Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DER ROSENKRANZ



Von Josef Maria Mayer



DIE FREUDENREICHEN GEHEIMNISSE


ERSTES GESÄTZ

Sankt Maria war am Brunnen
In dem kleinen Blumenstädtchen
Nazareth, denn das bedeutet
Flora oder Blumengarten.

Dort am tiefen Wasserbrunnen
Hörte sie des Engels Stimme,
Gabriel, die Stärke Gottes,
Sprach zu Unsrer Lieben Frauen.

Sankt Maria in der Kammer
War in Nazareth, im Hause.
Josef war dieweil auf Reisen,
Als ein Zimmermann auf Arbeit.

Gabriel, die Stärke Gottes,
Grüßte Unsre Liebe Frauen:
Freue dich, Gebenedeite,
Gnadenvolle, Mutter Gottes!

Chaire, Kecharitomene,
Sprach der Engel zu der Jungfrau,
Voll der Gnade bist du, Herrin,
Von der Stunde der Empfängnis.

Du sollst Mutter Gottes werden.
Sankt Maria staunte mächtig:
Wie soll das geschehen, Engel,
Da ich keinen Mann erkenne?

Unsrer Lieben Frau Gelübde
War Jungfräulichkeit, war Keuschheit.
Sie war eine Tempel-Jungfrau
Und ihr Bräutigam war Jahwe.

Gottes Kraft wird überschatten
Dich wie einst die Wolke Gottes
Überm Offenbarungszelte
Nieder sich gelassen hatte.

Gottes Kraft wird in dir schaffen
Deine Leibesfrucht, Maria,
Der wird heißen Sohn des Höchsten,
König wird er sein der Juden.

Als der Engel dies gesprochen,
Unsre Frau empfing im Ohre:
Mir gescheh nach deinem Worte,
Denn ich bin die Sklavin Gottes.

Als Maria sprach ihr Ja-Wort,
Gott erschuf in ihrem Schoße
Gottes Logos seine Menschheit,
Jesus Christus ist sein Name.


ZWEITES GESÄTZ

Sankt Maria hüpfte eilend
Wie Gazellen über Hügel
Zu Elisabeth, der Tante,
Denn Elisabeth war schwanger.

Zwar als unfruchtbar gegolten
Hatte ihre Tante, aber
Jetzo war sie dennoch schwanger
Durch die Gnade unsres Schöpfers.

Als Elisabeth gesehen
Sankt Maria, die sie grüßte,
Hüpfte in dem Bauch ihr Baby,
Sprang Johannes hoch vor Freude.

O wer bin ich, o Maria,
Daß die Mutter meines Gottes
Zu mir kommt? Es hüpft vor Freunde
Meine Leibesfrucht im Schoße.

O du Allgebenedeite,
Allerschönste aller Frauen,
Selig bist du, die geglaubt hat,
Was der Schöpfer dir verkündet.

Sankt Maria sang den Lobpreis:
Meine Seele jauchzt frohlockend
Über meines Gottes Größe,
Über Jahwe, meinen Retter!

Auf die Demut seiner Sklavin
Hat geschaut der Höchste gnädig.
Selig preisen mich von nun an
Alle Generationen.

Großes tat an mir der Höchste,
Heilig, heilig ist sein Name.
Er erbarmt sich seiner Kinder
Und ist gnädig den Geliebten.

Jahwe stürzt vom Thron die Herren,
Stürzt die Mächtigen und Reichen.
Er erhebt die armen Menschen,
Alle Elenden und Kleinen.

Jahwe denkt an sein Erbarmen,
Das er Abraham verheißen,
Jahwe denkt an seinen Liebling
Israel, den Sklaven Jahwes.

Sankt Maria blieb drei Monde
Bei der heimgesuchten Tante,
Bis die Tante hat geboren
Den Propheten Sankt Johannes.


DRITTES GESÄTZ

Als Augustus ließ die Völker
Zählen in den Steuerlisten,
Reiste Josef mit der Gattin
In die Stadt des Königs David.

Josef war vom Stamme David
Und Maria, seine Gattin,
Stammte ab vom Hause David,
Wie es uns die Schrift berichtet.

Und sie kamen zu den Häusern,
Aber wurden abgewiesen,
Da war nur noch eine Grotte,
Daß Maria dort gebäre.

