Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

VISION DER FRAU



Von Josef Maria Mayer


APHRODITE


Geliebte Aphrodite überm Meere,
Du Schaumgeborne, die das Lachen liebt,
Urania in deiner Himmelssphäre,
Du bist die Göttin, welche Gnade gibt,
Ich preise dich, o Heilige, o Hehre,
Dein Sperling vor dem Wagen leise piept,
Du hast mir deine Priesterin gegeben,
O Süßigkeit, o Wonne und o Leben!

Ich sah die Priesterin der Aphrodite
In einem Glorienlicht wie weißer Schaum,
Ihr Leib so weiß wie eine Lilienblüte,
Noch schöner als ich träumte einst im Traum,
Sie kam aus deinem himmlischen Gebiete
Als Botin aus dem höchsten Weltenraum
Und stand vor mir in ihrem weißen Leibe
Von einem wollustvollen Wonneweibe.

Ich preise dich aus meinem sehr konfusen
Gemüt, o Göttin aller Liebeslust,
Die Priesterin mit ihrem großen Busen
Hat mich gezogen fest an ihre Brust.
Ich suchte lange nach der Gunst der Musen
Und träumte von den Musen unbewusst,
Nun kam die Muse aus dem dritten Himmel
Als Priesterin in dieses Weltgetümmel.

Nun sehe ich die Niedliche und Nette
In allem ihrem körperlichen Reiz,
Die Keusche und die auch zugleich Kokette
Verschmäht mich nicht mit hartem Liebesgeiz.
O Priesterin der Venus, auf dem Bette
Als Weibchen willig deine Beine spreiz,
Der Lilienstiel steckt in der offnen Vase,
Wir taumeln hin in trunkener Ekstase!

O Gnade, trinken laß mich deine Bronne,
Laß übersprudeln mich den Gnadenquell,
Ich seh den weißen Leib im Licht der Sonne,
Sie ist von lauter Gnadenstrahlen hell,
O Weib voll Wollust, Weibchen voller Wonne,
Jungfräuliche, ich bin dein Junggesell.
Für deiner Botin süße Mädchenblüte
Ich danke dir, o Göttin Aphrodite!

Nun am französischen Gestad, am Meere,
Sah Aphrodite ich im Himmelsbett.
So schön die Herrliche, so schön die Hehre,
Charmant und zauberhaft und niedlich-nett,
In ihres dritten Himmels lichter Sphäre
Die Göttin reizend lächelte, kokett,
An ihrem Herzen ruhte, an dem warmen,
Adonis in der Göttin Lilienarmen.

Und unten in dem warmen Ozeane
Die Priesterin der Venus nahm ein Bad.
Ihr Freier wie in einem trunknen Wahne
Sich ihrem weißen Leibe liebend naht,
Ihr Leib wie Butter weiß, so weiß wie Sahne,
Wie Honig süß aus einem Bienenstaat,
Auftauchte aus dem Mittelmeer, dem warmen,
Und lag in ihres Vielgeliebten Armen.

Die weiße Gischt aufspritzte an dem Felsen,
Zum Strande rollte weißer Meeresschaum.
Die Liebenden sich innig liebend wälzen,
Mit Liebe füllen sie den Weltenraum.
Wie Feuersglut lässt Wachs der Kerzen schmelzen,
So schmelzen sie in einen Liebestraum.
Und unterm Wasser tauschen sie die Funken
Und taumeln ineinander selig trunken.

Die Göttin lächelt von dem Himmelsbette
Die Liebenden in der Vereinigung
So huldvoll an, so niedlich und so nette,
Der Freier fühlt sich männlich, kraftvoll, jung,
Liebreizend lockt ihn lüstern die Kokette,
Die ihre Hüften schwingt in schönem Schwung.
Die Sterne auf dem Mittelmeere brennen,
Da Freier und Geliebte sich erkennen.

O Lunas Klarheit! In der Weinhaus-Schenke
Die Liebenden vernehmen Poesie.
O Lunas Klarheit! In der Gnaden-Tränke
Sie hören schöne Sphärenharmonie.
O Lunas Klarheit! An die Schönheit denke
Und nie vergesse sie, erinnre sie,
Du strebst zu ihr mit ganzem Lebenstriebe
Und selig lächelnd segnet uns die Liebe.

Jedoch hoch oben auf den Pyrenäen
In einer Hirtenhütte war der Geist
Der Sappho mir erschienen, anzusehen
Wie ein Gespenst, das Wiedergänger heißt.
Sie schien zu tanzen, schien sich schön zu drehen,
Wie eine Charitin, die still lobpreist
Und feiert Weisheit in der bunten Mythe
Und eine Ode singt an Aphrodite.

In einem langen weißen Seidenkleide
Mit einem glitzernd goldnen Gürtelband
Erschien vor mir die Augenweide
In einem Hirtenhaus im Baskenland.
Auf ihrem Antlitz keine Spur von Leide,
Die Schwanenlyra strich die weiße Hand
Und leise pries sie ahnend unter Schatten
Die schöne Göttin und den Göttergatten.

