Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DIE PHILOSOPHIN LILITH



Von Josef Maria Mayer


MOTTO


Die göttliche Muse gab mir einen überhimmlisch-süßen Kuss auf den Hals – o göttlicher Kuss, o göttlicher Kuss – und hauchte mit ihrer mystischen Stimme: Parmenides... Fichte... Die Einheit...

INHALT


Lilith – ein theosophischer Aufsatz über die Figur der Lilith

Das Schwarze Loch und wie es zu stopfen ist – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Robert über den Durst und Hunger nach Liebe

Die Idee der Schönheit – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Josef über den Platonismus

Die Ewige Liebe – ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Willy über die Lust, das Ewige Leben zu lieben

LILITH



WISSENSCHAFTLICH EXAKTE ÜBERSETZUNG DES BIBEL-VERSES ÜBER LILITH

Jesaja, Kapitel 34, Vers 14

So untereinander (zu treffen, sich zu vereinigen, sich versammeln) werden die Tsiyi (die Einöden, die Wüsten, die Wildnisse – Wildtiere, Wüstenbewohner, Heulende, Bellende, ein spezifisches Wildtier von nicht genau definierter Art) und die Iyee (Die Wildtiere der Inseln, heulende Tiere, Schakale) und der Sair (Kitz, Ziege, Teufel, Haariger, Rauher, Ziegenbock, Opferbock oder der Satyr als Dämon) wird dem anderen (dem Nachbarn, dem Freund, dem Gefährten, dem Genossen, dem Bruder, dem Ehemann, dem Liebhaber) begegnen (ihm zurufen, zuschreien, ihm etwas proklamieren oder predigen, oder ihn bitten und einladen als Gast) und Liyliyth (die Nachteule, Lilith als feminine Göttin, oder als Dämon der Nacht, oder ein nächtliches Tier, die Nachtschwalbe, der Nachtrabe) wird dort herbergen (ruhen, sich ausruhen, ansiedeln, niederlassen, still werden) und ihre Ruhe (den Ruheplatz, den Zustand der Ruhe oder die Bedingungen zur Ruhe) finden (sie wird es finden, wird dahin kommen, wird es antreffen, wird davon befallen, bekommt es, hält es fest).

VERSCHIEDENE ÜBERSETZUNGEN DES VERSES

Da werden untereinander laufen Wüstentiere und wilde Hunde und ein Feldteufel wird dem anderen begegnen, der KOBOLD wird auch daselbst herbergen und seine Ruhe daselbst finden.

The wild beasts of the desert shall also meet with the wild beasts of the islands, and the satyr shall cry to his fellow, the SCREECH OWL also shall rest there, and find for herself a place of rest.

Und Wüstentiere treffen mit wilden Hunden zusammen, und Böcke begegnen einander, ja, dort rastet die LILITH und findet einen Ruheplatz für sich.

Dort begegnen sich Katzen und wilde Hunde. Bocksgeister treffen sich dort. LILIT rastet dort und findet für sich eine Ruhestatt.

And the wild-cats shall meet with the jackals, and the satyr shall cry to his fellow; yea, the NIGHT-MONSTER shall repose there, and shall find her a place of rest.

Da werden unternander laufen Marder und Geyer / und ein Feldteuffel wird dem andern begegnen / Der KOBOLD wird auch daselbs herbergen / und seine ruhe finden.

Wildkatzen und Hyänen treffen sich dort, ein Dämon ruft hier dem andern zu. Selbst das NACHTGESPENST findet sich ein und ruht sich hier aus.

Wölfe und Marder werden einander begegnen und ein Dämon dem anderen rufen. Ja, dort wird das NACHTGESPENST sich niederlassen und eine Ruhestätte für sich finden.


AUS DEN BIBELKOMMENTAREN ÜBER DAS WORT LILITH

LILITH wird gedeutet als personifizierte Nacht (von Layla), als weibliche Göttin (Sumerische Göttin Lilitu, Göttin des himmlischen Windes), nach dem mittelalterlichen jüdischen Kabbalismus als Erste Frau Adams oder als Sie-Teufelin (Buhlteufelin und Kindermörderin), als Nachteule, Nachtrabe oder als Nachtschwalbe. Die Übersetzungsangebote für das sumerische Wort Lil oder Lilitu lauten: Windbraus oder Lotosblume. Der jüdische Bibelübersetzer Martin Buber übersetzt Lilith mit „Lur“ und die lateinische Übersetzung von Sankt Hieronymus übersetzt Lilith mit „Lamia“.


LILITH IM SOHAR, DEM HAUPTBUCH DER KABBALA

Eines Tages gingen die Gefährten mit Rabbi Simon bar Johai. Rabbi Simon sagte: „Wir sehen, dass alle diese heidnischen Völker sich erheben, aber Gottes Volk Israel ist geringer als sie. Warum ist das so? Weil Gott, der König, fortgeschickt hat die Matrone, die Herrlichkeit des Herrn, und nahm die Sklavin Lilith als Braut an. Wer ist die Sklavin Lilith? Die Krone der Fremden (The Alien Crown), deren erstgeborene Söhne getötet wurden von Ihm, dem Heiligen, Einen, gebenedeit sei sein Name. Anfangs saß sie hinter der Handmühle, und nun tritt diese Sklavin an die Stelle ihrer Herrin!“ Rabbi Simon klagte und sprach: „Der König ohne die Matrone, das ist nicht der rechte König! Der König, der der Sklavin Lilith huldigt, welche die Dienerin der Matrone ist, wo ist sein Ruhm? Er verlor die Liebe der Matrone und nahm die Sklavin Lilith an Ihrer Stelle als Braut an. Diese Sklavin Lilith war berufen, das Heilige Land auf Erden zu verwalten, wie die Matrone über das Heilige Land vom Himmel herrscht. Aber der Heilige, der Eine, gebenedeit sei Er, wird schließlich die Matrone wieder annehmen und ihr den Platz zur Rechten seines Thrones geben, wie es im Anfang war. Wie wird dann der Jubel und das Jauchzen und Frohlocken sein? Sprich! Es wird sein der Jubel und das Jauchzen und Frohlocken des Königs, weil er zur Matrone zurückkehrte und sich trennte von der Sklavin Lilith, und der Jubel und das Jauchzen und Frohlocken der Matrone, der Herrlichkeit des Herrn, wird sein, dass sie heimkehrt zum Herrn und wird in Liebe kopulieren mit dem König Gott.“


