Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

REQUIEM FÜR PRINZESSIN DIANA






Von Josef Maria Mayer

Auf historische Genauigkeit wurde in dieser Fabel keine Rücksicht genommen.


ERSTE SZENE


(Frances Spencer, die Mutter der Prinzessin, mit ihren beiden Töchtern Jane und Sarah.)

JANE
O Mutter, nun Diana ist Prinzessin,
Denkst du an ihre Kindheit denn noch oft?
FRANCES
Mein Gatte Edmund, als er noch mein Mann war,
Er wollte, dass ich einen Sohn gebäre.
Zwei Töchter hab ich ihm zuerst geboren,
Ich habe Jane und Sarah ihm geboren.
SARAH
War er enttäuscht, dass wir nur Mädchen waren?
FRANCES
Nein, sondern voller Freude über euch
Der Vater Edmund und die Mutter Frances
Euch ließen taufen auf den Namen Jesu.
JANE
Doch Vater wollte einen Sohn als Erben.
FRANCES
Wir waren jung, noch blühend unsre Leiber,
Noch war mein benedeiter Schoß ja fruchtbar,
Ich war nach kurzer Zeit auch wieder schwanger.
SARAH
Da kamst du also mit Diana nieder?
FRANCES
Nein, sondern ich hab einen Sohn geboren!
JANE
Da war wohl Vater Edmund voller Glück?
FRANCES
Ja, da war voller Freude Vater Edmund,
Doch kurz nach der Geburt ist unser Sohn
Gestorben. Ach, zu kurz war unser Glück,
Wie voller Kummer war doch euer Vater
Und machte insgeheim mir einen Vorwurf,
Daß ich zwei Töchter lebend ihm geboren
Und einen Sohn und Erben tot gebäre.
SARAH
Doch ob ein Kind geboren wird und ob
Es dann ein Mädchen oder Junge ist
Und ob das Kind dann lebensfähig ist
Und ob es stirbt, das liegt in Gottes Hand.
FRANCES
Mein Gatte Edmund aber sagte immer:
Du, Frances, sollst mir einen Sohn gebären,
Gebären einen Knaben, der gesund ist,
Der meinen Adelstitel erben kann.
SARAH
Warst du da traurig wegen seinem Drängen?
FRANCES
Ich selber wollte auch ja einen Sohn!
Und als ich endlich wieder schwanger ward,
Da waren wir so voller Hoffnungsfreude,
Daß Gott der Herr uns einen Knaben schenke!
JANE
Gott aber schenkte damals euch Diana?
FRANCES
Ja, Gott verzeih mir, doch ich war enttäuscht!
Der Schöpfer schenkte mir die Frucht des Leibes,
Ich aber wollte ja nur einen Knaben!
Dies Kindlein, diese Leibesfrucht Diana,
War eine mächtige Enttäuschung nur,
Wir freuten uns so gar nicht über sie!
SARAH
Und darum trennte Vater Edmund sich
Von dir, weil du ihm keinen Sohn geboren?
FRANCES
Mein Gatte Edmund jagte mich davon!
Drei Töchter hatte er von mir und nahm
Mir alle meine Töchter weg und nahm
Den Töchtern ihre eigne Mutter weg,
Diana gab er einer Gouvernante.
JANE
Diana mochte diese Gouvernante.
FRANCES
Ja, sie hat ihre Amme mehr geliebt
Als ihre eigne Mutter, denn sie dachte:
Die eigne Mutter hat mich nicht gewollt!
Sie hat die Gouvernante angebetet
Und für die Kinderliebe sie geliebt.
Von dieser Gouvernante Kinderliebe
Diana lernte selbst die Kinderliebe.
SARAH
Doch Vater Edmund blieb ja nicht allein,
Er holte eine Freundin in sein Haus.
FRANCES
Stiefmütterchen des Märchens, böses Weib,
Diana hat des Vaters neue Freundin
Von Herzen abgelehnt, abscheulich fand
Sie dieses Weib, die wollte Gattin sein
Des Vaters, aber ohne Mutterliebe
Für Vaters kleine Tochter zu empfinden.
JANE
Was lernte wohl Diana aus der Kindheit?
FRANCES
Diana lernte aus der Kindheit, dass
Sie selbst nicht lebenswertes Leben sei,
Ist selbst nicht liebenswert und nicht geliebt,
Daß diese Welt ist voller Lug und Trug
Und dass die Erde keine Heimat sei.


ZWEITE SZENE


(Zwei Jugendfreundinnen der Prinzessin.)