Wie von Elysium herabgekommen
Sang Sappho eine Ode schön mir vor,
Wie sie gesungen einst die Griechisch-Frommen
Und wie sie wiederholt der Mädchen Chor.
Ich hab mit einem leisen Ohr vernommen,
Wie Sappho Aphrodite Treue schwor,
Wie sie geweiht hat alle Lebenstriebe
Und auch den Todestrieb der Göttin Liebe.

Die Schwanenlyra mit den sieben Saiten
Hat mit dem Plektrum zärtlich sie gespielt,
Die Finger über Silbersaiten gleiten,
Ihr Busen hat die Sehnsuchtsglut gefühlt,
Den Sang ließ sie das Saitenspiel begleiten,
Die heiße Sehnsucht hat sie keusch gekühlt.
Der Apfel hing zu hoch im Apfelbaume,
Zu pflücken war er nur im Sehnsuchtstraume.

Als Sappho mir gesungen diese Ode,
Ging ich zur Freundin in das warme Bett,
Die Freundin lag vor mir in Evas Mode,
So willig wartend und so niedlich nett,
Wir sehnten uns zum kleinen Liebestode,
Keusch und verschämt, erotisch und kokett,
Im Weltraum drehte sich die Weltenachse!
O großer Weltraum, immer weiter wachse!

Doch wenn wir waren in der Bettenkammer,
So war da stets der schönen Venus Bild.
Da war die Liebe noch kein Weh und Jammer,
Da war die Liebe Wonne süß und mild.
Der Mann hielt in der Hand den Donnerhammer,
Die Frau wie eine Liebesquelle quillt.
Da lernten wir so süß Petrarcas Sprache,
Wie Turteltaubengirren auf dem Dache.

Die Venus Medici war als Ikone
Die Wächterin des Schlafgemaches da.
Die nackte Göttin auf dem Muschelthrone,
Die reine himmlische Urania,
Idee der Schönheit war sie zweifelsohne,
Die schaumgeborne Göttin Paphia,
Mit Lockenflut verschleiernd Schoß und Brüste,
So rauschte nackend sie an Zyperns Küste.

Da Zephyrus und Aura kräftig bliesen
Die schöne Göttin von dem Meer ans Land,
Da kam sie zu den süßen Paradiesen,
Die Mutter Erde hielt in ihrer Hand
Ein Kleid, bestickt mit Lilien von den Wiesen,
Bekleidet sich die nackte Göttin fand,
Die Mutter Erde reichte ihr den Mantel.
So sah sie unsrer Liebe treuen Wandel.

Als Aphrodite war von Diomedes
Verletzt im Krieg, floh sie in Gottes Haus,
Dort wanderte die Königin per pedes
Zu Zeus, der Vater schalt die Tochter aus:
O Königin, o sapientia sedes,
Dein Werk ist nicht des Krieges Grimm und Graus,
Dein Werk sind in dem Bett die Kissenschlachten,
Wenn Liebende zusammen übernachten.

So lehrte Venus alle Liebeskünste,
Geschrieben sie im Kamasutra stehn,
Die Sublimierung aller heißen Brünste,
So wird der Akt der Einigung erst schön.
Dann schwitzen Leiber, dampfen heiße Dünste,
Des kleinen Liebestodes Auferstehn
Dann spielen die Verliebten in dem Bette,
Der Don Juan und Anna, die Kokette.


DIE HURE BABEL


Ich hab gesehn die Königin von Babel,
Sie war die wilde Königin der Lust,
So nackt wie Eva, die geboren Abel,
Ganz unverschleiert ihre große Brust,
Ein Kelch voll süßem Mischwein war ihr Nabel,
Sie lebte von den Trieben unbewusst,
Sie schrie, so wie am Meere schreien Möwen,
Dieweil sie nackend ritt auf einem Löwen.

Die Königin der Lust auf einem Leuen
Mit ihrer Schenkel Drucke lenkend ritt,
An diesem wilden Tiere sich zu freuen,
Dem sie so herrisch in den Sattel glitt,
Mit wilder Wollust, ohne sich zu scheuen,
Die lange Mähne ohne Form und Schnitt,
Die lange wildgelockte Löwenmähne
Umloderte die Anadyomene.

Wir sehen die Ikone auf den Karten,
Die uns weissagen sollen Zukunftsglück,
Die Damen spielen gern das Spiel, die zarten,
Tun in die Zukunft einen Neugier-Blick,
Da haben denn die Damen, die aparten,
Den Blick gewendet vor und nicht zurück,
Was ihnen weissagt denn der Zukunft Sonne
Ist Lust, ist wilder Wollust heiße Wonne.

O Babel, Königin der wilden Lüste,
Ich auch war einst in deinem Löwentor,
Du schütteltest die mächtig großen Brüste,
Der langen Löwenmähne dichten Flor,
Du Königin der Liebeswonnenküste,
Ich pries dich auch in deiner Diener Chor
Als schönste Königin der Lust, als pure
Begierde und als stadtbekannte Hure.

Was wissen wir von weiblichen Naturen
Als von den Heiligen der Heiligkeit
Und andrerseits den liederlichen Huren,
Den stadtbekannten Dirnen, weit und breit
Im ganzen Land berühmt sind diese puren
Beischläferinnen in dem Evaskleid,
Die Königin von Babel, weiß wie Butter,
Ist aller Huren Göttin Große Mutter.

