Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Bhagavad Gita


ERSTER BIS SIEBENTER GESANG

Nachgedichtet von Josef Maria Mayer


ERSTER GESANG


Drithavashta
Was die Meinen taten, sag mir,
Und was die Pandavas, als sie
Auf dem Felde kampfbegierig
Sich versammelt, o Sanyaja.

Sanyaja
Als der König Duryodhana
Der Pandava Krieger schaute,
Da trat er zu seinem Lehrer
Und er sagte diese Worte:

Schau das Heer der Pandu-Söhne,
Lehrer, wie es aufgestellt
Ist von deinem klugen Schüler,
Von dem Sohne des Drupada.

Helden sind es, Bogenschützen,
Stark wie Bhina und Arjuna.
Yuyudauda schau, Vivata
Und Drupada schau, den Krieger.

Drishtatehu, Cehitana
Und den tapfern Fürst der Kashis
Purujit und Kantibohja
Und den starken Fürst der Shibis

Yudhajanu, Ittamanjas
Und den Sprößling der Subhadra
Und die Söhne der Draupadi:
Alle sind sie große Krieger.

Nun vernimm auch, o Brahmane,
Wer die besten sind bei uns,
Wer die Führer meines Heeres,
Diese bring ich dir zur Kenntnis:

Du und Bishma, Karna, Kripa,
Der ein Sieger ist im Kampf,
Ashvattama und Vikarna
Und der Sohn des Somadetta.

Und noch viele andre Helden,
Die für mich ihr Leben geben,
Mit verschiednen Waffen kämpfend,
Allesamt im Kampf erfahren.

Unser Heer, geführt von Bishma,
Reicht nicht aus für einen Sieg.
Jenes Heer, geführt von Bhima,
Das reicht aus für einen Sieg.

Und so mögen alle Krieger
Nun in dem Geschehn des Krieges
Jeder Mann an seiner Seite
Allermeist den Bishma schützen.

Durogodhanas starker Ahnherr
Stimmte in Begeisterung
Lauthals an ein Löwenbrüllen
Und er blies das Muschelhorn.

Drauf erschollen Muscheln, Pauken,
Trommeln, Tamburine, Hörner,
Auf den großen Rossewagen
Bliesen sie die Himmelsmuscheln!

Hrishikesha blies die Muschel
Pancajanya und Arjuna
Blies die Muschel Devadetta,
Bhima blies die Muschel Paundra.

Judishtiva, Sohn der Kunti,
Blies die Anatavigaya,
Nahula blies die Shugosha,
Suhudeva die Manipushpaka.

Auch der Fürst der Kashis blies,
Dieser große Bogenschütze,
Und der Held Shikantu blies
Salayaki und Vivata

Und die Söhne der Draupadi
Und der Sprössling der Subhadra,
Diese bliesen ihre Muscheln,
Jeder Mann auf seine Weise.

Dieser große Lärm der Hörner
Klang im Himmel, klang auf Erden,
Dieser Lärm zerriss die Herzen
Allen Volks von Dritavashtra.

Als nun schaute der Pandava
Mit dem Affen auf der Fahne
Dritarashtras Krieger stehen,
Hob er seinen Pfeil und Bogen.

Und er sprach zu Hrishikasa:
Arjuna:
Zwischen diesen beiden Wagen
Halte meinen Wagen an,
Unerschütterlicher Gott!

Alle Krieger kampfbegierig
Will ich mustern, denn ich will
Wissen doch, mit wem ich kämpfe
In der Arbeit dieses Krieges.

Überschaun will ich die Männer,
Die hier stehn bereit zum Kampf,
Um dem bösen Duryjodha
Sich gefällig zu erweisen.

Sanyaya:
So von Gaudakeshas Worten
Angeredet, Hrishikesha
Hielt den Rossewagen an
Zwischen beiden Kriegerheeren.

Stand vor Bishma, stand vor Drupa,
Stand vor allen Heeresfürsten,
Sagte: Sohn der Pritha, schau
Heut der Kuru Volksversammlung.

Und der Sohn der Pritha schaute
Väter, Lehrer, Mütterbrüder,
Brüder, Söhne, Enkelsöhne
Und Genossen und Gefährten,

Schaute Freunde und Verwandte
Stehn in beiden Kriegerheeren.
Als der Sohn der Kunti alle
Die Verwandten sah im Heer,

Da erfüllte ihn Erbarmen
Und er sagte in Bestürzung:
Arjuna:
Wie ich die Verandten, Krishna,
Kampfbereit in Reihen sehe,

So erschlaffen meine Glieder
Und mein Gaumen trocknet aus
Und ich kann nicht grade stehen
Und mein Denken ist verwirrt.

Schlechte Omen nehm ich wahr,
Krishna mit den schönen Haaren,
Und kein Glück seh ich erwachsen,
Wenn ich die Verwandten töte.

Ich verlang nicht nach dem Sieg,
Krishna, nicht nach Herrschaftsfreude.
Was ist Herrschaft, Herzensdieb,
Was Genuss und was das Leben?

Streben wir nach Herrschaftsfreude
Und Genüssen für die Menschen,
Was, wenn diese Menschen stehen
Uns im Kriege gegenüber?

Lehrer, Väter, Söhne, Enkel,
Schwäger, Mutterbrüder, Freunde,
Die Großväter und Verwandten
Und Gefährten und Genossen,

Alle die will ich nicht töten,
Ob sie selbst auch mich ermorden,
Nicht um Herrschaft in den Himmeln,
Auch nicht für die Erdenherrschaft.

Welche Freude kann uns werden,
Wenn wir die Verwandten töten?
Sünden werden an uns kleben,
Wenn wir unsre Feinde töten.

Darum dürfen wir die Leute
Drithavastras nicht ermorden,
Denn sonst werden wir nicht glücklich,
Wenn wir die Verwandten töten.

Wenn auch jene voller Habsucht
Das Verbrechen nicht erkennen
Der Ermordung der Familie
Und die Sünde des Verrates,

Wir doch sollten das verstehen,
Uns von Sünden rein zu halten,
Die wir ein Verbrechen nennen
Die Ermordung der Familie.

