Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DIE VISION DER HAGIA SOPHIA




Ein didaktisches Epos
In freien Versen

Von Josef Maria Mayer



ERSTER GESANG
VOM URSPRUNG SOPHIAS

Die Hagia Sophia tat selber ihren Mund auf
Und sprach vor den versammelten Gläubigen:
Ich ging hervor aus dem Munde des Ewigen
Und wandelte durch die unendlichen Himmel
Und thronte hoch auf einer Wolkensäule
Und schwebte über dem Meere
Wie ein Nebelschleier
Und suchte mir eine Wohnung auf Erden,
Ich suchte bei allen Völkern der Erde
Nach einer heiligen Wohnung
Und ich fand meine heilige Wohnung
In Jakob, welcher Israel heißt,
Und wohne nun in Jakob, der Israel heißt.

Die Hagia Sophia ist
Ein Lichtglanz der Gloria des Ewigen,
Ein Strahl der göttlichen Kraft,
Ein unbefleckter Spiegel
Der göttlichen Herrlichkeit,
Ein Ausfluss Gottes und seiner Kraft,
Eine Emanation des Ewigen.

Bevor die Schöpfung geworden ist,
Bevor die Zeit und der Raum geworden sind,
Ist die Ewige Weisheit bei Gott.
Ihr Adel ist von göttlichem Adel,
Denn ihr Ursprung ist in Gott,
Sie stammt von Gott
Und ist bei dem Ewigen
Und ist eines Wesens mit Gott.

Die Ewige Weisheit ist
Ein göttliches Licht vom Lichte Gottes,
Eines Wesens mit dem Ewigen,
Gottheit von der Gottheit.

Die Ewige Weisheit ging hervor
Aus dem Munde des Ewigen
Und der Geist der Weisheit
Ist ein Geist der Liebe und Freundschaft.

Die Ewige Weisheit ist
Sophia increata,
Die ungeschaffene Weisheit,
Denn die Hagia Sophia ist
Nicht geschaffen, sondern gezeugt,
Vor aller Zeit geboren von Gott.


ZWEITER GESANG
FRAU WEISHEIT ALS JUNGFRAU TORAH

Als der Ewige schaffen wollte
Einen schönen Kosmos
Und ein geistiges Menschengeschlecht,
Da schaute der Ewige
Die ewige Jungfrau Torah an
Und nach dem ewigen Urbild der Jungfrau Torah
Schuf der Ewige
Den Kosmos und die Menschheit.

Wer ist die Ewige Jungfrau Torah?
Ist sie die Bibel, die wir auf Erden lesen?
Die geliebte Byblia, die wir studieren,
Beginnt mit dem Buchstaben B,
Die ewige Jungfrau Torah bei Gott
Beginnt ihre Rede mit dem Buchstaben A.

Der ewige König hat im Himmel der Himmel
Einen Palast aus Licht und Edelsteinen,
Das ist die himmlische Stadt Jerusalem,
Dort wohnt die ewige Jungfrau Torah.
Der ewige König sucht
Als liebender Vater im Himmel
Einen Bräutigam für die Jungfrau Torah,
Die Tochter Gottes.

Wer ist würdig, zu schauen die Jungfrau Torah?
Siehe, sie selber offenbart sich,
Die Prinzessin, die Tochter des ewigen Königs,
Öffnet den Vorhang am Fenster
Des himmlischen Palastes Gottes
Und erscheint einen Augenblick am Fenster
Und lockt den Schriftgelehrten
Mit dem Liebreiz ihrer göttlichen Schönheit.

Wer darf wohnen in den heiligen Hallen
Der ewigen Jungfrau Torah?
Sie ist eine starke Frau,
Wer wird sie finden, wer wird sie gewinnen?

Wenn die Jungfrau Torah sich offenbart
Und aus freier schenkender Gnade
Sich einem Menschen schenken will,
So macht sie ihn verliebt
In den Liebreiz ihrer Schleier,
In den Lichtglanz ihres strahlenden Leibes,
In die Sanftmut und Demut ihrer Seele
Und das Mysterium Gottes
Im innersten Brautgemach ihrer Seele.

Wer die starke Frau errungen hat
Und Bräutigam der Jungfrau Torah geworden,
Erhält von der Jungfrau den neuen Namen:
Baal-Schem, Gatte des Ewigen Namens.


DRITTER GESANG
SCHÖPFERIN SOPHIA

Der Ewige beginnt seine Schöpfung
Mit dem Buchstaben B.
Welcher Name bezeichnet der Buchstabe B?
B bedeutet Bereschit,
Bereschit bedeutet: Beginnend.
Bereschit bedeutet:
Im Anbeginn schuf Gott.
Wer ist Bereschit?
Bereschit ist die Ewige Weisheit.
Sie ist das Urprinzip.
Denn Gott der Ewige schuf
Im Urprinzip der Ewigen Weisheit
Den Kosmos und die Menschheit,
Die Engel und die unsterblichen Seelen.

Die Ewige Weisheit ist das Urprinzip,
Die Ewige Weisheit war bei Gott,
Die Ewige Weisheit selbst ist göttlich,
In ihr ist alles erschaffen,
Sie ist das Leben aller lebendigen Wesen.

Denn Bereschit, das Urprinzip,
Die Ewige Weisheit, ist
Die göttliche Urform aller Formen,
Die Idea der Ideen,
Gottes Idea, in welcher Gleichnis
Kosmos und Menschheit erschaffen sind.
Sie ist die Forma Formarum,
Urform aller Formen aller Kreaturen,
Urform auch der Seelen,
Denn die geistigen Seelen der Menschen
Sind die Formprinzipien
Ihrer menschlichen Leiber,
Männlichen Körpers, weiblichen Körpers,
Die Seele ist die Form des Körpers,
Aber Sophia ist die Urform der Seelen.

Denn im Morgenglanz der Ewigkeit
Erhob sich Hagia Sophia
Wie eine göttliche Morgenröte!
Gott der Ewige hauchte die Ewige Weisheit
Im heiligen Geiste der Weisheit
Als Weltseele ein dem Kosmos,
Hagia Sophia ist die Weltseele,
Alle Geistseelen aller Menschen
Sind Abbild der Weltseele Hagia Sophia,
Geschaffen in ihrem Bild und Gleichnis.

Darum preise ich Sophia
Als die Schöpferin der geistigen Seelen
Und die unaufhörliche Schöpferin
All der unzähligen Universen.


VIERTER GESANG
SOPHIAS GNADENGABEN

Wenn du gute und schöne Dinge begehrst
Und bittest um dein tägliches Mahl
Und um den Wein zur Freude des Herzens,
Wer ist wohl reicher als Sophia,
Die ja die Schöpferin aller Dinge ist?

Wenn du Klugheit begehrst
Und wissen willst, wie die Welt entstand,
Wissen willst vom innern Wesen der Elemente,
Von den Bahnen der Sterne
Und den Äonen des Kosmos
Und der Urgeschichte der Menschheit,
Von der Heilkraft der Pflanzen
Und von der Seele der Tiere,
Dann bitte Sophia! Sie schenkt
Dir Einsicht und Erkenntnis.

Wenn du begehrst, ein Künstler zu sein
Und schöne Kunstwerke herzustellen,
Erwähle dir Hagia Sophia
Zur inspirierenden himmlischen Muse,
Denn die ist die göttliche Schönheit,
Sie ist ein inspirierender Geist
Und geht in die Seele der Menschen ein
Und macht sie zu Propheten
Und zu Freunden der Ewigen Gottheit.
Es gibt keine größere Künstlerin
Als die göttliche Künstlerin Hagia Sophia!

Bemühst du dich um Tugend,
So bitte Hagia Sophia,
Denn sie ist die Mutter der Tugend,
Sie schenkt dir Klugheit und Kraft,
Lehrt dich, Maß zu halten,
Und schenkt dir die Gerechtigkeit.

Denn der Mensch ist dreifaltig,
Gemacht aus Geist und Seele und Leib.
Sophia schenkt dem Geist die Klugheit,
Des Menschen Geist empfängt als Schwester
Und Freundin Binah, die Einsicht,
Der Seele des Menschen, des Menschen Herz
Schenkt Hagia Sophia Mut
Und redet immer wieder: Nur Mut, mein Kind!
Dem Körper des Menschen
Bringt Sophia Mäßigung bei,
Lehrt Askese und führt zur Keuschheit.
Ist der Geist des Menschen vertraut
Mit Binah, der schwesterlichen Einsicht,
Ist das Herz des Menschen voll Mut
Und der Körper keusch geworden,
So nennt Sophia den Menschen
Einen Gerechten wie Josef.


FÜNFTER GESANG

SOPHIAS BRÄUTIGAM SALOMO

Salomo hatte geträumt,
Es war ein prophetischer Traum,
Da Gott der Ewige sprach
Zu Salomo und fragte ihn:
Was wünschst du dir von mir?
Und Salomo begehrte nicht Reichtum,
Begehrte nicht Verdammnis seiner Feinde,
Begehrte kein langes Leben auf Erden,
Sondern begehrte die Weisheit,
Die Throngenossin Gottes.
Das erfreute des Ewigen Herz
Und der Ewige schenkte aus reiner Gnade
Salomo die Hagia Sophia zur Braut.

Geküsst vom Musenkuss der Ewigen Weisheit
Salomo sang das Hohelied der Liebe.
Sophia lehrte den weisen Salomo,
Daß Gott die Liebe ist,
Daß Gott nichts ist als Liebe,
Und alle andern Hypostasen Gottes,
Die Wahrheit, die Barmherzigkeit,
Die Gerechtigkeit und die Freiheit,
Die Kraft und die Gnade und alle andern
Allerlieblichsten Hypostasen
Stammen alle aus der göttlichen Liebe.

Gott ist göttliche Liebe und die Ehe
Zwischen der Gottheit und dem Menschen
Ist wie die leidenschaftliche Liebe
Eines Mannes zu einer schönen Frau.

Als Sophia aber bei Adam war,
Gab sie ihm das Buch der Kabbala.
Als Adam aber fern vom Garten Eden war,
Gab Adam das Buch der Kabbala Seth,
Den Eva ihm für Abel geboren.
Und in dem Buch der Kabbala steht:

Das Hohelied der Liebe
Ist das Liebeslied von Bräutigam und Braut
Und Bräutigam ist Jahwe
Und Braut ist Schechinah,
Schechinah ist die Matrone,
Einwohnung Gottes, immanente Gottheit,
Die Matrone des Gottesvolkes,
Sie ist die Braut des ewigen Jahwe.


SECHSTER GESANG
SOPHIA IST AUF ERDEN ERSCHIENEN

Wo ist die Wohnung der Weisheit?
Wer hat ihre Kammer geschaut?
Du musst nicht fahren übers Meer
Nach Indien oder Amerika,
Um die Wohnung der Weisheit zu finden.
Wer ist denn hinaufgestiegen
In den dritten Himmel der Venussphäre,
Im Leibe oder außer dem Leibe,
Ins Brautgemach der Weisheit zu schauen?

Gott der Ewige ganz allein
Kennt ganz die Hagia Sophia,
Gott der Ewige allein erkennt
Die Throngenossin, seinen Liebling,
Uns ist sie die verschleierte Herrin,
Siebenfach verschleierte Herrin.

Wo sind die Väter hin,
Die Gold und Silber vergötterten?
Sie sind im Totenreich
Und ihre Söhne und Söhnessöhne
Kennen die Ewige Weisheit nicht.

Und wo sind die Helden des Altertums,
Wo sind Nestor und Odysseus?
Sie sind zugrundegegangen,
Denn die wahre Weisheit Gottes
Hat auch Odysseus nicht erkannt.

Und wo sind die Söhne Hagars,
Die Ismaeliten, die Dichter,
Berühmt für ihre mystischen Verse?
Sie auch haben nicht erkannt
Die Gottheit von der Gottheit!

Aber Sophia ist auf Erden erschienen!

O wie groß ist das Universum!
O, wie zahlreich sind die Universen?
Die Wohnung Gottes ist grenzenlos!

Dir aber, Jakob, der du Israel heißt,
Dir hat Gott geschenkt
Die Hagia Sophia!
Wandle in ihrem Lichtglanz
Und gib die Herrlichkeit
Deines Glaubens an die göttliche Weisheit
Nicht den Arabern, nicht den Indern,
Nicht den Griechen und ihren Göttern!

