Pflege deine Beziehung mit Gott! Nur die Liebe, die du von der absoluten Liebe empfängst, kannst du als Nächstenliebe an die Andern weiterschenken.


- Sprich zu mir, du, den meine Seele liebet, wo du ruhest, wo du liegst am Mittag, daß ich nicht irren muß bei den Herden deiner Genossen.

Rede, Jesus, tu uns kund den Weg zum Leben, damit wir nicht bei den andern Göttern suchen müssen, bei Krishna oder Buddha, bei Diana oder Aphrodite, damit wir nicht bei der Sexgöttin die Erfüllung suchen oder beim Geldgott die Sicherheit und das Glück, damit wir nicht eine Rasse oder eine Klasse zum Höchsten Gut ernennen, damit wir nicht den jugendlichen Köper oder asketische Speisevorschriften zu unserm Kult machen. Zeige uns, Jesus, wo du ruhst, wo du wohnst, wo wir dich finden können. Laß dich finden in der Kirche, wo du ruhst, damit wir dich nicht nur in der Natur oder nur im Buch der Bücher suchen. Zeige uns den Weg zu dir, zu deinem Ruheplatz, denn wir wollen dort Ruhe für unsere Seelen finden, wo du ruhst, auf dass wir ruhen an deinem Herzen und du ruhst in uns. Denn unsere Seelen, wie Augustinus sagt, finden keine Ruhe, bis wir die Ruhe in Gott finden.


Weißt du es nicht, du Schönste der Frauen, so geh hinaus zu den Spuren der Schafe und füttere deine jungen Ziegen bei den Hirtenhütten.

Weißt du aber nicht, o Seele, die du Gott suchst, wo Gott zu finden ist, so geh zu den Hirten, zu den Pastoren, den Priestern Christi. Denn wie willst du glauben, wenn dir das Evangelium nicht gepredigt wird? Und was soll gepredigt werden als das Wort Gottes? Und wo wird das Wort Gottes gepredigt? Es wird gepredigt in der heiligen Liturgie der Kirche, im Wortgottesdienst. Aber das Wort Gottes wird dort recht gepredigt, wo es in dem selben Geist gepredigt wird, in dem es verfasst worden ist, nämlich in dem Geist der einen, heiligen, apostolischen und katholischen Kirche, die auf Petrus gebaut ist und deren Ikone Maria ist. Wo die Christen sich versammeln, dort sind die Spuren der Schafe, dort sollst du deine Zicklein, das sind deine ungeordneten Neigungen, weiden, bei den Hirtenhütten, bei den Priestern der heiligen Kirche, dort sollst du die Taufe empfangen, dort sollst du die Salbung mit Heiligem Geist empfangen, dort sollst du die Absolution erlangen, dort sollst du den Leib des Herrn empfangen, dort sollst du die Krankensalbung empfangen, dort sollst du das Weihesakrament oder das Ehesakrament empfangen, dort sollst du in der göttlichen Liturgie das Wort Gottes im Geiste der Apostel empfangen. Diesen Weg weist dir der Geliebte, weil er dich liebt, denn in seinen Augen bist du die Schönste der Frauen. Deine Schönheit kommt nicht aus deiner Tugend, sondern sie liegt in den Augen des Geliebten. Weil der Bräutigam dich mit grenzenloser Liebe anschaut, darum bist du schön in seinen Augen. Du bist so schön in seinen Augen, dass er bereit ist, für dich zu sterben. Aber wisse, wenn du betest, wirst du noch schöner werden in seinen Augen, so wie die Blumen schön sind, wenn der Schnee geschmolzen ist. Füttere deine jungen Ziegen bei den Hirtenhütten: Feiere die Heilige Messe andächtig und ehrfürchtig mit und empfange in einer mystischen Kommunion als Seelenspeise Leib und Blut und Seele und Gottheit Christi und nähre so das ewige Leben in dir!


Du, meine Geliebte, bist wie ein Roß vor Pharaos Wagen.

Meine Freundin gleicht einer Stute, das mag manchem anstößig erscheinen. In der antiken Liebespoesie ist es nichts ungewöhnliches. Darum zitiere ich hier Anakreon und zwar in der Form, wie Puschkin ihn nachgedichtet hat: „O du junge wilde Stute, / Ehre des kaukasischen Stalls, / Was jagst du herum, du Gute? / Deine Zeit kommt ebenfalls; / Schau nicht scheel mit scheuen Blicken, / Wirf die Beine nicht umher, / Auf des Hügels breitem Rücken / Springe nicht so kreuz und quer. / Warte nur, bald gehst du leise / Unter mir, wie ich es will, / Und in abgemessnem Kreise / Schreitest du im Zaume still.“


Deine Wangen sind so hübsch mit den Strähnen, dein Hals mit dem Muschelkettchen. Wir wollen dir goldene Ringe gestalten mit silbernen Perlentropfen.

Muschelkettchen mit goldenen Ringen und silbernen Perlenschnüren trägt die Jungfrau – nämlich die Perlenschnur des Rosenkranzes. Der Heilige Geist hat seiner Braut, der immerwährenden Jungfrau Maria, ein Muschelkettchen der Schönen Liebe um den Hals gehängt, goldene Ringe der mystischen Vermählung angelegt und eine silberne Perlenschnur des immerwährenden Gebetes um den Arm geschlungen. So erscheint die Jungfrau, die Unbefleckte Empfängnis, in Lourdes, in einem langen seidenweißen Kleid, aus dem weißen Schleier quellen die kastanienbraunen Locken, gegürtet ist sie mit einem meerblauen Gürtel und um den Arm geschlungen hält sie den Rosenkranz. In Fatima erschien die Königin des heiligen Rosenkranzes und forderte auf, täglich den Rosenkranz zu beten, zur Abwendung eines neuen und noch schrecklicheren Weltkrieges. Und wenn heute Menschen guten Willens den Dritten Weltkrieg verhindern wollen, so sollen sie nicht Steine schmeißen, sondern den Rosenkranz beten. Papst Johannes Paul der Große nannte den Rosenkranz sein Lieblingsgebet und sagte: Es ist wie bei einem Liebhaber, der nicht müde wird, den Namen der Geliebten auszusprechen. Er zitierte auch den Dichtergott Dante: Wer zu Gott fliegen will, der nehme die Flügel der heiligen Jungfrau! In Fatima lehrten die drei Seherkinder auch die Kurzform des Rosenkranzes: Ave Maria, Amen!


Als der König sich zu mir wandte, gab meine Narde Aroma. Mein Geliebter ist mir ein Bund Myrrhe, der zwischen meinen Brüsten ruht. Mein Geliebter ist mir ein Hennastrauch in den Weinbergen von Eyn Gediy.

Der König Christus wandte sich an Martha, aber Martha hatte keine Zeit, der Weisheit des Königs zu lauschen, sie war überbeschäftigt im Haushalt. Der König wandte sich an Maria und Maria wählte das Eine, das Notwendige, sie lauschte der menschgewordenen Weisheit. Dieselbe Maria von Bethanien war es, die Jesus salbte mit einem Glas voll Nardenöl, im Wert des Jahreslohnes eines Arbeiters. Judas Iskariothes, der ein Dieb war, nannte es Verschwendung, aber Jesus sagte: Die Armen habt ihr allezeit bei euch, aber mich habt ihr nur jetzt. Sie hat mich für mein Begräbnis gesalbt. Wo immer man das Evangelium predigt in der ganzen Welt, wird man auch über das predigen, was Maria von Bethanien tat, als sie ihr kostbares Nardenöl an mich verschwendete. - Mein Geliebter ist mir ein Beutel voll Myrrhe. Das erinnert an die drei Magier aus Morgenland, die zur persischen Priesterklasse gehörten und weise Männer waren, sie schenkten dem neugeborenen König der Juden Gold, Myrrhe und Weihrauch: Gold, weil er der König war, Myrrhe zur Verehrung seiner Passion und Weihrauch zur Anbetung seiner Gottheit. Myrrhe, wenn es zerrieben wird, duftet süß. So Christus, der König, wenn er zerrieben wird am Kreuz, so bringt er uns den Duft des ewigen Lebens. Dass dieser Beutel mit Myrrhe nun zwischen den Brüsten der Freundin ruht, besagt, dass der Gekreuzigte an ihrem Herzen ruht. So heißt es im Stabat Mater des Jacopone da Todi: Mater Dolorosa, präge uns die Wunden deines Sohnes in unser Herz ein! Warum aber ist der Geliebte ein Hennastrauch? Mit Henna färbten sich die Frauen die Haare rot, mit Henna malten sie sich Ornamente auf die Haut. Henna war ein Schönheitsmittel. Der Geliebte, nämlich der wie Myrrhe zerriebene Gekreuzigte, der mit Nardenöl gesalbte Begrabene, der ist ein Schönheitsmittel für die Braut, denn die Verdienste seines heiligen Leidens geben ihr die Schönheit wieder in den Augen Gottes, jene Unschuld der paradiesischen Schönheit oder reinen Nacktheit, die Eva im Paradiesgarten besessen hat, die sie aber wegen jener hochberühmten Feige verscherzt hatte. Statt Hennastrauch kann man auch Zypertraube sagen, denn auf Zypern wurde der Gott Adonis verehrt, der starb und auferstand, und Adonai ist der wahre Adonis, der nicht jedes Jahr wieder stirbt und aufersteht mit den Zyklen der Natur wie Adonis, sondern Adonai starb einmal und erstand einmal von den Toten, und dies für alle Geschlechter aller Menschen aller Zeiten.


So schön, meine Geliebte, du bist so schön, so schön bist du. Deine Augen sind Tauben.

Die Braut-Kirche hatte in ihrer Demut gesagt: Ich bin schwarz, aber schön. Der Bräutigam aber sagt als ein leidenschaftlicher Liebhaber in seinem weißglühenden göttlichen Eros: Du bist schön, meine Geliebte, siehe, du bist schön! Maria ist das Urbild, die Ikone, das Ideal der Kirche. Gott grüßte sie durch den Engel mit den Worten: Ave gratia plena! Gratia plena, das heißt, die du voller Gnade bist und keine Sünde ist in dir, aber es heißt auch, die du voller Grazie bist und bist vollkommen anmutig! Chaire Kecharitomene heißt auch: Freue dich, du Liebreizübergossene! Maria wird von der Kirche auch Spiegel der göttlichen Schönheit genannt, und zwar als die Makellose ist sie allein der fleckenlose Spiegel der göttlichen Schönheit. Darum heißt sie auch: Tota pulchra perfectissima, du ganz vollkommene Schönheit! Wir hören aber auch in den überschwänglichen Worten des Bräutigams eine ganz leidenschaftliche Liebe, ein Entzücken an der Schönheit der Jungfrau! Sie, die das Meisterwerk Gottes ist, ist auch die Jungfrau Jerusalem, das Entzücken der Menschheit, die Wonne der ganzen Welt! Und warum sind ihre Augen Tauben? Die Taube galt in den altorientalischen heidnischen Mythologien als Vogel der Liebesgöttin. Die Taube ist ein Symbol der ehelichen Treue und des leidenschaftlichen Liebesverlangens. Das Gurren der Turteltaubenpaare im Frühling, ihr Picken und Schnäbeln, ihr Flügelschlagen im Liebesspiel, bei dem sie die Fichtenwipfel krachen lassen, ist ein Symbol für eine eheliche, treue, aber auch zärtliche und leidenschaftliche Liebe. Die Braut schaut mit den Augen voller Liebe auf den Bräutigam, weil er sie zuerst so angeredet: Siehe, du bist so schön, meine Geliebte, du bist so unglaublich schön! Ich kannte einmal eine Christin, die alles, was sie von Maria wusste, zusammenfasste in dem einen Satz: Sie ist so unglaublich schön! Die Taube ist auch ein Symbol des Heiligen Geistes, denn als wie eine Taube kam der Heilige Geist auf Jesus herab, sanft, wie das sanfte Säuseln Gottes, friedlich, zärtlich, liebevoll und auf stille Art feurig. Maria ist die Braut des Heiligen Geistes und als solche ist sie der Tempel des Heiligen Geistes, ja, manche sagen kühn, sie ist quasi eine Menschwerdung des Heiligen Geistes, und als solche ist der Heilige Geist zu ihrem eigenen Geist geworden, und sie schaut gewissermaßen mit den Augen des Heiligen Geistes, mit den Augen der sanften, treuen, zärtlichen, liebevollen und auf reine Art feurigen Liebe.


