Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Mein Herz



Von Josef Maria Mayer

Mein Herz –
Maria allein!



Liebe Karine,
Ich habe vor drei Tagen den Gesang aufgeschrieben, den ich dir sende, ich dachte, er macht dir vielleicht Freude. Ich habe dich Anna genannt, das passt zu China. Denn da gab es zum Beispiel die Dame Nan, bei der Konfuzius zu Gast war, obwohl seine Jünger ihn deswegen schalten. Da gibt es auch den Volksstamm der Han. Da ist auch Guan Yin, die Göttin der Barmherzigkeit. So kann ich dich mitnehmen nach China. Eben dachte ich: Vielleicht nenne ich dich Mimosenblüte? Ich habe mich in einen Schmetterling in einem Traum verwandelt und taumle so dahin in meiner Traumzeit. Die Menschen sind für mich nur noch Erinnerungen. Immerhin erinnere ich mich gern an dich. Als du das letzte Mal bei mir am Schwanenteich warst, habe ich dir ja zwei Stanzen vorgelesen von unsrer ersten Begegnung. Es sind nun viele Stanzen geworden, ein Buch ist fertig. Ich weiß nicht, ob du so viel lesen magst? Vielleicht schick ich es dir, ja, das wäre anständig. Dies Schreiben hält mich am Leben. Jüngst habe ich geträumt, ich fuhr auf einem Rad in Oldenburg und bin vor Müdigkeit im Schlaf, im Traum vor Müdigkeit eingeschlafen, vor Lebensmüdigkeit. Sonst schreib ich meine Manuskripte ab und stelle sie zu Büchern zusammen. Außerdem lese ich viel über China, denn ich will noch über China schreiben und den jungen David in China inkulturieren. Aber ich weiß nicht, was daraus wird, denn es kommt doch immer anders als geplant. Darum hab ich resigniert, Pläne zu machen. Denn so ist es oft: Ich meine, eine Erkenntnis gewonnen zu haben, die Wahrheit erkannt zu haben, doch nach einiger Zeit erkenne ich es als Täuschung und Selbstbetrug. Dieser Gedanke, dass alle Erkenntnis so ungewiss ist und des Menschen Erkenntnisse nicht von Dauer sind, das ist ein Gedanke, den ich lieber gleich wieder verscheuche, weil er mich zur Verzweiflung treibt. Ich habe wohl daran gedacht, dich in Oldenburg zu besuchen, aber es schien mir, dass ich nicht willkommen wäre oder doch nur Probleme bereite. Es ist doch in der Ulme nicht mehr so wie früher. So bin ich also mehr mit den neugebornen Zicklein befreundet oder ich halte Ausschau nach dem Reiher, der neu an den Schwanenteich gezogen ist, oder ich rede mit den schwarzen Trauerschwänen, die sich fühlen wie ich, sie möchten am liebsten untertauchen. Manchmal fahre ich mit dem Rad an die Nordsee und schaue übers Meer, da sich zehntausend kleine Sonnenlichter spiegeln, auf dem Rückweg scheint mir die Landschaft ein grüner Park von grüner Jade zu sein. Ich habe auch schon Bekanntschaft mit dem jungen Kätzchen des Hauses geschlossen. Aber erinnerst du dich noch, wie du im Berliner Theater die Anna aus dem Osten warst? Das ist dein Name, du bist die Göttin Guan Yin und die Dame Nan des Konfuzius. Als Anna sollst du am Himmel meiner Poesie schimmern. Adieu,
dein Dodo


Liebe Freundin !