ERSTE FREUNDIN
Nun unsre Freundin wurde zur Prinzessin,
Ich denke an die liebliche Diana.
ZWEITE FREUNDIN
Ja, wie wir nach dem strengen Internat
Zusammen lebten in der Wohngemeinschaft.
ERSTE
Denkst du noch gern zurück an unsre Schulzeit?
ZWEITE
Diana war nicht groß im Intellekt,
Doch war sie eine wahre Badenixe.
ERSTE
Ja, wer sie sah im blauen Wasser baden,
Der dachte, dass er eine Nymphe sähe,
So eine griechische Najade schwimmen.
ZWEITE
Ihr schlanker Körper pfeilte durch das Wasser,
Auch war sie schön wie eine junge Venus.
ERSTE
Ja, schön wie eine Venus, reine Jungfrau,
Sie war ja keine von den Buhlerinnen.
ZWEITE
Als wir zusammen in der Wohngemeinschaft
Als Mädchen lebten, fast wie Klosterschwestern,
Wie junge Nonnen eines Frauenordens,
Hast du den Intellekt denn je vermisst
Bei unsrer lieblichen Diana damals?
ERSTE
Nicht in der Theorie und Wissenschaft
Lag ihre Stärke. Eine andre Weisheit
Besaß Diana, eine Herzensweisheit.
In ihren Emotionen war sie klug
Und hatte Mitgefühl mit allen Schwestern.
ZWEITE
Ja, Empathie war ihre Herzensweisheit.
ERSTE
Das ist ja die besondre Frauenweisheit,
Das Menschliche zu lieben, alles Leben
Zu lieben und zu hegen und zu fördern.
ZWEITE
Die Männer mögen in der Theorie
Den Intellekt betätigen und den Verstand,
Doch wenn den Männern fehlt die Herzenswärme,
Wird einem kalt beim männlichen Verstand.
ERSTE
Mit einem Worte: Sie war eine Seele!
ZWEITE
Diana war ein ganz besondres Wesen!
ERSTE
Obwohl sie eine reine Jungfrau war
Und keusch und unberührt vor ihrer Ehe,
War sie als Jungfrau doch schon mütterlich,
Ja, sozusagen eine Jungfraumutter.
Zwar ihre Mutterschaft war da nicht leiblich
Und doch von mütterlichem Wesen war
Da ihre geistige Gesinnung, als
Sie Babysitterin in London war.
ZWEITE
Die Babys andrer Mütter nahm sie an
Als wären es die eignen Leibesfrüchte.
ERSTE
Ich glaube, weil sie selbst als kleines Kind
Sich nicht geliebt gefühlt von ihrer Mutter,
Drum fühlte sie mit diesen kleinen Babys
Und wollte ihnen Mutterliebe schenken.
ZWEITE
Ja, weil ihr selbst die Mutterliebe fehlte,
So wusste sie, wie wichtig diese Liebe,
Und dass die Babys in den ersten Jahren
So sehr nichts brauchen wie die Mutterliebe.
ERSTE
Der Jungfrau Herz war voller Mutterliebe,
So groß war ihre Mutterliebe, dass
Sie nicht ein Baby hüten wollte nur,
Nein, lieber einen ganzen Kindergarten!
ZWEITE
Wir Freundinnen, die wir wie Schwestern waren,
Zusammen lebten wie Novizinnen,
Wir konnten Tag für Tag Diana sehen
Bei ihrer Arbeit in dem Kindergarten.
Das war nicht nur Beruf zum Geldverdienen,
Das war Berufung zu der Mutterschaft.
ERSTE
Nicht jede Frau ist zwar berufen zur
Gelebten Mutterschaft in der Familie,
Doch wer als Jungfrau lebt zur Ehre Gottes,
Ist doch berufen auch zur Mutterschaft,
Die muß nicht leiblich sein, die kann auch geistig
Sich breiten über alle Menschenkinder.
ZWEITE
Die Männer lieben meist die toten Dinge,
Abstrakte Theorien kühl und sachlich,
Wir Frauen aber können Mütter werden,
Zusammen mit dem Schöpfer Leben schaffen,
Im Leibe fähig zu der Mutterschaft
Ist unsre Seele mütterlicher Art
Und liebt besonders das Lebendige
Und hegt und pflegt das Leben, liebt die Kleinen
Und ist barmherzig zu den Kranken, Armen.
Der Frauen Wesen ist Barmherzigkeit.


DRITTE SZENE


(Prinz Charles, Sohn der Königin Elisabeth, kommend von einer Fuchsjagd.)

CHARLES
Camilla ist ein schönes Frauenzimmer.
Die Königin und auch der ganze Hof
Entzückt ist von der lieblichen Diana,
Die aufgefallen ist dem ganzen Hof
Durch ihren Anstand, ihre Artigkeit,
Und alle wollen, dass ich ihr begegne,
Man arrangiert ein Treffen, also heute
Soll ich die junge Dame sehen, die
In London einen Kindergarten leitet.
Hier steh ich also vor dem Kindergarten,
Gleich läuten alle Glocken zu der Sext.

(Die Jungfrau Diana tritt aus dem Kindergarten. Sie trägt ein langes weißes Seidenkleid. Auf dem Arm trägt sie einen kleinen blonden Knaben. Der Himmel über ihr ist bewölkt, aber eben, da die Glocken zur Sext läuten, teilen sich die Wolken und die Sonne strahlt im Zenit. Die Jungfrau Diana mit dem Knaben auf dem Arm wird umleuchtet vom Sonnenlicht. Das Sonnenlicht durchleuchtet ihr weißes Seidenkleid, so dass das Kleid transparent wirkt.)

DIANA
Mein Prinz! Was wünscht mein Prinz von seiner Magd?
CHARLES
O Demut, eine Magd nennst du dich selber
Und scheinst doch eine Himmelskönigin!
DIANA
Ich bin nur eine Kindergärtnerin,
Mein Vater zwar stammt ab von altem Adel,
Ein Mädchen bin ich nur von sechzehn Jahren
Und wollt doch meinen Prinzen glücklich sehen,
Wenn ich es selber auch nicht wagen darf
Zu denken, dass ich glücklich machen könnte
Den Prinzen, der einst Englands König sein soll.
CHARLES
Zwar königliche Hoheit nennt man mich,
Doch bin ich nicht ein Funktionär des Staates.
Ein Mann bin ich mit einem Herzen, der
Auf Liebe hofft – was immer Liebe ist.
DIANA
Die Liebe einer Mutter zu den Kindern
Ist Brot, ist Kinderseelen Himmelsspeise.
Die Liebe einer Freundin zu der Freundin
Ist Seelenzwillingsschwesterschaft, ist Einheit
Im Denken und im Fühlen. Und die Liebe
Des Mannes zu der Frau – was weißt du, Charles,
Was weißt du von des Mannes Frauenliebe?
CHARLES
Was Dichter von der Liebe sagen, dass
Die ungestillte Liebe größer ist
Als die erfüllte Liebe in der Ehe.
DIANA
Ich glaube aber, dass im Himmel Ehen
Gestiftet werden, dass der Ehebund
Zwei Menschen so vereint, dass sie vereinigt
Ein einig Wesen werden, ähnlich Gott,
Und können mit dem Schöpfer Schöpfer werden.
CHARLES
Und Gott? Diana, was bekennt dein Glaube?
DIANA
Erzogen wurde ich zur Protestantin.
CHARLES
Und vor der Ehe die Jungfräulichkeit
Ist unumstößliches Gesetz für dich?
DIANA
Der Ruhm des Mädchens vor der Ehe ist
Jungfräulichkeit, so ist es Gottes Wille.
CHARLES
Du bist beliebt am Hof, du bist sehr schön,
Bist Jungfrau und als Protestant erzogen.
DIANA
Und was davon bewegt dein Herz am meisten?
CHARLES
Sag, liebst du Pferde? Reitest du auch gerne?
Ich lade dich zum Polo-Spiele ein.
Ich möchte gern dich näher kennenlernen.
Mein Herz – ein Mann muß ein Geheimnis haben.
Das hasst der Mann, wenn Frauen lesen können
In seiner Seele wie im offnen Buch.
DIANA
Mein rätselhafter Prinz! Wie gern wollt ich
Entschlüsseln das Geheimnis deiner Seele!
CHARLES
Du findest deines Prinzen Wohlgefallen.


VIERTE SZENE


(Saint Paul’s Cathedral. Die Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana. Der Erzbischof von Canterbury traut das Paar nach dem Ritus der Kirche von England.)