Sehr schön, mein Geliebter, du bist sehr schön und lieblich. Unser Lager ist grün. Zedern sind die Balken unseres Hauses, die Bretter Zypressen. –

Sehr schön bist du, göttliches Kind, kleiner Menschensohn, Jesulein von Nazareth! Wir schauen dich gerne an im Bilde des Prager Jesulein und können uns nicht satt sehen, denn so war deine Schönheit – majestätisch, lieblich, goldig, strahlend! Du lebtest unter der Obhut der Mutter und des Pflegevaters und lerntest von dem Pflegevater das Zimmermanns-Handwerk. Mit Brettern hast du ein Bett gebaut, mit Brettern und Balken von Zedern und Zypressen. Im Garten hast du gespielt und in deinem Spiel unter den Augen des himmlischen Vaters war der Garten mit den Lilien des Feldes dir ein wiedergefundenes irdisches Paradies. O Paradies! O Paradies! So jauchztest du und so jubelte deine Seele.  Und der Christ in gottloser Zeit, in der die Menschen lieblos und geistlos sind wie vor der Sintflut, der sieht die Strahlen der Sonne über dem Garten und es rauschen die Wipfel der Fichten und es singen die Lerchen und es gurren die Tauben und der Christ gurrt über der Weisung des Herrn und aus allem ruft die absolute Liebe ihm zu: O liebe mich! Ich, die absolute Liebe, ich will von dir, von dir und allen, geliebt sein!


Ich bin eine Rose aus Scharon und eine Lilie im Tal.

Die Rose ist die Blume der Liebe. Die rote Rose ist die Blume der blutigen Passion Christi. Die weiße Rose ist die Blume der Reinheit Mariens. Die Scharonwiese ist eine Blumenwiese in Galiläa. Maria ist die weiße Rose von Galiläa. Maria ist die Rosa Mystica. Die Mystische Rose sah Dante im Himmel, sie war das Paradies. Das Paradies ist der Schoß Mariens. In der mystischen Rose sind die Seligen und Heiligen angeordnet nach dem Grad ihrer Glückseligkeit, entsprechend dem Grad ihrer Gottesliebe auf Erden. Und die Lilie im Tal, das ist die reine Jungfrau in ihrer Demut. Die Kabbalisten sagen, die Lilie sei ein Symbol für die Gottesliebe der Heiligen, denn der Kelch der Lilie sei sehr tief, so sei auch die Gottesliebe der Heiligen auf Erden sehr tief. Manche übersetzen statt Lilie auch mit Blütenzwiebel, ein Zeichen für mangelnden poetischen Geschmack. Wo die Lilie die reine Jungfräulichkeit und Keuschheit anzeigt, zeigt die Blütenzwiebel die Fruchtbarkeit an. Der Heilige Geist ist fruchtbar, zwar zeugt er keine vierte Göttliche Person, aber er ist fruchtbar in Maria, da er in Marien jungfräulichem Schoß das Haupt Christus bildet und auch den mystischen Leib Christi, alle seine Glieder. Manche übersetzen Rose auch mit Narzisse, aber in der römischen Ökumene ist die Narzisse befleckt durch die Überlieferungen des Ovid, da der Jüngling Narzissus durch seine grenzenlose Eigenliebe in eine Narzisse verwandelt wurde. Dagegen in der persischen Liebespoesie ist die Narzisse die Blume des Liebesverlangens. Andere übersetzen Rosen und Lilien mit Lotosblumen. Die wuchsen auch am Ufer des Nil, der Leviathan lag darin. Die Lotosblume oder Lotos Nymphäa spielt in der indischen Mythologie eine große Rolle, sie ist dort die Blume der Brautseele, da sie im schlammigen Teich der Sünde wächst, aber oberhalb des Schlamms blüht und somit ein Symbol ist für die spirituelle Reinheit, die sich aus der Befleckung der Welt erhoben hat zur reinen Vermählung mit dem göttlichen Geist. So ist Maria natürlich die wahre Lotosblume von Indien, denn sie ist die Unbefleckte, die von keinem Makel der Erbsünde und von keiner persönlichen Sünde weiß und ganz rein ist und ganz offen für die Vermählung mit dem Heiligen Geist.


Wie eine Lilie zwischen Dornbüschen, so ist meine Geliebte inmitten der Töchter.

Wie eine Lilie zwischen Dornbüschen oder wie eine Lilie unter Nesseln oder wie eine Rose unter Dornen, so ist meine Geliebte Maria unter den Töchtern, den Frauen der Menschen. Denn Maria ist gesegnet unter den Frauen, sie ist die Gnadenvolle, sie ist die Unbefleckte, frei von allem Makel der Erbsünde und frei von aller persönlichen Sünde, sie ist die Makellose, die Allgebenedeite. Verglichen mit der Schönheit Mariens sind alle sterblichen Frauen hässlich. Verglichen mit der unschuldigen Taube Maria sind alle sterblichen Frauen Schlangen und Skorpione. Verglichen mit der keuschen Lilie Maria sind alle sterblichen Frauen Stacheln der Sünde. Verglichen mit der Rose der Liebe, der Rose ohne Dornen, sind alle Frauen spitze und scharfe Rosenstacheln. Maria ist die Ohnegleiche. Heinrich Seuse berichtet in seinem Büchlein der Ewigen Weisheit, dass er in seiner Minnesehnsucht viele Minnedamen umworben hat, aber alle waren für ihn wie schmerzliche Rosenstacheln, die ihn durch ihre Lieblosigkeit, Kälte, Gleichgültigkeit und Herzenshärtigkeit nur verletzt hatten, bis zu ihm seine ewige Minneherrin, die Ewige Weisheit sprach: Ich habe dich vor allen diesen falschen Minnedamen bewahrt und dich errettet aus den Schmerzen, die ihre Stacheln dir zugefügt hatten, weil ich dich für mich wollte, ich selbst, die Ewige Weisheit, wollte deine wahre und einzige Minneherrin sein, ich, die Rose ohne Dornen, rosa sine spina!


Ein Apfelbaum unter Waldbäumen ist mein Geliebter inmitten der Söhne. Ich sitze im Schatten dessen, nach dem mich verlangt, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß.

Christus ist ein Apfelbaum, der herrliche Äpfel der Unsterblichkeit bringt. Aber Krishna, Buddha und Mohammed sind nur unfruchtbare Bäume, die keine Frucht bringen. Krishna lehrt: Du musst viele Male wiedergeboren werden, auch als Pflanze oder als Tier, bis du alle deine Sünden abgebüßt hast. Buddha lehrt: Du musst dich selbst vernichten, bis du zum Nichts geworden bist, dann bist du erlöst von deiner Existenz. Mohammed lehrt: Ihr müsst euch wie Sklaven vor dem furchteinflößenden Herrn niederwerfen und zittern, ob ihr gerettet werdet. Aber Christus starb für alle Menschen am Kreuz und bietet allen das ewige Leben an, wenn sie es nur annehmen wie die Kinder ein Geschenk annehmen. Christus ist ein Apfelbaum. Adam stand unter dem Apfelbaum in Eden und ließ sich von Eva den Apfel (malum) reichen und mit dem Apfel des Übel (malum). Und so kam der Tod in die Welt. Aber Maria ist der Lebensbaum des neu eröffneten Paradieses, sie ist es, die den Namen Eva in das Ave umgewandt hat, und sie reicht Jesus den Apfel der Liebe, Maria ist der Lebensbaum und Christus ist die Lebensfrucht. Und so sitzen wir in dem Schatten Mariens, des Lebensbaumes, und empfangen Christus, die Lebensfrucht, als Speise in der Eucharistie und wer den Leib Christi, der Leibesfrucht Mariens, empfängt, der empfängt das ewige Leben. Wohin, sagt Petrus, als die andern Jünger Christus verlassen, weil Christus gesagt hat: Mein Fleisch ist eine wahre Speise, und als Christus die Apostel fragte: Wollt auch ihr mich verlassen, da sagte Petrus: Wohin sollten wir sonst gehen? Du allein hast Worte des ewigen Lebens. Und diese Frucht des Lebensbaumes, die Jesus selbst ist, ist süß meinem Gaumen, denn der Name Jesu ist süßer als Honig! Was ist süßer als Honig, fragte Simson, und Meister Eckard sagte: Süßer als Honig ist die Idee des Honigs.


Er lädt mich zum Schaumwein in den Keller. Die Liebe ist seine Fahne über mir. Er ruht mit mir bei Rosinenkuchen und breitet mich inmitten von Äpfeln.

Er lädt mich zum Schaumwein in den Keller, denn Jesus ist der Schenke der arabischen Mystik, der uns als unser Liebling in das Weinhaus lockt und uns dort berauscht mit dem Wein seiner Liebe. Darum schrieb Hafiz, dass er das Weinhaus dem Kloster und der Moschee vorzieht, denn im Weinhaus ist der Schenke, der uns den feurigen Wein seiner feurigen Liebe einschenkt. Die Liebe ist das Wirtshausschild. Wie andere Schenken vielleicht zum goldenen Löwen heißen oder zum jungen Fuchs, so heißt dieses Weinhaus „Zur Liebe“. Was ist dieses Weinhaus? Es ist die von Christus gegründete Kirche der Apostel, da der Wein in Blut Christi verwandelt wird und als spiritueller Trank ausgeschenkt wird. Dort wird in den puren Wein ein Tropfen Wasser gemischt, in die ungemischte Gottheit Christi wird unsere Menschheit gemischt, damit wir so eins mit Christus werden, wie das Wasser und der Wein sich vermischen – unauflöslich! Man übersetzte den Vers von der Liebesfahne über der Geliebten auch so: Er ordnet die Liebe in mir! Das gab den Begriff von der Ordnung der Liebe. Die rechte Ordnung der Liebe ist es, Gott zuerst und über alles zu lieben, und dann den Nächsten wie sich selbst. Wenn ein Mann eine Frau mehr liebt als er Jesus liebt, so ist die Ordnung der Liebe gestört. Wenn Menschen Frösche retten, aber es erlauben, Leibesfrüchte im Schoß ihrer Mutter zu ermorden, so ist die Ordnung der Liebe gestört. Wenn ein Aufseher im Konzentrationslager der National-Sozialisten seinen Schäferhund liebt, aber die Juden verabscheut, so ist die Liebe nicht in Ordnung. Es ist aber der Bräutigam, der in der ihm verbundenen Seele die rechte Ordnung der Liebe wieder herstellt, die durch die ungeordneten Begierden gestört worden ist.


Ach, ich bin elend vor Liebe!

Ach, ich bin krank vor Liebe! Wer das je erfahren hat, das er als Mann krank vor Liebe zu einer Frau war, der weiß, dass er als Liebeskranker mit dem Gedanken an die Geliebte aufwacht, dass er jede Stunde des Tages an sie denkt, dass er sich unaufhörlich in ihre Nähe sehnt, dass er mit dem Gedanken an die Geliebte einschläft und im Traum von der Geliebten träumt. Er ist von beständiger Sehnsucht nach der Vereinigung mit der Geliebten erfüllt. Er verehrt sie als sein höchstes Ideal, er findet ihre Seele die schönste der Welt und ihren Körper den reizendsten der Welt. Alle ihre Worte sind ihm heilige Sprüche der Weisheit, und was sie liebt, das liebt er auch. So geht es auch der Braut des Hohenliedes: Die Brautseele schläft mit dem Gedanken an Gott ein, sie träumt von Gott prophetische Träume, wenn sie erwacht, beginnt sie mit der heiligen Schriftlesung und dem Morgengebet, den ganzen Tag über denkt sie an Gott und grüßt ihn in vielfältigen Stoßseufzern, sie legt sich nicht schlafen, ohne gebetet zu haben und den Tag mit einem Wort der Schrift abgeschlossen zu haben. Sie ist in beständiger Sehnsucht nach der mystischen Kommunion und empfängt jeden Tag auf geistliche Weise den Leib des Herrn und ist in freudiger Hoffnung auf die ewige Hochzeit mit Gott im Himmel. Was Gott verabscheut, das verabscheut auch sie, und was Gott liebt, das liebt auch sie, und das Wort Gottes in der Heiligen Schrift ist ihr eine unerschöpfliche Quelle der Weisheit.


Sein linker Arm ruht unter meinem Haupt, sein rechter Arm umfängt mich. Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, bei den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem Lande, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag.

