Ein Roman in Versen
Von Josef Maria Mayer
ERSTER TEIL:
DIE GELIEBTE
ERSTES KAPITEL
„Komm, goldene Aphrodite...“
(Sappho)
1
So kam ich in die Ulmenstraße
Im Sommermonat Julius.
O Muse, lehre mich die Maße
Und Reime durch den Musenkuß!
So also trat ich in die Wohnung
Als wie zur himmlischen Belohung
Und sah zwei Männer sitzen da,
Als ich den Maler Martin sah,
Sah ich den Schädel eines Toten,
Die Augenhöhlen schattig-tief,
Als ob der Tod in ihnen schlief.
Es schwebten um mich Himmelsboten,
Als Martin lud im Sonnenschein
Zu Japans Algen-Mahl mich ein.
2
Und Öko war Gitarrespieler
Und spielte eben einen Blues.
Ein wenig cooler, etwas kühler,
Doch freundlich sprach er seinen Gruß.
Die Mähne lange Rasta-Locken,
Im dunklen Haar schon graue Flocken,
So grüßte er mich kühl und cool.
Er saß auf einem hohen Stuhl
Und zupfte lässig die Gitarre.
Ob Jimmy Hendrix spielte so
Nach seinem Tode irgendwo,
Das weiß ich nicht, doch dass ich harre
Auf die Erlösung von der Not
Der Seelen und den frühen Tod.
3
So trat ich in das weiße Zimmer,
Zog in das Zimmer ein als Gast.
Ein weißer Saal von lichtem Schimmer,
Durchs Fenster fiel der Sonnenglast.
So wahr lebt Jesus Nazarenus,
Dort war ein weißes Bild der Venus,
Von Marmor war die weiße Brust.
O Liebe voller Liebeslust!
Was sind denn alle die Idole,
So schön die Weiber mögen sein,
Sind doch die Göttinnen von Stein!
Die Liebe zwar bewegt die Pole,
Die Liebe zwar bewegt die Pole,
Die Venus ist ein Ideal,
Das Weib ist aber ganz real!
4
Ins Zimmer plötzlich trat Karine,
Mit schwarzem Haar, im schwarzen Kleid,
Ganz strahlend ihre heitre Miene,
Als wie von Gnaden benedeit,
Um sie war eine Aureole,
War eine Strahlen-Gloriole,
Ihr schöner Leib umflossen ganz
Als wie von Sonnenstrahlenglanz
Und himmelblau die lichten Augen,
Aus denen floß ein süßes Licht,
Ein Lichtglanz floß vom Angesicht,
Und meine Seele wollte saugen
Lichtströme voller Lebenslust
Aus ihrer gnadenvollen Brust!
5
Sie bat ganz einfach um die Miete,
Da ich ihr Zimmer ja bewohnt.
Ihr Lächeln war voll lichter Güte,
Ihr Antlitz wie ein milder Mond.
Mein Seelchen musste seufzen, stöhnen
Vor dieser gnadenvollen Schönen.
Sie aber war zutiefst erstaunt,
Ein wunderbares Staunen raunt
Sie leise, da im roten Kleide
Karines ich auf ihrem Bett
Verweiblicht lag und wie kokett
In ihres roten Kleides Seide,
Wildseidenkleide purpurrot
Lag da wie matt vom Liebestod.
6
Ich gab das Geld, um zu bezahlen
Die Miete für den Wohnungsraum,
Und doch von ihrer Schönheit Strahlen
War ich betrunken wie vom Traum
Und staunte an die Gnadenreiche
Und staunte an die Göttingleiche
Und war von ihrem Lichtglanz blind
Und doch so selig wie ein Kind
Gestillt in seiner Mutter Armen.
So wie sie kam, so auch entschwand
Sie wieder, über den Verstand
Ihr Busen voll von Allerbarmen
War aller Gottesgnaden reich,
Der Brust der Marmorvenus gleich.
7
Beeindruckt war ich von der Dame
Vom ersten Augenblicke an.
Wie aber war des Wesens Name?
Ich sah mir die Papiere an
Auf ihrem Tisch: Sie hieß Karine,
Nicht Karin oder Colombine,
Karina war ihr Name nicht,
Nicht Katharina. Einfach schlicht
Karine also hieß das Wesen.
Der Name war so schön im Ohr,
Nie solchen hörte ich zuvor,
Nie hab ich solchen je gelesen.
In diesen neuen Namen ich
Verliebte mich, verliebte mich.
8
Wo aber war das Weib geboren,
Wo war der Kindheit Paradies?
Sie war Französin, auserkoren,
Daß sie zur Welt kam in Paris,
Die Venus tauchte aus der Seine,
Déesse Vénus, La Madelaine,
Erzogen im Quartier Latin.
Ah, Colombine, Arlequin!
Französinnen, Pariserinnen
Sind eines deutschen Mannes Traum,
Die Venus tauchte aus dem Schaum,
Ließ sich vom deutschen Ritter minnen.
So war von Anfang an Paris
Für mich der Venus Paradies.
9
O Goethe, o mein Dichtervater,
Wie hielt das Weib es mit der Kunst?
Sie spielte einst auf dem Theater
Mit Inbrunst, künstlerischer Brunst,
Da war ihr Name – Hosianna –
Da war ihr Künstlername Anna.
O, dieser Name ist so schön,
Ein ewigliches Urgetön
Tönt in dem Namen Anna raunend.
Karine Anna also heißt
Das holde Weib, der gute Geist,
Karine Anna, rief ich staunend,
Denn Namen sind nicht Schall und Rauch,
Ist jeder Name Gottes Hauch.
10
So schrieb ich einen Brief der Dame,
Die eben lebte in Berlin.
Karines Freundin, deren Name
War Evi oder Evelin,
Sie las ihr vor den Brief der Liebe:
O komm, mit zärtlich-süßem Triebe,
O komm, mit zärtlich-süßem Triebe,
Zu deinem Musenpriester komm,
O Göttin Aphrodite fromm!
Die Sphinx mit einem großen Busen
Dort lächelnd vorm Museum lag.
Da eben war Sankt-Anna-Tag.
Vor dem Museum aller Musen
Sie sah nach rechts nicht noch nach links,
Stand einfach vor der großen Sphinx.
11
Da sah ich sie, die Makellose,
Die Frau, die chic war wie der Tod.
Da schenkte ich ihr eine Rose,
Die war wie Blut und Feuer rot.
Karine in der Sonne Schimmer
Ging mit mir in ihr weißes Zimmer
Und nach der ersten Flasche Schnaps
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12
Ein Mann braucht eben doch ein Weibchen,
So hörte morgens ich ein Lied,
Der Geist braucht eben auch ein Leibchen,
Wie Salomo liebt Sulamith,
So eben liebte Torsten Anna,
Wie Mose liebte einst sein Manna.
Am Morgen stand sie da im roten Kleid,
Ein Weib in ihrer Herrlichkeit,
Zum Frühstück gab es Milch und Hönig
Und Quark auf Sesam-Knäckebrot.
O weißer Quark, o Kleidchen rot,
O Liebeskönigin, o König,
Wir feiern heute Hochzeit beid,
Denn siehe, es ist hohe Zeit!
13
Karine ging mit mir auf Reise
Nach Berolina, nach Berlin.
Dort wohnte auch die Stille, Leise,
Die Busenfreundin Evelin.
In Spandau waren wir zusammen,
Wo wir in einem Teiche schwammen
Und dann vereint auf dem Balkon
Frei unter Himmels Pavillon
Uns liebten in Vereinigungen,
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14
Altbabylonische Gesänge
Hab ich gelesen in Berlin,
Des Ishtar-Tores Prachtgepränge
Ward Berolina einst verliehn,
In Uruk-Gart war ich zuhause,
In Spandau in der kleinen Klause
War mir die Große Babylon,
Wo Gilgamesch auf seinem Thron,
In Uruk-Gart wars, in Eanna,
Wo abstieg in das Totenreich
Und selber war den Toten gleich
Die Liebeskönigin Inanna.
Inanna der Poet lobpreist,
Weil seine Muse Anna heißt.
15
Ich war der Tammuz, sie Inanna,
Sie Aphrodite, ich Adon.
Ein Weib der Fruchtbarkeit war Anna,
Ich König war von Babylon.
O Spandau in Berlin, du Städtchen,
Was aus dem Dichter macht das Mädchen?
Zur Göttin wird das Erdenweib,
Zur Göttin wird sie durch den Leib!
Ihr Virtuosen und Solisten,
Poeten, wenn die Muse haucht
Und euch diktiert, was sie selbst braucht,
So folgt ihr Dulder, reich an Listen,
Ob Aphrodite auch Adon
Führt zu der Großen Babylon.
16
Karine zog mich in den Süden,
In die französische Provence.
O Süden, Sommer, Sonne, Frieden!
Je t’aime la France, je t’aime la France!
Wir waren an dem Mittelmeere,
Da badete die Holde, Hehre,
Der Gischt schoß auf am Petrefakt,
Da sie taucht aus dem Meere nackt.
Am Himmel sah ich Aphrodite
Im Himmelsbette mit Adon,
Ihr Himmelsdoppelbett ihr Thron,
Die Sonne über Frankreich glühte,
Da Kinder spielten an dem Strand
Und Burgen bauten aus dem Sand.
17
Ich sagte: O Karine Anna,
Gott segne uns mit Kindern noch,
Denn Kinder sind wie Himmels-Manna!
Und wozu ist des Weibes Joch?
Des Weibes Schoß ist, zu gebären
Viel Kinder ihrem Mann zu Ehren.
Wie sollen heißen denn die zwei,
Sag, wie der Kinder Name sei?
Dem Buffodontel schenke Leben,
Sprach ich, und Akkadanu auch!
Das ist bei uns nun nicht der Brauch,
So Wundernamen zu vergeben,
Sprach Anna, lächelte doch hold
Aus ihrer Seele rein wie Gold.
18
Dann gingen wir zum Papst-Palaste,
Als einst der Papst in Avignon
War als Verbannter dort zu Gaste.
Frei unter Himmels Pavillon
Wir saßen in dem Sonnenstrahle
Vor Santa Klaras Kathedrale,
Wo Laura einst Petrarca sah.
Karine Anna sah ich da
Bei Sesambrot und Quark und Hönig,
Aus Milch und Hönig selbst das Weib,
Aus Meeresschaum und Milch ihr Leib,
Ich war wie der Franzosen König,
Den Magdalena einst gebar
Von Christus, sagt man wunderbar.
19
Dann zogen wir ins Land der Friesen,
Dann zogen wir nach Halbemond.
In diesen Erdenparadiesen
Mit Torsten und Karine wohnt
In ihren Entendaunen-Nestern
Die Schar von Annas Busenschwestern,
Da eine Schwester Claudia
Mich gleich wie einen Bruder sah,
Und Madel mochte mich und Bine,
Die alle kamen aus Berlin,
Vor allen andern Evelin
War Busenschwester von Karine.
Ich mitten in der Schwestern Schoß
Als wie im Harem Salomos!
20
Karine fing schon an zu flirten
Mit irgendeinem dummen Schwanz,
Als das die schönen Schwestern hörten,
Kam Evi vom erhitzten Tanz,
Ich lag auf der Matratze eben,
Da sah ich Evi oben schweben
Hoch über mir, als ich sie sah,
Da schien sie mir Kleopatra,
Die Göttin Isis, Mensch geworden.
Die schwarzen Strümpfe wie ein Netz,
Wie ein mosaisches Gesetz
Geboten mir im Minne-Orden,
Anbetend zu verehren sie
In tiefer Minne-Sympathie.
21
Wenn Anna war die Göttin Venus,
Die Göttin Isis Evi war.
O hilf mir, Jesus Nazarenus,
Es ist doch allen offenbar,
Daß meine Seele, viel verspottet,
Die holde Weiblichkeit vergottet.
Doch Göttin ist ja nicht das Weib,
Von Gott geschaffen Geist und Leib,
Sind diese schönen Kreaturen
Ja göttliche Geschöpfe nur,
Doch ist des Weibes Kreatur,
Die Heiligen und auch die Huren,
Von Gottes-Ebenbildlichkeit,
Ikonen sie der Göttlichkeit.
ZWEITES KAPITEL
„... Secretary Sis’-
if you focus this...“
(Ben Jonson)
1
Dann hatt ich meine Jugendliebe
Auf einmal an dem Telefon.
Ihr Monden-Augen, Herzensdiebe,
Du Königin der Seele, Marion!
Geheime Liebe, Irisblume,
Licht in des Herzens Heiligtume,
Du gingst durch meinen Innenraum
Als innre Frau aus reinem Traum,
Als Lichtgestalt von Art der Engel,
Du reine Phantasiegestalt,
Du Jugend, welche nie wird alt,
Du Jungfrau ohne alle Mängel.
Karine war zwar nebenan,
Doch Marion, ich rief sie an.
2
Da musst ich legen ein Orakel,
Ob mir die Liebe noch geling,
Ob Marion, ganz ohne Makel,
Mich liebe? Ich frug das I Ging,
Schafgarbenstengel tat ich zählen
Und den verwerfen, den erwählen,
Und dann bekam zur Antwort ich
Geraun-Orakel innerlich:
Der erste Adam in dem Garten
Der erste Adam in dem Garten
Verging sich in dem Sündenfall,
Die Kreaturen in dem All
Den letzten Adam jetzt erwarten,
Erwarten Christi Wiederkunft,
Den Frieden über die Vernunft.
3
Im weißen Winter las ich Anna
Achmatowa, Achmatowa.
Hosanna in der Höh, Hosanna,
Im Epos ohne Heros da
Gespenster taten mächtig spuken,
Ruckediguh die Tauben rucken,
Am Judenfriedhof saß ich nachts
Und leise weint es, leise lachts
Und Dichter nehmen Belladonna,
An jüdischer Kapelle Tor,
Da ging ein Geisterwesen vor,
Da plötzlich sah ich die Madonna
In himmelblauem Umhang weit,
In einem rosenroten Kleid.
4
So zog ich in den hohen Norden
Ostfrieslands, in die Hafenstadt,
Dort einsam im geheimen Orden
Zu dienen, aller Wollust satt,
Zu dienen der geheimen Dame.
Ein Freund, und Enno war sein Name,
Er nahm mich auf in seinem Haus,
Da ging ich einsam ein und aus
Und lauschte Ennos Herzgeschichten,
Der Birgit liebte ohne Glück,
Die keine Liebe gab zurück.
Ich wusste auch ein Lied zu dichten
Von unerfüllter Liebe, ach,
Da einsam liegt man im Gemach.
5
Nicht einsam war ich in dem Zimmer,
Karine war mir nachgereist,
Reale Frau, nicht nur ein Schimmer,
Von Fleisch und Blut, nicht nur ein Geist.
Da liebten wir uns in der Kammer,
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6
Phantastisch träumen die Phantasten.
Im Traum sah ich die weiße Frau
Sich zärtlich durch mein Dunkel tasten
Und durch des Seelenschlosses Bau
Sah innen ich die weiße Dame,
Und Buße war der Dame Name,
Sie war die reinste Lichtgestalt,
Ein Engelwesen ewig-alt,
Den Todesengel konnt ich sehen,
Der Geist, den ich gesehen hab,
Der öffnete den Stein vom Grab,
Die Toten durften auferstehen,
Der Todesengel mit dem Mohn,
Der schien mir Jungfrau Marion.
7
Karine riß mich aus der Trauer,
Nahm mit sich ihren Salomo
Nach Frankreich wieder, Wonneschauer,
Als Ostern wir in Fontaine Bleau
Bei einem alten Freunde lebten,
Wie freudig Annas Brüste bebten,
Als wir in Fonatine Bleau im Wald
Auf Erden unsern Aufenthalt
Gemeinsam hatten, bei den Klippen
Uns liebten! O das war kein Fluch,
Schrieb Anna in ihr Tagebuch:
So wahr Er lebt und meine Lippen,
So wahr Er lebt und meine Lippen,
Ich hatte nie in meiner Brust
So eine schöne Liebeslust!
8
Im Wald von Fontaine Bleau die Hütte
Errichtet war vom Zimmermann.
Schafgarbe, sagt die alte Sitte,
Schafgarbe ruft mit Namen man
Sankt-Josefs-Kraut. Ihr Zimmermänner,
Ihr Alleskönner, Alleskenner,
Wenn ihr euch eine Wunde haut,
Dann nehmt nur das Sankt-Josefs-Kraut,
Daß eure Wunden bald verheilen.
Sankt Josef, meine Wunde schmerzt,
Das Herzweh ist noch nicht verschmerzt,
Du mögest mit der Heilung eilen
Und alle Schnitte in der Haut
Verheilen mit Sankt-Josefs-Kraut!
9
Ich sagte, Ostern wars im Lenze,
Als wir vereint in Fontaine Bleau.
Wir tanzten keine Reigentänze
Und waren dennoch kindlich froh
Und suchten zu der Osterfeier
In Fontaine Bleau die Ostereier.
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Karine auch war voller Gnade,
Man sagt, der Frauen Wesen sei
Gleich einem Schokoladen-Ei,
Das Weib sei süß wie Schokolade.
Ich singe euch ein Lied davon,
Ich kenn das süße Glückshormon.
10
Wir kamen also zu den Basken,
Am Fuß der Pyrenäen dort
Theater spielten dort die Masken
Und Pastorale an dem Ort.
Dort auf dem Bauernhofe Bauern
Nicht um die toten Enten trauern,
Die Entendaunen nutzen sie
Für Federbetten. Schau wie die
Geschickten schwarzen Katzen schleichen
Und Salamander huschen schnell.
Doch Torsten saß, der Junggesell,
Studierte innerlich die weichen
Geliebten Verse-Harmonien
Von Rilke, er verehrte ihn.
11
Der Hirte Marc auf seinem Hofe
Schor eben seine Lämmerschar.
Nun einen Reim braucht meine Strophe,
Die Muse küsst so wunderbar!
Bereits im ersten Morgendämmer
Geschoren werden Schaf und Lämmer,
Erwacht sind eben sie vom Schlaf
Und schon geschoren wird das Schaf.
Die Schafe bei der Schur, sie zappeln.
Karine schaut dem Ganzen zu,
Empfindsam ihre Seelenruh,
Empfindsamkeit wie Zitterpappeln
War auf Karines Angesicht
Zu lesen deutlich in dem Licht.
12
Und Torsten und Karine gingen
Zum Friedhof, wo begraben lag
Cathy. Dort auf dem Friedhof singen
Die Engel jeden neuen Tag
Und Hymnen singen dort die Boten
Dem Ewigen, die lieben Toten
Einstimmen in die Symphonie,
In Gottes Sphärenharmonie.
Dort sah ich einen großen Engel,
Zum Himmel reichte seine Stirn,
Die weiß wie eine Gletscherfirn,
Der lichte Engel ohne Mängel
Karine tröstete am Grab,
Wie ich im Geist gesehen hab.
