Ein Monument
Von Josef Maria
Mayer
I
KLIMENE
UND VALENTINO
Wir sehen hier die
Frau, ein wahres Riesenweib,
So wundervoll die
Brust, so taubenweiß ihr Leib,
Wir sehen sitzen sie
vorm brennenden Kamine,
Und Valentino sprach:
Der ich dir Herrin diene,
Ich schaue langen
Blicks in diese stille Glut
Und an die Jugendzeit
und an das heiße Blut
Denk gerne ich zurück,
ich lag an deinem Busen,
Da mich umschwebten
sanft die Grazien und Musen
Und leise niederstieg
vom Helikon Apoll
Und meine Lyra klang
und meine Ode scholl
Und mit der
Dichterkunst hab ich dich hoch gepriesen.
Klimene sagte: Ja, wir
waren junge Riesen,
Mit Göttern wir per Du
und voller Lebenslust,
Als du gelegen jung und
stark an meiner Brust.
Es ist schon lange her
und nun in trauter Nähe
Wir sind ein alter Paar
in tiefvertrauter Ehe.
Und wenn ich sterben
muß, so sei’s an deiner Hand,
So will ich gerne gehn
ins lichte Nebelland,
Will in Elysium die
schönen Götter schauen.
Ja, Valentino sprach,
bei Unsrer Lieben Frauen,
Bald bist du in dem
Land des Lebens, honigsüß,
Von Milch fließt über
dort das grüne Paradies.
Wenn ich gestorben bin,
so sagte da Klimene,
Und abgegangen bin von
der Theaterszene
Des Welttheaters hier,
so bitte ich den Herrn,
Dich auch zu holen
bald, dass auf dem Morgenstern
Zusammen leben wir in
schönster Venussphäre
Des Dritten Himmels und
dort geben Gott die Ehre.
Ach, meine liebe Frau,
so Valentino sprach,
Ich eilte gerne rasch
zum Himmelreich dir nach,
Doch alles wie Gott
will, ich sage es bescheiden,
Will Gott, dass in der
Welt ich leide meine Leiden,
Bin ich’s zufrieden
auch, nur wie der Schöpfer will,
Doch lebte gerne ich
beschaulich, klug und still.
Klimene lächelte: Doch
in den Mitternächten,
Dann komme ich als
Geist zum Dulder, zum Gerechten.
Ja, in der Mitternacht,
sprach Valentino leis,
Komm du als guter Geist
herab vom Paradeis
Und in der Einsamkeit
dich still zu mir geselle.
Gewiß gedenk ich dann
des Busens hoher Welle
Und bet den Schöpfer
an vor diesem Marmorbild
Der schönen Venus mit
den süßen Brüsten mild.
Dann bitt ich meinen
Gott bei seiner Mutterliebe,
Bei Gottes Liebe, die
herrscht über alle Triebe,
Daß, wenn es Gott
gefällt und ich genügend fromm,
Ich zu Klimene bald in
Gottes Himmel komm. –
Da kam ein Kind herbei,
sechs Jahre jung der Knabe,
Der Maximilian genannt
ward, Augenlabe
Mit goldenblondem Haar
und rosenrotem Mund
Und Augen himmelblau
und Wangenrot gesund
Und dieser Knabe
sprach: Die Venus dort von Marmor
Ist Göttin nur von
Stein! Lebendig aber Amor,
Weil ich Cupido bin,
der Liebe Engel ich!
Ich segne Mutter dich, ich segne Vater dich,
Ich segne Mutter dich, ich segne Vater dich,
Euch treff ich mit dem
Pfeil im tiefsten Herzenstriebe
Und stifte so den Bund
der wundervollen Liebe,
Den ehelichen Bund, den
scheidet nicht der Tod,
Ihr liebt euch noch
dereinst im süßen Morgenrot
Der Ewigkeit bei Gott,
weil diese wahre Liebe
Wird nicht geraubt vom
Tod, dem bösen Lebensdiebe,
Die Liebe bleibt
bestehn in allen sieben Himmeln!
Und Valentino sprach:
Dich Knäblein anzuhimmeln
Ist frommer
Gottesdienst, weil ohne bösen Spott
In deinen Augen seh ich
strahlen meinen Gott.
Ein Liebes-Engel du auf
dunklen Erdenwegen,
Gott segnet uns, wenn
du uns spendest deinen Segen,
Gott segnet uns und
auch Gott spendet uns das Heil,
Weil wir getroffen sind
von deinem Liebespfeil,
Weil wir in dieser Welt
bei manchem Abenteuer
Bewahrt die Liebe
stets, der Liebe lichtes Feuer.
Klimene aber sprach:
Mir nähert sich der Tod,
Des Lebens Sonne sinkt
im Purpurabendrot,
Doch Gott ist gnädig
mir und an mein Lager stellte
Den kleinen Heiligen,
den Gott mir beigesellte,
Sankt Maximilian, der
Liebe Engelein,
Der kommt als Gottes
Trost zu mir in meine Pein,
Der ist so liebevoll –
die Welt sonst voller Biester! –
Ich glaube, dieser Sohn
wird einmal noch ein Priester,
Ein Heiliger gewiß,
ein kleiner Himmelssohn,
Er spendet mir von Gott
die Absolution!
