Nachgedichtet von Josef Maria Mayer
ANTIGONE
Tragödie von Sophokles
Erster Akt
ERSTE SZENE
ANTIGONE
Ismene, Schwester, meine liebe Schwester! Weißt du, was für ein Übel herrscht über alle, die von Ödipus abstammen? Kennst du ein Übel, das Zeus uns beiden nicht erfüllt, solange wir leben? Da ist kein Schmerz, da ist keine Scham, da ist kein Ruin, da ist keine Entbehrung, die ich nicht gefunden hab in dir und in mir! Und nun, was für ein neues Edikt ist dies, von dem sie sagen, unser Herrscher hab es angeordnet für alle Thebaner? Weißt du davon? Hast du’s gehört? Oder ist es verborgen vor dir, dass unsre Freunde gestraft wurden mit dem Schicksal von Feinden?
ISMENE
Kein Wort von den Freunden, Antigone, schmerzvoll oder fröhlich, ist zu mir gekommen, seit wir beiden Schwestern unserer beiden Brüder beraubt worden sind! An einem Tage sind sie gestorben durch einen zweifachen Todesstoß. Und seit in der letzten Nacht das Heer der Argiver geflohen ist, weiß ich nicht mehr, ob mein Schicksal strahlend ist oder voller Gram!
ANTIGONE
Ich aber weiß es wohl. Und darum versuchte ich, dich jenseits der Pforten des Hofes zu führen, damit du mich allein hörst.
ISMENE
Was ist? Mir ist klar, du brüstest über dunkler Kunde.
ANTIGONE
Hat nicht Kreon unsre Brüder dazu bestimmt, den einen zu ehrenvollem Begräbnis, den andern zur Schmach des Unbegrabenseins? Eteokles, sagt man, wird bei richtiger Beobachtung von Ruhe und Anstand in die Erde gesenkt zu seinem Ruhm bei den Toten drunten. Aber der glücklose Körper von Polynikes, wie das Gerücht sagt, über ihn ward verkündigt der Stadt, dass keiner ihn begraben und keiner ihn beweinen soll! Er soll unbegraben, unbeweint bleiben, ein willkommener Fraß für Raben und Geier, sobald sie ihn erblicken, werden sie ihn als Festmahl verspeisen. So, sagt man, lautet das Edikt, das der herrschende Kreon erließ über uns, ja, auch über mich, und er kommt hierher, um es deutlich zu proklamieren all denen, die es noch nicht kennen. Das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wer dem Edikt nicht Folge leistet, dessen Schicksal ist der Tod durch öffentliche Steinigung! Nun weißt du’s. Und nun wirst du beweisen können, ob du von Adel bist oder die missratene Tochter eines erhabnen Geschlechts.
ISMENE
Arme Schwester, wenn die Dinge so stehen, wie könnt ich helfen durch Tun oder Nichttun?
ANTIGONE
Entscheide, ob du die Tat tun willst mit mir gemeinsam.
ISMENE
In welcher Hinsicht? Was meinst du?
ANTIGONE
Willst du diesen meinen Händen helfen, den Toten ehrenvoll zu erheben?
ISMENE
Damit du ihn bestatten kannst, obwohl das verboten ist allen Thebanern?
ANTIGONE
Ich will meinen Teil tun, und deinen auch, wenn du es nicht für den Bruder tust. Falsch gegen meinen Bruder will ich nicht erfunden werden.
ISMENE
Ach, über die Maßen Tapfere! Aber wenn doch Kreon es verboten hat?
ANTIGONE
Er hat kein Recht, mich von den Meinen fernzuhalten!
ISMENE
Ah weh mir! Denk doch daran, Schwester, wie unser Vater zugrunde ging, inmitten von Haß und Zorn zugrunde ging, als die Sünde, die er selber erforschte, ihn dazu trieb, sich seine Augen mit eigener Hand auszustechen! Denk dann an die Mutter-Braut – zwei Namen in einem – wie ihr Leben zugrunde ging durch die Schmach! Und zuletzt denk daran, wie unsre beiden Brüder an einem Tag zugrunde gingen, da jeder vergoß des andern glückloses Blut, sie schrieben mit schrecklichen Händen ihr eigenes Schicksal! Und nun sind wir an der Reihe, wir allein sind übergeblieben, denk doch, wie wir zugrunde gehen müssen, elender als alle vor uns, wenn wir gegen das Gesetz ein Dekret des Herrschers brechen! Nein, wir müssen bedenken, zuerst, dass wir als Frauen geboren sind, die schließlich nicht gegen Männer streiten sollen, zweitens, dass wir regiert werden von einem Stärkeren, so dass wir in diesen Dingen gehorchen müssen und auch in noch trüberen Dingen. Darum bitte ich die Geister im Totenreich um Vergebung, da ich erkenne, dass die Gewalt mich dazu zwingt, und ich will gehorchen dem Herrscher, denn es ist geistlos, übermütig zu sein.
ANTIGONE
Ich will dich nicht drängen, nein, selbst wenn du doch noch mit mir zusammen arbeiten wolltest. Tu was du willst! Aber ich werde ihn bestatten! Ehrenvoll ist es für mich, ihn bestattend, zu sterben! Ich werde Ruhe finden und Liebe von dem, den ich liebte, sündlos in meinem Ungehorsam. Ich habe nämlich ein gewichtiges Bündnis geschlossen mit den Toten, das ist längerwährend, als der Pakt mit den Lebenden. Im Jenseits werde ich doch wohnen von Ewigkeit zu Ewigkeit! Aber wenn du willst, so werde du schuldig, indem du die ewigen Gesetze nicht ehrst, welche von den Göttern bestimmt worden sind in Ehre und Würde.