In Frankreich sah ich an den Kathedralen
Die Göttin Luxuria, Göttin Lust,
So wie die frommen Mönche sie uns malen,
Die ihrer eignen Triebe unbewusst
Die Wollust malen ganz in Glorienstrahlen
Und majestätisch ihre nackte Brust
Und malen zur Erbauung ohne Zweifel
Die Göttin Luxuria mit dem Teufel.

Todsünde Luxuria, wilde Dirne,
Geschlechtlichkeitssymbol am frommen Dom,
Du willst dich schämen nicht, du Hurenstirne,
Du spei’st noch immer aus den Sündenstrom,
Besteigst der Jungfraunalpe weiße Firne
Und kommst ins große Babylon von Rom
Und baust Bordelle auf vorm Dom Sankt Peter,
Mit Kurtisanen huren dort die Väter.

O Göttin Luxuria, in dem Namen
Der Unzucht lockst du in den Sündenpfuhl,
Zu Konkubinen werden Edeldamen
Und Hexen huren mit dem Beelzebul,
In Zicken streuen Männer ihren Samen
Und zölibatäre Priester werden schwul
Und Hirsche springen auf die jungen Ricken
Und Ziegenböcke steigen auf die Zicken.

Wer kultiviert sich als ein Religiöser
Und eifrig strebt nach seinem Seelenheil,
Wer wendet sich zu Christus, dem Erlöser,
Der flieht die Göttin Luxuria, geil
Ist Luxuria, Satan ist ein Böser,
Er jagt dich in den Schoß der Hure, weil
Er will in Chaoswollust dich verderben,
Du sollst zuletzt am zweiten Tode sterben.

O Göttin Luxuria, selig jene,
Die frei von deiner Wollust sterben. Schreib,
O Menschensohn, der Göttin Löwenmähne
Passt nicht zum frommen Bruder Esel Leib.
Wer tragisch abtritt von der Erdenszene,
Begrüße Schwester Todin, jenes Weib,
Ganz ohne Einfluß jener Luxuria,
Die Todin nämlich ähnelt Sankt Maria!

Die Hure Babel hat auch einen Gatten,
Das ist der Satanas als Menschengott,
Die Hure Babel will sich willig gatten
Dem Antichrist und seinem Hohn und Spott,
Die Christen schickte sie dann zu den Schatten.
Die selber Odem nur in dem Schamott,
Sie spielen auf sich als die Weltenretter
Und wenn auch gottlos, doch als Heilandsgötter.

Die Hure Babylon will immer huren,
Die Konkubine, mit dem Antichrist.
Ob sie auch sind nur menschliche Naturen,
Der Antichrist denkt, dass er göttlich ist.
Sie unterdrücken alle Kreaturen,
Die treu festhalten an dem Herrn und Christ.
Die Hure Babel, wie Skelette hager,
Sie hält die Christen fest im Todeslager.

Die Hure Babel und die Kommunisten
Stets huren so im geilen Lotterbett,
Desgleichen Nationale Sozialisten
Der Hure Babel weihen ein KZ,
Zuletzt die Hure und die Terroristen
Das Chaos dann vollendet ganz kokett,
So sind sie, die dämonischen Archonten,
Die alle diese Hure haben konnten.

Schon von der Jugend an gewohnt zu huren,
Schon in Ägypten und in Babylon
Ließ sie betatschen sich von Kreaturen,
Betatschen ihre Zitzen damals schon,
Die Menschensöhne gingen zu der puren
Hetäre, Menschensohn nach Menschensohn,
Sie, die nicht war des wahren Gottes Gattin,
Sie war der Hurensöhne Hurengöttin.

Sie trinkt das Blut der stolzen Marterzeugen,
Ihr Becher überläuft von Christenblut,
Wenn Christen ihren Christus nicht verschweigen,
Gerät die Hure Babylon in Wut,
Die Christen dann in Todesöfen steigen
Und preisen Jesus Christus in der Glut
Und ihnen steht der dritte Himmel offen,
Dieweil die Hure ist von Blut besoffen!

Die Engel aber künden allen, allen:
Gefallen ist die Hure Babylon,
Die Hurengöttin Babel ist gefallen!
So triumphiere, Herr und Menschensohn,
Die Engel alle Jubellieder schallen
Und jauchzenden Triumph zu Gottes Thron:
Es triumphiert Jerusalem, die pure!
Gestürzt ist Babylon, die große Hure!

Und alle Kapitäne und Matrosen
Ertrunken sind in ihrer Sündenflut,
Die Konkubinen auch, die Scharlach-Rosen,
Verbrannt sind in des Weltgerichtes Glut,
Die Geldanbeter auch, die Glaubenslosen,
Verloren haben sie ihr Hab und Gut,
Die Dichter, die von Hurerei gedichtet,
Sind alle auch mit Babylon gerichtet.

Ein Feuer ist gefallen von dem Himmel,
Die Erde hat wie ein Vulkan gebebt.
Die Händler alle in dem Weltgewimmel
Zum abgrundtiefen Chaos sind gestrebt.
Wer denn in dem Tumult und dem Getümmel
Noch als ein Letzter doch hat überlebt,
Der wünscht, dass über ihm die Berge brechen
Und seine letzte Kraft zum Leben schwächen.

