Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Der Harem


Von Josef Maria Mayer


Der König von Marokko saß
In einem Haus von blauem Glas
Und um ihn waren seine Leute,
Doch wollte er alleine heute
Nachhängen seiner Traurigkeit,
Wie lang doch die Verbannungszeit
Auf Erden, bis wie Honig süß
Die Speise ist im Paradies,
Des Paradieses süße Feigen!
So heiß der König alle schweigen
Und schickte alle Leute fort,
Er wollte nur Prophetenwort
Und Gottesweisheit meditieren
Und Gottes Allmacht kontemplieren,
Die Allmacht mit den großen Brüsten,
Die uns erschuf zu ewigen Lüsten!
Die Leute gingen alle fort
Auf ihres Königs ernstes Wort
Und jeder machte sich zu schaffen
Mit Werkzeug, Feder oder Waffen,
Allein der König blieb zurück
Mit Trauer in dem milden Blick.

Der König Hassan war allein,
Sein Blick war schwer wie dunkler Wein
Und wie ein langer Regenschauer
Ihm strömten Tränen seiner Trauer,
Wie Donnerwetter laut gewittert
Die Seele war ihm schwer erschüttert.
Wie Balsam war die Einsamkeit,
Wie Medizin für Seelenleid.
Wie in der weltlichen Gemeinde
Er hatte doch so viele Feinde
Und nirgends stand ein Freund ihm bei!
So traurig war er selbst im Mai,
Bei Rosen dachte er, bei roten,
Voll Trauer an die lieben Toten.
Ein Derwisch tanzt wohl auf dem Grab,
Dem König Hassan aber gab
Das Totenangedenken Wehmut.
So saß er still in seiner Demut
Und sagte: Großer Gott, ich glaube,
Ich bin nicht mehr als Staub vom Staube,
Ein Schatten bin ich, Hauch und Nichts,
In Unzugänglichkeit des Lichts
Lebst du in Heiligkeit und Reinheit,
Allah in ewiger All-Einheit!

Was geht dem König durch den Sinn?
Denkt er an andre Staaten in
Dem Orient, in Asia,
Arabia, in Afrika?
Denkt er an Könige von Staaten,
Tyrannenherrscher, Demokraten?
Denkt er an Hunger und an Seuchen?
Muss lästige Moskitos scheuchen
Von Aberglaubens Schamanisten,
Von Atheisten, Kommunisten?
Denkt er an religiöse Kriege,
Wollt er verhelfen zu dem Siege
Dem Glauben Mohammeds, ihm wert,
Indem er kämpfte mit dem Schwert?
Die Marterzeugen von dem Orden
Allahs, die selber sich ermorden
Und andre in den Tod mitreißen,
Ob er sie wollte selig preisen?

Ist in dem Harem seiner Rosen
Gedrungen von den Glaubenslosen
Ein Frevler aus Amerika,
Ein Räuber aus Brittannia?
Ob freche Gottesfeinde lästern,
Verführen seine Haremsschwestern,
Sie sollten sich nicht mehr verschleiern,
Mit Freiern lieber Wollust feiern?
Die Haremsfrauen sollen trinken
Den Schaum des Sekts, im Rausch versinken?
Die Haremsschwestern, rein und keusch,
Sie sollten fressen Schweinefleisch?
Nein, König Hassan, das sei ferne,
Dass deine schönen Venussterne
So gottlos leben wie im Westen,
Nur feiern wild auf wüsten Festen
Und halbnackt gehen wie die Huren
Und nicht mehr lesen in den Suren.
Kein Krieger aus Amerika
Ins Frauenhaus von Afrika
Ist eingedrungen bei den Schwestern,
Allah als Götzen zu verlästern.
Die Frauen leben still verborgen.
Nein, unser Mann hat andre Sorgen,
Die scheuchen lästig seinen Schlummer.
Was aber ist des Königs Kummer?