ISMENE
Ich entweihe nicht die Gesetze der Götter, aber zu beleidigen den Staat, dazu hab ich keine Kraft.
ANTIGONE
Das ist deine Sache. Ich aber will gehen und Erde häufen über den Leib des Bruders, den ich liebe!
ISMENE
Ach, unselig Elende! Wie ich mich fürchte für dich!
ANTIGONE
Fürchte dich nicht um mich! Führe du nur dein Schicksal gewissenhaft!
ISMENE
Wenigstens offenbare niemandem deinen Plan, halte ihn sicher geheim, so will ich es auch tun.
ANTIGONE
O, verkünde ihn allen! Du wirst verachtungswürdig deiner Schwester, wenn du diesen meinen Plan nicht allen verkündigst!
ISMENE
Du hast ein heißes Herz für kalte Tote!
ANTIGONE
Ich weiß, dass ich denen gefalle, denen ich gefallen will!
ISMENE
Gut, tu, was du willst, aber du willst tun, was du nicht tun kannst.
ANTIGONE
Nun denn, wenn meine Kräfte mir nicht erlauben, es zu tun, dann ist das so, aber ich wollte immerhin tun, was ich soll!
ISMENE
Ein hoffnungsloses Unternehmen sollte man gar nicht erst beginnen.
ANTIGONE
Wenn du so sprichst, muß ich dich verachten, und du wirst gewiss die Verachtung aller Toten sein! Verlass mich! Meine Torheit ist die meine allein, zu leiden diese schreckliche Strafe, aber ich werde nicht so etwas Schreckliches leiden wie einen Tod in Ungnade!
ISMENE
Geh, wenn du unbedingt musst! Aber sei dir gewiss, obwohl dein Irrtum eine Torheit ist, deinen Geliebten bist du immer noch die Geliebte!
(Antigone und Ismene ab. Der Chor der Ältesten Thebens erscheint.)
CHOR
(singend)
Strahlen der Sonne!
Schönstes Licht,
Schönstes Licht,
Das je aufging
Über dem Theben mit den sieben Pforten,
Du bist zuletzt davon gegangen,
Auge des goldenen Tages,
Aufgegangen über dem Strom der Gerechtigkeit!
Der Krieger vom weißen Schild,
Der Krieger vom weißen Schild,
Der von Argos kam, ist zerstreut worden von dir
In kopfloser Flucht,
In rascher Karriere,
CHORFÜHRER
Der sich aufgemacht hatte gegen unser Land
Mit der Vernunft
Und vexierte die Gefilde des Polynikes,
Gleich einem schrill schreienden Adler
Flog er über unser Land,
In schneeweiße Tauben stürzend,
Mit einer starken Armee
Und weißen Federn auf den Helmen.
CHOR
Er ruhte über unsern Wohnungen,
Er streunte um unsere siebenfältigen Pforten
Mit Speeren, nach Blut dürstend,
Aber er ging davon,
Sonst wären seine Klauen
An unserer Gurgel gewesen
Und des Feuergottes piniengenährte Flammen
Hätten die Zinnen unsrer Türme verzehrt.
So schrecklich der Lärm der Schlacht in seinem Rücken,
Wir waren ein Ding, zu schwer für ihn zu erobern,
Als er kämpfte mit dem feindlichen Drachen.
CHORFÜHRER
Zeus verabscheut die Schmähungen
Einer stolzen Zunge!
Und als er bemerkte,
Wie sie herankamen in einem gewaltigen Strom,
In dem hochmütigen Stolz
Von aneinander schlagendem Gold,
Er warf Feuer auf einen,
Der sich beeilte, Victoria auszurufen
Am Ziel auf unsern Mauern!
CHOR
Niedergeschlagen, fiel er auf die Erde mit Getöse,
Fackeln in den Händen,
Er, der in der Mordsucht seines Herzens
Raste gegen uns mit dem Blasen
Seines stürmischen Hasses!
Aber jene fürchteten sich nicht,
Aber jene fürchteten sich nicht,
Wie er es gehofft,
Und andere Feinde dispensierte
Der mächtige Kriegsgott
Ihrer verschiedenen Schicksale,
Warf Schiffbruch unter sie,
Ein mächtiger Helfer
In unserer Not!
CHORFÜHRER
Sieben Heerführer
An sieben Pforten
Kämpften gegen Sieben,
Ließen die Tribute ihrer Angriffe
In den Händen von Zeus,
Der die Schlacht gewendet,
Außer jenen beiden
Von so grausamem Schicksal,
Geboren von einem Herrn und einer Mutter,
Stellte sich einer gegen den andern
Mit Speeren streitend
Und teilten einen gemeinsamen Tod!
CHOR
Aber seit die Viktoria
Ihres glorreichen Namens
Kam zu uns, mit Freude
Antwort gebend der Freude Thebens,
Dessen Kriegswagen viele waren,
Lass uns genießen das Vergessen
Nach dem Krieg
Und besuchen alle Tempel der Götter
Mit Gesang und Tanz die ganze Nacht hindurch
Und möge Dionysos unser Führer sein,
Dessen Tänze durchschütteln Theben!