Denn Sophia, die Gott dir geschenkt,
Die findest du im Buch der Bücher,
Die findest du in der heiligen Byblia!
Dringe ein in die heilige Byblia
Und küsse die heilige Byblia,
So küsst du die Hagia Sophia!


SIEBENTER GESANG
VERSÖHNUNG VON PLATON UND MOSES

Philon liebt die Philosophia
Des seligen Platon,
Der am siebten November geboren,
Der am siebten November gestorben,
Der seine Weisheit empfangen
Durch eine Offenbarung Gottes,
Denn bei den Philosophen der Griechen
Ist zu finden der Logos,
Der Logos Spermatikos.

Aber Philon war ein gläubiger Jude
Und glaubte an den Herrscher und Vater,
Den Schöpfer von Himmel und Erde.

Wie aber, fragte sich Philon,
Versöhnt sich die Wissenschaft
Mit dem offenbarten Glauben?

Gott ist über alle Schöpfung erhaben,
In unendlicher Transzendenz
Ein reiner Geist
In unzugänglichem Lichtglanz.
Wie aber kann Gott, das Ewige Sein,
Der reine Geist, der unsterbliche Gott,
So etwas Vergängliches schaffen
Wie die Materia, wie die Matrix,
Dieses flüchtige Wandelwesen
Von Werden und Vergehen,
Nicht ganz Sein, nicht ganz Nichts,
Wie kann der ewigseiende göttliche Geist
Erschaffen den Schleier der Maya,
Diese Blasen von Schaum?

Philo erkannte die Mittlerin,
Die er in Moses’ Torah erkannte
Als die Ewige Weisheit,
In welcher als dem Urprinzip
Der Ewige, durch ihre Mittlerschaft,
Geschaffen hat die Mutter Natur,
Welche er auch bei Platon fand
Als die Weltseele in dem Kosmos.

Denn Gott, der transzendente Vater,
Das absolute ewige Sein,
Erschafft durch die Mittlerin Sophia
Als der eingehauchten Weltseele
Alle Kreaturen des Kosmos
Und die unsterbliche Seele der Menschen.


ACHTER GESANG
SOPHIA UND LOGOS

Der Logos Spermatikos fand sich
Bei den Vorsokratikern auch.

Da sehen wir den frommen Parmenides
Wandeln durch die dunkle Nacht,
Geführt von den himmlischen Mädchen,
Kommt er ans Tor der Gerechtigkeit
Und schaut die Gottheit der Weisheit im Thron
Und die Göttin der Weisheit spricht:
Das ewige Sein allein ist seiend,
Aber die Kreaturen im Werden und Vergehen
Sind nicht seiend, sondern nichtig.

Aber da sehen wir auch den frommen Heraklit,
Er bringt sein Diplom der Philosophie
In den Tempel der Artemis von Ephesos
Und spricht: In allem Werden und Vergehen
Und in der Natur geheimnisvoll offenbar
Ist der göttliche Logos,
Die göttliche Allvernunft
Ist immanent dem Kosmos.

Philon studierte in Alexandria
In der Bibliothek der Weisheit
Und betete täglich, morgens und abends,
Zum Gotte Abrahams, Isaaks und Jakobs.

Gott der Ewige ist der Ewige Vater,
Der göttliche Logos ist der Liebling Gottes.
Im Anbeginn der Schöpfung
Spielte der Liebling, der göttliche Logos,
Spielte vor dem Antlitz des Ewigen Vaters,
Gottes Liebling,
Gottes Pflegekind und Gottes Hätschelkind,
Spielte vor dem Antlitz des Vaters
Und baute aus ungeformtem Stoff
Und dem wilden Tohuwabohu der Elemente
Einen geordneten Kosmos
Und brachte das Schmuckstück
Des geordneten Kosmos
Dem Ewigen Vater dar
Und übergab die ganze Welt dem liebenden Vater.

Der Ewige Vater schaute
Voll Liebe auf seinen Liebling,
Sein Hätschelkind, den göttlichen Logos,
Und nahm das Schmuckstück
Des Kosmos entgegen
Vom Werkmeister Logos,
Dem geliebten Hätschelkind Gottes des Vaters.


NEUNTER GESANG
SOPHIA IM EVANGELIUM

Johannes hat gefastet,
Tag für Tag gefastet in der Wüste,
In der Einsamkeit der Wüste,
Nur vor Einbruch der Nacht
Aß er einige Heuschrecken, etwas Honig wilder Bienen.
Er war nicht berauscht in der Nacht,
Es war, als ob er nichts als Tränen trinke,
Tränen der Buße.

Johannes hat auf der Flöte gespielt
Und Klagelieder gesungen,
Klagelieder über den Tod,
Den letzten Feind, den Tod,
Doch die Menschen auf den Märkten
Haben nicht geweint bei seinen Klageliedern.

Daß überall das Ehebett befleckt wird,
Beklagte er und klagte die Reichen an,
Das hat ihn seinen Kopf gekostet.
Die Reichen sprachen beim Bauchtanz des Mädchens:
Johannes ist ein Teufel,
Gott ist groß, so tötet Johannes!

Jesus hat sehr gerne Fisch gegessen,
Am Lagerfeuer gegrillten Fisch,
Und Jesus liebte den Braten des Lammes
Zu Kräutern und weißem Brot
Und den Käse vom Schaf und von der Ziege,
Und Jesus liebte es, roten Wein zu trinken,
Auf der Hochzeit von Kana
War der Wein schon ausgegangen,
Weil Petrus und Markus so viel getrunken,
Und Jesus machte neuen Wein,
Sechs Fässer voll mit bestem Wein.

Und Jesus trank nicht nur
Mit Petrus und Markus,
Sondern Jesus trank auch Wein
Und Schaumwein mit Magdalena.

Er schämte sich nicht, mit Huren zu sprechen
Und Huren liebevoll zu berühren.

Da sprachen die scheinheiligen Heuchler:
Jesus ist nicht Gottes Sohn,
Er ist ein Fleischfresser, ist ein Weinsäufer,
Ein Freund der Huren.

So schlugen sie ihn ans Kreuz.

Sophia aber ist gerechtfertigt worden
Durch die Werke ihrer Kinder.


ZEHNTER GESANG
CHRISTUS IST GOTTES WEISHEIT UND KRAFT

Simon der Magier sprach:
Ich bin die Kraft Gottes,
Vor Anbeginn der Zeit
War ich vereinigt mit meiner Braut,
Der schönen Helena,
Denn meine Braut ist Frau Weisheit,
Frau Weisheit, die Göttin,
Beging im Himmel eine Sünde
Und fiel in die Materie
Und kam in den Kerker des Körpers
Und ward geboren in Sparta
Als Helena, die schöne Königin,
Ward wiedergeboren in Tyrus
Als Helena, die schöne Hure,
Dort fand ich sie im Freudenhaus,
Ich, Kraft Gottes, erlöse meine Hure
Und führe sie wieder heim in den Himmel,
Indem ich, Kraft Gottes,
Mich in einem Hieros Gamos
Vereinige mit der Hure Sophia-Helena.

Der heilige Paul aber schrieb
In einem Brief an die Gemeinde
Der liebenden Frauen
Im Hafen von Korinth.

Gottes Kraft und Gottes Weisheit
Ist Jesus Christus allein.
Gottes Weisheit hat keine Sünde begangen,
Gottes Weisheit ist nicht gefallen in Sünde,
Gottes Weisheit ist nicht erlösungsbedürftig,
Gottes Weisheit ist selbst die Erlöserin!
Gottes Weisheit ist ins Fleisch gekommen,
Aber nicht infolge ihres Sündenfalles,
Sondern aus gnädiger Liebe
Ist sie ein Mensch geworden,
In allem uns anderen Menschen gleich,
Ausgenommen die Sünde,
Auf dass die Pneumatiker,
Anders als die Somatiker
Und anders als die Psychiker,
Auf dass die Pneumatiker
In der Pistis sich vereinigen
Mit Gottes Weisheit,
Auf dass nicht mehr das Ego lebt
Des Pneumatikers selber,
Sondern dass Gottes Sophia lebt
Ihr Leben in der Seele des Pneumatikers.

Diese Sophia Gottes ist aber
Der gekreuzigte und auferstandene Christus.
Denn Christus ist die Sophia Gottes,
Die ich verkündige in der Torheit meiner Predigt.


ELFTER GESANG
DIE APOKALYPTISCHE FRAU

Ich war in der Verbannung,
In der Einsamkeit
Auf einer Insel im Archipelagos,
Da sah ich, und siehe,
Der Himmel tat sich auf
Und ein Weib erschien,
Ein himmlisches Weib!

Ich sah das himmlische Weib,
Ich sah sie in ihrer Schwangerschaft,
Doch, ach, ich musste leider auch sehen,
Wie der Satan dem schwangeren Weibe nahte
Und das göttliche Kind
Im Schoße des himmlischen Weibes
Ermorden wollte
In einem apokalyptischen Abort,
In einem apokalyptischen Holocaust.

Der Erzengel Michael,
Der ritterliche Diener der himmlischen Frau,
Schützte das himmlische Weib
Und so ward geboren das göttliche Kind.

Das himmlische Weib floh vor dem Satan
In die Wüste der Einsamkeit
Ein Jahr und noch zwei Jahre und ein halbes Jahr
Und die schwarze Mutter Erde
Half dem himmlischen Weib,
Denn als der Satan
Wie ein scharlachroter Drache
Feuer spuckte,
Da löschte die schwarze Mutter Erde
Das Feuer der satanischen Schlange
Mit den breiten Strömen ihrer Liebe.

Sankt Michael aber, der Erzengel Gottes,
Verjagte den Satan aus dem Himmel.
Der Satan, geworfen in den Staub,
Verfolgte die Jünger der Frau,
Die luziferische Schlange
Versuchte zu beißen
Die Jünger der Frau in die Ferse.

Aber das himmlische Weib
Wird mit ihren bloßen Füßen
Der Schlange den Schädel zertreten,
Und zusammen mit dem himmlischen Weib
Werden die Jünger des Lammes
Über den roten Drachen triumphieren
Durch das Blut
Des Martyrium ihres Herzens.


ZWÖLFTER GESANG
DIE HIMMLISCHE JERUSALEM

Ich sah einen strahlenden Engel,
Einen himmlischen Engel der Schönheit,
Da wollte ich niederfallen zur Erde
Und zu Füßen des Engels,
Anzubeten diesen Engel der Schönheit,
Aber der Engel sprach leise,
Lieblich lächelnd voller Sanftmut und Demut:
Bete nicht mich an, bete Gott an,
Ich bin nur Diener wie du.

Und da zeigte mir der Engel
Die Vision der himmlischen Stadt
Aus Gold und Glas
Und weißem Marmor
Und Jaspis, Jade, Nephrit,
Saphir und Lapislazuli,
Onyx und Smaragd,
Chrysolith und Chrysopras
Und Aquamarin und Amethyst.

Und ich sah vom Himmel kommen
Ein Weib, geschmückt mit Liebreiz,
Wie eine Braut für ihren Bräutigam.
Die himmlische Braut kam vom Himmel
Zur Erde hinab
Zu den Jüngern des Lammes.
Sie war die himmlische Nymphe,
Die Nymphe des Lammes,
Gekleidet in weiße Schleier,
Transparent wie transparente weiße Jade.

Und ich sah die himmlische Hochzeit
Des Lammes und der Nymphe des Lammes.
Ich sah das himmlische Hochzeitsmahl
Und die alten, geläuterten Weine,
Die Speise der Engel, das Manna.

Ich sah das himmlische Weib,
Die Nymphe des Lammes,
In weißen Schleiern,
Transparent wie transparente weiße Jade,
Im Garten Eden, im Paradiese.

Da waren Bäume des Lebens
Mit den sommerlichen Feigen.
Da waren breite Ströme
Der Fluten der Liebe.

Und ich aß vom verborgenen Manna
Und Jesus schenkte mir den Morgenstern.


DREIZEHNTER GESANG
SOPHIA BEI AUGUSTINUS

Als Mutter Monika starb,
Da schaute Augustinus
Die göttliche Weisheit.

Was haben die Kirchenväter gesagt:
Wer ist Sophia
In der Allerheiligsten Dreifaltigkeit?

Ist die Weisheit der Heiligen Schrift
Das Wesen des Heiligen Geistes,
Der Ruach ha kadosch?