Die Könige der Erde, Welttyrannen,
Sie zittern auf der Throne mattem Gold.
Die Krieger, alle kriegerischen Mannen,
Das Heer wie eine große Sintflut rollt.
Das Chaos bricht herein, aus großen Kannen
Es regnet Schwefel. Alles, wie ihr wollt.
Es regnet Pech und Schwefel, regnet Feuer,
Vorbei das hurerische Abenteuer.

Die Hure bricht und alle ihre Götzen,
Die Heidengötter all von Gold und Stein.
Die Dirnen fliehen nackend, alle Metzen,
Aus dem Bordell im grellen Feuerschein.
Die Brecher von den göttlichen Gesetzen
Versinken in dem Pfuhl der großen Pein.
Die Engel künden triumphierend allen:
Die große Hure Babel ist gefallen!


FRAU TORHEIT


Frau Torheit sah ich, sie war ohne Schleier,
Ihr Haupt war haarlos, wie ein Geier kahl,
Es schwebten über ihr des Todes Geier,
Narzisse war sie in dem Erdental,
Sie lud viel Freundinnen zu einer Feier
Und feierte mit Beelzebub und Baal
Und wollte mit den Törinnen in Massen
Und mit den jungen frechen Toren prassen.

Ja, kommt doch alle zu dem großen Mahle,
Wir speisen alle unsres Nachbars Kohl
Und trinken Tee aus unsres Nachbars Schale
Und trinken Babels Götterbier zum Wohl
Und tanzen Bauchtanz dann im Feiersaale
Wie Sterne tanzen um des Nordens Pol
Und wenn beim Bauchtanz wir die Hüften schwenken,
Dann sollen Toren an die Wollust denken.

Verlocken wollen wir die jungen Toren
Und bitten sie, von Gott zu fallen ab.
Wie schön, wenn eine Seele geht verloren
Und geht als Feind des Kreuzes in das Grab.
Denn wir verstopfen unsre Muschelohren
Und folgen nicht des Guten Hirten Stab.
Wir glauben nicht dem Einen, Großen-Ganzen,
Wir wollen lachen nur, wir wollen tanzen.

Wir wollen lustig auf der Erde schwärmen,
Uns ärgert nur des Papstes Heiligkeit.
An Freudenfeuern wollen wir uns wärmen
Und haben für die Gottheit keine Zeit.
Wir lassen uns massieren in den Thermen
Und pflücken Rosen auf den Wiesen weit
Und sind von lauter Rausch und Tanz benommen
Und ärgern uns am tiefen Ernst der Frommen.

Wir wollen tanzen, leben, lieben, lachen
Und hören keinen Weisheitsworten zu.
Wir lieben schöne Dinge, schöne Sachen
Und sagen zu der Braut des Teufels Du.
Wir wollen nur ein Feuerwerk entfachen
Und haben Frieden nicht und Seelenruh.
Laß Fromme an der Sündenwelt verzweifeln,
Wir tanzen mit den Hexen und den Teufeln.

Frau Torheit hat so gern ihr Zeug gestohlen,
Wie man es auch von den Zigeunern sagt.
Sie war bei den Zigeunern einst in Polen,
Da sie bestohlen die Zigeuner-Magd.
Was irgend war zu kriegen und zu holen,
Das hat zu haben ihr sehr wohl behagt.
Gott Hermes war ihr Gott, der Gott der Diebe,
Besitzgier war der erste ihrer Triebe.

Frau Torheit ging zur Kasse stets des Staates
Und hat genommen, was zu kriegen war.
So reich ist Pluto nicht einmal im Hades,
Des Staates Kasse leerte sie sogar.
So ging sie auch des Kommunisten-Pfades:
Enteignet aller reichen Leute Schar,
Dazu gebrauchte sie die besten Listen,
Um zu bestehlen fette Kapitalisten.

Wenn sie ein Buch wollt aus den Bibliotheken,
Sie schlicht die Universität bestahl.
Und wenn ein Kaufhaus lag auf ihren Wegen,
Sie steckte alles ein im Kaufmanns-Saal.
Wenn irgend Durst und Hunger sich ihr regen,
So nahm sie Nachbars Brötchen auch einmal.
Gestohlen schmecken liebliche Gewässer
Doch einfach besser, einfach vielmals besser.

Wenn einen Vorteil sie erreichen wollte,
War sie bereit zum allerschlimmsten Zank.
Wenn Caritas ihr etwas geben sollte,
So sagte Bitte sie, doch niemals Dank.
Und wenn sie etwas nicht bekam, so schmollte
Sie schwer betrübt, als wär das Herz ihr krank.
Wenn sie den Willen nicht bekam, so viele
Scheintränen weinte sie wie Krokodile.

In die gesetzlichen Betrügereien
Spann sie den großen Kreis der Freunde ein,
Als ob die Freunde selbst Betrüger seien.
Wenn einer aber zum Betrug sprach Nein,
Weil er sich wollte vom Betrug befreien,
So schuf das ihrer Seele große Pein,
Und sie beschwor ihn bei dem Gott der Diebe:
Ach, tu doch Herrin Torheit diese Liebe!