Eine spanische Mystikerin schreibt in ihrem Buch „Die Mystische Stadt Gottes“: „Bei diesen Ängsten erlitt Maria Ohnmachten, die ohne Zweifel tödlich gewesen wären, wenn Gott sie nicht gestärkt und am Leben erhalten hätte. Zur Belohnung für dieses treue, liebevolle Mitleiden befahl unser gütigster Heiland den Engeln, seine Mutter zu beschützen und zu trösten. Manchmal befahl er ihnen auch, ihr jene Loblieder zu singen, die sie selbst zu Ehren seiner Gottheit und Menschheit verfasst hatte. Zuweilen hielt der Herr selbst seine Mutter in den Armen und ließ sie in neuem Lichte erkennen, dass das unheilvolle Gesetz der Sünde samt deren Wirkungen auf sie keine Anwendung finde. Manchmal wurde sie, während sie in den Armen ihres Sohnes ruhte und die Engel ihr voll Verwunderung Loblieder sangen, in hohe Ekstasen versetzt, in denen sie neue und gewaltige Gnadeneinflüsse der Gottheit empfing. Da war denn nach den Worten des Hohenliedes die Einzig-Auserwählte, die Vollkommene, auf die Linke, das heißt auf die Menschheit ihres Sohnes gelehnt und von der Rechten seiner Gottheit umfangen. Da beschwor ihr liebevollster Sohn und Bräutigam die Töchter Jerusalems, seine Geliebte nicht aus dem Schlafe aufzuwecken, bis sie selbst es wolle. Da staunten die höchsten Geister und verherrlichten sie als die Gebenedeite unter allen Geschöpfen.“


Da ist die Stimme meines Geliebten. Siehe, er kommt, über die Berge springt er, über die Hügel hüpft er. Mein Geliebter ist wie ein Gazellenbock oder ein junger Hirsch. Siehe, da steht er hinter der Mauerwand und starrt durchs Fenster und blickt durchs Fenstergitter. Mein Geliebter gibt Antwort und spricht mir zu:

Ich kenne einen Christen, der einmal pilgerte zu seiner fernen Geliebten, die er sich zur Braut freien wollte. Er wanderte weite Weg und durchzog dunkle Wälder und kam über grüne Hügel. Da legte er sich nahe dem Haus der Geliebten auf einem grünen Wiesenhügel schlafen und träumte von der Geliebten (und die Geliebte träumte in jener Nacht von ihm, dass sie sich seit Millionen Jahren kennen), und als der Mann erwachte, stand eine Hirschkuh neben ihm und vom Rand des Fichtenwaldes röhrte der Hirsch. So ist der Vers zu verstehen. Unsre Sehnsucht nach Gott ist schon groß, fast reißt sie uns aus unsern Leibern zur himmlischen Ewigkeit, aber Gottes Sehnsucht nach uns ist so unermesslich, dass der göttliche Sohn den Schoß des göttlichen Vaters in der Umarmung des Heiligen Geistes verließ und ein Sklave auf Erden wurde, verachtet, verhöhnt, verlacht, geschmäht, angespuckt, gefoltert und ermordet, alles um seiner Braut willen, die er freien wollte, die er heimholen wollte in die ewige Paradieslust im Schoß der Gottheit! So groß ist die Sehnsucht des Bräutigams nach seiner Braut, dass er den Liebestod freiwillig auf sich nimmt, für sie stirbt, um ihr das ewige Leben in Glückseligkeit zu schenken. Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Jesus geliebt haben (und wie armselig ist unsere kleine Liebe doch so oft), sondern darin besteht die Liebe, dass Jesus uns zuerst geliebt hat! So kommt er zu uns und steht vor der Tür und klopft an: Wer meine Stimme hört und mir die Pforte seines Herzens aufmacht, zu dem werde ich eingehe und ich und der himmlische Vater werden in ihm Wohnung nehmen und Mahl mit ihm feiern.


Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Sieh, es schwand die Regenzeit, die Schauer vergingen und sind fort. Die Blüten blicken umher auf der Erde, die Zeit ist gekommen, zu hören ist die Turteltaube im Lande. Die Feige hat Knospen entfaltet, die Weinstöcke geben Aroma und stehen in Blüte.

O Zeit des Frühlings! Vierzehnter Nissan! Tag, an dem die Schöpfung erschaffen wurde durch das Wort Gottes! Tag, an dem Israel aus Ägypten geführt wurde! Tag, an dem Jesus von Maria geboren wurde! Tag, an dem Jesus als Opfer für die gesamte Menschheit starb! Der Frühling, sagte eine jüdische Dichterin, Prinz Jussuf, ist der Glaube Gottes, der immer wieder in die Welt kehrt. Der Frühling, sagte Hölderlin, ist Gottes Melodie. Im Frühling ist Maria Verkündigung, da Maria mit ihrem Ja zu Gott die Schuld Evas tilgte und der neue Adam Jesus geboren wurde, da das Paradies wieder geöffnet wurde. Der Frühling ist Pessach, Befreiung aus der Sklaverei der Sünde, des Teufels und des Todes durch das Blut des Lammes. Der Frühling ist Ostern, Auferstehung, da feiern wir wieder fröhliche Urständ! Stehe auf vom Schlafe, Geliebte, erhebe dich von den Toten, denn Christus ist dein Licht! Der Frühling ist die Zeit der Auferstehung, da die Regenschauer vergangen sind, denn Gott hat alle Tränen von unseren Wangen abgewischt wie eine Mutter ihren Sohn tröstet! Der Frühling ist die Zeit der Auferstehung, da die Stimme der Turteltaube zu hören ist im Lande, das Lied der Liebe, da die Schöne Liebe alles in allen ist! Die Feigen haben Knospen entfaltet, und Jesus sagt: Wenn ihr die Wehen der letzten Zeit seht, Kriege und Naturkatastrophen und Hunger, Epidemien und Seuchen, dann erhebt eure Häupter, denn eure Rettung naht! Denn wie die Feige Knospen entfaltet, so wisst ihr, dass der Sommer vor der Tür steht, der Sommer der himmlischen Wonne, der Sommer der Gnadensonne Christi, der Sommer des Paradieses, der Sommer des Ozeans der Schönen Liebe, der Sommer der himmlischen Hochzeit!


Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Meine Taube im Schlupfwinkel, in der Felsspalte, laß mich schauen deine Erscheinung, lauschen deiner Stimme, denn deine Stimme ist süß und deine Erscheinung ist schön.

Der Bräutigam nennt seine Braut: Meine Schöne, meine Taube! So nannte auch Heinrich Heine seine Geliebte: Meine Eine, meine Reine, meine Feine, meine Lilie, meine Rose, meine Taube, meine Sonne! Und der Bräutigam sagt: Komm heraus aus deinem Schlupfwinkel! Im Garten Eden ging Elohim mit Adam und Eva in der Abenddämmerung spazieren, aber nach der schlimmen Geschichte mit der Schlange und der Feige, versteckten sich Adam und Eva vor Gott im Gebüsch und Elohim rief: Adam, wo bist du? Eva, wo bist du? Komm hervor aus deinem Schlupfwinkel, meine Taube, komm hervor aus deiner Felsspalte! Laß mich lauschen deiner Stimme! So sagte der barmherzige Jesus zur mystisch begnadeten Schwester Faustyna: Deine Sprache ist mir lieb! Gott fordert uns zum Gebet auf! Deine Sprache des Gebetes, meine Braut, ist mir lieb, spricht der Bräutigam. Therese vom Kinde Jesu sagte: Das Gebet ist eine Königin, die jederzeit Zutritt hat zum Palast des ewigen Königs! Ja, eine Audienz beim Papst ist sehr schwer zu erreichen, aber eine Audienz beim König aller Könige, beim Herrn aller Herren, beim Gott aller Götter ist jederzeit zu erreichen! Ein Stoßseufzer und du bist beim Ewigen! Und fürchte dich nicht, den Ewigen zu belästigen mit deinen kleinen Nöten, denn du bist mehr wert als viele Spatzen und die Haare auf deinem Haupt sind vom Vater alle schon gezählt! Sage ihm alles! Lege dich hin vor dem Allerheiligsten Altarsakrament und erzähle Jesus alles, was dich heute bewegt hat, und der Herr wird dich trösten, aufrichten, ermutigen und ermuntern und dich erleuchten!


Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge uns zerstören, denn unsere Weinberge stehen in Blüte.

Was sind die Füchse? Wer kennt nicht die Geschichten von Reinecke Fuchs? Er begehrte die Gattin seines schlimmsten Feindes, des Wolfes Isegrimm, und besprang die Wölfin Gieremund von hinten, als er sie in eine Spalte gelockt hatte, wo sie feststeckte. Der Fuchs ist listig und begierig. Jesus erzählte auch Fabeln als ein großer orientalischer Dichter, er sagte: Die Füchse haben Gruben, aber der Menschensohn hat keine Stelle, wo er sein Haupt niederlegen kann. Und Jesus sagte: Geht zu Herodes und sagt diesem Fuchs... Die Füchse, die wir fangen sollen, das ist unsere Heuchelei und unsere Begierlichkeit. Die großen und die kleinen Begierden zerstören den Weinberg, das ist die Seele der Braut. O Seele, hüte dich vor den Todsünden, die dich von der Gnade Gottes scheiden, hüte dich vor diesen Füchsen als da sind Mord an ungeborenem Leben und Ehebruch! Aber hüte dich, o Seele, auch vor den kleinen Füchsen, vor den lässlichen Sünden! Verwechsle lässliche Sünden nicht mit lässigen Sünden! Aber wenn du eine Sünde begangen hast, so sei nicht zu stolz, sie einem Priester zu bekennen, der von Jesus selbst die Vollmacht erhalten hat, dich im Namen Jesus von deinen Sünden loszusprechen. Denn unermesslich ist die Barmherzigkeit des Herrn und er wird deine Sünde versenken in den Tiefen des Meeres. Als eine Nonne Visionen vom heiligen Herzen Jesu hatte und sie dies dem Priester mitteilte, wollte der Priester die Nonne auf ihre Glaubwürdigkeit prüfen und so sagte er: Wenn du mit Jesus sprichst, so frage ihn doch, was ich in meiner letzten Beichte bekannt habe. Die Nonne fragte Jesus: Was hat der Priester in seiner letzten Beichte bekannt? Und Jesus sagte: Ich weiß es nicht. Ich habe es vergessen.


Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, er weidet in den Lilien.

Ein mittelalterlicher Minnesänger sang: „Ik bin din / Und du bist min, / Des sollt du gewiss sin. / Du bist beslozzen / In minem herzen. / Verloren ist das slüsselin, / Du muost immer drinne sin.“


Wenn der Tag sich aushaucht und die Schatten fliehen, dann wende dich her und sei gleich einem Gazellenbock, mein Geliebter, oder gleich einem jungen Hirsch auf den Scheidehügeln von Bether.

Wenn die Nacht hereinbricht, wenn die Nacht der Einsamkeit, der Traurigkeit, der Verzweiflung, des Nichts hereinbricht, o Herr, dann begegne mir nicht wie ein Panther, der die Gazelle reißt, dann begegne mir nicht wie eine Bärin, der man die Kinder geraubt hat, dann begegne mir nicht wie ein Wildstier, wutschnaubend, oder wie ein wilder Eber, aggressiv, sondern begegne mir wie eine anmutige Gazelle oder ein sanftes Reh! Wenn die Nacht des Todes hereinbricht, o Herr, dann begegne mir nicht als strafender Richter, nicht als gerechter Herrscher in seinem Zorn, nicht als Pantokrator, sondern komm zu mir in der Gestalt eines kleinen Kindes! Ich bitte dich, o Christus, mein Herr und mein Gott, komm in meiner Todesstunde als göttliches Kind zu mir, als goldgelocktes Jesulein! Die Kirchenväter sagten: Nichts ist so groß wie Gott, denn Gott ist größer als alles! Aber der heilige Franziskus sagte: Nichts ist so klein wie Gott, denn Gott ist kleiner als alles! Komm zu mir als kleiner Knabe, mein Gott, wenn der Tag meines Lebens sich aushaucht und die Schatten der Erde fliehen und die Nacht des Todes über mich hereinbricht!


In der Nacht, in meinem Bett, da schaut ich aus nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus nach ihm, ich fand ihn aber nicht. Ich wollte mich erheben und in der Stadt umherstreifen, auf den Plätzen und Straßen Ausschau halten nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus nach ihm, ich fand ihn aber nicht. Es fanden und sahen mich die Wachtmänner, die in der Stadt umherstreiften. Sahet ihr den, den meine Seele liebet?