13
Der Höhepunkt der Pyrenäen
Die stille Hirtenhütte war,
In Sapphos Oden dort zu sehen
Und Sappho selbst zu sehen klar,
Und wie der erste Mensch Pan Kao
Ganz eins zu sein mit Mutter Tao,
Wie Lao Tse, o Muse, sing,
In seinen Versen Tao-Te-King,
Vom großen Einssein mit der Einheit,
Mit Rilke meditierend stand
Ich auf dem Herzgebirge, fand
In der Natur die große Reinheit
Und rief dem höchsten Gotte zu:
Erhabne Taube, Iahu!
Erhabne Taube, Iahu!
14
In einen Stein hab ich gesehen
Und sah im Stein das ganze All.
Alleine auf den Pyrenäen
Ich selig durch die Nebel wall
Und seh der Lämmervliese Flocken
Auf Heidekraut, der Lämmerglocken
Schall tönte durch das offne Blau,
Auf Erika wie Schleier Tau,
Gefrorner Rauhreif. Widderschädel
Im Heidekraute weiß und nackt,
Ein Sessel war ein Petrefakt,
Ich sah erhabne Gipfel edel,
Ein Landeplatz den Himmlischen,
Ich pries den Einen, Ewigen!
15
Ich schaute auch des Nachts im Dunkeln
Ein Einhorn laufen unterm Mond
Und sieben Regenbogen funkeln,
Da mit Karine ich gewohnt
Im Lichte einer Wachsmadonne
Bei Brot und Wein. Und meine Wonne
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16
Dann in die hohen Pyrenäen
Karines Schwestern kamen auch.
Drei Schwestern, alle anzusehen
Wie milder Gottesschönheit Hauch.
Ich freute mich so sehr auf Bine,
Wie Harlekin auf Colombine,
Sie, die von den Karpaten kam,
Die Runen in die Hände nahm
Und machte einen Wetterzauber.
Romantische Romanze war
Mir Bine, wurde wunderbar,
Wie Turteltaube für den Tauber,
Die ruckt und ruckt und gurrt und gurrt
Und Runen raunend murmelnd murrt.
17
Die andre Schwester von Karine,
Schauspielerin war Claudia,
Die Busenfreundin war von Bine,
Die ich als Komödiantin sah,
Als Komödiantin Colombine,
Ich liebte doch die Harlekine.
Die Komödiantin Claudia
Französischer Commedia
Stets mit Pierrot und Pulcinelle
Auf ihrer Bühne scherzte froh,
Wie gerne scherzte doch Pierrot
Mit jener Zofe Cindarella.
Sie alle machten Sprünge da,
Die Zanni der Commedia.
18
Die dritte Schwesterbraut hieß Madel,
Maria Magdalenerin,
Sie war die Venus ohne Tadel,
Die schöne Mediceerin,
Mit ihren langen roten Locken
Und ihrer Brüstchen Silberglocken
Und ihrer schlanken Anmutsform,
O diese Grazie, enorm!
O danse de ventre! Madel, tanze !
Ja, Madel, tanze auf dem Tisch !
Die Lebensgeister werden frisch
Bei dieser Venus reinem Glanze,
Sie hat die Hüften so bewegt,
Das Becken, dass es mich erregt!
19
Nach dieser grenzenlosen Freiheit,
Dem Himmel nah zu wohnen, ach,
Paris mit seiner Einerleiheit
Die stille Seelenruh zerbrach,
Geschaffen schien zum Eremiten
Der junge Mann, dem Seelenfrieden
Geschaffen und der Seelenruh.
Paris war lärmend immerzu
Und Chaos war sein wildes Lärmen,
Wie Schwarze trommeln laut und stark,
Da bebte innerlich mein Mark,
Wie wilde Reiterhorden schwärmen,
Und statt des Friedens Harmonie
War Chaos nur und Anarchie.
20
Ich weiß, ich war vor Gottes Tempel,
Doch trat nicht in die Kirche ein.
Ein einzigartiges Exempel,
Ein Evangelium in Stein,
O Große Mutter, Unsre Dame,
Marie, Marie dein schönster Name,
O Vierge Marie, o Notre Dame,
O Vierge Marie, plus belle des femmes,
Die Weisheit sucht ich vor dem Tempel,
Was ich statt dessen irdisch seh
Ist eine Menge von Kaffee
Und Kuchen. Jeder drückt den Stempel
Dem Künstler auf, es sei nur Wahn,
Was Weisheit ist nach Gottes Plan.
21
Wir wohnten unter den Trabanten,
Studierten dort die Malerei.
Man nannte mich den Unbekannten,
Ob ich Genie im Wahnsinn sei?
Die Arche Noah wir erkannten
Dort in dem Meere der Trabanten,
Den Bogen des Triumphes sah
Ich herrlich und wir gingen da
Zum Elysäischen Gefilde.
Ach Anna, Anna, süße Frau,
Karine, noch weiß ich genau,
Wie du gewesen süß und milde,
Und ob auch fehlte keusche Zucht,
War süß des Lebens goldne Frucht.
DRITTES KAPITEL
„Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist auch nicht dein Mann.“
(Wort Jesu)
1
Mit Anna fuhr ich jetzt nach Polen,
Mit Anna und mit Evelin.
Ich liebte beide unverhohlen,
Allein die eine mit dem Sinn,
Die andre in dem Minne-Geiste.
Da ich durchs schöne Polen reiste,
Sah Krakau ich, den Bischofssitz,
Da Ethik ward gelehrt mit Witz,
Dort Priester sprachen von dem Leibe.
Ben Jonson war mit mir und auch
Maria Rainer Rilkes Hauch
Und an der Hand von meinem Weibe
Kam ich bei den Karpaten an
Und wandelte am Flusse San.
2
Dort waren auch Zigeunerinnen
Und Neue Heiden, wild und frei,
Und in dem Zelt von schwarzem Linnen
Bei mir lag Anna, nahebei
Lag neben mir auch Freundin Evi.
O Priester ihr vom Stamme Levi,
Der Vater Jakob hatte auch
Nicht Lea nur mit dickem Bauch,
Auch Rahel mit den lichten Augen.
Fürst Myschkin war da, der Idiot,
Der allen reine Liebe bot,
Doch dieser Welt schien nicht zu taugen
Der Idiot, der reine Tor,
Den nahm ich mir als Vorbild vor.
3
In einem Hügelhain versammelt
War eine neue Heidenschar,
Wo jeder Heide Lob gestammelt
Den neuen Göttern sonderbar.
Da stand ich vor dem Fuß der Luna,
Die jung und schön war wie Iduna,
Und bat um eine Feder nur,
Ein Lied zu schreiben. Keine Spur
Von Feuer war in meinem Triebe,
Die Kerze war erloschen und
Die Seele war verletzt und wund.
O Gott, o schenk mir deine Liebe,
Gott, öffne du der Liebe Tür!
Ich flehe bettelnd hier vor dir!
Ich flehe bettelnd hier vor dir!
4
Jetzt war ich noch für sieben Tage
Bei meiner Oma, die war alt.
Ach, dass ich heute nicht verzage,
Dank ich der liebenden Gewalt
Großmütterlicher Mutterliebe.
Doch ich in meinem wilden Triebe
Zerrissen war: Da Trieb, da Geist.
Es zählt allein der Geist, es heißt,
Der Geist alleine sei unsterblich,
Dem Körper aber sei die Zeit
Und seine eigne Sterblichkeit
Und dass er einst verwest, verderblich.
Doch auch der Körper, wie wir sehn,
Wird einst erwachen, auferstehn!
5
Ach sollt ich meiner Oma beichten,
Daß meine Seele Marion
Verehrte, meine Geister neigten
Sich vor der Frau in ihrem Thron
Und dass Karine ich genossen
Und oft wir sind in eins geflossen
Und dass der Zweifel mich gequält,
Dort eine Minne, die beseelt,
Dort eine Liebeslust, die weiblich?
Ach Oma, ich blieb lieber stumm,
War wie ein kleiner Knabe dumm,
Du aber, Oma, überweiblich,
Du spürtest die Zerrissenheit
In meiner Seele Zweisamkeit!
6
Ach Oma, wirst du einmal sterben,
So sei du meine Engelin!
Soll ich um Hohe Minne werben?
Mich geben einem Weibe hin?
Soll leben ich in einer Ehe?
Womöglich gar in Gottes Nähe?
Womöglich gar in Gottes Nähe?
Von diesen Zweifeln arg geplagt,
Hab ich die Oma nicht gefragt,
Doch angefangen, Gott, zu beten,
Zu beten für mein Omilein,
Sie mög bei Gott bald selig sein
Im Paradiesesgarten Eden,
Wenn sie im Grab zur Ruh sich legt,
Bei Gott sie ihre Rosen pflegt.
7
Karine lag in ihrem Bette
Und ich las Rudolf Steiner gern.
Was Anna aber lieber hätte,
Ich wär ihr geistig nicht so fern.
Sie liebte heiße Sommerferien,
Ich die ägyptischen Mysterien
Und den Bezug vom Heidentum
Ägyptens zu dem Christentum,
Ob etwa gar Osiris wäre
Derselbe Gott wie Jesus Christ,
Ob Isis die Madonna ist,
Ich suchte nur der Wahrheit Ehre
Und fragte ohne allen Spott:
Wer, Götter, ist der wahre Gott?
Wer, Götter, ist der wahre Gott?
8
Bei all den Seelenwanderungen
Und bei dem steilsten Geistesflug,
Den mystischen Begeisterungen,
Was ist da Wahrheit, was Betrug?
Fahr ich gen Himmel, bin ich panisch,
Schau ich die Engel, bin ich manisch,
Erkenne ich der Weisheit Plan,
Vielleicht ist alles nichts als Wahn?
Karine aber irdisch-weiblich
War eine Atheistin nur,
Abgöttisch liebend die Natur
Und Liebe liebte sie nur leiblich,
Hielt nichts vom Platonismus, nein,
Ein Ideal wollt sie nicht sein.
9
Areligiöse liebe Anna,
Was ich dir noch zu sagen hätt,
Ich hörte Engel Hosianna
Frohlocken, aber dann ins Bett
Will ich zu meiner Liebsten steigen
Und alle meine Liebe zeigen,
O was wir alles nackend sahn,
O was wir alles nackt getan!
Des Wahns geheimnisvolle Rose
Mit Geisteraugen anzuschaun
Und nicht zu sehen mehr die Fraun,
Sagt Steiner, führt in die Psychose
Und alle Seelensympathie
Zu Depressionen und Manie.
10
Das aber wusste nicht Karine:
Ich las im Neuen Testament!
Ich las im Neuen Testament!
Messias war mit milder Miene
Bei der Familie, die er kennt.
Sankt Martha war beim Kücheputzen,
Sie dachte praktisch an den Nutzen,
Sie hat den ganzen Raum gewischt
Und alles duftete erfrischt.
Sankt Martha aber voll Beschwerde
Sprach zum Messias immerzu:
Die Schwester hört dir immer zu
Die Schwester hört dir immer zu
Und sorgt sich nicht ums Zeug der Erde.
Sag meiner Schwester doch, o Herr,
Daß sie auch tut im Haushalt mehr!
11
Sankt Magdalena aber lauschte,
Maria von Bethania,
Was von des Meisters Munde rauschte,
Die ganze Sapientia!
Die Treuste aller Schülerinnen,
Den Herrn als Weisheit tat sie minnen,
Hat nicht den Herrn allein verehrt,
Sie ward vom Meister auch belehrt.
So Martha liebte das Aktive,
Wie Lea fruchtbar in der Welt,
Doch Jakob Rahel mehr gefällt,
Maria war die Kontemplative,
Sankt Magdalena, Jesu Braut,
Die rein und geistig Gott beschaut.
12
Der beiden Schwestern frommer Bruder,
Das war der arme Lazarus.
Nein, Magdalena war kein Luder,
Die würdig war des Meisters Kuss.
Sankt Lazarus mit seinen Wunden,
Geleckt von wilden Straßenhunden,
Er war sehr arm, er war nicht reich.
Jedoch in Gottes Himmelreich
Er war in Vater Abrams Schoße.
Der Reiche in der Welt war reich,
Er fuhr hinab in Hades’ Reich,
Der Arme aber war der Große
In Gottes Vateraugen, lieb,
Der stets im Schoße Gottes blieb.
13
Ich aber hörte Jesu Stimme
In Gottes lieber Biblia.
Nicht Stimme wars voll Zorn und Grimme,
Nein, sanfte Sapientia.
Als alle Jünger Jesu fliehen
Und Er allein in Samarien
An Josefs Wasserbrunnen saß,
Sich spiegelnd in dem Wasserglas,
Die Samariterin gewandelt
Ist zu dem tiefen Brunnenloch
Und dachte an das Trinken noch,
Als Jesus liebevoll gehandelt
Und ansprach voll von mildem Sinn
Die schöne Samariterin.
14
Wo ist dein Mann, du schönes Mädchen?
Sprach Er zur Samariterin,
Die lebte in dem kleinen Städtchen
Bekannt als eine Sünderin.
Da sprach die Frau: O Herr, ich hatte
Nie einen Mann, der war mein Gatte.
Ja, sagte Jesus, du hast recht,
Du hast gehandelt schlimm und schlecht,
Du hattest ja schon sieben Männer
Und jener, der jetzt bei dir lebt,
Für den dein voller Busen bebt,
Ist nicht dein Gatte. – Alleskenner,
Du, sprach die Frau, bist ein Prophet,
Von wahrer Gottesmajestät!
15
Da hörte ich des Meisters Weisung:
Fünf Frauen hast du schon gehabt,
Fünf Frauen hast du schon gehabt,
O Liebe, deiner Seele Speisung,
Und Anna, die dich jetzt erlabt,
Die Aphrodite, deine Göttin,
Karine ist nicht deine Gattin!
Sag, suchst du eine Ehefrau,
Mit weißem Leib, mit Augen blau,
Komm nicht in die intime Nähe
Mit dem dir nicht vermählten Weib,
Denn alle Wollust von dem Leib
Gehört ins Heiligtum der Ehe.
Der Weisheit im Ideensaal
Sag du: Wer ist dein Ideal?
16
Nun hörte ich vom Juden Saulus,
Von dem Hebräer namens Saul,
Die Christen nennen ihn Sankt Paulus,
Der vor Damaskus fiel vom Gaul.
Sankt Paulus predigte die Ehe,
Wenn Mann und Frau intimer Nähe
Vereinigt sind, ist das ein Bild,
Wie Jesus Christus sanft und mild
Vermählt der Kirche ist, der schönen,
Doch das ist ein Mysterium,
Ein Sakrament, ein Heiligtum,
Nicht blinder Wollusttriebe Stöhnen,
Die Ehe heilig ist vor Gott,
Nicht wilder Triebe Hohn und Spott.
17
Doch Paulus lebte ohne Gattin
Und diente nur dem Gottesstaat.
Die Charis Gottes seine Göttin,
Vermählt mit ihr im Zölibat
War der bekehrte Eifrer Saulus,
Apostel aller Welt, Sankt Paulus,
Er lebte in Jungfräulichkeit
In dieser letzten Gnadenzeit.
Er wollte lieber, dass doch alle
Frei wären für den Dienst des Herrn,
Geweiht allein dem Morgenstern,
Anbetend täglich in der Halle,
Der schönen Halle Salomos,
Vermählt der Gnade Gnadenschoß.
18
Da wusste ich, dass ich entscheiden
Mich muß, wenn ich ein Christ will sein,
Mich muß von freier Liebe scheiden,
Entweder leben ganz allein,
Wenn nicht allein, so in der Ehe,
Nicht in intim-vertrauter Nähe
Mit einer Frau, mir nicht vertraut,
Von Gottes Hand nicht angetraut,
In Lüsten mit der Konkubine.
Ich suchte die Jungfräulichkeit,
Des Himmels Ehelosigkeit
Um Gottes willen. Denn Karine
Doch fragte leider nicht nach Gott,
Ihr waren selbst die Götter Spott.
19
Noch einmal sah ich meine Oma
Und wusste nicht, zum letzten Mal.
Gott opfre ich den Becher Soma
Für Oma im Ideensaal.
Es war am Tag von Sankt Sylvester,
Im Herzen trug ich meine Schwester
Karine und im Herzensthron
Auch meine Dame Marion,
So war ich innerlich zerrissen,
Dort Wirklichkeit und dort der Traum,
Da glich ich einem Feigenbaum,
Der keine Frucht bringt im Gewissen,
Der bringt nicht süßen Feigenmus
Und keine rechte Frucht der Buß.
20
Weil Marion mit Vatersnamen
Den Namen trug der Buße: Buß,
In mich gesät des Wortes Samen,
Daß ich auch Früchte bringen muß,
Die reifen Früchte rechter Buße,
Dieweil Karine Göttin Muße
Und Göttin Wonne, Göttin Lust
Für mich gewesen, ihre Brust
War süße Wollust, süße Wonne,
Karine aber war das Fleisch,
Doch Marion war rein und keusch,
Jungfräulich, heilige Madonne.
So stand zerrissen ich und wen
Verwundert, dass ich schizophren?
21
Doch Oma tat mich dennoch segnen
Und sprach: Corinna ist sehr lieb,
Dir mögen Gottes Gnaden regnen,
Der Hirte immer bei mir blieb,
Gott nämlich ist der Gute Hirte,
Der mich auf grüne Auen führte,
So folge du dem Hirten auch!
Corinna aber hab ich gerne
Und du, mein Enkel, bist Poet,
So preis der Liebe Majestät,
Du weihe dich dem Morgensterne,
Corinna singe du dein Lied
Wie Salomo sang Sulamith.
VIERTES KAPITEL
“My Muse is gone!”
(Ben Jonson)
(Ben Jonson)
1
Karine lag in ihrer Kammer,
Sie lag allein in ihrem Bett.
Mein Herz war voll von Sterbejammer,
Ich wollte keine Lust kokett.
Da las ich von der großen Maya,
Der Illusion vom Himalaya,
Und von der Göttin Laxmi schön,
O Laxmi, seufzt ich voll Gestöhn,
Du milde Göttin sanfter Miene,
Vom Elefanten naß gespritzt,
Die auf der Lotosblüte sitzt,
Ich glaube gar, du bist Karine,
O Maha Devi Laxmi du,
Glücksgöttin voller Seelenruh!
2
Karine nahm mich zum Spazieren
In einen dunklen Eichenwald.
Wer kann die Zeichen von den Tieren
Verstehen, Weisheit, die uralt?
Den Uhu hört ich leise heulen,
Ich schaute weiße Schleiereulen,
Da wusste ich, es naht der Tod.
Hoch Luna voll am Himmel loht,
O große Luna, weiblich-runde!