Josef blieb am Grotteneingang
Und Maria war im Innern,
Plötzlich schwebte Sankt Maria
Und erhob sich von der Erde

Und sie wurde licht und strahlend
Und aus ihrem Strahlenglanze
Kam hervor der Logos Gottes,
Gottes Logos, Fleisch geworden.

Sankt Maria war noch Jungfrau,
Als sie Gottes Sohn empfangen.
Sankt Maria auch als Jungfrau
Hat den Gottessohn geboren.

Sankt Maria blieb auch Jungfrau,
Da sie Gottes Sohn geboren.
Jesus Christus nicht verletzte
Die Jungfräulichkeit der Mutter.

Josef und Maria legten
Jesus in die Futterkrippe
Und verharrten in Anbetung
Vor dem menschgewordnen Gotte.

Und Maria legte Windeln
Jesus an von reinem Leinen
Und sie legte Jesus stillend
An die bloßen Mutterbrüste.

Jesus, denke im Gerichte
An Mariens bloße Brüste,
Richt uns nicht wie reine Geister,
Sondern als die Söhne Evas.


VIERTES GESÄTZ

Aber vierzig Tage später
Nach der Reinigung Mariens
Brachten Josef und Maria
Jesus in den Tempel Gottes.

Und da sahen sie den greisen
Simeon, der war im Tempel,
Dahin er geführt vom Geiste
Gottes ward in jenen Tagen.

Gott verhieß dem greisen Manne:
Simeon, du wirst nicht sterben
Eher, als du selbst gesehen
Gottes Heiland, den Messias.

Jetzt erkannte dieser greise
Simeon im Jesuskinde
Den Messias, und er sagte:
Lob und Ruhm sei dem Messias!

Herr, jetzt kann ich ruhig sterben,
Nämlich meine Augen sahen
Gottes Heiland, den Erlöser,
Der die ganze Welt erleuchtet.

Dieser ist von Gott gegeben,
Israel zur Auferstehung
Und den Heiden zur Erleuchtung
Und als Heiland aller Menschen.

Und damit die Menschenherzen
Offenbaren ihre Tiefen,
Wird der Mutter des Messias
Schmerz durch ihre Seele dringen,

Sieben Schwerter ihrer Schmerzen
Werden Unsre Frau durchbohren
Und sie wird mit dem Messias
Bei dem Kreuzestode leiden,

Miterlöserin Maria
Wird den Sohn dem Vater opfern
Und mit dem durchbohrten Herzen
Mutter werden aller Menschen.

Sankt Maria das bewahrte
In dem femininen Herzen,
Meditierte diese Worte,
Wie die Kuh sie wiederkäuend.


FÜNFTES GESÄTZ

Josef und Maria zogen
Nach Jerusalem mit Jesus,
Als zwölf Jahre alt der Knabe
Jesus war, voll Gnad und Weisheit.

Jesus Christus ging verloren
Seiner tiefbesorgten Mutter
Und sie suchte ihn voll Schmerzen,
Voll Verzweiflung und voll Ängsten.

Schließlich fand sie ihren Jesus
Bei den Schriftgelehrten sitzen,
Er befrug die Schriftgelehrten,
Was die Schrift sagt vom Messias.

All die greisen Schriftgelehrten
Staunten über diesen Knaben,
Seine Klugheit war erstaunlich,
Seine Freundlichkeit war maßlos.

Er beschämte alle Weisen,
Denn er war die Weisheit selber.
Mehr als alle Schriftgelehrten
War er, selbst das Wort des Vaters.

Josef und Maria sagten:
Unser Söhnchen, warum tatest
Du uns dieses an und gingest
In Jerusalem verloren?

Suchten wir dich doch in Ängsten,
In Verzweiflung und in Schmerzen.
Jesus sagte zu der Mutter:
Ich muß sein im Haus des Vaters.

Sankt Maria, nicht verstanden
Hat sie ihres Sohnes Worte,
Doch bewegte sie im Herzen,
Seine Worte meditierend.

Sankt Maria, hilf den Christen,
Die das Wort oft nicht verstehen,
Gottes Worte zu bewegen
Meditierend in dem Herzen.

Laß uns sein wie liebe Kühe,
Die die Gräser wiederkäuen,
Daß wie Kühe wiederkäuen
Wir die Worte unsres Gottes.