Dies ist die Nacht der Seele. Die Seele fühlt den geliebten Gott nicht in ihren Leidenschaften, sie kann ihn nicht mehr denken in ihrem Verstand, selbst der blinde Glaube ist eine Nacht, denn Gott ist eine dunkle Nacht dem blinden Glauben. Wenn die Seele sich von Gott verlassen glaubt, so sucht sie verzweifelt den Geliebten! Sie sucht ihn bei den Geschöpfen, aber in ihrer Nacht findet sie den Geliebten nicht in den Geschöpfen. Sie sucht ihn bei den Wächtern, bei den Gläubigen, bei den Priestern, aber sie findet Gott nicht bei den Gläubigen, nicht bei den Mönchen und nicht bei den Nonnen und nicht bei den Priestern. Sie findet Gott nicht in ihren Gebeten, sondern alle Gebete, die sie zu Gott hinauf schreit, die kehren als scharfe Pfeile in ihr Herz zurück!


Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich den, den meine Seele liebet. Ich fasse ihn und lasse ihn nicht und bring ihn zu meiner Mutter in der Mutter Haus, in das Zimmer derer, die mich einst empfangen.

Erst wenn die Seele ganz von aller anhänglichen Bindung an die Geschöpfe durch die Nacht ihrer Gottverlassenheit gelöst ist und in die Tiefe der Gottverlassenheit Christi am Kreuz hinabgestiegen ist und mit Christus verblutet ist am Kreuz und mit Christus gestorben ist durch die scharfe Lanze und geschrieen hat: In deine Hände gebe ich meinen Geist, und dann hinabgefahren ist mit Christus in das Reich des Todes und dort gewandelt ist unter den Schatten im Hades, dann erst wird sie mit Christus auferstehen und dann erst wird sie den Geliebten glücklich umarmen und mit ihm gehen, wohin? In das Haus der Mutter! Und wer ist diese Mutter? Die Kirchenväter sagten, die Mutter im Hohenlied ist Gott!


Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, bei den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem Lande, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag.

Lasst, ihr andern Christen und Christinnen, lasst die Seele in ihrer Seelenruhe, in der sie in den Armen Gottes ausruht von ihren Leiden! Hetzt sie nicht gleich wieder in einen blinden Aktionismus hinein! Wenn sie lange sich ausgeruht hat in den Liebesumarmung der Mutter, das ist Gott, dann wird sie von selbst sich wieder in Liebe den Armen und den Kleinen zuwenden und sie mit den Gaben ihrer Liebe überströmen.


Wer ist sie, die heraufsteigt aus der Wüste, wie eine Säule Rauches, wie Räucherwerk von Myrrhe und Weihrauch und aromatischem Puder des Händlers?

Wer ist es anders als die Jungfrau Kirche! Der Heilige Geist geht der Jungfrau Kirche auf ihrer irdischen Pilgerschaft des Tags als leuchtende Wolkensäule voran und des Nachts als brennende Feuersäule. Die Jungfrau Kirche hat das heilige Salböl aus Myrrhe des Gekreuzigten und Narde des Heiligen Geistes, die Jungfrau Kirche allein hat den heiligen Weihrauch, das sind die Gebete der Heiligen, die Tag und Nacht zum Thron des Herrn emporsteigen. Die Heilige Kirche ist es, die zu jeder Stunde des Tages und der Nacht und um den ganzen Erdball gegürtet Gebete zu Gott aufsteigen lässt. Die Priester und die Gottgeweihten und viele betende Laien beten Tag und Nacht Gebete der Anbetung und des Lobpreises, des Dankes und der Bitten und die heilige Jungfrau Kirche schließt alle Armen und alle Kleinen in ihre Gebete ein, alle Einsamen, alle Leidenden, alle Kranken, alle Sterbenden und die Toten! Die heilige Jungfrau Kirche betet für die ganze Menschheit Tag und Nacht auf der ganzen Erde und schließt die ganze Schöpfung in ihre Gebete ein! Sie ist es, die die Kinder tauft und salbt, die Jünglinge und Jungfrauen salbt mit Heiligem Geist, die in wundervollen Gottesdiensten den Altar und die Heilige Schrift und die Gemeinde segnet mit dem kostbaren Weihrauch, die die Kranken und die Sterbenden salbt und die Priester und die Bischöfe salbt! Die heilige Jungfrau Kirche ist ein herrliches Salböl des Heiligen Geistes, ein Weihrauch der Gebete der Gemeinschaft der Heiligen, ein Wohlgeruch des Lebens denen, die gerettet werden, und denen, die verloren gehen, ein Gestank des Todes!


Rund um den Diwan Schelomohs sind sechzig Mächtige von den Mächtigen Jisraels. Schwerter tragen sie alle, Schwerter, und sind unterrichtet im Kampf. Ein jeder Mann trägt sein Schwert an seiner Seite, gegen den Terror der Nacht.

Der Diwan Salomos ist der Thron Christi, um seinen Thron sind die Jungfrau Maria, die Engel und die Heiligen, und alle zusammen führen einen Krieg gegen das Böse. Wie kämpft die Jungfrau Maria gegen das Böse? Nicht mit dem Schwert in der Hand, sondern mit dem Schwert im eigenen Herzen! Ihr mystisches Mitleiden mit dem Leiden Christi steht dem Retter bei im Kampf gegen das Böse. Dies alles sind die Mächtigen Israels, denn Israel ist der Gotteskrieger. Schwerter tragen sie alle und sind unterrichtet im Kampf. Der Erzengel Michael wird auf allen Bildern dargestellt mit dem Schwert, mit dem er den Drachen, das ist Satan, durchbohrt. Im zwölften Kapitel der Apokalypse sehen wir den Erzengel Michael kämpfen gegen den Drachen, die alte Schlange, die den Messias-Sohn der Jungfrau-Mutter vernichten will. Und wer kennt nicht den heiligen Georg? Er ist der Patron aller Krieger, denn mit dem Schwert bekämpfte er den Drachen, der die Prinzessin verschlingen wollte. Was ist aber dieses Schwert? Es ist gewiss nicht eine Atombombe, sondern es ist das Wort Gottes! Christus erscheint in der Apokalypse und aus seinem Mund geht das Schwert des Wortes Gottes hervor, das zweischneidige Schwert, das, wie Paulus sagt, die Seele vom Leib zu scheiden vermag. Jesus brachte nur dieses Schwert, das Schwert des Wortes, das Schwert der Entscheidung. Mohammed dagegen verbreitete seine Religion mit dem konkreten Schwert des Krieges, mit menschlicher Gewalt. Welch ein Unterschied zwischen dem Friedefürsten Jesus und dem Kriegsherrn Mohammed! Unsere Liebe Frau, bitte für die Muslime!


Der König Schelomoh ließ sich eine Sänfte bauen aus Holz vom Libanon: die Säulen sind gefertigt aus Silber, die Stützen aus Gold, die Sitzkissen sind aus rotem Purpur. Geschmückt ist das Innere, liebevoll geschmückt, ihr Töchter Jeruschalajims.

Der Thron Salomos wird im Buch der Könige oder im Buch der Chronik so geschildert: Sechs Stufen führten zu diesem Thron herauf, zu beiden Seiten der Stufen standen insgesamt zwölf Löwen, der Thron war von Elfenbein und an der Rücklehne des Thronsitzes war ein Lamm angebracht. Dies ist der Thron des Lammes, die zwölf Apostel stehen zu seinen Füßen. Der Thron Salomos ist der Thron der göttlichen Weisheit! Wer ist der Thron der göttlichen Weisheit? Es ist die Mutter Maria, auf deren Schoß sitzt als kleiner Knabe die göttliche Weisheit. O sedes sapientiae!


Töchter, kommt heraus und schaut, ihr Töchter von Zion, schaut den König Schelomoh mit dem Kranze, mit dem ihn kränzte die Mutter am Tag seiner Hochzeit, am Tage des Jubels seines Herzens!

Protestanten hörte ich, die sagten zu den Christinnen: Ihr seid alle Söhne in dem Sohn! Und die Christinnen fragten: Sind wir nicht Töchter? Ja, sag ich, ihr seid Töchter, denn hier im Hohenlied werdet ihr als Töchter bezeichnet, Töchter in der Einen Tochter, der Tochter Zion, der Kirche, welche ist die Tochter Gottes! Wer aber ist  die Tochter Zion? Und wer ist die Jungfrau Synagoge? Es ist die Jungfrau Maria von Nazareth, die den Messias Israels geboren hat! Denn das Heil kommt von den Juden und der Heiland ist geboren ex Maria Virgine! Ein mittelalterlicher Theologe aber sagte: Wenn Christus der Sohn Gottes ist, wenn Christus nun die Ewige Weisheit ist, ist die Ewige Weisheit dann die Tochter Gottes? Und die Kirche nennt Maria die erstgeborene Tochter Gottes! Ja, Tochter des Vaters ist sie, die die Mutter des Sohnes ist und dieselbe ist die Braut des Heiligen Geistes. Und du, o Christenseele, sagte der Dichter Ben Jonson, sollst wie Maria auch sein die Tochter des Vaters, die Mutter des Sohnes und die Braut des Heiligen Geistes. So kommt also, ihr Töchter Zions, ihr Töchter der heiligen Mutter Kirche, und schaut den Bräutigam Christus in seiner Krone, in seinem Hochzeitskranz! Und welches ist die Krone des Messias? Ist sie eine Kaiserkrone aus Gold und Edelsteinen? Nein, es ist die Dornenkrone seiner Passion, denn der Tag seiner Hochzeit, das ist der Tag, an dem er für die Töchter Zions den Liebestod starb, um sie vom ewigen Tod zu erlösen und zur himmlischen Hochzeit einzuladen! Und wer hat ihm diese Krone verliehen, die Krone des Bräutigams der Seelen? Das war seine Mutter! Und wie wir schon sagten, ist die Mutter des Hohenliedes Gott der alleinige und einzige Vater der Liebe!


So schön, meine Geliebte, du bist so schön, siehe, sehr schön bist du! Deine Augen unter deinem Schleier sind Tauben. Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine Elfenbeinzähne sind eine Herde geschorener Schafe, die aus dem Wasser heraufsteigen, schön gepaart, und keines fehlt. Deine Lippen sind eine scharlachrote Linie, dein Mund ist schön. Deine Schläfen unter deinem Schleier sind Scheiben vom Granatapfel. Dein Hals ist wie Davids Turm, Davids, gut gebaut: Waffen und tausend Schilde, Waffen und Schilde der Mächtigen hangen daran. Deine beiden Brüste sind Hirschkühe, sind Gazellen, die in Lilien weiden.

Maria, du bist die ganz vollkommene Schöne, die tota pulchra perfectissima, die Ikone der göttlichen Schönheit, der unbefleckte Spiegel der Urschönheit! Deine Augen unter deinem Schleier sind liebevoll wie Liebestauben, sanft und friedlich und voller Liebe wie der Heilige Geist, der die Seele deiner Seele ist! Du trägst in allen Erscheinungen deinen Schleier, denn du bist die Braut Gottes, und das Wesen der Frau ist es, ein Schleier Gottes zu sein und eine Ikone des Mysteriums Gottes! Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die den Berg Gilad herabwallen, denn die Ziege heißt im Hebräischen die Haarige, und deine langen schwarzen Haare gleichen den schwarzen Haarigen, die herabwallen. Wer die langen schwarzen Haare Mariens sehen will, der beschaue das nicht von Menschenhand gemachte Bildnis der Jungfrau von Guadelupe in Mexiko! Die langen Haare sind ein Ausdruck der erotischen Qualität der Braut. So hat die ägyptischen Liebesgöttin Hathor lange Haare. So zeigt man zwar Paulus, den Brautwerber, mit einem kahlen Kopf, aber Christus, der Bräutigam, hat immer eine mächtige Lockenmähne und einen vollen Bart, denn er ist der erotische Bräutigam! Mariens Zähne sind von Elfenbein und keiner der Zähne fehlt, denn Maria ist unversehrt, ihre Zähne sind frisch gebadet und stehen immer paarweise da. So kommen ihre heiligen Worte aus einem perfekten, wie Homer sagte, Gehege ihrer Zähne. Die Lippen sind eine scharlachrote Linie, eine karmesinrote Schnur, und ihr Mund ist lieblich! Ich hörte einmal einen Madonnenmaler, der sagte, der Mund dürfe nicht zu rot sein, aber die Seher von Medjugorje fragten die Madonna, ob sie sie küssen dürften? Ja, sagte die Madonna, ihr dürft mich küssen! Und so geht denn in Frieden, meine Engel, auf Wiedersehen! Mariens Wangen sind rosig blühend wie die Scheiben vom Granatapfel. Waffen hängen an ihrem Halse, und da erinnere ich noch einmal an die Jungfrau von Guadelupe, sie eroberte Amerika nicht mit den Waffen der spanischen Eroberer, sondern mit einem Halskettchen und einer wundertätigen Medaille an ihrem Hals, denn die Indianer sahen, dass die Jungfrau das Zeichen des Kreuzes an ihrem Halse trug! Und die Brüste Mariens? Es würde zu weit führen, alles zu sagen, was man von den Brüsten Mariens sagen könnte! Sie spenden Caritas und Sapientia! Sie spenden Milch den Kindern und starken Wein den Weisen! Sie spenden das alte und das neue Testament! Und Augustinus sah in einer Vision den blutenden Christus und die milchspendende Madonna vor sich und wusste nicht, wohin sich wenden! Und die Theologen des Mittelalters sagten: O Seele, wenn du ins Jüngste Gericht kommst, dann bitte die Jungfrau, ihre Brüste zu entblößen und zu sagen zu Jesus: Mein Sohn, bei diesen meinen bloßen Brüsten, an denen du getrunken hast, erinnere ich dich daran, dass diese Seele ein Mensch von Fleisch und Blut auf Erden gewesen ist und kein reiner Engel! Und Jesus wird auf die Brüste Mariens schauen und sich für dich, o Seele, beim gerechten Vater verwenden!