Und wenn ich nach dem
Tod im Jenseits mich erneuer
Und wasch mein weißes
Kleid als Braut im Fegefeuer,
Daß ich im weißen
Kleid dem Bräutigam begegne,
Ich Maximilian und
Valentino segne
Und wache über sie als
mütterlicher Engel
Und schwesterlicher
Geist, Geliebte ohne Mängel,
Und bin zufrieden erst
als Seele überm Grab,
Wenn ich erst beide bei
mir in dem Himmel hab!
Da sprach das liebe
Kind: Dein Busen weiß wie Butter,
Du hast mich stets
ernährt, doch stirbst du, liebe Mutter,
Maria wird mir dann vom
Himmel Mutter sein
Und ich Marienkind mit
meinem Herzen rein,
Ich traue mich dann an
Maria, meiner Wonne,
Mein reines Herz wird
schaun die lichte Gnadensonne,
Wird schauen Jesulein,
das Christkind honigsüß,
Bis alle wir vereint
bei Gott im Paradies!
II
DIE SIPPE
Klimenes Vater sprach
zu Valentino dies:
Du glaubst an Gott, du
glaubst an Gott im Paradies,
Hast du Beweise auch?
Und Valentino sagte:
Der die Vergänglichkeit der Welt ich oft beklagte,
Der die Vergänglichkeit der Welt ich oft beklagte,
Und also dachte ich,
der ganze Kosmos preist
Die Feuer-Energie, die
Weltvernunft, den Geist,
Zum Wahren sehen wir,
zum Schönen und zum Guten
Und wenden uns zuletzt
zum Höchsten Absoluten.
Und schreibst du,
sprach der Geist, Gedichte mit dem Stift
Und glaubst an Musenkuß
und andres süßes Gift?
Ja, Valentino sprach,
ich schreibe mit dem Füller
Und blauer Tinte die
Poeme schön wie Schiller.
Ein dichtendes Genie
soll in der ganzen Stadt
Besingen Jugend nur,
der Alte sagte matt,
Und soll sich wählen
nur im ganzen schönen Städtchen
Der Jugend Liebreiz
nur, das wunderschöne Mädchen.
So, Valentino sprach,
ist meine Nachbarin,
Ist achtzehn Jahre
jung, sie schmeichelt meinem Sinn,
Die langen Beine
schlank und feuerrot die Locken,
Da läuten mir im Geist
die goldnen Hochzeitsglocken,
Aurora seh ich gehn,
ich will mit einem Kuß
Sie grüßen voller
Huld, ich alter Titonus,
Und muß vergehen, ach,
wie eine alte Grille
Und bin schon
lebenssatt, so ist es Gottes Wille.
Klimenes Mutter sprach:
Liebst du die Eine nur,
Die Gott dir
anvertraut, ich mein die Gott-Natur?
Doch Valentino sprach:
Die Frauen, solche Dinge
Sind schön gepudert
wie die bunten Schmetterlinge,
Berühre man sie nicht,
der Puder fällt sonst ab,
Sie grinsen als Skelett
dich an aus ihrem Grab.
Ach, sprach die greise
Frau, du also bist der Falter
Und schwebst und
tänzelst stets mit deiner Liebe Psalter
Um schöne Blümelein,
auf dass du jede pflückst,
Von einem Blümelein
zum andern freundlich nickst?
Nein, Valentino sprach,
ich gleich nicht Schmetterlingen,
Die in die eine, dann
auch in die andre dringen,
Nein, wie der Genius
mich meiner Liebe führt,
Sei jede schöne Frau
betrachtet, unberührt!
Und zu Klimene kam die
jugendliche Schwester,
Ein dummes dickes Weib,
das gerne zu Sylvester
In Mengen Wodka trank,
und bei ihr war ihr Freund,
Ein Metzger, welcher
sprach: Ich hab schon oft gemeint,
Wie Jesus Christus sei
der Seepirat, der Räuber,
Man hieb den Kopf ihm
ab, es heulten Klageweiber,
Er aber schritt vorbei
an seiner Freunde Schar
Und ohne Schädel auf
dem Rumpfe wunderbar
Die Freunde rettete
vorm sicheren Schafotte,
Ja, dieser Seepirat ist
ähnlich meinem Gotte.
Klimenes Schwester war
ein dickes dummes Weib,
Die nie ein Buch
gesehn. Doch, lieber Dichter, schreib
Nicht die Satire nur
der Schwester, diesem Luder,
Von Valentino sprich
und seinem großen Bruder.
Der war ein schicker
Mann, ein kluger Mann von Welt,
Der die Materia geliebt
und hartes Geld
Und bei dem Aktienkurs
der Börse spekulierte
Und gerne Geld gewann,
doch ungern Geld verlierte.
Genug von diesem Kerl,
dem Sklaven Mammonas,
Der fluchte immerdar:
Das weiß nur Satanas!
Klimene aber sprach:
Die Heiligen vorzeiten,
Sag, waren Menschen
sie? Was mussten sie doch leiden!
Ja, Valentino sprach,
Sankt Aphra war ein Weib,
Die gab den Männern
hin den ganz verhurten Leib
Und Tempeldirne war sie
in dem Kult der Venus,
Bis sie bekehrte sich
zu Jesus Nazarenus
Und wurde umgebracht,
litt das Martyrium,
Starb, rief zuletzt:
Ich glaub ans Evangelium!
Sankt Aphra helfe nun
zu Jesus unsern Weibern,
Die lässig gehen um
mit ihren süßen Leibern
Und auf dem Totenbett,
verfault bis in den Kern,
Daß unsre Frauen da
bekehren sich zum Herrn!