« Wir werden wie die Träumenden sein… » So stell ich es mir vor : Wenn ich entschlafen bin, so werde ich ein unendlicher Träumer sein in einem ewigen göttlichen Traum. Das Schönste aus dem Dasein und die Augenblicke des Glücks, sie werden in die Unendlichkeit verlängert. Die Schöne, die ich sah, schön wie tausend Lenze, sie wird dort sein in vollkommener Schönheit, schön wie zehntausend mal zehntausend Lenze, wenn morgens früh der Tau auf der grünen Wiese ist und Sie sich erhebt! Woher hab ich denn die Bilder vom Paradies, wenn nicht von dem, was ich auf Erden sah! Jetzt will ich von dir träumen, jede Linie deines Leibes will ich sehen mit den Augen meines Geistes, von den Lippen bis zu den Schenkeln. Ich rede von Brust zu Brust zu dir, ich rede zu deiner Brust in der Brust! Hier sollte ich beginnen zu schweigen, damit ich nicht zu viel sage. Sonst könnte es mich hinreißen! Aber wohin mit all meinem Seufzen? Und wenn ich nun der Gelbe Strom bin, Huang He, und du bist das Gelbe Meer, Huang Hai, in das ich münde? Du hast gegürtet des Gemütes Lenden! Oh und wir taumeln selig ineinander und wandeln zusammen über ewige Meere! Ich tauche in das Meer der Seligkeit! Du tauchst auf: Weißer als der Schnee und röter als die Rose! Ich wollte wohl vor dir oben sein, denn dann könnte ich sehen, wie du auftauchst – in transparenter Seide... Mich dürstet nach Schönheit und Liebe! Ich bin oft so lebensmüde und möchte sinken in deinen Schoß. Ich dichte, darum bin ich. Ich denke an das Meer des Südens und an den Berg. Alles andere war ja sowieso nur Phantasie. Ach, wenn sich einmal meine aus dem Nichts gezeugte Phantasie verkörpert mit wirklichen weißen Armen!... Da kann ich wohl dankbar sein, weil du mich einmal in die Arme genommen! Wie soll ich auch sonst die Schönheit sehen als in der Schönen vor meinen Augen? Nur ein flüchtiger Seufzerschatte zu sein, ist vielleicht dem Nebel erträglich, aber ich bin als Mensch auf den Fels gestellt. Das I Ging sagt: „Ohne Haut an den Schenkeln fällt das Gehen schwer.“ Hoffentlich magst du meine Gedichte, ich will dir auch nicht allzu viele schreiben. Immer ist es die Kunst der Renaissance, die ich zum Vorbild habe. Aber hast du schon einmal von einer zwiebelfarbenen, geschlitzten, kurzen Tunika gehört? Aber jetzt ist das weiße Blatt vollgeschrieben, und ich will mir noch einen Segen ausdenken für dich: Möge über dir der Phönix seine Flügel breiten und mögest du dich heben in einem seligen Traum mit mir in den Ewigen Frühling! Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass wir uns bald wiedersehen und für immer daure deine Freundschaft! Mir! Dein Dodo


Liebe Karine!
Jetzt schreibe ich dir gleich. Dein Brief ist vor drei Minuten über die Schwelle meiner Tür geschoben worden. Da habe ich mich gefreut. Endlich schreibt mir einmal eine Frau! Da gibt eine Frau mir Antwort! Die ersten Worte, die ich las, waren: „Wir werden uns sicher wiedersehen...“ Da war ich erleichtert. Gestern Nacht hab ich mit Sehnsucht an dich gedacht. Ich möchte wieder einmal eine Frau empfinden. Ich möchte spüren, wie sich glatte Haut anfühlt, ich möchte küssen und umarmen! Das Leben hier ist doch furchtbar lieblos! Ich bin nicht glücklich in der absoluten Einsamkeit. Sonst besuchte mich ein Freund, wir tranken Wein und diskutierten, aber dann blieb er aus. Ich war auch bei einem andern Freund, wir spielten ein Spiel, doch hatte er vor lauter Arbeit keine Zeit. Wenn ich in die Schenke gehe, stehe ich dort wie gar nicht anwesend. Ich wollte ein gebratenes Hühnchen essen, aber die Wirtin schaute durch mich durch als wäre ich unsichtbar. Wo die Menschen sind, da bin ich viel zu lebensmüde, um dorthin zu gehen. Ich kann mich kaum selbst noch tragen. Wenn ich nicht gerade in die Stadt fahre, Brot und Wein zu kaufen und Kinderstimmen zu hören, wenn ich nicht gerade am Schwanenteich spazieren gehe, wo die Trauerschwanin ihrem