Ich hörte stillen Uhu-Ruf,
Der Herr im schaffenden Beruf
Mich lehrte in der dunklen Stunde,
Die Vogelsprache zu verstehn.
O Tod, wie eine Eule schön!
3
Vorm Hause von Karines Mutter,
Drei fromme Christinnen vereint,
Gespeist mit Logos’ Engelsfutter,
Sie sprachen, wie mein Geist gemeint,
Ein Raunen, mystisches Orakel:
O Gottesmutter ohne Makel,
O Gottesmutter ohne Makel,
Uralte Mutter, da sprachst du:
Ich denke an die Seelenruh,
Ich denke an die Seelenruh,
Des frommen Todes Seelenfrieden,
Mir ist, ich wär schon abgereist,
Ich wäre schon ein Engelsgeist,
Nicht mehr im Schattenreich hienieden!
Da wusst ich: Oma spricht zu mir.
Drum wollt ich eilen auch zu ihr.
4
Karine wohnte bei der Mutter,
Bei der französischen Maité.
Dort gab es immer leckres Futter
Und einen köstlichen Kaffee.
Maité in ihren Silberhaaren
Und ihren sechzig, siebzig Jahren
War eine Dame würdevoll.
O Muse, diene du Apoll
Und lehr französisch du die Zunge,
Verlaine verehrend und Rimbaud,
Wie Sulamith den Salomo
Geliebt, die Reizende, die Junge,
So, Muse, liebe du Apoll,
Die du bist aller Künste voll.
5
Karine hatte eine Kammer
In ihrer edlen Mutter Haus.
Das Wort des Herrn ist wie ein Hammer,
Nie geht des Wortes Samen aus.
(...................................................
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......................................................
.....................................................
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......................................................
.....................................................
....................................................
...................................................)
6
Allmächtiger, du Gott am Kreuze,
So plötzlich kam ich ins Gebet,
Schau, angesichts der Frauenreize
Anbetet fromm dich der Poet.
Allmächtiger? So frug voll Staunen
Karine auf mein frommes Raunen,
Allmächtiger? Du glaubst an Gott?
Ein Staunen war es, war kein Spott.
Unwissenheit in solchen Dingen
Gab jederzeit Karine zu,
Doch sprach sie immer: Glaube du!
O Muse, laß als Schwan mich singen
Mein Schwanenlied vom Gnadentod!
Ich preise, was dein Mund mir bot!
7
Gestorben bist du, liebe Oma!
Vor deinem Tode sprachst du noch:
Hör ich die Glocke jetzt von Roma?
Hör ich die Glocke jetzt von Roma?
Entschwebe ich dem Erdenjoch?
Und hör ich meinen Torsten singen?
Ich höre Torstens Stimme klingen!
Ach Jesus, nimm mich in den Arm,
Erbarm, o lieber Gott, erbarm!
So Oma ihre Seele hauchte
In Gottes Ozean, der Zeit
Entflohen in die Ewigkeit,
Sie in das Meer der Liebe tauchte
Und – o mein Heiland an dem Holz –
Mit Gottes Ewigkeit verschmolz!
8
Ich war in ihrem Sterbezimmer
Und fand ein kleines Andachtsbuch
Von Mutter Eva. Voller Schimmer
Der Heimgegangnen Wohlgeruch
Umgab mich in der kleinen Kammer,
Da weinte ich in meinem Jammer,
Sprach Mutter Eva: Aber du,
O Herr! Der Psalm gibt mir die Ruh,
Daß Gott ist immer der Ganz-Andre.
Bei Gott ist Rettung allezeit,
Gott hilft uns in die Ewigkeit.
So weiter, meine Seele, wandre!
Doch du, o Herr, doch du, o Herr,
Bist Ich-bin-da! Was will ich mehr?
9
Da sah ich vor mir Jesu Christe
Erscheinen in dem blauen Rauch.
O Oma an der Wonnen Küste,
Erfleht hast du mit letztem Hauch
Und letztem Gurren wie die Tauben,
Daß Gott mir gebe seinen Glauben!
Da fiel ich auf mein Angesicht
Vor Christus in dem finstern Licht
Und habe Christus angebetet:
Mein Herr und Gott, mein Meister du,
Mein Herr und Gott, mein Meister du,
Du meine Liebe ohne Ruh,
Du Weisheit, die nie ausgeredet,
Du Kraft, du Schönheit voller Geist!
So meine Seele Jesus preist!
So meine Seele Jesus preist!
10
Nun aber fuhr ich mit Karine
Ins Katholikenland nach Köln,
Daß ich dem neuen Christus diene
Am Vater Rhein mit seinen Welln.
Am Straßenrande wuchs viel Ginster,
In meiner Seele wars nicht finster,
Denn Jesus Christus war ja da.
Da wir bei Schwester Claudia
In ihrer Wohnung wohnten, hörte
Karine, dass ein alter Freund,
Der stets mit ihr es gut gemeint,
Gestorben war. Und Gott erhörte
Karines Flehen in der Not:
Hallelujah! Mein Freund ist tot!
Hallelujah! Mein Freund ist tot!
11
Die Weisheit schenke mir der Vater,
Die auch in Shakespeares Dramen ist.
Ich las das britische Theater,
Ob Shakespeare Katholik und Christ,
Wie mancher sagt, ich kanns nicht sagen.
Doch lernte ich in jenen Tagen
Bei Shakespeare einen süßen Trost.
Ich heb den Kelch auf Shakespeare, Prost!
Wie Hamlet schaute Totengeister,
Ich schaute Geisterschatten auch.
O Muse, hauche deinen Hauch
Und bau mir ein Sakraltheater,
Daß man mich Shakespeares Enkel nenn
Und Jünger von dem großen Ben!
12
Alleine ging ich an dem Morgen
Zum stillen alten Vater Rhein.
In meinem Herzen Liebessorgen,
Ob Marion noch werde mein?
Idee nur im Ideensaale,
Unleiblich reine Ideale,
In meines Herzens Gnadenthron
Gleich der Madonna Marion
Saß da und wollte gar nicht fliehen.
Gesehen ich im Geiste hab
Jerusalem und Gottes Grab
Und eilig eilen drei Marien,
Als Nixe schwamm im Rheine da
Sankt Mariam von Magdala.
13
Ich wollt nun länger nicht zerrissen
Im Geiste lieben Marion
Und Anna auf den schwülen Kissen,
So lief ich eilend ihr davon.
Nicht weiter eine Konkubine
In Lüsten lieben und Karine
Nur nutzen für die eigne Lust
Und doch den Stachel in der Brust
Und doch voll Qualen das Gewissen!
O heiliges Gewissen, dein
Orakelwort ertöne rein,
Zwei Seelen länger nicht zerrissen
Wollt ich di-psychos nicht mehr sein,
Nein, endlich einig und allein!
14
War das ein Weg zu Gott? Orakel
Verkünde mir das Bibelbuch,
Madonna möge ohne Makel
Empfangen Weihrauchs Wohlgeruch,
Die Weisheit soll den Weg mir weisen:
Von Anna nun mich loszureißen
Von Anna nun mich loszureißen
Ich brauche eine Weisung klar!
Vorbei an Zypern fuhr ich, war
Nicht mehr im Netz der Aphrodite,
Nicht trieb mich mehr das Tier im Blut,
Nein, eilig zu der Freundin Ruth,
Vermählt mit mir in dem Gemüte,
Daß ich den Seelenfrieden seh
Und ist sie nichts auch als Idee!
15
In Oldenburg vorm Herzogsschlosse,
Da war des Knaben Wunderhorn.
Genossin, sagte der Genosse,
Ich trank aus deines Leibes Born,
Ich sah dich bar von jedem Hemde,
Im Innern bin ich dir doch fremde,
Ich sage mich von deinem Schoß
Und deinen schönen Brüsten los
Und mich von deiner Nähe scheide,
Ich bleibe jetzt allein, allein!
Karine aber sagte: Nein,
Zieh nicht dein Schwert aus meiner Scheide!
Und Anna heulte: Weh mir, weh,
Wenn ich dich nie mehr wiederseh!
16
Zurückgezogen und alleine
Las Bücher ich des Christentums,
Zuallererst die engelreine
Vision des Evangeliums
Von dem Messias Gottes, welche
Sah Klopstock im Orakelkelche.
O Fanny, Fanny, wie ich lieb
Dich Engelin mit reinem Trieb,
Denn du bist eine Hohe Minne,
Die Himmelsfrau, die ohne Spott
Den Sänger führt zum lieben Gott,
Du Dame, aller Gnaden inne,
Dich lieb ich mehr als Cidli, die
War Gattin stiller Sympathie.
17
Und dann studierte ich den Dante,
Die göttliche Commedia.
Gepriesen sei der Unbekannte,
Den Dante im Gesichte sah,
Gelobt die heilige Amice,
Die göttergleiche Beatrice,
Des Sängers Seelenführerin,
Die führte ihn zur Liebe hin,
Der Liebe, welche ohne Spott
Gott Amor war, der wahre Gott,
Der Herrscher aller Sonnen fern
Und Herrscher über jeden Stern.
18
Dann las ich Vater Augustinus,
Wie er von Herzen Gott gesucht.
Ihr Sänger, Orpheus du und Linus,
Auch Augustin war einst verrucht,
Zwei Freundinnen in wilden Sünden
Ihm seiner Sünden Ruhm begründen
Und schwer nur riß er doch sich los
Von beider Sünderinnen Schoß,
Um unter Führung seiner Mutter
Zu Gott zu finden. Monica
Im Geist die Weisheit Gottes sah,
Die Hostia, das Engelsfutter,
Im Geiste liebte Monica
Dich, Herrin Sapientia!
19
Doch da ich nun ein Christ geworden,
Trat auch der Satan auf den Plan.
Ein Kerl, der war vom Satans-Orden,
Vom Satan auch besetzt mit Wahn,
Der hetzte seinen schwarzen Pudel
Auf mich und ein Dämonenrudel
Und nannte Christus Schwächling nur
Und Abgott menschlicher Natur
Und höhnte noch mit bösem Spotte
Den süßen femininen Reiz
Karines und den Herrn am Kreuz
Als einen gottverlassnen Gotte
Und er vertrieb mich aus dem Haus.
Herr! Treibe die Dämonen aus!
20
So ging ich nächtlich durch die Gassen,
Wo keine Seele mich mehr kennt,
Von aller Menschenschar verlassen,
Allein das Neue Testament
Als Gottes Wort in meinem Beutel,
Denn alles andre ist doch eitel,
Und alle Bücher ich verlor
Und stand nun wie ein armer Tor
Vor einem nackten Neubeginne,
In meinem Geiste nichts als Gott,
Den Odem nur in dem Schamott,
Im Herzen nur die Hohe Minne,
Im Fleische nichts als Buß und Reu,
O Meister, du machst alles neu!
21
Hier also schließ ich diese Dichtung,
Ich schrieb sie in dem Irrenhaus,
Zu Toten nahm ich meine Richtung
Und ging im Jenseits ein und aus.
Gestorben ist zuletzt Karine,
Ein Lächeln lag auf ihrer Miene,
Als sie lag auf dem Sterbebett,
Die immer lieb zu mir und nett.
Ein Jahr lang weinte ich voll Trauer
Und so verlor ich den Verstand
Und wollte auch ins Totenland.
Gott trockne meine Tränenschauer!
Karine hatte ich sehr lieb,
Darum ich diese Verse schrieb.
ZWEITER TEIL:
DIE FREUNDIN
ERSTES KAPITEL
„In deine Heiland-Arme, Tod!“
(Else Lasker-Schüler)
1
Ich wohnte an dem Schwanenpfade
Im Norden Frieslands, nah am Meer.
Nicht Kind des Zorns mehr, Kind der Gnade,
Nun wachte über mich der Herr.
Doch keine Kirche war gemeinsam
Mit mir versammelt, sondern einsam
Studierte ich die Heilge Schrift.
Doch nahm ich auch noch oft vom Gift,
In Haschisch-Halluzinationen
Ich lebte dauernd wie im Traum,
Allein in meinem kleinen Raum,
Da, dacht ich, Engel mit mir wohnen.
Spazieren ging ich oft zum See,
Wo Schwäne waren weiß wie Schnee.
2
Nicht nur der Singschwan dort, der weiße,
Nicht nur der Höckerschwan wie Schnee,
Auch Trauerschwäne dort im Kreise,
Die schwarz wie Gram und Todesweh.
Mit einem Trauerschwan im Teiche
Ich tat als Gottesmann das gleiche,
Was Priester tun, ich gab ihm Brot,
Er nahm es mit dem Schnabel rot,
Dafür mir schenkend eine Feder,
Denn unterm schwarzen Flügelkleid
Der weißen Federn Herrlichkeit
Verborgen war. Das sieht nicht jeder,
Ich aber sah in meinem Wahn,
Was mir gezeigt der Trauerschwan.
3
Ich dachte an die Schöne Dame,
Die Jugendliebe Marion.
Was ich geliebt, das war ihr Name,
Morgana wars von Avalon,
Maria war sie, die Madonna,
Sie war die Jungfrau Marionna,
Die in der Jugend war in Rom,
Ich sah sie geistig als Phantom,
Als Fee Morgana aus dem Reiche
Der Schatten, ein Gesicht im Wahn,
Sie streichelte den Trauerschwan,
Erschien mir an dem Schwanenteiche,
Madonna Marionna, Huld
Gewährend meinem Minnekult.
4
Wie ging es nun dem Geisterseher
In seines Wahnsinns Dämmerzeit?
Die Cypria der Mediceer
Sah ich in ihrer Herrlichkeit,
Die weiland in Karines Kammer
Gehangen hat, allwo mein Jammer
Getröstet wurde an der Brust
Der Konkubine freier Lust.
O Mensch, verleugne deine Sinne,
Verleugne deine Leidenschaft,
Die Liebe kehrt zurück mit Kraft,
Denn stärker als die Hohe Minne
In deinem Fleische herrscht das Weib
Mit ihrem attraktiven Leib.
5
Ward Marionna zur Madonne,
Karine ward zur Cypria.
Dort Keuschheit, hier die Sinnenwonne,
Die Jungfrau dort, hier Paphia,
Die Mutter Jesu Nazarenus
Gesellte sich zur Göttin Venus
Und beide stritten um den Mann,
Der war in beider Frauen Bann,
Die Jungfrau mit der Lilienblüte
War himmlisch, makellos und keusch,
Liebreizend war im nackten Fleisch
Die nackte Göttin Aphrodite,
Denn willig ist der fromme Geist,
Doch schwach das Fleisch ist, wie es heißt.
6
Ob ich auch in das Volk der Christen
Vom Geiste aufgenommen war,
Doch herrschte mit den nackten Brüsten
Noch Venus über mich, das Paar
Der beiden wundervollen Brüste
War Inbegriff der Liebeslüste
(......................................
......................................
........................................)
Die Jungfrau aber, himmlisch keusch,
Den Geist nur liebte, nicht das Fleisch,
Die Jungfrau war mein Todesstreben,
Mein Leben nach dem Tode süß,
Doch Venus war mein Paradies.
7
Ich wollte aber längst schon sterben,
Weil Marion mich nicht geliebt.
Wie tat ich um die Minne werben,
Doch sie hat mich zu Tod betrübt,
Der Lebenssinn ging mir verloren!
So lieben, ach, die jungen Toren,
Die Frau ist ihres Lebens Sinn,
Das Leben werfen rasch sie hin
Und morden selbst sich ohne Beben.
Groß war doch meine Lebenslust,
Ich dachte an Karines Brust,
An unser süßes Liebesleben,
Ja, Schwester Leben war sie mir,
Die pure Lust des Lebens schier.
8
Karine kam mich zu besuchen
Mit ihrer Freundin Evelin.
Wir aßen Eis und Apfelkuchen,
Ich schaute zu den Frauen hin,
Karine nahm ich in die Arme,
Daß ich an ihrem Herz erwarme,
Wie warm und weich war doch das Weib,
Wie lüstern liebevoll ihr Leib,
Sie war die wahre wilde Wonne,
Sie war die pure Lebenslust,
Ein Lachen war mir ihre Brust,
Ihr Angesicht wie eine Sonne,
Ja, heiter war ihr Angesicht,
In ihren Augen strahlte Licht.
9
Und Evelin war auch so reizend,
Ja, welche Frau war schöner denn?
Sie beide doch mit Reiz nicht geizend,
Sie beide die Verwöhnenden,
Die mit dem Liebreiz mich verwöhnen,
Ich mitten zwischen beiden Schönen
War wie im Harem Salomo
Und einen Tag des Lebens froh.
Mit Evi sprach ich über Bücher,
Die Edda von Germania
Sie unter meinen Büchern sah,
Ob sie verhüllten leichte Tücher,
Ich doch in Schwester Evi sah
Die Edda von Germania.
10
Ich reiste in die Ulmenstraße,
Karine zu besuchen dort.
Zwar leider war das edle Rasse-
Weib nicht zu Hause, sondern fort.
Wo sollt ich hin, ihr Söhne Levi?
Da saß am Küchentische Evi,
Sie schmachtete nach ihrem Mark,
Doch ich begehrte sie auch stark,
Dort las ich Else Lasker-Schüler,
Was diese Frau von Eva schrieb,
Voll Lenzgewalt und Liebestrieb,
Doch Evi war als Eva kühler
Und sprach nur leis mit sanfter Stimm
Von Juda und den Kibbuzim.
11
Da aber kam Karine wieder,
Sie lud mich ein in ihr Gemach.
Was soll ich sagen, lieben Brüder?
Sie war so schön und reizend, ach,
Und lieblich frug die Gnadenvolle,
Was ich begehre, was ich wolle?
Ich wollte mit ihr schlafen, ja,
Seit ich die Reize Evis sah,
War ich voll brennendem Begehren.
Was schrieb ich doch für einen Brief?
Der Wahnsinn ging bereits sehr tief,
Karine wollte ich belehren
Und schrieb ihr Hieroglyphen gar
Und brachte ihr die Weisheit dar.
12
Karine aber schaute sinnig
Und fragte liebevoll devot:
Mein junger Freier, der du minnig
Mein junger Freier, der du minnig
Mir seinen Dienst der Liebe bot,
Mir zur erleuchtenden Erhellung
Verkünde: Welche Liebesstellung
Dir bei dem Liebesakt gefällt?
(....................................................
.................................................
...................................................
...................................................
.................................................
...................................................
.....................................................)
13
Vorbei sind alle Liebeslüste,
Vorbei ist auch der Lebenssinn!
Mich trösten nicht die großen Brüste,
Denn meine Herzenskönigin
Madonna Marion verschmähte
Den Minnefreier. Ach Poete,
Der du ein junger Werther bist,
Was mordest du dich selber, Christ?
Bist du denn auch von Werthers Orden
Und mordest dich um eine Frau?