Wenn der Tag sich aushaucht und die Schatten fliehen, wandle ich zum Myrrhenberge und zum Weihrauchhügel.

Was ist der Myrrhenberg und was ist der Weihrauchhügel? Johannes vom Kreuz sagte, der Myrrhenberg sei das aktive Leben der Nächstenliebe und der Weihrauchhügel sei das kontemplative Leben der alleinigen Anbetung Gottes.


Du bist schön, o meine Geliebte, ganz makellos! - Vom Libanon, meine Braut, vom Libanon komm, mit mir vom Libanon, komm herbei vom Gipfel des Amanah, vom Gipfel des Shenyr und Chermon, von den Lagerplätzen der Löwen und den Bergen der Leoparden.

Ich hatte mich gerade zu Christus bekehrt, als der Geist mir eine frühchristliche Schrift zu lesen gab, darin der Heimgang der seligen Jungfrau Maria besungen ward. Maria lebte vielleicht sechzig oder siebzig Jahre lang auf Erden, aber als ihr Heimgang nahte und alle Apostel um sie versammelt waren, da nahte der himmlische Christus der scheidenden Jungfrau, und es war ihr Seele wie ein sechzehnjähriges Mädchen, blühend schön! Und es sagte Christus zum Mädchen: Veni sponsa mea! Komm, meine Braut! Herab vom Libanongebirge, wo die Wölfe der Geldgier leben und die Löwen der Machtgier und die schwarzen Panther des Lustgier! Komm zu mir in den Himmel! Und so nahm der himmlische Bräutigam die Jungfrau Maria in einem Kuss von der Erde hinweg und transformierte sie zur Himmelskönigin!


Du hast mir geraubt mein Herz, o meine Schwester, o meine Braut, mit einem einzigen Blick, mit einer gewissen Halskette deines Halses.

Du, gläubige Seele, hast dem Gott der Liebe das Herz gestohlen! Sein Herz legt er in deine Hände! Seinen Leib legt er in deinen Mund! Er nennt dich seine Schwester, er, der Gott ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, nennt dich, die du Staub vom Staube bist und Asche von der Asche, deine Schwester, und er will dein liebender Bruder sein! Er nennt dich, wie der altägyptische Liebesdichter seine Geliebte seine Schwester nennt, seine Schwester, seine Braut! Denn wie ein Mönch in der jungen Frau seine Schwester sehen soll, denn die Schwester liebt man, aber man begehrt sie nicht, so sieht der Bräutigam in der Seele seine Schwester, denn er begehrt sie nicht mit egoistischer Begierde, um seine Lust zu befriedigen, sondern er liebt sie mit selbstloser schenkender Liebe, er nimmt ihre ganze Person, ihre originale Persönlichkeit an! Nun aber nennt er sie Braut, aber in dem keuschen Sinn einer Schwester-Braut! Er liebt ihre Person, er liebt ihre Art zu denken und zu fühlen, er liebt ihren Geist, ihre Seele, ihre ganze Erinnerung von der Empfängnis bis zum Tod, er liebt auch ihren Leib, den er selbst bereitet hat im Schoß ihrer Mutter, im Schoß der Materie, er will ihr einen auferstandenen Leib schenken! Er liebt sie und zwar in alle Ewigkeit! Und er will sich mit ihr vermählen! Gott, der allumfassende Geist, der transzendente Ewige, der Schöpfer des Universums, der Unerforschliche, Namenlose, ganz andere Gott will sich mit dir, der gehauchten Seele, vermählen, denn Gott ist Liebe und Liebe will die Einigung mit dem Geliebten! Gott liebt dich und bittet dich um deine Liebe!  Gott, dem du das Herz geraubt hast, er wird zum Bettler um Liebe vor dir! Und er will nicht nur den Glauben von dir, er will nicht nur die Nachfolge von dir, er will nicht nur den Gehorsam von dir, er will nicht nur dein Gebet und deine Hoffnung, er will Vereinigung mit dir! Er will in dich eingehen, er will sich mit dir vereinen, und er will, dass ihr in unauflöslicher Einheit lebt, in einem mystischen Einssein!


O wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, liebe Braut! Dein Lieben ist besser als Wein. Das Aroma deiner Öle übertrifft alle Balsamdüfte. Deine Lippen, liebe Braut, sind tropfender Wabenhonig. Milch und Honig sind auf deiner Zunge. Der Duft deines Kleides duftet wie der Duft des Libanon.

Eigentlich müsste man sagen: O wie schön ist deine göttliche Liebe, mein Bruder und mein Bräutigam Gott! Deine göttliche Liebe ist besser als der berauschende Wein der irdischen Freuden! Die Salbung deines Geistes ist süßer als der Duft des Frühlings, als das Parfüm der Frauen! Dein Name, o Jesus, ist süßer als Honig! Dein Wort, o Jesus, ist süßer als die Idee des Honigs! Der Duft deiner Menschheit ist lieblicher als der Duft der ganzen Welt! – So wäre es angemessen! Aber nun verkehrt der göttliche Bräutigam die Dinge und schreibt alle seine göttlichen Tugenden der Braut zu! Er erquickt sich an ihrer Liebe! Gott freut sich an der Liebe des Menschen! Gott berauscht sich an der Liebe des Menschen! Für Gott ist der Christ ein Wohlgeruch! Seine Lippen, von denen die Gebete tropfen, sind süß wie Honigmilch für Gott! Das Parfüm der Braut ist für Gott betörender als der Duft des ganzen Frühlings der Welt! Welch eine Anerkennung der Würde des Menschen, die Seele darf Partnerin Gottes sein! Und wo Gott der Gegenstand des Entzückens der Seele ist, da ist die Seele Gegenstand des Entzückens Gottes! Und so sagt der Herr im Propheten Jesaja: Wie sich ein Mann an seiner Freundin berauscht und sich entzückt an der Schönheit seiner Geliebten, so entzückt, o Seele, ist Gott von dir!


O Schwester, o Braut, du bist ein verschlossener Lustgarten, ein verschlossener Brunnen, eine versiegelte Quelle. Deine Pflanzung ist ein Paradies von Granatapfelbäumen mit köstlichen Früchten, Henna und Narde, Narde und Safran, Kalmus und Zimt, Weihrauchsträuchern und Aloe, Myrrhe und allerbestem Balsam. Eine Quelle, eine Welle lebendiger Wasser, die vom Libanon fließen, bist du. Erwache, Nordwind, und komm, du Südwind, und hauch in meinen Garten, daß meine Balsamen tropfen.

Ein evangelischer Seelsorger sagte einmal über die Männer: Für den Mann ist der Körper der Geliebten ein Paradies! Und der Dichter Claudel sagte: Die Frau ist für den Mann die Verheißung des Paradieses, und das ist ihre Gnade! Und es ist auch ihre Gnade, dass die Frau selbst diese ihre Verheißung des Paradieses nicht selbst erfüllen kann! Die Frau nämlich öffnet den Mann auf Gott hin. So ist es ja auch von Gott gedacht, der Eva schuf, damit sie Adam eine Hilfe sei, nämlich in dem Sinne, wie Gott Adams Hilfe ist, so dass Eva dem Manne zu Gott hin hilft! Wer ein Mann ist und eine Frau geliebt hat, weiß, was Salomo hier sagt: Der Leib der Geliebten ist wie eine Lilienwiese, ihre Augen sind blaue Veilchen, ihre Lippen sind rote Rosen, ihr Duft ist Moschus oder Jasmin, ihre Haare sind wie Hennablumen, ihr Schoß ist eine Lotos Nymphäa, sie selbst ist die Rose am Herzen Gottes! Sie ist ein Garten, die Frau ist ein Garten, und zwar ein Garten Eden, ein Lustgartenparadies, ihr Leib ist Beth-Eden, ein Freudenhaus! Sie selbst ist die Verheißung des Paradieses, des wieder gefundenen Gartens Eden! Darum auch Mohammed das Paradies darstellte als eine Schar von blühend schönen Jungfrauen, liebreizend und zur Liebe bereit! Darum auch der heilige Grignion von Montfort sagte: Der arme Lazarus, der auf Erden voller Beulen und Geschwüre war, die von den Hündinnen geleckt wurden, der von den Reichen verhöhnt wurde, der ruht nach Jesu Worten in Abrahams Schoß! Abraham ist der Vater des Glaubens im alten Bund, aber im neuen und ewigen Bund ist Maria die Mutter des Glaubens, denn selig ist sie, die geglaubt hat, was Gott ihr sagen ließ, wie Elisabeth preiste. Darum werden die Erlösten von nun an im Himmel ruhen im Schoß Mariens! Und Grignion sagte: Wie viel seliger ist doch als im Schoße Abrahams die Ruhe im Schoß Mariens! Denn Maria ist das Lustgartenparadies, die himmlische Jerusalem, die mystische Stadt Gottes, in der die Menschen guten Willens selig leben werden!


Mein Geliebter, komm in den Garten und iß die köstlichen Früchte. - In den Garten kam ich, liebe Schwester, o Braut, in den Garten. Myrrhe und Balsam pflückt ich, Seim und Waben aß ich, Milch und Süßwein trank ich.

Komm, Geliebter, in deinen Garten! So rief die Jungfrau Israel: Sende, o Herr, deinen Messias zu deinem auserwählten Volk herab! So ruft die Kirche als Braut Christi: Komm, o Herr, in deiner eucharistischen Gegenwart auch heute zu uns! So ruft die Seele täglich im Gebet: Komm, o Herr, und bleibe bei mir! Komm, o Herr, in meine Seele durch deine Gegenwart in der Eucharistie in meinem Herzen! Und so ruft die Kirche als Braut mit dem Heiligen Geist bis zum Ende der Zeiten: Komm, o Herr, in deiner Parusie und bringe herauf  Friedensreich des Messias! – Und der Bräutigam antwortet auf dieses Flehen seiner Menschheit und sagt: Ich kam, ich komme und ich werde kommen, denn ich bin der, der war und der ist und der kommen wird! Ich kam in meiner ersten Ankunft in Bethlehem, ich komme in meiner mittleren Ankunft in jeder Eucharistie und ich komme in meiner zweiten Ankunft als der Richter der Lebenden und der Toten bald wieder! Und so wie die Seele zum Herrn sagt: Deine Myrrhe und deinen Balsam will ich pflücken, o salbe mich mit dem Geist! Deine Honig will ich speisen, o nähre mich mit deinem süßen Wort! Deine Milch und deinen Wein will ich trinken, o fülle mich mit deinem kostbaren Erlöserblut und mit deiner auferstandenen Menschheit in der Kommunion! So wie die Seele dies zum Herrn spricht, so spricht der Bräutigam erneut in einer Verkehrung der Dinge das selbe auch zur Braut: Deine Salbung will ich pflücken, dein Leben und Beten im Heiligen Geist, deinen Honig will ich speisen, die süßen Worte deiner Gebete, und deinen Wein will ich trinken, denn – o Wunder, in jeder Kommunion verzehrt die Braut den Bräutigam, aber – o Wunder, der Bräutigam verzehrt auch die Seele! Lege auf den Altar der Wandlung deinen Leib und dein Blut, deine Seele und deinen Geist, dein ganzes Leben, und Christus, den du speisen darfst, wird dich verspeisen und in sich aufnehmen! Ja, kühn ich, du wirst eine eucharistische Speise für den Herrn, deinen Gott! Goethe dichtete einmal ein Liebeslied für Charlotte von Stein: „Bin so in Lieb zu ihr versunken, / Als hätt ich von ihrem Blut getrunken!“ Und dies sagt Christus zu dir, o Seele: Bin so in Liebe zu dir versunken, als hätte ich von deinem Blut getrunken!