Als ich studiert die Griechen-Philosophen,
Da fragte sie mich nach der Gott-Natur.
Sie aber war nicht klüger als die Zofen.
Ich sprach: Die Schweinerei von Epikur
Heizt Epikur noch an den Feuerofen.
Sie aber sprach, die dumme Kreatur:
Die Lust das Höchste Gut? Ich glaub, ein Seher
War Epikur! Ich auch bin Epikuräer!

Und wenn ich sprach, wie schön die Schöpfung Gottes,
Man könne schließen auf den Schöpfer doch,
So sprach sie mit der Listigkeit des Spottes:
Des Weltalls Anfang war ein schwarzes Loch,
Da war ein Ur-Lehm, Fülle des Schamottes,
Natur hat da sich selbst erschaffen, noch
Glaub ich an die Natur, die Große Mutter,
Die gibt den kleinen Affen Kokosfutter.

Und wenn ich einmal vorlas aus der Bibel,
So sagte sie: Nur nicht so übertreib,
Die Bibel ist veraltet, ist ein Übel,
Dass erst der Mann geschaffen, dann das Weib,
Das Paradies verscherzt um eine Zwiebel,
Nein, von den Affen haben wir den Leib
Und darum wir auch gleich den Affenmüttern
An Affenzitzen Affenjunge füttern.

Und sprach ich vom Gebet, vom Kontemplieren,
So sagte sie: Du sprichst mit deiner Wand.
Und sprach ich von Marias Meditieren,
Sprach sie: Der Rosenkranz ist nur ein Tand.
Sie wollte ihren Atem regulieren,
Bis sie den Drachen und den Phönix fand
Und bis das Chi in ihrem Leib harmonisch,
Doch von der Kirche sprach sie stets ironisch.

Frau Torheit war auf Sylt, die Nordseewogen
Schön rauschten an den grünbewachsnen Deich.
Ich sah: Die Torheit hat noch stets gelogen,
Ein wildes Weib ist sie, an Dummheit reich
Und schwatzhaft, bis die Balken sich gebogen,
Sie war der Lüge und dem Irrtum gleich,
Die arme Lady Folly war vom Scheitel
Bis zu den kalten kleinen Füßen eitel.

Frau Torheit wohnt im Hause auf dem Lande,
Wer aber wohnt mit ihr im selben Haus?
Ein Dämon von satanischem Verstande,
Der liebt die Schönheit nicht, der liebt nur Graus.
Er lebt mit ihr im regellosen Bande
Und will doch aus der Bindung nur heraus
Und muß an seinem irren Wahn verzweifeln
Und wünscht sich in die Hölle zu den Teufeln.

Frau Torheit liebt die Gutenachtgeschichten
Vom schwarzen Magier und vom Vampir,
Wie sie so arme Weiber Englands dichten,
Von Antichrist, Prophet und bösem Tier,
Die armen Kinder können nicht verzichten,
Der böse Onkel trinkt noch eins ein Bier,
Dann wischt er sich vom Maul das weiße Schäumen,
Die Kinder nachts von Fledermäusen träumen.

Das Satansalphabet, Abraxaskünste,
Die Schule Luzifers und seiner Braut,
Das liest man gern, wie schwefelgelbe Dünste
Aus Gräbern steigen, wenn die Mittnacht graut,
Wie Männer Tiere lieben heißer Brünste
Und wie ein Frosch dem Rabbi sich vertraut
Und wie der Magier mit seiner Echse
Spricht mitternachts, dann reitet auch die Hexe.

O Luzifer und seine Braut! Die Hexen
Nun schreiben einen dicken Schundroman.
Man hört auch von fleischfressenden Gewächsen
Und wie der Satan treibt in irren Wahn.
Die Kinder kokettieren mit den Echsen,
Als Haustier dient ein großer Leguan.
Mit weißen Mäusen spielen schwarze Katzen.
Die Kinder träumen nachts von Monsterfratzen.

In diesem Hause wohnen wohl die Toten?
Hier spukt es wohl in tiefer Mitternacht?
Die Poltergeister sind hier, Satans Boten,
Der Rattenkönig hier die Herrschaft macht.
Die Toten zieht es nachts zu Schimmelbroten
Und Lilith an dem Bett der Kinder wacht.
O Fluch dir, Lilith, dir und deinem Satan!
Versinke, Rotte Abiram und Dathan!


DIE GOTTESMUTTER

Ich lag verblutend auf der schwarzen Erde
Und über mir ging auf der Vorhang grün,
Als ob der Herr noch einmal spricht: Es werde!
Ich sah die Sterne weiß wie Blumen blühn,
Die Wolken sah ich, eine Lämmerherde,
Und über diesen Wolken, sag ich kühn,
Sah ich gekleidet mit dem Licht der Sonne
Die schöne, schlanke, zärtliche Madonne.

Madonna stand in einem roten Kleide
Vor mir, in einem meeresblauen Rock.
Ihr Angesicht war eine Augenweide,
Ich schaute sie in nahen Todes Schock,
Das feine Haar war braun und glatt wie Seide,
In ihren Armen lag der Sündenbock,
In ihren Armen lag der nackte Jesusknabe,
Dem tief ich in das Aug gesehen habe.