Denn wir trauen Gottes Worten,
Trauen Gottes Offenbarung,
Sind wir doch wie Schriftgelehrte,
Jesus ist die Weisheit Gottes.



DIE LICHTREICHEN GEHEIMNISSE


ERSTES GESÄTZ

Jesus wandelte zum Jordan,
Wo Johannes Büßer taufte:
Seht, da ist das Lamm des Gottes,
Das hinweg trägt alle Sünden.

Agnus Dei, Agnus Dei,
Habe du mit uns Erbarmen!
Agnus Dei, Agnus Dei,
Bitte gib uns deinen Frieden!

Und Johannes taufte Jesus
Und da tat sich auf der Himmel,
Die Dreifaltigkeit des Gottes
Tat sich deutlich offenbaren.

Denn der Vater sprach vom Himmel:
Jesus ist mein Sohn, mein Liebling!
Und der Geist kam auf den Christus
Schwebend wie die Liebestaube.

Seele, höre du den Vater:
Kind, ich liebe dich von Herzen
Und ich habe Wohlgefallen,
Kind, an deiner schönen Seele!

Doch der Täufer Sankt Johannes
War zu Gaste bei Herodes,
Da die Salome getanzt hat
Wie die wildeste Bacchantin.

Salome, nur leicht bekleidet
Mit dem transparenten Hauchkleid,
Sie ließ alle Schleier fallen
Und betörte so Herodes.

Und Johannes hat verloren
Seinen Kopf, auf einer Schale
Trug das Mädchen seinen Schädel
Zu Herodias, der Mutter.

Hüte dich, Prophet des Höchsten,
Vor dem Reiz des jungen Mädchens,
Bei des hübschen Mädchens Bauchtanz
Könntest du den Kopf verlieren!

Wie der Täufer Sankt Johannes
Hat sein Leben hingegeben,
Also muß auch der Messias
Opfern Leib und Blut und Seele.


ZWEITES GESÄTZ

Eine Hochzeit war in Kana,
Kana war in Galiläa,
Und da war die Mutter Jesu
Von dem Brautpaar eingeladen.

Und da war mit Jesu Mutter
Jesus da mit seinen Jüngern.
Sieben Tage ging die Hochzeit,
Und die Hochzeitsgäste tranken.

Böse Zungen nun behaupten,
Daß die heiligen Apostel
Viel getrunken von dem Rotwein
Und am allermeisten Petrus.

Ach, da waren leer die Fässer.
Jesu Mutter, sehr sensibel,
Sah, dass leer die Fässer waren:
Ach, sie haben keinen Wein mehr!

Jesus, Retter und Messias,
Die Propheten schon verhießen
Eine Heilszeit des Messias,
Da es nur so strömt von Rotwein!

Als einst Josua und Kaleb
Sind nach Kanaan gekommen,
Sahn sie solche großen Trauben,
Daß man sie nicht tragen konnte.

Jesus, Retter und Messias,
Zeige jetzt dem Volk der Juden,
Daß du wirklich bist Messias:
Schaffe große Mengen Rotwein!

Was gab Jesus da zur Antwort?
Hat denn Recht Martinus Luther?
Sprach den Jesus: Weib, was habe
Ich denn gar mit dir zu schaffen?

Nein, Messias Jesus sagte:
O du Frau der Offenbarung,
Was erbittest du von Jesus?
Ist jetzt meine Zeit gekommen?

Jesus wandelte das Wasser
In den allerbesten Rotwein,
Sieben Fässer voller Rotwein,
Jedes Faß einhundert Liter.

Ja, die Heilszeit des Messias
Ist gekommen! Rotwein flutet,
Alle Fässer überlaufen
Von dem allerbesten Rotwein!


DRITTES GESÄTZ

Jesus sprach vom Himmelreiche,
Von der Basilea Gottes,
Jesus sprach in manchem Gleichnis
Wie ein weisheitsvoller Dichter.

Gott der Vater ist ein König,
Der für seinen Sohn, den Liebling,
Eine Hochzeitsfeier wollte,
Bräutigam ist der Messias.

Und da waren Jungfraun, Bräute,
Die erwarteten die Hochzeit,
Unter ihnen waren Weise,
Unter ihnen waren Toren.

