Von Josef Maria Mayer
Es war am fünfzehnten August des Jahres 2009, als der Mond im Haus der Jungfrau war, als die Kirche Marias Himmelfahrt feierte, da stand ich auf meinem Balkon und sah vor mir erscheinen drei Göttinnen – aber eigentlich nicht drei Göttinnen, sondern drei Personen Einer Göttin – eine allerheiligste Dreifaltigkeit. In meinen Händen hielt ich einen roten Apfel aus Evas Garten. Und die Göttinnen sprachen: Wem von uns schenkst du den Apfel, zum Zeichen, dass du eine von den drei Personen der Göttin zur bevorzugten Geliebten wählst
und sie für die Schönste erklärst? Aber du bist ein Poet! Singe uns, den drei Personen der Göttin, homerische Hymnen! Und wir werden dir zeigen, was du zum Lohn für deine heiligen Psalmen von uns, von jeder der drei Personen der Göttin, erhalten wirst. Stimme jetzt dein Psalterion und psalmodiere deine heiligen Hymnen! – Und als erstes sang ich der Jungfrau Diana, besang ich die sanfte Luna. Ihr sang ich diese Hymne:
HYMNE AN LUNA
Die glühenden Sterne um die schimmernde Mondin
Verbergen ihre strahlenden Angesichter,
Wenn voll und rund und reich
Sie flutet durch das Weltall, überflutend
Die schattige Erde
Mit klarem silbrigem Licht.
Nun erhebt sich die Mondin, voll und silbern,
Während singend die jungen Mädchen stehn
Wie vor einem Schrein.
So manchmal die Frauen mit bloßen Füßen
Tanzen gemessen rings um den schönen Altar
Und wandeln durch die schönen Blumen der Wiesen.
Komm hierher, o Göttin des Mondes, o Luna, komm,
Und in den goldenen Kelch
Mische reichlichen Nektar der Götter
In ätherischer Perfektion,
Uns zu ergötzen.
Diese Tage sind die Tage,
Da unsre Mutter, die Mondin,
Im Westen erschienen, schlank!
Wenn eine schmale Spanne noch bleibt,
Bis sie voll geworden ist,
Haben wirs an diesen Tagen erwartet.
Wir kamen zur richtigen Zeit.
Meine Kinder, alle meine kleinen Kinder
Werden Opfergaben bringen.
O Mutter, o Mondin,
Alle meine kleinen Kinder werden
Dich mit Opfergaben schmücken.
Wenn du dich selbst geschmückt hast
Mit dem weißen Linnen unserer Opfer,
Mit deinen Fluten von Samen
Wirst du segnen all meine kleinen Kinder.
All deine süße Glückseligkeit
Wirst du meinen geliebten Kindern bescheren.
Zum guten Ende, o Mutter,
Will ich meine Pilgerreise vollenden.
Möge ich satt an Leben werden,
Darum segne mich mit der Fülle des Lebens!
Ihr Musen mit den zärtlich flüsternden Stimmen!
Töchter der großen Göttin,
Töchter der großen Göttin,
Gelehrt in Liedern,
Erzählt von Luna mit den großen Flügeln!
Von ihrem unsterblichen Haupt
Ein Glanz kommt vom Himmel
Und liebkost die Erde,
Groß ist die Schönheit ihres Lichtes.
Die Luft erglüht von ihrer goldenen Krone,
Ihre Strahlen leuchten klar,
Wenn die liebliche Luna
Ihren weißen Leib gebadet
In den Wassern des Ozeans.
Sie reitet dann
Auf ihren Rossen mit den langen Mähnen
Zur Abendstunde bei Vollmond.
Dann ist voll ihr großer Planet
Und ihr Licht scheint am schönsten.
So ist sie ein großes Zeichen
Für die sterblichen Frauen der Erde.
Heil dir, Luna mit dem weißen Busen,
Milde, schön gegürtete Göttin,
Silbern gekleidete Königin Luna!
Liebliche Göttin des Bogens,
Liebliche Göttin der Pfeile,
Du wachst im strahlenden Himmel
Über alle Jägerinnen und ihre Hunde,
Wenn die Sonne ins Bett gegangen,
Der Mond strahlt an deiner Stirn.