Ist eine Frau denn Gott? So schau,
Du selber wolltest dich ermorden,
Weil eine Frau dir schenkte Spott,
Doch: Du sollst leben! sagte Gott!
14
Ich setzte zwar schon an das Messer
Und blutete aus meinem Arm,
Doch Jesus Christus weiß es besser,
Wie sehr sich Gott der Herr erbarm.
Schaut Albrecht Dürer an im Bilde,
So schön, so gut, so sanft und milde
Mein Jesus Christus am Altar
Mein Heiland voll Erbarmen war
Und mich empfing mit offnen Armen
Und bat mich, doch zu leben noch,
Mich noch zu leben bat mich doch
Mein Heiland voller Allerbarmen,
Nahm mir das Messer aus der Hand:
Blüh wie die Lilie auf dem Land!
Blüh wie die Lilie auf dem Land!
15
Madonna aber, die Sixtina,
Sie sah ich über meinem Tod.
Madonna, Virgo und Virgina,
Im Mantel blau, im Rocke rot,
Sie hielt ihr Kind auf ihren Armen
Voll mütterlichem Allerbarmen.
Maria auch von Magdala
Ich in der Flut der Locken sah,
So schön wie Venus von Urbino.
Um Colombine seufzte so
Der arme schmachtende Pierrot,
Sie aber liebte Arlecchino.
Weil dir ein Weib die Brust nicht bot,
Willst du dich selber schlagen tot?
16
So kam ich in das Haus der Irren,
Man nennt es heute Psychiatrie,
Wie trauernd Tauben gurren, girren,
Weil sie nicht liebt die Frau, weil sie
Das Herz mit Muttergift vergiftet,
Das steht in Büchern auch beschriftet,
Doch wer des Narren Beistand ist,
Das ist der arme Jesus Christ,
Den Irren Jesus Nazarenus
Schenkt durch sein Weh am Kreuze Trost.
O Kelch der bittern Leiden, Prost!
Da hilft dir keine nackte Venus,
So superscharf ist auch ihr Reiz,
Da hilft der Herr dir nur am Kreuz.
17
Ich also in dem Haus der Narren
Allein mit zuviel Phantasie,
Was sollte weiter ich erharren
Von Donna Marion, da sie
Nicht wollte doch, dass ich ihr diene?
Da schrieb ich einen Brief Karine:
Im roten Rock, im Mantel blau
Im roten Rock, im Mantel blau
Ich schaute Unsre Liebe Frau.
O meine liebe Braut Karina,
Die du bist supersüß und mild,
O bitte schenke mir das Bild
Der allerheiligsten Sixtina,
Die ich in deinem Zimmer sah
Auf einem Kataloge da.
18
Karine schrieb mir voller Liebe,
Wie sie mein Brief erschrocken sehr.
Nein, nicht nur Wollust wilder Triebe
Von Aphrodite aus dem Meer
In ihrem Herzen blühte, mehr noch
Als Aphrodite aus dem Meer doch
Ihr Ideal war rein genau
Die hohe göttergleiche Frau,
Wie Honig süß und weiß wie Butter,
Die allerschönste Göttermagd,
Die Ja zu Gott dem Herrn gesagt,
Die allerhöchste Gottesmutter
In ihrer Guttesmutterschaft,
Als Gottes Shakti oder Kraft!
19
Ich lebte nun bei meiner Mutter
Als Kranker völlig isoliert,
Im Traum empfing ich Engelsfutter,
Hab oft von Engeln phantasiert,
Als eines Tages mich besuchte
Karine, voller Huld heimsuchte
Mich in dem mütterlichen Haus
Und sah noch immer lieblich aus
Und kam zu meinem süßen Troste
Und blieb als Freundin jetzt noch treu.
Da ich dran denke, ich mich freu
Und auf Karine fröhlich proste,
Die kannte Freundschaft treu und süß:
Gott lasse sie ins Paradies!
Gott lasse sie ins Paradies!
20
Auch meine Mutter voller Freude
War über meine Freundin treu,
Im elterlichen Prachtgebäude
War ja Karine noch ganz neu.
In meiner Mutter Trostgedanke
War nur ein liebevolles Danke,
Daß mir Karine war zu Trost.
Karine, auch heut Nacht ein Prost,
Nicht nur auf deiner Brüste Beben
Und deinen küssereichen Mund,
Ach meine kranke Seele wund
Nennt noch dich meine Schwester Leben,
Voll lächelnder Lebendigkeit
Und liebevoller Lustigkeit.
21
Wenn kranke Seelen nah dem Tode,
Sie brauchen eine Mutterbrust,
Zu weinen! Aber ach, die Mode
Der neuen Mütter, nichts als Lust
Zu suchen, bietet den konfusen
Verwirrten keinen Mutterbusen!
Karine, deine Frauenbrust
Wie eine Mutter unbewusst
Ließ ruhen mich in deinen Armen!
Mehr als die Mutter mütterlich
Karine war voll Huld, dass ich
In ihrem herzlichen Erbarmen
Mit allem meinem schwarzen Blut
Fand wieder neuen Lebensmut!
ZWEITER GESANG
„Wer nicht für die Juden schreit, der hat kein Recht, Litaneien zu singen.“
(Dietrich Bonhoeffer)
1
Wie lange war ich unter Narren,
Wie lange in dem Irrenhaus?
Wie lang aufs Leben sollt ich harren?
War denn mein Leben nicht schon aus?
War denn mein Leben nicht schon aus?
Und alle diese religiösen
Visionen, waren sie vom Bösen?
Bleibt jetzt denn nichts als der Verstand,
Als trocknen Denkens trocknes Land?
War denn nur Wahnsinn die Ekstase,
All dieses ganz-von-Sinnen-sein?
Blieb jetzt nur Trockenheit allein?
O Gottes Hauch in meiner Nase,
O hauch mir neues Leben ein!
Ich bin wie tot! Ich bin allein!
2
Da kam in meine leere Wohnung
Karine, wie des Lebens Gruß,
Die Medizin mit aller Schonung
Der Phantasie voll Überfluss
Tat meine Lebensgeister stillen
Und lähmen meinen eignen Willen
Und in mir alles öde war
Und aller Himmelfahrten bar.
Da kam Karine, mich zu grüßen,
Zu schlafen gar in meinem Raum,
Ihr Traum war nahe meinem Traum,
Ich lag bei ihrem Leib, dem süßen,
Und ob sie mich auch sehr verführt,
Wir haben uns doch nicht berührt.
3
Ja, meine Schwester ist das Leben,
Die Krankheit hat mich eingesargt.
Da neben ihrer Brüste Beben
Hab wie ein Toter ich geschnarcht.
Bei ihrer braunen Wimpern Fächeln,
Bei ihrer lieben Lippen Lächeln,
Das Leben kam zu mir zurück.
O Glück! Was aber ist das Glück?
Ach, werde jemals ich noch glücklich?
Bin ich denn nicht schon beinah tot?
Und fahre schon ins Morgenrot
Und bin beim Herrgott augenblicklich?
Hat dieses Leben Zukunft noch
In dieses Körpers hartem Joch?
4
O Gottes heilige Familie!
Ich mocht nicht mehr alleine sein!
Da sah ich eine schlanke Lilie,
Da sah ich eine schlanke Lilie,
Da wollt ich wieder Gatte sein,
Auf dass ich (ach) als Vater diene
Der goldenlockigen Christine.
O Kinderlachen, Kinderblick!
O Kinder, Kinder, all mein Glück!
Doch wer entkommt dem Herrn am Holze?
Die Sünde macht uns glücklich nicht,
Sie spuckt dir in das Angesicht!
Die schlanke Lilie, ach die Stolze,
Die allerletzte Sündenmagd,
Wie hat sie mich aufs Blut geplagt!
5
Karine aber in der Ferne
War immer noch mein süßer Traum.
Ach, all ihr süßen Venussterne
Aus Universums Meeresschaum,
Wie ist das Dasein doch so nüchtern
Und die Frigiden doch so schüchtern
Und die Bigotten so frigid!
Gott, segne mir das Hohelied
Von Sulamith und Nazarenus!
Gott singe mir das Hohelied
Von der Madonna Sulamith
Und Unsrer Lieben Frauen Venus,
Von Gottes Lust, die nie verwest,
Vom Geist, der um die Nase bläst!
6
Karine aber voll Verständnis
Für meine armen Klagen war.
Ist denn nicht Sünde die Erkenntnis,
Die nichts als Lust ist offenbar?
Wie doch die falschen Weiber spielen
Mit ihren Herzen hart, den kühlen,
Wie Katzen spielen mit der Maus!
Nein, geh aus diesem Haus heraus
Und lieber sei mit Jesus einsam,
Als kalter Sünde zugesellt,
Was sucht der Christ denn bei Frau Welt?
Die Sünder hassen sich gemeinsam
Und sind vereint im bösen Spott,
Du aber bleib allein mit Gott!
7
Ich aber reiste nach Venedig,
Ich sah das schöne Südtirol.
Der liebe Gott war mir sehr gnädig,
Wiewohl ich träumte sehr frivol.
Die Damen in der Reisegruppe,
Die waren allesamt mir schnuppe,
Die sprachen über das Tarot
Und wie man Zukunft weissagt so
Und sprachen übers Meditieren
Und wie man da den Yoga übt,
Wie Fleischgenuß die Seele trübt,
Wie man im Geiste phantasieren
Und Himmelsreisen machen kann
Und bei den Göttern leben dann.
8
Der Esoterik Okkultismus
War dieser Damen Religion.
Ich aber stand im Protestantismus
Und glaubte an den Gottessohn.
Jedoch Italien war katholisch,
Der rote Wein war alkoholisch
Und die Oblate weißes Brot.
Wie schön jedoch das Morgenrot
Auf Südtiroler Bergesgipfeln!
An Colombine dacht ich, oh,
Wie wollte immer doch Pierrot
Ihr zupfen an der Schürze Zipfeln!
Ich dachte auch bei dem Pierrot
An Harlekin von Bergamo.
9
Dann aber kam ich nach Venedig,
Ich sah die Kirche von Sankt Mark.
O Herr, erbarme, Herr, sei gnädig,
Getretner Quark wird breit, nicht stark,
Man muß in feste Form ihn pressen.
Noch sah ich keine Heilgen Messen,
Doch fuhr ich auch im Gondelschwan
Und sah Miracoli mir an
Und schaute Marco Polos Wohnung.
Doch den Armenier sah ich nicht,
Doch sah Minervas Angesicht,
Bat die Athenerin um Schonung,
Weil mir das Blut im Fleische schäumt:
Hab von Karine stets geträumt.
Hab von Karine stets geträumt.
10
Karine kam einmal nach Norden,
Ich wohnte nah dem Friedhof dort.
Ich wollte einst mich selbst ermorden
Und war zerstört noch von dem Mord
Und lebte mehr wie Geisterschatten,
Die nichts als Schattenleiber hatten
Und schlichen auf dem Friedhof hin,
Um Mitternacht gegangen bin
Ich durch des Friedhofs dunklen Garten
Und hörte Katzen heulen weh,
Die Toten heulen: Aufersteh,
Mein Leib, ich kann nicht länger warten,
Die Seele schmachtet nach dem Leib
So wie ein Mann nach seinem Weib.
11
Karine war in meiner Wohnung
Und ich begann, sie auszuziehn.
O lieber Gott, lass walten Schonung,
Mir war die Keuschheit nicht verliehn.
Die Rose leckt doch auch der Falter!
Ich kam zum schwarzen Büstenhalter,
Da sprach Karine aber: Nein,
Wir wollen keine Sünder sein.
Ach wer nichts ist als Seufzerschatte,
Der will doch nichts als einen Leib,
Der will als Geist von einem Weib,
Daß sie sich liebevoll ihm gatte.
Was nützt der Worte Überfluss?
Ich eben doch entsagen muß!
12
Karines Schritte aber lenke
Ich bis zum Thekentresen hin
Und da wir zechten in der Schenke
Und trunken wurde unser Sinn,
Da durfte ich Karine küssen!
Das ist doch alles, was wir müssen!
Die Pflicht gebietet streng ein Muß:
Die Pflicht gebietet uns den Kuß!
Die Pflicht gebietet uns den Kuß!
So schnäbeln Tauben in den Nestern,
Der Falter küsst den Rosenkelch,
Die Christenbrüder denken: Welch
Entzücken sind doch unsre Schwestern!
O, sterben wollt ich im Genuß
Von solchen süßen Mundes Kuß!
13
Von Dietrich Bonhoeffer gelesen
Hab ich den frommen Lebenslauf.
Karine, o du liebes Wesen,
Du schlugest meine Bücher auf
Und fragtest, was der Dietrich lehre?
Ich sagte: Alles Gott zur Ehre,
Man kann nicht nur die Litanein
Ableiern, nicht für Juden schrein,
Nein, für die Juden musst du schreien
Und fallen einem bösen Staat
Verhindernd ins Vernichtungsrad,
Dann darfst du singen Litaneien
Und singen Negro-Spirituals,
Denn Gott ist unser fester Fels.
14
Der Christenbruder soll nicht kreisen
Stets um das eigne Leiden nur,
Gott, über allen Weltenkreisen,
Gott leidet in der Kreatur,
Der Christ soll trösten unbescheiden
Des Herrn und Heilands große Leiden,
Ja, Gottes Leiden in der Welt
Der Christenmensch ins Zentrum stellt
Und tröstet Gott in allen Armen
Und in den kleinsten Kinderlein,
Denn Gott will wie ein Jude sein
Und finden herzliches Erbarmen.
O Christenmensch, ganz ohne Spott,
Du tröste deinen lieben Gott!
15
Was aber, fragte mich Karine,
Wird denn aus jenem, der nicht glaubt?
Wenn kommt der Tod mit strenger Miene
Und diese seine Seele raubt,
Wie einst Odysseus nahm dem Rhesus
Das Leben, was wird Christus Jesus
Zu jenem Menschen sagen, der
Ihn nicht gerufen: Gott und Herr!
Ach, müssen alle in die Hölle,
Die Christen nicht gewesen sind?
Ich armes, armes Menschenkind,
Ich frag dich, christlicher Geselle,
Kann kommen auch ein Atheist
In Gottes Paradies, o Christ?
16
Karine war von den Studenten
Und hat Slawistik auch studiert.
Kyrills und Methods Elementen
Ist sie gefolgt, hat buchstabiert
Altslawisch, kirchenslawisch, lehrte
Die Sprache Puschkins, unbeschwerte
Und heitre Grazie in dem Wort,
Ging dann zu Dostojewski fort,
Wir liebten beide den Idioten.
Lew Tolstoi sie studierte in
Dem Gegensatz zu Bakunin
Und hat mir lächelnd angeboten,
Daß ich die Arbeit schreibe ab
Und mich dabei an ihr erlab.
17
Lew Tolstoi liebte sehr die Bauern,
Den armen Muschik auf dem Land.
Zu meinem eigenen Bedauern
Bekennen muß hier mein Verstand,
Daß ich Lew Tolstoi nie gelesen.
Karine liebte sehr sein Wesen,
Sie las die Auferstehung, da-
Zu auch von der Karenina,
Ich wusste nur von der Sonate,
Die keusch und klar wie reines Eis.
Was alles ich von Tolstoi weiß,
Ist, dass er Rainer Rilkes Pate
Gewesen für das Stundenbuch,
Verfasst für Gott zum Wohlgeruch.
18
Fern aber, ferne der Slawistik
Und aller Sprache von Kyrill
Und Method, ferne der Patristik
Ist, was ich jetzo sagen will:
Karine schlüpfte aus dem Hemde!
Karine schlüpfte aus dem Hemde!
Ihr Busen war mir ja nicht fremde,
Doch als ich ihre Brüste sah
Im schwarzen Büstenhalter nah,
Da ward ich lüsterner als Puschkin
Und betete die Venus an
Und blühend ward mein Liebeswahn
Wie vor Natascha stand Fürst Myschkin
Und ich war gar nicht mehr wie tot,
Karines Wangen wurden rot.
19
Nun reiste ich zu den Kanaren,
La Palma lächelnd mich empfing.
Ich träumte von Karines Haaren,
In deren Netz ich mich verfing,
Und bei den goldenen Bananen
Und bei den Furien meiner Ahnen
Ich schwor ihr treue Liebe zu.
Ach Leidenschaft, ach Seelenruh!
Wie stürmisch sind die Leidenschaften,
Wie stille ist die Seelenruh,
Die Ruh kannst du genießen, du
Kannst Leidenschaften kaum verkraften,
Doch inspiriert die Leidenschaft
Den Dichter mit der Liebeskraft.
20
Am Himmel sah ich den Orion,
Dort wandelte der Große Bär.
Frohlocke, jauchze, Tochter Zion,
Es kommt, es kommt sehr bald der Herr!
Auf der Kanaren stillem Frieden
Ich dachte an die Atlantiden
Und wie Atlantis unterging.
O Muse, von Atlantis sing,
Poseidon herrschte dort mit Klito,
Die Menschentochter mit dem Gott!
Sie hatten Söhne ohne Spott,
Das waren Gottessöhne. Dito!
Die Söhne Gottes und der Frau,
Sie dienten stets im Tempelbau.
21
Auch las ich dort von Don Quichotte,
Daß Sancho Pansa bei ihm war.
Ich dachte da mit leisem Spotte:
Ich bin der Ritter, das ist klar,
Ich bin der Ritter, das ist klar,
Wer aber ist die Bona Dea,
Die schöne Dame Dulcinea?
Karine aber ich verglich
Dem treuen Sancho Pansa, ich
Sah sie als treuen Kameraden,
Ich folgte stets dem Ideal,
Karine immer war real,
An den kanarischen Gestaden
Ich träumte von dem süßen Weib
Und ihrem liebevollen Leib.
DRITTER GESANG
„Ist das der Eingang eines neues Lebens?“(Rainer Maria Rilke)
1
Ich war wie weiland Vater Goethe
Im kleinen Kurort Bad Pyrmont.
Dort spielte ich die Jubelflöte
Für eine junge Frau gekonnt,
Die wollte eine Bibel haben,
Denn zu der Bibel Geistesgaben
Gehört es, dass das Buch verscheucht
Dämonenvolk, das fleucht und kreucht.
Ich gab dem Mädchen eine Bibel,
Doch fehlte ihr das beste Glied,
Denn Salomonis Hoheslied
Dem Theologen schien von Übel
Für so ein junges Mädchenohr,
Der blies ich Melodieen vor.
2
Dann war ich auch im Nachbarorte,
In Hameln in der Bibliothek,
Der Bibliothekaren Sorte
Zu werden, das war nicht mein Weg.