Die Vernichtung der Familie
Auch vernichtet alte Bräuche,
Sind die Bräuche erst vernichtet,
Dringt in die Familie Sünde

Und in Folge solcher Sünde
Werden Frauen auch verdorben,
Sind die Frauen erst verdorben,
So vermischen sich die Kasten.

Die Vermischung aber führt
Die Zerstörer der Familie
In die Hölle. Ihren Ahnen
Wird dann auch nicht mehr geopfert.

Durch Vermischung in den Kasten
Und Zerstörung der Familie
Gehn zugrunde alte Bräuche,
Die seit Ewigkeiten gelten.

Menschen kommen in die Hölle,
Die zerstören die Familie,
Die Bedränger aller Menschen,
Dieses haben wir gelernt.

Beinah hätten wir gesündigt,
Als wir aus Begier und Habsucht
Und Verlangen nach der Herrschaft
Die Familie töten wollten.

Wenn bewaffnet die Verwandten
Fänden mich in diesem Kriege
Wehrlos, würden sie mich töten,
Wahrlich, dieses wär mir lieber!

Samyanya:
Darauf setzte sich Arjuna
In den Schoß des Wagens nieder,
Fallen ließ er Pfeil und Bogen,
Kummer, Kummer nur im Herzen!


ZWEITER GESANG


Samyanya:
Zu dem tränenvollen, trüben
Mitleidvollen feuchter Augen
Sprach der Madhutöter Krishna
Voll Erhabenheit die Worte:

Der Erhabene:
Woher dieser zage Kleinmut,
Der dem edlen Mann missfällt
Und verschließt die Tür zum Himmel
Und bringt einen Mann in Schande!

Nicht unmännlich, Sohn der Pritha,
Denn das ziemt sich nicht für dich,
Herzensschwachheit wirf du ab
Und erhebe dich, du Krieger!

Arjuna:
Wie soll ich mit Bishma kämpfen
Und mit Drona, Madhutöter,
In der Schlacht mit Pfeilen kämpfen,
O Verehrungswürdiger?

Besser ist es ja, die Lehrer
Nicht zu töten, von Almosen
In der Welt zu leben. Töt ich,
Isis als fräß ich Menschenfleisch!

Sollen wir denn lieber siegen
Oder uns besiegen lassen?
Nach der Tötung der Verwandten
Wollen wir ja nicht mehr leben!

Ratlos ist mein Herz, o Herr,
Unklar ist mir meine Pflicht.
Zeige mir den bessern Weg,
Du bist Lehrer, ich bin Schüler.

Was vertreibt mir meinen Kummer,
Der vertrocknet meine Sinne?
Was soll mir ein Königreich
Durch das Morden der Familie?

Samyaya:
Darauf sagte Gaudakesha,
Der Bedränger seiner Feinde,
Zu Arjuna vor den Heeren,
Dem Verzagten diese Worte:

Der Erhabene:
Ach du klagst um jene Menschen,
Die nicht zu beklagen sind!
Weise klagen nicht um Tote,
Klagen nicht um Lebende.

Niemals war ich nicht, noch du,
Noch die Fürsten, auch in Zukunft
Werde ich sein, wirst auch du sein,
Werden sein die Fürsten alle.

In dem Leibe hat der Geist
Kindheit, Jugend, Reife, Alter.
Nach dem Tode geht die Seele
Wieder ein in neue Körper.

Doch der Einfluss der Materie,
Frost und Hitze, Schmerz und Freude,
Kommt und geht, ist nicht von Dauer,
O du Sohn des Barata.

Weise ist, wen dieser Einfluß
Der Materie nicht beeinflusst,
Schmerz und Freude sind ihm gleich,
Dieser wird unsterblich sein.

Nichtsein nicht wird existent,
Seiendes wird nicht zu Nichts.
Zwischen Sein und Nichtsein ist
Weisen wohlbekannt die Grenze.

Unvergänglich ist das Wesen,
Das durchdringt das Weltenall.
Dieses Wesens Untergang
Ist unmöglich zu bewirken.

Es vergehen nur die Leiber.
Ewig, unvergänglich ist,
Unermesslich ist der Geist.
Darum kämpfe, o Arjuna!

Mörder ist ja nicht der Geist,
Nicht ermordet wird der Geist.
Wer den Geist nennt einen Mörder
Oder Toten, ist ein Tor.

Ungeboren ist der Geist
Und der Geist ist auch unsterblich.
Ewig uranfänglich ist er,
Stirbt nicht bei des Köpers Tod.

Unvernichtbar, ungeboren,
Unvergänglich ist der Geist.
Sohn der Pritha, wer das weiß,
Welchen Geist klann der dann töten?

Wie ein abgelegtes Kleid,
Neues angezognes Kleid,
Also legt der Geist den Leib ab,
Geht in neue Körper ein.

Waffe nicht verletzt den Geist,
Feuer nicht verbrennt den Geist,
Wasser nicht benetzt den Geist,
Sturmwind trocknet nicht den Geist.

Unverwundbar, unverbrennbar,
Unbenetzbar, nicht zu trocknen,
Ewig und allgegenwärtig
Ist der Geist unwandelbar.

Unveränderlich der Geist,
Auch nicht wahrnehmbar der Geist,
Unergründlich. Wer das weiß,
Trauert nicht um einen Toten.

Denkst du, dass er stets geboren,
Immer wieder sterben werde,
Darfst du doch nicht um ihn trauern,
O du Mann mit starkem Arm.

Den Gebornen ist das Sterben
Sicher, den Gestorbnen ist
Sicher das Geborenwerden.
Traure nicht, es muss so sein.

Denn der Ursprung aller Wesen
Ist nicht wahrnehmbar, allein
Wahrnehmbar ist die Erscheinung,
Unergründlich ist ihr Ende.

Einer preist den Geist als Wunder,
Einer sieht ihn als ein Wunder,
Einer spricht von einem Wunder,
Aber keiner kennt den Geist.

Dieser Geist in jedem Körper
Ist vollkommen unvernichtbar,
Darum sollst du alle Wesen,
Alle Toten nicht beklagen.

Zittre nicht vor deiner Pflicht,
Habe deine Pflicht im Auge.
Nichts ist für den Krieger besser
Als des Kriegs Gerechtigkeit.