ERZBISCHOF
Und wenn ich nun mit Menschenzungen rede
Und wenn ich nun mit Engelszungen rede
Und hätte ich die wahre Liebe nicht,
So wär ich nichts als eine Narrenschelle.
Und könnt ich prophezeien als Prophet
Und wüsst ich die Geheimnisse der Weisheit
Und wüsst ich, wie die Welt entstanden ist
Und wie der Mensch geworden ist und wie
Ein Gott in drei Personen existiert,
Und hätt ich einen felsenfesten Glauben
Und könnte so versetzen große Berge
Und hätte ich die wahre Liebe nicht,
Wär alles Eitelkeit der Eitelkeiten.
Und gäbe alle Güter ich den Armen
Und stürbe ich zuletzt als Marterzeuge
Und hätte ich die wahre Liebe nicht,
So wäre alles sinnlos vor dem Herrn.
Die Liebe ist geduldig, sie ist gütig,
Sie ist nicht eifersüchtig und sie prahlt nicht,
Sie ist nicht stolz und handelt auch nicht taktlos,
Sie trägt nicht nach das Böse, liebt das Recht
Und freut sich über Unrecht nicht, sie freut sich
Vor allem an der Wahrheit, sie erträgt
Die Prüfungen des Lebens und sie glaubt
Den ganzen Glauben, den der Herr gelehrt,
Sie duldet alles in Geduld und hofft
In Ewigkeit auf Gottes große Gnade.
Die Liebe hört nicht auf. Prophetentum
Und Zungenrede werden einst verstummen,
All die Erkenntnis ist auch nur ein Stückwerk
Und auch ein Stückwerk das Prophetentum.
Doch wenn dann das Vollkommne kommt, dann wird
Das Stückwerk abgetan. Als ich ein Kind war,
Da sprach und dachte ich auch wie ein Kind.
Jetzt, da ich aber Mann geworden bin,
Da leg ich alles ab, was kindisch ist.
Jetzt sehn wir alles wie durch einen Schleier,
Einst aber schaue ich das Angesicht.
Dann werde ich erkennen Gott den Herrn,
Wie Gott der Herr auch mich schon jetzt erkennt.
Wir haben Glauben jetzt und haben Hoffnung
Und Liebe, doch allein die Liebe bleibt.
Zwei Schwestern sind der Glaube und die Hoffnung,
Das schönste Mädchen aber ist die Liebe!
CHOR
O großer Gott, o Herr, wir loben dich,
Wir preisen deine große Macht und Kraft,
Vor dir verneigen Himmel sich und Erde
Und staunen deine Wunderwerke an!
ERZBISCHOF
Charles, willst du die jungfräuliche Diana
Vor Gott zu deiner Ehegattin nehmen
Und ehren sie und achten sie und lieben
In guten wie in schlechten Zeiten und
Ihr treu sein, bis der Tod euch scheiden wird?
CHARLES
Ich will. Ich nehm Diana zur Gemahlin.
ERZBISCHOF
Und du, jungfräuliche Diana, willst
Du Charles, den Prinzen, zum Gemahle nehmen?
DIANA
Ja! Ja, ich will, mit Gottes treuer Hilfe.
ERZBISCHOF
Prinz Charles, du darfst jetzt deine Gattin küssen.

(Sie küssen sich.)

CHARLES
(flüstert)
Jetzt will ich führen dich zu deiner Pflicht,
Als königliche Hoheit sollst du für
Das Volk von England deine Arbeit tun.
DIANA
(flüstert)
Millionen Menschen schauen uns jetzt zu,
Das ist die schlimmste Stunde meines Lebens.
KÖNIGIN ELISABTH
(flüstert ihrem Sohn zu)
Bist du verliebt auch in Diana, Charles?
CHARLES
(flüstert)
Was man Verliebtheit nennt! Was ist denn schon
Verliebtheit? Denk dir deinen eignen Teil!
ERZBISCHOF
Prinz Charles und Lady und Prinzess Diana,
Ihr seid vor Gott dem Herrn ein Ehepaar.
Gesegnet seid von Gott und Englands Kirche
Und allen Völkern von Britannias Zunge.
CHOR
So lobt den Herrn, den König aller Ehren,
Lasst Lobgesang zu euren Harfen schallen!


FÜNFTE SZENE


(Prinzessin Diana und die Republikaner Australiens.)

DIANA
Wo immer man Britannias Zunge spricht,
Dort ist das Reich von Englands Königin.
Ich bin hier als Vertreterin des Thrones,
Als Stellvertreterin der Königin.
REPUBLIKANER
Wir wollen, dass das Volk jetzt selbst regiert.
DIANA
Beginnen wir beim großen Meister Platon,
Der doch bevorzugt hat die Monarchie.
Dann denken wir auch an Ben Jonson, der
Dem Hof gedient von Englands Königshaus.
Der deutsche Dichter Goethe hat bevorzugt
Die Monarchie vorm Volk der Liberalen.
REPUBLIKANER
Wir wollen, dass die Menschen unsres Volkes
Sich die Regierung selber wählen, die
Die Interessen unsres Volks vertreten.
DIANA
Vier Jahre dann regiert euch die Regierung,
Dann wählt ihr neu. Dann kommt die Opposition.
So schwankt ihr immer zwischen der Regierung
Und ihrer Opposition, die eine wählt ihr,
Wenn sie euch schlecht regieren, wählt ihr dann
Die andern, die es auch nicht besser machen.
REPUBLIKANER
So müssen die Parteien sich bemühen
Im Wettstreit um die Gunst des Volkes, dass
Sie die Interessen ihres Volkes wahrhaft
Vertreten, dass sie klug politisch handeln.
DIANA
Doch die Partei, die dann an der Regierung
Gerade ist, die wird nichts unternehmen,
Was dem Geschmack des Volkes ist zuwider.
Sie machen ihre Politik nur so,
Daß bei den nächsten Wahlen wieder sie
Die Stimmen der Bevölkerung gewinnen.
So kann man nicht in Weisheit herrschen, so
Ist man ein Knecht der Launen nur des Volkes.
Projekte in der Politik, Jahrzehnte
Voraus bedacht, die werden umgestürzt
Beim nächsten Wahltermin, Kurzsichtigkeit,
Kurzatmigkeit bestimmt die Politik.
REPUBLIKANER
Das klingt vernünftig, o Prinzeß Diana.
DIANA
Ich habe in Neuseeland so gesprochen.
REPUBLIKANER
Neuseelands und Australiens Völker jubeln
Dir fröhlich zu, der englischen Diana,
Nicht nur Neuseeland und Australien jubeln
Dir zu, auch Nordamerika begeistert
War von dem Charme und Liebreiz der Prinzessin.
DIANA
Ja, Nordamerika war wie ein Tänzer,
Der tanzte mit der englischen Prinzessin.
REPUBLIKANER
Wie kommt es, königliche Hoheit, denn,
Daß du, Diana, in der ganzen Welt
Vertrittst die Monarchie Britannias, während
Prinz Charles allein bei seinen Pferden bleibt?
DIANA
Der Prinz ist eifersüchtig auf die Frau,
Die Weltberühmte, die Ikone Englands.
Er straft, indem er Liebe mir verweigert,
Er geht jetzt lieber beim Gestüt spazieren
Mit seiner Jugendfreundin, der Camilla.
REPUBLIKANER
Bei Demokraten ist es üblich, dass
Der Führer der Partei im Alter sich
Ein neues junges Mädchen holt ins Bett.
DIANA
Die Kirche aber hält die Ehe heilig.
REPUBLIKANER
Wir haben aber ein Gerücht gehört,
Leibwächter haben uns erzählt, dass du
Auch außerehelichen Beischlaf hattest.
DIANA
Zwei Söhne habe ich geboren, zwei
Kronprinzen, Söhne meines Ehemannes.
REPUBLIKANER
Ist unsre königliche Hoheit glücklich?
DIANA
Als ich mit meinen Söhnen niederkam,
Die postnatale Depression befiel
Mein mütterliches Herz, ich wurde traurig,
Ich weinte nur noch, musste immer weinen,
Ein Schwert durchbohrte meine Seele da,
In meinem Herzen steckten sieben Schwerter.
REPUBLIKANER
Wie können wir dich trösten, o Diana?
DIANA
Neuseelands Jubel und Australiens Jauchzen
Und auch der Tanz mit Nordamerika,
Die Liebe aller Menschen tröstet mich.
Wenn ich jedoch allein bin und verlassen,
Dann wein ich wieder. Gott zählt meine Tränen!