toten Trauerschwan nachtrauert, dann bin ich in meiner Einsiedelei. Da schreib ich dann meine Verse ab. Ich schreibe gerade über China. Da ist ein Menschensohn im Jahre Null in China geboren, mit zwölf Jahren war er weiser als Konfuzius und Lao Tse, mit dreiunddreißig Jahren ist er freiwillig gestorben und gen Himmel gefahren. Eben fällt mir wieder ein, dass ich dich in meinem Morgentraum gesehen und gestreichelt habe. Ich habe deinen nackten Rücken massiert. Wenn ich dann am Tage von China geschrieben habe, dann trink ich nachts viel Wein und reime betrunken Liebesverse, die meist in Tränen untergehen und sich verzehren vor Sehnsucht. Was deinen Brief betrifft: Ich muß erst einmal im Wörterbuch nachschauen, was „Avancen“ bedeutet. Ich möchte dich gerne wiedersehen, deine Stimme hören und mit dir spazieren gehen. Ich will nicht die toten Menschen treffen, die man manchmal treffen muß und merkt doch, dass sie einen nicht leiden mögen. Ich möchte einfach wieder Kontakt mit dir haben! Mein Herz hängt immer noch an dir! Ich habe ja zwei Zimmer, in einem könntest du dann schlafen. Ich werde dich auch nicht bedrängen, das nehm ich mir ganz fest vor. O Karine, wenn du doch einfach in meiner Nähe wärest, ich deine Schönheit sehen und deine Stimme hören könnte! Sonst komme ich dich eben zu deinem Geburtstag besuchen. Du kannst doch Vertrauen haben, dass ich deine Grenzen respektiere und ich dich schlicht und einfach als Freundin liebe! Wir würden Kaffee zusammen trinken und schreiben, du Altkirchenslawisches und ich Altchinesisches, ich würde mich selbst beherrschen und dir nicht – all meine Gedichte rezitieren! Ich würde dir nur Gedichte vorlesen, wenn du selbst mich ausdrücklich darum bätest!
O Gott! O Kwan Yin über China!
O komm in meine Einsamkeit, Karina!
Ich war mit dir in Berolina und Polen und in La France, vom Atlantischen Ozean bis zum Mittelmeer! Du bist eine chinesische Prinzessin am Hof von Dschingis Khan. Ach ich möchte nur noch einschlafen, ohne wieder aufzuwachen... Hoffentlich sind dir meine Lamentationen nicht zu dunkel. „Die Menschen sind alle so fröhlich, als ginge es zum großen Frühlings-Opferfest – ich allein bin traurig!“ (Lao Tse) Und weil ich so traurig bin, ertragen mich die lustigen Leute nicht. Mein Herz ist wie eine schwarze Wolke. Wollen wir zusammen Pekingente essen? Ich sehne mich danach, gerade mit dir die Pekingente zu essen! Ich werde den Becher leeren bis auf den Grund! Aber wie und wo denn werden wir zusammenkommen und wo ist ein Ort für uns gemeinsam? Du brauchst nur zu kommen! Ich gewähre dir absolute Ruhe! Eben klingelt es an der Tür und ich denke spontan: Sie ist’s! Meine Liebe, sei so lieb und komm ganz schnell!
Dein Dodo


Liebe Karine!Jetzt schreibe ich dir einen Brief zu deinem Geburtstag. Ich will mich zuerst sammeln. Doch ich muß noch vorher Zigarettenpapier kaufen. Eben kam mir eine Frau entgegen, da ging es wie ein Blitz durch mich hindurch, denn ich dachte, das wärest du! So war es auch gestern, als ich mit der Eisenbahn zurückkam, da sah ich am Bahnhof – dich! Aber als ich auf dich zu ging, da warst du es nicht. Zuhause legte ich mich auf mein Lager, um zu schlummern, da hörte ich im Innern meiner Seele deine Stimme, du hast noch weiter mit mir gesprochen. Ich habe inzwischen weiter über meinen chinesischen David geschrieben, er ist jetzt ein Hirte geworden und wandert über die Westgebirge, die sich in die weißen Wolken erheben. Pfirsichbäume stehen dort im grünen Gefilde, Pfirsichbäume mit duftenden Blüten. „Fallenden Blüten gleich ist ihr Gewand...“ Da kam eine Selige zu dem chinesischen Hirten, die hatte Pfirsichwangen und eine Haut so weich wie Entenflaum, sie hielt ihn zärtlich an den Händen. Er war auch bei einem alten Hirten, der lebte in einer Hütte oben im Gebirge. Dann kamen zwölf Feen aus dem Westgebirge von der Königinmutter der Feen, die singen und tanzen, es ist wie im Gefilde der Seligen, wo Freude und Wonne und Jauchzen und Jubel ist, Glückseligkeit und Ewige Liebe: „Die Menschen werden nicht heiraten, sondern wie die Engel sein...