Eßt, meine Lieben, und trinkt, meine Gefährten, und werdet trunken vor Liebe!

Kommt, meine chinesischen Brüder und Schwestern, kommt, meine afrikanischen Brüder und Schwestern, kommt, meine französischen Brüder und Schwestern, kommt, meine südamerikanischen und nordamerikanischen Brüder und Schwestern und speiset den Corpus Christi, das Sakrament der Liebe, und berauscht euch an der Schönen Liebe, berauscht euch an der Ewigen Liebe! Und wenn ihr euch berauscht an der Ewigen Liebe, dann werdet ihr in heilig-nüchterner Trunkenheit Propheten und Apostel der Ewigen Liebe zu allen Geschöpfen werden und werdet ewig jubilieren im Paradies der Ewigen Liebe!


Schlafend war ich, mein Herz jedoch war wach. Da war die Stimme meines Geliebten: Öffne, meine Geliebte, o Schwester, o Täubchen, o du Vollkommene! Mein Haupt ist voll Nachttau, meine Locken voll Nachttropfen. - Mein Unterkleid hab ich schon ausgezogen, sollt ichs wieder anziehn? Meine Füße hab ich schon gebadet, sollt ich sie wieder beschmutzen?Mein Geliebter streckte seine Hand durchs Loch der Pforte, meine Inneres war sehr aufgewühlt. Ich erhob mich, meinem Geliebten zu öffnen. Meine Hände tropften von Myrrhe am Riegel des Schlosses. Ich öffnete meinem Geliebten, tat ihm auf, da hatte sich abgewandt mein Geliebter, hatte sich abgewandt und war fortgegangen.

Es ist die Nacht der Seele. Die Seele träumt von der Liebe. Hier sind die erotischen Bilder gehäuft: Sein Haupt ist voll Nachttropfen – sie hat ihr Unterkleid schon ausgezogen und hat schon gebadet – der Geliebter legt die Hand ans Loch der Pforte – ihr Schoß drängte ihm entgegen – ihre Hand tropft von Salbe am Griff des Riegels – alles ist nahe vor der Vereinigung – aber dann ist der Geliebte fort! Verschwunden! Nun ist sie ganz allein in ihrer Nacht und ruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? – Aber wenn die Seele sich von Gott verlassen fühlt, kann es doch zugleich der Zustand intimster Nähe sein, in Wahrheit, aber nicht in ihren Gefühlen. Die Gottverlassenheit bereitet die Seele vor auf eine wirklich vollzogene Vereinigung der Seele mit Gott. Wer die Gottes-Ehe anstrebt, die Unio Mystica, der wird durch die Einsamkeit Christi im Garten Gethsemane und die Gottverlassenheit Christi am Kreuz selbst hindurchmüssen.


Meine Seele war außer sich, als er gesprochen. Ich suchte ihn, ich fand ihn aber nicht, ich rief ihn, aber er gab keine Antwort. Mich fanden und schlugen die Wachtmänner, die umherstreiften in der Stadt, sie schlugen mir Wunden, die Wachtmänner auf der Mauer, sie raubten mir meinen Schleier.

Wenn die Seele sich von Gott verlassen fühlt, dann schreit sie zu Gott, doch alle ihre Gebete kommen wie Pfeile in ihr Herz zurück. Gott erfährt sie als den schweigenden Gott. Da sie aber nicht aufgeben kann, Gott zu suchen und einen Beweis seiner Liebe zu erlangen, sucht sie ihn bei den andern Geschöpfen und fragt ihre Freunde: Hast du Gott gesehen? Wo ist er? Wo kann ich ihn finden? Aber in der Regel, wenn Gott die Seele durch die Nacht der Gottverlassenheit führen will, um sie vorzubereiten auf eine intimere Vereinigung, dann schweigen auch alle Geschöpfe, dann schweigen die Freunde, ja, oft geschieht es, dass das Reden der anderen Gläubigen wie ein Hohn und Spott für die leidende Seele ist. So ging es auch Hiob mit seinen Freunden. Dann erfährt die Seele, dass sie bei den Wächtern, bei denen sie Trost gesucht, nur Schläge findet und sie ihr den Schleier ihrer Brautschaft zerreißen, das heißt, sie mit ihrer Lieblosigkeit vergewaltigen!


Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims: Findet ihr meinen Geliebten, dann erklärt ihm, daß ich elend bin vor Liebe, elend!

Nun fleht die Seele noch einmal die andern Christen an: Geht und betet für mich! Meine Gebete dringen nicht durch die Wolken! Vielleicht erhört der Herr eure Gebete? Ihr seid ja nicht krank und elend vor Liebe, ihr müsst also im Besitz des Bräutigams sein und könnt so eure große intime Vertrautheit mit dem Bräutigam dazu verwenden, für mich Fürbitte einzulegen! Und sagt dem Bräutigam, dass ich krank bin vor Liebe, elend vor Liebe, ja, meine Liebe ist eine Krankheit zum Tode und ich sehne mich danach, abzuscheiden und beim Herrn zu sein! Ich schreie zum Bräutigam: Herr, wann sterbe ich, dass ich nicht mehr diese tausend Tode sterben muss?


Wie ist dein Geliebter inmitten der Lieben, o du Schönste der Frauen? Wie ist dein Geliebter inmitten der Lieben, daß du uns derart beschwörst?

Nun wird aber gerade der Christ, der sich doch von Gott verlassen fühlt, nach seinem Geliebten gefragt: Wer ist denn der Gott, dem du auch dann noch vertraust, wenn er dich verlässt und dich krank vor Liebe einsam zurücklässt? Was ist das für ein Gott, den du dir aus den Göttern allen erwählt hast? Wer ist denn dieser Gott Israels, dass er der alleinige Gott sein soll? Was ist er denn mehr als die hunderttausend hinduistischen Götter? Wer ist denn dieser Messias, wegen dem du liebeskrank bist, dass du ihn so sehr suchst in deiner Gottverlassenheit? Sag uns, was das für ein sonderbarer Gott ist, dass du sogar bereit bist, ihn zu lieben, selbst wenn er dich zur Hölle auf Erden verdammt!


Mein Geliebter ist glühend und frisch, Erster unter Myriaden. Sein Haupt ist reines Gold. Die Locken seines Hauptes sind gelockt wie Dattelrispen und schwarz wie Raben. Seine Augen sind Tauben an Wasserbächen, sie sind in Milch gebadet, sie sitzen am Teichrand. Seine Wangen sind Gartenterrassen, wo Balsam blüht. Seine Lippen sind Lilien, tropfend von fließender Myrrhe. Seine Hände sind goldene Ringe mit gelbem Jaspis. Sein Inneres ist kunstreich geziertes Elfenbein mit eingelegtem Lapislazuli. Seine Beine sind Marmorsäulen auf Fußgestellen aus fein geläutertem Gold. Seine Erscheinung ist wie des Libanons erwählte Zeder. Sein Gaumen ist Süßigkeit, sein Mund begehrenswert. So ist mein Geliebter, mein Geliebter ist so, ihr Töchter Jeruschalajims.

Mein Gott ist der Gott aller Götter! Mein Gott ist die Urschönheit, die Quelle alles Schönen! Der Messias ist der Schönste unter allen Menschensöhnen! Nur die göttliche Schönheit kann mich noch retten! Was für eine Schönheit kann allein mich noch retten? Die göttliche Schönheit, die auch das Leiden umarmt! Prinz Jussuf, der Dichter sagte: Könnte ich Gott einmal schauen, nur den Mond an Seiner Hand! Und Teresa von Avila sah einmal in einer Vision Gott den Herrn und sagte: Ich wäre bereit, bis zum Ende der Zeit alle erdenklichen Leiden zu erleiden und tausend Leben voller Leiden zu leben, um nur noch Einmal diese Hand Gottes zu sehen!


Wohin ist denn dein Geliebter gegangen, o du Schönste der Frauen? Wohin hat sich dein Geliebter gewandt? Wir suchen ihn mit dir.

Welche Ironie! Die von Gott verlassene Seele hatte sich doch an ihre Freunde gewandt, dass die Freunde ihr sagten, wo der Bräutigam sei! Aber jetzt sagen die Freunde zur gottverlassenen Seele: Wenn einer weiß, wohin Gott gegangen ist, so bist du es! Suche du den verborgenen Gott, so wollen wir mit dir suchen. Wenn ihn einer findet, dann bist du es!


Mein Geliebter ging hinab zu den Gartenterrassen, zu den Blumenbeeten, zu weiden im Garten und Lilien zu pflücken.

Und tatsächlich, die Seele, von Gott zur Ehe auserwählt, sie weiß, wohin der Geliebte gegangen ist. Er kam herab in den Garten, er stieg vom Himmel, vom Schoß des Vaters, verließ seine göttliche Glückseligkeit, um einzukehren in den Garten der Braut und in den Blumen zu weiden. Wahrlich, da ist er wieder! Er will sich an ihr weiden! Er will sich weiden an den Tautropfen ihrer Tränen, an den Rosen ihres blutenden Herzens, an den Lilien ihrer Entsagung, an den Veilchen ihrer Erniedrigung, an den Lotosblumen ihrer spirituellen Liebessehnsucht! Sie wollte sich an ihm weiden, den sie so lange vermisst hat! Aber er wollte sich auch an ihr weiden! Er nennt sie: Mein Augapfel! Meine Augenweide! Meine Augenlust! Ich will mich an deiner Liebe berauschen!


Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein, der in den Lilien weidet.

Und jetzt sind die Seele und ihr Gott wieder vereint in dem Ostergarten ihrer Liebeseinheit! Jetzt wird die geprüfte Freundin von ihrem Geliebten wieder umfangen! Und jetzt, nach den schrecklichen Qualen der Verlassenheit – und wer weiß, was der Herr gelitten hat in dieser Zeit? – sind sie noch tiefer vereint, so dass sie sagen kann: Totus tuus ego sum! Ich bin ganz dein mit allem, was ich bin und habe! Und du bist mein! Du bist nicht nur der Gott aller Götter, sondern du bist auch mein Gott! Und so lieben sie sich und das Lamm weidet in der Lilienaue.


Du bist schön, o meine Geliebte, wie Tirzah, herrlich wie Jeruschalajim, mächtig wie Heeresscharen.

Maria, du bist schön wie die Stadt der Anmut, schön wie die Stadt des Friedens, du bist die mystische Stadt Gottes, du bist die himmlische Jerusalem! Du bist mächtig wie Heeresscharen, darum nennen wir dich unsere Heerführerin und Siegerin in allen Schlachten Gottes! Wie kämpft die Armee Mariens? Der Diktator Stalin spottete: „Wie viele Divisionen hat denn der Papst?“ Was aber tat der Papst Pius XII? Er weihte die Menschheit dem Unbefleckten Herzen Mariens! Was tat der Papst Johannes Paul II? Er weihte die Völker des russischen Landes dem Unbefleckten Herzen Mariens! Und was tat die blaue Armee Mariens? Sie schmuggelte in das kommunistische Reich Bibeln und Ikonen! Und so wurde der Kommunismus zu Fall gebracht! Maria, Siegerin in allen Schlachten Gottes! Wir sind deine Soldaten, deine Miliz, Maria! Und du gibst uns fünf Steine in die Steinschleuder, um gegen Goliath den Riesen zu kämpfen: Die Eucharistie, das Gebet, die Bibel, die Beichte und das Fasten.


Wende deine Augen, wende sie ab, sie wühlen mich auf! Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine Elfenbeinzähne sind eine Herde geschorener Schafe, die aus dem Wasser heraufsteigen, schön gepaart, und keines fehlt. Deine Schläfen unter deinem Schleier sind Scheiben vom Granatapfel.

Christus spricht zur Seele: Deine Augen wühlen mich auf! Ich bin ganz betört von deiner Schönheit! Ja, wahrlich, Christus ist zum Narren seiner Liebe geworden! Er, die göttliche Weisheit selbst, ist zum göttlichen Narren geworden aus Liebe zu dir, o Seele! Was anderes ist es als göttliche Torheit, sich ans Kreuz schlagen zu lassen, und dir die Himmelspforte zum Paradiese aufzuschließen? Und so soll es auch deine höchste Weisheit sein, ein wahrer Narr in Christo zu sein!


Sechzig Königinnen, achtzig Konkubinen, Jungfraun ohne Zahl - aber Eine ist mein Täubchen, meine Vollkommene, der Mutter reine Tochter, Erwählte ihrer Gebärerin. Töchter sahen sie und lobten sie als Gesegnete, und Königinnen und Konkubinen rühmten sie. Wer ist sie, die niederschaut wie die Morgenröte, milde wie der Mond und rein wie die Sonne und herrlich wie die Sternenscharen?