CHORFÜHRER
Siehe, der König des Landes kommt,
Kreon, Sohn des Menökeus,
Unser neuer Herrscher durch das neue Glück,
Das die Götter ihm gegeben.
Welchen Rat wird er geben,
Daß er die Konferenz der Ältesten einberief,
Versammelte uns durch sein generales Mandat?
ZWEITE SZENE
(Auftritt Kreons, des Herrschers, mit zwei Adjutanten.)
KREON
Meine Herren, unser Staatsschiff, nachdem es herumgeschleudert wurde von wilden Wellen, ist wieder gesichert durch die Götter. Ihr, aus allem Volk, seid von mir zusammengerufen worden, denn ich weiß, zuerst, wie treu eure Reverenz stand zu dem Herrscherhaus des Laios, und wie zweitens, als Ödipus noch König unsres Landes war und als er daran zugrunde ging, eure feste Loyalität seine Kinder in Ehren hielt. Seit nun seine Söhne an Einem Tag gefallen sind, einer vom andern erschlagen, einer befleckt mit des andern Blut, besitze ich den Thron und alle seine Rechte durch die Verwandtschaftsnähe zu den Toten. Kein Mann ist ganz bekannt in Seele und Geist und Herz, bis er gefunden wird versiert in Staatskunst und rechter Gesetzgebung. Wenn nun irgendeiner, ein erster Führer des Staates, nicht den besten Ratgebern vertraut, sondern vor Furcht seine Lippen verschlossen hält, den halte ich für gemein. Und wenn einer mehr Freude hat als sein Vaterland, der hat keine Ehre in meinen Augen. Denn Ich – Zeus der Allsehende sei mein Zeuge – würde nicht schweigen, wenn ich den Ruin kommen sähe statt der Sicherheit der Bürger, noch würde ich jemals den Feind meines Landes für meinen Freund halten. Denkt daran, dass unser Staat das Schiff ist, das uns sicher bewahrt. Nur wenn der Staat prosperiert, können wir auf unserer Seefahrt sichere Freude gewinnen. Dies sind die Regeln, nach denen ich behüte die Größen dieser Stadt. Und in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen steht das Edikt, das ich veröffentlicht habe vor dem Volk, die Söhne des Ödipus betreffend, dass Eteokles, der gefallen ist im Kampf für die Stadt, in allen Ehren und mit Waffen soll bestattet werden und geheiligt mit allen Riten, die den ehrenvollen Toten geleiten zu seiner ewigen Ruhe. Aber was seinen Bruder Polynikes betrifft, der zurückkehrte aus dem Exil und versuchte, mit Feuer zu vernichten die Stadt seiner Väter und zu zerschlagen die Schreine der Götter seiner Väter und suchte, Blut zu schmecken, Blut seiner Verwandten, und die Freien in die Sklaverei zu überführen, betreffend diesem Manne also wurde proklamiert unserm Volke, dass niemand ihm die Gnade der Bestattung erweisen darf und er soll unbestattet liegen bleiben, sein Leichnam ein Fraß für Geier und Schakale, ein gespenstischer Anblick der öffentlichen Schande! So ist der Geist meiner Herrschaft und nie durch eine Tat meinerseits soll der Frevler geehrt werden wie der Gerechte, aber wer in Theben guten Willens ist, der wird von mir geehrt werden im Leben und im Tod.
CHORFÜHRER
So gefällt es dir also, Kreon, Sohn des Menökeus, betreffend die Freunde und die Feinde der Stadt. Und du hast auch die Macht, denke ich, zu befehlen, was du willst, für die Lebenden und für die Toten.
KREON
Seht also zu, dass ihr darüber wacht, dass meinem Gesetz auch Folge geleistet wird!
CHORFÜHRER
Lege du die Bürde dieses Amtes auf eine jüngere Schulter!
KREON
Wächter des Leichnams sind schon eingesetzt.
CHORFÜHRER
Was willst du denn weiter, das man tue?
KREON
Daß ihr euch nicht auf die Seite jener stellt, die meinen Befehlen zuwiderhandeln.
CHORFÜHRER
Kein Mensch ist so töricht, dass er verliebt ist in den Tod...
KREON
Wahrlich, das wäre die Folge. Aber Profit hat oft die Menschen ruiniert durch eitle Hoffnung.
DRITTE SZENE
(Auftritt eines Wächters.)
WÄCHTER
Mein Herr, ich will nicht sagen, dass ich atemlos zu dir komme von der Eile oder dass ich langsame Füße hätte, denn oft ließen meine Gedanken mich Halt machen, und ich drehte um, und mein Geist sprach lange mit sich selber: Narr, warum gehst du deinem ernsten Gericht entgegen? Elender, protestierst du wieder? Und wenn Kreon es von einem andern hört, wird er dann nicht dich bestrafen? So mit mir selber debattierend, ging ich meines Weges mit langsamen Schritten, und so ward ein kurzer Weg lang. Zuletzt brachte es die Zeit mit sich, dass ich hierher kam zu dir, und obwohl meine Erzählung sinnlos ist, will ich doch berichten, denn ich komme in der sicheren Hoffnung, dass ich nichts erleiden werde, als was das ewige Schicksal mir bestimmt!
KREON
Was beunruhigt dich denn so?
WÄCHTER
Zuerst will ich von mir selbst erzählen: Ich tat die Tat nicht, ich sah den Täter nicht, und es ist auch nicht recht, dass ich zu dir komme zu irgendeines Menschen Unglück.