Heil dem Krieger, Sohn der Pritha,
Der in einem Kriege kämpft,
Den er selber nicht begonnen,
Diesem öffnet sich der Himmel.

Willst du nicht im Kriege kämpfen,
So versäumst du deine Pflicht,
So verlierst du deinen Ruhm
Und besudelst dich mit Makel.

Und die Menschen in der Nachwelt
Sich erzählen deine Schande.
Doch für einen Mann von Ehre
Nichts ist schlimmer als die Schande.

Feigling nennen dich die Krieger,
Weil du nur aus Angst nicht kämpftest.
Jene, die dich hochgeachtet,
Sehn dich dann verächtlich an.

Viele Worte wird man sagen,
Welche keiner sagen sollte,
Deine Feinde werden spotten.
Was ist schmerzlicher als Spott?

Mag es sein, du wirst getötet,
Schau, dann kommst du in den Himmel.
Mag es sein, du siegst im Krieg,
Dann wirst du ein Fürst auf Erden.

Schmerz und Freude sei dir gleich
Und Gewinne und Verluiste,
Siege oder Niederlagen,
Also rüste dich zum Kampf.

Dies ist die Samkhya-Lehre.
Nun vernimm die Yoga-Lehre
Und befrei dich von den Werken,
O Arjuna, Sohn der Pritha.

Hier gibt’s keinen Untergang
Einmal angefangnen Strebens
Und das Streben nimmt nicht ab.
Yoga schützt in der Gefahr.

Hier ist Ein Gedanke nur,
In Entschlossenheit sich äußernd.
Viel sind die Gedanken jener,
Welche unentschlossen sind.

Der entschlossene Gedanke
Richtet nicht sich auf Versenkung
Jener an Genuss und Macht
Hängenden, die kleben töricht

An der Veden Blumenrede,
Deren Redeblumen Toren
Immerdar im Munde führen,
Redend so: Es gibt nichts andres!

Die besessen von Begierden
Streben nach den Himmelsbetten,
Wollen neugeboren werden,
Um Genüsse zu erlangen.

Veden sprechen von den Gunas,
Von der materiellen Welt.
Diese soll dir nichts bedeuten,
Du sei mutig nur und keusch.

Denk dir einen Sammelteich,
Viele Flüsse in ihn strömend.
Also ist auch der Brahmane,
Der der Veden Weisheit nützt.

Denke immer nur ans Handeln,
Denk nicht an des Handelns Früchte.
Nicht die Früchte führen dich,
Leb auch nicht im Müßiggang.

Tu ergeben deine Werke,
Laß von Sinneslüsten ab,
In Erfolg und Misserfolg
Bleib gleichmütig und ergeben.

Wenig gilt das Handeln nur,
Viel gilt geistige Ergebung.
Suche Schutz in deinem Herzen,
Denk nicht an des Handelns Früchte.

Wessen Herz ergeben ist,
Achtet nicht Verdienst noch Schuld.
Fleißig sei in der Ergebung,
Dann gelingen deine Werke.

Weise mit ergebnem Herzen
Lassen von des Handelns Früchten
Und erlöst von der Geburt
Gehen sie zur Stätte Leidlos.

Ist dein Herz erst überdrüssig
Allen Wirrnissen der Torheit,
Sind gleichgültig dir die Bücher
Religiöser Schriftgelehrter.

Wenn du erst die Tradition
Angeschaut als unbrauchbar,
Bleibe dann in der Versenkung
Und erreiche die Ergebung.

Arjuna:
Wie ist denn der feste Weise
In beharrlicher Vertiefung
Und wie spricht der Mann voll Einsicht
Und wie sitzt er und wie geht er?

Der Erhabene:
Wenn der Mann erst alle Wünsche
Seines Herzens fahren lässt,
In sich selbst befriedigt ist,
Dann ist seine Weisheit fest.

Der in Schmerzen nicht erzittert
Und der nicht verlangt nach Glück,
Frei von Wollust, Angst und Zorn,
Dieser Weise ist voll Einsicht.

Wer begierdelos die Welt schaut,
Ob sie süß ist oder bitter,
Nicht begehrt und nicht verabscheut,
Dessen Weisheit ist gesichert.

Wer die Sinne vom Objekt
Zieht ins Innere zurück
Wie die Schildkröt ihre Glieder,
Dessen Weisheit ist gesichert.

Die Objekte werden schwinden
Für den frommen Mann, der fastet,
Selbst noch der Geschmack der Dinge
Schwindet bei der Schau des Höchsten.

Selbst des einsichtsvollen Menschen
Herz wird mächtig hingerissen
Von den aufgeregten Sinnen,
O Arjuna, Sohn der Kunti.

Darum zügle deine Sinne
Und verharre in Ergebung,
Ganz allein mit Gott beschäftigt,
Weise zügeln ihre Sinne.

Der an die Objekte denkt,
Den verlangts nach den Objekten,
So entsteht in ihm Begierde,
Die Begierde zeugt den Zorn.

Aus dem Zorn entspringt die Torheit,
Aus der Torheit die Verwirrung.
So geht der Verstand verloren
Und die Seele geht zugrunde.

Aber wer sich selbst beherrscht,
Das Objekt begierdelos
Anschaut, und auch ohne Abscheu,
Der gelangt zum innern Frieden.

Friede macht ihn frei von Schmerzen.
Wessen Herz den Frieden fand,
Dessen Herz gelangt zur Einsicht
Und befestigt seine Einsicht.

Nichtergebnen wird nicht Einsicht,
Jenen, die nicht meditieren,
Sie erlangen keine Ruhe,
Ruhelose bleiben glücklos.

Wessen Herz sich immer richtet
Nach den Sinnen, wie sie schweifen,
Jenen reißt es den Verstand fort
Wie ein Schiff im Meeressturm.

Wer zurückzieht seine Sinne
Von den sinnlichen Objekten,
Dessen Weisheit wird im Herzen
Sein von dauerndem Bestand.

Ist es Nacht für alle Wesen,
Wacht der Selbstbeherrschte, Keusche.
Sind am Tag die Wesen wach,
Ist es dunkle Nacht dem Weisen.