Ich war ja doch ein Minnesänger,
Der Rattenfänger, Kinderfänger,
Und wie ich meine Flöte blies,
Die Rattenschar die Stadt verließ,
Des Bürgermeisters Tochter Hintern
Versprach der Vater mir zum Lohn,
Doch ich erlangte nichts als Hohn
Und zog davon mit allen Kindern
Und tauchte in die Weser ein
Zehntausend kleine Kinderlein.
3
Dann traf Karine ich im Garten
In ihrem alten Bauernhaus.
Auch reizend wie in einem zarten
Gemälde schaute Evi aus,
Die niederkam mit einem Knaben.
Ja, Kinderlein sind Gottes Gaben,
Ein Kind ein göttliches Geschenk
Und dabei auch ans Zeugen denk,
Wenn Mann und Frau in schwüler Feuchte
Gemeinsam zeugen bei dem Licht
Der Kerze. Motte, zögre nicht,
O Motte, stürz dich in die Leuchte,
Wenn du das Stirb und Werde hast,
Bist mehr du als ein trüber Gast.
4
Karine in dem großen Garten
Mit einer Russin russisch sprach.
Ich schaute zu der schönen zarten
Irina, einer Anmut, ach,
Die gleich sprach von dem Christentume
Und von der Ehe Heiligtume
Und dass der Geist besiegt das Fleisch,
Man lebe vor der Ehe keusch,
Sie sei in einer Pfingstgemeinde,
Das seien Charismatiker,
Die singen: Halleluja, Herr!
Du Sieger über unsre Feinde,
Du bist der König, Bräutigam,
Du bist das wahre Opferlamm!
5
O liebe Anna, o Karina,
Du stauntest übers Christentum
Der schönen heiligen Irina,
Wie heilig ihr das Heiligtum,
Begeistert sprach der Mund der Jungen
Vom Geiste Gottes und den Zungen,
Der Christ in Zungenrede lallt,
Die manchmal fast wie russisch schallt
Und manchmal ähnelt dem Hebräisch,
Die Zungenrede nicht versteht
Der Christ, es sei, er sei Prophet,
Der dies chaldäisch-aramäisch
Der Engelszungen deuten kann,
Weil Gott es lehrt den Gottesmann.
6
Irina liebte die Romane
Des Realismus Frankreichs sehr,
Die Dame Bovary, ich ahne,
Sie liebte also den Flaubert.
Da lächelnd sprach zu mir Karina:
Die Christin ist sehr schön, Irina,
Die Christin ist sehr schön, Irina,
Nicht wahr, mein Torsten, weißt du dies,
Wie wir gewesen in Paris,
Wie Colombine, Arlecchino,
Gesehn die Dame Bovary
In ihrer Liebessympathie,
Zusammen sahn sie in dem Kino?
Ich sprach: Ichs heut noch vor mir seh,
Ach, schöne Isle de la Cité !
7
Ich lebte noch in Frieslands Norden,
Spazierte übern Friedhof stets,
Allein vom Eremiten-Orden,
Mein Enno ging mit mir. Wie geht’s?
Freund Kupferstecher, Kartenzinker,
Wie geht es meinem alten Trinker?
Siehst du im Suff die Mäuse noch,
Die schlüpfen in das schwarze Loch?
Vielleicht dich haben die Psychiater
Getrieben in den Wahnsinn schon?
Denkst du noch an den Gottessohn
Und an den lieben Himmelsvater
Und lallst ein Vaterunser noch,
Bevor du stürzt ins schwarze Loch?
8
Zu mir in meine Eremitage
Karine kam mit Evelin.
Der erste Knabe schon als Page
War da schon, bei Sankt Valentin,
Der Knabe Quentin war geboren.
Am Morgen Horen, abends Horen
Und in der Nacht die Horen auch,
So ist es frommer Beter Brauch.
Ich habe dieses Kind getragen
Am Deich beim nördlichen Greetsiel.
Er wog sehr schwer, er wog sehr viel.
Und der Vermieterin Beklagen
War, dass er auf das Laken schiss.
Das weiß ich noch gewiss, gewiss.
9
Karine kannte Tonja, Lara,
Und Doktor Juri aus dem Lied.
Ich aber schrieb von Tobit, Sara,
Als Evi die Novelle sieht,
Sie fragte, warum ich’s geschrieben?
Wie sich die frommen Leute lieben,
Ich wollte zeigen ohne Spott,
Wie Liebe ehrlich ist vor Gott,
Sich ehelich nur beizuwohnen
Und wie man Schutz der Engel braucht,
Der Engel süßen Weihrauch haucht
Und Salbe, also fliehn Dämonen,
Der Unzucht Teufel nämlich sei
Der Asmodäus-Ashmodai.
10
Ein neues Leben zu beginnen
Nun meine junge Sehnsucht war.
Das Leben wieder zu gewinnen,
Denn hier in Fiesland, das war klar,
Nur übern Friedhof zu spazieren,
Das heißt, das Leben zu verlieren
Und tot zu sein vorm Tode schon,
Doch ohne Ewgen Lebens Lohn,
So kam zu mir das Leben wieder.
Ach Oldenburg, du weiße Stadt,
Die manchen schönen Amor hat,
Der inspiriert viel neue Lieder,
Beim guten lieben Demiurg,
Ich wollte schnell nach Oldenburg.
11
In Oldenburg, da wartet Plato
Schon an der Universität,
Und Advocaten auch wie Cato
(Mein lieber Advocat, wie geht
Es deinem Adoptivsohn heute?
Ihr Advocaten, liebe Leute,
Die Feindesliebe lehrt mein Gott,
Verzeiht mir meinen bösen Spott,
Ich will selbst meine Feinde lieben!)
Was alles nicht geschrieben steht
In dieser Universität,
Was die Platoniker geschrieben,
Platoniker und Kabbalist
Und Gnostiker und Trismegist!
12
Ja, fröhliches Studentenleben!
Wie schön war doch die Jugend einst!
Gedenk, mein Geist, wie tatst du schweben
In deiner Jugend! Jetzt nur weinst
Am Friedhof du, am Letheflusse.
O, träume wieder vom Genusse,
Wie du dem jungen Agathon
Dich ähnlich fühltest, Menschensohn,
Da deine Jugendliebe Psyche
In Wahrheit deine Schwester war,
Wie transparent, durchsichtig klar
Der Dame Kleid, die in der Küche
Dir heizte mächtig ein und ach,
Dann auch in ihrem Schlafgemach.
13
Im Bauernhause bei Karine
Und ihrer Freundin Evelin
War ich nun zu Besuch, es schiene,
Daß ich verliebt in beide bin.
Wie Turteltauben in den Nestern
Sie wohnten da, die beiden Schwestern,
Und ich war ihnen beiden nah
Und auf dem Schoß Karines sah
Ich Evis Baby Quentin sitzen
Und Evi auch war mir nicht fremd
Und sichtbar waren durch ihr Hemd
Auch ihrer hübschen Brüste Spitzen!
Wird das die neue Heimat sein,
Wird das die neue Heimat sein,
Zieh ich ins neue Leben ein?
14
Ich saß in einer kleinen Kammer
Und schlief im Kämmerchen allein.
Vorbei der große Seelenjammer,
Vorbei die große Todespein!
Vorbei, dass ich mich fast den Schatten
Des Schattenreiches wollte gatten,
Vorbei, dass ich spazierte nur
Auf einer Friedhofs öder Flur!
Jetzt mitten in dem kalten Winter
Jetzt mitten in dem kalten Winter
Die Auferstehung kam zu mir.
Karine, Weib, ich will von dir
Und deinem süßen Schoße Kinder!
Der Knabe Quentin zärtlich strich
Karine, streichelte ihr Ich.
15
Und Quentin saß auf meinem Schoße,
Sein Händchen lag in meiner Hand.
Und Evi holte ihre große
Milchpralle Brust aus dem Gewand,
Den kleinen Säugling nun zu stillen.
Sie tat ihm alles auch zu Willen,
Und wenn er eben lauthals schrie,
So eilte sie herbei, ja, sie
War eine wirklich süße Mutter.
Ach wäre ich ihr Baby doch
Und stillte sie mich noch und noch
Mit ihrem Busen weiß wie Butter
Und wie der Wabenhonig süß,
Ich wäre schon im Paradies.
16
Doch diese Russin bei Karina,
Die hatte mir es angetan.
Wie birkenschlank war doch Irina,
Wie trunken meine Augen sahn
Die Dame mit den roten Haaren!
Die schöne Frau zu offenbaren,
Einst Leonardo selber schien
Die Dame mit dem Hermelin
Gesehn zu haben, diese Dame
Zu mir zu sagen schien: Ich bin
Die sanfte Friedenskönigin,
Eirene nämlich ist mein Name.
Denn Charis und Eirene sind
Im Tempel mit dir, Gotteskind.
17
Irina oder soll Eirene
Ich sagen zu der schönen Frau,
Sie nahm mich mit zur Christen-Szene
In einem schlichten Kirchenbau,
Studentinnen, die Reizend-Jungen,
Sie sangen Lobpreis dort in Zungen,
Sie sangen Negro-Spirituals
Und Gospel-Songs: O Herr, mein Fels,
Von Stein auf Stein sind wir Gebäude,
Als Kirche preisen wir den Glanz
Der Schönheit Gottes, tanzen Tanz
Und jubilieren laut vor Freude!
Die Mädchen tanzten in dem Haus
Die Mädchen tanzten in dem Haus
Und klatschten ihrem Gott Applaus.
18
Da sah ich vorm Gemeindehause
Ein junges Mädchen, die war schön,
Kein Eremit in seiner Klause
Hat je ein solches Weib gesehn!
Wie Eva spielte mit der Boa,
So sie mit ihrer Federboa,
Das Auge dieses Weibes blinkt,
Die Lippen waren rot geschminkt,
Die schwarzen Strümpfe gleichen Netzen,
Liebreizend war des Weibes Rock!
Die Predigt hat vom Sündenbock
Die Predigt hat vom Sündenbock
Gepredigt und von den Gesetzen:
Begehr nicht deines Nächsten Weib!
Begehr nicht deines Nächsten Weib!
Des Geistes Tempel ist der Leib!
19
Karine, bei dir wollt ich wohnen,
In diesem schönen Bauernhaus,
Hier nahe dir im Sessel thronen
Und gehen ein und gehen aus,
Stets nahe dir, der Zärtlich-Zarten,
Im Frühling hier in deinem Garten
Dich sehen und auch Evelin!
Ich beider Schwestern Diener bin,
Denn meine Schwester ist das Leben.
Ach, auferstanden von dem Tod,
Entkommen bin des Hades Not,
Du tatst mir neues Leben geben.
Gott Schöpfer schuf als Demiurg
Die schöne Tochter Oldenburg!
20
Karine aber sagte lächelnd:
Ich prophezeie Leiden dir,
Ich prophezeie Leiden dir,
Wenn Evi mit den Wimpern fächelnd
Alltäglich ist dir nahe hier!
Ich weiß, wie dich entflammen Frauen,
Die dein Entzücken, die dein Grauen!
Um eine Lippe scharlachrot
Du gingest gerne in den Tod!
Mein Schatz, ich will dich nicht verlästern,
Ich hab Erbarmen in der Brust,
Dein Leid nicht, sondern deine Lust
Will ich dir sein, und beide Schwestern
Sehn dich mit Freundschaftstreue an,
Will keine dich zum Ehemann.
21
Gut! Ich will auch ja keine Ehe!
Ich will ja nur ins Himmelreich!
O Jesus, komm in meine Nähe!
Die Enten auf dem Ententeich
Die Enten auf dem Ententeich
Verehren dich und auch die Möwen.
Herr, dich vergleiche ich dem Löwen,
Der auf dem Zionshügel brüllt!
Das Brüllen alle Welt erfüllt!
Dem Löwenbrüllen folgen Kinder
Und alle, die sich nicht befleckt,
Die nicht vom Frauenmund geleckt,
In Leiden treue Überwinder!
Zum Pfingsten schöner Liebe weist
In diesen Tagen mich der Geist!
DRITTER TEIL:
DIE MUTTER
ERSTES KAPITEL
„Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt!“
(Der Prophet Jesaja)
1
O Baltrum, wunderschöne Insel,
Die meiner Oma Heimat war,
Der Robben heulendes Gewinsel
Scholl wie das Möwenlachen klar,
Dort macht ich Urlaub mit Karine
Und Evi, dass ich minnend diene.
Karine höchster Schwangerschaft
Erblüht in voller Lebenskraft
Die Leibesfrucht in all der Schwere
Trug hin durch den Naturschutzpark,
Wie eine Bärenmutter stark.
Sie liebte an dem Wattenmeere
Die Freundlichkeit der Kreatur
Und Benedeitheit der Natur.
2
Am siebenten November Plato
Geburtstag feierte und ich,
Der ich kein Advokat wie Cato,
Karine da besuchte mich,
Wie ein erblühter Blumenanger
In voller Blüte war sie schwanger.
Ein Tag vor ihrer Niederkunft
Im Streitgespräche der Vernunft
Wir stritten um den wahren Glauben,
Ob Christus sei allein der Sohn,
Der hinführt zu des Vaters Thron.
Karine sanft wie Turteltauben
Sich nicht mit all den Männern stritt,
Nur still an unsrem Zanke litt.
3
Dann kam sie nieder mit dem Knaben,
Den sie gebar im Krankenhaus,
Ich ging zu ihr, sie zu erlaben,
Sie schaute froh und selig aus,
Ich schenkte ihr und ihrem Sohne
Zum Fest die russische Ikone,
Wladimirs Gottesmutterbild,
Die große schwarze Mutter mild
Voll Zärtlichkeit zu ihrem Kinde,
Voll Sorge um die Zukunft war,
Sie sah voraus sein Leiden klar,
Die Mutter, zärtlich, lieblich-linde,
Der Inbegriff der Mutterschaft,
Erfüllt von Gottes Schöpferkraft.
4
Wie oft doch ging ich zu Karine,
Da stand sie an dem Wickeltisch,
Ganz froh mit einer heitern Miene,
Und der Gesundheitsblick so frisch
Und ihre Augen lustig zündeln,
Sie legte Juri an die Windeln
Und wickelte den zarten Po
Und Glied und Hoden, A und O,
Und sagte lachend bei dem Knaben:
Einst wollten doch in Frankreich wir
Einst wollten doch in Frankreich wir
Auch Kinder haben, siehe hier,
So können wir ein Kind auch haben,
Dies ist der Buffodontel mein,
So denke dir, er sei auch dein.
5
Und Juri saß auf meinem Schoße,
Wir saßen an dem Küchentisch.
Er war der Kleine, ich der Große,
Ich war betrübt, er lebensfrisch,
Ich voll des Liebeskummers Trübe,
Er voll der reinen Kinderliebe.
Dem Pagen zeigte der Poet,
Wie lustig sich ein Kreisel dreht,
Und Juri zupfte mir am Barte,
Karine sah mich liebend an:
Du Wesen! Rosafarbner Schwan!
Du Wesen! Rosafarbner Schwan!
O deine Seele, diese zarte!
Ich küsste Juri auf die Stirn
Und sprach zu Anna: Süße Dirn!
6
Dann hab ich Juri auch gefüttert
Mit Apfel- und Karottenbrei.
Ich habe ihn als Mann bemüttert,
Als ob ich seine Amme sei,
Tat über meine Schulter gucken,
Der kleine Juri tat dann spucken,
Er machte da sein Bäuerchen.
In seinen Augen Feuerchen,
Er schaute zu der Mutter Busen,
So gerne wollt der kleine Knilch
Von ihrer Brust die süße Milch.
O Quell Kastalias der Musen,
Wie ist die Muttermilch doch süß,
Wie Honigmilch im Paradies!
7
Oft saß das Kind auf meinem Schoße,
Ich las aus einem Bilderbuch,
Er machte Augen da wie große,
Als ich ihm, ein Palasteunuch,
Die Tiere auf dem Bauernhofe
Erklärte, Strophe über Strophe,
Das Lied der kleinen Eisenbahn,
Das hörte er sich gerne an,
Da von der Bimmelbahn Gebimmel
Auswendig kannt er jeden Reim,
Da ward das kleine Kinderheim
Zu einem großen heitern Himmel.
So brachte ich ihm Sprechen bei,
Dem kleinen Käferchen im Mai.
8
Wenn er nach Mamas Busen grapschte,
Gab sie die Brust ihm fort und fort,
Wenn er mit seinen Händchen patschte
An ihre Brust, sprach sie: Das Wort,
Er will das Wort schon wieder machen,
Dann mussten wir so fröhlich lachen.
Die Mutterbrust, das war das Wort,
Wort war das Stillen fort und fort,
So war der Busen eucharistisch,
So trinken alle Knaben, Prost,
So trinken sie an Brüsten Trost,
Das habe ich gedeutet mystisch,
Denn Gottes Liebe auch zu Dank
Gott stillt uns auch mit edlem Trank.
9
Dann lag er oft in meinen Armen
Und nuckelte an meinem Hals,
Ich fühlte herzliches Erbarmen
Wie eine Mutter, jedenfalls
Ich fühlte eben wie die Eltern.
Zwar konnte er von mir nicht keltern
Die Milch aus einer Mutterbrust,
Doch war das Saugen seine Lust,
So tat an meinem Hals er saugen,
Bis still er eingeschlafen ist.
O kleiner Knabe Jesu Christ,
Der unter deiner Mutter Augen
Bist eingeschlafen lächelnd auch,
Und ruhig ging dein Atemhauch.
10
Da Evi leider mich nicht liebte,
So sucht ich Liebe anderswo.
Zwar war ich der zutiefst Betrübte,
Doch Juri lachte liebend so.
Was klagst du weiter noch, Erlöster?
Gott sendet doch zu dir den Tröster!
Wie diese Ärmchen strecken sich
Und meinen dich, ja wahrlich dich!
Laß dich umfangen von den Armen
Und du umfange dieses Kind,
Wie selig so Verliebte sind,
So voll von herzlichem Erbarmen!
O wie in deiner dunklen Nacht
Dir doch das Jesuskindlein lacht!
11
Man sagt, die Dichter inspirieren
Die göttingleichen Frauen nur,
Und wenn sie Blutschweiß transpirieren,
Dann werden sie zur Gottnatur.
Was soll die Lehre, Musenpriester,
Sind Weiber grausam wie die Biester?
Nun sing ein Liebesliedchen lind
Für dieses sonnenschöne Kind!
Schau dieser Augen Jubellachen
Und diesen küssesüßen Mund,
Dann singst du auf aus Herzensgrund,
Dein Herz wird neue Lieder machen,
Dem Kindchen gib du einen Kuss,
Dich inspiriert ein Genius!
12
So schrieb ich kleine Liebeslieder
Von Juri und dem Jesuskind
Und gab sie Anna immer wieder
Und sie las jedes Lied geschwind
Und sprach, die Wangen glühten rosa:
Ach schreibe mir doch lieber Prosa!