Die Mädchen sind vom Zeh zum Scheitel
Im Harem närrisch, töricht, eitel,
Die jungen hübschen Mädchen närrisch,
Die alten strengen Weiber herrisch,
Die Weiber, alte Tanten, klatschen
Und lästern gerne, plaudern, tratschen,
Sie essen den Rosinenkuchen
Und gerne auch den Feigenkuchen
Und trinken Tee von Pfefferminz
Und seufzen: Käme doch ein Prinz!
Sie möchten einmal wieder flirten
Mit einem Liebeslust-Betörten,
Sie möchten schnurren wie die Katzen
Und schelmisch schäkern, schüchtern schwatzen,
Sie trinken keusches Wasser nüchtern
Und sind schon lange nicht mehr schüchtern
Und manche wurde eine Geile
Und manche starb vor Langeweile.
Sie alle hütet der Eunuch,
Der allzeit liest in Gottes Buch,
Dem abgeschnitten ward der Pimmel,
Damit er herrschen kann im Himmel.
Eunuchen für das Himmelreich!
Der Himmel einem Harem gleich!
Eunuchen lächeln nur ironisch,
Sie lieben geistig und platonisch,
Sie werden nie ein Weib begatten,
Sie sorgen sich nicht um die Latten.
Im Harem dient nur der Eunuch
Allah und Gottes weisem Buch.

Eunuchen für das Himmelreich,
Euch keiner ist an Gnaden gleich,
Frei dürft ihr sehen die Najade
Ganz nackend stehen in dem Bade
Und nackend unter den Kaskaden
Den nackten Superkörper baden
Und trocknen ab den nackten Leib
Und wie sich kleidet dann das Weib
Und da steht in dem Unterkleide
Als allerhöchste Augenweide.
Die Haremsschwester, dieses Luder,
Sieht den Eunuchen an als Bruder,
Und weil der gute Mann beschnitten,
Drum wandeln diese Feigenschnitten
Auch nackend vor ihm hin und her
Wie Aphrodite auf dem Meer.
Auch hört er allezeit die Schwestern
In ihrem Plaudern, ihrem Lästern
Und seufzen sie nach fremden Kerlen
Und juckt es sie an ihren Perlen,
Dann kennt er alle ihre Sorgen.
Und wenn sie schon am frühen Morgen
Verwirrten Haares treten vor
Aus ihres Schlafgemaches Tor
In morgenkühle Gartenräume,
Erzählen sie ihm ihre Träume.
So hört er mancherlei Geständnis
Und Beichte oder auch Bekenntnis.
Denn jede Schwester in ihm sieht
Den lieben Bruder ohne Glied.

Doch warum ist der König traurig,
Die Seele ihm so tränenschaurig?
Trank er zuviel verbotnen Wermut
Und wimmert jetzt in schwarzer Schwermut?
Wie fügsam wird die Hundedemut
Doch durch Tristesse und sanfte Wehmut!
Sein Blut verboten alkoholisch,
Voll schwarzer Galle melancholisch.
Er raucht in seiner Wasserpfeife
Noch heute in der Mannesreife
Das Haschisch von Afghanistan,
Das Haschisch auch von Hindostan,
Afghanen schwarz in gutem Schnitt
Und auch den roten Nepal-Shit
Und weißen Nepal-Shit voll Schimmel
Und träumt, er wäre schon im Himmel.
Dann stürzt er in die Traurigkeit
Der irdischen Verbannungszeit
Und denkt als Moslem an den Orden
Der Männer, die sich selbst ermorden,
Zu enden alle Seelenleiden,
Die Kehle selbst sich durchzuschneiden.
Noch protestiert die arme Seele.
Der König aber gibt Befehle
Dem willig kommenden Eunuchen.
Nun König Hassan will besuchen
Die Frauen in dem Frauenhaus,
Sie leben dort in Saus und Braus,
Die Liebsten mit den lieben Lenden,
Sie sollen süßen Trost ihm spenden,
Die Huris, von Allah Erlösten,
Sie sollen König Hassan trösten!