Oder ist die Weisheit der Heiligen Schrift
Christus, Gottes Weisheit und Kraft,
Die menschgewordene Weisheit?

Oder ist die Weisheit der Heiligen Schrift
Eine Hypostase Gottes,
Des Allweisen, der allein weise ist?

Augustinus sprach von Sophia
Als der Sophia des Vaters,
Der Schöpferin, die die Welt erschaffen,
Als der Sophia des Sohnes,
Der Erlöserin, die die Menschheit befreit,
Als der Sophia des Heiligen Geistes,
Der heiligmachenden Gnade im Herzen.

O Sophia des Vaters,
O Sophia des Sohnes,
O Sophia des Heiligen Geistes,
Du bist eine göttliche Sophia!

Denn dreifaltig ist die Gottheit
In den drei Personen
Des Vaters und des Sohnes
Und des Heiligen Geistes.

Aber Eine Gottheit glauben und bekennen wir,
Denn das Eine göttliche Wesen
In den drei Personen
Des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
Ist die Eine göttliche Natur,
Die Eine Gott-Natur Sophia.

O, wer schaute die Eine,
Die einzige Gott-Natur,
Die göttliche Weisheit, Hagia Sophia,
Als Jungfrau-Mutter
Und pries sie als die Eine Wesenheit,
Divina Essentia?


VIERZEHNTER GESANG
SOPHIA INCREATA UND SOPHIA CREATA

Was kann man von der Sophia increata sagen?
Die Sophia des Vaters
Gebiert in Ewigkeit aus ihrem Schoß
Die Sophia des Sohnes,
Und die Sophia des Vaters
Und die Sophia des Sohnes
Sind in Ewigkeit
In liebender Umarmung,
Umarmt von der Sophia des Heiligen Geistes.

Ein kleiner blonder Knabe
Saß am Strand des Meeres
Und versuchte, mit einer Muschel
Das Meer auszuschöpfen,
So versuchte auch der Afrikaner Augustinus
Mit seinem begrenzten menschlichen Denken
Die Trias der Sophia zu erkennen.

Die Sophia des Vaters
Nahm die Sophia des Sohnes
Wie einen Becher in die Hand
Und goss in den Becher der Sophia des Sohnes
Den feurigen Wein der Sophia des Geistes,
So wollte die Sophia des Vaters trinken,
Aber im Übermaß
Der Trunkenheit Sophias
Floss der feurige Wein über
Und so ward die Schöpfung geschaffen.

O, in der Morgenröte der Schöpfung
Taucht aus dem Meere des Tohuwabohu
Die Sophia creata,
Die Mutter des Universums,
Die Königin des Kosmos,
Die Mutter der Menschheit,
Die Frau aller Völker,
Die Königin meines Fleisches.

Ich liebe dich, Sophia creata,
Maria der Meere,
Meergeborne Königin der Liebe,
Meergeborne Königin der Schönheit,

Du bist die Idee der Schöpfung,
Du bist die Idee der Humanität,
Dich verehren die Edelsteine
Und dich verehren die Blumen,
Rosen und Lotosblumen,
Herrin der wilden Tiere,
Dich verehrt der erste Mensch,
Du Erlöserin Adams!


FÜNFZEHNTER GESANG
UNBEFLECKTE SOPHIA

Geliebte Sophie,
Du bist ein Hauch
Der göttlichen Kraft,
O blase oft mich an,
Auf dass mein Leben erwacht,
Auf dass meine Liebe erglüht,
Angeblasen von dir,
Du Hauch der göttlichen Kraft.

Wer ist denn die göttliche Kraft?
Geliebte, die Mutter India preist
Die göttliche Kraft
Als göttliche Shakti.

Geliebte Sophia, du bist
Ein lichter Ausfluss
Des Pantokrators,
Eine leuchtende Emanation
Des allweisen Herrn,
Ein fließendes Licht der Gottheit,
Ein Gnadenstrom
Vom Schoße des liebenden Vaters.

Geliebte Sophia, du bist
Die Unbefleckte,
Immaculata,
Kein Befleckter dringt in dich ein,
Ganz rein bist du,
Die vollkommene Pure,
Kein Sünder dringt ein
In deinen makellosen Schoß,
Den Schoß der heiligsten Puren.

Sophie, du bist, Geliebte,
Ein strahlender Abglanz
Des ewigen Lichts,
Dein selig zu schauendes Antlitz
Ist das lieblich strahlende Antlitz,
Das spiegelt das Antlitz Gottes.
Dein Antlitz, Geliebte,
Ist das menschliche Antlitz Gottes,
Ja, kühn bekenn ich,
Geliebte, dein strahlendes Antlitz
Ist das feminine Antlitz Gottes!

Geliebte Sophia, du bist
Ein fleckenloser Spiegel
Der göttlichen Schönheit.
In deinem Licht, Geliebte,
Schaue ich das Licht
Der göttlichen Schönheit.


SECHZEHNTER GESANG
DICHTERISCHE PERSONIFIKATION?

So reden die Herren Theologen:
In den Büchern der Weisheit,
Noch ganz dem alten Bunde verhaftet,
Erscheint Frau Weisheit.
Die menschlichen Schriftsteller
Sahen in Alexandrien
Die ägyptische Mysterienreligion
Um die Mondgöttin Isis
Und schufen durch Bearbeitung
Alter Hymnen an die Muttergöttin
Die dichterische Personifikation
Der Lady Wisdom.

Gottes Weisheit wird von den Theologen
Eine Hypostase genannt.
Ich fragte den Priester: Herr Pfarrer,
Darf ich zu einer Hypostase Gottes beten?
Der Pfarrer sprach:
Du spreche von Hypostatischer Union,
Der Herr Jesus Christus ist
Ein wahrer Gott und wahrer Menschen,
Der Sohn des Vaters.

Nun finden wir im Alten Testament
Our Lady Wisdom
Als Mutter
Und junge Braut.
Ja, Throngenossin Gottes
Wird sie genannt in der Schrift.
Doch ist sie keine Göttin,
Keine Göttin neben Gott.

Sie ist eben
Nur eine dichterische Personifikation,
Pure Poesie von Hagiographen.

Wer ist denn die Mutter,
Wer ist denn die junge Braut?
Die allerseligste Jungfrau Maria
Ist die Braut des Heiligen Geistes
Und die Gottesmutter Maria
Ist die Mutter Christi und Mutter der Christen.

Aber ein heidnischer Irrglaube ist es,
Gott als Mutter anzubeten,
Das tun die heidnischen Hinduisten.
Gott ist nicht weiblich,
Gott hat kein Geschlecht,
Sondern Gott ist Vater
Und Sohn
Und Geist.

Dies ist die Lehre der Theologen.


SIEBZEHNTER GESANG
GÖTTLICHE PERSON SOPHIA

Ich kenne einen Mann,
Der fastete sehr streng
In strenger Klausur,
Der hörte die Worte der Byblia
In den Büchern der Weisheit
Und gleich verliebte er sich in Sie,
In Sie, die Ewige Weisheit,
Er suchte nach einem Bild von ihr,
Der allervollkommensten Schönheit,
Und diente ihr, der Ewigen Weisheit,
Wie ein Minnesänger
Seiner unerreichbaren göttlichen Dame.

Ich kenne einen Mann,
Der sah als Kind
Die Ewige Weisheit,
Dagegen war die irdisch Geliebte
Doch nur ein dummes Ding,
Wie die geliebte Amme sagte.
Dieselbe Ewige Weisheit
Sah der Mann in der Bibliothek
Bei seinem Studium.
Dieselbe Ewige Weisheit
Rief ihn in die Wüste,
Wo er im Morgenglanz der Ewigkeit
Die göttliche Weisheit schaute
In einer unaussprechlichen Vision.

Ich kenne einen Mann,
Ach Gott, ich leider bin ich,
Der betete: O Sophia,
Wenn du wirklich bist und lebst
Und göttliche Person bist und Gebet erhörst,
Dann schenke mir bitte
In drei Tagen
Eine Ikone von dir, o Hagia Sophia.
Drei Tage später
Besaß ich die Ikone
Der Hagia Sophia von Nowgorod.

Ich ging allein einen langen Weg
Und betete: Hagia Sophia,
Soll ich dich singen wie der russische Dichter?
Rußlands Venus, leidenschaftslos rein,
So sang dich der russische Dichter.
Da sah ich an einer steinernen Mauer
Geschrieben den Namen: Sophia!


ACHTZEHNTER GESANG
SOPHIA BESUCHT BOETHIUS IM KERKER

Die politischen Machthaber hatten
Den Philosophen eingesperrt
In eine einsame dunkle Zelle,
Da saß er in seinem Verließ,
In seinem Verließ aus Katastrophe,
Und weinte heiße bittere Tränen
Und klagte vor dem Herzen Gottes
Über die Ungerechtigkeit der Welt,
In der die Bösen glücklich sind,
Die Gerechten aber vieles leiden.

Da trat in seine dunkle Zelle,
In sein finstres Verließ der Einsamkeit
Die göttliche Philosophie,
Den einsamen Philosophen
Durch ihre allerheiligste Nähe zu trösten.

O Trost der göttlichen Philosophie!
Was sprach denn die göttliche Philosophie?
Ihr müsstet sie sehen,
Wie sie saß auf seinem Lager
Und er zu ihren Füßen kniete
Und staunte sie an.
O Staunen, Anfang der Weisheit!

Da sprach die göttliche Philosophie
Und ihre Stimme war
Wie das Schmachten einer Nachtigall
Und wie das Flötenblasen einer Bacchantin:

Mein Freund, das Höchste Gut
Ist allein die ewige Glückseligkeit!
Strebe du allein
Mit aller glühenden Sehnsucht
Nach dem Glück in Ewigkeit!

Oh, délice éternelle!
Oh, plaisir d’amour éternelle !
So seufzte der Philosoph.

Die göttliche Philosophie
Sprach wie aus einer anderen Welt:
Das Böse ist Nichts,
Das Ewige Sein allein ist dein Ein-und-Alles,
Das absolute Sein.

Leise lächelte die göttliche Philosophie:
Das Böse ist Nichts,
Das begreife, mein Freund,
Wie der Adler seinen Raub ergreift.

Das Ewige Sein allein
Ist deine Glückseligkeit in der Ewigkeit!


NEUNZEHNTER GESANG

DIE STILLENDE MUTTER

Die göttliche Philosophie
Erbarmt sich des Philosophen.

Wie gewinnt der Philosoph
Die göttliche Philosophie?
Er muß hinab in die dunkle Nacht
Und dort am Kreuz
Wird ihm göttliche Weisheit eingegossen!

O der Nächte!
O des täglichen Sterbens!
Ach, mein Gott, wann sterbe ich,
Auf dass ich endlich nicht mehr sterbe!

Aber die göttliche Philosophie
Erbarmt sich des Philosophen
Wie eine Mutter der Barmherzigkeit,
Wie eine barmherzige Mutter.

Ich sah die mütterliche Weisheit,
Sie legte mich an ihre Brust.
O Mutter, göttliche Mutter,
Ich preise deinen erbarmenden Busen!

Ich weiß nicht, wie,
Doch ward mir eingegossen
Die süße Muttermilch des Trostes.
Strömte die Milch des Trostes
Aus ihrem barmherzigen Busen?
Oder strömte die Honigmilch des Trostes
Aus ihren lächelnden Augen,
Augen eines himmlischen Mondes,
Augen einer sanften Mutterkuh?
Oder strömte die weiße Milch des Trostes
Von der weißen Perlenschnur
Der Zähne ihres lächelnden Mundes,
Ihres küssenden Mundes,
Als sie mich küsste
Mit den Küssen ihres Mundes,
Mit ihren lieblichen Lippen?

Ja, Gott wird eine Große Mutter sein
Und stillen den leidenden Philosophen,
Gott wird eine Große Mutter sein
Und Ruhe spenden der armen Seele
Am barmherzigen Busen Gottes.

O Mutter, o Mutter, o Mutter,
Die ganze Weisheit meiner Philosophie
Ist, dass ich die ganze lange Nacht lang
Nur immer lalle wie ein Kind vor Gott:
O Mama, o Mama, o Mama!