Ach schreibe mir doch lieber Prosa!
Die Lyrik, ich versteh sie nicht,
Nie las bisher ich ein Gedicht,
Las allezeit nur Schundromane.
O Dichter, deine Leserschaft
Hat nie begriffen deine Kraft
Und deine göttlichen Päane,
Da, inspiriert von Gottes Wind,
Du sangest für das Jesuskind!
13
Und Juri liebte sehr die Bälle,
Ich spielte Ballspiel mit ihm oft,
Da flog der Ball wie eine Welle
Und kam hernieder unverhofft
Und lachend sprach ich: Aber hallo!
Und Juri sagte lachend: Ballo!
Den Ball wir warfen an die Wand
Und fingen ihn mit Fuß und Hand.
Ich war das Spielzeug dieses Knaben,
Ich war sein kleiner bunter Ball,
Ein Ball die Sonne war im All,
Die Welten viele Bälle haben,
Ja, viele Universen auch,
Die alle schuf des Schöpfers Hauch.
14
Ich las die heilige Therese,
Die Spielball war dem Jesuskind.
O wenn ich die Therese lese,
So weiß ich, wie die Kinder sind.
Sie sagte zu dem Jesusknaben:
O Herr, willst einen Ball du haben,
O Herr, willst einen Ball du haben,
Hier bin ich, spiele du mit mir,
Ich diene als ein Spielball dir,
Doch willst du wieder dich verstecken
Am letzten Ende von dem All
Und nicht mehr spielen mit dem Ball,
So lieg ich wartend in den Ecken,
Bis du erneut mich haben willst,
Daß du die Lüste an mir stillst.
15
So hat Hafiz auch einst gedichtet,
Daß die Gerechtigkeit spielt Ball.
Hat je Gerechtigkeit verzichtet,
Zu herrschen in dem Weltenall?
Gerechtigkeit der Selbstgerechten,
Die weiß zu boxen, weiß zu fechten,
Die kennt sehr gut das Polospiel
Und weiß vom Tennisspiele viel.
Wer aber sind die armen Bälle,
Die hart das harte Schicksal schlägt?
Wie nur ein Ball den Schlag erträgt?
Zuletzt doch spielt ihr in der Hölle!
Doch der Poet vertraut auf Gott,
So wird der Dichter nicht zu Spott.
16
Und Juri nannte sich mit Namen
Und nannte selber Nuni sich,
Und Anna, Schönste aller Damen,
Er nannte liebend Kre-Kre dich,
Wie Quentin Krini dich betitelt.
Ich hatte aber schon ermittelt,
Daß Juri auch wie Georg ist,
Sankt Georg war ein treuer Christ,
Sankt Georg nennen nun die Russen
Sankt Juri, welches Landmann heißt,
Ein Marterzeuge durch den Geist
Sankt Juri war, jedoch die Pruzzen
Sankt Georg nennen diesen Mann,
Der einen Drachenkampf gewann.
17
Karine sagte zu mir immer:
Wenn du zu unserm Juri kommst,
Wenn du zu unserm Juri kommst,
Dann strahlen seine Augen Schimmer,
Wie sehr du seiner Seele frommst,
Er schaut nicht an mehr seine Eltern,
Will nur aus deinem Herzen keltern
Die süße Liebe warm und mild,
Du bist ihm wie ein Gottesbild,
Gottähnlich du als Mutter-Vater,
Er schaut zu deinen Strahlen auf,
Folgt deinem frommen Lebenslauf,
Und in dem irdischen Theater
In diesem Tränental der Welt
Bist du sein Ritter und sein Held.
18
Am Morgen in den Frühlingstagen
Wir sahen uns die Büsche an,
Wie Tränen trauervoller Klagen
Der Tau war auf den Blättern, dann
Wir sahen auch mit unsern Sinnen
Die Spinnenweben von den Spinnen,
Marienkäfer sahen wir,
Marienkäfer heißt das Tier,
Weil es vernichtend frisst die Läuse,
So wie Maria, wie es heißt,
Vertilgt Dämonen durch den Geist,
Maria auch vertreibt die Mäuse,
Maria treibt die Ratten aus
Und füllt mit Wohlgeruch das Haus.
19
Karine ging zum Trommeln immer,
Die Djembe-Trommel schlug sie laut,
Ein Afrikaner war im Zimmer
Und lehrte Trommeln meine Braut.
Ich Juri schob im Kinderwagen
Zur Mutter hin in jenen Tagen
Und er vernahm den Rhythmus, den
Im Mutterschoß schon als Getön
Er hörte, denn Karine liebte
Schwarzafrika und die Kultur
Schwarzafrikas und die Natur
Schwarzafrikas und sie betrübte
Sich über all die Armut dort
Und all der Bürgerkriege Mord.
20
Schob Juri ich im Kinderwagen,
Ich betete den Rosenkranz,
Er hörte in den ersten Tagen
Den Gruß des Engels voller Glanz
Und ward mit Muttermilch erzogen,
Die strömte von den Busenwogen
Der Muttergottes zu ihm hin
Und nährte seinen innern Sinn,
Es überströmten ja die Brüste
Mariens von der Milch, dem Wort,
Die Milch des Wortes immerfort
Den Seelen spendet Jesu Christe,
Sie bringt den Sohn in uns hervor,
Da sie ist unsres Heiles Tor.
21
Dann ging ich auch in die Kapelle
Des Heilgen Geistes, wo ich dort
In einer frommen Herzenswelle
Mit liebenden Gebetes Wort
Den kleinen Knaben Juri weihte
Dem Herzen der Madonna. Heute
Erneure ich den Weiheakt:
Geboren aus der Mutter nackt,
Geboren aus der Mutter nackt,
Wird Juri einmal nackend scheiden,
Ich weihe ihn dem Mutterherz,
All seine Freuden, allen Schmerz,
All seine Wonne, seine Leiden,
Vertraue ich der Mutter, weil
Sie uns geboren hat das Heil!
ZWEITES KAPITEL
„Wenn du den Waisenkindern wie ein Vater bist und der Witwe wie ein Ehemann, so wird Gott dich mehr lieben als deine Mutter.“
(Jesus Sirach)
1
Drei Jahre alt war Juri eben,
Da Anna sprach am Telefon:
Ich habe in mir neues Leben,
Ich habe in mir neues Leben,
Zu meinem erstgebornen Sohn
Ich habe Zwillinge im Schoße.
Ich seh jedoch die Not, die große,
Doch wollt ich viele Kinder ja,
Gleich zwei sind jetzt auf einmal da,
Ach, werden sie auch leben können?
Und wer erzieht mir diese zwei,
Ich habe insgesamt ja drei,
Wer wird mir eine Hilfe nennen?
Gott schütz die Kinder vor dem Tod,
Jedoch ich bin in großer Not.
2
Ich brauche eine Hilfe, Bruder,
Ich brauch den Arm der Caritas.
Ich bin so hilflos, arme Mutter,
Wie soll ich überstehen das?
Kannst du mir deine Hilfe schenken?
Kannst du der Kinder Schritte lenken?
Willst du den Kindern Vater sein,
Obwohl du lebst mit Gott allein?
Kannst du in meiner Not mich retten
Und Beistand sein in meiner Not?
O woher kommt des Tages Brot?
Lass mich doch meine Kinder betten
In deinem brüderlichen Arm,
Freund meiner Seele, ach, erbarm!
3
Ich sagte: Ja, ich will dir helfen,
Soweit der Herr mir gibt die Kraft.
Die Lämmlein lass du nicht den Wölfen!
Das Leben lieb mit Leidenschaft,
Das Leben, siehe doch, ist heilig!
Jetzt komme ich zu dir und eilig
Leg ich die Hand dir auf den Bauch
Und segne mit des Geistes Hauch
Die Embryos im Mutterschoße,
Denn die Erziehung schon beginnt
Im Mutterschoße, wo das Kind
Willkommen spüren soll und große
Barmherzigkeit und Mutterglück.
Jetzt gibt es keinen Weg zurück.
4
Wie müde ich auch bin, wie müde,
Doch rufen mich zwei Embryos!
O Gott in deinem Himmelssüde,
O Gott, du Weisheit Salomos,
Du schufest Kinder, sie zu lieben!
Von Satanas nicht abgetrieben
Die Kinder werden, o Prophet,
Weil du sie weihst durch dein Gebet
Der großen schwarzen Muttergottes!
O Mutter du des Ozeans,
O Mutter du des großen Pans,
Trotz allen frechen Frevlerspottes
Ich weihe dir die Kinderlein,
Du mögest ihre Mutter sein!
5
Schau hier die göttliche Sixtina,
Die ich dir als Ikone mal,
Modell der Göttin ist Karina,
Die Königin im Himmelssaal
Trägt ihren Juri auf den Armen.
O Jesuskindlein voll Erbarmen,
Zwei Engel seh ich an dem Rand,
Zwei Engel schauen auf das Land,
Die Zwillingssöhne ungeboren
Sind diese Engelscherubim,
Sind diese Kinderseraphim,
Die schauen auf, wie gotterkoren
Mit nackten Füßen Unsre Frau
Im roten Rock, im Mantel blau.
6
O Notre Dame de Vie! Des Lebens
Gebenedeite Mutter du !
Mit den Gebeten meines Strebens
Und ruheloser Seelenruh
Ich weihe dir die Zwillingsknaben,
Du mögest sie im Schoß erlaben
Mit süßer Mutterliebe dein,
Sie sollen ganz dein eigen sein,
Ich weihe dir die Mutter Anna
Karine, die im Mutterschoß
Empfangen diese Embryos,
Ernähre sie mit Engelsmanna
Und lass sie treten ganz gesund
Aus ihrer Mutter Muttermund!
7
So kam ich immer in dem Winter,
Wenn Anna mittags schlafen ging,
Zu hüten dann die kleinen Kinder,
Wobei ich immer Ave sing,
Ein Kind in meinem Arm zu schaukeln,
Mit Mimik und mit Gestik gaukeln
Und leise singend mit Gesumm
Und knurrend brummen mit Gebrumm,
Willkomm zu heißen jene Knaben,
Die ich an meinem Herzen hielt,
Dem Herzen kindlich und verspielt,
Die kleinen Kinder zu erlaben
Mit väterlichem Mutterherz
Und liebevollem Ammenscherz.
8
So sagten einst die Psychologen:
Die Weiber haben Penis-Neid!
Was unter ihrer Schenkel Bogen
Die Weiber haben Penis-Neid!
Was unter ihrer Schenkel Bogen
Da fehlt an der Geschlechtlichkeit,
Dem Weibe nämlich fehlt der Penis,
Das ist der Neid der armen Venus,
Daß sie nicht Kinder zeugen kann,
Es zeugt der Same nur vom Mann,
Das ganze Kindlein ist im Samen,
So hilflos ist die arme Frau,
Kann nur empfangen Mannes Tau,
Ein Hohlgefäß sind nur die Damen,
So lehrt der Psychologen Trug:
Das Weib ist nur ein hohler Krug.
Das Weib ist nur ein hohler Krug.
9
Doch als ich Milan in den Armen
Gewiegt und ihm das Fläschchen gab,
Da spürte ich so ein Erbarmen,
Wie ihn die Mutterbrust erlab,
Da spürt ich einen süßen Willen,
Ich wollte selber Milan stillen.
O Psychologen, hört mich an:
Das ist der Stillneid bei dem Mann!
Das ist der Stillneid bei dem Mann!
So künde ich euch feministisch:
Es ist des Kindes höchste Lust,
Es ist des Kindes höchste Lust,
Die Milch zu saugen aus der Brust,
Da ist die große Mutter mystisch
Wie eine Gottheit, da das Weib
Das Kind nährt mit dem eignen Leib.
10
Und wenn ich Simon in den Armen
Gewiegt und wenn ich Milan trug,
Ich sang mit herzlichem Erbarmen
Das Ave Sankt Maria klug.
O süßes Kinderseelchen, schlafe,
Es wacht die Große Mutter, Ave,
Ah weh, ah weh, ah weh Marie,
Auf deine kleinen Kinder sieh,
Ich will dir beide Knaben weihen,
Sei ihre Himmelsmutter du,
Gib ihnen süße Seelenruh,
Du still die Kindlein, wenn sie schreien,
Gib Trostes Milch im Überfluß
Und deinen süßen Mutterkuss!
11
Ich selber war wie eine Amme,
Und da ich dieses heute schreib,
Ist Muttertag, und meine Flamme
Ist meiner Oma Himmelsleib,
Großengelin ist die Großmutter,
Gelobtes Land von Seim und Butter,
Die Mutterliebe mir geschenkt,
Als Mutter mich zu Gott gelenkt,
Das ist die Liebe, die ich kenne.
Großmütterchen ist Caritas,
Großmütterliche Liebe, das
Ist, was ich als ein Christ bekenne,
Großmütterlich ist wahrlich Gott,
Trotz Friedrich Nietzsches Hohn und Spott.
12
Denn Friedrich Nietzsche sagte weiland:
Gott war ein junger Papa einst,
Gott war ein junger Papa einst,
Ein junger starker Vater-Heiland,
Dann aber, Seele, da du weinst,
Gott siehst du als Großvater bärtig,
Den Opa-Gott, dem widerwärtig
Nichts Böses ist, der alles trägt,
Auf alles seinen Schneebart legt.
Dann wird die Gottheit zur Großmutter,
Die Gottheit ist dein Omilein,
Die Liebe, ewig, schön und rein,
Sie füttert dich mit Himmelsfutter,
Du bist ein Knabe, bist ein Knilch,
Die Ammen-Gottheit gibt dir Milch.
13
Und Juri hat sehr oft geschlafen
Bei mir in meinem Kämmerlein,
Dort ankernd in des Friedens Hafen,
Ich weiht ihn in den Glauben ein.
Sankt Michael mit seinem Schwerte,
Das war der Engel, den ich lehrte,
Er, der den Drachen niedertritt
Und wirkt mit Unsrer Frauen mit
Im Kampfe mit der alten Schlange,
Sankt Michael mit seinem Schwert
Hat stets den Drachen abgewehrt,
Und währt der Kampf auch noch so lange
Und führt der rote Drache Krieg,
Sankt Michael gehört der Sieg.
14
Ich sprach auch von dem Schutzpatrone
Sankt Georg, der ein Ritter war,
Ein Gotteskrieger zweifelsohne,
Ein Bruder Christi offenbar,
Der kämpfte mit dem alten Drachen
Und holte aus dem Drachenrachen
Die Jungfrau, die gefangen war,
Die Jungfrau, lieblich wunderbar,
Ja, die Prinzessin voller Seele.
Sankt Georg war für Juri da
Befreier seiner Anima,
Der Anima, die ohne Fehle
Wie Primavera war so schön,
Die er auf einem Bild gesehn.
15
Nicht nur des Christentumes Helden
Hab ich ihm vor den Geist gemalt,
Von der Antike war zu melden,
Auch Herakles sei lobgepreist,
Neun Köpfe hatte da die Schlange,
Der Kampf war schwer und währte lange,
Doch Herakles errang den Sieg.
Auch Siegfried führte solchen Krieg
Und kämpfte mit dem Lindwurm streitend,
Und Siegfried badete im Blut,
Hochherzig war sein Heldenmut,
Das Schwert in Händen zog er reitend,
Bis er gestorben durch Verrat.
Weh Hagen Tronje, der dies tat!
16
Wie schön und lieblich war doch Juri,
Ein holder Knabe blondgelockt.
Den Wein mir schenke ein Siduri,
Ihr Götter, seid nicht so verstockt,
Fest muß ich sein gleich einem Felsen,
Mein Herz wollt doch vor Wehmut schmelzen,
Wenn Juri fortgegangen war.
Der Wehmut Tränentropfen klar
Mir tropften salzig auf die Wange
Und schluchzen musste ich gerührt,
Sobald das Kind ward weggeführt,
Dann war ich melancholisch lange,
Zwar melancholisch, aber süß
Mein Herz genoss das Paradies.
17
Wie süß und treu die blauen Augen,
Wie gläubig hing das Kind an mir,
Ich sollt ihm gar zum Papa taugen,
Wie rührte an mein Herz er hier,
Wenn Juri manchmal rief mich Papa.
Gott weiß, der liebevolle Abba,
Daß Juri, meine Erstgeburt,
Den ich der Frau geweiht in Lourdes,
In mir aufwühlte mein Erbarmen.
Gott selber stillte seinen Grimm,
Barmherzigkeit für Ephraim
Im Herzen wühlte Gott, im warmen,
Gott musste sich erbarmen da,
Wenn er den Erstgebornen sah.
18
Geht fort von mir und lasst mich weinen,
Ich habe einen lieben Sohn,
Ich nannte diesen Knaben meinen,
Er saß in meines Herzens Thron,
Doch war er nicht von meinem Samen.
Woher nur all die Kinder kamen?
Die Leibesfrucht ist ein Geschenk,
O liebe Seele, stets bedenk,
Daß Gottes Gnade sind die Knaben.
Wohl dem, der seinen Köcher füllt
Mit Pfeilen, der mit Söhnen spielt,
Die Schwerter in den Händen haben,
Wenn er mit seinen Feinden kämpft,
So wird der böse Feind gedämpft.
19-21
(......................................................)
DRITTES KAPITEL
„Die Frau mit Brustkrebs suche sich einen wahren Busenfreund!“
(Ärztliche Empfehlung)
1
O Baltrum, meiner Seele Heimat,
O Meer, du mütterliches Meer,
Wo meine Seele einen Reim hat,
Die Sterne wie ein Himmelsheer
Am Horizont den Namen schreiben
Maria, also wird es bleiben,
O Mutter der Barmherzigkeit,
O Morgenstern der Ewigkeit,
O Meerstern über dieser Nordsee,
Die Möwen kreischen hell und grell,
Das Meer rauscht an die Düne schnell,
O blanker Hans, o grause Mordsee,
Man kommt zu sterben nur hierher,
O Meer, du mütterliches Meer!
2
Wie süß und reizend war doch Evi
Mit ihrem scharlachroten Mund,
Die große Göttin Maha-Devi
Stieg nieder auf den Erdengrund
Mit schwarzen seidenglatten Haaren,
Wie schön die Schlangenfesseln waren,
Wie reizend war ihr weißes Kleid,
Die Brüste wie gebenedeit,
Wie hüpften ihre hübschen Brüste!
Wie lang war ich von ihr getrennt,
Sie, meiner Schmerzen Element,
Sie meine Qualen, meine Lüste,
Sie, die mich richtete zugrund,
Ein Lächeln um den süßen Mund.
3
Sie hatte einen zweiten Knaben
Geboren, ihren süßen Tom.
Mit deinen Haaren schwarz wie Raben,
O Evelin, nach Baltrum komm,
Mit Juri und den Zwillingssöhnen
Und mit Karine, unsrer Schönen,
Mach mit mir Urlaub an dem Meer.