Die jungen Mädchen waren fröhlich,
Die süßen hübschen Kinder selig,
Als König Hassan eingetreten,
Der Adam in den Garten Eden.
Sie schwatzten wie die Papageien,
Wie Falter flatterten im Maien,
Charmant mit Rosenlippen lächelnd,
Mit langen Seidenwimpern fächelnd,
Sie kämmten ihre Seidenhaare,
Es hüften ihre Brüstepaare
Wie Zwillingskitze von Gazellen,
Die hochgetürmten Busenwellen,
Die junmgen Mädchenstimmen flöten,
Erotisch sie vor Scham erröten,
Sie wussten, dass er sie begehrte
Und dass er sie zu hoch verehrte,
Als ob er im Ideensaal
Säh Ideal bei Ideal
Und säh die Grazien in dem Glanz
Wie Ideale an im Tanz,
Wenn sie wie Lerchen morgens schnattern,
Monarchen, Admirale flattern,
Die junge Hur, die junge Hex
In ihrem femininen Sex.
Als König Hassan eingetreten
Als Adam in den Garten Eden,
Der Gute Hirte seiner Schäfchen,
Frohlockte Evchen neben Evchen!

LIED DER HAREMSMÄDCHEN

Glückselig, wer besiegt die Christen,
Bekriegt die Juden und die Heiden,
Der ruht einst an der Huri Brüsten,
Erquickt sich an den Augenweiden.

Glückselig ist, wer jung gestorben,
Der muß aufs Paradies nicht warten,
Der hat die Wonne schon erworben
Bei Huris in dem Himmelsgarten.

Glückseliger, ja, überselig,
Wer schaut die Schokoladenrose
Und scherzt mit Layla lieb und fröhlich
Und liegt in Laylas keuschem Schoße!

*

Doch Layla saß im grünen Hain
In Einsamkeit und ganz allein.
Wie lang das seidenschwarze Haar,
Wie voll das volle Busenpaar,
Die aus dem Seidenhemdchen quollen,
Moscheekuppeln gleich die vollen,
Wie spielte sie mit sanften Händen
An ihren straffgespannten Lenden,
Ein breiter Gürtel um die Hüfte,
War sie wie Wolken süßer Düfte,
Wie nackend waren ihre Füße,
Die Knöchelkettchen klirrten Grüße,
Der Füße Zehen rot von Henna.
Ein Paradies und ein Gehenna
War Layla, war der Wonnen Küste,
Der Inbegriff der Liebeslüste,
Erregte sie die große Brunst
Und kannte alle Liebeskunst
Und konnte mit dem Becken schaukeln
Und konnte mit der Zunge gaukeln.
Jetzt aber seufzte sie voll Wehmut:
Ach Sklavendemut, Hundedemut,
Denn König Hassan liebt jetzt sie,
Die südfranzösische Julie,
Er ist nach ihr nur liebeskrank,
Sie ist wie eine Palme schlank,
Er möchte haben nur im Bette
Die Schwarze nicht, doch die Brünette,
An ihren Rosenlippen saugen
Und schauen ihre Mandelaugen.
Ach, heiße Layla doch nur wie
Die südfranzösische Julie,
Dann würde König Hassan mich
Auch lieben weiter inniglich.
Was bin ich ihm? Bin ich die Alte,
Das welke Weib mit mancher Falte,
Nicht schaut er meines Beckens Schwung,
Schaut nur Julie so reizend jung.
Was schert ihn Frömmigkeit und Tugend?
Er liebt nur Anmut, Reiz der Jugend!