KREON
Gut sicherst du dich ab gegen jegliche Anklage, das ist gewiss, du hast eine seltsame Sache zu berichten.
WÄCHTER
Ja, wahrlich, schreckliche Botschaften lassen den Boten lange schweigen.
KREON
Dann sprich, wenn du willst, und dann geh.
WÄCHTER
Wohlan denn, es ist dies: Der Leichnam – jemand hat ihm eben eine Beerdigung gegeben, indem er Staub auf sein Fleisch gestreut hat und mit andern Riten, wie die Pietät sie liebt.
KREON
Was sagst du da? Welcher lebende Mensch hat diese Tat gewagt?
WÄCHTER
Ich weiß nicht. Kein Stich eines Spatens war da zu sehen, keine Erde aufgeworfen von einer Schaufel. Der Boden war hart und trocken, nicht umgebrochen, auch ohne Spur von Wagenrädern. Der Täter hinterließ keine Spur. Und als der erste Wächter des Tages es uns zeigte, überfiel uns Staunen. Der Tote war vor uns verschleiert, nicht in einem Grab bestattet, aber leicht benetzt mit Staub wie durch die Hand eines Menschen, der einen Fluch bannen will. Und kein Zeichen sah das Auge, dass irgendein Geier oder Schakal zu ihm gekommen war und ihn zerrissen hätte. Böse Worte flogen da schnell und laut zwischen uns hin und her. Wächter beschuldigte Wächter. Doch keiner ward überführt, aber alle sahen die offensichtliche Tat. Wir wären bereit, rotglühendes Eisen in die Hand zu nehmen, durchs Feuer zu gehen, bei den Göttern zu schwören, dass wir nicht diese Tat begangen, dass wir nicht eingeweiht waren, weder in den Plan noch in die Tat. Zuletzt, als all unser Forschen ergebnislos war, sprach einer so, dass wir alle vor Furcht unsre Angesichter in die Erde drückten, denn wir konnten ihm nicht widersprechen und wussten auch dem Unglück nicht zu entkommen, wenn wir seinen Worten folgten. Sein Rat war: Diese Tat muß dir berichtet werden und darf vor dir nicht verborgen bleiben. Dies schien das Beste, und das Los fiel auf mich Unglückseligen. So steh ich hier – unwillig und unwillkommen – ich weiß, denn kein Mensch mag den Boten schlimmer Botschaft.
CHORFÜHRER
O Herrscher, meine Gedanken flüstern mir schon lange zu: Kann diese Tat vielleicht das Werk von Göttern sein?
KREON
Schweig, ehe deine Wort mich in Rage bringen, da du alter Mann ein Narr bist! War es etwa heilige Beachtung eines ehrwürdigen Dienstes, dass man versuchte, die Nacktheit dessen zu verhüllen, der kam, zu verbrennen die Altäre und Schreine der heimatlichen Götter, ihr Land zu verbrennen, ihre Gesetze zu streuen in alle Winde? Hast du je feststellen können, dass die Götter die Frevler ehren? Das kann nicht sein! Nein! Sondern zuerst waren da einige in der Stadt, die murrten gegen mich, die verletzten mein Edikt, die verhüllten ihre Häupter in Heimlichkeit und hielten ihre Nacken nicht treu im Joch wie jene Männer, die zufrieden waren mit meinem Weg. Diese taten es, obwohl ich weiß, dass sie getrieben wurden zu dieser Tat. Nichts so Übles wie Geld gibt es unter den Menschen! Geld legt Städte in Schutt und Asche, Geld vertreibt Menschen aus ihren Häusern, Geld verführt ehrliche Seelen zu sündigen Taten, Geld lehrt das Volk die Laster und alle gottlosen Untaten. Aber alle jene, die dies getan haben, müssen damit rechnen, dass sie den Preis dafür zahlen werden. Nun, so wahr Zeus immer noch von mir gefürchtet wird, wisset dies – ich sage dies bei meinem Schwur und Eid bei Zeus: Wenn ihr nicht den Täter dieser Beerdigung findet und ihn vor meine Augen bringt, der Tod soll eure geringste Strafe sein, sondern zuerst werdet ihr lebendig gepfählt! Ihr habt dies Vergehen offenbart, so möget ihr hinfort Verbrechen begehen mit besserer Kenntnis, wenn ihr euren Profit erreichen wollt. Dies sollt ihr lernen, dass es nicht gut ist, Profit zu lieben aus jeglicher Quelle. Ihr werdet nämlich feststellen, dass auf üble Weise gewonnene Beute den Menschen mehr Ruin als Wohl bringt.
WÄCHTER
Darf ich reden? Oder soll ich mich umdrehen und weggehen?
KREON
Weißt du nicht, dass schon allein deine Stimme mich beleidigt?
WÄCHTER
Ist dein Schmerz in deinen Ohren oder in deiner Seele?
KREON
Warum willst du den Sitz meiner Pein definieren?
WÄCHTER
Der Täter verletzte deine Seele, aber ich nur deine Ohren.
KREON
Du bist ein geborener Schwätzer, das ist sonnenklar.
WÄCHTER
Mag sein, aber ich bin nicht der Täter dieser Tat.
KREON
Mehr noch, du hast deine Seele für Silberlinge verkauft!
WÄCHTER
Ach! Es ist traurig! Der Richter selbst richtet ungerecht!