SECHSTE SZENE

(Prinz Charles und Prinzessin Diana in ihrem Gemach.)

CHARLES
Du denkst nur an den Ruhm noch in der Welt,
Daß dir die Menschheit applaudiert, Diana,
Das ist dir wichtig, aber nicht dein Mann.
DIANA
Ja, hätte ich doch einen Ehemann!
Doch seit die Welt mir applaudiert und jubelt,
Ziehst du dich in die Einsamkeit zurück.
CHARLES
Wenn ich mit dir nur reden könnte, aber
Du sprichst ja lieber mit der ganzen Menschheit.
DIANA
Du selber hast bei unsrer Hochzeit mir
Die Pflicht gezeigt, fürs Wohl der Welt zu wirken.
CHARLES
Zuerst doch für das Wohl des Ehemannes.
DIANA
Zwei Söhne hab ich dir geschenkt, zwei Söhne,
Ob ich nach der Geburt auch leiden musste.
CHARLES
Ja, du und deine Depressionen immer,
Ich will von deinem Jammer nichts mehr hören.
DIANA
Ach, wenn du wüsstest, wie verlassen ich
Mich fühle, von dem eignen Mann verlassen,
Verlassen von der Königin, dem Hof!
CHARLES
Zuletzt auch von dem lieben Gott verlassen?
DIANA
Ja, gottverlassen bin ich, das ist wahr,
Du kannst die Schmerzen ja nicht nachempfinden.
CHARLES
Das möchte ich auch nicht. Camilla denkt
Nicht nur an ihre eignen Seelenschmerzen,
Sie kreist nicht immer um ihr eignes Leid,
Sie kümmert sich sehr gut um meine Seele.
DIANA
Du gibst es zu, dass du mich schon verlassen
Im Herzen hast, mich ganz allein gelassen,
Daß ich allein mit meinem Elend bin
Und du, dieweil ich schlimmste Schmerzen leide,
Dich froh an einer andern Frau ergötzt.
CHARLES
Ich geb es zu, dass ich mich gut verstehe
Mit der vernünftigen Camilla, mehr
Als mit der immerleidenden Diana.
DIANA
Und so vermehrst du meine Seelenschmerzen!
In guten wie in schlechten Zeiten wolltest
Du treu mich achten, ehren und mich lieben!
CHARLES
Und du, du liebst dich selber nur, Diana,
Du badest dich in dem Applaus der Welt,
Der ganzen Menschheit dienst du als Geliebte
Und freust dich, wenn du angebetet wirst!
DIANA
Weil du mich längst verlassen hast und lieblos
Mich ganz allein in meinem Dunkel lässt,
Wirfst du mir vor, dass mich die Menschheit tröstet?
Du tröstest dich ja auch bei deiner Freundin.
CHARLES
Sie tröstet mich, Camilla tröstet mich,
Denn für Camilla bin ich Englands König.
DIANA
Wie tröstet sie dich denn? Wie weit geht schon
Der Trost Camillas, den sie dir gespendet?
CHARLES
Du bist ja gar nicht liebesfähig mehr,
Am Tag die strahlende Prinzessin du
Und Angebetete der ganzen Welt
Und in den dunklen Nächten weinst du einsam
Und schwemmst dein Bett allein mit Tränen.
DIANA
Camilla schwemmt ihr Bett mit Tränen nicht?
CHARLES
Camilla schwemmt ihr Bett mit Liebeswonnen!
DIANA
Im ehebrecherischen Bett genießt du
Die Liebeswonnen deiner Jugendfreundin,
Dieweil dein Eheweib in Tränen liegt?
CHARLES
Ja, ich genoss Camillas Liebeswonnen!

(Diana greift zu einem Messer, das auf einem Tischchen liegt, und schneidet sich Brüste und Schenkel blutig.)

DIANA
Ich hasse mich! Ich hasse dieses Leben!
CHARLES
Hör auf mit diesem Wahnsinn! Selbstmord ists,
Was Judas von Iskariothes tat!
DIANA
Ja, wer am Abgrund steht, der hört den Spötter:
Den, der am Abgrund steht, den stoßt hinab!


SIEBENTE SZENE


(Prinz Charles, Königin Elisabeth, Lady Diana.)