Zehn junge Jahre alt war sie,
Die südfranzösische Julie,
Die schmollte stets französisch-mündlich,
Die schmollte kindlich mehr als sündlich,
In aller Unschuld eine Kindes
Ließ sie das Haar im Hauch des Windes
Wie einen langen Schleier wehen,
Ließ nicht die nackten Beine sehen,
Ließ sehen nur die nackten Füße,
So voller Schamgefühl die Süße.
Was reit denn einen Bräutigam
So sehr wie keusche Mädchenscham?
Kein Mann mag Lotterweiber, Dirnen,
Schamlosigkeit auf frechen Stirnen,
Man liebt viel mehr das junge Fleisch,
Das unberührt noch ist und keusch.
Jedoch das süße Kind Julie
Nach Ehemännern fragte nie
Und wollt nichts wissen von den Männern,
Den Alleskönnern, Alleskennern.
Sie fragte nichts nach wilden Kerlen
Wie andre jugendliche Perlen.
Sie suchte keinen jungen Heros
Und fragte nichts nach schwülem Eros.
Die südfranzösische Julie
Mehr betete zur Vierge Marie.
Sie war ihr Vorbild, Ideal,
Der Geist des Herrn war ihr Gemahl,
Sie betete zu Notre Dame,
La Vierge Marie, plus belle des femmes.
Im Mädchenzimmer die Ikone
Auf ihres Hausaltares Throne,
War das Palladium der Familie,
Dort blühte allzeit Frankreichs Lilie.

Wie kam sie in den Harem, sie,
Die südfranzösische Julie?
Es war ein Fall von Schicksal, tragisch,
Die Schicksalsgöttin wirkte magisch,
Es war auf Erden Streit und Zank,
Die Welt war von der Streitsucht krank,
Da sehnte Hassan sich nach Frieden.
Es sollten Gläubige hienieden
Sich schlagen nicht die Schädel ein,
Gott sollte Fürst des Friedens sein.
Es sollten handeln in den Buden
Die Muselmänner mit den Juden,
Die Christen, Jesu Christi Glieder,
Die Muselmänner nannten Brüder.
Der König Hassan wollte nun
Am Busen einer Christin ruhn.
Die edle Heidin Layla zwar
Er liebte noch, ihr schwarzes Haar,
Das lange Haar, den Frauenschleier,
Den Leib, gebaut wie eine Leier,
Doch wollte er im Harem auch
Verspüren einer Christin Hauch,
Daß sie aus ihrer kleinen Nase
Ihm Heilig Geist entgegenblase.

Sie weinte voller Melancholie,
Die südfranzösische Julie.
Sie blieb in dem Gemach allein,
Ergeben ihrer Seelenpein.
Fern blieb ihr Herrscher und Gemahl,
Sie blieb allein mit ihrer Qual.
Doch unter lauter wilden Heiden
Die junge Heilige bescheiden
Verliebt war in die Einsamkeit,
Allein mit Gottes Ewigkeit
Sie ganz sich dem Gebet ergibt,
Mit Worten ihren Gatten liebt,
Den Seelengatten Jesu Christe.
Das Kruzifix an ihre Brüste
Hielt liebend innig sie gebettet,
Daß sie ihr Gott und Gatte rettet
Aus dieser wüsten Heidenwelt
Ins himmelblaue Himmelszelt.
Die Jungfrau und die Christin keusch
Begehrte einzig Christi Fleisch
Und geistig in der Kommunion
Erkannte sie den Gottessohn,
Den großen Gott, den Gott der Wetter,
Den wahren Gottessohn, den Retter,
Den Geist, die weiße Turteltaube.
Sie sagte Tag für Tag: Ich glaube
Nur dir, Beatra Trinitas!
Julie in der Virginitas
Als reine Jungfrau ist zu rühmen,
Die sie bewahrte – ach – ihr Hymen!