Flüsse strömen in das Meer,
Doch das Meer wird nimmer voll.
Jener, der entsagt den Wünschen,
Findet seine Seelenruhe.

Wer entsagt Begierden, Wünschen,
Allem egoistischen Verlangen,
Ohne Selbstsucht lebt, der findet
In der eignen Seele Ruhe.

So ist Brahman, Sohn der Pritha,
Der bewahrt vor aller Torheit.
Ist man in der Todesstunde
Gott nah, geht man ein in Gott!


DRI(TTER GESANG

Arjuna
Wenn die Einsicht höher steht
Als das Werk, o Weltbedränger,
Warum treibst du mich dann an
Zu dem Schreckens-Werk des Krieges?

Mit dem Widerspruch der Worte
Du verwirrst mir den Verstand.
Darum nenne mir das Eine,
Wie ich zu dem Heil gelange.

Der Erhabene
Auf der Erde sind zwei Wege
Zu dem Heil, wie ich schon sagte.
Da ist der Erkenntnis Weg
Und da ist der Weg des Handelns.

Doch wer keine Werke tut,
Ist noch nicht von Werken frei,
Und vollkommen wird man nicht
Durch die Flucht aus dieser Welt.

Auch nicht einen Augenblick
Ist ein Mensch von Werken frei
Und die materielle Welt
Treibt den Menschen stets zu Werken.

Wer im Zaum hält seine Sinne,
Aber immerfort im Innern
Denkt ans sinnliche Objekt,
Diesen nenn ich einen Heuchler.

Wer die Sinne aber zügelt
Durch den innern Sinn, Arjuna,
Werke tut, Erfolg nicht achtet,
Dieser Mensch ragt hoch empor.

Tu du Werke, die notwenidg,
Taten besser sind als Muße.
Deinen Körper zu erhalten
Mußt du ja auch Werke tun.

Diese Welt zusammenhalten
Doch die Werke. Darum tu du
Deine Werke, Sohn der Kunti,
Aber häng nicht an der Welt.

Als der Schöpfer schuf die Schöpfung
Und das Opfer, sprach der Schöpfer:
Pflanzt euch fort in dieser Schöpfung,
Eure Unschuld sei das Opfer.

Freut die Götter doch das Opfer,
Daß euch dann die Götter segnen.
Macht ihr Göttern eine Freude,
Werdet ihr das Heil erreichen.

Götter spenden euch Genüsse,
Wenn ihr ihnen bringt das Opfer.
Wer der Götter Gaben nimmt,
Doch nicht opfert, ist ein Dieb.

Jene, die vom Opfer essen,
Werden frei von ihren Sünden.
Böse bleiben schuldbeladen,
Die nur für sich selber kochen.

Aus der Nahrung werden Wesen,
Aus dem Regen wird die Nahrung,
Aus dem Opfer kommt der Regen,
Aus den Werken kommt das Opfer.

Dieses Werk hat seinen Ursprung
In dem Brahman und das Brahman
Kommt vom Unvergänglichen,
Brahman ewig ist im Opfer.

Wer das Weltrad auf der Erde
Faul nicht weiterdrehen will
Und nur denkt an Sinnenlust,
Lebt umsonst, o Sohn der Pritha.

Wer sich freut am Wahren Selbst,
Dem sein Wahres Selbst genug ist,
Mit dem Wahren Selbst zufrieden,
Der braucht ja nichts mehr zu tun.

Dieser Mensch ist unbeteiligt
An den Taten auf der Erde,
Unabhängig ist sein Denken
Ganz von allen Lebewesen.

Ohne auf Erfolg zu schauen,
Tu die Werke, die du tun sollst.
Denn der Mann, der seine Pflicht tut,
Der erreicht das höchste Ziel.

Durch die Werke kam der weise
Janka zur Vollkommenheit.
Halt die Erde nur in Ordnung
Durch dein Handeln, deine Werke,

Was ein weiser König tut,
Das tun auch die andern Menschen,
Wonach sich der Weise richtet,
Dem folgt nach die ganze Welt.

Nichts gibt’s in den Welten allen,
Was ich noch vollbringen müsste,
Alles hab ich schon vollbracht,
Dennoch tu ich immer Werke.

Wäre ich nicht unermüdlich
Schaffend tätig, Sohn der Pritha,
Wäre ich ein schlechtes Vorbild
Und die Menschen gingen müßig.

Welten gingen ja zugrunde,
Wäre ich nicht schaffend tätig,
Ursach wäre ich des Chaos,
Würde schaden den Geschöpfen.

Toren kleben an den Werken,
Weise aber tun die Werke,
Ohne auf Erfolg zu achten,
Um die Ordnung zu erhalten.

Doch der Weise störe nicht
Die Unwissenden, die handeln,
Die stets denken an Erfolg,
Gott ergeben bleibt der Weise.

Die Materie tut die Werke,
Jener, dessen Geist verblendet,
Denkt: Ich selber bin der Täter,
Werke tut mein Wahres Selbst.

Aber wer die Wahrheit kennt,
Daß Materie nicht dem Geist gleicht,
Weiß, dass die Materie wirkt,
Klebt nicht an der Sinnenwelt.

Die betört von der Materie,
Hängen an den Leidenschaften.
Diese Toren nicht verwirre,
Der die Wahrheit weiß, der Weise.

Alle Werke tu für Gott,
Denke an dein Wahres Selbst,
Nichts erwarte du, sei selbstlos,
Also kämpfe unbeschwert.

Die, die meiner Lehre folgen,
Immer gläubig, ohne Murren,
In Beständigkeit des Glaubens,
Die erlösen sich durch Werke.

Doch die Unverständigen
Murren über meine Lehre,
Folgen den Geboten nicht,
Diese Seelen sind verloren.

Jener, der besitzt die Einsicht,
Handelt stets in Harmonie
Mit der eigenen Natur.
Was kann noch die Zucht bewirken?

Jede Seele liebt und hasst
Auf die eigne Weise, aber
Laß dich davon nicht beherrschen,
Feindlich sind die Leidenschaften.

Besser schlecht die eigne Pflicht tun
Als die Pflicht tun eines andern.
Tu die eigne Pflicht und stirb!
Nicht erfüll die Pflicht der Andern.