Madonna stand mit ihren bloßen Füßen
Auf weißen Wolken wie auf Meeresschaum,
Die Augen funkelten der Honigsüßen,
Weltseele schien sie in dem Weltenraum.
Ich wollte meinen Todestrieb ihr büßen,
Der Neuen Eva unterm Lebensbaum,
Da lag ich in dem tödlichen Verderben,
Ihr Jesusknabe sprach: Du sollst nicht sterben!

Ich sah den Vater Sixtus vor ihr knieen
Und knien vor ihr die Jungfrau Barbara.
Wie unterm Weihrauch weiße Kohlen glühen,
Stieg das Gebet zu Sankt Urania.
Madonna lächelte wie Rosen blühen
Und voller Gnade auf die Beter sah,
Im Sonnenlicht vom Scheitel bis zur Wade,
Goß Strahlen sie zu mir von lichter Gnade.

Zu ihren Füßen sah ich kleine Engel,
So feurig liebend wie die Seraphim,
Wie nackte Putten, nackte Götterbengel,
Zugleich so klug wie weise Cherubim,
So kleine Amoretti ohne Mängel,
Die waren mit Madonna ganz intim,
Die von dem Himmel aus gesegnet haben
Die Freundin mein und ihre kleinen Knaben.

O Notre Dame de Vie, beschütz das Leben
Der ungebornen lieben Embryos!
Gott hat der Mutter ihre Frucht gegeben,
Nun aber ist zugleich der Teufel los!
Die Embryos schon nach dem Lichte streben,
Die kleinen Kinder werden langsam groß,
Sie hören schon Willkommen mit den Ohren,
Dann werden sie aus Mutterschoß geboren.

Doch plant die arme Mutter, abzutreiben
Und zu ermorden ihre Leibesfrucht,
Dann braucht sie von dem Staat ein kaltes Schreiben,
Daß sie Beratung bei dem Staat gesucht,
Dann braucht sie Mutter länger nicht zu bleiben,
Den Kindern hat der Teufel schon geflucht,
Man plant bereits, die Kinder zu ermorden,
Da kommt der Beter vom Marien-Orden.

O Notre Dame de Vie, die kleinen Kinder
Im Mutterschoße weih ich deinem Schoß.
Sie sind ja Menschen, sind es ja nicht minder,
Führ in das Leben du die Embryos.
Nichts süßer doch als Babys und nichts linder,
Und ach, wie eilig werden sie doch groß.
O Heil dir, Königin im Siegerglanze,
Ich bitte dich bei deinem Rosenkranze!

Den Onkel sende zu den lieben Kleinen,
Der legt die Hand der Mutter auf den Bauch.
Die Kinder mit dem Onkel sich vereinen,
Die Mutter wieder liebt die Kinder auch.
Laß in den Mutterschoß die Gnaden scheinen
Und deiner großen Mutterliebe Hauch
Und laß die Söhne sein Mariensöhne,
Du Mutter aller Menschen, o du Schöne!

Die Kinder werden laß gesund geboren
Und segne selbst der Mutter Kaiserschnitt.
Die Regenflut bricht aus den Wolkentoren,
Es kommt der Storch mit dem erhabnen Schritt.
Die Entenküken rascheln in den Rohren,
Der Adler nimmt die Adlerjungen mit.
Des Teufels Beitrag diesmal war vergebens!
Triumph, Triumph, o Königin des Lebens!

Ich sah Madonna in dem Bette liegen
Und selber melken ihre große Brust,
Ich sah das Jesuskind sich zärtlich schmiegen
An seine Mutter mit des Knaben Lust,
Wie seine Lippen sich den Spitzen fügen,
Den Spitzen ihrer Brüste unbewusst,
Und unterm Licht der Gnade ihrer Augen
Er wonnig konnte an dem Busen saugen.

Ich sah Madonna liegen auf dem Bette,
Wie sie die Milch aus ihrem Busen molk.
Ich sah die Junge, Niedliche und Nette,
Das Ideal vom ganzen Gottesvolk,
Ich sah sie ruhn auf ihres Lagers Stätte
So wie die Schwanin ruhend auf dem Kolk
Und wünschte mir, sie möge doch mich retten
Und mich im Tale ihrer Brüste betten!

Ich sah den kleinen schönen Jesusknaben,
Ich sah des Hauptes Lockenfluten gold,
Ich sah die Bienenkönigin der Waben,
Wie sie sich in dem Honigseim gerollt,
Der Jesusknabe wollte Honig haben,
Das junge Mädchen lächelte sehr hold,
Der Knabe hob der Königin der Musen
Den Mantel und erquickte sich am Busen!

Madonna wollte ihren Knaben stillen
Und gab des Wortes Milch dem Jesuskind,
Ihm sein Verlangen zärtlich zu erfüllen,
So zärtlich wie ein leiser Frühlingswind,
Sie tat dem Jesusknaben ganz den Willen,
Demütig wie die Jüngerinnen sind.
Es war in Nazareth, dem grünen Städtchen,
Da schaute ich das göttlich schöne Mädchen.

Madonna, meine heiligste Ikone,
Dein Busen ist wie Schaum, wie Butter weiß,
Ich sah dich lächelnd schaun zu deinem Sohne,
Du höchste Königin im Paradeis.
Auf deines Busens gnadenvollem Throne
Sah ich den Amor Gottes, denn ich weiß,
Madonna, dass dein Busen weiß wie Marmor,
Und dass das Jesuskind ist Gottes Amor.