DIANA
Ich kann es länger nicht ertragen, Charles,
Mit dir den Tisch und auch das Bett zu teilen.
Ich will mich trennen. Stimmst du dem nun zu?
CHARLES
Wenn ich mit meinem Herzen bei Camilla
In jedem Augenblicke bin, so kann ich
Mit dir nicht teilen Tisch und Bett, Diana,
Und darum stimm ich unsrer Trennung zu.
ELISABETH
Ich stimm der Trennung nicht zu! Lieben!
Was soll das Volk von England denken, wenn
Der Prinz und die Prinzessin nun sich trennen?
Sie werden fragen: Warum muss das sein?
CHARLES
Die Journalisten werden forschen, bis
Das ganz Private öffentlich geworden.
DIANA
Das Volk von England gibt dann mir die Schuld,
Dabei hat Charles die Ehe doch gebrochen.
ELISABETH
Das spielt doch keine Rolle. Das Private
Im königlichen Schlafgemach gehört
Nicht in die öffentlichen Zeitungsblätter.
DIANA
O Königin, dass mich dein Sohn betrogen
Und mit Camilla brach die Ehe, das
Soll ich wohl schweigend schlucken, Königin?
ELISABETH
Genug davon. Ich will nichts davon hören.
Nun, wenn es sein muß, stimme ich der Trennung
Von Tisch und Bett auf eine Weile zu,
Doch nie und nimmer einer Ehescheidung!
Ich bin ja doch das Oberhaupt der Kirche,
Die König Heinrich einst begründet hat
Und Königin Elisabeth die Große
Hat auch geführt die Kirche Englands, ich
Als Oberhaupt der Kirche Englands dulde
Nicht eine Ehescheidung, denn das ist
Im Sinn des Evangeliums doch Sünde.
Ich habt vor Gott das Ja-Wort euch gegeben
Und Treue euch geschworen allezeit.
DIANA
Charles hat ja diese Treue grad gebrochen.
Ich aber soll dann vor dem Volk von England
Als öffentliche Sünderin dastehen?
ELISABETH
Ihr trennt euch, doch ihr scheidet nicht die Ehe!

(Elisabeth und Charles ab.)

DIANA
Wenn sich der Prinz und die Prinzessin trennen,
Dann wird der Königshof das Volk von England
Belügen und betrügen, ich sei schuld,
Ich wäre fremd gegangen, außerhalb
Der Ehe hätte ich den Bodygard
Ins ehebrecherische Bett gelassen.
Und wenn man dieses Urteil erst gestreut,
Dann würde man auch Wege finden, um
Den Bodygard zu töten. Alle Welt
Ist jetzt begeistert von Diana, Schwärmer
Verehren mich auf dem Parkett der Welt
Und nennen mich Ikone von Britannien,
Keusch wie Elisabeth, die reine Jungfrau,
Elisabeth, die Jungfraunkönigin,
Die Edmund Spenser als Eliza pries,
Als Gloriana, Elfenkönigin.
Wenn mich der Königshof mit Schmutz bewirft
Und meine Ehre in den Dreck zieht, dass
Ich eine öffentliche Sünderin
Erscheine wie Maria Magdalena,
Und dann den Stab bricht über mir das Volk,
Die Schmach und Schande überlebt ich nicht.
In jeder Zeitung soll die Wahrheit stehen,
Daß Charles die Ehe brach, dass Charles Camilla
Vor unsrer Ehe schon geliebt und in
Und während unsrer Ehe auch geliebt
Und Liebe wie ein Dichter ihr gestanden
Am Telefon, ins Ohr geflüstert ihr,
Daß er sie liebe mehr als seine Frau,
Daß er sie liebe und es nicht bereue,
Daß er im ehebrecherischen Bett
Den Ehebruch vollzogen mit Camilla.
Das soll das Volk von England wissen, das
Soll alle Welt erkennen, dass nicht ich
Die Ehe brach, das soll die Menschheit wissen,
Vorm Richterstuhl der Weltgeschichte sollen
Als Zeugnis liegen seine Liebesbriefe,
Die er in ehebrecherischer Unzucht
Der vielgeliebten Konkubine schrieb.
Das macht mich krank! Das treibt mich in den Wahnsinn!
Verlassen von dem ganzen Königshof,
Verlassen von der Königin, vom Prinzen,
Bemakelt vor der Welt, der ganzen Menschheit,
Ja, öffentlich dem Schandpfahl preisgegeben!
Ich hasse dieses Leben! Wär ich tot!
Ach wär ich nie geboren! Wär ich nichts!
Ach, hätte Gott der Herr mich nie geschaffen!

(Sie weint bitterlich.)


ACHTE SZENE


(Königin Elisabeth, der Erzbischof von Canterbury, Prinz Charles, Prinzessin Diana.)

ELISABETH
Diana, dass dein Mann die Ehe brach,
Das ist zwar schlimm, doch soll man drüber schweigen,
Die Frau ertrage das und schweige still.
Doch dass du öffentlich bekannt gemacht
Im Schmutz des Zeitungswaldes diese Briefe,
Die Charles Camilla schrieb in seiner Torheit,
Das ist nicht zu verzeihen. So hast du
Der Monarchie und Englands Thron geschadet.
ERZBISCHOF
Die Königin Elisabeth und ich,
Der Erzbischof von Canterbury, sind
Der Meinung, dass das Fundament der Ehe
Zerstört ist, das Vertrauen ist gestört,
Die Liebe ist dahin. Der Prinz kann nicht
Einst König sein mit einer Königin,
Die in der Zeitung seine Schwäche bloßstellt.
Zum Wohl der Monarchie und Englands Thron
Stimmt unsre Kirche eurer Scheidung zu.
DIANA
Ich stimme dieser Ehescheidung zu.
CHARLES
Du wirst dich nicht Prinzessin weiter nennen,
Nicht königliche Hoheit wirst du weiter
Genannt, Diana, die Prinzeß von Wales,
Von Wales die königliche Hoheit ist
Jetzt nur Diana Frances Spencer noch.
DIANA
Und mein Vermögen, was wird daraus werden?
CHARLES
Ein kleiner Teil verbleibt dir noch, genug,
Ein angenehmes Leben dir zu machen.
ERZBISCHOF
Zwar Jesus wollte nicht die Ehescheidung,
Doch auch der Papst kann eine Ehe lösen,
Nun sind wir Protestanten, unsre Kirche
Wird von der Königin geführt und mir,
Und also seid ihr jetzt geschiedne Leute.
DIANA
Charles, werde glücklich mit Camilla, Charles.
CHARLES
Ich wünsche Tröstung deiner Depression,
Doch suche keine Tröstung beim Champagner!

(Königin, Erzbischof und Prinz ab.)