MEINE ÜBERSETZUNG DES BIBEL-VERSES

„Da versammeln sich die Bellenden und die heulenden Tiere und die haarigen Tiere laden den Liebhaber ein und Lilith (der Nachtwind) wird sich dort niederlassen und ihr Bett der Ruhe finden.“


PREDIGT ÜBER DAS MYSTERIUM LILITH

Origenes lehrte, dass ein Schriftwort in dreifacher Hinsicht auszulegen sei. Erstens gilt es den historischen, wörtlichen und ursprünglich gemeinten Sinn zu betrachten. Zweiten gelte es, die moralische Deutung dahingehend auszulegen, was die Bibel dir heute ganz persönlich für dein irdisches Leben damit sagen möchte. Dritten soll der geistige, spirituelle oder mystische Sinn herausgefunden werden, was nämlich das Schriftwort vom Wesen Christi sagt.

Erstens.
Der historische Sinn der Bibelstelle scheint zu sein, dass die einst so mächtige Stadt Edom jetzt in Trümmern liegt, so dass dort nur Wildkatzen, Wildhunde, Schakale, Wölfe, Nachtraben, Nachteulen und andere wilde Tiere hausen.

Zweitens.
Die persönliche Deutung, geliebte Freundin, könnte für dich sein: Hier, wo die haarigen Tiere leben, wo sich die bellenden und heulenden Hunde treffen, wo die Katzen leben, wo der Gast eingeladen wird, der Liebhaber predigt, hier finde ich, die Gottesgeliebte Lilith, meine Ruhe, hier finde ich mein Ruhebett, nämlich die Geborgenheit in den Armen Christi.

Drittens.
Bei dem geistlichen Sinn denke ich an die mystische Theologie. In einem theosophischen Buch über die Gnadengabe der Melancholie fand ich, dass Künstler, Philosophen, Dichter, Mystiker, welche von der Melancholie oder Schwermut geplagt und gesegnet wurden, als „Kinder der Lilith“ bezeichnet werden. Da war zum einen Albrecht Dürer, welcher die Melancholie gemalt als eine Muse der Weisheit. Da war der Philosoph und Theologe Kierkegaard, der an der Gabe der Schwermut einerseits litt, zum anderen sie als sein besonderes Charisma ansah. Dann wurde hingewiesen auf den Heiligen Johannes vom Kreuz, dem Karmeliter-Mystiker, der von der dunklen Nacht gesprochen. Diese Mystik der „DUNKLEN NACHT“ kann man auch als eine MYSTIK DER LILITH bezeichnen. Wenn Gott einen mystisch begnadeten Menschen in die dunkle Nacht der Sinne führt, dann wendet er sich von allen Äußerlichkeiten ab und wendet sich dem Inneren zu. Wenn Gott die Seele in die dunkle Nacht der Seele führt, dann wird die Treue zu Gott ganz rein, denn der Verstand und das Gefühl kann Gott nicht mehr begreifen. Wenn Gott die Seele in die Nacht des Geistes führt, dann reinigt sich die Liebe zu Gott durch die dunkle Nacht, in der man vor Gott wie ein Idiot oder ein Wahnsinniger steht, zur reinen brennenden Gottesliebe, zur lebendigen Liebesflamme. Hier wird Gott erfahren in der DUNKLEN NACHT, hier wird Gott erfahren, wie der heilige Dionysios Areopagita sagte, als das FINSTERE LICHT DER GOTTHEIT. Denn die Geburt Christi geschah so, wie es im Buch der Weisheit heißt: „In der Mitte der Nacht stieg Dein allmächtiges Wort vom Himmel herab.“ Und Johannes spricht im Evangelium: „Das Licht scheint in der Finsternis.“


ÜBER DIE MESOPOTAMISCHE GÖTTIN LILITH
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„Die sumerische Göttin Lilith (oder Lili) gilt als die Göttin des Windes in der Höhe und spielt in der Schöpfung der Welt eine undurchsichtige Rolle. Später wird Lilith aus dem Paradiesgarten der Liebesgöttin Inanna vertrieben.“

Hier sehen wir zwei Lilim, nämlich einmal die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, und dann die irdische Lilith, die Eva im Garten Eden.