ZWANZIGSTER GESANG
COSMIARCHA

Bevor der Urkeim der Materie
Sich entwickelte,
Bevor die kosmischen Nebel
Ihre Sterne streuten in die Nacht,
Bevor die Galaxien
Sich formierten,
Bevor die Milchstraße
Ihren weißen Sternenstrom
Ausgoss durch die Nacht,
Bevor die Sonne
Und die Planeten
Sich zueinander gesellten,
Bevor die schwarze Mutter Erde
Aus dem blauen Meere tauchte,
Vor Anbeginn von Zeit und Raum
War die Hagia Sophia
Bei Gott, bei Jahwe Elohim,
Als Gottes Throngenossin,
Als Gottes Lieblingin.

Die Hagia Sophia scherzte
Vor Jahwe Elohim
Und spielte ihre Spiele der Liebe
Und tanzte vor dem Herrn
Und Sie war Sein Entzücken,
Sie war Sein Ergötzen,
Tag um Tag in Ewigkeit
Und Nacht um Nacht in Ewigkeit
Ergötzte sich Jahwe Elohim
An Seiner Geliebten Sophia.

Jahwe Elohim plante im Geiste
Den Bau des Kosmos
Und bat die Hagia Sophia
Als Gottes Architektin,
Den Bau des Kosmos auszuführen.

O wie groß ist Gottes Haus,
Wie unermesslich groß das Universum,
Alle die unzählbaren Universen,
O wie groß ist das All!
Das alles hat geformt und gebildet
Die Meisterin Hagia Sophia.

Sie ist die Meisterin und Zimmermännin,
Die das Haus Gottes gebaut,
Sie ist die heilige Architektin,
Die den Bau des Kosmos errichtet.

Gottes Geliebte, die Meisterin,
Göttliche Zimmermännin,
Göttliche Architektin,
Ist die Cosmiarcha:
Creatrix ex nihilo!


EINUNDZWANZIGSTER GESANG

SOPHIA-MARIA, IKONE DES HEILIGEN GEISTES

Den Wind kannst du nicht sehen,
Doch hörst du das Rauschen des Windes
Und siehst den Wind die Blätter bewegen.

Du musst aber neu geboren werden
Im Geist, und fragst du mich,
Ob du zurück sollst in den Schoß deiner Mutter,
So sag ich: Nicht in den Schoß der leiblichen Mutter,
Doch lass dich neu gebären von Gottes Schoß!

Willst du aber sehen
Das Antlitz des Heiligen Geistes?

Der Heilige Geist ist fruchtbar
Und bringt das neue Leben hervor,
Der Heilige Geist brütet Leben aus
Wie eine brüstende Taube,
Der Heilige Geist tröstet wie eine Mutter
Und trocknet die Tränen des Gotteskindes,
Der Heilige Geist inspiriert
Wie die Muse den Dichter inspiriert,
Der Heilige Geist entflammt, begeistert,
Entzündet die Flamme der Liebe,
Wie eine schöne geliebte Frau
Den liebenden Mann entflammt und begeistert.

In allen diesen weiblichen Tugenden
Des Heiligen Geistes als der Mutterliebe Gottes
Erkennst du die Ewige Frau.
Und wer ist die Ewige Frau?
Sie ist Sophia creata,
Sie, die Ewige Frau der Menschheit,
Die einst Maria von Nazareth war.

So schaue dir an das Antlitz
Unserer Lieben Frau,
Sie ist die Braut und Wohnung des Heiligen Geistes,
Sie ist die Einwohnung des Heiligen Geistes,
Sie ist das Brautgemach des Heiligen Geistes,
Sie ist die Ikone des Heiligen Geistes.

Ja, Unsere Liebe Frau,
Durch des Heiligen Geistes Beiwohnung
Ist sie die Ikone des Geistes geworden,
Der Mutterliebe Gottes.

Liebst du aber Unsere Liebe Frau
Wie ein Mann seine Geliebte liebt,
So wirst du erkennen
Eloah wie eine Geliebte!


ZWEIUNDZWANZIGSTER GESANG

SOPHIA-TORAH IN NATUR UND GESCHICHTE

Nehmt der Königin alle Kleider,
Ob sie auch sieben Schleier fallen ließ,
So trägt sie doch noch die Krone,
Die goldene Krone der göttlichen Königin,
Und ob auch schief die Krone auf ihrem Haupte sitzt,
Weil trunken die Königin ist
Und verrückt vor Liebe!

Das sah ich, doch verstehen kann ich es nicht.

Allerdings sagen die genialen Visionäre,
Die Sophia-Torah
Ist die transzendente Herrscherin,
Größer als alle Universen,
Die Gesetzgeberin,
Die göttliche Herrscherin,
Die den ganzen Kreis des Weltalls
In ihren Armen hält,
Die völlig souveräne Majestät,
Die der Natur in ihrer Entwicklung
Die Gesetze vorgibt
Und doch selber über den Gesetzen steht
Als absolutistische Alleinherrscherin,
In einer universalen Autokratie
Der göttlichen Allherrscherin Weisheit!

Doch ist die Gottheit nicht allein
Die Seele der Seele der Natur,
Sie ist auch Alpha und Omega
Der Geschichte der Menschheit,
Welche von der Weisheit bestimmt ist
Zur Heilsgeschichte der Menschheit.

So ist der Urmensch Adam
Am Anfang allein mit Sophia,
Aber nachdem die schöne Eva wollte
Selber Gott sein,
Verließ die Weisheit den Menschen nicht,
Sondern war die Braut der Patriarchen,
Die Inspiration der Propheten.
Die göttliche Weisheit offenbart sich
Im mosaischen Gesetz,
Im Psalter Davids
Und in den Weissagungen aller Propheten.

Schließlich ist die Weisheit auf Erden erschienen,
Nahm Fleisch an von Maria,
Starb und erstand und fuhr gen Himmel,
Alle nach sich zu ziehen
Zum Omegapunkt
Des Universums und der Menschheit,
Da Gottheit alles in allem sein wird!


DREIUNDZWANZIGSTER GESANG
SOPHIA UND IHR HAUS AUF SIEBEN SÄULEN

Lerne erst Maß zu halten
Und deinen Hunger des Fleisches
Und das verzehrende Dürsten des Blutes
Zu beherrschen durch deinen Geist,
Gib nicht dem sexuellen Appetit
In allem seinem Begehren nach,
Denn die Begier des Fleisches ist unersättlich
Und die Augen in ihrer Augenlust
Sehen sich nicht satt an den Reizen
Und die Eitelkeit des Menschen der Welt
Macht dich zum Narren, folgst du ihr nach.

Dann sprich dir selber Mut zu
Und höre auch auf die Stimme
Der Mutter der schönen Liebe:
Nur Mut, nur Mut, geliebte Kinder!
Denk an die Brüder,
An die Krieger der Jungfrau,
Und steh deinen Mann im Kampf,
Im Krieg zwischen Gut und Böse,
Sei bereit zu deinem Martyrium!

Dann erwerbe dir Klugheit
Und bitte den göttlichen Geist
Um die Gabe der Wissenschaft,
Laß dich von Gott erleuchten,
Die Vernunft erleuchten durch den Glauben,
Der offenbart ward.

Lebst du maßvoll im Körper,
Bist du mutig im Herzen,
Bist du klug im Geist,
So wird die Jungfrau Sophia
Dich Josef den Gerechten nennen!

Steh fest in deinem Glauben,
Folge keinen andern Religionen
Und keinen andern Philosophien
Und keinem närrischen Mystizismus,
Sondern nimm gehorsam
Den gottgeoffenbarten Glauben an,
Nicht nur in einzelnen Teilen,
Sondern die Fülle der absoluten Wahrheit.

Die Hoffnung ist ein junges Mädchen,
Überaus reizend tanzt sie dir voran
Und zeigt dir himmlische Wonne,
Freuden, Genüsse, köstliche Seligkeiten!
Folge ihr und lass dich verführen
Vom himmlischen Mädchen Hoffnung
Zur Verschmelzung mit der Gottheit!

Aber die Liebe, Brüder und Schwestern, die Liebe!
Die Liebe bleibt in Ewigkeit!
Sie, die wahre, selbstlos schenkende Liebe,
Die göttliche Caritas lebt in Ewigkeit
Und im siebenten Zimmer
Liegt die göttliche Caritas
Im Ehebette Gottes und wartet auf dich!


VIERUNDZWANZIGSTER GESANG
SOPHIA-MARIA UND DAS LAMM GOTTES

O Sophia creata,
Du Immaculata Maria,
Du bist die Mutter des Lammes,
Selber unschuldig wie ein Lamm,
Selber demütig wie ein Lamm,
Selber sanftmütig wie ein Lamm,
Selber friedfertig wie ein Lamm,
Führst du alle deine Kinder,
O Mutter des Menschengeschlechts,
Zum Lamm im Garten von Nazareth,
Zum Lamm im Garten der Flora,
Mit dem Lamm zu spielen.
Mutter und Königin,
Wer sich in seinen Sünden
Fürchtet vor Gott,
Dem zeigst du die Liebe Gottes
In Gestalt eines kleinen Lämmleins,
Das mit den Kindern spielen will.

O Sophia creata,
Immaculata Maria,
Bei deiner Unbefleckten Empfängnis,
Unvergewaltigte Jungfrau,
Virgo intacta,
Du führst den Mann, der dir vertraut,
Zur mystischen Hochzeit des Lammes.
Aber was sehe ich?
Ich sehe die Braut des Lammes,
Ich sehe die himmlische Nymphe
In dem Palast des ewigen Königs.

Sophia hat ihr Mahl bereitet,
Das Lamm ist geschlachtet,
Der Wein ist gekeltert.
Dieweil ich speise das Fleisch des Lammes,
Feire ich mystische Hochzeit
Mit der Hagia Sophia
Im Palast des ewigen Königs.

Unbefleckte Empfängnis,
Du bist die Pforte zur mystischen Burg,
Die Hagia Sophia
Wohnt in der mystischen Burg,
In der mystischen Burg
Des ewigen Königs von Jerusalem.

Im siebenten Gemach der mystischen Burg
Liegt die Hagia Sophia im Bett
Und feiert die Hochzeit mit mir.


FÜNFUNDZWANZIGSTER GESANG
SOPHIA-MARIA, BRAUT CHRISTI, MUTTER DER CHRISTEN

O Sophia creata,
Liebliche Mutter Maria,
Du bist die heilige Mutter-Braut,
Denn zwar bist du die Mutter Gottes,
Doch bist du auch die Braut Christi.
Nicht allein Braut bist du,
Verlobte Christi,
Sondern mystische Ehefrau,
Darum nannte der Erlöser dich auch Frau.

So sprach er auf der Hochzeit von Kana:
O Frau, was ist das zwischen dir und mir?
Und gemeinsam wirkten
Die Frau und der Herr
Das Wunder der Wandlung
Von Wasser in Wein,
Von Tränen in Freude.
Und wie der Herr den Wein verwandelt
In sein mystisches Blut,
So verwandelt die Frau
Ihre Tränen in blutige Tränen.

O liebliche Mutter Maria,
Du mystische Ehefrau Christi,
Als Christus starb am Kreuze,
Da war sein letztes Wort: O Frau,
Sieh dort den Jünger, den ich liebe,
O Frau, sieh deinen Sohn,
Sieh deinen Sohn Jesus in dem Jünger
Und nehme den Jünger als Sohn an
Und liebe den Jünger so,
Wie du deinen Jesus liebst.

Und was tat der Jünger,
Den Jesus liebte?
Er nahm Maria in sein Haus auf,
Er nahm Maria auf in sein Eigentum,
Er nahm Maria auf in sein Inneres,
Er nahm Maria auf in seinen Geist,
Daß sie ihm die göttliche Weisheit schenke,
Er nahm Maria auf in sein Herz,
Daß sie ihm allzeit Lebensmut schenke,
Er nahm Maria auf in sein Fleisch,
Daß sie alles Begehren des Fleisches mäßige
Und zähme den geilen Bruder Esel,
Er nahm Maria auf in seine ganze Person,
Daß er durch ihre Hilfe zum Gerechten werde,
Ja, zum Gerechten wie Josef.

Maria sprach zum Lieblingsjünger:
Ich nenne dich nicht mehr Johannes, mein Sohn,
Ich nenne dich jetzt Josef, mein Mann!