Du bevorzugst die Jagd bei Nacht
Bis zum kommenden Morgen,
Nymphen tanzen schön zur süßen Musik
Und setzen das Horn an die Lippen und blasen.
Du bist selber Jägerin, Göttin Diana,
Du bist allmächtige Göttin: Ich bete,
Bitte denke an uns nur einen Augenblick,
Denk an uns, die wir zu dir beten.
Luna! Diana! Selene!
Königin allen Zaubers
Und Herrin der dunklen Nacht
Und Mutter der ganzen Natur,
Der Sterne und der Monde,
Allen Schicksals und allen Glücks!
Du regierst die Gezeiten,
Du scheinst zur Nacht auf die See,
Wirfst Licht aufs Wasser,
Du Herrin des Ozeans
In deiner goldenen Gondel,
Ewig lächelst du im Himmel,
Segelnd über der Erde,
Gespiegelt im Meer.
Wir bitten dich,
Gib diesem deinem träumenden Schläfer
Tiefe Einsicht,
Das er erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Die Liebe.
O Luna, die du mich von der Ruhe der Nacht
Gebracht zu den Freuden des Tages,
Bring mich auch vom Licht des Tages
Zum Lichtglanz der Ewigkeit!
Oh, bring mich vom Licht des Tages
Oh, bring mich vom Licht des Tages
In den Lichtglanz der Ewigkeit!
Im Namen des heiligen Geistes der Göttin,
Im Namen der Mutter der Grotte des Friedens,
Im Namen der heiligen Drei!
Schütze uns in aller Not,
Wenn du Wohlgefallen an uns gefunden hast
In dieser Nacht.
Siebenmal besser wäre es,
Wir könnten ohne Kummer leben,
Du weiße Mondin der Jahreszeiten,
Du lichte Mondin der Jahreszeiten.
Liebliche Schönheit voll der Gnade,
Heil dir, meine Mondin,
Schöne Führerin des Alls,
Schöne Führerin der Fixsterne,
Geliebte meines Herzens,
Du Vielgeliebte des Himmels!
Nachdem ich die Hymne an die Göttin Luna, das himmlische Mädchen, gesungen, sprach die Jungfrau Diana zu mir: Mein sehr verehrter Poet! Wenn du mir den Preis des Apfels der Schönheit gibst, so sollst du von mir folgende Gnaden erhalten: Erstens sollst du in der dunklen Nacht der Seele immer den Beistand des Mondes haben, der dir in deiner Einsamkeit Gesellschaft leistet und deine Finsternis erleuchtet. Zweitens sollst du in der dunklen Nacht deiner Seele den Trost der geweinten Tränen haben. Wenn es im Inneren dröhnt, so gebe dir eine Göttin die Gabe, weinen zu können. Drittens gebe ich dir die Gnade, dass du in deinen schlaflosen Nächten Baldrianlikör trinken kannst, um deinen Kummer in einem heilsamen Schlaf vergessen zu können. Viertens schenke ich dir die Gnade, dass du für deine tödlichen Schmerzen Opiate erhalten sollst, auf dass Morpheus dich zu seinem Zwillingsbruder Thanatos führe, der Schlaf dich führe zu seinem Zwillingsbruder, dem Tod. Fünftens wirst du von mir die Gnade erhalten, dass du stirbst wie der chinesische Dichter Li Tai-Bo, denn er war betrunken vom vielen Wein und verliebt in den Mond, und als er den Spiegelschein des Mondes im Dung-ting-See sah, sprang er betrunken in den See, den Spiegelschein des Mondes zu umarmen, und ertrank und fuhr auf einem gelben Kranich hinan zur Phönixstadt am Ende der Milchstraße.
Nun erschien vor mir die Göttin Aphrodite, ganz die nackte Göttin, und ich war sehr erregt. Und mit reizendem Charme sagte sie: Sing mir eine Hymne, mein deutscher Homer!
HYMNE AN APHRODITE
Ich will singen von der schönen Aphrodite,
Mit Gold gekrönt und voller Reiz,
Deren Herrschaftsbereich ist das Reich der Liebe und Schönheit.
Der sanfte Atem des Westwinds bewegte
Sie über die Wellen der lautaufstöhnenden See
In sanftem Schaum,
Und dort die goldgeschmückten Grazien
Hießen sie fröhlich willkommen.