Wer ist die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, und welches war ihre undurchsichtige Rolle bei der Erschaffung der Welt? Ihr Name bedeutet „Wind aus der Höhe“. Im Hebräischen heißt Wind „Ruach“, die Ruach ist Windbraus und Geist. Ruach ha-kadosch heißt: Heiliger Geist – oder wie die Feministinnen sagen: Heilige Geistin oder die Heilige Geistkraft, oder, wie der amerikanische Poet Walt Whitman schrieb: Santa Spirita! Ein Priester sagte einmal: Auch wenn ein Kind getauft wird „In nomina patria et filia et spirita sancta“, ist die Taufe gültig. Lilith ist also die Sancta Spirita oder die göttliche Ruach. Die göttliche Ruach schwebte im Anbeginn der Schöpfung über dem Tohu-wa-bohu. Die göttliche Ruach wird im Evangelium mit einer Taube des Friedens und der Liebe verglichen. Das poetische Bild der göttlichen Ruach-Lilith ist also das eines Windbrauses über dem Urmeer des Chaos oder das einer schwebenden Taube, die das Welt-Ei ausbrütet. Sie ist die göttliche Geistkraft, die dem Ur-Chaos die Gestalt des geordneten Kosmos (d.h. Schmuckstück) gibt. Die Meere des Chaos heißen auf lateinisch „maria“, darum wird das Bild des Anfangs der Schöpfung, nämlich dass die Taube der heiligen Geistkraft über den Urmeeren „maria“ schwebt und schöpferisch tätig ist, wieder aufgenommen am Anfang des Evangeliums, da die Taube der heiligen Ruach über Maria schwebt und den Gottmenschen schafft. Was also der Amerikaner preist als Sancta Spirita, was der Syrer Ephraem, die Zither der heiligen Ruah, als heilige Ruah preist, was Moses preist als Ruach ha-kadosch, das preist der sumerische Liebesdichter als Göttin Lilith, die Schöpferin der Welt, die Taube der Liebe, der Windbraus der heiligen Geistin.

Wer aber ist die Lilith, die aus dem Paradiesgarten der Inanna vertrieben worden ist? Im mosaischen Buche Genesis heißt sie Eva, das heißt, die Mutter alles Lebendigen oder der Ursprung des Lebens. Lilith ist also die Eva vom Garten Eden, das heißt, dem Garten der Freude. Eva aber heißt Ischah, das heißt Frau. Lilith ist also Ischah, die Frau. Das Wort für Mann heißt Isch und wird mit einem Jota geschrieben, welches einem Komma ähnlich sieht, einem kleinen Schwänzchen sozusagen, dieses Jota-Schwänzchen macht den Mann zum Mann. Das Jota ist der Buchstabe J im Gottesnamen Jahwe. Das Wort Ischah, also Frau, endet mit dem Buchstaben He, der steht für den Heiligen Geist, denn das Wesen der Frau ist es, Tempel des Heiligen Geistes zu sein. Das J des Mannes und das H der Frau ergeben zusammen den Gottesnamen JAH, von dem Salomo sagt „Die Liebe ist eine Feuerflamme in JAH.“ Die irdische Lilith ist also die Frau, Tempel der heiligen Geistkraft, also der göttlichen Lilith. Die göttliche Lilith als heilige Ruach ist das göttliche Urbild und die irdische Lilith-Eva als Frau ist das Abbild oder der Spiegel oder der Tempel. Die Lilith-Eva aber, die aus dem Paradiese vertrieben worden ist nach ihrer Abwendung von der Weisung Jahwes, wird wieder eingelassen durch das Ja-Wort der Neuen Eva, das ist Maria, welche auch DIE FRAU heißt. „I am the Second Eve! My YES is for you!” Maria, also DIE FRAU, ist Tempel des heiligen Geistes und Braut des Heiligen Geistes, ja, einige sagen, sie ist gewissermaßen die Menschwerdung des Heiligen Geistes. Maria, die Neue Eva, the Second Eve, DIE FRAU als Menschwerdung der Heiligen Ruach, ist also gewissermaßen die Neue Lilith, nämlich Menschwerdung der göttlichen Lilith, der Gottheit des Windbrauses vom Himmel.

Also: Die göttliche Lilith, die Schöpferin der Welt, ist Ruach ha-kadosch (Der Heilige Geist).
Die menschliche Lilith, deren poetischer Name bedeutet die Lotosblume, ist Maria, die Neue Eva, die FRAU, die Menschwerdung des Heiligen Geistes.