SECHSUNDZWANZIGSTER GESANG
DER HEILIGE GEIST UND SOPHIA-MARIA

Was die Theologen Vater nennen,
Die erste göttliche Person gebiert
In Ewigkeit die zweite göttliche Person,
Die von den Theologen Sohn genannt wird,
Und die Liebesvereinigung
Zwischen den zwei göttlichen Personen
Ist die göttliche Person der Liebe,
Von den Theologen Heiliger Geist genannt.

Der Heilige Geist aber
Ist die Fruchtbarkeit Gottes.
Zwar zeugt der Heilige Geist
Keine vierte göttliche Person,
Doch der Heilige Geist zeugt
Im unbefleckten Schoß Marias
Und so wird der Heilige Geist
Fruchtbar in der fruchtbaren Mutter
Und zeugt die heiligen Seelen,
Die Myriaden andern Christusse,
Welche wahrhaftig Christen sind.

Durch die Überschattung Mariens
Durch den Heiligen Geist,
Durch die Erfüllung Mariens
Mit göttlicher Kraft,
Zeugt der Heilige Geist
In der heiligen fruchtbaren Mutter
Den Gottmenschen
Und nicht den Gottmenschen allein,
Sondern durch die Eingießung
Göttlicher Kraft des Heiligen Geistes
Wurde die heilige Mutter
Der göttlichen Fruchtbarkeit
Mutter von Menschengöttern
Und Menschengöttinnen auch.

Darum ist Maria,
Die wahre Magna Mater,
Die heilige Mutter der göttlichen Fruchtbarkeit,
Nicht allein die Gottesmutter,
Sondern auch die mystische Göttermutter.

Denn Gott ist Mensch geworden
Im Schoß der Magna Mater,
Auf dass im Schoß der Magna Mater
Die Menschen Götter werden.

Maria, die Mutter Christi,
Maria, die Mutter der Christen,
Maria ist Mutter Gottes
Und Mutter der Götter auch.


SIEBENUNDZWANZIGSTER GESANG
MITERLÖSERIN UND GNADENMITTLERIN

Wenn ich bekenne, Maria,
Daß du die Mittlerin bist,
Die Mittlerin zu Gott,
Die Mittlerin aller Gnaden,
Künden die Protestanten
Mir die Freundschaft auf.

Wenn ich bekenne, Maria,
Daß ich erwarte
Von der heiligen Kirche,
Daß sie nach dem Karmelfest
Das Dogma noch verkündet,
Daß du unsre Fürsprecherin,
Unsre Gnadenmittlerin
Und Miterlöserin bist,
Werde ich als übereifriger
Marienverehrer
Von den säkularisierten
Katholiken belächelt.

Aber ja doch, selbstverständlich
Bist du die Miterlöserin
Mit dem einzigen Erlöser der Welt!
Wer das nicht glaubt und bekennt,
Hat den katholischen Glauben nicht verstanden.

Vereint mit der Miterlöserin
Sind die wahren Katholiken berufen,
Selber Miterlöser zu sein,
Miterlöser in der Miterlöserin,
Denn der einzige Erlöser der Welt
Erlöst die Welt
Und bringt die Erlösung in die Welt
Durch seinen mystischen Leib.

Aber ich darf auch sagen
Mit meiner guten treuen Freundin
Teresia Benedicta a Cruce,
Daß du nicht allein Miterlöserin bist,
Sondern wahrhaft Erlöserin.

Und das tröstet meine Seele,
Denn meine Seele braucht
Eine Erlöserin, die mich erlöst.
Und die nur sterblichen Frauen
Erhören meine Gebete nicht.
Aber Maria, die Ewige Frau,
Sie eilt herbei,
Sie ist mein Beistand,
Sie ist meine Mittlerin zu Gott
Und sie ist die Erlöserin meiner Seele.


ACHTUNDZWANZIGSTER GESANG
OMEGARCHA DER CREATION UND KIRCHE

Sophia Creata,
Du erstgeschaffene Jungfrau,
Du erstgeborene Tochter Gottes,
Maria, Morgenröte der Schöpfung,
Du erwartest mich
Und alle Erlösten am Ende der Zeit.

Ja, Sophia creata,
Du bist nicht Göttin, du bist Geschöpf,
Doch du bist ein besondres Geschöpf,
Denn du bist ein ungefallnes Geschöpf,
Sündlos, rein, vollkommen,
Ganz im Bilde Gottes geblieben
Von Anfang bis Ende.

Alle Schöpfung, von der wir wissen,
Daß alle Kreaturen seufzen,
Stöhnen und ächzen
Nach der Erlösung
Und der Offenbarung der Söhne
Und Töchter Gottes,
Sehen in dir, Sophia creata,
Den Inbegriff der Neuen Schöpfung,
Der erlösten Schöpfung.
Du gehst der Schöpfung voran
Und bist das Ideal der Schöpfung,
Vollkommen mit Gott vereintes Geschöpf,
Das Ziel der Schöpfung,
Denn alle Schöpfung will werden wie du,
Maria-Sophia creata.

Und die Kirche, die Kirche,
Ich rede von Christi einziger Braut
Und nicht von den Sekten der Ketzer,
Die einzige Kirche, die einzige Braut
Des einzigen Herrn und Erlösers,
Sieht in dir, du Frau der Offenbarung,
Ihr perfektes Ideal.
Zwar ist die Kirche Jungfrau,
Als Jungfrau Braut des Herrn,
Zwar ist die Kirche Mutter,
Als Mutter die Mutter der wahren Christen,
Aber du bist die vollkommene Jungfrau,
Du bist die vollkommene Mutter,
Perfekte Mutter aller Mutterschaft,
Jungfrau der Jungfrauen,
Maria, unsre süße köstliche Mutter!

Du gehst der Kirche voran,
Galionsfigur des Fischerkutters Petri,
Du leuchtest als Auferstandene
Den Katholiken auf als Ideal,
Auf dass der Gläubige werde, was du bist,
Auferstanden, mit Gott vereinigt!


NEUNUNDZWANZIGSTER GESANG
CARITAS IM EHEBETTE GOTTES

So wie wir bisher gesungen
Von unsrer Schwester und Freundin
Hagia Sophia,
Und Hildegard von Bingen
Hat mir schon manchmal geholfen,
So will ich jetzt singen
Die schöne Caritas Gottes.

Nämlich in der Wohnung Gottes
Sind sieben Gemächer,
Aber das siebente Gemach
Ist Gottes Schlafgemach,
Dort steht das Ehebett Gottes,
Ein breites Doppelbett
Für zwei Personen,
Die vereint sind in Liebe.

Ich weiß nicht, ob die Kissen und Decken
Weiß sind wie die Reinheit,
Rot sind wie die feurige Liebe,
Aber heute steht mir
Vor den Augen des Herzens
Das Ehebett Gottes
Mit Decken und Kissen
Rot wie die feurige Liebe,
Wie die Passion des Herrn.

Dort liegt Caritas
Im Ehebette Gottes,
Ganz vereinigt mit Gott,
Ewig vereinigt mit Gott,
Vereinigt, ja, verschmolzen,
Gott hat sich ergossen
In die Caritas
Und Caritas hat sich hingegeben
In Ganzhingabe an Gott.

Gott und seine geliebte Caritas
Sind in totaler Entblößung
Und Selbstentäußerung
Und Ganzhingabe schenkender Liebe
Eins geworden,
Denn wie Jesus einmal sagte:
Ich und der Vater sind eins,
So sind Gott und seine Caritas eins,
Nicht nur in Vereinigung,
Sondern im Einssein.

O Caritas, o Caritas,
O nackte Caritas,
O bloße Caritas,
Auch ich will in dein Bett, o Caritas,
Auch ich will in das Ehebett Gottes!


DREISSIGSTER GESANG
KABBALISTISCHE SCHECHINAH

Gott ist unergründlich Eines,
Unbegreifbar, unbeschreibbar,
En-Soph genannt, das Unendliche.

Aber Gott offenbart sich
In zehn Sephirot.
Die der Welt am nächsten stehende
Sephirot ist Schechinah,
Die Einwohnung Gottes
In der Welt,
Das Himmelreich auf Erden.

Diese Schechinah
Als die Prinzessin,
Die Tochter des ewigen Königs,
Auch Matrone genannt,
War bei Adam
Und weihte ihn ein
In die Geheimnisse
Kabbalistischer Mystik.
Adam gab die Weisheit
Seinem dritten Sohn Seth.

Diese Schechinah
War bei Josef
Und lehrte ihn,
Träume zu deuten
Und aus dem Becher
Weiszusagen.

Diese Schechinah
War bei Mose
Und gab ihm zur Torah,
Der geschriebenen,
Auch die ungeschriebne Torah,
Die Tradition des Judentums.

Diese Schechinah war
Bei Vater Elias,
War seine mystische Braut.

Jakob sah zwar die Schechinah
An der Spitze der Himmelsleiter,
Doch wählte Jakob
Zwei irdische Frauen,
Lea, die fruchtbare Mutter,
Rahel, die Kontemplierende.

Aber es gab auch Gottesmänner,
Die nahmen keine irdische Frauen,
Sondern ihre Braut
War die allmächtige Prinzessin,
Die heilige Matronita.


EINUNDDREISSIGSTER GESANG
JAHWE UND SCHECHINAH

Jahwe,
So nennen die Kabbalisten
Gott in seiner Herrlichkeit.

Jahwe vermählt sich
Mit der Prinzessin Schechinah.

Aber der ewige König
Jahwe, der Herr der Herrlichkeit,
Sendet die Prinzessin und Matronita
Zur Erde, zur Welt der Menschen,
Daß sie das Gottesvolk
Der Auserwählten
Heimführe
Aus der irdischen Verbannung
Des babylonischen Exils
Zur himmlischen Heimat
Jerusalem im Himmel,
Wo aus den prallen Brüsten Jerusalems
Strömt Milch und Honig.

Wenn die Prinzessin und Matronita
Heimgekehrt ist mit dem Gottesvolk,
Da feiert die Matronita
Das Hochzeitsfest der Götter
Mit Jahwe, dem Herrn der Herrlichkeit.

Wer hat gehört die Gedichte,
Die Lieder der Liebe,
Die Jahwe gedichtet
Für seine Braut, die Schechinah?

Salomo hörte sie,
Er, der Ehemann der Sophia,
Er hörte das Brautlied des Himmels,
Da Jahwe singt
Als der Geliebte
Das Lied der Lieder der Liebe
Für Schechinah,
Seine Freundin.

So spricht der Herr der Herrlichkeit:
Du bist schön, meine Freundin,
Du bist makellos schön!
So spricht die Einwohnung Gottes
Zu Jahwe, dem Herrn der Herrlichkeit:
Mein Geliebter ist mein
Und ich gehöre meinem Geliebten!


ZWEIUNDDREISSIGSTER GESANG
SCHECHINAH UND SOPHIA

In der Heiligen Schrift
Des Alten Bundes
Erscheint Frau Weisheit
Als göttliche Braut
Und göttliche Mutter.

Bei den Rabbinen
Und im babylonischen Talmud
Erscheint Frau Weisheit
Als die Jungfrau Torah,
Die mystische Braut
Des Schriftgelehrten,
Welcher Baal-Shem genannt wird,
Gatte des Namens.

Aber Frau Weisheit der Schrift
Und Frau Torah im Talmud
Erscheinen in der jüdischen
Mystik der Kabbala
Als die Jungfrau Schechinah,
Jungfrau und Matrone.

Wer ist Frau Sophia,
Wer ist Frau Torah,
Wer ist Frau Schechinah,
Sind die drei Frauen
Eine einzige göttliche Herrin?

Nach welchem Vorbild
Ist die Welt der Bilder erschaffen,
Nach der Frau Torah,
Der himmlischen Weisung,
Nach der Frau Sophia,
Der göttlichen Weisheit,
Nach der Frau Schechinah,
Der Immanenz Gottes?

Wo ist die Frau Weisheit zu finden?
Baruch sagt als Prophet:
Frau Weisheit ist Frau Torah,
Die göttliche Weisheit ist
Das Buch der Gesetze Gottes.

Wenn Sophia
Die Torah ist,
Ist Sophia
Die Jungfrau Schechinah auch?

Ist Sophia
Als Jungfrau Braut des Ewigen
Und als Immanenz der Gottheit
Das Himmelreich auf Erden?


DREIUNDDREISSIGSTER GESANG
DIE TRINITÄT UND SOPHIA

In der einen Gottheit
Ist der ewige Vater
Der grundlose Urgrund,
Unbegreifliche
Mutter des Schweigens,
Urtief,
Urschoß der Gottheit.