Sie kleideten diese Nackte in ein himmlisches Kleid,
Auf ihr Haupt setzten sie eine Krone von Gold,
Und in ihre durchstochenen Ohrläppchen
Hängten sie Ornamente von Lapislazuli
Und edlem Silber,
Sie schmückten sie mit silbernen Halskettchen
Und Perlenschnüren zwischen ihren schneeweißen Brüsten,
Juwele, welche die goldgeschmückten Grazien
Allzeit trugen, wohin immer sie gingen,
Wenn sie gingen in die Grotte ihrer Mutter
Zu liebreizenden Tänzen der Devas.
Und als sie Aphrodite ganz bekleidet hatten,
Brachten sie Aphrodite zu den Göttern,
Die hießen Aphrodite willkommen, als sie sie sahen,
Und jeder Gott wünschte sich,
Aphrodite in sein Haus führen zu dürfen.
So groß war ihr Erstaunen über die Schönheit der Göttin
Mit den veilchenduftenden Haaren.
Heil dir, süß gewinnende,
Keusch blickende
Göttin der Liebe!
Im schimmernden Throne thronend Aphrodite,
Tochter der Schöpferin, Zauberin,
Ich beschwöre dich,
Halte fern von mir doch diese Angst und Agonie
Und zerschmettre nicht meinen Geist, o Königin,
Wenn je du mein Gebet erhört hast,
Das Schreien meiner Stimme, die aus der Ferne zu dir ruft,
Mein Haupt erhebend aus dem Staub,
Bist du gekommen,
Bist gekommen aus deiner Mutter goldenem Himmelspalast,
Im Chariot, gezogen von flatternden Sperlingen,
Flatternd wie sanfte Turteltauben,
Über die schwarze Erde,
Durch das Grenzenlose kommend,
Niedergleitend vom dritten Himmel.
So kamst du an
Und du, o gesegnete Göttin,
Mit göttlichem Charme liebreizend lächelnd,
Fragtest mich, welches neue Weh mich befallen
Und warum ich zu dir geschrieen habe?
Was in meinem verrückten Geist
Sei meine größte Begierde?
Welche war es, die mich klagen machte,
Welche war es, die mich klagen machte,
Und welche war ungerecht zu mir?
Welches Mädchen habe mich verschmäht?
Jetzt flieht das Mädchen, einst folgt sie der Liebe,
Jetzt weiß sie nicht zu lieben,
Bald wird sie unwiderstehliche Liebe fühlen.
Komm, ich bitte dich, erlöse mich von meinem Kummer,
Verjage die Traurigkeit,
Ich bete zu dir, o Göttin,
Steh mir bei im Kampfe, Herrin, an meiner Seite!
Wenn Eifersucht peinigt dein Herz,
Laß dein törichtes Herz keinen Anteil daran haben.
Mit meinen Armen werde ich nicht den Himmel berühren.
So, wie ein Kind der Mutter folgt, gehorche ich.
Nun die Wollust durchschüttelt meine Seele,
Ein Sturm von den Bergen zerbricht die Eichen.
Ich weiß nicht, was ich tun soll,
Ich habe, ach, zwei Seelen in meinem Busen!
Schau mich an, Geliebte,
Und entschleire die Gnade in deinen Augen!
Ein süßer Ausdruck breite sich über dein Antlitz!
Ich liebe verfeinerte Liebe
Und für mich hat die Liebe
Den Glanz der Morgenröte.
Ich stöhne und suche die Liebe.
Euch, meinen schönen Mädchen, bleibt meine Seele treu.
Aphrodite! Dir zu Ehren
Feire ich dieses Fest,
Zur Feier leere ich den Becher bis zur Neige.
Wir werden tanzen
Und warm uns umarmen.
Und wenn du die Gnade gewährst, die ich erflehe,
Dann, wenn der Tanz am lüsternsten ist,
Dann löschen wir die Lampe
Und werden uns lieben in freier Liebe!