MYTHOS VON DEN GÖTTINNEN LILITH UND EVA

Gott schuf Adam aus dem Staub. Gott setzte Adam in den Garten Eden, wo Adam den Tieren Namen geben sollte. Adam sah den Bock die Zicke bespringen und sah den Stier die Kuh besteigen. Da bekam Adam große Lust, denn er war potent. Aber er hatte keine Partnerin. Da befriedigte Adam sich an der Zicke und bestieg auch die Kuh von hinten. Aber es gefiel ihm nicht sehr. Da schrie Adam zu Gott: Gib mir eine Partnerin zur Liebe! Gott erhörte Adam und schuf Lilith. Aber Lilith wurde nicht wie Adam aus dem Staub geschaffen, sondern aus dem Schlamm. Lilith wollte nun beim Sex die Stellung einnehmen, wie es im Matriarchat üblich ist, die Stellung, die das Kama-Sutra „buttern“ nennt, wo die Frau auf dem Manne sitzt und sie ihr Becken bewegt. Adam aber war puritanisch gesonnen und bevorzugte die patriarchalische „Missionars-Stellung“. Immerhin kam es noch dazu, dass Adam mit Lilith einen Dämon zeugte, Asmodäus, den Ehe-Teufel. Dieser Ehe-Teufel Asmodäus hat in der Geschichte von Tobias und Sara die sechs Freier der Sara in der Hochzeitsnacht getötet, bis er von Tobias und dem Erzengel Raphael in die ägyptische Wüste am Roten Meer ausgetrieben wurde. Übrigens hatte Lilith auch noch eine allerbeste Busenfreundin, die ebenfalls eine Dämonin war, die hieß Naamah, das heißt: Wohlgefällig, denn Naamah sang wohlgefällige Liebeslieder an die Idole. Lilith, da Adam sie nicht buttern ließ, sondern auf der Missionars-Stellung bestand, trennte sich von ihrem Lebensgefährten und floh in die ägyptische Wüste am Roten Meer, wo sie mit dem Buhldämonen Asmodäus, dem Ehe-Teufel, Dämonenkinder zeugte, die sogenannten Lilim, die Kinder der Lilith. Die Göttin Lilith aber war nicht sterblich, da sie ja vor Adams Sündenfall das Paradies schon verlassen hatte. Lilith lebte fort und erschien den einsam lebenden Gottesmännern im Traum und sog ihnen im Traum als Verführerin den Samen aus und zeugte mit dem Samen geistige Dämonenkinder. Dem weisen Salomo erschien Lilith in der Gestalt der schwarzen Königin von Saba, die Salomos Weisheit mit tiefgründigen Fragen auf die Probe stellte. Auch die beiden Dirnen, die vor Salomo erschienen, und ihn um ein Salomonisches Urteil wegen ihrer Kinder baten, diese beiden Lustdirnen waren in Wahrheit Lilith und Naamah. In der arabischen Tradition haben Lilith und Naamah allerdings die Namen Lilith und Karina. Wenn ein Haus sich vor Lilith schützen will, besonders einsame Gottesmänner, die fürchten, dass ihnen Lilith des nachts im Traum als erotische Verführerin erscheint und ihnen den Samen aussaugt, können sich schützen mit einem Amulett, auf dem geschrieben steht: Adam und Eva! Weg mit Lilith! Da Lilith also nun durch die Träume einsamer Gottesmänner schleicht, brauchte Adam eine neue Frau. Gott schuf die Erste Eva. Gott bildete ihren Leib aus Muskeln und Sehnen und Knochen und Fleisch und überzog alles mit Haut und führte die Erste Eva dem Adam zu. Adam aber war nicht entzückt von dieser Ersten Eva. Wohin diese Erste Eva verschwunden ist, ist mir nicht bekannt. Gott versetzte daraufhin den Adam in eine Trance und nahm seine Seite – seine bessere Hälfte – sein Innenleben – und formte daraus Eva, die Zweite Eva. Als Gott den entzückendsten Körper der Zweiten Eva gebildet hatte, schmückte er sie noch mit Lapislazulikettchen und Mondsteinohrringen, mit Muschelarmbändern und silbernen Fußkettchen und Ringen an den Fingern und Spangen im langen schwarzen Haar. Sonst trug die Zweite Eva nichts, als all den Schmuck und den Schleier ihrer langen schwarzen Haare. Adam sah die nackte Zweite Eva und war entzückt! Damals entstand das erste Liebesgedicht der Welt, denn Adam ist der erste Liebesdichter aller Zeiten, als er rief: Sie ist es! Sie ist die Seele meiner Seele, ihr Leib passt haargenau zu meinem Leib! Adam und die Zweite Eva passten so gut zusammen, wie die beiden Hälften eines Apfels. Daher meinen die Theosophen auch, dass am Anfang der Mensch ein androgynes Menschenwesen war, bestehend aus einer männlichen und einer weiblichen Hälfte. Allerdings hatte Gott das androgyne Menschenwesen so geschaffen, dass die männliche Hälfte und die bessere weibliche Hälfte Rücken an Rücken mit einander verwachsen waren. So konnte das heilige Paar sich schlecht bewegen, schlecht mit einander kommunizieren und auch sonst schlecht mit einander verkehren. Darauf entschloß sich Gott in seiner Barmherzigkeit, das androgyne Urwesen zu teilen in Mann und Frau, das heißt in Isch und Ischah, namens Adam und Eva. Adam und Eva lebte in paradiesischer Nacktheit im Garten Eden, aber Gott verbot ihnen, sich sexuell zu vereinigen. So sagen Mythendichter. Hildegard von Bingen allerdings sagte, dass Adam und Eva doch erotisch miteinander kopulierten, allerdings nicht wie gewöhnliche Menschen, sondern so wie der Sonnenstrahl die Luft liebt oder wie der Schmetterling den Duft der roten Rose. Diese Göttin Eva nun wurde im Morgenland so sehr geliebt, dass die Göttin Eva, von Moses Ursprung alles Lebens und Mutter aller lebendigen Geschöpfe genannt, von dem hurritischen Stamm angebetet wurde als hurritische Liebesgöttin Eva oder Heba, welche in göttlicher Ehe lebt mit dem hurritischen Wettergott mit dem Donnerhammer, gewissermaßen dem germanischen Thor. Diese hurritische Liebesgöttin Heba wurde von den Griechen besungen als die ewigjugendliche Göttin Hebe, die allerliebreizendste Göttin der ewigen Jugend im Himmel!

DAS SCHWARZE LOCH UND WIE ES ZU STOPFEN IST


Philosophischer Dialog zwischen Lilith und Robert.