Aus dem Mutterschoß des Vaters
Ward geboren
Oder soll ich sagen gezeugt
Das Wort des ewigen Vaters,
Welches das Schweigen
Im Busen des Vaters
Ausspricht im Sohn.

Der Vater und der Sohn sind eins.
Vater und Sohn sind eines Wesens,
Der Sohn ist Gott von Gott
Und Licht vom Licht
Und Vater und Sohn sind
Von einer Gottnatur

Und hauchen einander zu
Die Glut der Liebe,
Den feurigen Atem der Liebe,
Das ist der Heilige Geist,
Der Geist der göttlichen Liebe,
Der Vereinigung ist
Der zwei Personen
Und selber ist
Die Person der göttlichen Liebe,
Von gleicher Gottnatur
Und gleicher Gottheit wie Vater und Sohn.

Und die vollkommen
Sich entfaltende
Liebesgemeinschaft
Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit

Schaut sich an im Spiegel,
Im unbefleckten Spiegel
Der Hagia Sophia,
Welche in eins zusammenfasst
Den Vater mit dem Sohn im Heiligen Geist
Als eine Gottnatur,
Ein göttliches Wesen der einzigen Gottheit.


VIERUNDDREISSIGSTER GESANG
SOPHIA UND ADAM

Als der Schustermeister
Jakob Böhme
Einen zinnernen Teller sah,
Da ward er erleuchtet
Und ahnte das Mysterium
Der Hagia Sophia.

Als Adam, der Urmensch,
Noch allein erschaffen war,
Ein einsamer Urmensch,
War die göttliche Hagia Sophia
Himmlische Brautgenossin
Des Urmenschen Adam.

Als Adam aber sich abwandte
Von der himmlischen Braut
Und an eine irdische Gattin dachte,
Da zerfiel der eine Urmensch
In den Mann namens Adam
Und die Frau namens Eva.

Und so ist der Urmensch gefallen
Von der himmlischen Brautschaft
Rein geistiger Idealität
In die irdische Ehe
Materieller Allgemeinheit.

Aber wie Salomo sagt,
Sophia hat Adam nicht verlassen,
Sophia hat Seth übergeben
Das Geheimnis der Kabbala,
Sophia ward die Freundin
Der heiligen Patriarchen
Und der inspirierten Propheten.

Immer warb Sophia
Und suchte einen heiligen Gottesmann,
Der in himmlischer Brautschaft
Mit der Weisheit Gottes lebt.

Jakob auch verschmähte
Die mystische Ehe
Mit der göttlichen Weisheit,
Zeugte mit Lea Söhne
Und diente vierzehn Jahre
Um die Minne der schönen Rahel.

Aber Sophia will
Den Gottesmann für sich.
Jesus Christus will
Die bräutliche Seele.

Die Gottheit liebt den Menschen
Wie Mann und Frau sich ehelich lieben.


FÜNFUNDDREISSIGSTER GESANG
SOPHIA, DIE MARIA IST

Wenn die Trinität
Vollkommen entfaltet ist
Und sich beschaut
Im Spiegel Sophias,

Ist Sophia nicht Gott,
Doch Sophia ist auch
Nicht eine vierte Person in Gott,
Sondern Sophia ist
Die Erstgeschaffne,
Das Urbild der Schöpfung.

Diese Sophia
Ist Mensch geworden
In der Frau,
Die einst Maria war,
Maria von Nazareth,
Die Mutter Jesu Christi.

So wie Eva
Sich abgewandt
Von Gottes Wort,
So hat Maria
Sich zugewandt
Dem Wort des Herrn.

Darum ist Maria
Die Neue Eva.

Maria aber
Als präexistente Idee
War vor Eva
Schon im Anbeginn
Der ersten Schöpfung
Als Sophia creata da.

Diese Sophia-Maria
Als die Eva, die Ja sagt,
Ist der Anbeginn
Der Neuen Schöpfung,
Die in Christus beginnt.

Diese Sophia creata
Ist die Morgenröte der Schöpfung,
Diese Neue Eva Maria
Ist die Morgenröte der Ewigkeit.


SECHSUNDDREISSIGSTER GESANG
SOPHIA UND JAKOB BÖHME

Die weibliche Seele
Ergänzt sich
Durch den Bräutigam
Jesus Christus
Zu einem gottmenschlichen Wesen.

Die männliche Seele
Ergänzt sich
Durch Vereinigung
Mit der himmlischen Braut,
Der edlen Jungfrau Sophia,
Zu einem gottmenschlichen Wesen.

Was der christlichen Frau
Ist Jesus Christus,
Ist dem christlichen Mann
Die Hagia Sophia.

Also grüßte Jakob Böhme
Die edle Jungfrau Sophia
Wie einst Heinrich Seuse
Die Ewige Weisheit gegrüßt
Als Minnedame,
Wie Wladimir Solowjew
Sophia gegrüßt
Als geheime Freundin,
Wie Alexander Blok
Sophia gegrüßt
Als Schöne Dame und
Regina coeli.

Jakob Böhme liebte
Die edle Jungfrau Sophia
Als seine mystische Braut,
Geheimnisvolle Freundin,
Göttliche Partnerin,
Als heilige Seelenschwester
Und mystisch Intimvertraute.

Und die edle Jungfrau Sophia
Versprach ihrem menschlichen Bräutigam,
Mit ihm verlobt zu sein
Das ganze Leben auf Erden
Und mit ihm vermählt zu sein
Das ganze ewige Leben im Himmel

Und darum auch erst im Himmel,
Im Paradies,
Die Ehe zu vollziehen,
Und erst im Paradiese,
Aber dann doch für immer und ewig,
Ihm ihre kleine Perle zu schenken!


SIEBENUNDDREISSIGSTER GESANG
SOPHIA UND SULAMITH

Da hatte ein Pietist die Einsicht,
Nachdem er studiert
Die Lehre der Weisheit
Bei den Kirchenvätern
Der katholischen Kirche,

Daß die Sulamith
Des Hohenliedes
In Wahrheit Sophia ist.

Die Rabbinen lehrten,
Der Bräutigam Salomo
Sei der Bräutigam Jahwe
Und die Freundin Sulamith
Sei die Jungfrau Israel.

Die Kirchenväter lehrten,
Von Origenes an
Und von Ambrosius
Von Milan an,
Der Bräutigam Salomo
Sei der Bräutigam Jesus
Und die Freundin Sulamith
Sei die Ecclesia, die Braut Christi,
Sei die christliche Seele.

Oder der Bräutigam Schlomo
Sei der Heilige Geist
Und Sulamith sei Maria,
Die Braut des Heiligen Geistes.

Gottfried Arnold,
Der Pietist, sah in der Freundin
Sulamith die Hagia Sophia
Und im geliebten
Salomo den Freund der Weisheit,
Den heiligen Philosophen
Oder christlichen Theosophen.

So preist der Philosoph
Seine Freundin Sophia:
Ewige Freundin,
Du bist schön, ja, du bist schön,
Du Makellose!

Und so singt der Philosoph
Das Hohelied der Hochzeit
Mit der Ewigen Weisheit,
Seiner schönen Freundin,
Seiner göttlichen Braut.

Sulamiths Mutter aber
Ist der allmächtige Gott,
El Shaddai.


ACHTUNDDREISSIGSTER GESANG
MARIA-SOPHIA UND DER FALL DER ENGEL

Sankt Anna Katharina
Emmerich sah Visionen
Und der romantische Dichter
Clemens Maria
Brentano schrieb sie auf.

Sankt Anna Katharina
Sah Maria
Auch vor der Geburt Mariens
Quasi präexsistent
In idealischer Symbolik
Als reine Jungfrau mit dem göttlichen Kind,
Geziert mit Ähren und Trauben,
Der Hostia Schüssel
Und des Ewigen Blutes Becher.

In idealischer Präexistenz
Erschien Maria
Am Anfang der Zeit
Den Engeln Gottes allen.
Und Gott der Allerhöchste
Sprach zu allen den Engeln:
Diese ewige Frau
Wird Gottes Sohn gebären,
Denn Gott wird Mensch
In Jesus Christus
Und diese ewige Frau
Ist in Wahrheit Gottesgebärerin
Und die heilige Genitrix.
Darum, ihr Engel,
Werft euch nieder
Voll tiefster Verehrung
Vor dieser Frau,
Der Königin der Engel!

Aber ein Drittel der Engel,
Angeführt vom Engel Luzifer,
War zu stolz, einer Frau zu dienen
Und protestierte
Und rebellierte
In einer himmlischen Revolution
Und wollte stürzen Gott von seinem Thron
Und wollte nicht dienen
Der Ewigen Frau, der Königin der Engel.

Darum warf Christus
Mit Sankt Michael zusammen
Und allen gehorsamen Engeln
Die ungehorsamen Geister aus dem Himmel.

Sankt Gabriel aber trat ein
Bei Unsrer Lieben Frau
Und grüßte sie voll Ehrfurcht:
Heil dir, Königin!


NEUNUNDDREISSIGSTER GESANG
NICHTS, WELTSEELE, HUMANITÄT

Creator ex nihilo!
Gott schuf aus Nichts
Den Urkeim des Kosmos
Und alle lebendigen Wesen.

Was aber ist das Nichts?
Wer aber ist das Nichts?
Ist das Nichts,
Die absolute Leere,
Ist das die feminine
Hagia Sophia,

So dass der Schöpfer,
Der aus dem Nichts das All geschaffen,
Aus dem femininen Nichts
Der Hagia Sophia die Welt erschuf?

Der Körper des schönen Kosmos
Hat eine belebende Seele,
Anima Mundi genannt,
Die Weltseele Platons.

Die Ägypter verehrten
Die Seele der Natur
Als Himmelskönigin Isis.

Ist die Anima Mundi
Hagia Sophia,
Von Gott gehauchte Weltseele,
Das göttliche Leben
Im Innern der Mutter Natur?

Die ganze Menschheit
Erscheint als ein Wesen,
Ein Wesen idealer Art,
Das Große Sein,
Grand Etre,
L’Humanité.

Wer ist die Gestalt
Der verklärten Menschheit?
Wer ist das Große Sein,
Die ideale Geliebte
Des Philosophen?

Grand Etre, L’Humanité,
Bist du die Hagia Sophia,
Das Ideal der Menschheit,
Die große idealisch-verklärte Menschheit
Als heilige Frau Gottes?


VIERZIGSTER GESANG
DAS EWIGWEIBLICHE UND DIE POESIE

Begonnen hat
Die russische Poesie
Auf einem dörflichen Friedhof.
Dann kam der Adler
Mit dem ewigen Evangelium
Der göttlichen Schönheit.
Niemals war Solowjew fremd
Der Schönheitskult Puschkins.

Zuerst gebar das Chaos
Aus dem Meeresschaum
Das Weibliche
Und es nahm Gestalt an
Der göttlichen Schönheit
Oder Aphrodite.

Aber Aphrodite vermochte nicht
Die Dämonen des Chaos zu bannen.

Schließlich kam von oben
Das Weibliche
Und stieg herab zu den Menschen
In Gestalt Marias.

Maria ist das Ewigweibliche,
Welches von oben kommt.
Venus ist das Ewigweibliche,
Welches von unten kommt.

Maria ist das Ewigweibliche
In Gestalt der göttlichen Schönheit.
Maria, tota pulchra perfectissima,
Du bist schön, meine Freundin,
Siehe, du bist schön,
Du bist Maria, die Makellose.

Wie Dionysios Areopagita sagte,
Sind die schönen Kreaturen
In mancher Hinsicht schön,
In andrer Hinsicht unschön,
Zu manchen Zeiten schön,
Zu andren Zeiten unschön,
Allein die göttliche Schönheit
Ist in jeder Hinsicht schön,
Ist immer schön,
Ist in den Augen aller, die sie schauen, schön.

Und diese göttliche Schönheit
Verehren die Dichter
Als das Ewigweibliche,
Maria, Mater Gloriosa,
Jungfrau, Mutter, Königin,
Ja, Göttin!


EINUNDVIERZIGSTER GESANG
DREI SOPHIENVISIONEN SOLOWJEWS

Der Dichter war verliebt
In seiner Jugend,
Das Mädchen war
Neun Jahre alt
Und doch sprach des Dichters Amme:
Das Mädchen ist ein dummes Ding!
Doch der Dichter sah
In der Kirche
Das Antlitz der Ewigen Weisheit.