DIANA
(allein)
Nein, Königin von England will ich nicht
Mehr werden, aber Königin der Herzen,
Ja, Königin des Herzens aller Menschen.
Doch ach, ich bin die Königin der Schmerzen!
Ich hasse meinen eignen schlanken Körper!
Zwar muß ich essen, aber diese Speise
Ich speie aus! Ich hasse meinen Körper!
Die Menschen, ach, sie sagen: Sie ist schlank,
Sie ist so graziös wie eine Grazie,
Wie eine Charitin so schlank und schmal,
Wie eine Palme aus dem Garten Eden!
Schön, aber wissen diese Menschen auch,
Daß ich an einer schlimmen Krankheit leide?
Simone Vespucciani war die Venus
Der Renaissance, sie aber litt an Schwindsucht!
Der Venus Schwindsucht in der Renaissance
Ist heute der Diana Bulimie!
Ja, schrecklich ist das Wort: Die Bulimie
Ist gar nicht appetitlich, wenn ein Mädchen,
Um schlank zu sein wie eine Dattelpalme
Und weil sie ihren eignen Körper hasst,
Die ganze Speise ausspeit ins Klosett!
Die Venus, die frigide ist, die malten
Die Maler, wie sie frierend aus dem Bad kommt,
Die Venus aber, schlank wie eine Palme,
Die speit die Speise nach dem Fressen aus,
Die hat kein Maler je bisher gemalt.
Diana auch von Ephesos, die Dichter
Besangen die Diana oft als Jungfrau,
Als reine Jungfrau und als Große Mutter,
Doch welcher Dichter sang je die Diana,
Die leidet unter schlimmsten Depressionen?
Die Götter Griechenlands sind immer glücklich,
Die Venus immer schön und lebensfroh,
Diana immer keusch und immer rein,
Minerva immer klug und immer tapfer,
Allein Maria Mater Dolorosa
Mit ihrem Schmerzensmanne auf dem Schoß
Versteht mein Leiden, denn auch ich bin tot,
Ich lebe zwar, in Wahrheit bin ich tot,
Auch meine Seele ist gekreuzigt worden,
Auch meine Seele ward vom Schwert durchbohrt,
Auch meine Seele fuhr hinab zur Hölle,
Auch meine Seele kämpfte mit dem Satan,
Auch meine Seele war von Gott verlassen,
Auch meine Seele schmeckte die Verdammnis,
Auch meine Seele bettet sich im Schoß
Marias, Nostra Mater Dolorosa!


NEUNTE SZENE


(Lady Diana in Kalkutta, im Hospiz der heiligen Mutter Teresa, mit derselben.)

DIANA
O Mutter, ich bin auch ja eine Mutter,
Zwei Söhne habe ich geboren und
Vergesse meine Söhne nie und nimmer.
MUTTER TERESA
Die Tochter Zion klagte einst vor Gott:
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
Da sagte Gott der Herr zur Tochter Zion:
Kann eine Mutter denn ihr Kind vergessen?
Und wenn die Mutter selbst ihr Kind vergäße,
Ich Gottheit, ich vergess dich nicht, mein Kind!
DIANA
Gott ist wie eine liebevolle Mutter?
MUTTER TERESA
Gott ist barmherzig. Die Barmherzigkeit
Der Gottheit ist wie viele Mutterschöße.
Die göttliche Barmherzigkeit ist ähnlich
Den Eingeweiden einer Mutter oder
Dem Uterus mit einer Leibesfrucht.
DIANA
Doch Jesus Christus ist ein wahrer Mann!
MUTTER TERESA
Doch Jesus, der barmherzige Erlöser,
In Polen einst zu einer Nonne sprach,
Daß alles, was im Weltall existiert,
In Jesu göttlicher Barmherzigkeit
Verborgen ist noch tiefer, inniger,
Als selbst die Leibesfrucht im Schoß der Mutter.
DIANA
Auch ich bin eine Mutter und ich liebe
Die Söhne, denen Leben ich geschenkt.
MUTTER TERESA
Maria sprach dereinst zu einer Mutter:
Du, liebes Kind, bist selber eine Mutter,
Fünf Söhne trugst du unter deinem Herzen,
Du willst gewiß nicht, dass auch eines nur
Verloren gehe in dem Totenreich,
Bedenke nun, wie ich erst leiden muß,
Die ich die Mutter aller Menschen bin,
Und die ich sehen muß, wie viele Seelen
Verloren gehen in der Unterwelt!
DIANA
Maria ist die Mutter aller Menschen?
Sie, die einst unterm Kreuz gelitten hat,
Die Mater Dolorosa mit dem Sohn?
MUTTER TERESA
Zweitausend Jahre ist es her, dass Jesus
Von Nazareth am Kreuz gestorben ist
Und dass Maria als die Schmerzensmutter
Und Miterlöserin mit ihm gelitten,
Doch Unsre Liebe Frau Maria leidet
Noch heute an den Leiden ihrer Kinder.
Diana, tröste du die Muttergottes!
DIANA
Wie könnte ich die Muttergottes trösten,
Die ich doch selber trostlos traurig bin.
MUTTER TERESA
Du kreise nicht mehr um dein eignes Leiden,
Dein Leid schließ ein im wunden Herzen Jesu,
Kreis um das Leiden Gottes in der Welt!
DIANA
Unfähig ist doch Gott der Herr zum Leiden,
Gott ist doch ewige Glückseligkeit!
MUTTER TERESA
Doch Gott ist Mensch geworden in dem Christus,
Die Gottheit hat die Menschheit angenommen,
Der Menschheit Leiden sind auch Gottes Leiden,
Gott leidet mit der Menschheit voller Mitleid.
Gott in der Menschheit hängt erneut am Kreuz
Und ruft: Mich dürstet, Mensch, nach deiner Liebe!
DIANA
Wie kann ich denn den Gott am Kreuze trösten,
Wie will der Gottmensch denn von mir geliebt sein?
MUTTER TERESA
Die Lieblinge des Höchsten sind die Armen,
Die kleinen Kinder und die Kranken und
Die Sterbenden. Und willst du Jesus lieben,
So liebe Jesus in den kleinen Kindern,
So liebe Jesus in den Armen, Kranken,
So liebe Jesus in den Sterbenden.
DIANA
Woher nehm ich das Übermaß der Liebe?
MUTTER TERESA
Wenn du den Waisenkindern Mutter bist
Und wenn du Sterbenden die Hände hältst,
Wird Gott dich lieben mehr als deine Mutter.
DIANA
Ach, meine Mutter hat mich nicht geliebt!
MUTTER TERESA
Doch Gott ist Caritas, ist große Liebe,
Gott hat nicht nur viel Liebe für Diana,
Gott ist die Liebe für Diana, Gott
Ist nicht nur Liebe unter anderm, sondern
Ist nichts als Liebe, Gott ist nichts als Liebe!