Und als ich die Hymne an Aphrodite beendet hatte, sagte die nackte Göttin: Schatz, wenn du mir den Apfel als Preis der Schönheit gibst, dann führ ich dir ein Liebchen zu, ein immer williges Weib, das Freude hat an den Werken des Bettes. Sie wird dir alle Künste und Regeln der Liebe beibringen, alle Formen des Umarmens, des Küssens und die Stellungen des Geschlechtsverkehrs, wie sie im Kamasutra beschrieben sind. Du wirst die Freuden der körperlichen Liebe drei Jahre lang in vollem Genuß genießen. Ich werde dich mit deinem lüsternen Liebchen nach Südfrankreich führen in das Paradies der freien Liebe. Drei Jahre lang darfst du leben mit deinem wollustvollen Wonneweib im Paradies der freien Liebe. Du wirst unter dem Weinstock liegen und Wein aus den prallen Trauben saugen und wirst liegen unter den großen Brüsten deiner Geliebten und Honigmilch trinken. Du wirst auf den Bergen und in der Heide wandeln und die Hochzeit der Bienenkönigin sehen. Und im geschlechtlichen Verkehr mit deinem Weibe wirst du erleuchtet und wirst schauen, wie sich die Axis Mundi in der Anima Mundi dreht! – Ich sagte zur Göttin Venus: Geliebte Aphrodite, werde ich nur drei Jahre lang im Paradies der freien Liebe leben dürfen? Venus lachte und sagte: Du wirst nicht länger bleiben wollen, denn es zieht dich mit Gewalt zum Kreuz! Aber diese drei Jahre wirst du nie vergessen.
Dann erschien die Große Schwarze Gottesmutter Maria, majestätisch in ihrer göttlichen Mutterschaft und zugleich die allmächtige Prinzessin und unbefleckter Spiegel der göttlichen Weisheit. Und Madonna lächelte liebevoll und sagte: Sing mir einen heiligen Psalm, begehrenswerter Mann! Stimme dein Psalterion wie in der Jugend und singe mir eine Hymne! Dein Lobpreis kann meine himmlische Herrlichkeit zwar nicht vermehren, aber dir bringt er süßen Trost und süße Wonne! – Und so sang ich die Hymne an meine süße Göttin Maria:
HYMNE AN MARIA
Heil Maria, Mutter!
Du bist voller liebender Gnade!
Deine Gnade, o Göttin, ist immer mit uns!
Gesegnet bist du, Maria, unter den Frauen,
Deine Gnade, o Göttin, ist immer mit uns!
Gesegnet bist du, Maria, unter den Frauen,
Gesegnet ist die Frucht deines Schoßes,
Gesegnet bist du, Königin aller Gnade,
O heilige Maria, Mutter des Universums!
Sprich für mich, deinen dankbaren Sohn,
Sprich für mich, deinen dankbaren Sohn,
Jetzt und in der Stunde meines Todes,
Ja, jetzt und in der Stunde meines Todes!
Maria, Göttin der guten Zeichen,
Mutter der sieben Freuden,
Ohne Spuren des Bösen,
Makellose,
Ohne Flecken und Falten,
Freude der Heilung,
Freude der Freundschaft,
Freude der Liebe,
Freude des Friedens,
Freude süßer Kinder,
Freude der Ruhe,
Freude der Göttin!
Gnade und Segen bist du allzeit!
O Göttin Maria,
In meinen Taten,
In meinen Worten,
In meinen Wünschen,
In meinem Denken
Und in der Stillung meiner Begierde,
In meinem Schlaf,
In meinen Träumen,
In meiner Ruhe,
In meinen Ideen,
In meinem Herzen und in meiner Seele immer
Möge die gesegnete Mutter Maria wohnen!
Oh, in meinem Herzen und in meiner Seele immer!
Göttin, höre mein Gebet,
Leihe mir dein Ohr,
Laß mein Flehen und meine Gebete
Aufsteigen zu dir,
Komm, o Göttin der Glorie,
Komm herab, mich zu schützen,
Du Königin des Lebens und des Mitleids,
Mich durch deine Macht zu schützen,
Oh du lieblichste Jungfrau Maria,
Du süßeste und du reinste Schönheit!
O große Göttin Maria,
Ich wasche meine Hände
In Strömen von blutrotem Wein,
In dem heiligen Feuer,
In Wogen von Schaum,
Im Saft der Äpfel,
In Milch und Honig,
Und ich stelle drei Grazien
Vor deinen schönen Altar,
Neun Musen,
Die Muse der Stimme,
Die Muse des Glücks,
Die Muse der Güte,
Die Muse der Weisheit,
Die Muse der Karitas,
Die Muse der freien Liebe,
Die Muse der Anmut,
Die Muse der schönen Lieder.