Ich sah die kleinen Knaben mit dem Fieber,
Sie lagen auf dem Sopha in der Nacht.
Der eine Knabe, ein besonders lieber,
Lag bei dem Paten, der bei ihm gewacht.
Die Abenddämmerung war schon vorüber
Und Luna schon am Himmel zärtlich lacht,
Da kam in einem hoheitvollen Wandel
Madonna näher mit dem Sternenmantel.

Madonna war von braunem Angesichte,
Von faltenloser, fleckenloser Haut.
Sie lächelte so sanft im Mondenlichte,
Das reinste Ebenbild, die Gottesbraut.
Der kranke Knabe schmiegte dicht sich, dichte
An seinen Paten, dem er tief vertraut,
Der Pate noch den süßen Liebling neckte,
Madonna ihn mit ihrem Mantel deckte.

Die Wiesen waren voller Schnee, im Glanze
Der weißen Pracht war schimmerreich die Nacht.
Madonna kam als wie im schönen Tanze,
Sie selbst so schimmernd wie die Winterpracht.
Im schwarzen Haar der Glanz vom Sternenkranze,
So kam sie, lieblich lächelnd, süß und sacht,
Den kranken Knaben in den Mantel hüllte
Und ihn am Gottesmutterbusen stillte.

Madonna segnete den frommen Paten
Und legte ihm das Haupt aufs Kissen weich.
Die Sterne als wie tausend Blumensaaten
Verkündeten des Himmels Frühlingsreich.
Schutzengel auch wie weiße Flocken nahten
Und standen überm klar gefrornen Teich.
Am Teiche saßen alle meine Entchen.
Der Pate hielt dem kranken Kind das Händchen.

Am Morgen kam, die beiden aufzuwecken,
Die Große Muttergottes sanft und leis.
Die beiden bei der Mutter sich verstecken,
Am Gottesmutterbusen butterweiß.
Der Pate und das kranke Kind sich necken,
Madonna singt ein Lied vom Paradeis,
Auf großen Augen lange Wimpern fächeln,
Madonna schenkt ihr zauberhaftes Lächeln.


DIE GÖTTLICHE KARITAS


Ich sah die Karitas in ihrem Garten,
Da war unendlich groß die Wiese grün,
Ich sah sie gehen auf dem Gras, dem zarten,
Ganz frei von allen Sorgen, Leiden, Mühn,
Ich sah die bunten Blumen aller Arten,
Die alle auf die eigne Weise blühn.
Die Grünkraft Karitas’ in jedem Triebe
War Fruchtbarkeit der Großen Mutter Liebe.

Ich sah im Frühling blühen die Kastanien,
Die Blüten östlichen Pagoden gleich.
Ich sah am Grenzgebirg zum heißen Spanien
Die Donnerdisteln in dem Höhenreich.
Weinberge sah ich auch im Reich Germanien,
In Frankreich blühte Thymian so weich,
Die grünen Äpfel wuchsen bei Germanen,
Auf den Kanaren wuchsen die Bananen.

Ich sah die Karitas am Meere gehen,
Strandhafer wuchs dort an dem weißen Strand.
Ich sah die Karitas auf Gipfeln stehen
Und schauen in das grüne Auenland,
Sah Karitas im Bauchtanz schön sich drehen,
Die rote Frauennelke in der Hand.
Ich sah, verwundet wie von einem Eber,
Die Tulpen fallen in die dunklen Gräber.

Ich sah die Karitas und ihre Putten
In Frieslands Sylt sich wälzen vor dem Deich,
Ich schaute auch Weinrosen-Hagebutten
Und Knaben machen lachend einen Streich,
Ich sah in Hamburgs Gossen alte Nutten,
Die Dienerinnen in dem Venusreich,
Sie waren alle abgewelkte Rosen,
Die lüstern mit den geilen Drohnen kosen.

Ich sah den Windstoß blättern in den Blättern,
Als läse Karitas ein neues Buch.
Die Linden stürzten von den Donnerwettern,
Als ob auf Frevlern läge Gottes Fluch.
Und mit der Nacktheit von den Heidengöttern
Lag Karitas in Duft und Wohlgeruch,
So nackt und schön, wie niemals zu verwelken,
Ich schenkte ihr so gerne rote Nelken.

Ich sah die Karitas im Park der Tiere,
Dicht neben mir stand scheu das schlanke Reh,
Der kleine Rehbock trug schon das Geziere
Der Hörner, dass ich dachte fast, ich seh
Den kleinen Ziegenbock, und doch verliere
Ich nicht den Mut, ob ich auch zitternd steh
Und einen Held und Heros doch nur heuchle,
Viel lieber zärtlich diese Ricke streichle.

Ich schaute bei der Antilopenherde
Die Karitas, die schön und herrlich war,
Ja, wie die Antilope auf der Erde
Gewittert hat die nahende Gefahr,
Ob ihr der Tod gebracht als Botschaft werde
Von diesem starken schlanken Jaguar.
Ich pries in Hohenliedes Perikopen
Die schönen Frauen wie die Antilopen.