KREON
Lass deine Phantasie mit Gerechtigkeit sprechen, aber wenn du mir nicht den Täter dieser Tat bringst, sollst du spüren, dass Freveltaten Qualen ernten!
(Kreon ab.)
WÄCHTER
Wohlan denn, möge der Täter gefunden werden! Das wäre das Beste. Aber ob er gefunden wird oder nicht – Fortuna muß das regeln – wahrlich, du aber wirst mich hier nicht mehr sehen! Gerettet, über Gedanken und Hoffnung hinaus gerettet, schulde ich selbst jetzt den Göttern großen Dank!
EPIGRAMME AN PRIAPUS
1
In Spaß, Priapus, kannst du zeugen
Lieder, passend zum Garten,
Nicht für Bücher,
So schreib ich sie und sorg mich nicht weiter.
Die Musen wage ich nicht
Wie die anderen Dichter einzuladen
Auf solche unkeuschen Seiten.
Herz und Sinne verbieten mir ganz und gar,
Die keuschen schönen Pieriden einzuladen
Vor den Thron Priaps,
Solches wag ich nicht zu tun.
Denn was ich immer schrieb
In eitlem Übermut,
Und was ich hier niederlege
Im Tempel Priaps,
Nimm es in deine Hände, Priap,
Das ist mein Gebet, das ich bete.
2
O gib mir für Ewigkeit zu Ewigkeit,
Was du ewig geben magst,
Davon soll nichts verloren gehen.
Gib mir, was du vergeblich verlangst
Zu bestehen in den kommenden Tagen,
Wenn dieser raue Bart
Die sanfte Wange verunziert.
Dies gab Jove auch jenem,
Geboren zum anbetenden Flieger,
Der nun den gnadenreichen Becher mischt
Zu seines Herrn Freude.
Gib, was in der ersten Nacht die Braut gibt
Ihrem liebeshungrigen Bräutigam,
Obwohl sie den Schmerz fürchtet
Durch ihren Widerpart.
Um es schlichter zu sagen
In unserer ländlichen Sprache:
Schenk mir deine Eier!
Schenk mir deine Eier!
Was soll ich sonst zu dir sagen?
Ach, ärgerlich ist Minerva auf mich!
3
Diese Bildertafeln, geheiligt dem Gartengott,
Von obszönen Büchern aus Elephantis abgemalt,
Diese weiht dir Lalage
Und versucht, die Stellungen alle nachzustellen.
4
Diese Bedingungen stellt Priapus, wie man sagt,
Den Knaben, wie geschrieben steht in Versen,
Wie sie die Sterblichen lesen können hier:
Was immer mein Garten enthält,
Was immer mein Garten enthält,
Soll für dich gesetzliche Gabe sein,
Wenn du uns nur gibst,
Was mein Garten enthält.
5
Obwohl ich nur der hölzerne Gartengott bin,
Wie du sehen kannst,
Mit hölzernen Hoden
Und einem hölzernen Penis,
Dennoch will ich’s dir besorgen,
O Mädchen,
Und dich begatten und dies hier,
Wie grob auch immer,
Strammer als die Saiten der Lyra oder ein geflochtenes Hanfseil,
Vertrauen will ich dies dir
Und es begraben in deiner siebenten Rippe!
6
Oft in meinen Reden
Verspreche ich mich
Und betrunken lallend sage ich
Pädophiler statt Philosoph.
7
Mütter, meidet diese Seiten!
Für eine keusche Brust wäre es unklug,
Diese virilen Worte zu lesen!
Sie werden dennoch veröffentlicht
Und haben nichts zu bedeuten!
Überklug seid ihr doch, Mütter,
Und trotz meiner Warnung
Lest ihr mit begierigen Augen mein Buch.
8
Warum werden meine obszönen Teile
Überspielt mit Bedeckung?
Wird nicht jeder Gott sein Zeichen offenbaren?
Hält der Herr der Welten etwa
Seinen Donnerhammer verborgen?
Auch der Meergott
Verbirgt nicht seinen Dreizack.
Mars verbirgt nicht das Schwert,
Das seine Macht verkörpert.
In ihrem Schoß verbirgt Minerva nicht die Lanze.
Schämt sich Phöbus etwa
Seines goldenen Pfeils?
Wird die keusche Diana etwa
Ihren offenen Köcher verbergen?
Versteckt denn Herkules seine knorrige Keule?
Hat Amor seine Fackel
Unter seinen Flügeln verborgen?
Wann hat jemals Bacchus
Seinen Thyrsosstab unterm Mantel verborgen?
Darum verlange nicht von mir,
Dass ich meinen Phallus verstecke,
Denn wenn ich meine Götterwaffe verleugnen würde,
So wäre ich wehrlos!
9
Warum lachst du so laut,
Du albernes Mädchen?
Meine Gestalt ward nicht von Praxiteles gemeißelt,
Kein Phidias hat mich mit Handarbeit vollendet.
Ein Küstenfischer schnitzte mich
Aus einem groben Holzklotz.
Da sprach mein Schöpfer zu mir:
Du bist mein Gott!
Aber wenn du mich anschaust,
Musst du immer kichern, Mädchen.
Zweifellos hältst du es für ein lustiges Ding,
Dies mein riesiges Mannesglied,
Das steil von meinen Lenden aufragt!
10
Pass auf, ich schnappe dich!
Wenn ich dich habe,
Will ich dich nicht mit meiner Rute züchtigen
Noch will ich dir eine Wunde schlagen
Mit meinem Stock.