Es war in einer dunklen Nacht,
Wind rauschte in Zypressen sacht,
Die Wiesen standen voller Quendel,
Die Luft voll Düften von Lavendel,
Die Nachtigallen Rosen rühmen,
Die Rosen duften nach Parfümen,
Um Fackeln taumeln trunkne Motten,
Die Sterne Jungfrau Mond vergotten,
Die Nacht durchwallt von Nebelschleiern,
Kallistos sieben Sterne feiern,
Die Himmelsstadt der Tochter Zion
Strahlt wie der Gürtel des Orion,
Die Nacht ist voll des süßen Friedens,
Am Himmel scheint das Kreuz des Südens,
Die Lüfte blättern in den Zedern,
Die Luft spielt mit den Taubenfedern,
Die süßgewürzten Lüfte wallen,
Schön schallen süße Nachtigallen,
Die süßen Bulbul-Sänger buhlen
Nach roten Rosen-Hierodulen,
Die Rosen öffnen ihre Schöße,
Entblättern sich bis auf die Blöße,
Die zahme Hindin und die Kitze
Die Brüste lassen beben. Schlitze
Von schwarzen Löchern magisch saugen,
Die Nacht schaut mit den Mandelaugen,
Lavendelbüsche süß umbuschen
Den Garten, schwarze Schatten huschen,
Da rascheln Tiere in dem Laube,
Die Totenseele ahnt der Glaube,
Die weißen Totenschatten wallen
Um Rosen und um Nachtigallen,
In stillen Elfenbeinpalästen
Ist Schweigen nach den trunknen Festen,
Nur leis noch junge Mädchen flüstern,
Wie Edens Huris liebeslüstern.
Benommen schläft auf Gottes Buch
Der sturzbesoffene Eunuch.

O Nacht voll Paradieseswonnen,
Wo Sterne sind zehntausend Wonnen,
Wo Feuer glühen in dem Dunkeln,
Wo Seelen in den Augen funklen,
Das Leben man verbringt in Bausch
Und Bogen in dem höchsten Rausch,
Doch morgens nicht die Schädel dröhnen,
Wo gegenwärtig sind die Schönen
Und Frauen mysteriös erscheinen
Und hold wie Himmelsengel scheinen,
Wo wiederum die Toten leben,
Den Toten ihre Brüste beben,
Gebettet an der Wonnen Küste
Durchschauern Seelen Liebeslüste
Und alle Weiber werden Musen,
Die Männer saugen an dem Busen
Der großen göttlichen Natur,
Wo überschön die Kreatur
Des Weibes nahzu göttlich ist,
Wo jeder Mann die Brüste küsst
Der Weiber in dem Mondenschein
Und aus dem Busen schlürft den Wein
Und mit dem Wein den Seelenfunken,
Vom heißen Blut der Liebe trunken,
Und wo das Blut ist voller Schmachten
Und unterm Himmel übernachten
Die trunknen Dichter und die Musen,
Poeten an der Weiber Busen,
Die Männer in die Weiber dringen,
Die Weltenachsen singen
Von Gott und Gottes großem Eros,
Der Kosmos wird zum großen Sphäros,
In Wollust lodernd das Äon,
Des Kosmos Amorisation,
Bis trunken sinken ich und du
In Gottes süße Sabbath-Ruh!

Da liegt der trunkene Eunuch,
Den Schädel auf dem Gottesbuch,
Da liegt er auf des Harems Schwelle.
Da schleicht ein Weib aus ihrer Zelle,
Da hört sie den Eunuchen husten
Im Schlaf und röcheln, schnaufen, prusten.
Sie aber stand im Dunkeln auf,
Fasst mit der Hand der Pforte Knauf,
Der Türknauf trieft von Myrrhenöle.
So scheu und schüchtern ihre Seele
Schleicht leise wie auf samtnen Tatzen
Und wie im Mondschein gleiten Katzen
Und wandelt heimlich durch die Nacht
Wie eine Wolke leicht und sacht,
Wie eine Wolke in der Hose,
Im Kleid der Blätter einer Rose.
Und trotzdem merkt es der Eunuch,
Er kennt der schönen Frau Geruch,
Sie duftet nach dem Rosenöle,
Ja, wie Parfüm ist ihre Seele.
Er öffnet seiner Augen Schlitz
Und blinzelt durch den schmalen Ritz
Und sieht ein Weib wie Mondenschein
Und schläft dann schnarchend wieder ein.