Auf den Bräutigam zu warten
Ward den Jungfraun fast zu lange,
Also sind sie eingeschlafen,
Müde waren sie des Wartens.

Um die Mitternacht kam endlich
Doch der Bräutigam zu seinen
Weisen Jungfraun, dummen Jungfraun,
Da sie allesamt erwachten.

Und sie wollten ihre Lampen
Zünden an mit ihrem Öle
Und dem Bräutigam entgegen
Gehen in den Hochzeitshimmel.

Und die weisen Jungfraun hatten
Öl für ihre Hochzeitslampen,
Doch die dummen Jungfraun hatten
Für die Lampen nicht das Öl mehr.

Und die weisen Jungfraun gingen
Mit dem Bräutigam zur Hochzeit
In die eheliche Kammer,
Zu vollziehen ihre Ehe.

Salomo erwählte aber
Gottes Hagia Sophia
Sich zur mystischen Gemahlin
In der religiösen Ehe.

Diese Ehe mit Sophia
Ist zwar geistlich, doch auch wirklich,
Doch das Weltkind und der Dummkopf
Nicht begreifen dies Geheimnis.


VIERTES GESÄTZ

Jesus ging zum Berge Tabor,
Ging zum Berge der Verklärung,
Nahm mit sich die Donnersöhne
Und den Liebling, Papa Petrus.

Jesus schwebte überm Gipfel,
Seine Kleider waren strahlend,
Weiß die leuchtenden Gewänder,
Weiß wie erster Schnee im Winter.

Und um Jesus Christus schwebten
Moses und Elias, beide
Sprachen mit dem Sohne Gottes
Von dem Kreuzweg, den er gehn muß.

Moses auf dem Berge Moabs
Sah schon die verheißnen Auen,
Das Gefild von Milch und Honig,
Aber durft sie nicht erobern.

Moses starb auf Moabs Bergen
Und der Herr begrub ihn selber.
Michael stritt da mit Satan
Um des Moses Löwenseele.

Und Elias fuhr gen Himmel
Auf den feuerroten Pferden,
Und sein Jünger, der Elisa,
Sah ihn in den Himmel fahren.

Wagen und Gespann der Kirche!
Rief Elisa nach Elias,
Und bekam von seinem Geiste
Und auch des Propheten Mantel.

Papa Petrus sprach im Traume:
Hier ist es nun gut zu wohnen!
Schlagen wir nun auf die Zelte
Für Elias, Moses, Jesus.

Aber da verschwanden beide,
Moses und Elias schwanden,
Einzig blieb da Jesus Christus
Auf dem Berge der Verklärung.

Und Gott Abba sprach vom Himmel
Aus der Wolke wie ein Donner:
Jesus ist der Sohn des Höchsten,
Ihm allein sollt ihr gehorchen.


FÜNFTES GESÄTZ

Jesus saß beim Abendmahle,
Bei dem Letzten Abendmahle,
Nach dem Brauch der Juden aß er
Von dem frommen Osterlamme.

Denn als Israel befreit ward
Von der Knechtschaft in Ägypten,
Hat gerettet sie allein das
Blut von einem Passah-Lamme.

Jesus aber will befreien
Alle Menschen dieser Erde
Von der Sklaverei der Sünde
Und des Teufels und des Todes.

So der jüdische Messias
Nahm das Brot des Passah-Mahles,
Brach das Brot und sagte: Nehmet,
Esset, denn dies ist mein Körper!

So wie dieses Brot gebrochen,
Wird mein Körper auch gebrochen,
An dem Kreuze der Erlösung
Wird mein Körper hingeopfert.

Jesus nahm den Kelch des Weines,
Dankte Gott und gab den Becher
Seinen Jüngern, den Aposteln:
Trinkt mein Blut des neuen Bundes!

Denn das Blut von Jesus Christus
Wird vergossen als die Sühne
Aller Sünden aller Menschen,
Zur Erlösung vieler, vieler!

Als Messias Mensch geworden,
War verborgen seine Gottheit.
Als Messias Brot geworden,
War verborgen seine Menschheit.

In dem Brot und Wein verborgen
Ist der Leib, das Blut, die Seele
Und die Gottheit Jesu Christi,
Daß wir Gottes Sohn empfangen.