Klimenes Freundin war
ein Weib des Aberglaubens,
Die sich ergab dem
Geist des Stehlens und des Raubens,
Dem Geist der
Mitternacht und dunkler Dämonie
Und dennoch lächelnd
süß und freundlich nett war sie.
Klimene sagte oft: O
bei der reinen Lilie,
Du, Valentino, und die
Freundin seid Familie
Für mich,
geschwisterlich sind wir zu dritt vereint.
Doch Valentino hat oft
bitterlich geweint,
Weil jene Freundin ihn
nicht wirklich herzlich liebte
Und streng und ernst
ihn oft zutiefst verletzt, betrübte
Und einmal sprach zu
ihm: Ich, nein ich lieb dich nicht!
So sagte sie sehr
streng mit hartem Angesicht.
Klimene aber sprach:
Ich, Lieber, bin kein Luder,
Ich liebe dich so sehr,
noch mehr als einen Bruder!
Klimenes Vater kam mit
seiner zweiten Frau,
Die Pädagogin war, die
sagte lächelnd: Schau,
O Valentino, wie du
bist zu kleinen Kindern,
Das ist doch
wundervoll! Nie schlägst du auf den Hintern
Und sprichst so ruhig
stets, nimmst ernst die Kinderlein,
Sie dürfen frei bei
dir und wissensdurstig sein,
Du kannst dir ruhig Lob
von mir entgegennehmen
Und deines Wissens
brauchst du dich auch nicht zu schämen.
Ganz andre Menschen
sind, die sind zwar dürres Holz,
Doch aufgeblasen und
anmaßend, maßlos stolz,
Du aber bist so still,
in Schwermut und in Wehmut,
Sanftmütig bist du und
von Herzen voller Demut.
III
STUDIUM DER
RUSSISCHEN LITERATUR
Zuerst die Prosa, so
Pik-Dame ward gelesen,
Gespenstisch war darin
die Frau, das Geisterwesen.
Doch Puschkins Prosa
fand nicht solchen Widerhall
Wie seine Poesie, der
Lyra goldner Schall.
Dann Tolstoi lasen wir,
das Buch der edlen Anna
Karenina, das Wort vom
Himmel fiel wie Manna.
Und Krieg und Frieden
dann ward fleißig angeschaut,
Die Zeit Napoleons und
Rusj, die freie Braut.
Und Auferstehung auch,
da sprachen wir mit Beben:
Wir müssen doch vor Gott nun ändern unser Leben!
Wir müssen doch vor Gott nun ändern unser Leben!
Und Dostojewski kam,
als reiner Idiot
Fürst Myschkin war so
schön, o Herre Sabaoth,
Ein Christus Russlands
er, voll Sanftmut und voll Demut,
Aglaja heiter-froh,
Natascha voller Wehmut.
Dann Karamasows Buch
wir lasen im Verein,
Sossima paukte uns die
Gottesliebe ein.
Als in Venedig wir das
Buch der Brüder lasen,
Von mancher lockern
Schuld in Reue wir genasen.
Marina lasen wir, so
manchen Liebesbrief,
Die ein Orakel war wie
die Sibylle tief.
Schiwagos Epos auch wir
haben lang betrachtet
Und Lara mehr noch als
Frau Tonja hoch geachtet.
Dann kam der Philosoph
der Gottesweisheit auch,
Sophia sandte uns
geheimnisvollen Hauch,
Als Solowjew studiert
ward in den Büchereien,
Wir die Sophia auch als
Freundin wollten freien.
Erst kommt der
Antichrist, die ganze Menschheit weint,
Die Kirche ihn besiegt,
die heilig und vereint.
Sophia aber wird der
Zukunft Gottesname.
Auch schrieb er Poesie
für die geheime Dame.
Die Märchen lasen wir,
der Baba Jaga Topf,
Die Zarenjungfrau und
den Riesen ohne Kopf.
Die Fabeln lasen wir,
der Tiere Sprache lernend.
Bylinen lasen wir, mit
Kreuzen uns besternend,
Bylinen schrieben wir,
Wladimir tats uns an
Und Eupraksija auch,
der wunderschöne Schwan.
Dann kam das Igor-Lied,
von Rilke nachgedichtet,
Da ward das Stundenbuch
auch fleißig durchgesichtet,
Und Lomonossow auch,
Zar Peter er besang,
Den dichteten wir nach
in großem Liebesdrang.
Ein südliches Poem von
Puschkin ward gefeiert,
Romantisch war es und
Lord Byron nachgeleiert,
Und Puschkins Lyrik
auch, erotisch oft und dreist
Und doch im
Schönheitskult voll religiösem Geist.
Eugen Onegin dann ward
siebenmal gelesen
Und anverwandelt auch
auf eigne Art sein Wesen,
Ward angeschaut im
Film, ward nachgedichtet auch,
Prophetisch ist der
Geist, des wahren Dichters Hauch.
Shukowski liebten wir,
die dichterischen Märchen,
Swetlana liebten wie
Tatjana wir, das Pärchen.
Und Baratynski auch,
romantisch, reflexiv,
Sehr lyrisch sein
Gedicht, gedankenvoll und tief.
Und Lermontow, wie
Schaum Champagner seine Oden,
Und auch sein Dandy war
der Held der neuen Moden.
Und Alexander Blok und
seine Lyrik ward
Von Jugend an geliebt
und seiner Mystik Art,
Da er Sophia auch
gefeiert, Gottes Name
War seine Muse ihm und
seine Schöne Dame.