“ Ein Engel, oder lieber gesagt, meine Engelin – sie hat eine unendlich liebevolle, weiche, sanfte, warme, süße Stimme, so dass sich mein Herz vollkommen geliebt weiß, wenn ich diese Stimme meiner Engelin höre. Und Sie ist wie Schnee und Glut, wie eine weiße Wolke und eine rote Flamme. Und Sie hat weiße Schwingen, mit denen Sie mich behütet und warm umarmt, die Schwingen sehen aus wie schimmernder Tau auf funkelnden Juwelen auf weißen Flügeln. Ich habe gehört, im Garten Eden, im Paradies gab es keinen Frost und Winter, da war nur ewiger Frühling, immerwährender May! O das ist meine Sehnsucht, mich dürstet danach! Der Gelbe Kaiser Huang Di kam dreitausend Jahre vor Christus, er hatte einen Wagen mit einem Zeiger, der immer gen Osten wies. Im Osten sind doch immerhin die warmen Wasser, aus denen die vollkommene Schönheit auftaucht, gegürtet mit weißem Schaum, die schüttelt das Haupthaar und wandelt auf dem Wasser und kommt zu den Menschen – zu mir! Sie ist die verkörperte Liebe! Umher ist ein Garten von grünen Bäumen mit bunten Blüten, süß duftend, und mit Früchten, köstlich, den Durst vollkommen löschend. So sehne ich mich nach dem China, das nicht von dieser Welt ist. Ich sehne mich so nach dem Zypern, das nicht von dieser Welt ist. Cypria, Cypria! seufzte ich neulich. Ah, mich dürstet so sehr, dass ich mich in ein rauschendes Weltmeer stürzen möchte, in Liebesozeane! Das ist mehr als ein Dürsten, das ist eine Glut in meinen Gebeinen! Ich schmelze wie eine Kerze! Es ist eine Flamme auf dem Blut in meinen Venen! (Moderne Zeit, mir kommt die Napalmbombe in den Sinn mit ihrem unlöschbaren Feuer! Da müsste schon der ganze Pazifische Ozean den Himalaya übersteigen!) Da ist ein Becher, den ich ganz ausleeren muss! Ich will meine Lippen ansetzen an die Lippen des Bechers! Trotz all der Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten – einmal werden alle Wünsche erfüllt! Man muss nur Ausdauer haben, Geduld! Und wenn es sein soll, für eine kurz Zeit betrübt sein... Jetzt, o Gott, jetzt bitte ich dich, dass ich mich erneut aufschwingen kann zu der göttlichen Hoffnung, dass mein tiefstes Verlangen von der Ewigkeit gestillt wird!
Dein Dodo.


Liebe Karine!
Jetzt sitze ich im Irrenhaus! Ich habe mir die Adern aufgeschnitten, da bin ich verblutet. Ich schwebte zwischen Himmel und Erde. Aber ich bin auf der Erde geblieben, Jesus wollte es so. Ich soll leben und blühen wie eine Lilie – jetzt will ich leben und blühen wie eine Lilie. Jetzt wird etwas Neues beginnen, das Neue Leben. Ich will mit Christen die Bibel studieren. Aber vorerst bin ich hier noch eingesperrt, umgeben von Trinkern und Verrückten. Ich habe nur Ausgang, wenn meine Mutter mich kurz besuchen kommt. Sie wollen mir jetzt Pillen geben, um meine Phantasie zu lähmen. Heute las ich in der Bibel: „Ich bin nicht betrunken, sondern bete!“ Ich war ja lange einsam und elend, und so traurig war mir zumute. Den Rest gab mir der höllische Horror, den ich erlitt! Da wusste ich keinen andern Ausweg, als mich selbst hinüberzuschicken über den Jordan. Als ich im Garten meiner Todesangst lag, da sah ich mit geschlossenen Augen die Taube des Heiligen Geistes, dann sah ich Christus am Kreuz, ich sah im offenen Himmel Jesus Christus – ich habe ihn gleich erkannt! Der Geliebte wird mir Alles vergeben! O mein Gott, wie liebe ich Jesus! Ich sah die Mutter Gottes mit dem göttlichen Kind auf den Armen. Sie hatte ein rotes Gewand an und ein Schleier wehte um ihren Kopf. Sie sah so ähnlich aus wie die Sixtinische Madonna. Kannst du mir bitte das Bild der Sixtinische Madonna aus deinem Haus schicken?
Auferstanden von den Toten,
Danke ich dem Herz Marias,
Ihr, im Kleid, im lieberoten,
Mit dem Kinde, dem Messias!