Arjuna
Warum tut der Mensch de4nn Böses,
Was treibt Menschen an zum Bösen
Gegen ihren eignen Willen,
Ohne dass sie einer zwingt?

Der Erhabene
Das ist Wut, das ist Begierde,
Stammend aus den Leidenschaften.
Das ist unheilvolle Wut
Und gefräßige Begierde.

Wie der Rauch verhüllt das Feuer,
Wie der Schmutz befleckt den Spiegel,
Schoß verbirgt die Leibesfrucht,
Zorn verdunkelt die Erkenntnis.

Die Erkenntnis wird verdunkelt
Von gefräßiger Begierde,
Sohn der Kunti, die Begierde
Ist ein Feuer unersättlich.

In den Sinnen, im Verstand
Sitzen diese Leidenschaften.
So verblenden Zorn und Wollust
Geister, die erkennen wollen.

Darum zügle deine Sinne
Und beherrsch die Leidenschaften
Und entsage jenem Bösen,
Der Erkenntnis will verhindern.

Hoch erhaben sind die Sinne,
Höher ist der innre Sinn,
Höher noch ist die Vernunft,
Über allem steht der Geist,

Geist, der höher als Vernunft,
Du erkenne diesen Geist,
Richt dich selber auf durch ihn
Und vernichte die Begierde.


VIERTER GESANG

Der Erhabene
Diese Lehre der Ergebung
Hab ich Vivasvat verkündigt,
Jener tat sie Manu kund,
Der gab sie Ishvaku mit.

So die königlichen Weisen
Lernten durch die Tradition.
Mit der Zeit ging sie verloren,
Diese Lehre der Ergebung.

Aber diese alte Lehre
Hab ich heute dir verkündigt,
Denn du liebst mich, bist mein Freund,
Das ist das Geheimnis, Lieber.

Arjuna
Später bist du doch geboren
Als geboren Vivasvat,
Wie, dass du zuerst verkündigt
Diese Lehre der Ergebung?

Der Erhabene
Freund, wie oft bin ich geboren
Und wie oft bist du geboren,
Ich kenn alle die Geburten,
Doch du kennst nicht die Geburten.

Ungeboren, unvergänglich
Bin ich, König der Geschöpfe,
Werde immer neu geboren
Durch das Wunder meiner Kraft.

Ist das Recht im Untergang,
O du Sohn des Barata,
Nimmt das Unrecht zu auf Erden,
Dann erschaffe ich mich selber.

Zu dem Schutze aller Guten,
Zur Vernichtung alles Bösen,
Aufzurichten neu das Recht
Werde wieder ich geboren.

Wer mein göttliches Entstehen
Und mein Werk in Wahrheit kennt,
Stirbt er, wird nicht neu geboren,
Sondern kommt zu mir, Arjuna.

Frei von Zorn, Angst und Verlangen,
Mir vertrauend, mich bewahrend,
Durch Askese der Erkenntnis
Sind sie in mich eingegangen.

Wie die Menschen zu mir kommen,
Also will ich sie belohnen.
Und auf allen frommen Wegen
Folgen sie dem einen Gott.

Den Erfolg der Werke wünschend,
Opfern sie auf Erden Göttern.
Schnell tritt in der Menschenwelt
Der Erfolg der Werke ein.

Ich erschuf der Kasten Ordnung,
Dies entspricht der Erdenordnung.
Dennoch handle ich nicht selber
Und bin unveränderlich.

Mich beflecken nicht die Werke,
Ich verlange nicht Erfolg.
Wer mich so erkennt, der wird
Nicht gebunden durch die Werke.

So die Alten taten Taten,
Die ja die Erlösung suchten.
Wie die Alten tu du Werke,
Ohne auf Erfolg zu achten.

Was ist Werk und was ist Muße?
Drüber grübelten die Weisen.
Drum erklär ich dir die Werke,
Daß Erkenntnis dich befreit.

Wisse von dem rechten Tun
Und von den verbotnen Taten,
Wer das weiß, ist einsichtsvoll,
Handelt in Ergebung nur.

Wessen Unternehmung frei ist
Von Begierden und von Wünschen,
Rein durchs Feuer der Erkenntnis,
Diesen nennen wir den Weisen.

Streben nach Erfolg der Werke
Lässt er fahren, ist zufrieden,
Unabhängig. Er tut nichts,
Selbst wenn er die Taten tut.

Nichts erwartet er. Sein Denken
Und sein Selbst hält er im Zaum,
Lässt Besitz, bleibt frei von Sünde,
Tut nur, um den Leib zu pflegen.

Was von selbst sich bietet, reicht ihm,
Unberührt von Widersprüchen,
Ohne Missgunst, stets sich gleich,
Ist er frei, auch wenn er handelt.

Wer nicht an der Welt mehr hängt,
Mit dem Denken sucht nur Wahrheit,
Wer sich stets dem Opfer widmet,
Dessen Werk löst ganz sich auf.

Brahman ist das Opferbringen,
Brahman ist die Opfergabe,
Eingehn wird in Brahman, der
Sich versenkt ins Brahman-Opfer.

Die den Riten nur ergeben,
Bringen Opfer dar den Göttern.
Weise bringen mit dem Opfer
Selbst sich dar in Heiligkeit.

Die asketisch einsam sind,
Diese opfern ihre Sinne.
Die im Weltbetrieb voll Zucht sind,
Hängen nicht an Sinnlichkeiten.

Andre opfern ihren Atem
In den Gluten der Versenkung,
Sie beschränken all ihr Denken
Auf das Wahre Selbst im Innern.

Andere Asketen opfern
Weltlichen Besitz zur Buße,
Leben in Vertiefung, beten
Und studieren die Erkenntnis.

Andre lernen einzuatmen
Und sie lernen auszuatmen
Und sie opfern ihren Atem,
Meditieren mit dem Atem.

Andre opfern, wenn sie fasten,
Bringen dar die Lebensgeister.
Diese alle, opferkundig,
Sie vermindern ihre Sünden.

Die genießen Opfer-Nektar,
Diese gehen ein in Brahman.
Aber wer kein Opfer bringt,
Kommt nicht in die Anderswelt.