Nein, mit meinem riesigen Phallus
Werde ich dich so aufreißen,
Dass dein Loch zu einer riesigen Höhle wird!
11
Ein Weib, älter als die Mutter von Hektor
Und Schwester der Sibylle
Und so alt wie jene, die Theseus,
Als er heimkehrte, in einem Grabe liegend fand,
Dieses Weib kommt oft hierher
Mit ihren wackelnden Schritten
Und hebt ihre abgearbeiteten Hände
Zu den Sternen und fleht,
Dass ihr doch ein Schwanz nicht mangeln möge!
Im gestrigen Gebetskampf auch,
Als sie inständig flehte,
Spuckte sie einen ihrer letzten drei Wackelzähne aus.
Nimm den Zahn weg, sagte ich,
Und steck ihn in deine Rocktasche.
Kämpfe den Kampf mit zahnlosem Maul
Und klaffendem Schlund,
Bei den Haaren deiner Oberlippe
Und bei deiner Hakennase,
Sonst siehst du einen Epikuräer vor Langeweile gähnen!
12
Ich warne dich, Kindchen,
Dir will ich in den Mund ficken!
Ich warne dich, Mädchen,
Dir will ich die Fotze stopfen!
Für den bärtigen Mann
Heb ich mir das letzte Loch auf!
13
Komm hierher, komm hierher, wer immer du bist,
Komm zu dem lüsternen Heiligtum
Des ehebrecherischen Gottes,
Wende dich nicht ab!
Und wenn ein Mädchen bei dir sein sollte in der Nacht,
So ist das kein Grund,
Auf meinem Altar keinen Weihrauch darzubringen!
Die himmlischen Götter dulden so etwas nicht,
Aber ich bin ein Taugenichts,
Eine rustikale Gottheit von dummen Bauern.
Ich steh im Freien,
Meine Würde hab ich ausgezogen,
Meine Eier präsentiere ich allen.
Darum können alle zu mir kommen, alle die wollen,
Und seien sie auch beschmiert mit dem Pech der Laster!
14
Jener, der mit diebischer Hand
Das kleine Feld abpflücken wird,
Das meinem Schutz ward anvertraut,
Der wird zu spüren bekommen,
Daß ich kein Eunuch bin,
Er wird es spüren
An diesem einsamen Platz
Zwischen den Büschen.
Hier vielleicht wird er dann
Zu sich selber sagen:
Keiner wird es wissen,
Keiner wird es wissen,
Daß ich so vergewaltigt wurde!
Aber darin irrt er sich!
Zeugen
Werden diesen Fakt
Bezeugen!
15
Wie die Äpfel,
Mit denen Hippomenes
Sich die Tochter des Schöneus holte,
Wie die Äpfel,
Für welche berühmt war
Der Garten der Hesperiden,
Wie die Äpfel,
Die man sich vorstellt,
Wie das Mädchen Nausikaa sie trug,
Als sie noch im Hause ihres Vaters weilte,
Wie der Apfel begnadet war
Durch das Wort des Acontius,
Das laut gelesen ward von Cydippe
Und so das Mädchen verführte
Zu ihrem glühenden Freier,
So sind jene Äpfel,
Die der knabenhafte Besitzer
Eines kleinen, aber fruchtbaren Feldes
Platzierte auf deinem Opferaltar, Priap!
16
Was hast du zu tun mit mir, du Wächter?
Warum hinderst du den Dieb daran,
Zu mir zu kommen?
Laß ihn kommen,
Er wird offener wiederkehren!
17
Der größte Vorteil meines Phallus ist es,
Daß keines Weibes Loch zu geräumig für ihn sein kann.
18
Wird die Tänzerin Telethusa,
Die ihren Rocksaum aufhebt,
Entkleidet sich von der Tunika,
Gnadenvoll und erhaben wie ihre Brüste,
Jemals mit unverhüllten Lenden
Ihr Becken schütteln für dich
In solcher Weise, Priap,
Daß sie nicht allein deine Begierde erregt, Priap,
Sondern auch die Begierde eines Hippolith?
19
Zeus kontrolliert den Donnerhammer,
Der Dreizack ist Neptuns Waffe,
Mars ist mächtig durch sein Schwert,
Minervas ist der Speer,
Bacchus kämpft mit dem Thyrsosstab,
Apollos Hand hält den Bogen,
Herkules’ rechte Hand hält die Keule,
Aber ein Penis von gewaltiger Länge ist meine Waffe!
20
Meine Gesundheit hab ich verloren,
Sei gnädig, wenn ich dich bitte,
Betrüge mich nicht, Priap,
Durch Worte oder Taten.
Sag es keinem, dass diese gereiften Äpfel,
Die ich auf deinen Altar gelegt,
Geklaut sind von der Heiligen Straße.
21
Wenn eine Frau, ein Mann, ein Knabe
Vor mir stehen,
Sollen sich ihr Arschloch, ihre Fotze
Und ihr Mund vor meinem Penis bücken!
22
Wer immer hier ein Veilchen pflückt
Oder eine Rose pflückt
Oder klaut Gemüse oder Äpfel,
Ich bete, dass in der Abwesenheit seiner Frau
Oder eines Knaben
Mein Penis ihn zerreißt
Bis zum Nabel.
23
Der Diener hat mich gebeten,
Der Wächter dieses fruchtbaren Gartens zu sein,
Daß ich auf die Stelle achte,
Die meinem Schutz ward anvertraut.