In deiner Kirche, Gott und Herr,
Wo der Altar aus einer Muschel,
Hier las ich, Beter und Poet,
Was einst geweissagt der Prophet,
Als Lektor mystisches Getuschel,
Orakel, mystisches Geraun.
O Baltrum du, o liebe Fraun!
4
Karine stand in ihrem Garten
Und sprach zu Torsten: Ach mein Schatz!
Sie sagte es mit einem zarten
Sie sagte es mit einem zarten
Gefühl im liebevollen Satz:
Ich habe Brustkrebs, du mein Guter,
Ich habe Brustkrebs, du mein Guter,
Ich habe Brustkrebs, du mein Bruder! –
O liebe Liebe, lebe lang,
Ich bin um deine Seele bang,
Daß dich der Sensemann mir raube,
Der Sandmann kommt im Abendrot,
Es klopft ans Fensterchen der Tod,
Im Tannenwipfel ruckt die Taube
Und plötzlich bricht herein die Nacht,
Ich glaube an der Liebe Macht!
5
Karines liebevolle Mutter
Maité in großer Sorge war,
Ob Gott in Frankreich auch ihr Futter
Geschätzt, ihr silberweißes Haar
Und die Zerbrechlichkeit der Knochen,
In Sorgen war seit jenen Wochen,
Da diese Diagnose stand
Geschrieben von des Arztes Hand.
O lass mir meine Tochter, Himmel!
Schon alle meine Schwestern sind
Wie Fliederduft gelöst im Wind
Und schweben wie Gewölkgewimmel
Und nachts in Träumen offenbar
Ich seh sie treten zum Altar.
6
Karines weitgereister Vater
Zu seiner kranken Tochter kam.
Es war ein ländliches Theater,
Da Juri meine Hände nahm
Und sagte: Du bist doch mein Papa,
Gott-Vater bist du mir, Gott-Abba,
Sprich, ich gehorche deinem Wort,
Befiehl, ich laufe von dir fort,
Befiehl, ich komme zu dir wieder.
Karines Vater Konrad zu
Dem Paten sah und sagte: Du,
Sag du nicht Sie zu mir so bieder,
Ich bin der Konrad voller Geist,
Ich weiß, dass du Herr Toto heißt.
7
Karine fuhr mit ihren Eltern
Und ihren Kindern und mit mir
Nach Rügen, dort in alten Wäldern
Wir lebten familiär und hier
Sprach Juri morgens frohen Schalles:
Im Osten schau des Sonnenballes
Im Osten schau des Sonnenballes
Am Himmel Hüpfen auf und ab,
Gottvater bist du, den ich hab,
Du, Toto, du bist Gott der Vater,
Ich Gott der Sohn, wir spielen Ball,
Wir spielen Fußball in dem All.
Ich sagte: Das ist ein Theater,
Wo ich Gottvater spielen soll,
Bin ich denn auch so liebevoll?
8
Die Zwillinge wie kleine Putten,
Wie nackte Englein im Barock,
In Heckenrosen Hagebutten,
Auf Erden manch ein dicker Stock,
Ja, Milan, dieser süße Bengel,
War süß wie ein barocker Engel,
Da nannte Milan ich Mignon.
Großmutter Maité sagte: Bon,
Und Simon nenn ich Chou-chou. Siehe,
Ich sprach: Karine, mon bijoux,
Karine nenne ich filou.
So scherzten wir zur Morgenfrühe,
Saß abends ich beim Wein allein,
Sah in die Gita da hinein.
9
Wir fuhren einmal mit dem Zuge,
Wir saßen in der Eisenbahn,
Da trat herein der einzig kluge
Messias, nein, das war kein Wahn,
Ein Mann, so schön wie Jesu Christe,
Da hüpften Annas schöne Brüste,
Der hat mir Juri schön gespielt,
Da habe ich zutiefst gefühlt,
Daß Jesus, König aller Huris,
Erbarmen mit den Kinder hat,
Nur Gott macht Kinderseelen satt,
Daß Jesus war ein Bruder Juris,
Denn Jesus hat die Kinder lieb.
Ich weiß nicht, wo der Fremde blieb.
10
Nachts schlief ich in dem Caravane
Und Juri kroch zu mir ins Bett.
Um Mitternacht im dunklen Wahne,
Als ob geklopft ein Fremder hätt,
Doch trommelnd auf dem Dach der Regen
Ergoss den wilden Wassersegen
Und mit mir Juri sah hinaus.
Die Fenster an des Vaters Haus
Sperrangelweit sie standen offen
Und Wetterstürme wilder Wut
Und Regenstürze dichter Flut
Wie Meere rauschend niedertroffen
Und da von Gottes höchstem Sitz
Die Nacht zerspaltete ein Blitz.
11
Ich sagte: Juri, schau, geschaffen
Hat Gott der Vater Blitzes Keil.
Jetzt schaust du Gottes lichte Waffen,
Im Wettersturm den Vater, Heil,
Im Wettersturm des Vaters Stimme
Im Donner spricht mit Zorn und Grimme,
Jetzt schleudert er von seinem Sitz
Den Keil herab, den grellen Blitz,
Die alten Linden sind wie Türme
Und doch in dieser Wetternacht
Die alten Linden sind gekracht
Zu Boden durch die Wetterstürme.
Es offenbart der Herr zur Nacht
Im Wettersturme seine Macht.
12
Da hat der grelle Blitz zerrissen
Das schwarze Kleid der Mutter Nacht,
Das schwarze Kleid der Nacht zerschlissen
Von Gott des Höchsten Wettermacht.
Schau, wo noch grad die Fluten troffen,
Da steht der Weg zum Himmel offen,
Da Gottes Blitz so strahlend gleißt,
Die Himmelsdecke uns zerreißt,
Jetzt siehe dort: Der Thron, der weiße,
Der Weiße Thron des höchsten Herrn,
In seiner Hand der siebte Stern,
Ein Donnersturm und Blitzgegleiße
Strömt aus von Gottes Weißem Thron!
Schau! Siehst du Jesus, Gottes Sohn?
13
Wir fuhren zu dem Kap Arkona,
Da rot und weiß der Leuchtturm stand.
O sag mir, Mona Lisa, Mona,
Wo warest du, in welchem Land?
Bei diesem Leuchtturm wird gefeiert
Die schöne Braut, die weiß verschleiert,
Dort trifft man sich am Hochzeitstag.
Karine sprach: Mein Torsten, sag,
Willst schließen du mit mir die Ehe?
Hier an dem Kap Arkona doch
Leg auf dich doch der Ehe Joch
Und bleibe stets in meiner Nähe.
Sei meinen Kindern Vater du,
Dann fände ich die Seelenruh.
14
Da sprach ich: Reizende Karine,
Ich lebe doch im Zölibat.
So gern ich deinem Leben diene
Und deiner Kinder Bienenstaat,
Ich liebe doch allein Maria
Und nur die Hagia Sophia
Mit ihrem schöpferischen Reiz
Und ihrem Opfer an dem Kreuz
Ist meine Gattin in der Ehe.
Ich weiß zwar, das verstehst du nicht,
Doch Gottestreue ist mir Pflicht,
Bin ich auch gern in deiner Nähe
Und will ein lieber Vater sein
Für die geliebten Kinderlein.
15
Allein ging ich am Meeresstrande,
Die Sonne abends ging zur Ruh.
Dort auf dem weiten Wasserlande
Der Sonne Glitzern immerzu
Von einer göttingleichen Glorie.
O Friedenskönigin, Victorie!
Frau in dem Sonnenkleid, Marie,
Seh ich die göttliche Sophie
In diesem göttingleichen Glanze?
Da kam ein Mädchen jung und schlank,
Da kam ein Mädchen jung und schlank,
Wie eine schlanke Palme rank,
Ihr Wandelgang gleich einem Tanze,
Das war Sophia, meine Braut,
Die ich im Gleichnis angeschaut.
16
Zurück in Oldenburg, der Heimat,
Sie war im Pius-Hospital,
Karine, die den süßen Seim hat,
Sie hatte keine andre Wahl
Als sich zu geben den Doktoren,
Was immer sagten auch die Toren,
Die Geisterheiler riefen an
Und den Schamanen. Aber dann
Sah ich im Krankenhaus Karine,
Ich weiß nicht, ist das Poesie?
Den Psalm vom guten Hirten sie
Den Psalm vom guten Hirten sie
Gelesen hat mit ernster Miene,
Von mir gebracht der Liebsten wurd
Auch Wasser von dem Quell von Lourdes.
17
Ich war im Pius-Hospitale
Und trat in die Kapelle ein,
Zwar nicht zum frommen Opfermahle,
Doch zu Marien-Litanein.
Gruß, Knotenlöserin! Die Knoten
Der Brüste weihen dir die Toten,
O rette, Knotenlöserin,
O höchste Himmelskönigin,
Erflehe von den Hypostasen
Die Heilung in der kranken Brust
Und führe uns zur höchsten Lust,
Erlös uns von den Metastasen,
O Mama! Mama Gottes du,
Den Brüsten schenke Seelenruh!
18
Ich fand im Antiquariate
Die Liebe Frau von Amsterdam,
Sie sprach dereinst im deutschen Staate,
Die Mutter war dem Opferlamm,
Sie sprach zu allen deutschen Christen:
Wenn Krebse kranken in den Brüsten,
Wenn Krebse kranken in den Brüsten,
So flüstre ich nur: Caritas!
Das ist es, was ich sage, das
Ist meine Botschaft an die Deutschen:
Mysterium Caritatis sei
Mysterium Caritatis sei
Euch Bündnis mit der Gottheit frei,
So weihet euch der hohen, keuschen
Frau Liebe, Mater Caritas,
Ich will es so, ich wünsche das!
19
Heil dir, Teresa von Kalkutta,
Du gabest damals manchen Rat,
Du schwarze Kali, große Mutter,
Du Mutter in dem Gottesstaat,
Du Mutter allen Überwindern:
Schenkt Liebe allen armen Kindern!
Schenkt Liebe allen armen Kindern!
Nicht Lepra in Europa ist,
Doch da sind Kinderseelen, Christ,
Die nur auf deine Liebe warten.
All diese Kinder, die da sind,
Sie sind für dich das Jesuskind,
Das wartet in dem grünen Garten
Auf deinen Trost und deinen Kuss
Und deiner Liebe Überfluss!
20
Und willst du weiter Gutes wirken,
Schau jene, welche todgeweiht,
Schau in den Krankenhausbezirken
Die Sterbenden im weißen Kleid,
Begleite sie bis an das Ende
Und halte ihnen treu die Hände
Und bet für ihre Seele du,
Erbitte ihnen Seelenruh.
Der Krebs vielleicht zerfrisst die Brüste,
Vielleicht auch holt sie bald der Tod,
Du bringe ihnen Himmelsbrot,
Schau in den Kranken Jesu Christe,
Die Sterbenden sind ohne Reiz,
Doch sind sie Christus an dem Kreuz.
21
Bonhoeffer damals mit Terese
Erschien mit einer Botschaft mir:
Von deinen eignen Leiden lese
Von deinen eignen Leiden lese
Ich viel in Liedern voller Zier,
Doch sollst du dich am Schmerz nicht weiden,
Du kreise mehr um Gottes Leiden,
Um Gottes Leiden in der Welt,
Zum Tröster Gottes bist bestellt,
Gott leidet in den Armen, Kranken,
Gott leidet in den Kinderlein,
Du sollst ein Tröster Gottes sein,
Du tröste Gott, er wird dirs danken,
Du tröste Gott in seinem Tod,
Dann lohnt er dirs im Morgenrot!
VIERTER GESANG
„Wer ein Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.“
(Wort Jesu)
(Wort Jesu)
1
Und noch einmal in Berolina,
O Freundin, wie zur Jugendzeit?
Weißt du noch, reizende Karina,
Der Weg nach Frankreich war nicht weit!
Jetzt aber suchst du die Doktoren
Aus China, diese alten Toren,
In Torheit dir versprachen sie,
Den Brustkrebs heilen kann das Chi,
Du müsstest nur den Atem regeln.
Und darum waren in Berlin
Du, ich und Milan. Denk an ihn
Ich in der Nacht, dann gleich den Vögeln
Aufflattert meine Seele, ach,
Jetzt ist er fort! Mein Herz mir brach!
2
Zwei Jahre alt war Milan eben
Und nannte liebe Mama mich,
Ich liebte sehr sein süßes Leben
So süß verliebt und inniglich,
Ich führte ihn an meinen Händen
Am Morgen zu dem Teich der Enten,
Ich führte ihn zu Schaf und Pferd,
Vor Hunden hat er sich gesperrt,
Ich sah mit ihm die Drachen steigen,
Ich sang ihm Kinderlieder vor,
Wir lauschten auf der Vögel Chor,
Ich wollte ihm die Kirche zeigen,
Sankt Bernhards Kirche in Berlin,
Da führte ich zum Becken ihn.
3
Wir standen vor der Taufe Becken,
Die Taube auf dem Becken lieb,
Klein Milan wollt die Taube wecken
Und sprach zur Liebestaube: Piep!
Dann traten wir in die Kapelle
Der Gottesmutter, ihre Zelle
War klein und dunkel, in dem Bau
Die Große Mutter, Liebe Frau,
Den toten Sohn hielt in den Armen.
Ich sprach: Schau deine Mama an,
Er sah Maria an und dann
Sprach zu Maria voll Erbarmen
Der kleine Milan: Mama du!
O welche süße Seelenruh!
4
Im Winter schlief ich bei Karine,
Da Milan schlief in meinem Bett.
O Witwer, helle auf die Miene!
Wie war doch Milan süß und nett,
Am Morgen sangen wir: Schneeflöckchen,
Du kommst vom Himmel her, Weißröckchen.
Dann sahn wir auf verschneiter Erd
Im Morgennebel stehn das Pferd.
O Gruß dir, schwarze Gottesmutter,
Wir grüßen dich im Morgenrot,
O schau herab auf unsre Not,
Gib Kinderseelen süßes Futter
Und deinem Minnesänger auch,
Ich bitte, blauen Tabaksrauch.
5
Wenn Milan ich zu Bette brachte,
Dann hielt ich lange seine Hand,
Die Muttergottes gütig wachte,
Die Königin im Sternenland,
Ich hielt das süße kleine Händchen
Und sang ihm: Alle meine Entchen,
Die schwimmen lustig auf dem See,
Die Schwänzchen herrlich in die Höh!
O Muttergottes, deinen Mantel
Breit über deine Kinder aus
Und führe sie ins Vaterhaus
Nach einem langen Erdenwandel
Und lass sie schaun im Traume süß
Das Christkind und das Paradies!
6
Da lag ich auf dem Sofa, Herrin,
Dein Sternenmantel über mir,
Du meine Gattin, keine Närrin,
Ich gänzlich mich vertraute dir
Und dir vertraute in dem Winter
Karine ich und ihre Kinder.
Schlafwandelnd Milan schließlich kroch
Zu mir ins Bett, ich wachte noch,
Ich betete zur Schwarzen Mutter,
Zur Sternenkönigin der Nacht,
Ich hab bei Milans Schlaf gewacht,
Der Mond zog wie ein Fischerkutter
Am Himmel bei der Sterne Heer.
Herr, hab erbarmen, Gott und Herr!
7
Karine war im Mutterhause
Für kranke Mütter in der Kur.
Und ich verließ die stille Klause
Zum Meere und zu der Natur.
O Sylt, du wunderschönes Eiland,
O Sylt, zu dir auch kommt der Heiland,
Die du im Meere ruhst, o Sylt,
So wie ein kleines Kind gestillt,
An Dünen wachsen Hagebutten,
Mit meinem Juri war ich dort
Und Sohn und Vater fort und fort
Wie Poseidaon und die Putten
Voll Freude liefen übern Strand
Und wälzten sich im weißen Sand.
8
Wir lasen beide die Geschichte
Vom jungen Prinzen Eisenherz,
Da die Visionen und Gesichte
Mir zeigten meines Lebens Schmerz,
Da ferne war die Jugendliebe
Und weiter trieben ihn die Triebe
Zur Königin der Inseln fort,
Zur Königin im Süden, dort
Fand er die Herrin Aphrodite
Und musste durch die Wüste noch
Und tragen schweren Kreuzes Joch,
Bis ihm die rote Rose blühte
Und er im feuchten Nebelland
Die Liebe seines Lebens fand.
9
Da war ich Juris Herzensvater
Und Juri war mein Herzenssohn,
Im tragikomischen Theater
War ich die komische Person
Und spielte auf des Lebens Bühne
Gott Neptun, sitzend auf der Düne,
Karine war die Zypria,
Die Aphrodite Paphia,
Beschenkt mit einem schönen Dinge,
Der Freundschaft Zeichen gab ich ihr,
Sie nahm es an, die bunte Zier
Von einem bunten Freundschaftsringe,
Und Juri auf dem Muschelthron,
Er war der Aphrodite Sohn.
10
Zu Ostern war auch noch Karine
In ihrem Mutterhaus auf Sylt.
Ich aber, dass ich liebend diene,
Von der Barmherzigkeit erfüllt,
Mit Milan nach Neu-Wulmstorf reiste
Bei Hamburg. In dem heilgen Geiste
Zur Josefs-Kirche trat ich ein,
Mit Milan zu dem Gnadenschrein.
Sankt Josef war ein Pflegevater,
Das Jesuskindlein auf dem Arm,
Sankt Josef mit dem Herzen warm
Im kirchlichen Sakraltheater
Stand da und segnete die Fahrt
Und Jesus grüßte Milan zart.
11
Zu Ostern süße Ostereier
Wir suchten in dem grünen Wald,
So eine kindlich frohe Feier,
Auch Konrad war dabei, schon alt,
An seinem Leibe schon gebrechlich.
Die Sonne war so unaussprechlich
Und Milan freute sich so sehr
Am Wald, am Sonnenschein, am Meer
Und an der Eier Schokolade,
Er war ein süßer Sonnenschein,
Ein sonnenlichtes Engelein,
Voll Freundlichkeit und Gunst und Gnade
Zu mir, der ich ihn trug hierher
Zum Sonnenballe und zum Meer.
12
Ich, fern von meiner Eremitage,
Mich freute an dem Meer und Wind,
Ich Ritter, Milan war mein Page,
Ich Herzensvater, er mein Kind,
Ich Ritter auf dem Sturmesrappen
Mit meinem blondgelockten Knappen,
Ein Ritter trauriger Gestalt
In diesem dichten Fichtenwald
Und an dem brausenden Gestade,
Und Milan kämpfte mit dem Wind,
Dem Sturm gebot das Jesuskind,
Mein Page voller Huld und Gnade,
Mein Page voller Gunst und Huld
Mein Liebling war im Minnekult.