Robert:
Kennst du das schwarze Loch – ich meine, das in der Seele?
Lilith:
Und darum trinkst du soviel Wein, um das schwarze Loch zu stopfen?
Robert:
Ja, ich habe einen maßlosen Durst! Ja, wenn ich der liebe Gott wäre, hätte ich anstatt des Weltalls ein Weinfass geschaffen und einen Becher so groß wie den Mond.
Lilith:
Und kannst du mit dem Wein das schwarze Loch in der Seele stopfen?
Robert:
Ich habe nun einmal diesen Wunsch nach Rausch, nach Symbiose, nach Ekstase, nach Erlösung.
Lilith:
Das kommt von der fehlenden Mutterliebe.
Robert:
Ja, ich habe Durst nach der Liebe.
Lilith:
Und ich habe Hunger nach Liebe.
Robert:
Das innere Kind will gestillt werden.
Lilith:
Ich habe Hunger nach der Schokolade. Oh, wenn so ein Schokoladenriegel auf meiner Zunge schmilzt!
Robert:
Die Azteken-Priester gaben ihren Menschenopfern vor der Opferung Kakao mit Drogenpilzen zu trinken.
Lilith:
Die halluzinogenen Drogen lösen Ängste bei mir aus.
Robert:
Ja, auch das Haschisch verzückt einen für einen Augenblick ins Paradies, doch gleich danach stürzt man in die Hölle ab. Darin ist die wahre Erfüllung nicht zu finden. Es ist ein illusionäres Glück. Es bleibt eine gähnende Leere zurück.
Lilith:
Gibt nicht die Liebe allein Erfüllung?
Robert:
Ach, was als romantische Verliebtheit begann, das endet in einem Alltagseinerlei. Man sagt: Mädchen, in der Ehe musst du dich daran gewöhnen, mit deinem Ehemann in Gewöhnung zusammen zu leben, ja, wenn es gut wird, wird der Ehemann dein Freund. Wenn du aber Liebe suchst – so nimm dir einen Hausfreund!
Lilith:
In der Liebe sucht man immer, geliebt zu werden vom Geliebten, und wird doch nicht geliebt.
Robert:
Aber der Sex! Da kann man doch nun endlich das schwarze Loch stopfen!
Lilith:
Ach, wenn dabei die Zärtlichkeit fehlt, das Vertrauen, die Geborgenheit...
Robert:
Ja, leider gibt auch der Sex nur einen flüchtigen Moment von Erfüllung, und wie oft bleibt die Seele danach doch leer zurück. Wenn es überhaupt Sex gibt.
Lilith:
Ja, wie viele Paare schlafen dann nach einiger Zeit in getrennten Betten.
Robert:
Ja, das innere Kind, das will immer noch von der Mutter gestillt werden.
Lilith:
Ja, das innere Kind, das will immer noch vom Vater in die Arme genommen werden und Schutz und Geborgenheit finden.
Robert:
Der Physiker Blaise Pascal sagte, in der Seele ist ein allerinnerlichster Raum, in welchem dieses schwarze Loch liegt, und dieser Raum kann nur von Gott erfüllt werden. Dieses schwarze Loch ist so beschaffen, dass nur Gott es stopfen kann.
Lilith:
Kann denn Gott eine Seele wirklich befriedigen?
Robert:
Ich weiß nicht, ob es eine totale Befriedigung und Erfüllung für immer gibt, ich meine auf Erden. Ich glaube eher, nein, es gibt nicht diese immerwährende Befriedigung und Sättigung auf Erden.
Lilith:
Ich war einmal so von Gottes Liebe erfüllt, dass ich die ganze Menschheit liebte. Ich sah einmal den Inneren Christus in ehelicher Vereinigung mit meiner Seele. Aber es waren besondere Momente. Diese gefühlte Erfüllung blieb nicht für immer.
Robert:
Ja, ich kenne auch Momente, da ich wirklich ruhe in Gottes Schoß, aber dann gibt es auch immer wieder diesen Durst nach Liebe...
Lilith:
Diesen Hunger nach Liebe...
Robert:
Ja, man vergleicht Gott mit dem Wein. Deine Liebe ist besser als Wein, heißt es in der Bibel.
Lilith:
Ja, und es heißt, der Name Gottes sei süß wie Honig. Ich würde sagen: Gott ist süßer als Schokolade.
Robert:
Aber wenn wir auf Erden schon vollkommen satt wären für immer, so würden wir nicht mehr streben nach der Ewigkeit.
Lilith:
Ja, ich spanne einem Mann einen unstillbaren Durst vor, so dass er in Gott hineingesogen wird.
Robert:
Ja, Gott spannt uns zwei Pferde vor den Wagen unserer Seele, diese zwei Pferde sind der Hunger und der Durst nach Liebe, nach Ewigkeit, nach Gott.
Lilith:
Gott wird mich dann aber ganz befriedigen.
Robert:
Ja, die Ewige Liebe wird mich ganz befriedigen, aber nie übersättigen, sondern ewig wird die schmachtende Sehnsucht sein und ewig die erfüllende Befriedigung.
Lilith:
Im Paradiese wird das schwarze Loch vollkommen gestopft und dennoch bleibt immer das schmachtende Seufzen des schwarzen Loches, immer und immer wieder von Gott gestopft zu werden, Ewigkeit um Ewigkeit.
Robert:
Und weil Gott weiß von diesem Hunger nach Gott und diesem Durst nach Gott, hat Gott seine eigene Trunkenheit zu einem Trank für die Seele gemacht und seinen eigenen Ätherleib zu einer Himmelsspeise, welche Salomo die süß-schmelzende Himmelsspeise nennt, die jedem anders schmeckt.
Lilith:
Ja, in diese süß-schmelzende Himmelsspeise des Corpus Christi war auch Sankt Evi verliebt.
Robert:
Jesus sagte: Wer von meinem Fleisch isst, den wird nie mehr hungern.
Lilith:
Sophia spricht: Wer von meiner Frucht speist, wird immer wieder nach mir verlangen.
Robert:
Nun haben wir ja richtig philosophiert.
Lilith:
Ich will jetzt tanzen!