Du Dieb, du sollst gestraft werden,
Du sollst schreien in großer Qual:
Ach, für ein wenig Grünzeug
Ach, für ein wenig Grünzeug
Werde ich so schrecklich bestraft?
24
Dieser offizielle Stab,
Abgetrennt von einem Baum,
Kann nun keine Triebe mehr sprießen,
Er ist ein Zepter,
Welches pathetische Mädchen tragen,
Manche Könige lieben es,
Diesen Zepter zu tragen,
Päderastische Patriarchen lieben es,
Den Zepter zu küssen,
Dieser Stab soll direkt
Dringen in das Arschloch des Diebes,
Durchdringen bis zum Schamhaar und zum Hodensack!
25
Hierher, Römer!
Jeder nehme mein Glied,
Das die Nachbarin, ganz Begierde,
Die ganze Nacht lang durchgevögelt hat,
Geiler als Matronen im Frühling,
Oder mein Mannesglied wird begeistert
(Wo ist die Grenze der Wollust?)
Oder ihr habt keinen Priapus mehr.
Ihr seht, dass ich voll Adern bin,
Ganz zart, der ich sonst roh und grob
Die Ärsche der Diebe durchgevögelt hab.
Meine Stärke ist dahin,
Ganz elend bin ich,
Ich spucke nur noch Blut.
26
Quincia, die Lieblingin des Volkes,
Berühmt im großen Zirkus,
Sie weiß zu flirten
Und ihr Becken hin und her zu schaukeln,
Die Zimbeln und Kastagnetten,
Ihre Waffen der Geilheit,
Weiht sie Priapus,
Und das Tamburin,
Geschlagen von ihrer Hand.
Und sie betet für sich,
Daß sie immer die Favoritin
Ihrer Zuschauer bleibt und dass die Menge
Sie bewundert
Und jeder Mann geil ist wie Priapus selbst.
27
Du, der du Übles planst
Und kaum dir verbietest, aus meinem Garten
Früchte zu stehlen,
Dir will ich mit meinem dreißig Zentimeter langen Phallus
In das Arschloch ficken!
Aber wenn dir diese Strafe nicht gefällt,
Aber wenn dir diese Strafe nicht gefällt,
Dann fick ich dich in den Mund!
28
Möge ich sterben, o Priapus,
Wenn ich nicht vor Scham erröte
Beim Gebrauch obszöner und frivoler Worte!
Aber wenn du,
Aber wenn du,
Selbst ein schamloser Gott,
Mir deine Eier so offen präsentierst,
Muß ich einen Schwanz einen Schwanz nennen
Und eine Fotze eine Fotze!
29
Priapus, Schrecklicher,
Mit deinem beschnittenen Glied,
Sag mir, ich bitte dich,
Wo ist der Weg zum Taufbecken?
30
Eilig schreite durch diesen Weinberg,
Denn wenn du die Trauben gepflückt hast,
O Gast, dann wirst du
Das Wasser nehmen zu anderm Gebrauch.
31
So lange wie du dir nichts von mir nimmst
Mit deiner gierigen Hand,
So lange magst du keuscher sein
Als Vesta selbst.
Aber wenn du dir was nimmst,
Wird diese Waffe vor meinem Bauch
Dich gewaltig aufreißen,
So dass jeder durch dein Arschloch schlüpfen kann.
32
O Mädchen,
Magerer als vertrocknete Trauben,
Bleicher als Kerzenwachs,
Die du lässt die Ameisen sich auf deinem Körper versammeln,
Deine Knochen scheinen gewaltig,
Dass deine Rippen der etruskische Wahrsager sehen kann
Ohne deine Haut zu öffnen,
Du, die wie eine Trockenpflaume keinen Saft hat,
Wie kein Mann sie je hat gesehen,
Mit sklavischen Lippen, die,
Wie die Ärzte denken,
Sand statt Blut hat,
Die du in deinen Venen
Statt Blut nur Staub hast,
Dies Mädchen will heute Nacht zu mir kommen
Und mich nehmen wie ein Gespenst
Und will sich verhalten wie ein Eisenschmied,
Der reibt das Horn einer eisernen Laterne.
33
Seit alters her erfreuen
Die Priapusse
Die Nymphen und Najaden
Und das war der Grund, zu machen,
Daß der Gott anschwillt und tropft.
Aber ich bin so voll von Begierde,
Da alle Nymphen fortschwimmen!
Dies zweifellos ist eine unscheinbare Sache,
Die ich da tue,
Aber schließlich berste ich
Mit der extensiven Kraft
Meines Gliedes in meiner Hand!
Meine Hand soll meine Herrin sein!
34
Bei einem Opfer für den Gott der Lust
Ward ein Mädchen billig erworben
Zum allgemeinen Wohl,
Da viele Männer spenden eine Nacht mit ihr,
Sie weiht dir darum, Priap,
Viele hölzerne Mannesglieder.
35
Du sollst versklavt werden, Dieb,
Für den ersten Diebstahl,
Und wirst du zum zweitenmal erwischt,
Wirst du eingesperrt in den Kerker,
Aber wenn du zum dritten Mal erwischt wirst,
Werde ich dich doppelt strafen:
Ich werde dich ins Arschloch
Ich werde dich ins Arschloch
Und in den Mund dir ficken!
36
Wir haben über die Körperteile gesprochen.
