Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

DIE PÄPSTIN ODER MULIER PAPA



Von Josef Maria Mayer


1

Dieses ist die Apotheose
Papst Johannes Pontifex,
Ist ein närrisches Gedicht
Von dem armen Weibe Jutta,
Welche Papst zu Rom gewesen
Und in Roma auf dem Papststuhl
Unkeusch hat ein Kind geboren.
Vor fünfhundert Jahren ward
Dies erzählt in einem Drama.
Und aus Gründen, die ich nenne,
Nämlich wegen Feminismus,
Ward das Thema aufgegriffen.


2

In der femininen Sicht
Ist Frau Jutta Eva ähnlich,
Ward von Luzifer verführt,
Aber nicht von Luzifer,
Sondern von des Teufels Oma,
Lilith, welche Satans Oma.
Darum konnte die Frau Jutta
Wie die Sündenmutter Eva
Auch erlöst nur werden von
Unsrer Lieben Frau Maria.


3

Denn es gab zu jenen Zeiten
Einen sogenannten Papst
Oder besser eine Päpstin,
Die nicht in den Katalogen
Aller Päpste aufgezählt wird,
Weil sie eine Frau gewesen,
Die als Mann sich ausgegeben.
Zwar aufgrund der großen Klugheit
War die Frau zunächst Notar
In der Kurie, aber dann
Kardinal und schließlich Papst.


4

In den Tagen ihrer Jugend
Tat sie Männerkleidung an
Und sie nannte sich Johannes.
Mit der Zeit ward sie gelehrt,
Unterrichtet in den Künsten,
Und sie lernte solche Weisheit,
Daß man ihresgleichen nicht
In Paris und Rom gefunden.


5

Und Johannes war ein Papst
Für drei Jahre und fünf Wochen.
Diese Päpstin war ein Weib
Und war als ein Weib doch Papst.
Denn in ihrer Jugend lief
Sie mit ihrem Buhlen weg
In der Kleidung eines Mannes,
Ging zur Schule wie die Knaben,
Wurde dort so gut gelehrt,
Daß sie dann in Manneskleidern
Auch in Rom zur Schule ging,
Ja, dass sie in Roma selbst
Vorgelesen und gelehrt hat.


6

Der Johannes, das ist sicher,
Dieser Papst war eine Frau,
Die als junges Mädchen schon
Nach Athen gekommen war
Mit dem Buhlen. In Athen
Glänzte sie in Wissenschaften,
Keiner konnt sich mit ihr messen,
Daß sie dann in Rom gelehrt
In Rhetorik und in andern
Disziplinen, viel Magister
Hatte sie als Hörer, Schüler.
Durch ihr Leben und ihr Wissen
Sie erwarb sich großes Ansehn
In der Stadt, so ward einstimmig
Sie zum Papst gewählt, jedoch
Wurde sie als Papst geschwängert
Eines nachts von ihrem Buhlen.


7

Diese Jungfrau kam aus Menz.
Viele sagen, dass ihr Name
Giliberta war gewesen.
Lernend schon im Vaterhause
Vom Studenten, den sie liebte,
Lernte sie Latein und Künste.
Allezeit sich beizuwohnen,
Das entzündet in der Jugend
Ungeordnete Begierde.
Also legte sie die Scham ab
Und die Zucht der reinen Jungfrau,
Ging mit dem Studenten fort
Aus dem Hause ihres Vaters,
Männerkleider tragend und
Einen Männernamen tragend.
In den Kleidern eines Jünglings
Nannte sie Johannes sich.
Der Student hielt sie in England
So als wär auch sie Student
Und da pflegte fleißig sie
Mit dem Buhlen und Studenten
Alle Kunst und Wissenschaft.


8

Als nun ihr Genosse war
Abgegangen mit dem Tod,
Da erkannte sie die eigne
Schicklichkeit zur Wissenschaft
Und zur Süßigkeit der Künste.
Fortan wollte sie mit keinem
Manne weiter unkeusch buhlen.
Aber fleißig übte sie
Tag und Nacht ihr Studium,
Daß sie schon in kurzer Zeit
In den sieben freien Künsten
Und der Bibelwissenschaft
Angesehen ward von allen,
Wunderbarlich hochgeschätzt.


9

Übers Studium der Künste
Noch hinaus erschien ihr Leben
Ehrsam, fromm und heiligmäßig,
Daß sie ward von vielen Männern
Anerkannt als frommer Mann,
So dass, als der fünfte Leo
Alles Fleisches Weg gegangen,
Von der Kardinäle Sammlung
Sie erwählt zum Papste wurde
Und Johannes ward genannt
Als der Achte dieses Namens.