Die Mädchen aber glichen den Gazellen,
Die langen Beine waren weiß und schlank.
Doch bei der Liebsten hohen Busenwellen
Ich denke voller Fröhlichkeit und Dank
An die Gazellenzwillingskitze, schwellen
Die Brüste voll, ich bin vor Liebe krank
Und denke bei des Busens süßer Spitze
An hüpfende Gazellenzwillingskitze.

Ich hörte Karitas und ihre Sprache,
Ich sah die Schrift und sah die Kranichschar,
In Formationen eilten sie zur Rache,
Ob Frevler spotten deutschem Dichter gar,
Die Frevelhaftigkeit, der rote Drache,
Griff an das Kind der Göttin, das ist wahr,
Zwar bin ein Singschwan ich, ein Trauerschwan ich,
Doch Ibykus, mein Bruder, ist ein Kranich.

Doch was hat Karitas denn da geschaffen
Für ungeheuerliche Hässlichkeit?
Der Mensch soll stammen ab vom frechen Affen?
Zum Menschen ward der Affe mit der Zeit?
Da halte ich es lieber mit dem Pfaffen,
Der sprach von göttlicher Vernünftigkeit
Und dass der Mensch geschaffen gut und milde
Der höchsten Karitas zum Ebenbilde!

Ich sah die Karitas mit ihrem Sohne,
Dem Knaben Amor, grad zwölf Jahre alt.
Die Karitas, die göttliche Ikone,
Umfing den Sohn mit stürmischer Gewalt.
Sie saß auf ihrem weißen Gnadenthrone
Und war Urgottheit, ewig und uralt,
Und Amor war die höchste Gnadengabe,
Das Wort der Schönen Liebe war der Knabe.

Ich sah den Amorknaben lustig wandeln
Und heiter auf der langen Pilgerfahrt.
Er schien in allem glücklich klug zu handeln
Und tat, was seine Mutter offenbart.
Die Karitas mit ihren Augen-Mandeln
Sah auf den goldnen Amorknaben zart.
Der Großen Mutter Brüste glichen Glocken,
Darein verbarg das Kind die goldnen Locken.

Und wenn den Amorknaben jemand fragte,
Warum er sei im Haus der Karitas,
Sogleich der kluge Amorknabe sagte:
Ja, kennt ihr Toren nicht das Faktum, dass
Ich muß im Haus der Mutter sein? Es tagte
Das Morgenrot in lichter Klaritas,
Zur Sonne schauten auf die Blütenstempel,
Der Knabe war in seiner Mutter Tempel.

Das Amorkind besprach sich mit den Weisen
Und horchte alle Schriftgelehrten aus.
Verstockt erschien ihm da der Chor von Greisen,
Der greisen Frevler in der Liebe Haus.
Der Knabe lieber ging mit einem leisen
Propheten durch den Glanz des Gottesbaus,
Der Knabe lachte, der Prophet ward leiser,
Ein Weihrauch zog durch alle Gotteshäuser.

Der Knabe Amor kehrte heim zur Mutter
Und barg sich tief an ihrer Traubenbrust.
Das Brot der Engel war des Knaben Futter
Und Wein trank er mit selig trunkner Lust.
Der Mutter Busen war so weiß wie Butter
Und honigsüß der Knabe unbewusst.
Und selig lebte froh der Amorknabe
Im Mutterschoß als einer Honigwabe.

Die Karitas in Gottes Ehebett
Lag da mit nackten wunderschönen Brüsten,
Sie war so keusch und etwas auch kokett,
Gezeugt so ganz zu Gottes höchsten Lüsten,
Sie war so niedlich und so höflich nett,
So liebevoll sind nicht einmal die Christen,
Wie Karitas im Ehebett des Herrn,
Die Himmelskönigin vom Morgenstern.

Ich sah sie liegen auf dem Doppelbette
Und warten auf den göttlichen Gemahl,
Daß er vom Überfluß der Lust sie rette,
Ihr Herz in ihrer weißen Brüste Tal
War selig froh an Gottes schöner Stätte,
Das Doppelbett in Gottes goldnem Saal
War wie geschaffen für der Herrin Lust,
Des Herzens Pochen in der nackten Brust.

Da waren lauter Schimmer, keine Schatten,
Da war die bloße Schönheit offenbart.
Gott und die Throngenossin sich begatten,
Gott hat mit Karitas sich schön gepaart.
Des Doppelbettes starke Zedernlatten
Ertrugen gern die bloße Gegenwart
Der Karitas mit ihrem Herrn der Ehe,
Gott war intim in dichter, dichter Nähe.

Hier ist die Liebe nicht ein Peinigen,
Hier ist die Liebe nichts als lauter Wonne!
Hier Liebe nicht ein Schmerz und Reinigen,
Hier strahlt der Schönheit lichte Gnadensonne!
Hier ist die Liebe ein Vereinigen,
Der Eimer Gottes in der Liebe Bronne
Kann hier in lauter Liebeslüsten baden
Und schütten auf die Menschen lauter Gnaden!

Hier ist die Liebe göttliche Ekstase,
Die Kommunion der Gottes-Einigung!
Hier steckt die Lilie in kristallner Vase,
Hier ist die feurigste Begeisterung!
Gott schnaubt aus seiner edlen Adlernase
Und Karitas macht Jahwe wieder jung!
Und wie der Schaum des Meeres um den Felsen
Gott und die schöne Karitas verschmelzen!