Von Alexander Blok, wie
gut doch kenn ich ihn,
Hab die Verehrung ich
für jenen Harlekin,
Der närrisch war
verliebt in seine Colombine,
Die Zofe, der ich stets
als Narr und Freier diene.
Marina lasen wir, ob
ruppig auch ihr Vers,
In allem Leidenschaft,
in allem großes Herz,
Undeutbar wie Faust
Zwei, Sibylle der Orakel,
Und Achmatowa auch, der
Spiegel ohne Makel,
Die mit der Zukunft
sprach, die mit den Toten sprach,
Was musstest leiden du,
o liebe Anna, ach,
Als man den Sohn dir
nahm, ihn nach Sibirien schickte,
Die Mutter stets nach
ihm in ihrem Spiegel blickte.
Dein Poem ohne Held,
das so geheimnisvoll
Wie Jenseitslyra
scholl, von Jenseitsfluren scholl,
Das, liebe Anna, das, o
makellose Schwester,
Das lasen wir im Schnee
um Mitternacht, Sylvester,
Beim Judenfriedhof
wars, um Mitternacht im Schnee,
Ich auf dem Friedhof
die Madonna vor mir seh!
Maria aber sprach in
Fatima, im Süden:
Für Russland betet viel und betet für den Frieden,
Für Russland betet viel und betet für den Frieden,
Der Kommunismus sonst
verheert die ganze Welt.
Maria kam herab aus
ihrem Sternenzelt
Und in der Erdenwelt
erschien jetzt die Madonne
Und an dem Himmelszelt
ließ tanzen sie die Sonne
Und sagte wehmutsvoll
mit mütterlichem Schmerz:
Für Russland offen steht mein Unbeflecktes Herz,
Für Russland offen steht mein Unbeflecktes Herz,
Vom Kommunismus sollt
mein Russland ihr befreien
Und Russlands frommes
Reich ganz meinem Herzen weihen,
Denn nach der
Völkerschlacht, dem zweiten großen Krieg,
Dann triumphiert mein
Herz, kommt meines Herzens Sieg
Und Russland wird
zuletzt zu Christus sich bekehren
Und mehr als alle Welt
sie werden Christus ehren.
In Medjugorje sprach
die Friedenskönigin:
Im Volk von Russland ist ein tiefer frommer Sinn,
Im Volk von Russland ist ein tiefer frommer Sinn,
Als alle andre Welt
wird Russland Gott mehr loben,
Wenn ihr mit dem Gebet
das Heil erfleht von oben.
IV
EVA UND MAGDALENA
Zwei Frauen waren einst
auf einem Bauernhof,
Wer ist die Schönste
wohl? So fragt der Philosoph.
Wer ist die schönste
Frau auf dieser grünen Erde?
Und beide striegeln sie
die beiden schönen Pferde.
Die eine Eva heißt,
wie Mona Lisa sie,
Ihr Lächeln war
charmant, voll süßer Sympathie,
Ein Lächeln voller
Reiz, so rosenrot und mundlich,
Doch Mona Lisa ist,
doch Eva ist zu rundlich.
Die andre schöne Frau
hieß Magdalena, sie,
Sie war so
lilienschlank wie Venus Medici,
Und so verhüllte sie
mit feuerroten Locken
Die kleine Taubenbrust,
die silberweißen Glocken.
Sie setzten sich zu
Pferd. Ach, Eva, sei nicht bös,
Doch Magdalena war voll
Anmut graziös,
So saß sie auf dem
Pferd, so schnell wie ein Gedanke,
Auf ihrem schnellen
Roß, die Schöne und die Schlanke.
Doch Eva auf dem Pferd,
sie langsam blieb zurück,
Die Stute trabte
schwer, auch Eva war recht dick.
So ritten diese zwei
auf dieser grünen Erde
Und durch den dunklen
Wald im Wettlauf beide Pferde
Und Eva stets im Trab,
gemütlich faul, als ob
Sie einen Wagen zieht,
die andre im Galopp.
Es sah der Philosoph,
der schauende Genosse,
Wie Magdalena ritt auf
ihrem Feuerrosse.
O Magdalena, wie du
heiß und feurig sprengst
Und streichelst noch
den Hals von deinem starken Hengst!
Auch Eva will jetzt
schnell den Wald durch galoppieren
Und langsam reiten nach
der andern zierlich-zieren
Gefährtin, aber die im
Vorsprung ist voran,
Kaum hat sie noch im
Blick der denkerische Mann,
Schon denkt er als Poet
an feuervolle Oden,
Als Eva fällt vom
Pferd, da fällt sie auf den Boden,
Die auf den Hintern
fällt, die fällt auf ihren Steiß.
O Magdalena, schnell,
den Hengst am Zügel reiß
Und reit zur Freundin
hin, die reibt sich ihren Hintern.
Der Philosoph dieweil
mit schönen kleinen Kindern
Vertreibt sich seine
Zeit, die er so froh verbringt,
Als Magdalena rasch von
ihrem Hengste springt
Und hin zu Eva tritt,
der schmerzt der Beckenboden.
Poet und Philosoph, nun
töne deine Oden,
Von Magdalena sing, der
schlanken Reiterin,
Gib Magdalena dich von
ganzem Herzen hin!
Nun aber rasch nach
Haus und stimme deine Leier,
Denn Eva lädt dich ein
auf die Geburtstagsfeier,
Auch Magdalena ist
geladen zu dem Fest,
Was sich ein wahrer
Mann doch nicht entgehen lässt!