Viel verschiedne Opfer werden
Dargebracht dem Mund des Brahman.
Alle kommen aus den Werken.
Dich erlöse die Erkenntnis.

Besser als des Reichtums Opfer
Ist des eignen Denkens Opfer.
Alle Werke sich vollenden
Ganz vollkommen in Erkenntnis.

Lern durch ehrfurchtsvolles Fragen,
Diene du den Wissenden,
Dann belehren dich die Weisen
In Erkenntnissen der Wahrheit.

Du gerätst nicht in Verwirrung,
Wenn Erkenntnis du gewonnen,
Daß du alle Wesen schaust
In dir selber und in mir.

Wärst du auch der schlimmste Sünder,
Mit dem Boote der Erkenntnis
Kommst du übers Sündenmeer,
Durch Erkenntnis wirst du sündlos.

So das Feuer wird verbrennen
Alles trockne Holz zu Asche,
So auch der Erkenntnis Glut
Alles Weh verbrennt zu Asche.

Es gibt keine Läuterung
In der Welt wie die Erkenntnis.
Diese Läuterungserkenntnis
Findet in sich der Ergebne.

Nur der Gläubige gewinnt
Die Erkenntnis, sie nur suchend.
Wenn er seine Sinne zügelt,
Dann gelangt er in die Ruhe.

Nichterkennende und Zweifler,
Glaubenslose gehn zugrunde.
Diese Welt nicht, noch das Jenseits,
Noch das Glück erreicht der Zweifler.

Wer ergeben werklos lebt,
Zweifel durch Erkenntnis tilgt,
Selbstbeherrschung übt in Keuschheit,
Diese fesseln nicht die Werke.

Drum vernichte deine Zweifel,
Die aus Nichterkenntnis kommen,
Mit dem Schwerte der Erkenntnis.
Auf nun, Sohn des Barata!


FÜNFTER GESANG

Arjuna
Alle Werke aufzugeben,
Alle Werke auszuüben,
Beides preisest du, o Krishna,
Nenne mir den bessern Weg.

Der Erhabene
Das Aufgeben aller Werke,
Das Ausüben aller Werke,
Beides führt zum Heil, jedoch
Besser ist das Tun der Werke.

Ein vollkommner Frommer ist,
Der nicht hasst und nicht begehrt,
Über Gegensätzen steht,
Der wird frei von allen Fesseln.

Vom Verlassen aller Werke
Und vom pflichtgemäßen Handeln
Als Verschiednem sprechen Kinder,
Weise preisen beide Wege.

Das Aufgeben aller Werke
Schwer ist ohne rechtes Tun.
Wer sich rechtem Handeln widmet,
Der gelangt sehr bald zum Brahman.

Wer dem Handeln sich ergeben,
Wer sein Wahres Selbst geläutert
Und gezügelt seine Sinne,
Der bleibt rein bei allen Werken.

Der Ergebne kennt die Wahrheit,
Daß er selber gar nicht handelt,
Wenn er sieht, riecht, fühlt, hört, tastet,
Isst und schläft und geht und atmet,

Seine Augen schließt und öffnet,
Wenn er spricht. Vielmehr er denkt,
Daß sich seine Sinne nur
Mit den Dingen geben ab.

Wer jedoch sein Werk vollbringt
Und es nur bezieht auf Brahman,
Lässt vom Hängen an der Welt,
Ist wie Lotosblumen rein.

Leib und innrer Sinn, Verstand,
Sinne, frei vom Egoismus,
Damit tue man die Werke
Zu der Seele Läuterung.

Wer sich um Erfolg nicht kümmert,
Der erlangt die Seelenruhe.
Nichtergebne, die was wünschen,
Fesseln sich durch die Begierde.

Durch den innern Sinn befreit
Von den Werken, wohnt der Geist
Ruhig als der Herr der Stadt
In den körperlichen Pforten.

Nicht die Werke dieser Welt
Bringt der Herr und Geist hervor,
Auch die Früchte nicht der Werke,
Nein, es wirkt nur die Natur.

Weder Sünde noch Verdienst
Nimmt der Geist und Herrscher an.
Von der Torheit ist verhüllt
Die Erkenntnis. Darum irrt man.

Jene, die vertilgt die Torheit
Durch Erkenntnis ihrer selbst,
Denen offenbart Erkenntnis
Sonnengleich das Urprinzip.

Denken sie allein ans Höchste,
Sich hingebend und verschmelzend,
Gehn sie, kehren niemals wieder,
Werden sündlos durch Erkenntnis.

Weise oder Tugendreiche,
Rinder, Elefanten, Hunde,
Männer, fressend Hundefleisch,
Alles dieses ist das gleiche.

Schon auf Erden in dem Himmel
Leben, denen alles gleich ist.
Stets das Gleiche ist das Brahman.
Weise ruhen in dem Brahman.

Liebes mache dich nicht glücklich
Und Feindseligkeit nicht ängstlich.
Unverwirrt und festen Sinnes
Ruhe du nur stets im Brahman.

Häng dein Herz nicht an das Äußre,
Such die Freude in der Seele
Und versenke dich ins Brahman,
So wirst du glückselig werden.

Der Genuss durch die Berührung
In der Welt ist Quell der Schmerzen.
Diese haben Anfang, Ende,
Daran freut sich nicht der Weise.

O die Freiheit, von dem Körper
Schon auf Erden frei zu sein,
Von Begierde und von Zorn,
Dies allein macht Menschen glücklich.

Fromme, die das Glück, die Freude
Und den Lichtglanz der Erkenntnis
In sich tragen, die gelangen
Als Ergebne zu dem Brahman.

In den Brahman aufzugehn
Wird zuletzt nur Sündelosen,
Die sich selbst bezwungen haben,
Wünschen allen Menschen Heil.

Frei von Zorn und von Begierde,
Die Asketen, die sich zügeln,
Die erkannt ihr Wahres Selbst,
Diese sind dem Brahman nahe,

Fern der sinnlichen Berührung,
Auge auf die Nase richtend,
Seinen Atem regulierend,
Einzuatmen, auszuatmen,

Sinne, Denken der Vernunft
Zügelnd, nur Erlösung suchend,
Frei von Wünschen, Angst und Zorn,
Der ist ewiglich erlöst,

Wenn er mich erkennt als Gott,
Der empfängt die Buß, das Opfer,
Herr der Welten, Freund der Wesen,
Der gelangt zu meiner Ruhe.