Menschlich gesprochen ist der Messias Jesus im Himmel wie König Salomo in seinem Harem! Alle Jungfrauen, Bekenner, Märtyrer, Apostel und Propheten sind seine Bräute, alle sind sie Jungfrauen in der einen heiligen Jungfrau Kirche, der himmlischen Jerusalem, die Hochzeit feiert mit dem Bräutigam Jesus! Aber Eine ragt aus allen heraus, und das ist die Jungfrau Maria, Jungfrau der Jungfrauen, Königin der Propheten und Königin der Apostel, Königin aller Heiligen und Königin der Engel! Sie ist die Eine, die auserwählt wurde von ihrer Mutter, nämlich dem himmlischen Vater, die Allgebenedeite zu sein, mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Und diese Jungfrau Maria ist die wahre Morgenröte oder Aurora, die dem Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit, nämlich Christus, vorausgeht, sie ist die apokalyptische Frau, die auf dem Monde steht, gekleidet in das Licht der Sonne, gekränzt mit einem Kranz von zwölf Sternen! Und diese allerseligste Jungfrau Maria wird von allen Söhnen und Töchtern der wahren Kirche von Generation zu Generation selig gepriesen, wie sie es selbst in ihrem Magnifikat prophezeit hat.


In den Park hinab, in den Nußgarten ging ich, dort zu schauen das frische Grün an den Bächen und ob die Granatapfelbäume blühen und die Weinstöcke treiben.

In den Nussgarten ging ich, das deuten die jüdischen Mystiker der Kabbala so, dass der Nussgarten den Thron Gottes bezeichnet. Denn die Weisen verglichen das Innere einer Walnuß der Thronvision des Propheten Hesekiel.


Ich weiß nicht, wie mich meine Seele setzte aufs Triumphgefährt meines willigen Volkes.

Maria wird von ihrem willigen Volk, von ihren gläubigen Kindern, auf den Triumphwagen gesetzt und in tiefster Devotion und gebührender Hyperdulie verehrt. So sehen wir die katholischen Völker wetteifern in der Verehrung der Gottesmutter.


Komm wieder, komm wieder, Schulammyth! Komm wieder, komm wieder, daß wir dich schauen! - Was wollt ihr sehen tanzen Schulammyth den Tanz im Lager von Mahanajim?

Wir wollen Sulamith tanzen sehen den Hochzeitstanz im Doppel-Lager! Das Doppel-Lager ist Mahanajim am Jabbok, wo Heerscharen Engel lagern. Denn Sulamith tanzt den Tanz der Engel! David tanzte nackt vor der Bundeslade den heiligen Tanz! Rumi mit Derwischen tanzte noch auf den Gräbern in dem Glauben an die Auferstehung! Nach Dante tanzen und lachen die Heiligen und die Engel im Himmel! In den Isis-Mysterien spricht man von dem Schleiertanz der Göttin der Weisheit, die mit sieben Schleiern verschleiert ist und im Schleiertanz (wie Salome vor Herodes) Schleier um Schleier ablegt. Und Johannes vom Kreuz sprach von der verschleierten Gottheit, die Schleier um Schleier ablegt, die göttliche Liebe behält den letzten Schleier um, und der Liebhaber der göttlichen Liebe bittet um einen baldigen Tod, da dann der letzte Schleier fällt, und so sagt der brennende Liebhaber der göttlichen Liebe: Reiße rasch den letzten Schleier herunter!


Schön sind deine Füße in den Sandalen, Prinzessin! Deine Schenkel biegen sich wie zwei Juwelenspangen, Werke der Hände eines Künstlers. Dein Schoß ist ein runder Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Dein Leib ist ein Weizenbündel, umkränzt von Lilien. Deine beiden Brüste sind zwei Zwillinge von Rehen oder Gazellenkitzen. Dein Hals ist ein Elfenbeinturm. Deine Augen gleichen den Teichen von Heschbon am Tor von Bath Rabbym. Deine Nase gleicht dem Türmchen auf dem Libanon, der sein Antlitz wendet gen Dammaseq. Dein Haupt gleicht dem Karmelberge. Die Haare deines Hauptes sind Purpur, ein König liegt in deinen Locken gefangen. O wie schön und süß bist du, o freudenreiche Liebe! Deine hohe Gestalt gleicht der Dattelpalme. Deine Brüste gleichen den Trauben des Weines. Sprach ich: Die Dattelpalme will ich ersteigen, ihre Rispen fassen. Deine Brüste seien mir Trauben des Weinstocks, der Duft deines Hauches sei mir Duft von Äpfeln und dein Gaumen mir wohlschmeckender Wein, der weich dem Geliebten eingeht, die Lippen des Schlafenden lieblich bewegt.

Schön sind deine Füße in den Sandalen, Fürstentochter! Ein Seher sah einmal die Madonna und kniete vor ihr nieder und bat sie inbrünstig, ihr die Füße küssen zu dürfen. Die Madonna lächelte und er küsste ihr inbrünstig die Füße. – Dein Schoß ist ein runder Kelch, dem nie der Mischwein fehlt! Ein Dichter übersetzte einmal: Dein Becken ist wie ein Becher... Mariens Schoß enthielt ja Christus, und Christus vergoss sein Blut für uns, und dieses heilige Blut wird uns im Kelch des neuen und ewigen Bundes gereicht zur Kommunion, und es ist ein Mischwein, denn in den göttlichen Wein wird ein Tropfen menschlichen Wassers gegossen, so dass sich Gottheit und Menschheit unauflöslich vermischen. Dein Leib ist ein Weizenbündel, umkränzt mit Lilien! Ich kenne einen Christen, der einmal mit einem kleinen Knaben an einem goldenen Weizenfeld spazieren ging. Am Rande des Weizenfeldes blühte weiße Schafgarbe und roter Wildmohn und blaue Kornblumen, und der Christ sprach zu dem Knaben: Schau, so schön ist Maria! Und der Knabe sprach: Maria ist wie reines Gold! Deine beiden Brüste sind wie Zwillinge von Gazellenkitzen! Ja, die Mutter Gottes hat Zwillinge geboren und nährt Zwillinge an ihren hüpfenden Brüsten, nämlich Christus und den Christen! Dein Hals ist ein Elfenbeinturm! Die Madonna hat nicht nur einen schlanken langen Schwanenhals, sie ist gewissermaßen der Hals selbst, denn Christus ist das Haupt der Kirche und die Kirche ist der mystische Leib Christi, aber die Gottesmutter ist der Hals, durch sie fließen alle Gnaden Christi in den mystischen Leib Dein Haupt gleicht dem Karmelberge! Ja, der Karmel, sagt man, ist Maria selbst! Die Karmeliter und Karmeliterinnen sind Mariens bevorzugte Kinder! Sie leben ganz die Kontemplation, das Gebet, die Mystik des Kreuzes und die Anbetung der göttlichen Liebe! Gut unterrichtet im Glauben ist, wer Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz, Therese von Lisieux und Edith Stein studiert und von ihnen gelernt hat. Ein König liegt in deinen Locken gefangen! Ja, fesselnd ist die Madonna für Gott und Gott selbst begab sich in ihre Gefangenschaft. Er, der Geist ist, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit, ging ein in den Schoß einer Jungfrau. Deine Brüste gleich den Trauben des Weines! Von Mariens Brüsten nie genug! Sie ernährt den Sohn Gottes, und Augustinus sagte: Gott wollte Mensch werden, weil er einmal an den Brüsten einer Frau trinken wollte! Und Mariens Brüste strömten nicht nur die Milch der göttlichen Liebe dem heiligen Bernhard von Clairveaux in den Mund, sondern auch andere nährte sie mit dem starken Wein ihrer Brüste! Und so lieben wir die Brüste Mariens mehr als den Wein, der nachts in uns eingeht und uns schlafen macht und noch im Schlaf vom Lied der Liebe murmeln.


Ich bin meines Geliebten, sein Verlangen ist nach mir. –

Die menschliche Seele hat sich ganz dem allmächtigen Schöpfer anvertraut, ihrem Herrn, sie ist sein Eigen. Aber sie weiß auch, wem sie sich anvertraut hat, nämlich dem Gott, der sie liebt. Dieser Gott ist nicht ein unbeweglicher Gott, der sich von den Menschen anbeten lässt, von den Menschen geliebt wird, aber selbst nicht lieben würde, wie es der Gott des Aristoteles war. Sondern dieser Gott ist, wie das Alte Testament sagt, ein leidenschaftlich liebender Gott, ein eifersüchtiger Gott, ja, sogar, wie die Propheten sagten, ein begehrender Gott, ein Gott, der die Seele liebt und auch von Verlangen nach ihrer Liebesantwort erfüllt ist. Dieser leidenschaftlich liebende Gott sehnt sich nach Liebesvereinigung, nach Liebesaustausch, nach Liebeseinheit mit der Seele. Dieser Gott der Liebe ist Caritas oder Agape, selbstlos schenkende Liebe, ja, aber er ist, wie die Mystiker sagen, auch Eros, ein begehrender Gott, der zur Einheit mit der Seele drängt.


Komm, Geliebter, wandeln wir aufs Feld und schlafen unter Henna! Früh auf zu den Weinbergen, da zu schauen, ob der Weinstock gedeiht und die Granatapfelbäume blühen. Dort will ich dir Liebe geben. –

Bevor es vergessen wird: Thomas von Aquin schrieb sein gesamtes Leben lang theologische und philosophische Schriften, er gilt als der größte Theologe und Philosoph des katholischen Mittelalters. Als er aber auf dem Sterbebett lag, hatte er eine Begegnung mit Gott, danach sagte er: Alles, was ich über Gott geschrieben habe, ist Stroh! Gottes Liebe steht im Hohenlied! Gottes Liebe steht im Hohenlied, ja, nun ist für die Christen die Liebe Gottes eine dreifaltige Liebe: Die erste Person der Gottheit ist der Liebende, die zweite Person der Gottheit ist das Geliebte, und die dritte Person der Gottheit ist die Liebe zwischen der ersten und der zweiten Person. Nun sagen aber die jüdischen Mystiker der Kabbala, dass das Hohelied ein innergöttliches Lied der Liebe sei. Der Sephirot der Herrlichkeit, das ist Jahwe, liebt den Sephirot der Schechinah, das ist Gottes Königreich auf Erden. Jahwe liebt die Prinzessin Schechinah, und wie Salomo Sulamith liebt, so liebt Jahwe seine Prinzessin Schechinah, und wie Sulamith den König Salomo liebt, so liebt die Prinzessin Schechinah den Herrn der Herrlichkeit, Jahwe. Kann man dann als Christ sagen: So wie Salomo seine Sulamith liebt und wie Sulamith ihren Salomo liebt, so lieben sie der Liebhaber und der Geliebte in der dreifaltigen Gottheit? Aber zu unserem Vers: Die Seele will mit dem Geliebten auf den Weinberg gehen, der Weinberg ist die Kirche, dort will die Seele ihrem Geliebten ihre Liebe, ihre ganze Liebe geben! Ja, Seele, hast du Christus als deinen Herrn angenommen? Hast du ihm schon deine ganze Liebe gegeben? Hast du ihm schon die Herrschaft über alles gegeben? Hast du ihn schon zum Herrn über deine Sexualität gemacht? Hast du ihn schon zum Herrn über dein Geld gemacht? Ist er der Herr an jedem neuen Tag? Ist er der Herr über deine Zeit? Hast du seine Herrschaft über deine Sterbeart und deine Todesstunde anerkannt? Ist er der Herr deines ewigen Schicksals? Gib dich ganz hin und weihe ihm alles!


Die Liebesäpfel geben ihr Aroma. Vor unserm Tor sind viele köstliche Früchte, mein Geliebter, aufbewahrt hab ich dir frische, vorjährige hab ich dir aufbewahrt. –

Die Braut hat Äpfel aus dem vorigen Jahr und Äpfel aus diesem Jahr für den Geliebten gesammelt. So sagte Jesus: Wenn ein Schriftgelehrter Jünger des Himmelreichs wird, so ist er wie ein Hausvater, der aus seinem Vorrat Altes und Neues hervorholt. Wenn ein Bibelkundiger Jünger Jesu wird (und nicht jeder, der die Bibel liest, ist ein Jünger Jesu), dann bringt er in das Reich Gottes, in das Königreich des Königs Christus den ganzen Schatz des Alten und des Neuen Testaments ein. Origenes sagte: Das Alte Testament ist für mich nicht alt, weil ich es in Hinsicht auf Christus lese, und das Neue Testament schildert keinen historischen Jesus, der vor vielen hundert Jahren lebte, sondern es ist immerwährende Gegenwart.