10

Während eines Exorzismus
Sie befragte den Dämonen,
Wann er wolle fahren aus.
Und der Dämon sprach in Versen:
Papa, Vater aller Väter,
Du sollst das Gebären kundtun,
Papst, du sollst ein Kind gebären,
Dann verkünde ich dir auch,
Wann ich aus dem Körper fahre.


11

Nämlich als die Päpstin Papst war,
Ward geschwängert diese Päpstin
Von dem Buhlen, den sie hatte.
Doch des Niederkommens Zeitpunkt
Ahnte nicht der Papst, gebar,
Als sie von Sankt Peters Dom
Sich zum Lateran begab,
In dem engen Gässchen zwischen
Collosseum und der Kirche
Clemens, und nach ihrem Tode
Fand sie dorten auch ihr Grab.


12

Weil der Oberhirt der Kirche
Dieses enge Gässchen meidet,
Nimmt man an, der Papa meidet
Dieses enge Gässchen, weil
Dort die Päpstin niederkam.
Und die Päpstin wird bis heute
Nicht im Katalog genannt,
Weil ihr weibliches Geschlecht
Ward empfunden als ein Makel.


13

Als die Päpstin auf dem Papststuhl
Saß drei Jahre und fünf Monde
Und zwei Tage, trug im Schoße
Sie ein Kind von ihrem Buhlen.
Eines Tages kam das Kind,
Als bei einer Prozession
Von Sankt Peter sie gezogen
Zu der Kirche von Sankt Clemens.
Dorten vor des Münsters Tür
Vor dem Bilde Sankt Mariens
Kam das Kind aus ihrem Schoße.
Gleich sprach Papst Johannes: Ave
Gratiaplena! Mehr gesegnet
Bist du als die andern Weiber!
Da sprach zu dem Papst Maria
Von der heiligen Ikone:
Also soll dein Leib der Unzucht
Maledeit sein unter allen
Weiber dieses Tränentales!
Sünde sollst du nicht mehr treiben!
Und vermaledeit sei auch
Deine Leibesfrucht, der Bastard!
Nach den Worten starb die Päpstin
Und sie wurde dort begraben.


14

Diese Päpstin war so trotzig,
Daß sie sich nicht fürchtete,
Zu besitzen Petri Stuhl,
Dort die Wandlung zu vollziehen
Und das Sakrament zu spenden,
Was doch keiner Frau gewährt ist
Nach der Ordnung Jesu Christi.
Diese Würdigkeit des Papstes
Trug sie manches Jahr, bis Gott
Seiner Kirche sich erbarmte,
Daß die Würdigkeit des Amtes
Werde würdig auch besetzt,
Daß das Volk geweidet werde,
Nicht von einem Weib genarrt
Und geleitet in die Irre.
Darum wollte Gott der Herr
Dieses Amt nicht länger lassen
In den Händen eines Weibes.
Aber durch den Rat des Teufels,
Der ihr damals eingegeben,
Daß sie Päpstin werden wollte,
Durch den Rat des Teufels wurde
Sie gereizt zur Unzucht unkeusch,
Daß ihr alle Zauberkünste
Nicht mehr halfen, Papst zu bleiben,
Nicht vermochten auch, die Hitze
Ihrer Fleischeslust zu löschen,
Bis sie einen Buhlen fand,
Der die Brünstigkeit gedämpft,
Sie begattet auf dem Papstthron,
Daß die Päpstin schwanger wurde.
Jämmerliches Sündenelend!
Langmut und Geduld des Herrn!
Was geschah? Dies eitle Weib,
Die das Kirchenvolk bezaubert
Und getrübt die Menschenaugen,
Selbst mit allen Zauberkünsten
Konnt sie länger nicht verbergen,
Daß sie Weib und schwanger war.
Als sie Messe zelebrierte
Zwischen Kollosseum und
Clemens in dem engen Gässchen,
Da gebar der Papst ein Kind.
Gott der Allgewaltige
Warf sie in die Finsternis.


15

Das ist die Natur der Frau:
Plant ein Werk sie auszuführen,
Ist sie anfangs sehr vermessen,
Übermütig, nahzu tollkühn.
In der Mitte ihres Werkes
Offenbart sie ihre Torheit.
Und am Ende gar verrennt
Sich die Frau in Schändlichkeit.
Also ist es offenbar:
Anfangs ist die Frau vermessen,
Weiter macht sie hurenhaft
Und sie endet in der Schande.