Ein Schatten bist du in der Hitze,
Eine Zuflucht bist du in dem Frost,
Auge bist du dem Blinden,
Stab bist du dem Pilger,
Eine Insel bist du auf dem Meer,
Eine Burg bist du an Land,
Eine Quelle bist du in der Wüste,
Heil bist du dem Kranken.
Du bist die Freude aller fröhlichen Dinge,
Du bist das Licht der Sonne,
Du bist die Tür zum Krankenhaus,
Du bist der führende Stern,
Du bist die Hirschkuh auf dem Hügel,
Du bist die Lilie im Tal,
Du bist die Schwanin im Teich,
Du bist die Süßigkeit aller süßen Begierden,
Du bist die Lieblichkeit der lieblichen Göttin,
In deinem reinen Antlitz
Seh ich das Lieblichste, was auf Erden je gesehen ward.
Die ersten Stunde des Tages
Weihe ich Maria,
Den stillsten Tag der Woche
Weihe ich Maria,
Die festlichste Woche im Monat
Weihe ich Maria,
Den freudigsten Monat des Jahres
Weihe ich Maria,
Das heiligste Jahr in den Jahrhunderten
Weihe ich Maria
Göttin, schütze dieses Haus
Und alle, die heut Nacht in diesem Hause sind,
Schütze mich und meine Freunde,
Schütze alle, die mich mögen,
Beschütze uns vor Gewalt und Kummer,
Schütze uns vor unsern Feinden,
Schütze uns vor dem Hass unsrer Hasser!
Im Namen der Mutter Maria,
In diesem Zimmer
Und wo immer meine Freunde heute Nacht
Und in allen Nächsten sind!
Heil Maria, Heil Maria!Königin aller Gnaden,
Mutter des Mitleids,
Heil Maria, überschwängliches Heil,
Quelle des Heils,
Brunnen meiner Freude!
Nacht und Tag erheben wir
Unsre Stimme zu dir,
Geliebte Kinder Marias,
In Freude und Gesang und Lobpreis.
Schau zu uns, du Wurzel der Wonne,
Du Becher glorreicher Gnade,
Gib uns eine Ruhestätte
In der Grotte deines Friedens,
Ruhe von allem Streit
Und Ruhe von aller Mühsal.
O Maria, Mutter,
Göttin des allumarmenden Ozeans,
Nie ward es gehört,
Daß einer, der stand
Unter dem Schutz deiner Fürsorge,
Der deine Gnade erbat,
Dich um Schutz gebeten,
Der deine Hilfe erflehte
Mit ungeteiltem Herzen,
Nie ward es gehört,
Daß der nicht deinen Rat fand
Und deinen Trost und deine Freuden
Und Hilfe in aller Not.
Du lässest mich hoffen,
Dass mein kindliches Verlangen
In dein Heiligtum eindringt,
Mein Herz ist zufrieden,
Vor deinem Bett zu knien,
Mein Herz ist zufrieden,
Wenn du mich hörst.
O laß mich kommen
In deine Gegenwart,
Schöne, Lächelnliebende,
Schönste aller Mädchen,
Königin jeder Spezie,
Königin-Jungfrau aller Welten,
Blume des Lebensbaumes,
Guirlande des Himmels,
Du Fluß des Samens,
Du Kessel des Friedens,
Du Quelle der Heilung,
Du Fontäne der Gnade,
Du Wohnung der Milde,
Du Haus des Friedens,
Du Juwel in den Wolken,
Du Diamant der Sterne,
Du Mutter des schwarzen Kummers,
Du Mutter der Glorie,
Du Jungfrau der Armen,
Du Mutter des Universums,
Zu dir komme ich
Mit Kummer und Klagen,
Mit Gram und Tränen,
Mit Flehen und Bitten,
Daß du abwendest von mir
Schande und Ungnade,
Heuchelei und Zorn,
Elend und Heulen,
Ewige Angst,
Daß du meiner Seele hilfst
Auf den Weg der Königin,
Zu der Tür der Barmherzigkeit,
An die Stätte der Gerechtigkeit.