SECHSTER GESANG

Der Erhabene
Wer sein Werk vollbringt und denkt
Nicht an den Erfolg der Werke,
Der ist weise, nicht der Mann,
Welcher seinen Herd nicht pflegt.

Was Entsagung wird genannt,
Das erkenne du als Yoga.
Niemand wird ein Yogi werden,
Der den Wünschen nicht entsagt.

Der zum Yoga steigt hinan,
Seine Werke sind sein Mittel.
Wer das Yoga schon erreicht,
Dieser steht von Werken ab.

Nicht an sinnlichen Objekten
Klebend und den eignen Werken
Und entsagend allen Wünschen,
So steigt man zum Yoga auf.

Durch das Selbst das Selbst zu stärken
Und das Selbst nicht zu ermorden,
Denn das Selbst ist Freund des Selbstes
Oder ist der Feind des Selbstes.

Ja, das Selbst ist Freund des Selbstes,
Wenn das Selbst das Selbst bezwungen.
Doch das Selbst ist Feind des Selbstes,
Wenn das Selbst sich nicht beherrscht.

Wer sein Selbst bezwungen hat
Und zur Ruhe so gekommen,
Ist gesammelt, Frost und Hitze,
Schmerz und Freude sind ihm gleich.

Yogi nennt man den Ergebnen,
Dessen Selbst befriedigt ist
Durch Erkenntnis und durch Weisheit.
Lehm, Stein, Gold ist ihm das gleiche.

Freunde oder Feinde, Gute
Oder Böse, Hassenswerte
Oder Liebenswerte, alle
Gleich behandelt gut der Fromme.

Yogi, bleibe in Versenkung,
Bleib allein an deinem Ort,
Zügle Herz und Denkorgan,
Wünsche nichts, besitze nichts.

Reinen Ortes setze dich,
Nicht zu hoch und nicht zu tief,
Deinen Sitz bedeck mit Stoff
Oder Lammfell oder Gras.

Lass dich nieder in den Sitz,
Richt den Sinn auf einen Punkt,
Zügle Denkorgan und Sinne,
Läutre selbst dich in Versenkung.

Körper, Kopf und Hals sei stille,
Blicke auf die Nasenspitze,
Rühre dich nicht von der Stelle,
Schaue aus nach keiner Richtung.

Still die Seele, frei von Furcht,
Dem Gelübd der Keuschheit treu,
Nur auf Gott das Denken richtend,
Sei versunken, Gott betrachtend.

Yogi, der Versenkung übt,
Sinn und Herz im Zaume hält,
Der erreicht die Ruhe, schließlich
Die Erlösung in der Gottheit.

Aber nichts ist die Versenkung
Dem, der zuviel isst, noch dem,
Welcher gar nichts isst, und nicht
Zuviel schlafen, zuviel wachen!

Richtig essen, sich erholen,
Tätig sein im rechten Handeln,
Richtig schlafen, richtig wachen,
Dem zuteil wird die Versenkung.

Licht an windgeschütztem Orte
Flackert nicht. So ist der Yogi,
Der sein Denken zügelt und
Übt Versenkung seines Geistes.

Möge stets das Denken ruhen
Durch die Übung der Versenkung,
Schau das Selbst an durch das Selbst
Und erfreue dich am Selbst.

So empfindest du das Glück
Jenseits aller Sinneslüste,
Das nur der Vernunft begreifbar,
Dem, der nicht verfehlt die Wahrheit.

Hast du dieses Glück erreicht,
Schätzt du nichts wie dieses Glück,
Der verwebt in dieses Glück,
Selbst im Schmutz ist der im Frieden.

Losgelöst von der Verbindung
Mit dem Schmerz, bist du versenkt.
Übe mit Entschlossenheit
Guten Mutes die Versenkung.

Die Begierden des Verlangens,
Lasse die Begierden fahren,
Halte deine Schar der Sinne
Durch den innern Sinn im Zaum.

Ganz allmählich komm zur Ruhe,
Halte standhaft fest am Vorsatz,
Richte auf das Selbst den Sinn
Und sonst weiter denke nichts.

Wohin immer auch der Sinn
Unbeständig flattern will,
Halte ihn davon zurück
Und beherrsche ihn mit Macht.

Glück kommt nur zu einem Yogi,
Der zur Ruhe ist gelangt,
Der erreicht ein Glück unendlich
In Vereinigung mit Brahman.

Wer sich der Versenkung weiht,
Eines nur erkennt in Allem,
Sieht sich selbst in allen Wesen,
Alle Wesen in sich selbst.

Wer in allem mich erblickt,
Alles nur in mir erblickt,
Jenen geh ich nicht verloren,
Jene gehn mir nicht verloren.

Der mich liebt als Immanenz,
Der zur Einheit sich bekennt,
Dieser Yogi lebt in mir
Wie er sonst auch immer lebt.

Der lebt weise, der vergleicht
Alles mit sich selbst, in allem
Eines nur erblickt, Arjuna,
Sei es Freude oder Leid.

Arjuna
Wir sind unstet, wie kann da
Einer allzeit sich versenken,
Woher nimmt man diesen Gleichmut
Zu der dauernden Versenkung?

Unstet ist der innre Sinn,
Trotzig, wild und voll Gewalt,
Schwer ist dieser Sinn zu zügeln,
Scher ist es, den Sturm zu zügeln.

Der Erhabene
Das ist zweifellos sehr schwierig,
Aber durch die stete Übung
Und durch Weltverachtung wird
Doch der innre Sinn gezügelt.

Wer sich selbst nicht zügelt, wird
Die Versenkung nicht erreichen,
Wer sich selbst beherrscht und müht,
Kann erreichen die Versenkung.

Arjuna
Ist da einer gläubig zwar,
Doch er müht sich nicht, sein Sinn
Irrt von der Versenkung ab,
Welches Ziel erreicht denn der?

Beider Wege geht verlustig
Und zugrunde geht der Mann,
Der zerrissnen Wolken gleich,
Und er wandelt in der Nacht.