Das Weib ist Layla. Sie tritt ein
Ins Zimmer der Julie. Ein Schein
Von Mondlicht flutet durch den Raum.
Julie ist lieblich wie ein Traum
Und Layla ist so feigensüß
Wie Feigen aus dem Paradies.
Julie sitzt still vor der Ikone
Der Gottesmutter mit dem Sohne,
Vor der Ikone brennen Kerzen,
Sie betet zum Marienherzen,
Sie schaut mit Feuchtigkeit des Blicks
Zum Bräutigam am Kruzifix:
O Bräutigam, von Wunden rot,
Du starbst für mich den Liebestod!
Und Layla sieht die fromme Szene,
Im Auge der Julie die Träne,
Zu Feuermeteoren taugen
Die großen braunen Mandelaugen.
Und Layla ist ein Weib der Wonne,
Wollüstig wie des Südens Sonne,
Sie muß mit ihren großen Reizen
Der Femininität nicht geizen,
Sie zeigt die vollen Brüsteglocken,
Sie schüttelt ihre schwarzen Locken,
Sie schwankt wie ein betrunknes Schiff,
Das eben scheitert an dem Kliff,
Sie schwankt wie ein beladnes Boot,
Die Wangen wie Granaten rot,
Die Wangen unter ihrem Schleier,
Im schwarzen Auge Seelenfeuer,
Unlöschbar ist die Liebesglut,
Vor Eifersucht in wilder Wut
Schießt heißes Blut in hoher Welle
Auf ihre Wangen. Wie die Hölle
Ist eines Weibes Eifersucht,
Der Skorpion von Satans Zucht!
Julie in betender Vigilie
Ist ähnlich der Madonnenlilie,
Verklärt von unnennbarem Weh,
Weiß wie der Jungfraunalpe Schnee.
So in den ersten Glaubenszeiten
Die Marterzeugen selig leiden
Und bleiben makellos und keusch
Und opfern ihrem Gott das Fleisch.
Julie scheint nachts in der Vigilie
Madonna mit der tiefen Lilie.
Und Layla wie ein Skorpion
Sticht zu: Du sprichst mir Spott und Hohn!
Der König Hassan liebte nur
Von allen Frauenkreatur
Die schwarze Layla in der Nacht,
Da haben Liebe wir gemacht.
Jetzt aber sieht er nur Julie,
Julie liebt er mit Sympathie
Und will sich bei dem Mädchen betten.
Du, Schwester, du nur kannst mich retten!
Schau alle Reize meiner Glieder,
Gib mir den Vielgeliebten wieder!