Wenn wir speisen Christi Körper,
Werden wir von dieser Speise
Umgewandelt in den Christus
Und empfangen Gottes Leben.



DIE SCHMERZENSREICHEN GEHEIMNISSE



ERSTES GESÄTZ

Nach dem Abendmahl ging Jesus
Nach Gethsemane, dem Garten,
Wo das Öl gekeltert wurde
Aus den Früchten an dem Ölbaum.

Jesus nahm mit sich die liebsten
Jünger, Jakob und Johannes
Und den lieben Papa Petrus,
Seine eingeweihten Freunde.

Jakob und Johannes legten
Schlafen sich und Papa Petrus,
Sei es nun vom schweren Weine
Oder weil sie voller Trauer.

Jesus also war alleine
In dem Garten voller Trauer
Und er sah voraus im Geiste
Seine Kreuzigung, sein Sterben.

Gott war Jesus, eines Wesens
Mit dem Vater, Gott vom Gotte,
Göttlich die Substanz des Vaters,
Göttlich die Substanz des Sohnes,

Aber angenommen hatte
Jesus die Natur des Menschen,
Und als Mensch war er voll Schrecken
Vor der Kreuzigung, dem Tode.

Und er betete: Mein Abba,
Randvoll ist der Kelch des Leidens,
Übervoll von herbem Weine
Deines Zornes auf die Sünde,

Abba, laß doch diesen Becher
Leid an mir vorübergehen,
Wenn es möglich ist, mein Abba,
Daß ich diesen Kelch nicht trinke.

Nicht wie ich will, lieber Abba,
Sondern dass gescheh dein Wille!
Dankbar nehm ich, ohne Zittern,
Diesen Kelch aus deinen Händen.

Gute Mächte nun umgaben
Jesus, und er trat zu Petrus
Und den beiden Donnersöhnen:
Warum schlaft ihr, meine Freunde?

Und da nahte der Verräter
Judas, seinen Freund zu küssen
Mit dem Kusse des Verräters.
So begann das Leiden Christi.


ZWEITES GESÄTZ

Jesus hatten sie gefangen,
Jesus hatten sie gefesselt,
Jesus hatten sie gebunden
An die harte Geißelsäule.

Die neunschwänzige, die Schlange
Einer langen Lederpeitsche
Trug an ihren Enden Haken,
Widerhaken wie Skorpione.

Und sie peitschten Jesus Christus
Wie den ärmsten Römersklaven,
Wie den schlimmsten der Verbrecher
Peitschten sie den Sohn des Höchsten.

Von dem schönen Rücken Christi
Aus den aufgerissnen Striemen
Floß das rote Blut in Strömen.
Schrie er? Oder litt er schweigend?

Wer hat Jesus denn gegeißelt?
Nicht das alte Volk der Juden,
Nicht das stolze Volk der Römer,
Nicht Hebräer und nicht Heiden,

Sondern Jesus ward gegeißelt
Für die Sünden seiner Priester,
Für die Sünden seiner Mönche,
Welche kleine Knaben schänden!

O ihr gottgeweihten Seelen,
Auserwählt von Jesus Christus,
Die ihr kleine Knaben schändet,
Wieder geißelt ihr Messias!

Ihr von Satanas Betörten,
Gottgeweihte Satansknechte,
Die ihr zündet Satan Weihrauch
In dem Raum der Kirche Christi,

Weh euch, die ihr geißelt Jesus,
Peitscht den Herrn mit Lederpeitschen,
Mit neunschwänzigen, mit Schlangen,
Mit der Hydra eurer Sünden!

Jesus sagt von solchen Priestern,
Jesus sagt von solchen Mönchen,
Die die kleinen Kinder schänden
Wie die schlimmsten Hurenböcke:

Besser wär es euch, ihr Frevler,
Die ihr ärgert meine Kleinen,
Daß den Mühlstein an dem Halse
Würdet ihr ersäuft im Meere!


DRITTES GESÄTZ

Also, bist du nun ein König?
Du, der arme Judenheiland?
Bettlerkönig, Hurenkönig,
König der versoffnen Sünder?

Also haben Roms Soldaten
Jesus Christus eingekleidet
Mit des Königs Purpurmantel,
Einzig nur, ihn zu verspotten.