16

Weil der Papst Johannes nun
Hinterließ den schlechten Ruf,
Musste jeder neue Papst
Im Apostelthron des Fischers,
Wenn er in den Thron sich setzte,
Auch beweisen, dass er Mann war.


17

Zu den Zeiten des Johannes
Hatte es im Orte Brixen
Weißes Blut geregnet. In
Frankreich ließen sich gar sehen
Sehr erschreckliche Heuschrecken,
Sechsgeflügelt, mit sechs Füßen
Und mit harten Zähnen, die
Hin und her am Himmel flogen
Und dann allesamt ersoffen
In dem Meere von Britannien.
Später spie das Meer sie aus,
Warf sie ans Gestad von England,
Wo sie böse stinken taten,
Daß die Luft vergiftet wurde,
Viele Menschen da verstarben.


18

Unter allen Päpsten war
Einer unrein. Ob die andern
Alle heiligmäßig waren,
Weiß ich nicht zu sagen, aber
Die Gerechten unter ihnen
Freuen sich an Gottes Freuden.
Einst zu Roma war ein Weib,
Ach, in einem schönen Körper,
Die sich ausgab als ein Mann.
Keiner hielt sie für ein Weib.
Diese ward zum Papst erwählt,
Da sie sie aussah als ein Mensch,
Welcher Gott gefällig wäre.
Aber sie war wandelbar,
Denn sie war ja eine Frau
Nach der Schöpfungsordnung Gottes,
Aber wollte männlich sein,
Darum wurde sie zum Papst.
Was sie alles da getrieben,
Als sie Papst gewesen ist,
Das vermag ich nicht zu sagen.
Eines aber weiß ich wohl:
Als man an ihr festgestellt
Die Natur der Weiblichkeit,
Da verjagte man das Weib
Aus dem Vatikan von Rom,
Denn das wollte keiner leiden
In der Mutter Kirche, was
Dieses Weib im Leib getan.


19

Als sie von der Kurie wurde
Ausgeschlossen, nahm Johannes
Eines Mönches Kutte, lebte
Weiter nun als Büßerin.
Ihre Leibesfrucht, der Sohn,
Bischof ward von Ostia.
Als sie in den letzten Tagen
Kommen sah den Bruder Tod,
Bat sie, dass man sie begrabe,
Wo sie auch entbunden hatte.
Doch das wollte nicht ihr Sohn.
Also ward ihr Leib gebracht
In den Dom von Ostia
Und dort ehrenhaft bestattet.
In der Folge ihrer Tugend
Wirkte Gott an ihrem Grabe
Und bis heute viele Wunder.


20

Doch die Wahrheit von der Frau
Jutta ist, dass sie als Papst
Ward vom Kapellan geschwängert.
Da von der Basilika
Petri sie zum Lateran
Zog in einer Prozession,
Nahe bei dem Kolosseum
Und der Kirche von Sankt Klemens,
Kam sie nieder und entband
Und verstarb an dieser Stelle
Und ward dorten auch begraben.


21

Und sie ward vom Engel Gottes
Vor die Wahl gestellt, ob sie
Wolle ewige Verdammnis
Oder ob vor aller Augen
Öffentlich geoffenbart
Werden sollte ihre Schande.
Doch sie wollte wirklich nicht
In die ewige Verdammnis
Und so wählte sie die Schande.
Nach dem Brauch des Papstes also
Zog sie mit den Kardinälen
Und dem ganzen Gottesvolk
Einen Prozessionsweg, wo
Sie geboren einen Fötus
In der Näh der Klemenskirche
Und dort niedersank und starb.
An der Stelle ihres Todes
Ward ein Denkmal aufgestellt,
Zeigend mit dem Sohn die Mutter.


22

JUTTA:
Ich will nun in Heimlichkeit
Gehn in eines Mannes Kleidern,
O mein Buhle, darum kann ich
Deine Hilfe nicht entbehren,
So erfülle meinen Wunsch.
Wählen werde ich als Namen
Den: Johannes Anglicus.
Also wollen wir uns beide
An die Schule von Paris
Wenden, wollen dorten lernen
Und mit Lehrern disputieren,
An den Künsten uns ergötzen,
Bis wir Ruhm und Ehre finden
Bei den Nahen und den Fernen.


23

DÄMON SPIEGELGLANZ:
Sanfte Jungfrau, hoch zu preisen,
Du bist schön und du bist rein!
Tu, um was ich dich gebeten,
Und ich will dich nicht verraten.
Niemals würde ich dir raten,
Was zu deinem Schaden wäre.