Und Eva lächelnd stand
mit der Champagnerflasche,
Ist alles Luftgespinst,
der ich nach Winden hasche,
Und Eva schüttelte die
Flasche mit dem Schaum
Und zog den Korken ab,
da flog der durch den Raum
An Magdalenas Stirn, an
ihre weiße Stirne,
So Eva Venus traf, so
schoß sie auf die Dirne,
So Mona Lisa schoß auf
Venus Medici,
Und Venus Medici, wie
taumelnd torkelt sie,
Dieweil der weiße
Schaum floß in den klaren Becher
Und alle freuten sich,
die durstgequälten Zecher.
Der Eva Ehemann und
Magdalenas Freund
Im Haschischrausche da
sie torkelten vereint,
Vom Haschisch in dem
Kopf verwüstet und verblödet,
Das Denken ruiniert,
die Seele ganz verödet.
Die Bacchanalien
vergingen stürmisch wild,
Bis Magdalena, schön,
dies junge Venusbild,
Zum Tanze auf dem Tisch
im Rausche war gestiegen
Und ihre Lockenflut
ließ flattern sie und fliegen,
Den Bauchtanz tanzte
sie, den danse de ventre schön,
Da alle Männer rings
anstaunten mit Gestöhn
Der Magdalena Tanz, ihr
Tanzen auf dem Tische,
Bis dann die Nacht
verging und in der Morgenfrische
Ein jeder ging nach
Haus und auch der Philosoph,
Er kehrte wieder heim
an der Sophia Hof
Und träumte seinen
Traum: Im Dome von Siena
Die Bajadere sah er
tanzen, Magdalena,
Wie vor Herodes einst
die junge Salome,
Die warf die Schleier
ab, ihr Leib wie weißer Schnee,
Da johlte jeder Mann,
da lärmten alle Säufer
Und seinen Lockenkopf
verlor dabei der Täufer,
Und Judith tanzte dann
in Holofernes’ Zelt,
Und Holofernes trank,
im Trinken er ein Held,
Und Judith tanzte
schön, ihr Bauchtanz war so edel,
Und Holofernes auch
verlor den hohlen Schädel.
So sah der Philosoph in
seinem Morgentraum,
Da tauchte Venus auf
aus Mittelmeeresschaum,
Die Venus Medici, die
Göttin Gratiaplena,
Die Venus Medici, die
nackte Magdalena,
Auch Judith kam herbei,
das Mädchen Salome,
Und Magdalena nackt,
ihr Körper weiß wie Schnee,
Die Locken feurigrot,
die wilden langen Locken,
Verschleierten die
Brust, der Brüste Silberglocken,
Verschleierten den
Schoß, die keusch verhüllte Scham.
Der trunkne Philosoph,
der Venus Bräutigam,
Sah Venus’ Kurven an,
der trunkenen Gedanken
Idol erschien vor ihm,
da sah er in der Schlanken
Der Gottesschönheit
Bild, erotisch, heilig, nackt,
Ein göttliches Idol,
ein makelloser Akt,
Und Mutter Eva war für
eine Zeit vergessen,
Von der er lange Zeit
dämonisch war besessen.
V
PAN UND ECHO IN
SÜDFRANKREICH
Klimene, weißt du
noch, wie wir in Frankreich waren?
Den Hirten sahen wir
und seine weißen Scharen
Gelockten Herdenviehs
und wie er kniete hin
Und schor die Schafe
dann, die Vließe zu Gewinn
Zu handeln auf dem
Markt, und wie die nackten Lämmer
Dann kehrten in den
Stall im milden Abenddämmer.
Erinnerst du dich noch,
wie wir die Schweine sahn
Im Garten grunzen, ach,
da schreckte mich der Pan,
Es war zur Mittagszeit,
es schlichen Salamander,
Der Rücken war bemalt
mit Schlangen und Mäander,
Die Katzen streunten da
frei auf dem Bauernhof,
Vor denen fürchtete
sich feig der Philosoph,
Der sonst ein großer
Held im Kampf mit Elementen,
Da auf dem Bauernhof
die Scharen brauner Enten
Geduldig wartete, bis
man sie schlachtete.
In Entendaunen ich mit
dir da übernachtete
Und Entenbraten aß
ich, dazu lange Nudeln und
Die beste Sauce auch,
das schmeckte meinem Mund.
Und auf dem hohen Berg
der Hirte und die Herde
Den ganzen Tag lang
ging auf fester Felsenerde,
Die Lämmer trugen an
dem Halse Glocken da,
Und wenn man dieses
Vieh im Nebelweiß nicht sah,
So hörte man es doch,
es läuteten die Glocken.
Im lila Heidekraut da
lagen weiße Flocken
Und Widderschädel auch
und Knochen fanden wir.
Wer weiß, wohin der
Geist geht von dem toten Tier?
Der Rauhreif silberweiß
war wie ein feiner Schleier
Auf lila Heidekraut. Am
Himmel schwebten Geier,
Die Lämmergeier, die
da pfiffen ihren Pfiff,
Bereit der Geier war
zum scharfen Todesgriff.
Da beteten wir an den
Gott der Hirten, Pan,
Den wir als Hirten und
als Herrn der Herde sahn.