DIE IDEE DER SCHÖNHEIT

Ein philosophischer Dialog zwischen Lilith und Josef


Josef:
Heute ist der zweite November. Es ist Allerseelen-Tag und dein Geburtstag, Geliebte, du Seele von der Weltseele. Was wünschst du dir zum Geburtstag?
Lilith:
Laß uns über die Idee sprechen.
Josef:
Ich habe zwar schon graue Haare im Bart und du bist reizender als jedes sechzehnjährige Mädchen, darum bist du auch mein Liebling, aber ich kann leider gar nicht mehr denken.
Lilith:
Sagten nicht die Vorsokratiker, dass es das Viele gar nicht gäbe, sondern nur das Eine, Ewig-Seiende? Ich denke, Parmenides hat dich bezaubert mit seinem philosophischen Gedicht, da der Philosoph durch die dunkle Nacht pilgert zum Thron der Göttin der Weisheit.
Josef:
Ja, daher stammt die Lehre, wahrhaft seiend sei allein das Eine.
Lilith:
Nun gibt es allerdings die Begriffe von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit. Und ich habe teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, indem du Gott ähnlich bist, dem Bösen aber unähnlich...
Lilith:
Und so hast du teil an den Begriffen der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit...
Josef:
Ja, da meine Liebe der Liebe eines Hundes ähnlicher ist als der Liebe eines reinen Geistes...
Lilith:
Und alle Dinge, die das Viele bilden, haben teil an Ähnlichkeit und Unähnlichkeit.
Josef:
Ja, jedes Ding hat eine Ähnlichkeit, wie ein Lichtteilchen eine Ähnlichkeit hat mit seinem verschränkten Lichtteilchen, und wie die Seele eine Seelenzwillingsschwester hat.
Lilith:
Wenn man sagt, das Eine sei eins, weil es eine innere Einheit habe, halte ich das für einen guten Begriff. Wenn man sagt, das Viele sei vielfältig, weil es aus einer Menge besteht, scheint mir das auch klar. Wenn man aber sagt, das Eine sei Vieles und das Viele sei Eines, scheint mir das paradox zu sein.
Josef:
Aber du bist ja auch Eins und Vieles. Denn du bist Eine Persönlichkeit, also bist du Eins, aber du hast Augen, Lippen, Brüste, Schenkel, also eine Vielheit, also bist du auch eine Vielheit.
Lilith:
Ja, ich bin Eine Person, diese Eine Person ist Eins. Aber die Vielheit meiner körperlichen Glieder...
Josef:
Der Brüste! Der Schenkel!
Lilith:
Diese vielen Glieder sind viele, also Vielheit. Aber die eine Einheit als Eins ist darum nicht identisch mit der Vielheit des Vielen. Eins ist Eins und Vieles ist Vieles. Unlogisch ist es zu sagen, Eines sei Vieles und Vieles sei Eines.
Josef:
Aber du, Geliebte, bist Eins und Vieles.
Lilith:
Ja, ich bin Eins und Vieles, aber das Eine meines Eins ist Eins und das Viele meines Vielen ist Vieles. Aber das Eine ist nicht das Viele.
Josef:
O Lilith, wenn ich dich philosophieren höre, kommt mir wieder ein Lächeln auf die Lippen. Denn ich freue mich, dass du so ernsthaft die göttliche Wahrheit suchst!
Lilith:
Schon als junges Mädchen sagte ich mir: Ich will weise werden!
Josef:
Du hast nun über die Ähnlichkeit gesprochen. Ich sprach von deiner Ähnlichkeit mit Gott...
Lilith:
Und du sagtest, deine Liebe habe mehr Ähnlichkeit mit der Liebe eines Hundes als mit der Liebe eines reinen Geistes...
Josef:
Wir haben also Ähnlichkeiten an uns. Aber gibt es auch eine Ähnlichkeit an-und-für-sich? Eine abstrakte allgemeine Ähnlichkeit, unabhängig von deiner Gottähnlichkeit und meine Hunde-Ähnlichkeit, die wir so an uns haben?
Lilith:
Wie könnten wir von unsern konkreten Ähnlichkeiten sprechen, wenn wir nicht einen allgemeinen abstrakten Begriff von Ähnlichkeit kennen würden?
Josef:
Du bist nun eben schön! Deine Haare sind schön, dein Antlitz ist schön, deine Augen, deine Nase, deine Wangen, dein Mund, deine Brüste sind schön, dein Popo ist schön!
Lilith:
Du sagst immer so nette Sachen!
Josef:
Aber gibt es auch eine allgemeine Schönheit als Begriff, als Idee, unabhängig von der konkreten Erscheinung an dir oder an einer roten Rose?
Lilith:
Wie würdest du denn die vielen schönen jungen Mädchen, die du alle schön findest, als Schönheiten erkennen, hättest du nicht in deinem Geist einen allgemeinen abstrakten Begriff dessen, was Schönheit an-und-für-sich ist?
Josef:
Und nun gibt es also schöne Frauen und hässliche Frauen, kluge Frauen und törichte Frauen, junge Frauen und alte Frauen, gutgebaute Frauen und dürre Frauen, heilige Frauen und sündige Frauen. Gibt es denn auch den Begriff, die Idee der Frau, unabhängig von den konkreten vielen Frauen?
Lilith:
Die Idee der Frau, die Frau der Frauen, ist das Ewigweibliche, das die, die da singen und küssen, hinanzieht zur Ewigen Liebe!