24

SATAN:
Sanfte Jungfrau, schön und lieblich,
Ich verkünde dir die Zukunft.
Werde klug und werde weise!
Ja, ich prophezeie dir:
Großen Ruhm wirst du noch finden!


25

KARDINÄLE:
Der Johannes Anglicus
Lebt in großer Sittenreinheit,
Ist erfüllt von jeder Tugend,
Wie man deutlich sehen kann.


26

DÄMON DER UNVERSÖHNLICHKEIT:
Soll ich fahren aus dem Menschen,
So vernehmt ihr alle heute,
Daß ich ausgetrieben werde
Nicht von diesem Papst Johannes,
Sondern von dem Namen Jesus,
Weil es Gott so haben will.
Dieser Papst Johannes nämlich
Ist ein Weib und trägt ein Kind,
Ist ein Weib und nicht ein Mann.
Darum soll die Päpstin jetzt
Vor dem ganzen Gottesvolke
Auch ertragen ihre Schande.


27

JESUS:
Weil sie sich vermessen hat
Und die weibliche Natur
Und die Fraulichkeit verleugnet
Und gegangen wie ein Mann
Und empfing das Amt des Papstes
Und ist schwanger nun geworden
Mit der Evastöchter Bürde,
Darum muß sie heute sterben.


28

JESUS:
O Maria; o Maria,
O geliebte süße Mutter!
Klagen muß ich dir, o Mutter,
Daß das Weib, das Papst geworden,
Nicht lässt ab von ihrer Bosheit,
Die sie gegen mich begangen.
Und sie will sich nicht bekehren!
Ach dass muß ich klagen, Mutter,
Darum muß ich mich nun wenden
Von der Allbarmherzigkeit
Zur Gerechtigkeit und richten:
Jämmerlich muß sie verscheiden,
Sterben ohne meine Gnade!


29

MARIA:
Nein, mein vielgeliebter Sohn,
Kind, ich bitte dich von Herzen,
Stehe ab von deinem Zorn!
Du hast mich ja auserwählt,
Daß ich deine Mutter bin,
Also lass die arme Seele
Bitte nicht verloren gehen!
Mach ihr einen Weg bekannt,
Daß sie finde deine Gnade.
Spende deine Gnade ihr,
Daß sie nicht zur Hölle muss!


30

JESUS:
Frau, weil du mich für sie bittest
In der Gottesmutterschaft,
Sag ich ihr in dieser Stunde,
Daß sie dich genießen soll!
Fließen lass ich meine Gnade
Heute zu der armen Seele!


31

JESUS
Will sie nun in dieser Welt
Jämmerliche Schmach erleiden
Zur Versühnung aller Sünden,
Will ich ihre Seele retten.
Will sie ihre Schmach nicht dulden,
Wird sie ewig in der Hölle
In dem Höllenfeuer brennen!


32

KARDINÄLE
Was hat das nun zu bedeuten,
Daß es in der Hauptstadt Rom
Hat drei Tage Blut geregnet?
Alle Früchte sind verdorben!
Oh, wir Kardinäle fürchten,
Daß das ist der Zorn des Lammes!
Auch gekommen in die Länder
Ist die große Teuerung!
Auch die Erde bebt sehr heftig,
Wie man in der Welt vernimmt.
Schuld daran, wie wir vermuten,
Ist die Sünde, die begangen
Ward vom Weibe gegen Gott,
Die da unser Papst gewesen.


33

KARDINÄLE
Wir befehlen, einen Papststuhl
Herzustellen, da der neue
Papst betastet werden kann,
Wie es um ihn steht im Sexus,
Ob er Hahn sei oder Henne.


34

LUZIFER:
Schaut nur hin in jenen Garten,
Wie dort geht die schönste Jungfrau!
Jutta ist der Jungfrau Name.
Sie will fort aus England ziehen
Mit dem Schreiber, ihrem Buhlen,
Wählt sich einen neuen Namen,
Daß sie nicht ein Mensch erkenne,
Gehn will sie in Männerkleidern,
Nach des Mannes Art und Weise,
Und als neuen Namen wählt sie
Den: Johannes Anglicus.
Ihr dämonischen Genossen,
Ratet nun dem schönen Weibe,
Daß sie ihren Plan vollbringe,
Möge bald es uns Dämonen
Doch gelingen, dieses Weib
In die Hölle zu verführen
Zu dem Unglück ihrer Seele!


35

STUDENT:
Ja, Geliebte, schönes Weib,
Was du willst, das soll geschehen,
Gerne will ich mit dir reisen
In die Schule von Paris!