Die Flöte bliesen wir,
sie schallte tönend rings,
Pans Flöte bliesen
wir, die tönende Syrinx,
Und spielten auch für
Pan die schallenden Schalmeien,
Dann hörten wir im
Schall Pans Schrecken mittags schreien,
Wenn die Natur ist
still. Die schweigende Natur
Erschrocken ist vor
Pan. Wir aber schwiegen nur
Aus Liebe zu dem Gott,
dem Herrn, dem schönen Hirten
Und wollten unsern Gott
mit Brot und Wein bewirten,
Pastete von der Gans
und Käse von der Kuh,
Und Ziegenkäse auch,
Oliven auch dazu,
Und dichteten für Pan
antikische Eklogen.
Dem Schall der Flöte
nach die kleinen Lämmer zogen,
Als wir wie Theokrit
geflötet unser Spiel,
Ich sag wie Theokrit,
vielleicht auch wie Virgil.
Klimene, weißt du
noch, wie wir in Frankreich waren?
Wir sind an die
Ardeche, ins Traubenland gefahren,
Es war ein Weinbergtal,
es lag in dunkler Nacht,
In dunkler Sommernacht,
da hoch der Sterne Pracht
Uns rief zum Dankgebet,
da dankte ich Orion,
Kallisto dankte ich,
dem Jungfraunstern von Zion,
Da trank ich abends
Wein und las in meinem Ben
Und Sappho las ich auch
und einen dritten nenn
Ich noch den Hölderlin,
den hab ich da gelesen,
Da war ich von dem Wein
von allem Leid genesen
Und ging mit dir den
Weg, du hast so schön gelacht,
Zum Wasser der Ardeche
in milder Sommernacht
Und hatte die Vision –
ja, waren es Visionen,
Vielleicht es waren
auch nur Halluzinationen?
Da sah ich Echo selbst,
die Nymphe unsichtbar,
Ich schaute sie im
Geist, die weiße Dame klar
In ihrem Ätherleib und
ihrem lichten Kleide,
Der Leib wie Jade rein,
das Kleid gehauchte Seide,
Sie saß in ihrem Haus,
das stand am Bergeshang,
Da sang ich Echo zu den
preisenden Gesang
Und Echo Antwort gab im
Innern ohne Spott:
Mein trunkener Poet, dir innerlich ist Gott!
Mein trunkener Poet, dir innerlich ist Gott!
Klimene, aber einst
warst du mit deiner besten
Und treusten Freundin
dort zu sommerlichen Festen.
Ich blieb in
Deutschland da, als mir mein Vater starb,
Ich, der ich lang
umsonst um deine Freundin warb.
Die Freundin sagte
stets: Ich will mich selbst nur lieben!
Bleib du mir fern,
Poet, mit deinen heißen Trieben!
Ich lieb dich nicht!
Und du sollst selber lieben dich
Und nicht um Liebe
flehn, um Liebe bitten mich!
Wenn du dich selbst
nicht liebst, so kann ich dir nichts geben,
Ich liebe mich allein,
mein göttergleiches Leben,
Denn ich bin Gott und
Mensch, denn ich bin Mensch und Gott,
Doch deine Bettelei
erzeugt mir nichts als Spott.
An diese Worte ich im
nassen Deutschland dachte,
Als euch Südfrankreich
heiß von weißer Sonne lachte,
Da sah ich Echos Fluß
und sah das Wasser nass,
Narzissa sah ich auch,
die an dem Wasser saß,
Narzissa liebte sich
allein im Spiegelbilde:
O, diese schöne Frau ist engelgleich und milde,
O, diese schöne Frau ist engelgleich und milde,
Kein Mann der Welt ist
wert, zu haben sie als Gattin,
Denn diese Engelin ist
eine Himmelsgöttin,
Ja, Göttin bin ich
selbst, doch nicht die Liebe Frau,
Die Göttin, die ich
dort im Spiegelbilde schau,
Ist Isis eher wohl,
vielleicht auch Aphroditissa,
Ist Devi eher wohl, die
göttliche Narzissa!
Der Eigenliebe Quell
sah dort ihr schwarzes Haar,
Der Eigenliebe Quell
sah ihrer Brüste Paar,
Der Eigenliebe Quell
sah ihre schwarze Locke,
Doch sie verwandelte
sich in die Osterglocke.
VI
PRIAP IN
NORDDEUTSCHLAND
Nach dem entworfnen
Plan ein Thema hab ich nun,
Zur Ehre des Priap als
Dichter was zu tun.
Doch klagen muß ich,
ach, des Psychiaters Pillen
Ganz lähmen meine
Kraft und meiner Triebe Willen.
O Muse, wollte ich,
dass du wie sonst priapst,
Dein Dichter aber ist
noch keuscher als der Papst,
Ja, wie ein Stoiker bin
ich so ganz apathisch,
Und die ich sonst
begehrt, die ist mir nun sympathisch.
Im Norden Deutschlands
wars, gebaut vom Demiurg
War der Athene Stadt,
das weiße Oldenburg,
Da lebte eine Frau im
Häuschen und im Garten.
Ich musste stundenlang
auf meine Freundin warten,
Unpünktlich war sie
stets und stets kam sie zu spät.
Was sagst beim
Weltgericht du Christus, mein Poet?
Was tatest du für Gott
in diesem Erdengarten?
O Richter Christus, ich
tat auf die Freundin warten!
An meine Freundin ich
zu allen Stunden denk
Und überlege mir, was
ich der Schönen schenk.
Ihr reizevoller Leib
war wahrlich keine Leiche,
Ich denke mir: Ich
schenk ihr eine Vogelscheuche!