Phöbus hat seine langen goldenen Locken,
Herkules seine kräftigen Muskeln,
Bacchus die Anmut eines Mädchens,
Minerva hat blaue strahlende Augen,
Venus hat ihr charmantes Lächeln,
Die Faune haben Hörner an der Stirn,
Merkur hat Flügel an den Füßen,
Vulkanus hinkt
Und Asklepius hat einen langen Bart,
Mars hat breite Schultern.
Aber was bleibt mir?
Kein Gott hat einen riesigen Phallus wie ich!
37
Du fragst, warum das Zeugungsglied
Gemalt ist auf meiner Votivtafel?
Als ich bei einem Unfall
Meinen Penis verletzt hatte und litt,
Fürchtete ich die Hand des Arztes.
Ich wollte mich nicht an die allmächtigen Götter wenden
Wegen meinem Penis,
Nicht zu Phöbus oder Asklepios beten,
Darum betete ich: O Priap,
Hilf mir an dem Teil,
Das dein bestes Stück ist,
Und wenn du meinen Penis wieder herstellst
Und er nicht amputiert werden muß,
Dann weihe ich dir auf einer Votivtafel
Das genaue Abbild meines Gliedes,
Gleich in Größe, Form und Farbe.
Der Gott versprach mir seine Hilfe,
Aus Gnade nickte sein Schwanz,
Und Gott erhörte mein Gebet.
DIE SMARAGDNE TAFEL
VON HERMES TRISMEGISTOS
1
Wahrlich, ohne Zweifel, sicher und gewiss!
2
Was unten ist, ist das, was oben ist, und was oben ist, ist das, was unten ist. Geschaffen sind die wundervollen Dinge von Einem Einzigen.
3
Alle Dinge sind gekommen von Einem, geworden vermittels eines Einzigen.
4
Vater der Welt ist Sol, Mutter der Welt ist Luna, die Luft trägt die Welt in ihrem Schoß, die Erde ist die nährende Amme.
5
Er ist der Vater aller Vollkommenheiten der ganzen Welt.
6
Seine göttliche Kraft ist am vollkommensten, wenn das Feuer eindringt in die Erde.
7
Scheide die Erde von dem Feuer, scheide das Subtile von dem Grobstofflichen, läutere und reinige durch große Kunst und Genie.
8
Steige von der Erde zum Himmel hinan und vom Himmel wieder zur Erde hinab und beherrsche das Obere und das Untere. Dann wirst du besitzen die Herrlichkeit der ganzen Welt. Folglich wird auch die Finsternis vor dir fliehen.
9
Dies ist die göttliche Kraft aller Kräfte, sie ist kraftvoll. So überwindest du das allersubtilste Ding und dringst kraftvoll in das grobstoffliche Ding ein.
10
So ist die Welt geschaffen worden.
11
Diese Werke sind wunderbar. Verfährt der Gelehrte ihnen entsprechend, kann er Wunder wirken.
12
Und darum nennt man mich Hermes Trismegistos, weil ich die drei Teile der Philosophie der ganzen Welt besitze.
13
Vollendet ist, was zu sagen war von dem Werk der Sonne.
AUS DER BIBEL
Apostelgeschichte 26, 24
Da er solches zu seiner Verteidigung sagte, sprach Festus: Paulus, du bist wahnsinnig geworden! Das viele Studieren hat dich verrückt gemacht! Er aber sprach: Edler Festus, ich bin nicht wahnsinnig geworden, sondern rede wahre und vernünftige Worte.
Oder genauer:
Da er selbst (Autos) aber solcherlei zu seiner Verteidigung (gegen die Anklage vor Gericht) sagte, verkündete Phestos (Porcius Phestos, Festival) mit erhobener Stimme (Phone): Paulos (der Kleine), du bist in Ekstase geraten (mainomai, keine psychische Nervenkrankheit, sondern das Außer-sich-Geraten von Sehern)! Das viele Studieren (Lesen von Schriften, besonders den heiligen Schriften, des Alten Testaments) trieb dich in die Mania (Mania nicht als klinische Manie eines Manisch-Depressiven, sondern im Sinne Platons als des Propheten Besessenheit von göttlichen Wesen)! Er aber erklärte: Exzellenz! Höchst nobler Festus! Ich bin nicht in Ekstase geraten, sondern ich halte meine Reden in Aletheia (in Wahrheit) und in Sophrosyne (die antike Haupttugend der vernünftigen Selbstbeherrschung und gelassenen Besonnenheit) über mein Thema.
AUS DER BIBEL
Hosea 14,8
1
Ephraim (doppelter Aschehaufen: Ich werde doppelt fruchtbar sein) (zweiter Sohn Josefs, bevorzugter Liebling vor dem erstgeborenen Manasse) (Nordisrael), was sollen mir weiter deine Götzen (Idole, Images)? ICH will dich erhören („Anath“) (Antwort geben, Zeugnis geben, singen, utter tunefully) und führen (shuur, shoor = Aschera) (schauen, anschauen, beachten, behüten). ICH will sein wie eine grünende (frische, blühende, luxuriöse) Tanne (fir Tree, Cypresse, fir, juniper, Pinie. A noble tree of stateliness).
2
Ephraim (ich werde doppelt fruchtbar sein), was willst du weiter von deinen Idolen? ICH werde dir singend Antwort geben (ANATH) und werde dich mütterlich behüten (ASCHERA). Ich werde für dich sein wie eine luxuriöse Zypresse!