O Schwester, sagte Layla wie
Betrunken zu dem Kind Julie,
Der König Hassan liebte mich
Vor allen Frauen inniglich,
Die Königin im Frauenhaus,
Ging Hassan bei mir ein und aus,
Ich die Prinzessin, er der Prinz,
Wifr tranken Tee von Pfefferminz,
Wir sogen and er Wasserpfeife
Und rauchten Haschisch in der Riefe
Und wussten uns geschickt zu vögeln
Nach allen Kamasutra-Regeln,
Ich war die Huri ihm von Eden
Und er der Enkel des Propheten.
Er sagte: O mein Skorpion,
Ich will von dir noch einen Sohn.
Ich aber träumte einen Traum,
Ich sah uns zwei im Weltenraum
Wie erste Morgensterne schweben,
Als Gott erschuf der Welt das Leben.
Allah nahm in die Hand das Glied,
Das Glied stand aufrecht im Zenit,
Und in der Rechten von Allah
Zwei Samentropfen glänzten da,
Der eine Tropfen Hassan war,
Der andre Layla offenbar.
Von Ewigkeit für mich geschaffen,
Geschaffen noch vor Menschenaffen,
Ist unser mystischer Verein
Zweieinigkeit des Einig-Ein.
Ich bin das Yin, bin scheu und bänglich,
Ich bin das Yin und bin empfänglich,
Er ist das Yang voll Überschwang,
Der Potentat, er ist das Yang.
Ich bin empfänglich und kann schweigen,
Er ist der Schöpfer, er kann zeugen.
Er ist Potenz allmächtig groß,
Geist, zeugend in der Schönheit Schoß.
Er ist Allah im Gottesstaat,
Ich bin die göttliche Allath!
Ich möchte Hassan wiedersehen!
Julie, du mögest ihn verschmähen!
Will er an deinen Lebensborn,
Stoß ihn zurück in heißem Zorn!
Will er begatten deine Scham,
Verwehr es meinem Bräutigam,
Du sollst dich meinem Mann nicht gatten,
Sonst schick ich dich ins Reich der Schatten,
Da kannst du dann mit Helena
Und Dido und Kleopatra
Die Haare färben dir mit Henna
Und Zähne knirschen in Gehenna!

Julie ist kühl und keusch wie Schnee,
Ist scheu und schüchtern wie ein Reh,
Sie weiß nichts von der Leidenschaft,
Von der Erotik Lebenskraft,
Ihr Körper ist wie Eiskristall,
Kein sinnlich-schwüler Überschwall
Ihr lodert durch erhitzte Glieder,
Nicht Brüste quellen aus dem Mieder,
Sie weiß nichts von der Wollust Wonnen,
Sie ist wie nordische Madonnen
Der Tugend Inbegriff und keusch,
Asexuell ihr Mädchenfleisch.
Doch lässt sie Hassan nicht als Mann
An ihren Mädchenleib heran,
Verweigert eheliche Pflichten,
Dann wird sie der Tyrann vernichten,
Mit allen, die an Gott nicht glaubten,
Wird er sie mit dem Schwert enthaupten.
Der Marterzeugin Julia
Verwandt ist doch Julie, und ja,
Der Herr ist ihres Lebens Sinn
Und früher Tod ist nur Gewinn!
O dürfte sie im Reich der Schatten,
Dem Jenseitsfürsten bald sich gatten
Und weiden auf der Lilienwiese
Mit Gottes Lamm im Paradiese,
Wo Engelknaben sie bewirten,
Die Nymphe bei dem Guten Hirten,
Und wo in ewgen Morgenröten
Sie darf die Jubelflöte flöten
Und ihres Heilands Pfahl erheben,
Der er sich ganz ihr hingegeben!

Julie ist tot! Sie ist gestorben!
Der ganze Harem ist verdorben.
Julie ist jetzt bei Gott im Himmel
Und all das weibliche Gewimmel
Zerstreute sich auf Mutter Erde,
Die Mutterschafe dieser Herde
Und auch die Lämmlein und die Schäfchen,
Vertrieben ist aus Eden Evchen,
Das Frauenhaus ist jetzt nur Trümmer,
Die Raben krächzen immer schlimmer,
Es krächzen auf den Trümmern Krähen,
Die Eulen sind des nachts zu sehen,
In dieses Harems Trümmern wohnen
Die dichtbehaarten Bocksdämonen
Und laden Sattyr-Teufel ein
Zum vom Koran verbotnen Wein
Und in dem öden Tränentale
Den Mond anheulen die Schakale,
Die wilden Wüstenhunde bellen,
Die Wölfe heulen zu dem hellen
Und hohen Mond, zur Göttin Luna.
So launisch ist die Frau Fortuna,
Heut noch ein Ideal des Glücks
Und morgen Schatten an dem Styx!
Das Nachtgespenst geht nun zur Ruh,
Frau Lilith schließt die Pforte zu.