Ich bin kein
Zimmermann, da bin ich gar nicht stolz,
Doch meinen Bruder bat
ich um ein wenig Holz,
Es gab die Schwägerin
im Namen ihres Gatten
Dem elenden Poet und
Bettler ein paar Latten.
Den Hammer in der Hand,
geträumt von einer Braut,
Die Eisennägel spitz
er in die Latten haut.
Die Vogelscheuche ist
gebaut nach meinem Plane,
Bekleidet ward sie noch
mit einer roten Fahne,
Ein Hammer ist darauf
und eine Sichel auch,
So recht ein
Schreckgespenst. Der Zigarettenrauch
Tat noch das rote Tuch
mit Tabak parfümieren.
Und nun soll der Priap
der Freundin Garten zieren.
Ich trag ihn zu der
Frau, die gänzlich mein Begehr,
Ich zeige ihr Priap und
sage: Das ist Er!
Die Freundin lächelt
süß – ach meine Liebesleiden –
Und spricht: Ich will
Priap doch lieber noch entkleiden!
Die Fahne, die er trägt, ist allzu blutig rot,
Die Fahne, die er trägt, ist allzu blutig rot,
Ich denke bei dem Rot
der Fahne an den Tod,
Hinab die Fahne und mit
Hammer und mit Sichel,
Ich will Priap ganz
nackt, o du mein deutscher Michel,
Ich liebe den Priap als
künstlerischen Akt,
Im Garten soll er stehn
wie Gott ihn schuf so nackt!
Ich habe noch ein Lied
auf meinen Gott gedichtet,
Zusammen haben wir den
Gott Priap errichtet.
Wenn eine Schnecke
jetzt zu ihren Blumen schleicht,
Die Amsel Beeren klaut,
Priapus sie verscheucht.
Die Freundin lächelte,
ich hör die Stimme schallen:
Dies ist mein lieber Gott, dran hab ich Wohlgefallen!
Dies ist mein lieber Gott, dran hab ich Wohlgefallen!
Klimene war schon tot,
ich war im Irrenhaus,
Ich ging zur Therapie
im Kunsthaus ein und aus
Und betete Gebet zu
Jesus Nazarenus
Und modellierte da in
Ton die Steinzeit-Venus,
Frau Venus Wilmersdorf,
die Mutterkönigin,
Der ich von Anbeginn
zutiefst verbunden bin,
Sie ist mein Paradies
von Honigseim und Butter,
Madonna sie von Stein
und Unsre Große Mutter.
Klimene lag bereits in
ihrem Rosengrab,
Da modellierte ich in
Ton den Gott Priap.
Die Therapeutin sah den
kranken Philosophen,
Sie war ja Künstlerin
und von den Anthroposophen.
Ich sprach zu ihr: Ich
such Modelle für Priap,
Für die Geliebte ein
Geschenk im Sinn ich hab.
Die Therapeutin mir
gesonnen immer milder,
Mir wies im Katalog die
Schar Priapusbilder.
Und eines wählte ich
zu meinem Hohenlied,
Da trug der Gartengott
auf seinem Gottesglied
Die Schale voller
Frucht, von Äpfeln und Granaten,
Das modellierte ich in
Ton. Von Gottes Gnaden
War nicht gerad die
Kunst, zufrieden war ich doch.
Das alles sollte in des
Feuerofens Loch
Und also festgebrannt
in aller seiner Härte
Beglücken meinen
Schatz. Der Gott und seine Gerte
Mir waren gnadenvoll,
ich sah es an dem Nicken.
Zu opfern meinem Gott
die schönsten schwarzen Zicken,
Zwar dazu kam ich nicht
in meiner Seelennacht,
Doch – Halleluja –
ich hab einen Gott gemacht!
Nun treibt die Muse
mich, ein Anderes zu singen,
Ein neues Ideal in
meinem Lied zu bringen.
Ich war in Petersburg,
es war zur Weißen Nacht,
Ich sah die Engelin der
Schönheit voller Pracht,
Sie schwebte über mir
in himmelhoher Ferne,
Sie funkelte voll Glanz
wie Funkelglanz der Sterne,
Sie war so
staunenswert, bewundernswürdig schön:
Du bist so schön! Ich sprachs mit seufzendem Gestöhn.
Du bist so schön! Ich sprachs mit seufzendem Gestöhn.
Ich kenne dich, o
Geist, o Seele voller Trauer,
Ich weiß, du hast
geweint wie ich viel Tränenschauer.
Ich kenne deinen Geist
und deine Seele tief,
Du bist wie ich
verletzt, verwundet, depressiv.
Ich wollte schon hinab
in Todesflusses Fluten,
Da strahltest du mir
auf mit deinen weißen Gluten.
Da liebte wieder ich
das Leben. Du bist schön,
Als ein Ertrinkender
bekenn ich mit Gestöhn:
Den Himmel schaute ich geöffnet, sah die Engel,
Den Himmel schaute ich geöffnet, sah die Engel,
Die Schönheit schaute
ich, die rein und ohne Mängel,
Der Schönheit Königin
hab ich im Licht geschaut.
Ich sterbe, oder du
wirst ewig meine Braut!
VII
VENUS FRIGIDA AUF
DER OSTSEE
Es war auf Rügen
einst, da lebte an der See
Klimene und mit ihr war
Valentino. Weh!
Klimene war sehr krank.
Und dennoch war sie packend,
So ging sie in das
Meer, wie eine Venus nackend.