Das wird jetzt meine Ikone sein. Gestern habe ich gedacht, ob ich vielleicht Priester werden soll? Heute habe ich mit einem alten Priester gesprochen, der mir sagte, ich solle weder Priester noch Mönch werden, sondern Dichter Gottes sein. Jetzt denke ich, das beste wäre es, wieder nach Oldenburg zu ziehen, denn da kenne ich dich – und deine Freundin Evi. Aber gleich kommen wieder die Irrenärzte und wollen mir ihre Pillen geben, meine Phantasie zu ersticken. Sie wollen mit einem Schraubenschlüssel meine feine Psyche reparieren. Das Blut sprudelte in Strömen, ich rief immer nur: Jesus – Jesus – Jesus! Ich stand auf, halbtot, da war alles Orange vor mir, wie das Licht des Morgensterns, und Grün war da, wie die seligen Gärten auf dem Morgenstern, und ich sah Jesus aus dem Jordan auftauchen, auferstanden von den Toten – mein Ein und Alles! Darum mache ich das Kreuz.
Alles Liebe, Dodo.


Liebe Karine,
am Anfang sahen die Menschen, dass alles menschliche Leben aus der Mutter kam. Ihnen war der Beitrag des Mannes bei der Zeugung unbekannt... Es gab keine Ehe... Es gab nur eine Sippengemeinschaft mit freier Liebe. Die Sexualität war pure Lust, aber sie war nicht bekannt als Ursprung des Lebens. Erst die neun Monde der Schwangerschaft waren das sichtbare Zeichen des neuen Lebens, das aus dem Schoß der Mutter kam. Das männliche und das weibliche Kind kam von der Mutter allein. Darum war das mütterliche Prinzip am Anfang vorherrschend. Das Männliche-Menschliche und das Weiblich-Menschliche war gleichermaßen Kind der Großen Mutter. Darum stellte man sich die Gottheit, aus der alle Schöpfungen hervorgegangen waren, als Große Mutter vor, die die Welt gebiert. Noch in den ältesten babylonischen Schöpfungsmythen vom Euphrat und Tigris ist die Vorstellung überliefert, dass die Urmutter das Urmaterial der Schöpfung ist. In der Zeit der Jäger und Sammler waren die Männer vom Jagdzauber der Frauenpriesterinnen begleitet. Es sind jagdmagische Szenen in Höhlenmalereien erhalten (Frankreich), welche Priesterinnen mit magisch-beschwörend zum Himmel erhobenen Armen im Kreise jagender Männer abbilden. Die Idee der Großen Mutter oder Großen Göttin ist abgebildet in den ältesten Idolen der Menschheit, die immer Mütter in höchster Fruchtbarkeit zeigen. Die Betonung von Busen und Vulva zeigen sie aber nicht als Sexualobjekte der Männer, sondern als Spenderinnen natürlicher Fruchtbarkeit. Ihr breites Gesäß ist dargestellt wie ein Thron, zeigt zugleich die Schwerkraft, die Verbindung mit der Erde. Diese Große Mutter wird manchmal dargestellt mit abstrakten Ornamenten, was auf ihre auch geistige Bedeutung hinweist. Ihre Augen sind ein Symbol für ihre Herrschaft in der Geisterwelt. Vermutlich wurden die mütterlichen Ahnen im Jenseits kultisch verehrt, in den Ewigen Jagdgründen. Die Verbindung des Anschwellens und Abschwellens der Frau in der Schwangerschaft mit dem Zunehmen und Abnehmen des Mondes war evident. Auch stellte man fest, dass die Periode der Frau mit dem Zyklus der Mondes blutsverwandt war. Somit stand die Frau in einer besonderen natürlich-religiösen Verbindung mit dem Himmel. Die Jagd fand vornehmlich im Mondschein statt, da stand auch die männliche Jägerschaft unter der Vorherrschaft des Mondes (La Lune). Von dem Übergang der reinen Jäger- und Sammlergruppe zur Ackerbaugesellschaft waren wiederum die Frauen die Kulturschöpferinnen. Denn die Sammlerinnen entdeckten zuerst den Ackerbau. Darum stand auch das Getreide in griechisch-römischer Zeit unter der Vorherrschaft der Erdmutter Demeter. Das Brotbacken wurde von den Frauen erfunden, die damit zur Quelle des Lebens und der Nahrung wurden. So heißt auch Eva im biblischen Buche Genesis „Mutter des Lebens, Mutter aller Lebendigen“. Auch das Töpfern wurde von den Frauen erfunden, wie auch die Frauen die Sesshaftigkeit der Sippe begründeten. Der Topf war wie das Haus und die Höhle und die Grotte und der Tempel und das Grab ein Gefäß als Symbol des weiblichen Schoßes. Darum heißt