Und sie gaben ihm ein Zepter,
So als wäre er ihr König,
Doch als ihren König ehrten
Sie den Kaiser Roms, als Gottheit.

Und sie setzten auf das Haupt ihm
Einen Kronen-Kranz von Dornen
Und die stachen in die Stirn ihm
Und es bluteten die Schläfen.

Und sie spuckten an den Heiland,
Schlugen ihn auf seine Wangen:
Bist du ein Prophet, so sage,
Wer dich schlug auf deine Wange!

Auf Gemälden sehn wir Jesus,
Seine Dornenkrone tragend
Auf den langen braunen Locken,
Den verhöhnten Judenkönig.

Aber Jesus trug die Krone,
Die geflochten war aus Dornen,
Nicht nur außen auf dem Haupte,
Nein, auch innen auf dem Herzen.

Denn sein Herz war eine Flamme
Gottes, eine Liebesflamme,
Die erschienen war im Dornbusch,
So wie Jahwe einst vor Mose.

Sehen wir doch auch Maria,
Ihre Dornenkrone tragend
Über dieser Liebesflamme
Ihres Unbefleckten Herzens.

Es vereint die Dornenkrone
Jesu und Marien Herzen,
Das zu Einem Herz vereinigt
Offenbart die Liebe Gottes!


VIERTES GESÄTZ

Jesus musste selber tragen
Seines Kreuzes langen Balken.
Nehmt das Kreuz auf euch und folgt mir,
Sagte Jesus seinen Jüngern.

Dreimal ist der Herr gefallen
Unter seiner Kreuzbeschwerde,
Dreimal ist er aufgestanden,
Weiterhin sein Kreuz zu tragen.

Gottgeliebter Jünger Jesu,
Wenn in teuflischer Versuchung,
Wenn in weltlicher Versuchung,
Wenn in fleischlicher Versuchung

Du gefallen bist in Sünde,
So bereue und tu Buße
Und erhebe dich im Glauben,
Denn es reinigt dich die Gnade.

Und die Römer zwangen einen,
Unsres Meisters Kreuz zu tragen,
Das war Simon von Kyrene,
Der des Heilands Kreuz getragen.

Dieser Simon von Kyrene
War der Vater zweier Söhne,
Rufus war und Alexander
Später in der Urgemeinde.

Jesus also trug den Balken
Zu dem Hügel Schädelstätte,
Dieser Hügel ist so hoch wie
Eine große Trauerweide.

Und da weinten Zions Frauen
Über den Geliebten, aber
Jesus sprach: Ihr Frauen Zions,
Weint nicht über den Geliebten,

Weinet über eure Sünden
Und die Sünden eurer Kinder.
Wird das grüne Holz gepeinigt,
Was wird mit dem dürren Holze?

Jesus weinte selber über
Die geliebte Tochter Zion:
Wie die Glucke wollt ich hüten
Deine Kinder, meine Küken!


FÜNFTES GESÄTZ

Jesus ward ans Kreuz geschlagen,
Jesus blutete am Körper,
Jesus litt in seiner Seele
Ein Martyrium der Liebe!

Schrecklich seines Körpers Schmerzen,
Aber schrecklicher und größer
Die Passionen seiner Seele!
Seine Seele ward gekreuzigt,

Ward durchbohrt von einer Lanze,
Von dem Dornenkranz durchstochen,
Ihm verblutete die Seele
An den Wunden seiner Seele!

Da verdrehte Jesus seine
Augen, schaute auf zum Himmel,
Dunkle Nacht war an dem Himmel
Und es heulte Jesus Christus:

Eli, lama asabthani?
Warum hast du mich verlassen,
Meine Gottheit, meine Gottheit,
Gottheit Eli, Gottheit Eli?

Da sah Jesus seine Mutter,
Sah die Mater Dolorosa
Und bei ihr den Lieblingsjünger,
Sah den Jünger, den er liebte,

Und er sprach zu seiner Mutter:
O du Frau der Offenbarung,
Sieh den Jünger, den ich liebe,
Siehe deinen Sohngeliebten!

Und er sprach zu seinem Jünger:
O mein Sohn, mein Kind, mein Diener,
Sieh die Frau der Offenbarung,
Nimm sie auf in deine Seele!

Und der Lieblingsjünger Jesu
Nahm die Frau der Offenbarung
In sein Haus, in seine Seele,
In sein innerlichstes Leben.