Und als der Dichter gesehen,
Geschaut das heilige Antlitz
Der Ewigen Weisheit
In weiblicher Schönheit,
Begehrte er, sie noch einmal
Zu schauen, doch nicht allein
Zu schauen ihr Antlitz,
Auch ihre Gestalt zu schauen.

Der Dichter war in England,
Studierte im Museum
Die Weisheit der Theologen,
Die Weisheit der Philosophen,
Die Weisheit der Theosophen,
Da schaute er
In einer Vision
Die Ewige Weisheit als Frau,
Er hörte ihre Stimme,
Sie rief ihn in die Wüste,
Dort wolle sie sich
Ihm offenbaren.

Er folgte ihrem Ruf,
War treu der Berufung der Weisheit
Und ging in die Wüste Ägyptens
Und wurde verfolgt
Und wurde gequält,
Doch als er halbtot
In der kalte Wüste lag des Nachts,
Da sah er in der Morgenröte
Die Morgenröte der Ewigkeit strahlen
Und sah in einer Vision
Die allumfassende
Göttliche Weisheit.

Diese Seele Gottes,
Anima Dei,
Nannte der Dichter fortan
Geheimnisvolle Freundin.
Sie war die Liebe seines Lebens,
Seine Freundin und seine Geliebte,
Sie allein, Sophia,
Sophia allein genügte ihm. Basta!


ZWEIUNDVIERZIGSTER GESANG
IKONE DER HAGIA SOPHIA VON NOWGOROD

O Sophia, darf ich zu dir beten?
Bist du Person, Sophia,
Und erhörst Gebet,
So gib mir ein Zeichen
Und lass in drei Tagen
Mich eine Ikone besitzen
Von dir, Sophia.
So sprach ich vor Jahren,
Und drei Tage später
Besaß ich die Ikone
Der Hagia Sophia von Nowgorod.

Sophia sitzt im Thron,
Ein androgyner Engel
Von femininer Anmut,
Feurig ihr Gewand,
Mit Goldglanz ihr Gewand,
Feurige Flügel hat sie
Wie Seraphim,
Wie der neuplatonische Engelsgeist.

Zur Linken betet
Johannes der Täufer,
Der Alte Bund,
Zur Rechten betet
Die Gottesgebärerin Maria,
Der Neue und Ewige Bund.

Über ihrem Haupt
Erscheint in der Gloriole
Das Antlitz Jesu Christi,
Denn Gottes Weisheit ist Mensch geworden
In Jesus von Nazareth,
Dem Messias.

In der Höhe ist ein Altar,
Der Altar des Wortes Gottes,
Dort dienen die himmlischen Heerscharen,
Engel verehren auf dem Altar
Die Heilige Schrift als Gottes Wort.

Zu dir will ich beten, Sophia,
Jetzt in der Hälfte des Lebens.
Die holden Schwäne
Tunken ihr Haupt
Ins heilige Wasser,
Wo Äpfel wachsen
Und Rosen blühen.
Doch wehe, wehe, wehe,
Jetzt wird es dunkle Nacht!
Jetzt schneidet der Frost!
Wo nehm ich jetzt
Die rote Rose her?


DREIUNDVIERZIGSTER GESANG
DIE EWIGWEIBLICHE WELTSEELE

Schon in seiner Kindheit
Suchte der Philosoph
Der Naturphilosophie
In den Bergen und Tälern
Kieselsteine und schwarzes Moos,
Schnecken, und liebte
Jedes Detail der Mutter Natur.

Er forschte nach
Dem Ursprung des Menschen
Und fand die Gebeine
Des Pekingmenschen,
Fünfzigtausend Jahre alt.

Ihm schien die Natur
In einer großen Evolution
Sich zu entwickeln
Von der Amöbe zu Goethe.

Christus, A und O des Kosmos,
War der Evolutionator,
Trieb und Ziel der Evolution.

Aber die ganze Mutter Natur
Besaß für diesen Philosophen
Ein geistiges Antlitz,
Die Seele der Natur,
Die Anima Mundi,
Er besang sie
Als das Ewigweibliche
In einer dichterischen Hymne.

Die Weltseele, ewigweiblich,
War ihm strahlende Jungfrau
In der Morgenröte der Schöpfung,
Königin des Alls,
Mutter alles Lebendigen.

Er pries die ewigweibliche
Weltseele wie Maria.

Christus war das Alpha
Und das Omega dieses Weltalls,
Maria war die ewigweibliche
Seele des Universums.


VIERUNDVIERZIGSTER GESANG
DER PHILOSOPH UND DIE FRAUEN

Zwar der Naturphilosoph
War Priester und Jesuit
Und lebte im Zölibat,

Doch wollte er nicht
Nur männlichen Umgang.

Er wollte die Ehelosigkeit
Nicht dadurch schützen,
Daß er den Umgang mit Frauen mied.

Denn die Freundschaft
Mit vielen Frauen
Im Laufe seines Lebens
Gab seiner Mystik
Den zärtlichen Wärmestrom.

In der Freundschaft mit Frauen
Lernte er kennen
Das ewigweibliche
Wesen der Weltseele
Und das zärtliche
Herz Jesu,
Dieses Zentrum des Universums,
Dieses kosmische Zentralfeuer
Voller Liebe und Freundschaft!

Aber der Zölibatäre
Muß darauf achten,
Daß nicht die Freundschaft
Zu irgendeiner Frau
Mächtiger wird
Als die bräutliche Liebe
Zu Jesus Christus!

Ein starker Magnet
Ist die Freundschaft der Frau,
Der allmächtige Magnet
Muß ewig die Liebe Gottes sein!

Zu des Mannes
Geistiger Intellektualität
Kam der weiblichen Freundinnen
Herzliche Sympathie
Und zärtliches Mitgefühl.

So ist die Mystik des Mannes
Nicht nur männliche Mystik,
Sondern ganzheitlich
Wie das All
Und die große Mutter Natur
Und die Ewige Gottheit.


FÜNFUNDVIERZIGSTER GESANG
DIE WELTSEELE BEI PLATON UND PLOTIN

Die Seele, sagt Sokrates,
Ist das Leben des Leibes.
Wenn die Seele den Leib verlässt
Im Augenblick des Todes,
Ist der Körper tot.
Doch da die Seele das Leben ist,
So bleibt die Seele lebendig
In der Unsterblichkeit.

Der ganze Makrokosmos
Ist ein einziger Körper,
Sagt Sokrates’ Schüler Platon.
Das Leben dieses Körpers
Ist die Weltseele,
Sie ist das Leben des Makrokosmos.

Plotin sah den Höchsten Gott
Als reinen Geist,
Der denkend sich selber denkt
In göttlicher Intelligenz.

Da der reine Geist,
Der unbegrenzt und unsterblich ist,
Nichts Materielles
Schaffen kann
Ohne Mittlerwesen,
Da das Materielle
Begrenzt und sterblich ist,
So schafft der göttliche Geist
Durch die Mittlerin Weltseele
Alle höheren Wesen
Und niedern Geschöpfe
Der heiligen Mutter Natur.

Platon führt den Ursprung
Aller einzelnen Geistseelen
Aller Menschen
Auf die eine Weltseele
Als der Form der Formen zurück.

So sagte einmal
Ein Knabe von sieben Jahren:
Ich denke,
Alle Seelen zusammen,
Das ist Gott.

Alle Seelen stehen
In Verbindung miteinander
Durch die eine Urform,
Die Anima Mundi,
Die gehaucht ist
Vom göttlichen Geist,
Den allerhöchsten Gott.


SECHSUNDVIERZIGSTER GESANG
DIE WELTSEELE BEI FICINO

Gemäß dem drei-einen Gott
Ist das Gottesebenbild Mensch
Auch eine Dreifaltigkeit
Aus Geist und Seele und Leib.
Die menschliche Seele selber
Ist eine Dreifaltigkeit
Aus Wille, Verstand und Gemüt.

Der Kosmos ist ein Körper,
Wie Platon schon sagte,
Die Seele des Kosmos
Ist die Weltseele
Anima Mundi,
Poetisch gesprochen
Ist es die Königin Urania,
Der Geist des Alls
Ist aber nach Ficino
Der höchste Engelsgeist.

Der Aufstieg des Menschen
Zu Gott durch die Liebe
Geht von den schönen
Körpern der Geliebten,
Allein empfangen
Durch Augen und Ohren,
Über die schöne Seele
Der Geliebten,
Den Willen zur Liebe,
Den Verstand der Weisheit,
Das Gemüt der Güte,
Zum Geist der Geliebten,
Zum Engelsgeist
Der gottesähnlichen Vielgeliebten.

Wer allein des Kosmos
Körper betrachtet,
Das Naturgesetz
Der materiellen Welt,
Wer nicht der Weltseele
Lebensprinzip, die Liebe,
Ergründet als Philosoph
Der Geisteswissenschaft,
Der kennt auch nicht
Den Geist des Alls,
Den Engelsgeist.

Wer aber den Engelsgeist kennt,
Der kennt den Engel
Des Antlitzes Gottes,
Der wird schauen Gottes Antlitz.


SIEBENUNDVIERZIGSTER GESANG
DIE WELTSEELE IN DER DEUTSCHEN GENIEZEIT

Als die Elohim
Die Sonnen und Planeten
Streuten aus in das All,
Da war die Weltseele
Von Ewigkeit her
In schaffendem Beruf.
Uns Menschen hat Gott gegeben,
Zu erforschen die Weltseele,
Zu ringen mit dem Weltgeist.
Die Weltseele trennte
Von der Sonne
Die Erde ab
Und belebte auf der Erde
Den Staub durch Feuchte
Und ließ wachsen
Die Pflanzen und Tiere
In vielen Metamorphosen,
Bis die Weltseele
Werden ließ
Den Mann
Und die Frau
Und die beiden schauten einander an
Im grünen Garten der Erde
Und liebten sich von Herzen.

Also grüßen wir die Weltseele,
Grüßen wir sie von unserem einsamen
Elfenbeinturm:
O Königin Urania,
Du, deren Zaubergürtel
Des Weltalls tobendes Entzücken
Und der holden Schwäne
Trunkenes Küssen
Zusammenbindet durch Liebe,
Du bist unsre Königin,
Unsre Mutter und Göttin,
Du ideale Schönheit,
Von dir berufen
Zum Amt des Propheten,
Von dir geküsst
Mit heiligem Kuss der Muse,
Und eingeweiht
Zu geistlichen Dichtern,
Grüßen wir dich
Aus unseren Klosterzellen:

Nur schütze uns vor Wahnsinn,
Mutter, Königin und Göttin,
Und wenn wir einst
In deinem Gefilde der Seligen sind,
Daß wir ein neues Leben dann
Unserer Liebe beginnen.


ACHTUNDVIERZIGSTER GESANG
MAHA DEVI IN INDIEN

Ich träumte von der Maha Devi,
Doch nicht, wie sie geboren
Einst aus dem Ozean der Milch,
Denn als die Weltenberge wurden,
Da ward das Meer von Milch,
Da standen die Götter alle
Auf den Weltenbergen
Und nahmen den Gott der Schlangen
Und griffen den Schlangengott
An seinem Schwanz,
An seinem Haupt,
Und quirlten das Meer der Milch
Zu weißem Schaum
Und aus dem Schaum geboren
Ward die Göttin der Schönheit,
Die Göttin der Wonne!

Aber als ich träumte
Von Maha Devi, der großen Göttin,
Da saß die Göttin auf dem Thron
Aus einer großen rosa Lotosblüte,
Die schwamm auf blauem Wasser.
Maha Devi trug ein Gewand
Aus rotem Purpur und goldner Stickerei.
Zwei Hände erhob sie gen Himmel
Und hielt in den Händen
Rosa Lotosblüten,
Zwei Hände breitete aus
Die große Göttin Maha Devi,
Zum Segen der ganzen Menschheit,
Und Gnadenstrahlen strömten
Von ihren segnenden Händen.

Das Haar war schwarz,
Die Augen groß und braun und mandelförmig,
Des Antlitzes Haut war bräunlich.

Hinter der großen Göttin
Im Wasser stand ein Elefant
Und hob den schlangenartigen Rüssel
Und spritzte Wasser aus dem Rüssel
Über das Haupt der Göttin.