Krishna, meine Zweifel mögest
Du auflösen, denn ein andrer
Sieger über alle Zweifel
Ist da nicht als du allein.

Der Erhabene
Nicht auf Erden, noch im Jenseits
Geht zugrunde jener Mann,
Denn wer Gutes tut im Leben,
Der gerät nicht ins Verderben.

Wer verloren die Versenkung,
Der kommt in die Welt der Frommen,
Wird erneut geboren dann
In dem Hause frommer Leute

Oder wird geboren gar
In ein Haus von weisen Leuten.
Solche Reinkarnation
Ist auf Erden schwer erreichbar.

Er erlangt Besitz an Einsicht,
Wie er sie schon früher hatte
In dem abgelebten Leben
Und er strebt noch mehr nach Einsicht.

Durch des alten Lebens Tugend
Wird vorangetrieben er,
Lernt erkennen die Versenkung,
Kommt er zu dem Unsagbaren.

Doch der Yogi, der sich abmüht,
Sich von seinen Sünden reinigt,
Der erlangt Vollkommenheit
Und gelangt zum höchsten Ziel.

Höher selbst als die Asketen,
Höher als die Philosophen
Steht der Meister der Versenkung,
Darum werde solch ein Meister.

Unter allen Yogis wird
Jener, der mit innerm Sinn
Mich alleine gläubig liebt,
Mir der allerliebste sein.


SIEBENTER GESANG

Der Erhabene
Mit dem Herzen an mir hängend,
In Versenkung mir vertrauend,
So nur wirst du mich erkennen
Ohne Zweifel. Also höre!

Die Erkenntnis und die Weisheit
Schenke ich dir ganz und gar.
Wenn du sie erkannt hast, dann
Ist nichts andres zu erkennen.

Unter tausend Menschen strebt
Einer nach Vollkommenheit.
Unter den Vollkommnen aber
Einer nur schaut mich in Wahrheit.

Erde, Wasser, Luft und Feuer,
Äther, innrer Sinn, Versand,
Ahamkara: Diese acht
Teile bilden meinen Stoff,

Meine niedere Natur.
Meine höhere Natur
Ist die Geistigkeit der Seele,
Die erhält die ganze Welt.

Aus den zwei Naturen stammen
Alle Wesen dieser Welt.
Ich bin Ursprung alles Lebens
Und das Ende dieser Welt.

Nichts ist höher als ich bin,
O du Sammler reicher Schätze,
Auf mich aufgereiht das All ist
Wie des Rosenkranzes Perlen.

Ich bin der Geschmack im Wasser,
Bin das Licht in Mond und Sonne,
Om der Veden, Schall im Äther,
Bin die Manneskraft der Männer.

Ich bin Wohlgeruch der Erde
Und die Weißglut in dem Feuer,
Leben aller Lebewesen
Und die Buße in den Büßern.

Als den ewiglichen Keim
Du erkenn mich aller Wesen,
Ich bin der Verstand der Denker
Und die Würde in den Edlen.

Stärke bin ich in den Starken,
Frei von Leidenschaft, Begierde.
Liebe bin ich in den Wesen,
Liebe, die gemäß der Tugend.

Wisse, dass die Dinge, die
Aus Verwirrung, Lust und Hass,
Stammen alle nur aus mir,
Diese alle sind in mir.

Durch Verwirrung, Lust und Hass
Ist die Welt verblendet und
So erkennt die Welt mich nicht,
Der ich bin der Allerhöchste.

Denn durch meinen Weltenschein
Ist schwer durchzukommen, aber
Die zu mir die Zuflucht nehmen,
Die durchstoßen Mayas Schleier.

Ihre Zuflucht nehmen nicht
Zu der Gottheit Übeltäter,
Toren, denen fehlt Erkenntnis,
Die verblendet von Dämonen.

Mich verehren Tugendhafte:
Der betroffen ist vom Leiden,
Der da trachtet nach Erkenntnis,
Der Erkennende. Arjuna,

Der erkennt, der ist der Größte,
Gott ergeben, Gott verehrend,
Den Erkenntnisreichen lieb ich,
Lieb ist mir der Einsichtsvolle.

Tugendhafte sind zwar edel,
Aber der Erkenntnisreiche
Ist wie meine Seele, der
Wandelt auf dem Weg zu mir.

Nach den Existenzen naht
Der Erkenntnisreiche mir,
Sprechend: Deva ist das All!
Schwer ist solch ein Mann zu finden.

Denen Einsicht ward entrissen
Durch die irdischen Begierden,
Diese nahen andern Göttern,
Tun die religiösen Pflichten.

Wenn ein Frommer gläubig dient
Einer göttlichen Erscheinung,
Ich bins, der den Fro,mmen macht
Unerschütterlich den Glauben.

So erfüllt von seinem Glauben,
Dient er seinem fremden Gott
Und erlangt vom Gotte Gaben,
Ich verleihe diese Gaben.

Doch die einsichtslosen Menschen
Gehen zu den Göttern ein.
Die den wahren Gott verehren,
Gehen ein zu mir alleine.

Ich bin der Nichtwahrnehmbare,
Ich sei wahrnehmbar geworden,
Sagen Narren, die mein höchstes
Ewges Wesen nicht erkennen.

Mich verhüllt der Weltenschein,
Bin nicht jedem offenbar.
Toren nicht erkennen mich,
Ungeboren ewigseiend.

Ich kenn die Vergangenheit
Und ich kenn die Gegenwart,
Kenn die Zukunft. O Arjuna,
Aber kein Geschöpf kennt mich.

Die Verwirrung wird bewirkt
Durch Begierden und durch Hass.
Schon bei der Geburt geraten
Alle Wesen in Verblendung.

Die die guten Werke tun,
Ließen ab von ihren Sünden,
Lieben mich von Herzen ganz,
Sind befreit von der Verwirrung.

Die da im Vertraun auf mich
Suchen von dem Tod Erlösung,
Kennen jenes Brahman, kennen
Gottes Selbst und Gottes Werk.

Die mich wissen eins mit Gott,
Wissen eins mich mit dem Opfer,
Jene in der Todesstunde
Werden mich demütig schauen.