Da sprach Jesus an dem Kreuze:
Abba, jetzt ist es vollendet,
Die Erlösung ist vollendet!
Jesus hauchte seinen Geist aus.



DIE GLORREICHEN GEHEIMNISSE



ERSTES GESÄTZ

Jesus Christus, auferstanden,
Er ist wahrhaft auferstanden
Und als Erster ist erschienen
Er der Mutter Sankt Maria.

Aber an dem Sonntagmorgen
Sankt Maria Magdalena
Weinte vor dem Grabe Gottes,
Wollte Christi Leichnam salben.

Doch der Stein der Grabeshöhle
War hinwegbewegt vom Grabe
Und das Grab war leer, da lagen
Schweißtuch nur und Leichen-Linnen.

Sankt Maria Magdalena
Weinte um den Leib des Freundes,
Als der Gärtner ihr erschienen
In dem grünen Ostergarten.

Gärtner, sagte Magdalena,
Wo ist meines Freundes Körper?
Und der Gärtner sagte leise:
O Maria, o Maria!

Da erkannte Magdalena,
Daß der Gärtner Jesus Christus
War, der auferstandne Christus,
Da umschlang sie seine Füße.

Halte mich nicht fest, Maria,
Ich bin noch nicht aufgefahren
Zu dem Vater in dem Himmel,
Meiner Gottheit, deiner Gottheit!

Als Apostelin gesendet
Wirst du nun zu den Aposteln
Und zumeist zu Simon Petrus
Als dem Fürsten der Apostel,

Sage, dass ich auferstanden,
Auferstanden von den Toten,
Daß ich fahre auf gen Himmel
Zu der Rechten meines Vaters,

Daß ich wiederkommen werde
Als der Richter aller Menschen
Und den Kosmos unterwerfe
Meinem Gott und meinem Vater.


ZWEITES GESÄTZ

Jesus rief die Jünger alle
Zu dem Ölberg. Er nahm Abschied:
Alle Menschen macht zu Jüngern,
Alle Menschen sollt ihr taufen!

In dem Sakrament der Liebe
Will ich immer bei euch bleiben
Bis zum Ende der Äonen,
Zur Vollendung dieses Kosmos.

Jesus fuhr auf einer Wolke
Zu dem Vater in dem Himmel,
Aber einige der Jünger
Hatten dennoch weiter Zweifel.

Ist er denn zu Beteigeuze
Aufgefahren, zu der Lyra,
Zu dem Schwan und zu dem Adler,
Aufgefahren zu der Venus

Und der Terra Aphroditä,
Zu der Krone Mutter Evas,
Zu den neuen Zwergplaneten,
Zu den Asteroiden droben,

Zu Astarte und zu Amor,
Hat er dort den Zwergplaneten
Sapientia betreten
Und ist weiter aufgefahren

Zu den fernen Sternenhaufen,
Zum Carina-Nebel droben,
Sah dort die Geburt der Sonnen,
Der Planeten und Kometen?

Nein, nicht durch den Kosmos reiste
Jesus, seine Fahrt gen Himmel
War nicht Odyssee im Weltraum,
Sondern in die unsichtbare

Welt des Gottesgeistes ging er,
Die Allgegenwart der Gottheit
Nahm ihn auf, allgegenwärtig
Ist nun der Messias Jesus.

Wo ist Gott? So kann man fragen.
Wo ist Gott denn nicht? So kann man
Weiter fragen. Gegenwärtig
Ist der Herr an allen Orten.

Jesus ist in jeder Rose,
Die du schenkst der Vielgeliebten,
Ist in jedem Kinde, welches
Du besuchst im Krankenhause.


DRITTES GESÄTZ

In dem oberen Gemache,
In des letzten Abendmahles
Saal, da saßen die Apostel,
Nur nicht Judas, der Verräter,

Aber Petrus und Andreas
Und Jakobus und Johannes
Und der scharfe Zweifler Thomas
Und Maria Magdalena

Und Johanna und Susanna
Und auch Salome, die Schöne,
Und die Mutter des Messias
Und die frommen Vettern Jesu.