Im Traum vernahm ich die Stimme,
Die sprach, dass Devi duschte!
Wahrlich, wahrlich, Devi duschte
In den Strömen lebendigen Wassers
Der Gnade des mächtigsten Gottes!


NEUNUNDVIERZIGSTER GESANG
RADHA IN DER INDISCHEN BAKTI-MYSTIK

Bakti-Mystik ist die Mystik
Der Liebe
Zu Gott.

Gott ist der Bräutigam,
Die Seele des Menschen die Braut.

Krishna ist der Avatar Gottes,
Die Verkörperung Gottes
Als Mensch und Bräutigam,
Und Radha ist die Seele des Frommen,
Rhada ist die Freundin
Des göttlichen Bräutigams.

Alles ist in der Bakti-Mystik
Wie im Hohenliede Salomos,
Wo Christus ist
Wahrer Gottmensch und Bräutigam
Und die fromme Seele des Menschen
Ist Gottes Freundin Sulamith.

Radha ist in Indien,
Was in Israel Sulamith ist.

Jedoch die Sprache
Der indischen Liebesmystik
Ist erotischer, sexueller.

Dem keuschen Abendland
Scheint das verwegene Bildsprache,
Die indische Bildsprache
Voller sexueller Bilder.

Doch die sexuelle
Vereinigung von Mann und Frau
Ist nach Plotin
Nur ein konzentriertes Abbild
Der allumfassenden
Vereinigung von Gott und Mensch.

Was in der sexuellen
Vereinigung von Mann und Frau
Die höchste irdische Wonne ist,
Das ist in der Vereinigung
Des Gottmenschen und der liebenden Seele
Ein unendliches, grenzenloses
Übermaß an Liebeswonnen,
Unaussprechlich, unaussprechlich!


FÜNFZIGSTER GESANG
GUAN YIN, GNADENGÖTTIN IN CHINA

Als die portugiesischen Jesuiten
Zur Mission nach China kamen,
Fanden sie heilige Bilder
Einer schönen Mutter
Mit einem heiligen Kind auf dem Arm.

Die chinesischen Bonzen sagten,
Das sei Guan Yin,
Die Mutter des Mitleids,
Welche den Kindersegen bringt.

Die christlichen Missionare dachten,
Das ist die Jungfrau Maria
Mit dem göttlichen Kind.

Guan Yin, die Mutter der Gnade,
Hört, wie ihr Name sagt,
Hört das Flehen ihrer elenden Kinder.

Maria, Mutter der Barmherzigkeit,
Höre das Rufen und Schreien
Deiner verbannten Kinder
In dem Tränental des Jammers!

So meinen die Theosophen,
Die Wesenheit, welche Sophia genannt wird,
Sei im Abendland Maria,
Im Morgenland aber Guan Yin.

Ein Archetyp der Mutter
Mit dem göttlichen Kind,
Ein universaler Archetyp
Finde verschiedenen Ausdruck
In Maria und Guan Yin.

O Mutter der Barmherzigkeit,
O Mutter der göttlichen Gnade,
O Mutter mit dem lieben Kinde,
O Mutter mit dem göttlichen Kinde,
Hör unser Schreien und Heulen
In diesem Jammertal der Tränen
Und nach diesem Elende
Lass uns verlöschen in Gott!

Hab Mitleid, Mutter,
Mit unsern Leiden,
Hab Mitleid, Mutter,
Mit den Leiden
Der ganzen Schöpfung.

Versenke uns, Mutter,
In den Ozean der Barmherzigkeit!

O Lord, Thou art the ocean of mercy!


EINUNDFÜNFZIGSTER GESANG
SOPHIA UND TAO

Sophia, die Ewige Weisheit,
Ist der Ursprung aller Lebewesen,
Denn in der göttlichen Weisheit
Und durch die göttliche Weisheit
Und für die göttliche Weisheit
Ist alles erschaffen.

Darum ist Tao auch
Die Mutter der zehntausend Wesen.

Die Ewige Weisheit ist unergründlich,
Allein der allweise Gott
Erkennt die göttliche Weisheit ganz.
Unser Erkennen
Als Menschen auf Erden
Ist nur Stückwerk.

So ist auch die wahre ewige Tao
Unsagbar für Menschen,
Die Tao auf Erden allein
Ist sagbar für Menschen.

Die Ewige Weisheit ist
Die Form aller Formen,
Idee der Ideen.

So ist auch Mutter Tao
Urbild aller Bilder,
Kraft der Kräfte.
Selber formlos,
Gibt sie allen Dingen die Form.

Die Ewige Weisheit Gottes
Ist Torheit für die Weisen der Welt.
Die Weisheit der Welt jedoch
Ist Torheit dem allein weisen Gott.

So nützt auch alles Vielwissen nichts
Und alles Bücherlesen nichts
Und alle Gelehrsamkeit nichts,
So kann man Tao nicht erkennen.

Die Ewige Weisheit will
Sich Kindern offenbaren,
Unmündigen Säuglingen.

So muß man sein Kindsein erkennen
Und ehren die nährende Mutter Tao,
Dann ist man beim Untergang
Des Leibes ohne Gefahr.

Die Ewige Weisheit liebt, die sie lieben.

Und wen der Himmel retten will,
Den rettet er durch Liebe.


ZWEIUNDFÜNFZIGSTER GESANG

DIE HIMMLISCHE EVA-SOPHIA NACKT

Die Sekte der Rosenkreuzer
Preist Sophia
Nicht als die Himmlische Sophia,
Sophia Urania,
Sondern als die kosmische Sophia,
Welche erscheint
Als astrale Göttin
Aller Sphären
Und astrologischen Zodiakzeichen,
Als Herrin der sieben Planeten
Und ihrer astralen Dämonen,
Als Herrin der kosmischen Energie
Und Göttin der vier Elemente
Und Göttin der Quintessenz,
Die Göttin von Gold und Silber,
Die sich vereinen,
Als Herrscherin aller Atome,
Die Herrin des unbestimmbaren
Quantensprünge,
Eben die kosmische Göttin.

Diese kosmische Göttin Sophia
Ist die himmlische Eva,
Die Mutter alles Lebens,
Die nackte Eva
Vom Garten Eden,
Die nackte Himmelsgöttin Eva,
Mutter des Universums.

Die nackte Göttin Eva
Ist größer als das Universum,
Das ganze Universum hält sie
In ihren empfindlichen Händen.
Sie hält die Kugel des Kosmos,
Den Kreis des Universums
Mit ihren Händen
Vor ihrem Bauch.
Darüber wölben sich
Ihre imperialen Brüste,
Barbusig neigt sich die Göttin Eva
Über den ganzen Kosmos.
Unter dem Kreis des Universums
Ist unverhüllt
Der nackten Göttin Eva
Heilige Vagina!

So wollen wir, beim Kreuz und der Rose,
Alle Universen weihen
Den nackten Brüsten
Und der unverhüllten Vagina
Der nackten kosmischen Göttin Eva!


DREIUNDFÜNFZIGSTER GESANG
GÖTTIN SOPHIA UND IHR HEROS LOGOS

Seit Bachofens Theorie
Vom Matriarchat der Vorzeit,
In dem Zeitalter des Feminismus
Glauben immer mehr Frauen
Und Männer
An die Magna Mater des Matriarchats.

Diese Magna Mater des Matriarchats,
Sagt Otfried Eberz, der Feminist,
Sei die große Göttin Sophia,
Große Mutter
Und göttliche Jungfrau.

Aber der Sohn der Großen Mutter
Und Geliebte der göttlichen Jungfrau
Sei der matriarchale Heros,
Dieser sei der Logos,
Der Bundesgott
Der Männer im Matriarchat.

Die große Göttin Sophia
Und ihr heiliger Heros, der Logos,
Feiern Hochzeit,
Den alten heidnischen Hieros Gamos,
Die Hochzeit von Himmel und Erde,
Die sexuelle Vereinigung
Von Gott und Göttin,
Stiftend neue Fruchtbarkeit,
Ja, schaffend alles Leben.

Durch die patriarchale Horde
Der blonden arischen Übermenschen
Ward vergewaltigt die Göttin
Und gekreuzigt der Heros.

Aber am Ende der Zeiten
Werde der Heros auferstehen,
Wie Osiris in Byblos,
Wie Adonis auf Zypern,
Wie der Heros Jesus in Jerusalem.

Dann wird wiederkehren
Das goldene Zeitalter,
Da die Große Mutter
Das heilige Kind gebiert,
Da die göttliche Jungfrau
Den göttlichen Heros liebt.

Dann wird Friede sein auf Erden
Und Liebe allein
Die Seele der Zivilisation,
Dann bildet die Menschen
Eine universale Frauenkirche.


VIERUNDFÜNFZIGSTER GESANG

MARIA UND DAS MÜTTERLICHE ANTLITZ GOTTES

Die katholischen
Befreiungstheologen Südamerikas
Versuchten Jesus
Mit Marx zu vermischen.

Auch der Feminismus
Ward von den Befreiungstheologen
Aufgenommen in den Katholizismus.

Nicht allein,
Daß Maria der Tempel
Des Heiligen Geistes ist,
Der Heilige Geist ist selber
Von mütterlicher Art
Und weiblicher Liebe ähnlich.

Auch ist Maria
Spiegel Gottes,
Maria von Südamerika
Ist Spiegel
Des mütterlichen Antlitzes Gottes.

Paul Claudel sang auch,
Daß Maria Sakrament ist
Der zärtlichen Mutterliebe Gottes.

Denn viele antike Hoheitstitel
Der altertümlichen Muttergöttinnen
Wurden übertragen
Auf die liebliche Jungfrau Maria.

Doch alle diese weiblichen
Archetypen vom Becher,
Von der Vase, von der Bundeslade,
Vom Tempel, von der Pforte,
Vom verschlossenen Garten,
Alle diese weiblichen
Ursymbole göttlicher Mutterschaft

Weisen über Maria hinaus
Zur Mutterschaft Gottes!

Papst Johannes Paul
Der Erste, der Lächelnde,
Sagte: Gott ist Abba, ja,
Doch Gott ist auch unsre Mutter!

Wie ein Kind, sang David,
In den Armen der Mutter,
Gestillt an den Brüsten der Mutter,
Ist meine Seele bei Gott.

Ja, ich glaube
An die Jungfrau von Guadelupe
Und die Mutterliebe Gottes!


EPILOG
LITANEI VON LORETTO

Ave, Mutter Gottes, bitte für uns!
Ave, Große Mutter, bitte für uns!
Ave, Mutter mit den Brüsten voll der Milch des Trostes!
Ave, Mutter, Mutterschoß des Vaters!
Ave, Mutter, die uns gebiert ins Ewige Leben!

Ave, Jungfrau, Lächelnliebende!
Ave, Jungfrau, reich an Grazien!
Ave, Jungfrau, virgo intacta!
Ave, Jungfrau, Elfenbeinturm!
Ave, Jungfrau, mystische Braut!

Ave, Königin, schenk uns Frieden!
Ave, Königin, dein Reich komme!
Ave, Königin der Liebe, meine Liebe!
Ave, Königin der Freuden, meine Wonne!
Ave, Königin der Schönheit, mein Ideal!
Ave, Königin des Paradieses, führe uns ins Paradies!

Ave, Göttin, sei uns gnädig!
Ave, Göttin, Gattin meiner Seele!
Ave, Göttin, Spiegel Gottes!
Ave, Göttin, meine Ewige Liebe!
Ave, Göttin, meine mystische Ehefrau!
Ave, Göttin, schenk mir deine kleine Perle!
Ave, Göttin, nimm mich auf in deinen Schoß!
Ave, Göttin, laß mich mit dir mich vereinigen!
Ave, Göttin, laß mich in der Ewigkeit eins sein mit dir!
Ave, Göttin, bitte für mich bei Jesus, meinem Herrn!

Im Namen der Gottheit, der göttlichen Allmacht, der göttlichen Weisheit und der göttlichen Liebe,

Ewige Weisheit, erlöse mich!
Ewige Weisheit, liebe mich oft und heftig und lange!
Ewige Weisheit, laß mich ganz verschmelzen mit dir!
Ewige Weisheit, laß mich Gott in deiner Gottheit sein!

Sela, Sela, Sela!

Zu Ende ist die Hymne Josef Maria Mayers.