Maria in der Lauretanischen Litanei noch heute „Kelch der Devotion“. Die ersten Tempel waren sozusagen Felshöhlen oder Grotten, gewissermaßen unterirdische Kathedralen, aber alle im Sinne eines Mutterschoßes verstanden. Die Religion war die Empfindung, dass die Natur geistig beseelt ist, dass die Ahnen fortleben, dass die Große Mutter alles ernährt und im Tode in ihren Schoß zurücknimmt. Die Große Mutter war die Himmelskönigin, so heißt sie in den ältesten babylonischen Texten: Mami. Sie war die Erdmutter und sie war die Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit und war die Muttergöttin oder Weise Alte in der Jenseitswelt. Auch das Weben und Spinnen war Erfindung der Frauen, man deutete dies symbolisch als Weben des Lebensfadens, der Lebenslinien, des Schicksals der Menschen. Bei den Römern und bei den Germanen sind die Schicksalsgöttinnen Weberinnen. Dies ist die Bedeutung des Webstuhls im Märchen von Dornröschen. Die Religion war den elementaren Bedürfnissen angepasst und war im Wesentlichen Fruchtbarkeitsmagie, aber auch Beschwörung einer geheimnisvollen Göttlichkeit, die sich offenbarte in der Natur. Es gab kultische Tänze, in Labyrinthen und Spiralen getanzt, die den Zyklus des Mondes symbolisierten. Auch die Schrift ward von den Frauen erfunden. Der letzte Tempel der Großen Göttin Artemis von Ephesos, dargestellt mit neunzehn Brüsten, wurde im fünften Jahrhundert nach Christi Geburt geschlossen. Damals riefen die Epheser: Groß ist die Gottesmutter von Ephesos!
Dein Mariensohn Dodo.


Liebe Karine,
Du wünschtest dir nach all den Versen einmal einen Brief von mir. Heute Nacht ist mir danach, dir einen Brief zu schreiben. Weißt du, Jesus hat einmal gesagt, dass wir wie Kinder werden sollen, damit wir in den Himmel kommen. Ein Prophet hat einmal gesagt: Alle Kinder sind kleine Heilige. So habe ich heute Nacht erkannt, dass dein kleiner Juri mein Lehrer ist. Er hat die Tiere so lieb wie der heilige Franziskus, dem alle Tiere Brüder und Schwestern waren. Und die liebe Sonne ist für Juri auch eine Schwester. Und ich habe noch mehr von Juri gelernt: Als Erwachsener grüble ich über die Weisheit der Weisen und die Erkenntnis Gottes. Wie ist Gott zu denken und welchen Namen kann man Gott geben? Aber mit Juri ist es so: Er sagte einmal „Ameize“ zur Ameise, um mir zu beweisen, dass er das richtige Wort kenne, aber dann sagte er doch lieber wieder „Amma“ zur Ameise. Da empfand ich als sein geistlicher Vater und dachte: Sag nur, wie du willst, ich verstehe dich doch. Ja, mein Liebling, ich habe dich so lieb, ich will jetzt auch „Amma“ zur Ameise sagen. Da verstand ich: Genauso ist Gott Vater zu mir! Gott Vater sagt zu mir: Wenn du mich Mami nennen willst, dann will ich für dich sein wie eine Mutter, die ihren Sohn tröstet, dann will ich barmherzig wie ein Mutterschoß sein. Wichtig ist mir nur, dass du wie ein kleines Kind dich vertrauensvoll in meine Arme wirfst und anbetende Liebe für mich hast! Und weißt du, Karine, Juri weiß doch schon alles von Gott, ohne irgendetwas zu verstehen, denn der Menschenverstand wird Gott nie verstehen. Wenn ich einmal das Ave Maria singe, dann beginnt Juri auch zu singen: Mamamama. Und wenn ich singe: Jesus, dein Name ist süß wie Honig! Dann beginnt Juri auch zu singen: Je-Je-Je-Je. Und dann ist Gott wie eine liebende Mutter um uns und wie eine wärmende Sonne voll von Glück der Liebe. Und wenn ich dann in die Kirche Gottes gehe zum Hochzeitsmahl des Lammes, da wir den Leib Christi empfangen und so Gottes Liebe im Herzen empfangen, dann bring ich dich, Karine, und Juri dem Herrn dar, so dass Jesus, wenn er in mein Herz kommt und mich liebt, er auch dich und deinen Sohn sieht und liebt. Und wenn ich zu euch komme, dann bete ich immer den Rosenkranz, damit Unsre Mutter im Himmel und ihr göttliche Sohn auch dich und deinen Sohn mit ihrer reinen Mutterliebe beschenkt. So also sieht es in meinem Herzen aus. Auf diese Art und Weise liebe ich dich, Karine, und deinen Sohn Juri.