ZEHNTE SZENE


(Lady Diana und ein lepröser Mann, der im Sterbebett liegt.)

DIANA
Verzeih mir, guter Mann, du bist nicht schön.
LEPRÖSER
Ich weiß, das tut mir leid, Prinzessin, dass
Ich dich mit Schönheit nicht erfreuen kann.
DIANA
Ein schöner Mann, ein starker Mann, vielleicht
Ein Bodygard, das hat mich sonst gereizt,
Doch Mitleid regt sich nun in meinem Herzen.
LEPRÖSER
Mit mir hat keiner von den Menschen Mitleid,
Ich hoffe, Gott der Herr hat mit mir Mitleid.
DIANA
Ich ahne, dass es eine andre Liebe
Als Liebe zu dem Schönen gibt, als Eros,
Denn Eros ist die Liebe zu dem Schönen.
LEPRÖSER
Die Jugend und das Leben, das ist schön,
Die Krankheit und der Tod sind aber unschön.
DIANA
Die Mutterliebe, die ihr Kindlein liebt,
Die liebt ja sozusagen noch ihr eignes.
Das Mädchen, das den schönen Jüngling liebt,
Sie liebt vielleicht die eigne Lust allein,
Die dieser Jüngling ihr bereiten kann.
Doch warum fühle ich für dich am Rande
Des Todes hier in diesem Sterbebett
So eine süße und warmherzige
Barmherzigkeit in meinem weichen Herzen?
LEPRÖSER
Ja, wenn ich jung und schön noch wär, Prinzessin,
Ich war in meiner Jugend jung und schön,
Du neigtest dich vielleicht, mich anzubeten,
Vor meinen Reizen fielst du auf die Kniee,
Wenn du dann sagen würdest, du empfändest
Barmherzigkeit für mich, ich würde stolz
Empören mich und sagen, dass ich das
Nicht brauche, dass Barmherzigkeit und Mitleid
Für Schwache ist und nicht für Übermenschen.
Jetzt hat die Krankheit doch mich klein gekriegt,
Barmherzigkeit ist alles, was ich brauch.
DIANA
(umarmt den Leprösen)
Barmherzigkeit und herzliches Erbarmen
Empfinde ich für dich. Lass dich umarmen!
LEPRÖSER
In meiner Jugend war ich Kommunist,
Prinzessin, hätte man mir da erzählt
Von deiner königlichen Hoheit, hätte
Ich voll von revolutionärem Zorn
Gesagt: Hängt sie an der Laterne auf!
Die Kommunisten predigen den Hass,
Den revolutionären Hass, sie geben
Den Armen Waffen in die Hand, nicht Brot,
Parolen von dem Paradies auf Erden,
Doch halten sie nicht Sterbenden die Hand.
Ich weiß jetzt erst am Rande meines Todes
Die göttliche Barmherzigkeit zu schätzen.
In meiner Jugend war mir Jesus fremd,
Mein Gegen-Christus war mir damals Lenin.
Jetzt lieg ich hier, ein Wurm mehr als ein Mensch,
Jetzt fühl ich mich wie Jesus Christus selber,
Jetzt ist mir Jesus Christus nicht mehr fremd,
Jetzt bin ich Jesus, Jesus ist jetzt ich!
DIANA
Und wenn ich dich umarme, armes Würmlein,
Umarm ich nicht ein armes Würmlein nur,
In dir umarm ich Jesus Christus selbst!
LEPRÖSER
Bist du nicht bang, du strahlende Prinzessin,
Auch angehaucht zu werden von dem Tod?
DIANA
Ich weiß nicht, ob es wahr ist, was man sagt,
Napoleon, so sagt man, traute sich,
Pestkranke in den Zelten zu berühren.
Nicht, dass Napoleon die Welt erobert,
Hat mich erobert, sondern dass er ruhig
Pestkranken über ihre Stirnen wischte.
LEPRÖSER
Und wenn ich dich nun anhauch mit dem Hauch
Des Todes, wärest du bereit zu sterben?
DIANA
Da ich soeben Jesus selbst umarmte
Und seh des Heilands Angesicht in deinem,
So hab ich keine Angst mehr vor dem Tod.
LEPRÖSER
Ich sterbe bald. Doch du sollst noch den Kindern,
Den Waisen Afrikas zur Mutter werden.
DIANA
Ich will den Waisen eine Mutter werden.
LEPRÖSER
So laß mich jetzt allein. Gott segne dich!


ELFTE SZENE


(Angola. Lady Diana und ein Schwarzafrikaner vor einem Minenfeld.)

AFRIKANER
Schwarzafrika schreit auf zu Gott dem Herrn!
DIANA
Hört Gott in seinem Weltenregiment
Die Schreie auch des schwarzen Afrika?
AFRIKANER
Herr Jesus Christus heute ist ein Kind
In Afrika, ein kleines schwarzes Kind.
DIANA
Die Kinder Afrikas, sie schrein vor Hunger!
AFRIKANER
Der Internationale Währungsfond,
Die Weltbank gibt den Kindern keinen Maisbrei,
Sie denkt ja nur an ihre Diamanten.
DIANA
Der Internationale Währungsfond?
So haben also recht die Kommunisten?
AFRIKANER
Die Kommunisten geben Kindern Waffen.
DIANA
Ich hab gesehn so viele kleine Kinder,
Die von den Minen-Explosionen
Verkrüppelt sind. Ist Jesus jetzt ein Krüppel?
AFRIKANER
Ja, der Gekreuzigte ist jetzt ein Krüppel!
DIANA
Vom Bürgerkrieg die Minen liegen alle
Noch in der schwarzen Erde Afrikas?
AFRIKANER
Die Rüstungsindustrie zwar produziert
Landminen, und die Bürgerkriegsparteien
Landminen graben in den Boden ein,
Und kleine schwarze Kinder Afrikas
Verlieren durch die Bomben ihre Glieder,
Wenn sie nicht gar ihr Leben selbst verlieren,
Doch keiner tut was gegen diese Minen.
Angola ist ein Pulverfass geworden,
Angola bringt die eignen Kinder um!
DIANA
Ich selbst bin eine Mutter und ich weiß,
Daß Kinder erst das Leben herrlich machen.
AFRIKANER
Die Weißen lieben Kinder längst nicht mehr,
Schwarzafrika liebt seine Kinder noch,
Die Weißen töten ihre eignen Kinder
Und wollen, dass auch wir das selbe tun,
Sonst spenden sie nicht mehr der Korruption.
Wenn wir verbieten, Kinder abzutreiben,
Dann gibt uns Nordamerika kein Geld.
DIANA
Was kann ich gegen diese Minen tun?
AFRIKANER
Prinzessin, du bist in der Welt berühmt,
Sprich nur ein Wort, verdamme diese Minen!
DIANA
Mit Worten ist es nicht getan, mein Freund,
Ein Zeichen braucht die Welt, das sichtbar ist,
Die Fernsehbilder sagen heute alles.