Und in aller Einmut saßen
Alle im Gebet versammelt,
In der Mitte dieser Kirche
Saß die stille Gottesmutter,

Als ein Brausen kam vom Himmel,
Als ein Sausen kam vom Himmel
Und der Geist wie Feuerzungen
Auf den Häuptern der Apostel

Alle mit der Glut erfüllte,
Alle mit der Kraft erfüllte.
O du Kraft, die du bist göttlich,
Kraft, die du bist eine Gottheit!

Auf dem Sinai war Mose
Und empfing die Worte Gottes
Auf den Tafeln des Gesetzes,
Gottes Finger tat es schreiben.

Aber bei dem neuen Pfingsten
Steht das Gotteswort geschrieben
Nicht als steinerne Gesetze
Auf den beiden Felsentafeln,

Sondern eingegossen wurde
Gottes Liebe in die Herzen,
Denn von allen den Geboten
Gilt jetzt ganz allein die Liebe.

Liebe Gott und deinen Nächsten
Und dann tu du, was du möchtest,
Also sagte Augustinus,
Liebe alle deine Nächsten,

Wie dich Jesus selbst geliebt hat,
Wie dich heut noch liebt Messias,
Wie in allen Ewigkeiten
Wird dich lieben deine Gottheit!


VIERTES GESÄTZ

Sankt Maria lag im Bette
In Jerusalem, so sagen
Welche, aber andre sagen,
Es sei Ephesos gewesen.

Und aus aller Herren Länder
Kamen alle die Apostel,
So auch der Apostel Paulus,
Doch der Zweifler Thomas fehlte.

An Marien Haupt Johannes
Weinte um die süße Mutter,
Petrus saß zu ihren Füßen,
Diener er der Diener Gottes.

Jesus Christus ist erschienen,
Sagte zu Maria: Veni
Sponsa mea! Und Maria
War ein junges schönes Mädchen,

In den Armen des Messias
Ist gen Himmel sie gefahren.
Petrus und Johannes schauten
Staunend nach der Mutter Gottes.

Da kam auch der Zweifler Thomas:
Ist Maria auferstanden?
Ist ihr Körper nicht im Grabe?
O Maria, gib mir Antwort!

Und Maria ist erschienen
Als ein junges schönes Mädchen,
Achtzehn Jahre jung das Mädchen,
Trug sie ihren Liebreizgürtel,

Löste sie den Liebreizgürtel,
Legt ihn Thomas in die Hände:
Auferstanden ist Maria
Mit dem Körper und der Seele,

Aufgefahren in den Himmel!
Thomas nahm den Liebreizgürtel,
Trug ihn auf die Insel Zypern
Auf den heiligen Olympus.

Auf dem Gipfel des Olympus
Wird verehrt der Liebreizgürtel
Unsrer Königin der Liebe,
Daß die Gläubigen ihn küssen.


FÜNFTES GESÄTZ

Da Maria war im Himmel,
Saß der Vater mit dem Sohne
Und dem Geist in Einem Throne
Und sie krönten Sankt Maria.

Zwischen Gott dem Ewigvater
Und dem Ewigsohne Christus
Unterm Heilgen Geiste strahlte
Meine Königin Maria.

Gottes Geist wie eine Taube
Ruhte auf dem Haupt Mariens,
Krönte sie zur Himmelsfürstin,
Königin des Paradieses.

Jesus mit dem heilgen Herzen
Ist der Friedefürst des Himmels
Und das reine Herz Marias
Ist des Paradieses Fürstin.

Alle die Marienritter,
Ritter dieser Unbefleckten,
Beugen ritterlich die Kniee
Vor der Unbefleckten Jungfrau.

Meine Dame, meine Lady,
Das ist Notre Dame Noire,
Ist das Mädchen Morenita,
Ist das Mädchen Indianita.

Maximilian, der Ritter
Seiner Unbefleckten Dame,
Starb den Opfertod im Lager,
Sterbend sagte er: Maria!

Sankt Johannes Paul, der Ritter
Seines makellosen Mädchens,
Hat die ganze Welt erobert
Für das Herz der Unbefleckten.

Als er starb, da sprach er lächelnd:
Ich bin froh bei meinem Tode!
Kinder, seid auch froh und fröhlich,
Betet fröhlich zu Maria!

Ich bin nun der Minnesänger
Meines makellosen Mädchens,
Keiner sang wie ich Maria,
Meine Königin der Minne.