Du bist ja der Stern des Meeres,
Führe mich übers Meer,
Du bist der Stern der Erde,
Führe mich an deinen Strand,
Du bist der Stern der Nacht,
Erleuchte meine Dunkelheit,
Du bist die Sonne des Tages,
Sei mein Kompaß auf Erden,
Du bist der Morgenstern der Götter,
Wache über mich auf Erden,
Du bist der Stern des Paradieses,
Begleite mich in den Himmel,
Schütze mich in der Nacht,
Schütze mich am Tag,
Schütze mich Tag und Nacht,
O du strahlende, graziöse
Königin des Himmels,
Höre mein Gebet der Liebe,
Höre meine Bitte um Schutz,
Höre meine Klagen,
Höre mein Heulen,
Zähle mich nicht zu dem Nichts,
O meine Göttin,
Zähle mich nicht zu dem Nichts,
O meine heilige Geistkraft,
Und laß mich nicht verloren gehen
In der ewigen Verdammnis!
Als ich die Hymne an die Madonna beendet, neigte sich die Königin der Weisheit zu mir und gab mir einen Kuß auf die Stirn. Sie sagte: Mein Sohn, wenn du mir den Preis des Apfels der Schönheit gibst, so schenke ich deiner toten Freundin Anna Bellissima das Ewige Leben! – Ich sagte: Madonna, du bist die Schönste aller Göttinnen, dir gebe ich den Apfel der Schönheit! Einst gab Eva den verderblichen Apfel der Versuchung dem törichten Adam. Aber jetzt, Maria, du Neue Eva, gebe ich dir den Apfel der Schönheit. Und wie Eva Sünde, Leiden, Tod und Hölle gebracht, so bringst du, Maria, Heiligkeit, Freude, ewiges Leben und das Paradies! Nun bitte ich dich, strahlende Königin des Paradieses, zeige mir einen kleinen Teil des Paradieses, auf dass ich sehe, was du meiner lieben Anna Bellissima bereitet hast!
Und Maria sprach:
Diese Paradieswelt, mein Josef, ist das Weltsystem des Herrn Jesus, es ist reich und blühend, angenehm und fruchtbar, lieblich und mit Myriaden Menschengöttern bevölkert. Und in diesem paradiesischen Weltsystem, mein Josef, gibt es keine Höllen, keine Ratten, keine Hexen, keine weiblichen Teufel und kein Tal der Tränen. Auf Erden gibt es keine so reinen Edelsteine wie jene, die im Weltsystem des Paradieses existieren. Jenes Weltsystem des Paradieses, mein Josef, strömt viele Düfte aus, ist reich an Rosen und Äpfeln, ist geschmückt mit Juwelenbäumen, in denen Scharen von Turteltauben gurren und Chöre von Nachtigallen flöten. Diese Vögel sind von der Wunderkraft des Herrn Jesus herbeigeschafft. Und diese Juwelenbäume, mein Josef, sind bunt wie der Regenbogen. Die Bäume des Paradieses sind aus Gold, Silber, Beryll, Kristall, Korallen, roten Perlen und Smaragden. Neben den Juwelenbäumen sind auch Dickichte von Bananenbäumen da und Palmenhaine, die aus Seide bestehen, sie wachsen überall im Jesusland. Auf allen Seiten ist das Paradies mit einem goldenen Netz umfangen und überall bedeckt mit Rosen, Lilien und Lotos Nymphäa. Manche Schoschoanna-Blume hat einen Umfang von sieben Metern, andre bis zu dreizehn Metern. Und von jeder Schoschanna-Rose gehen Sonnenstrahlen aus. Und am Ende der Sonnenstrahlen erscheint in tausend Formen Jesus im goldenen Körper des Gottmenschen, und Jesus legt allen Menschengöttern den katholischen Glauben aus. Und weiter, mein Josef, gibt es in diesem Jesusland keine Pyrenäen und kein Atlasgebirge und keine Alpen, sondern das Jesusland ist überall eben wie Friesland. Und in allen Gegenden enthält die Erde Gold und Diamanten. Und viele Flüsse fließen in diesem Weltsystem des Paradieses. Es gibt dort Flüsse ähnlich dem Rhein. Alle Flüsse fließen ganz ruhig dahin. Ihr Wasser duftet wie Rosenöl. Es treiben Lotosblumen auf den Wassern, in deren Kelchen