(Diana winkt dem Kamerateam von Fernsehjournalisten.)

AFRIKANER
Was hast du vor, du lächelnde Prinzessin?
DIANA
Ihr Journalisten, tut ein gutes Werk
Und filmt mit eurer Fernsehkamera,
Was ich jetzt tu. O Welt, gib acht, gib acht!

(Diana schreitet todesmutig durch ein Minenfeld.)

JOURNALIST
Das habe ich gefilmt, Prinzessin, das
Soll sehn die ganze Welt, dass du
Dein weltberühmtes Herz aufs Spiel gesetzt!
Ich prophezei – obwohl ich Journalist
Und nicht Prophet bin – dass die weiße Welt
Den Atem anhält, wenn sie dieses sieht,
Die lächelnde Prinzessin todesmutig
Das Minenfeld durchschreitend, ja ich sage,
Dass die Regierungen der Welt beschließen,
Die Minen in der Erde zu verbannen.


(Lady Diana kehrt zurück von ihrem Gang durch das Minenfeld. Sie wischt sich den Schweiß von der Stirn.)

AFRIKANER
Diana schreitet durch das Minenfeld!
JOURNALIST
Nobelpreis von dem Komitee des Friedens!
DIANA
Die Menschen können sich nicht Christen nennen,
Wenn sie nicht für die ärmsten Kinder kämpfen!
AFRIKANER
Die für die Kinder Afrikas gekämpft,
Die hat gekämpft für unsern armen Jesus!


ZWÖLFTE SZENE


(Paris, an der Stelle, wo Diana tödlich verunglückte. Eine Woche nach ihrem Tod. Zwei Journalisten.)

ERSTER JOURNALIST
Wir fuhren ihrem Wagen hinterher,
Diana saß in dem Mercedes hinten
Und Dodi war bei ihr, Dianas Freund,
Der Fahrer hatte Alkohol getrunken.
Wir Journalisten jagten hinterher,
Ein Foto zu erhaschen von Diana.
Der Fahrer des Mercedes fuhr sehr schnell,
Sie wollten fliehen vor den Journalisten.
ZWEITER JOURNALIST
Das war was andres doch als eine Fuchsjagd,
Wo Reiter mit den Hunden Füchse jagen.
ERSTER
Als der Mercedes war in voller Fahrt,
Da kam ein Journalistenwagen ihm
Entgegen auf der andern Straßenseite,
Der Journalist wollt auch ein Foto machen
Von Dodi und Diana, und er schoss
Ein Foto in der Nacht, der Blitz jedoch
Des Fotoapparates blendete
Den Fahrer des Mercedes, dass der Fahrer
Vom Weg abkam und einen Unfall baute.
Diana starb nicht gleich am Unfallort,
Sie kam noch in Paris ins Krankenhaus,
Sie starb an inneren Verletzungen.
ZWEITER
Sind ihre letzten Worte überliefert?
ERSTER
Sie stöhnte noch: Mein Gott, ich liebe dich!
ZWEITER
Ich war ja auch bei der Begräbnisfeier,
Man hörte dort das Requiem von Verdi.
Ich sah Diana auch im Sarge liegen,
Gefaltet ihre Hände vor der Brust,
In ihrer Hand hielt sie den Rosenkranz,
Den Sankt Teresa von Kalkutta ihr
Geschenkt. Wer weiß, ob sie ihn oft gebetet?
ERSTER
Ja, Sankt Teresa von Kalkutta, heute,
Grad sieben Tage nach Dianas Tod,
Gestorben ist Teresa von Kalkutta.
ZWEITER
Komm, Kamerad, lass uns den Ort verlassen.

(Journalisten ab. – Geistererscheinung am Unfallort. Die Seele der Prinzessin Diana im langen feuerroten Kleid und die Seele der heiligen Mutter Teresa im langen weißen Kleid, sie begegnen sich.)

SEELE DIANAS
Ich irrte sieben Tage hier herum,
So war verwirrt ich über meinen Tod,
So jäh herausgerissen aus dem Leib,
Unvorbereitet ist die Seele dann
Und findet sich im Tode nicht zurecht.
Ja, sieben Tage blieb ich in Paris,
Jetzt bist auch du gestorben, liebe Mutter?
SEELE DER MUTTER TERESA
Ja, Gott der Herr hat mich auch heimgerufen.
Ich lebte dreißig Jahre in der Nacht,
Der dunklen Nacht der Seele, da ich nichts
Geschmeckt mehr von der süßen Liebe Gottes,
Und doch hab ich geglaubt an Christi Kreuz
Und mich bemüht, den Durst des Herrn zu stillen.
Jetzt ruft der Herr mich in die Seligkeit.
Ich bin gekommen, um dich mitzunehmen.
SEELE DIANAS
Ich darf zu Gott? Ich arme Sünderin?
Jetzt bin ich nicht mehr die Prinzessin, jetzt
Bin ich nur noch die arme Sünderin.
SEELE DER MUTTER TERESA
Diana, komm, wir gehen zu dem Richter
Der Lebenden und Toten, Jesus Christus.
Hab keine Angst, hab keine Angst vor Christus,
Es ist der Jesus der Barmherzigkeit,
Der richten wird uns nach dem Maß der Liebe,
Die wir gelebt in unserm Leben haben.
Ja, unsre Richterin ist Gottes Liebe,
Die göttliche Barmherzigkeit in Christus!
SEELE DIANAS
Ich fühle wie ein Feuer in der Seele
Die Glut der Sehnsucht nach der Liebe Gottes!
SEELE DER MUTTER TERESA
Nimm meine Hand, Diana, meine Tochter,
Ich führe dich zur Mater Caritas,
Du sollst ausruhen in dem Paradies
Und jetzt das wahre Leben erst beginnen.
SEELE DIANAS
O Jesus, laß mich ruhn in deinem Schoß!

(Die beiden Seelen schweben aufwärts.)