13
Ich war allein zur Mittagsstunde
Und betete den Rosenkranz,
Saß auf dem Deich im Wiesengrunde
Und sah der Wellen wilden Tanz
Und sah die schöne Nordsee schäumen,
Fing an, prophetisch da zu träumen,
Daß über diesem Ozean
Hochwandelnd auf der Wellenbahn
Die ozeanische Maria
Erschien mir schön wie Zypria,
Wie Aphrodite Paphia,
Das war die Hagia Sophia,
Ein Ozean der Gnaden sie,
Ein Ozean der Sympathie.
14
Die Schönheit Hagia Sophias
Auftauchend aus dem Meeresschaum,
Es war der kindliche Messias,
Der schuf den ganzen Weltenraum,
Gewiss wars nicht der Abgott Mammon,
Nein, Gottes Liebling war es, Amon,
Die Weisheit ja in Gottes Wort
Heißt Gottes Liebling fort und fort,
Die Weisheit, diesen Liebling, schaute
Ich geistig überm Ozean,
Der ausgedacht den Weltenplan,
Er, der das Universum baute,
Er, der geboten Meer und Wind,
Die Weisheit wars, das Jesuskind.
15
Da dacht ich an den Meister Plato
Und an den Meister Sokrates,
Nicht an den Advokaten Cato
Und nicht den Arzt Hippokrates,
Wie Sokrates und Plato lehrten,
Daß wahre Minner nicht begehrten,
Rein liebten, fern von bösem Spott,
Im Knaben einen Glanz von Gott!
Wenn Platonisten lieben Knaben,
Wenn Platonisten lieben Knaben,
So nicht wie Päderasten bös!
Von Päderasten uns erlös!
Nein, keusch an Gottes Glanz erlaben
Nein, keusch an Gottes Glanz erlaben
Sich Platonisten lieblich lind
Und lieben nur den Gott im Kind!
16
Sobald ich war ein Christ geworden
Durch der Bekehrung Gnadenzeit,
Mein Ideal war, wie im Orden,
Die heilige Jungfräulichkeit.
O du Jungfräulichkeit Marias,
Du eheloser Mann Messias,
Du Paulus, frei von einer Frau,
Nur lebend von der Gnade Tau,
Du Thekla und du Agnes, keusche
Jungfräulichkeit im Gottesstaat,
Prophetisch bist du, Zölibat,
Weil einst nach diesem Todesfleische
Im Himmelreich wir werden sein
Wie engelgleiche Jungfraun rein!
17
Ums Charisma der Ehelosen
Ich bat den Herrn am Quell von Lourdes,
Verlobt zu sein der Makellosen,
Als ich zum Katholiken wurd,
War in der Kirche des Messias
Ich Freund und Bräutigam Marias,
Maria meine Ehefrau.
So ist es folglich ganz genau,
Daß ich zu ihrem Josef werde.
Ich möchte werden Josef gleich
Und Bräutigam im Himmelreich
Und Gatte auf der neuen Erde
Der heiligsten Madonna sein
Und Vater für das Jesulein.
18
Jetzt sprach der weise Papst in Roma:
Entscheidet euch auf Lebenszeit!
Entscheidet euch auf Lebenszeit!
Einst sagte meine liebe Oma
Auf einer Hochzeit in der Zeit
Des Wonnemondes oder Maien:
Du, Torsten, sollst kein Weib dir freien!
Du, Torsten, sollst kein Weib dir freien!
Nun freite ich das Herz Marias,
Die Seele Hagia Sophias,
Und schloß den Pakt fürs ganze Leben:
O Königin im Gottesstaat,
O Königin im Gottesstaat,
Frau Weisheit, dein im Zölibat
Bin ich für immer, dir gegeben
Für diese düstre Erdenzeit
Und für die lichte Ewigkeit!
19
Karine, wieder Weib der Wonne
Und wieder Weib der süßen Lust,
Nichts trägst du als den Hauch der Sonne,
Gebenedeit ist deine Brust,
Wie hüpfen deine vollen Brüste,
O Liebe voller süßer Lüste,
Wie schön dein Gürtel voller Reiz,
Wie süß die Liebe ohne Geiz,
Ich nehme dich mir zum Modelle
Für eine Venus unsrer Zeit,
Du Liebreiz hochgebenedeit,
Nackt tauchend aus der blauen Welle,
Modell der Aphrodite mir,
Du Gottes Abglanz, Gottes Zier!
20
Wie wälztest du dich in dem Sande,
Die Meerflut spülte an den Schaum,
Wie wälztest du dich an dem Strande,
Du Götterweib, so schön wie Traum,
So schön wie in den ersten Tagen,
Ach, ich vergesse alle Klagen
Und alle Sorgen, alle Not
Und alle Krankheit, allen Tod!
Zwar ich gehöre Nazarenus,
Ich bin so absolut geweiht
Dem Herrn in seiner Herrlichkeit,
Doch du bist meine schöne Venus,
Du bist die süße Zypria,
Wie bist du prachtvoll, Paphia!
21
O Lust, wie wollt ich dich begatten
Und lösen dir das Gürtelband,
Im Sonnenscheine und im Schatten
Dich lieben in dem Meer, am Land,
Was wollt ich dich erkennen balde
Und nackt dich sehn im Fichtenwalde,
Wie damals, als wir waren jung,
In Wollust und Begeisterung
Warst damals du mir eine Göttin,
In der sich Gott mir offenbart,
Die Venus, der ich mich gepaart,
In Wollust meine wilde Gattin!
Doch heut versage ich mir das
Und nenn dich: Diva Caritas!
FÜNFTER GESANG
„Wahrlich, ich sage dir: Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein!“
(Wort Jesu am Kreuz)
1
Noch einmal meiner Kindheit Heimat
Zu sehen, machte ich die Fahrt
Mit Anna, die den süßen Seim hat,
Und mit den Zwillingen gepaart
Und mit dem goldgelockten Juri.
Karine, schön wie eine Huri,
Sie badete im Badesee,
Ich noch die schöne Venus seh
In dem Bikini in dem Bade,
Und Juri war wie ein Apoll
Von Belvedere, schönheitsvoll,
Karine, von dem Haupt zur Wade,
Auftauchte aus dem Wasser blau,
Wie eine Nymphe diese Frau.
2
Da nahm ich Milan in die Arme
Und sprach zu meinem Herrn und Gott:
Barmherzigkeit des Herrn, erbarme,
Barmherzigkeit des Herrn, erbarme,
Ich trotz der Sünder schlimmem Spott,
Wo ich mit Milan hier nun bade,
Du übergieße ihn mit Gnade!
In seinem Namen ich dir schwör,
Ich folge dir, mein Gott und Herr,
Ich widersag dem bösen Satan,
Du hast dies Kind auch losgekauft,
Ich wollt, auch Milan wär getauft!
Jedidja lebte einst bei Nathan,
Jedidja lebte einst bei Nathan,
Maria einst erschien in Lourdes.
Schenk Milan du die Neugeburt!
3
Am Abend nach des Tages Wandel
Die Kinder brachte ich zu Bett.
O Liebe Frau im Sternenmantel,
Mein braunes Mädchen, sei so nett,
Die Kinder mit dem Mantel decke
Und morgens sie zum Frohsinn wecke!
Am Morgen Milan lieb und lind
War zärtlich wie das Jesuskind,
Die Mutter kitzelnd an der Taille.
O Jesuskind, o Seelengast,
Maria du gekitzelt hast,
Maria, schön auf der Medaille,
Mit langer schwarzer Haare Nacht,
Sie hat vor Heiterkeit gelacht.
4
Wie oft die Zwillinge geschlafen
Bei mir in meinem Schlafgemach,
Ich brachte in der Ruhe Hafen
Sie mit Gebet und Segen, ach,
Wie schön, wenn Milan früh, der Nette,
Lieb lächelnd stand an meinem Bette
Und hat mich liebevoll geweckt
Und dann geherzt, gescherzt, geneckt.
Erzählen sollt ich ihnen Märchen,
Sie liebten meine Fabelei,
Und Simon frug, wer weiser sei,
Wer klüger sei von diesem Pärchen:
Odysseus, der Athene Sohn,
Odysseus, der Athene Sohn,
Sophias Liebling Salomon?
5
Der Krieg um Troja währte lange,
Achill und Hektor schlugen sich.
Der Krieg wie eine Feuerschlange
Zehn Jahre durch die Lande schlich,
Bis schließlich der Odysseus leise
Und durch Athenes Gnade weise
Geschaffen hat von Holz ein Pferd,
Athene hat es ihn gelehrt.
Nicht durch der Männer Waffenwerke
In diesem bitterlichen Krieg
Der Griechen Heer errang den Sieg,
Nein, durch die einfallsreiche Stärke
Der Weisheit kam in diesem Krieg
Dem Griechenheer Triumph und Sieg.
6
Doch Salomo in Gottes Reiche
Als Weiser saß auf seinem Thron,
Als Balkis kam, die Ohnegleiche,
Die Königin zu Salomon.
Hat diese Schönheit voll der Gnade
Vielleicht gar eines Pferdes Wade?
Mit Gnade Sapientias
Schuf Salomo aus blauem Glas
Ein Meer aus Glas für die Najade.
Da hob sie ihres Rockes Saum,
Den Rock zu schützen vor dem Schaum,
Und Salomo sah ihre Wade,
Nein, nicht behaart das Frauenbein,
Die Beine waren glatt und rein.
7
Karine reiste zur Genesung
Zu Theosophen in die Kur.
Sankt Michael, halt die Verwesung
Des Leibes auf der Kreatur!
Ich aber hütete die Kinder
Ich aber hütete die Kinder
Mit der Großmutter. Lieb und linder
War nie das süße Zwillingspaar
Und Juri mit dem goldnen Haar.
Wenn Juri ich zu Bette brachte,
Kam Milan auch zu mir ins Bett,
So süß und lieb, so hold und nett,
So süß anschmiegsam und so sachte,
Mit Segen wiegte ich sie ein:
Wir grüßen dich, Schutzengelein!
Wir grüßen dich, Schutzengelein!
8
Erschöpft von all dem Kinderhüten
Am Abend trank ich meinen Wein,
Und meine Geister sich noch mühten,
Der Muse frommer Sohn zu sein.
Da habe Haikus ich gedichtet
Von allem, was ich da gesichtet,
Vor allem schrieb ich, trotz dem Spott,
Wie einer Mutter gleich ist Gott!
In Haikus schrieb der Sohn der Musen
In Haikus schrieb der Sohn der Musen
Mit seiner allerletzten Kraft
Von schöner Liebe Mutterschaft,
Von dem erbarmungsvollen Busen,
Wie mütterlich Barmherzigkeit,
Wie Gott ist Mutter benedeit!
9
An einem Tage im Oktober
Spazierte ich am Hasenweg,
Die Ernte ruhte schon im Schober,
Doch die Natur war weiter reg.
Ich sah am Himmel, mir zur Wonne,
Wie Straßen Strahlen goldner Sonne
Und auf des Sonnenlichtes Bahn
Hinan den Himmel aufgetan!
Da jauchzten alle Lebenstriebe,
Da jauchzten alle Lebenstriebe,
Ich sah im ewigen Äon
Inthronisiert im Weißen Thron
Gott sitzen als die Schöne Liebe!
Die Gottheit Schöne Liebe! Das
Ist Magna Mater Caritas!
10
Ein großes Fest will ich heut feiern
Mit Anna und mit Evelin,
Kommt, tönt, der Musen goldne Leiern,
Lobpreist die Minne-Sympathien!
In einem schönen Blumengarten
Schau Evi, Tom und Quentin warten
Auf Juri, Milan, Simon und
Karine mit dem süßen Mund.
Ist Evi schön wie eine Huri,
Ist Anna eine Huri auch.
Ich bin Prophet im Geisteshauch,
Wein in den Becher schenkt Siduri,
Ein Patriarch bin ich vor Gott,
Zwei Frauen hab ich ohne Spott.
11
Karine aber sagte leise:
Wenn ich im Krankenbette lieg,
Wenn ich im Krankenbette lieg,
O du mein lieber Bruder weise,
Denk ich dann an des Todes Sieg,
Bin ich der Todesangst verfallen,
Von allen meinen Kindern allen
Ist Milan heilig dann und fromm!
Ich sage dann zu Milan: Komm,
Mein kleiner Heiliger, mein Engel,
Und tröste deine Mutter du!
Er schenkt mir dann die Seelenruh,
Er schenkt mir dann die Seelenruh,
Dein Liebling, ja, der süße Bengel,
Ist wie ein Heiliger von Gott,
Ein Gottes-Odem im Schamott.
12
Wenn ich jetzt denke an das Sterben,
Ich laß die Kinderlein zurück,
Muß ich verwesen und verderben
Und ist dahin das Erdenglück,
So sollst du meine Kinder taufen,
Sie durch die Gnade freizukaufen,
Sei ihnen lieber Pate dann
Und geistlich Vater, lieber Mann.
Ich sagte: Bei der Gottesmutter,
Ich fragte die Pastorin schon,
Ob sie mir tauft den Lieblingssohn
Im weißen Dom von Martin Luther.
Beim unbefleckten Quell von Lourdes
Wünsch Milan ich die Neugeburt!
13
Mein Milan, kennst du einen Helden,
Der wirklich Held der Liebe war?
Von deinem Schutzgeist will ich melden,
Dein Schutzpatron ists offenbar,
Der Pater Maximilian Kolbe!
O Pater Maximilian Kolbe,
O Pater Maximilian Kolbe,
Du gabst dein eignes Leben hin,
Auf dass ein Vater den Gewinn
Des Lebens habe in dem Lager
Von Auschwitz! Maximilian starb,
Durch Feindeshand der Held verdarb,
Er starb den Tod des Hungers hager,
Sein letztes Wort war aber, schau:
Ich bin ganz dein, o Liebe Frau!
Ich bin ganz dein, o Liebe Frau!
14
Advent war jetzt herbeigekommen,
Spazieren ging Karine mit
Dem gottgeweihten Freund, dem Frommen,
Der hielt die Freundin, dass nicht glitt
Ihr kranker Fuß auf glattem Eise.
Da sang Karine lieblich leise
Die schönsten Weihnachtslieder vor,
So wie ein reiner Kinderchor
Sang sie der Kindheit Weihnachtslieder:
O kommt zur Krippe, Kinderlein,
O kommt zur Krippe, Kinderlein,
Das Jesuskind lädt alle ein,
Sind alle seine Schwestern, Brüder,
Ja, feiert Weihnacht orthodox
Im Stall mit Esel und mit Ochs.
15
Von Schnee war weiß die ganze Landschaft,
Ein Nebelschleier drüber weiß.
Der kleinen Knaben tolle Mannschaft
Toll lärmte, aber Anna leis
Ging friedlich an der Hand von Torsten,
Der war nicht rau wie Schweineborsten,
So ging Karine leise mit
Dem alten Ehemann im Schritt
Und wie sie durch das Weiße gleiten,
Sprach Torsten zu der lieben Frau:
Geliebte, schau die Landschaft, schau
Geliebte, schau die Landschaft, schau
Den Himmel, so sind Ewigkeiten,
Wir sind schon fast im Himmel, nicht?
Ist alles um uns weißes Licht!
Ist alles um uns weißes Licht!
16
Im Jahre Zehne nach Zehntausend
Am Feiertag Sankt Valentin,
Ich fuhr mit meinem Rade sausend,
Weil mich die guten Geister ziehn,
Ich fuhr zum Pius-Hospitale,
Weil dorten in dem Krankensaale
Karine kurz vorm Tode lag.
Sankt Valentin, der Liebe Tag,
Sah mich noch mal an ihrem Bette,
Da hielt ich leise ihre Hand,
Der Sandmann streute schon den Sand,
Wie lieb die Niedliche und Nette
Gelächelt hat im weißen Raum,
Voll Morphium und süßem Traum.
17
Grad als ich saß an ihrem Bette,
Da trat die Ordensschwester ein,
Daß Jesus mir Karine rette,
Ich stimmte in den Lobpreis ein,
Als hoch erhoben die Oblate,
Die Hostia Immaculata –
Die Kerze brannte auf dem Tisch,
Die Muttergottes schaute frisch
Von der Ikone zu Karine.
Karine sprach: Ich will den Sohn,
Ich möchte auch die Kommunion!
Ein Lächeln lag auf ihrer Miene,
Da geistig sie den Herrn geehrt,
Da geistig sie der Herr genährt!
18
Ich schüttete mein Herz Karine
Mit allen Liebesschmerzen aus.
Sie hörte es mit stiller Miene,
Sie stand schon vor des Vaters Haus.
Ihr Engel, die ihr sie erlöstet,
Sie hat im Sterben mich getröstet,
Dann sank sie in des Kissens Flaum,
Verträumt von Opiates Traum
Und sprach: Ich denk an meine Mutter
Nur noch und sonst nur noch an dich,
Um meine Kinder sorg ich mich,
Sei du für sie wie eine Mutter
Und sorg für meine Kinder! Ah,
Mama, komm zu mir, o Mama!
19
Drei Tage später war gestorben
Karine Anna, sie war tot!
Ich, der ich oft um sie geworben,
Ich sprach sie noch im Abendrot
Vor ihrem Tod am Telephone,
Da sprach Karine Anna ohne
Verbitterung zu mir zuletzt:
In Not hab ich dich eingesetzt,
In Not hab ich dich eingesetzt,
Daß du vereint mit unsrer Evi
Um meine Kinder kümmerst dich.
Ich sagte: Anna, sicherlich,
So wahr Maria meine Devi,
Ich sorge mich nach deinem Tod
Um deine Kinderlein in Not.
20
Nun lag sie da als starre Leiche,
Ich stand mit Milan an dem Bett.
Der süße Leib, der sonst so weiche,
War hart, die Seele, sonst so nett,
War fortgeflogen aus dem Zimmer
Und auf dem Weg in Gottes Schimmer.
Weihwasser nahm ich ohne Geiz
Und schrieb ihr auf die Stirn ein Kreuz.
Mit Milan und mit Simon schritt ich
In die Kapelle. Vor dem Bild
Der großen Gottesmutter mild
Ich betete: Marie, ich bitt dich,
Karine führ ins Paradies!
Den Kindern sei du Mutter süß!
21
O Muse der Erinnerungen,
O Mutter der Memoria,
Die Frauen weih ich dir, die Jungen,
Die ich auf meinem Weg sah,
O Jesus, Hirte unsrer Seelen,
Du mögest alle uns erwählen,
O Muse der Erinnerung,
Madonna mein, mein Mädchen jung,
Ich weih dir all die lieben Seelen
Und meine Seele auch dazu,
Du unser Stern der Hoffnung, du,
Komm du herbei, uns zu erwählen!
Wenn du es gnädig mit uns meinst,
Wir selig auferstehen einst!