Bis bald!
Dodo.


Liebe Karine!
Heute ist ein kleines Wunder geschehen, eins der zärtlichen Wunder Gottes. Ich dachte gerade, dass ich in letzter Zeit so viele Freunde verloren habe und nun fast allein da stehe, da rief um Mitternacht ein alter Freund an. Und als ich über dieses Zeichen nachdachte, erkannte ich die Treue der wahren Freundschaft. Da dachte ich gleich an dich. Unsre Freundschaft ist die längste und dauerndste, ist eine Freundschaftsliebe, die die Treue Gottes widerspiegelt. Siehe, am Anfang war unsere Beziehung ein ach so süßer Honigmond des Eros. Dann lebten wir wie Brüderchen und Schwesterchen miteinander. Als ich mich zu Christus bekehrte und zur Ehelosigkeit und zur Liebe zur vollkommenen Jungfrau berufen wurde, schienst du mir erst die Verkörperung meines alten Heidentums, darum wandte ich mich von dir ab. In meinem Wahnsinn warst du dann aber Verkörperung meines Lebenswillens, meiner Liebe zum Leben. In der trockenen Zeit der Rekonvaleszenz warst du meine erotische Sehnsucht. Dann zogen du und Evi mich nach Oldenburg. In der Zeit meiner großen und schrecklichen Liebesschmerzen um Evi warst du mir eine treue Freundin und Schwester mütterlichen Trostes. Ich trennte mich eine Zeit von Evi, nicht weil ich sie nicht mehr liebte, sondern weil ich den Schmerz nicht mehr ertrug, da konnten mich allein deine Kinder Juri und Milan trösten. Da warest du in einem Frühling für einen Frühling mein Schatz. Da erkranktest du an deiner tödlichen Krankheit und wurdest dem gekreuzigten Christus gleich. Auf Weisung der Gottesmutter wurde ich für dich zum rechten Arm der Mater Caritas. Wir lebten wie in einer Familie zusammen und ich zog deine Söhne groß. Nun hast du beschlossen, die volle Verantwortung für deine Kinder zu übernehmen. Mir ist es wie bei einem Aufbruch in ein neues Leben. Jetzt will ich mehr als nur ein Nothelfer sein, jetzt will ich unsre Freundschaft wieder erneuern. Ich wende mich jetzt wieder mit ganzer Kraft der Poesie zu. Papst Johannes Paul der Große hat einen Brief an die Künstler geschrieben, darin er von einer besonderen Berufung zur Verherrlichung der göttlichen Schönheit schreibt. Eine Dame der Gemeinde fand mein Gedicht von den Augen der Muttergottes so schön, dass sie den Priester bat, mein Gedicht in der Liturgie vorzutragen. Eine Freundin hat weinen müssen, weil mein Gedicht so schön war. So hat Gott mich ermutigt, mich wieder ganz der Poesie zu widmen. Maria in ihrer Erscheinung von Medjugorje ruft zu immerwährendem Beten auf. So will ich jetzt vor allem ein intensives Leben des Gebets führen und für dich beten und für alle, die die Liebe Gottes im Gebet noch nicht erfahren haben. Jetzt erhebe ich meinen vollen Becher auf die Treue unsrer Freundschaftsliebe!
Dein Dodo.


Liebe Karine!