Ach wärest du mein Milchbruder, der am Busen meiner Mutter gesogen! Fänd ich dich draußen, ich wollt dich küssen, und niemand dürfte mich verachten. Ich wollt dich führen und bringen ins Haus meiner Mutter, die mich unterwiesen. Ich wollt dich tränken mit würzigem Wein und dem Süßmost meiner Granatäpfel. –

Maria ist die Mutter Christi, das ist allgemein anerkannt, aber Christus hat einen mystischen Leib, das ist die Kirche, die Gemeinschaft der Christen, die alle Glieder am mystischen Leibe Christi sind. Christus ist das Haupt und die Kirche ist der Leib. Nun wird aber keine Mutter allein ein Haupt gebären, sondern die ganze Person. Der Totale Christus aber ist nach Augustinus das Haupt Christus mit dem mystischen Leib Christi, der Kirche, zusammen. So ist Maria auch die Mutter der Kirche, Mutter des mystischen Leibes Christi. Wenn wir Brüder und Schwestern Christi sind, dann ist Gott unser Vater und Maria unsre Mutter. Wenn Christus unser Milchbruder ist, dann werden wir von den gleichen Brüsten Mariens genährt. Maria nährt uns mit dem Wort Gottes, die eine Brust ist das alte Testament, die andere Brust ist das neue Testament, Maria nährt uns mit der göttlichen Liebe, der einen Brust, und mit der göttlichen Weisheit, der anderen Brust. Maria ernährt die Kinder Gottes mit der Milch der Liebe Gottes und die, die ihre Reife und das Vollalter Christi erreicht haben, die ernährt Maria an ihrer Brust mit dem Wein der mystischen Vereinigung. Wir sollten alle ins Haus der Mutter gehen und uns von der Mutter Gottes tränken lassen mit würzigem Wein und dem Süßmost ihrer Granatäpfel. Dazu ist die Mutter Gottes auch Mutter aller Menschen, dass sie uns ernährt, wie sie Christus ernährt hat. Und wie der Heilige Geist den Menschen Jesus im Schoß Mariens gebildet hat, so will der Heilige Geist auch die Christenmenschen bilden im Schoß Mariens.


O, sein linker Arm liegt unter meinem Haupt, sein rechter Arm umfängt mich. Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis  sie selber es mag.

Die Seele und ihr göttlicher Bräutigam ruhen in intimer Liebesumarmung. Das ist ein Vorgeschmack der himmlischen Seligkeit schon auf Erden. Die Seele bittet ihre Freunde und Freundinnen, sie aus dieser Seligkeit und aus diesem Genießen Gottes nicht aufzustören, bis sie von selbst aufwacht und von der Liebe des Geliebten gestärkt, gerne auch wieder zu den Geschöpfen geht. Denn die selige Ruhe im Schoß Gottes und das Genießen der göttlichen Liebe ist noch nicht alles, sondern die genossene Liebe will überfließen und sich ergießen zu den andern Geschöpfen.


Wer ist sie, die heraufkommt aus der Wüste und sich an den Geliebten anlehnt?

Das Volk Israel war vierzig Jahre in der Wüste, bis es ins Verheißene Land kam. In der Wüste gab der Herr dem Volk sein Gesetz. In der Wüste wurde das Volk mit Himmelsbrot ernährt und mit Wasser aus dem Felsen getränkt. In der Wüste machte das Volk intensive Gotteserfahrungen. Der Prophet Elias ging vierzig Tage durch die Wüste, bis er zum Horeb kam, wo ihm Gott begegnete in einem sanften Säuseln. Jesus war vierzig Tage in der Wüste und fastete, bevor er seinen öffentlichen Dienst antrat. In der Wüste ist das Judentum entstanden, in der Wüste ist das Christentum entstanden. Auch der Islam ist in der Wüste entstanden. Auch der Christ, der sich ernsthaft in die Schule Jesu begibt, wird durch die Wüste geführt. Diese Wüste ist eine Zeit, da er den Genuß Gottes verloren hat. Er hat den Geschmack am Gottesdienst verloren. Alle seine Gebete glichen mehr Schreien, doch der Himmel scheint verschlossen. Keins seiner Gebete, scheint ihm, wird erhört. Hier ist blinder Glaube gefordert, festhalten an Gott, obwohl man Gott nicht mehr fühlt. Vielleicht fühlt man sich von Gott verlassen, aber dann ist man mit Christus in der Wüste der Gottverlassenheit. Wenn die Seele aber aus der Wüste wieder hervorkommt – gelehnt an ihren Geliebten – wenn sie die Prüfung bestanden hat und im Leiden treu ausgeharrt hat, dann kommt sie mit einer vertieften Gottesbeziehung aus der Wüste, bereit zu einer neuen Gottesbegegnung, bereit zu einem segensreicheren Dienst.


Unterm Apfelbaume hab ich dich aufgeweckt: deine Mutter hat dich dort empfangen, deine Mutter hat dich dort empfangen und geboren.

Johannes vom Kreuz deutet den Vers vom Apfelbaum auf Eva. Eva hat unterm Apfelbaum auf das Wort des gefallenen Engels gehört, hat Nein zu Gottes Wort gesagt, und so die Sünde und den Tod in die Welt gebracht. Maria als die neue oder zweite Eva hat auf den Engel Gabriel gehört, hat Ja gesagt zum Wort Gottes und hat uns das Heil gebracht, nämlich ihren Sohn, den menschgewordenen Gott. Christus, den neuen Adam, hat seine Mutter Maria, die neue Eva, unter dem Apfelbaum geboren. So wurde das Paradies, das nach dem Fall Adams und Evas verschlossen wurde, von der neuen Eva und dem neuen Adam wieder geöffnet, der Weg zum Baum des Lebens im Paradies Gottes steht wieder offen!


Drück mich wie ein Siegel an dein Herz, mich wie ein Siegel an deinen Arm. Liebe ist mächtig wie der Tod, und Eifersucht ist grausam wie die Hölle. Der Liebe Flamme flammt wie eine lichte Flamme Gottes!... Auch viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen, noch Ströme sie ertränken. Gäbe ein Mensch auch allen Reichtum seines Hauses für die Liebe, so wär das doch verachtenswert.

Die Liebe ist stark wie der Tod – oder, wie man auch sagen kann: Die Liebe ist stärker als der Tod! Mit diesem Vers auf den Lippen gingen Juden in die Gaskammern der national-sozialistischen Vernichtungslager. Wie kann man beweisen, dass die eigene Liebe zu Gott so stark ist wie der Tod? Das beweist sich, wenn man stirbt für Christus, die Märtyrer hatten eine Liebe stark wie der Tod. Als im ersten Jahrhundert nach Christus ein Jude von den heidnischen Römern gefoltert wurde und schließlich umgebracht, rief er: Nun kann ich beweisen, dass meine Liebe stark wie der Tod ist! Und Eifersucht ist grausam wie die Hölle? Meistens übersetzt man: Und die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt! Aber wieso ist die Leidenschaft hart, wieso ist sie hart wie die Unterwelt? Ich gestehe, dass ich das nicht verstehe. Es sei, denn, es sei ein Parallelismus zum Vers davor: Die leidenschaftliche Liebe zu Gott schreckt nicht vor dem Totenreich zurück! Und es ist ja nicht nur die Liebe des Menschen zu Gott, sondern auch Gottes Liebe zum Menschen ist stark wie der Tod, schließlich wurde der unsterbliche Gott in Jesus ein sterblicher Mensch, um stellvertretend für alle Menschen den Tod zu sterben und ihnen so das ewige Leben zu erwirken. Die leidenschaftliche Liebe Jesu zur Menschheit ließ ihn nicht davor zurückschrecken, nach seiner Kreuzigung in das Reich der Toten hinabzusteigen und die Toten zu erlösen! Der Liebe Flamme ist eine Flamme Gottes – und hier steht das einzige mal im Hohenlied der Name Gottes: Jah! Jah offenbarte sich auf dem Horeb dem Mose als eine Feuerflamme, die im Dornbusch brannte, das war die Flamme der Liebe Gottes! Die Liebe stammt von Gott, denn Gott ist die Liebe, und die Liebe ist der Weg zu Gott, und die Seligkeit werden wir uns verdienen durch die Hingabe an die göttliche Liebe! Und die Ewigkeit wird ein Eintauchen sein in das Meer der Ewigen Liebe, in den Schoß der dreifaltigen Liebe! Diese Liebe Gottes kann keiner vernichten, kein Teufel und kein Tyrann! Diese Liebe Gottes kann man sich nicht für Geld kaufen, so wie man überhaupt sich die Liebe Gottes nur schenken lassen kann, denn darum sollen wir wie Kinder werden, die nichts haben, aber sich gerne beschenken lassen. Das ist das Evangelium Jesu: Seid wie Kinder und lasst euch beschenken von der göttlichen Liebe, denn sie will euch das ewige Leben schenken!


Unsere Schwester ist klein und hat noch keinen Busen. Wie sollen wir tun der Schwester, wenn der Tag der Werbung kommt? Ist sie eine Mauer, bauen wir einen silbernen Mauerkranz auf ihr; ist sie eine Pforte, riegeln wir sie zu mit Zedernbalken.

Die Braut ist die Kirche, ihre kleine Schwester ist die Synagoge, sie hat noch keine vollaufgeblühten Brüste, sie ist noch nicht geschlechtsreif, denn sie ist noch nicht bereit, den Messias als Bräutigam zu empfangen. Sie erwartet einen Messias, der in Zukunft kommen soll, dabei ist der Messias schon gekommen, der Bräutigam ist schon da! Die Kirche aber hat sich mit dem Bräutigam verlobt.


Ich bin eine Mauer, meine Brüste sind Rundtürme.

Die Brüste der Braut sind anders als die Brüste ihrer kleinen Schwester. Die Brüste der kleinen Schwester sind kaum Knospen, aber die Brüste der Braut sind Granatäpfel! Die Brüste der Madonna werden im Hohenlied mit hüpfenden Gazellenzwillingskitzen verglichen, mit Trauben des Weines und mit Rundtürmen. Die Brüste Mariens sind prall gefüllt mit Milch, sie sind unerschöpflich reich, und sie ernähren die Kirche aller Zeiten! Wie wir uns weihen sollen nach dem Wunsch Gottes dem Unbefleckten Herzen Mariens, so wollen wir uns auch im Besonderen weihen den Brüsten Mariens.


Ich ward in seinen Augen eine, die Frieden fand. Schelomoh besitzt einen Weinberg in Baal-Hamon, und er gab den Weinberg an die Gärtner. Jeder Mann bekommt für die Früchte tausend Silbermünzen. Mein Weinberg ist vor mir. Dir, Schelomoh, tausend Silbermünzen; zweihundert den Gärtnern der Früchte.

Gott hatte einen Weinberg, den hat er den Israeliten anvertraut, dass sie ihn bebauen. Als Gott aber seinen Erntegewinn abholen wollte, sandte er seinen Sohn, aber die Israeliten haben Gottes Sohn wegen Gotteslästerung kreuzigen wollen, darum lieferten sie ihn an die Römer aus und so wurde der Sohn Gottes gekreuzigt. Er ist aber auferstanden und hat den Weinberg andern gegeben, nämlich der Kirche aus allen Völkern. Aber es bleibt die Verheißung, dass vor der Wiederkunft des Messias auch die Israeliten noch den Messias Jesus annehmen werden als ihren Erlöser.


Im Garten Wohnende, lauschen laß mich deiner Stimme, auch die Gefährten hören auf sie.

Der Bräutigam spricht zur Seele: Meine Freundin, die du in deinem Frühlingsgarten der Liebe wohnst, laß mich hören die Stimme deines Gebetes und die Stimme deines Gesanges, denn, wie der barmherzige Jesus einmal sagte: Deine Sprache ist mir lieb! Und weil du so viel mit deinem göttlichen Bräutigam erlebt hast, hören auch deine Freunde auf dich, denn du kannst nicht sagen, dass du Gott nicht kennst, sondern, wenn du sagen würdest, ich kenne ihn nicht, so würdest du lügen.


Eile, mein Geliebter, und sei wie ein Gazellenbock oder ein junger Hirsch auf den Balsambergen!

Mein gekreuzigter Christus, du verwundeter Hirsch, eile zu den Balsambergen, den heilenden Höhen der Auferstehung! Und zieh mich dir nach! – Der Gazellenbock auf den Balsambergen – der Bräutigam im Schoß seiner Braut! Die Vereinigung ist vollzogen.