Ich lieb das Leben und
die Liebe und die Lust
Und Bratkartoffeln und
Klimenes große Brust
Und wie sie stand im
Meer bis zu den nackten Lenden
Und spielte in der See
mit ihren kleinen Händen.
Und Valentino lag
allein im weißen Sande
Und sah die Muscheln an
dem weißen Ostseestrande.
Die Muscheln sah er an,
die Venus sah er an,
Die badete im Meer, und
lächelnd kam sie dann
Aus dem Gewässer und
stand fröstelnd vor dem Manne.
Klimene, sprach er da,
sag, oder heißt du Anne?
Frigide
Venus du! Nein, du bist nicht frigid,
Gefühlskalt bist du
nicht, bei meinem Mannesglied.
Die Venus bist du, die
da fröstelt, etwas müde,
Der von der Ostsee
kalt, und darum heißt frigide
Die nackte Venus, du,
die frierend aus dem Bad
Gestiegen ist, ich sags
bei Gottes süßer Gnad.
Gefühlskalt bist du
nicht, vom Scheitel bis zur Wade
Geht deine Gänsehaut,
bei Gottes süßer Gnade,
Die Gänsehaut, die dir
den nackten Leib verziert.
So schon das Altertum
die Venus sah, die friert.
So Valentino lag mit
dem Gedichtebuche,
Klimene aber rieb sich
mit dem Badetuche
Den Körper wieder warm
und zog die Kleider an.
Frigide Venus, sprach
der liebestrunkne Mann,
Komm, komm in meinen
Arm, auf dass ich warm dich reibe
Und treib mit meinem
Leib den Frost aus deinem Leibe,
Frigide Venus, dass du
wieder wirst Vulkan!
Die Lavaströme einst ja meine Augen sahn,
Die Lavaströme einst ja meine Augen sahn,
Den schwarzen Lavasand
sah einst auf den Kanaren
Dein Freund, er träumte
da, ihr würdet euch da paaren,
Im schwarzen Lavasand,
wo er die Venus fischt,
Und mit Klimene schläft
die aufgepeitschte Gischt,
Und der Atlantik rollt
die Wogen in den Schatten
Des schwarzen Sandes,
da die Liebenden sich gatten,
Klimene, die du heiß
als Lavaquelle quillst
Und mit dem Meer und
mir im schwarzen Sand verschmilzt!
Klimene war schon tot,
ich war im Irrenhause,
Mit andern Irren in der
geistverstörten Klause,
Da schickte mich der
Arzt in Gottes süßer Gnad
Nach Zwischenahn ins
Bad, ins große Wellenbad.
Ich badete im Bad und
sah sehr schöne Mädchen,
Sehr junge Mädchen
schön, gehüllt in schmale Fädchen,
Sehr schön, sehr jung,
sehr schlank, unglaublich graziös!
O liebes altes Weib,
sei bitte mir nicht bös,
Die Liebste bist du mir
in diesem meinem Städtchen,
Bezaubernd schön
jedoch sind diese jungen Mädchen!
Und plötzlich schaute
ich, und was ich staunend seh,
Das ist Klimenes Geist,
ach, das ist die Idee
Klimenes in dem Geist
des Jesus Nazarenus,
Klimene, göttlich
schön wie eine Bade-Venus!
Genauso war ihr Po, ich
sah ihn ebenso,
Klimenes Hinterteil,
den schönen Apfel-Po.
So sah Klimene ich im
Minirock, im Mini,
Jetzt aber stand sie da
im knappesten Bikini!
Sie badete vor mir in
diesem Badesaal,
Ich sah den Totengeist,
ich sah mein Ideal,
Da war es kein
Gespenst, nicht eine bleiche fahle
Gespensterfrau, o nein,
im Kreis der Ideale
Die idealische Geliebte
badete,
So Gottes großer Geist
voll Huld begnadete
Den armen irren Mann,
der krank vor lauter Trauer,
Als in dem Wellenbad
die Wellen spritzten Schauer
Von Wassertropfen
feucht, von weißem Gischtschaum feucht,
Da ich Klimene sah und
schaute auch, mich däucht,
Viel junge Mädchen
schön, gehüllt in schmale Fädchen,
Die alle ich geliebt
zur Jugendzeit, die Mädchen.
Ich war im Himmelreich,
da die Erinnerung
Mir zeigte jede Frau,
die ich geliebt hab jung,
Ich konnte jede Frau in
diesem Himmelreiche sehen,
Ich sah ein Paradies
voll weiblicher Ideen!
O Schönheitskönigin,
o reinen Lichtes Strahl!
O Schönheitskönigin,
des Himmels Ideal!
O Schönheitskönigin,
du Wonne im Gewimmel!
O Schönheitskönigin,
du Seele aus dem Himmel!
O Schönheitskönigin,
anbetungswürdig du!
O Schönheitskönigin,
du meine ewge Ruh!
O Schönheitskönigin,
ich bin von dir geblendet!
O Schönheitskönigin,
mein Leiden in dir endet!
O Schönheitskönigin,
bezaubernd, zauberhaft!
O Schönheitskönigin,
ich bin hinweggerafft!
O Schönheitskönigin,
ich bin entflammter Zunder!
O Schönheitskönigin,
des Schöpfergeistes Wunder!
O Schönheitskönigin,
die mich erleuchtet hat!
O Schönheitskönigin,
ich schaue mich nicht satt!
O Schönheitskönigin,
des reinsten Goldes Schimmer!
O Schönheitskönigin,
ich will dich schauen immer!