36

JUTTA:
Mein Genosse, recht gesprochen!
Ich will nun dein Page werden!
Meine Kleider leg ich ab,
Ohne mich darum zu schämen,
Ziehe Männerkleider an
Und will dann von hinnen scheiden.


37

JUTTA:
Mein Genosse, mein Geliebter!
Sei bereit mit Schnelligkeit!
Laß uns unser Heil besorgen
Und zur Mutter Roma pilgern
Zu des Papstes Audienz
Und zu allen Papst-Genossen.


38

DÄMON DER UNVERSÖHNLICHKEIT:
Soll ich ausgetrieben werden,
Höret alle dies im Raum,
Werde ich nicht ausgetrieben
Durch den femininen Mann,
Sondern durch den Namen Jesus!
Du, die Päpstin wird genannt,
Muß ich heute vor dir weichen,
Wirst du kommen einst zurück
In die Herrschaft der Dämonen,
Zahl ich Lohn dir hundertfach!


39

JUTTA:
Jesus Christus, Herr und Gott,
Denke heut und allezeit,
Wie wir alle Sünder sind,
Aber dass doch dein Erbarmen
Manchen schlechten Mann bekehrte!
Adam pflückte einst die Feige
Der verbotenen Erkenntnis,
Du vergabst ihm, lieber Gott.
Zwar Sankt Peter war dein Freund,
Hat doch dreimal dich verleugnet.
Thomas war ein großer Zweifler,
Dem vergabst du, lieber Gott.
Paulus jagte einst die Christen
Und doch fand er Gottes Gnade.
Magdalena war Hetäre,
Die ergötzt sich nun an dir!


40

LUZIFER:
Hörst du, mein Genosse Satan,
Alles, was je Gott beleidigt?
Heute geht aus ihrem Haus
Jenes Weibsstück Magdalene.
O, ein wunderschönes Weib!
Fleißig dient sie den Dämonen
In der Eitelkeit der Welt.
Laß uns bei ihr bleiben, Satan,
Laß uns sie im Netze fangen,
In der Unzucht goldnem Netze!
Holen wir sie in die Hölle!


41

MAGDALENA:
Nun vernehmt, ihr stolzen Laien,
Wie in dieser Frühlingszeit
Meinen Köper ich lobpreise,
Denn ich bin ein schönes Weib!
Darum will ich tanzen, tanzen,
Lustvoll biegen meinen Leib,
Lüstern Liebeslieder singen!


42

DIABOLOS:
Ja und ja und ja, mein Mädchen,
O mein süßes Fräuleinwunder,
Ja, dein Leib gehört dir selber,
Deinen Körper voller Liebreiz
Sollst du ewiglich vergötzen!


43

DÄMON SPIEGELGLANZ:
Jutta, du, und du, Student,
Dieses rat ich euch als Dämon:
Morgens früh und abends spät
Seid auf euer Spiel bedacht
Und erfüllt euch eure Wünsche
Und so werdet ihr mit Glück
Noch zu großem Ruhme kommen.


44

SATAN:
Lernet Klugheit, lernet Weisheit!
Ja, ich sage euch noch mehr:
Ihr gelangt zu großem Nachruhm!
Seligpreisen werden euch
Frauen kommender Geschlechter!


45

JUTTA:
Ich will meinen Plan vollenden,
Nehm ich nur ein gutes Ende!
Ehre suche ich und Ruhm
Und ich will nicht Schmach und Schande.
Wenn ich dann ins Alter komme,
Daß dann keiner mich verachtet
Und von meiner Schmach erzählt
Und mich keiner nennt gefährlich.


46

MARIA:
O min leev, min leeve kind,
Kind, ik bidde di, min leev,
Dat du wullest geeven mi:
Dor gekommen is een arme
Seel, de dor begehrt und sökt
Din erbarmen, o min leev!


47

MARIA:
O min leev, wat swiegest du?
Antwort diner moder doch!
O min leev, min leeve sünn,
Geev mi de gewalt un macht,
Dat ik kunn de arme seel
In eer dod to gnade bringen!


48

JESUS
O Marie, min leeve moder,
Warum biddest du so sehr
Vor dat aas, dat stinken tut?
Düsse arme seel hett ja
Dine sötigkeit verlaaten!
Dat is mine klage, moder,
Ach dat deit mi ganz versehren,
Dat is wie een dod am krüz!
Hett de arme seel din milde
Eenmal nur gesmackt, din söten,
Güvv ik disse seel min gnade!


49

JESUS:
Leeve moder min, Marie,
Lat din weinen sin, min leev,
Ik geev di de arme seel!