Juwelen stecken. Und die Lotosblumen tönen wie das Gurren der Turteltauben. Und der Gesang der himmlischen Flüsse ist schön wie die Musik von himmlischen Harfen und Psaltern. Die Musik ist aufmerksam, heilerregend und tief, rein, den Ohren schmeichelnd, das Herz bewegend, süß und lieblich, und man wird dieser Musik niemals müde und man hört die Musik so gerne wie die Worte: Ewigkeit, Ruhe, Verschmelzung mit Gott. Und die Ufer jener Flüsse, mein Josef, sind mit Juwelenbäumen bestanden und von ihren Kronen hängen weiße Blüten herab, die berauschend duften, und Früchte voll von süßem Nektar. Und wenn die Menschengötter sich in fröhlichen Spielen voll himmlischer Freude an jenen Ufern ergehen wollen, dann baden sie in den Flüssen, und das Wasser steigt ihnen bis zu den Brüsten. Und darüber freuen sich die Menschengötter mit fröhlicher Freude. Wenn die Menschengötter ein warmes Bad wünschen, ist das Wasser warm, und wenn sie ein kühles Bad wünschen, ist das Wasser kühl. Und die Flüsse fließen dahin mit Seerosen und Duft von Rosenöl und Gesang von Nachtigallen. Auf dem Grund des Flusses liegt goldener Sand. Und alle Wünsche, die den Menschengöttern einfallen, werden erfüllt. Und der schöne Gesang, der von jenen Flüssen ausgeht, reicht hinein in das ganze Jesusland, in alle Provinzen. Jeder hört die lieblichen Töne, die er zu hören wünscht, er hört Lieder über Jesus, die Wahrheit, die sieben Tugenden, die Energien des Geistes, die Philosophie, die Wunder, die Erlösung, die Ewigkeit, den Frieden, die Ruhe, die Freude, die Jungfräulichkeit und die Schöpfung. Und nirgends in diesem paradiesischen Weltsystem hört man Lieder von unnatürlichen und unbeherrschten Begierden, von gebrochenen Herzen und vom Wahnsinn. Vom Leiden hört man hier nichts und nichts von Langeweile und nichts von Torheit und Oberflächlichkeit. Und darum, mein Josef, nennen die alten Dichter dieses Paradies die Insel der Glückseligen. Aber das sind alles nur Andeutungen, es bräuchte Ewigkeiten, das Paradies zu beschreiben. Die erlösten Menschen werden selig sein wie Götter, Menschengötter der Kraft und Weisheit und Liebe. Sie erfreuen sich der reinsten Kleider und des kostbarsten Schmuckes, wunderschöner Parkanlagen und romantischer Gärten, Lustschlösser und Elfenbeintürme, und sie essen dort keine grobe Speise wie Gemüsesuppe oder Zucker, sondern sie brauchen sich nur eine Speise zu wünschen und schon haben sie das Gefühl, dass sie essen und satt werden an Körper und Geist, ohne dass sie Speise zu sich nehmen müssen. Und dann werden sie sich Düfte wünschen wie Parfüm von Ylang-Ylang und das ganze Jesusland wird von betörenden Düften erfüllt. Doch wenn jemand den Duft nicht riechen möchte, so riecht er ihn nicht. Auf dieselbe Weise wünschen sie sich Fahnen, Musikinstrumente und Schmuck, und alles Gewünschte ist gleich da. Wünscht sich einer ein Lustschloß mit großen Zimmern und Spiegelsäälen, Parkanlagen und Teichen und bequemen Sofas und breiten Betten mit weichsten Kissen, so ist es alles da. Und in dem Lustschloß leben viele himmlische Jungfraun von göttlicher Schönheit und ewigem Liebreiz und spielen dort und ergötzen sich an allen Freuden und Wonnen der Liebe.
Und das ist das Paradies des Ewigen Lebens, dahin ich jetzt, wie versprochen, deine geliebte Freundin Anna Bellissima führe. So sprach Maria. Dann verschwand die Vision. Die drei Göttinnen waren wieder unsichtbar geworden. Ich weinte, und um Mitternacht betete ich einen Rosenkranz.