Josef:
Nun gibt es aber Scheiße von Kindern, Scheiße von Greisen, Scheiße von Hunden, von Katzen, von Kaninchen, von Tauben und Amseln, von Pferden und Kühen und viele andere konkrete Formen von Scheiße. Gibt es nun auch eine allgemeine Idee der Scheiße?
Lilith:
Von einer Idee der Scheiße zu reden, scheint mir einfach absurd!
Josef:
Wieso? Das ist unlogisch!
Lilith:
Ich spüre das! Ich fühle das! Ich weiß intuitiv, dass es keine Idee der Scheiße gibt!
Josef:
Geliebte, du philosophierst wie eine Frau! Was du sagst, ist nicht logisch. Du philosophierst mit dem Bauch! Allerlei Meinungen können deine Gefühle bewegen, aber man philosophiert nicht mit dem intuitiven Gespür oder dem Geschmack der Gefühle.
Lilith:
Und du sprichst auch gar nicht wie ein feiner Theosoph, sondern wie ein betrunkener Rotwein-Säufer!
Josef:
Du glaubst also an die Idee der Schönheit, durch welche alles Schöne schön ist, an die Idee der Güte, durch die alle Gütigen gütig sind?
Lilith:
Ja, wenn es nicht die absolute Schönheit an sich gäbe, würden wir keine Rose und keinen Schmetterling als schön erkennen und auch keinen Mann...
Josef:
Ob es schöne Männer gibt, davon weiß ich nichts. Was aber die Frauen betrifft! Und da muss ich dich denn fragen: Ist denn die absolute Idee der Schönheit gegenwärtig in jeder schönen Frau? Denn dann wäre ja die eine absolute Schönheit in zwei Teile geteilt – denn du bist schön und Maria ist auch schön! So wäre die eine absolute Schönheit ja geteilt!
Lilith:
Ich denke mir die Idee der Schönheit wie ein überhimmlisches Wesen mit einem Sternenmantel, den Sternenmantel wie einen Schutzmantel über alle schönen Frauen breitend.
Josef:
Wenn nun unter dem Schutzmantel der absoluten Schönheit eine Anzahl von schönen Frauen wäre, so steht Maria unter dem Teil des Sternenmantels, wo das Sternbild der Jungfrau eingestickt ist, so steht Karina unter dem Teil des Sternenmantels, wo das Sternbild der Waage eingestickt ist, so stehst du unter dem Teil des Sternenmantels, wo das Sternbild des Skorpions eingestickt ist. Wäre dann nicht von der einen absoluten Schönheit ein anderer Teil über Maria und ein anderer Teil über dir?
Lilith:
Ja, Maria sieht ja auch anders aus als ich.
Josef:
So wäre also die eine absolute Schönheit in so viele Teile geteilt, wie es schöne Frauen gibt und jede schöne Frau hätte an sich nur einen Teil der einen absoluten Schönheit. Und so wäre der Schutzmantel der absoluten Schönheit ja mehr einem Flickenteppich gleich. Wenn die absolute Schönheit nun aus so vielen Teilen besteht, wie es schöne Frauen gibt, kann man dann noch von der Einen absoluten Schönheit reden?
Lilith:
Jetzt wird es schwierig.
Josef:
Wie kommt denn überhaupt die absolute Idee der Schönheit in die schöne Maria, in die schöne Karina und in die wunderschöne Lilith?
Lilith:
Ich denke, die Schönheit ist wie ein Gedanke, der im Innern der Seele existiert.
Josef:
Du findest doch Ponys schön! Aber Ponys können nicht denken. Wie soll denn da die Schönheit als Gedanke in ihrer Seele existieren? Oder ist die Schönheit des Ponys ein Gedanke in der Seele des Ponys, das nicht denken kann?
Lilith:
Was weißt du, dass Ponys nicht denken können?
Josef:
Aber jener magische Malachit dort auf deinem Hausaltar, hat der auch seine Schönheit als Gedanke in der Seele? Oder meinst du, dass Steine Seelen haben und womöglich gar denken können?
Lilith:
Das wage ich so nicht zu behaupten.
Josef:
Wie kommt denn nun die absolute Schönheit in deine konkrete Schönheit?
Lilith:
Ich denke, die Idee der Schönheit ist das göttliche Urbild und Marias Schönheit das geschöpfliche Abbild.
Josef:
Wenn nun das Abbild nachgebildet ward dem Urbild und in der Ähnlichkeit mit dem Urbild gebildet wurde, dann ähnelt doch notwendigerweise deine Schönheit der absoluten Schönheit! (Und das war es, was ich beweisen wollte.)
Lilith:
Aber so weit würde ich nicht gehen, das zu behaupten.
Josef:
Es ist doch schwierig, von der absoluten Idee der Schönheit so zu sprechen, dass es Hand und Fuß und andere wichtige Glieder hat. Sage mir, Lilith, wenn du von der absoluten Idee der Schönheit sprichst, meinst du dann, dass diese absolute Schönheit in der Natur nirgends in Vollkommenheit evident ist?
Lilith:
Ach leider ja.
Josef:
Wie kann dann ein weiser Mann die absolute Schönheit schauen und erkennen und genießen? Müssen wir vielleicht bekennen, dass allein Gott die absolute Schönheit schauen, erkennen und genießen kann?
Lilith:
Ja, die absolute Schönheit ist eins mit Gott.