Der König Hassan in der Öde,
Schwachsinnig ward, wahnsinnig, blöde.
Fortan in religiösen Kriegen
Half er dem Sensemann zu siegen
Und in dem wirren Weltgewirre
Er lallte nur noch närrisch, irre,
Hielt sich für einen weisen Mann,
Doch stand er in des Wahnsinns Bann,
Des Idioten Arroganz
Vollzog den wüsten Derwischtanz,
Zum Tanzplatz wurden da die Gräber,
Ihm war vergiftet schon die Leber,
Wie man die Säuferleber kennt,
Er baute noch ein Monument,
Granit und Lapislazuli,
Der südfranzösischen Julie.

Auch ich war auf dem Friedhof einst,
Wo du, Lavendel, leise weinst.
Ich sah die Gräber, Monumente,
Vergänglich alle Elemente,
Wir werden ganz zu trocknem Staube.
Und wenn uns lehrte nicht der Glaube
Die Auferstehung aller Toten,
Wenn mächtig blasen Gottes Boten,
Dann bliebe nichts als nacktes Nichts.
Was ist das Nichts? Die Kraft des Lichts
Kann ja nicht ganz zunichte werden.
All das, was lebte auf der Erden,
Wo ist die Seele hin, der Leib,
Ach wo ist hin das schöne Weib?
Ist nun ihr Körper nichts als Kot,
Der Geist allein bei Zebaoth,
Und wird der Herr nach allen Leiden
Mit Fleisch erneut den Geist bekleiden,
Und wird, wie gerne Dichter flüstern,
Der Geistleib jung sein, schön und lüstern?
Wird nach der süßen Sinnlichkeit
Beschert die Über-Sinnlichkeit,
Wo alles Liebe in der Brust,
Wo jeder hat an Liebe Lust
Und alle sich mit Gott vereinen
Und lustvoll Freudentränen weinen?

Und tat ich, als ich dies geschrieben,
Die schöne schwarze Layla lieben,
Tat lieben ich voll Sympathie
Die südfranzösische Julie?
Nein, ich hab keine andre gern
Als dich allein, du Magd des Herrn!
Ich wollte wieder einmal schauen
Maria, Schönste aller Frauen!
Ich betete: O dass ich seh
Madonna, Gottes Ur-Idee!
Ich sah die himmlische Madonne,
Ihr Herz war feurig wie die Sonne,
Wie himmelblaue Heiterkeit
Ihr Ätherleib im lichten Kleid,
Die heilige Urania
Am Herzen trug die Hostia,
Ihr Herz war voller heißer Liebe,
Sie wollte, dass ich dieses schriebe
Vom Füllen einer Eselin,
Auf der ich nicht geritten bin.

Leb wohl, du herrliche Maroc,
Frau Afrikaq mit kurzem Rock!
Ich möchte von der Meeresküste
Von Agadir hinab zur Wüste
Und in dem Wüstensand mich baden
Und mit Kamelen der Nomaden
Und den Gerechten in der Wüste
Ganz einsam leben und die Brüste
Der Allmacht auf den Hügeln saugen
Und unter Gottes Venusaugen
Mich betten auf den Dünenhügeln
Und fliegen fort mit Seelenflügeln
Und schreiben mit der flinken Hand
Die Reime in den Wüstensand
Und schauen, ob in der Oase
Ich an der Quelle der Ekstase
Frau Weisheit schaue in der Glut,
Frau Weisheit ganz von Fleisch und Blut,
Und will mit trocknen Lippen spröde
Dann in der Mitte der Einöde
Den Geist in Gluten reinigen,
Frau Weisheit mich vereinigen
Und lebend schon auf Erden hier
Geöffnet sehn die Himmelstür!

Allmächtig und allweise ist
Und allbarmherzig Jesu Christ!