DIE EWIGE LIEBE


Philosophischer Dialog zwischen Lilith und Willy

Lilith:
Wie kann man glücklich sein?
Willy:
Das Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist allein der Tod.
Lilith:
Was heißt es, wahrhaft zu leben?
Willy:
Wahrhaft zu leben, heißt glückselig zu sein. Unsälig sein heißt, Anteil zu haben am Nichtsein.
Lilith:
Warum heißt es, selig zu sein, wenn man lebt?
Willy:
Weil alles Leben aus Liebe existiert und Liebe ist Seligkeit.
Lilith:
Was ist denn Liebe?
Willy:
Ich schenke mein Ich deinem Du und du schenkst dein Ich meinem Du und Ich und Du bilden eine höhere Einheit.
Lilith:
Und das nennst du Glück?
Willy:
Ja, die Liebe allein ist das Glück.
Lilith:
Kann man im Leben nicht unglücklich sein?
Willy:
Das wahre Leben ist Glückseligkeit. Unsälig ist nur ein Scheinleben, welches dem Tode näher steht.
Lilith:
Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich und wahrhaft lebe.
Willy:
Es gibt ein Scheinleben, eine Mischung aus Tod und Leben. Dieses Scheinleben ist halb Leben, halb Sterben.
Lilith:
Wer bin ich und wie werde ich wahrhaft lebendig?
Willy:
Du bist, was du liebst. Sage mir, was du begehrst und liebst, und ich sage dir, wer du bist.
Lilith:
Woran erkannt man, was einer liebt?
Willy:
An seinem Leben, denn der Mensch lebt das, was er liebt.
Lilith:
Wenn aber ein Mensch gar nicht sagen kann, was er liebt?
Willy:
Weil er nicht liebt! Und weil er nicht liebt, darum lebt er in Wahrheit gar nicht!
Lilith:
Was aber ist nun das Sein?
Willy:
Das Sein ist keine starre abstrakte Idee, sondern das Sein ist pure Lebendigkeit.
Lilith:
Was ist der Unterschied von Sein und Nichtsein?
Willy:
Das Sein ist Leben in purer Lebendigkeit und das Nichtsein ist der Tod, die absolute Leere.
Lilith:
Und wenn sich Sein und Nichtsein mischen?
Willy:
Diese schlechte Ehe von Leben und Tod erzeugt ein Scheinleben, das wie ein unaufhörliches Sterben ist.
Lilith:
Wenn du das Sein sprechen lassen könntest, was würde das Sein sagen?
Willy:
Sum!
Lilith:
Was heißt das?
Willy:
Das heißt: Ich bin! Das Sein allein kann von sich sagen, dass es wahrhaftig existiert.
Lilith:
Aber wie ist dieses Sein?
Willy:
Es ist ohne Anfang und ohne Ende, es ist das Ewige Sein.
Lilith:
Und dieses Ewige Sein ist das Leben?
Willy:
Das Ewige Sein ist das Ewige Leben.
Lilith:
Und gibt es nur Ein Ewiges Sein?
Willy:
Ja, Ein Ewiges Sein, das heißt Ein Ewiges Leben, das heißt Eine Ewige Liebe.
Lilith:
Wie ist der Name dieser Einen Ewigen Liebe?
Willy:
Man nennt sie – Gottheit!
Lilith:
Und wer diese Gottheit nicht liebt?
Willy:
Der setzt an die Stelle der Gottheit die falschen Götzen der Geschöpfe und Dinge.
Lilith:
Was geschieht, wenn man seine Liebe den Dingen zuwendet?
Willy:
Man ist unsälig.
Lilith:
Und wenn man die Gottheit liebt?
Willy:
Dann hat man das Ewige Leben.
Lilith:
Hat man es jetzt schon oder erst nach dem Tod?
Willy:
Wer die Gottheit liebt, der hat das Ewige Leben jetzt – and for ever!
Lilith:
Und kann man nicht selig leben, wenn man die schönen Dinge der Welt liebt?
Willy:
Wer die schönen Dinge der Welt liebt, die allesamt aus dem Nichtsein stammen und vergänglich sind, der liebt nur Schein, nicht Sein. Und wer Schein liebt, der lebt ein Schein-Leben. Wer aber ein Schein-Leben lebt, der ist in Wahrheit tot.
Lilith:
Wenn aber einer die Gottheit liebt, wie ist sein Leben dann?
Willy:
Genuss in vollen Zügen! Das große Glück! Der Höhepunkt der Lust!
Lilith:
Aber die Sehnsucht! Kennst du die Sehnsucht?
Willy:
Alles Seiende kennt die Sehnsucht, die Sehnsucht nach der Ewigkeit!
Lilith:
Wonach sehnt man sich mit dieser Sehnsucht?
Willy:
Nach dem Ewigen Leben in Fülle!
Lilith:
Kann nichts anderes den Menschen befriedigen?
Willy:
Den wahren Menschen kann nichts anderes befriedigen als das Ewige Leben in Fülle!
Lilith:
Und ist das Ewige Leben unerreichbar?
Willy:
Nein! Ergreife das Ewige Leben! Das Ewige Leben bietet sich an! Das Ewige Leben ist willig, sich mit dir zu vereinigen!
Lilith:
Was meinst du mit Vereinigung?
Willy:
Die Vereinigung mit der Gottheit – jetzt – ist Vereinigung mit dem Ewigen Leben wie mit der geliebtesten Geliebten!
Lilith:
Und das nicht erst nach dem Tod im Himmel?
Willy:
Nein! Auf Erden schon im Paradies! Tägliche Vereinigung mit der Geliebten, dem Ewigen Leben!
Lilith:
Amen.