Ich will dir gern gestehen, dass ich vor wenigen Tagen sehr geweint habe, weil kein Mensch mich liebt. Da dachte ich: Wenn mich doch Karine lieben würde! Aber ach, sie liebt mich auch nicht! Da habe ich sehr geweint, weil du mich nicht liebst! Ich verstehe dich also, wenn du dich in dieser Zeit sehr ungeliebt fühlst. Aber ich will dir den Trost des Wortes Gottes spenden, der auch mich getröstet hat: „Hab keine Angst! Du wirst nicht wieder enttäuscht, du brauchst dich nicht mehr zu schämen. An die Schande deiner Jugendzeit und die Schmach deiner Witwenschaft wirst du bald nicht mehr denken! Dein Schöpfer ist ja dein Gemahl – er heißt der Herr, der Herr der ganzen Welt. Der heilige Gott Israels ist dein Befreier, der Gott, dem die ganze Erde gehört. Jerusalem, du bist wie eine Frau, die von ihrem Mann verlassen wurde und tief bekümmert ist, aber jetzt ruft Er dich zurück. Kann denn jemand seine Jugendgeliebte verstoßen? So spricht der Herr. Für eine kleine Weile hab ich dich verlassen, aber weil ich dich von Herzen liebe, hol ich dich wieder heim. Als der Zorn in mir aufstieg, hab ich mich für einen Augenblick von dir abgewandt. Aber nun will ich dir für immer gut sein! Das sage ich, der Herr, der dich befreit.“ Karine, das ist eben mein persönlicher Trost, dass Gott mein Gemahl ist und mich liebt! Aber ich denke bei diesen Worten auch an dich, denn du bist ja meine Jugendgeliebte, die ich einmal im Zorn verstoßen habe, aber die mir wieder zur treuen Freundin wurde, die ich liebgehabt. Ich habe dich doch herzlich lieb! Aber mein Zorn hat unsre Freundschaft belastet, aber jetzt will ich dir wieder herzlich wohlgesonnen sein und dich von Herzen lieb haben. Ohne dich und ohne die Gewissheit, dass du mich lieb hast, ist es doch sehr einsam und dunkel auf der kalten Erde. Ich schreibe auch Juri und Milan und Simon Liebesbriefe, wie sie mich gebeten haben. Milan will mir auch einen Liebesbrief schreiben!
Alles Liebe!
Dein Dodo.


Liebesbrief an Karine!
Meine Liebe!
Vor fünftausend Jahren waren wir am Mittelmeer im Paradies. Rings waren Weinberge und es flossen Ströme von Milch und Honig. Das Brot wuchs aus der Erde. Die Gewürze dufteten berauschend. Da warest du die Priesterin der Großen Mutter, unserer Göttin der Liebe. Ich war dein Liebesheros und vereinigte mich mit dir, und indem ich mich mit dir vereinigte, vereinigte ich mich mit der Göttin der Liebe und Schönheit. Rings um unser Paradies rauschte das Mittelmeer und das Meer von Atlantis. Wir waren glücklich und lebten in paradiesischen Wonnen! – Dann wurde ich im dritten Jahrtausend nach Christi Geburt geboren und traf dich, als ich ein Mann geworden war. Da warest du die Madonna, die auf den Wolken steht mit dem Jesusbaby im Arm. Da warest du Meine Kleine Gottesmutter. Ich verlobte mich mit der Göttlichen Weisheit, der Hagia Sophia! Und die irdische Ehefrau und Familie war ein Spiegel der himmlischen Braut, der göttlichen Weisheit, die wie eine Mutter und junge Braut den Philosophen liebt. – Schließlich sind wir am Abend unsres Lebens, satt von Leben, eingeschlafen und aufgewacht im himmlischen Paradies! Da rauschten die Meere Gottes. Da tanzten die Himmlischen auf den Weinbergen des Gartens Eden, da floss die Milch der Mutterliebe Gottes und der Honig der süßen Weisheit Gottes. Da tranken wir Wein, der keinen Kopfschmerz verursacht. Da warest du meine Paradiesgeliebte und indem wir uns vereinigten in Einer Einzigen Ewigen Hochzeit, erfüllte sich das Gotteswort, dass die Liebe Alles in Allen sein wird!
Ich küsse dich auf die Stirn...
Dodo.


Lieber Onno!
Ich bin nach Altenburg gezogen und habe Kontakt aufgenommen mit Anna, die ich von früher kenne, und ihrer Freundin Iphigenie, diese beiden schönen und lieben Frauen leben zusammen in einem romantischen Bauernhaus in einem wahrhaft paradiesischen Garten mit einem Apfelbaum in der Mitte. Anna liest dort russische Poesie und ich lese in anglikanischen Märchenepen. Ab und an helfe ich Anna bei einer Nachdichtung eines russischen Gedichts. Iphigenie lässt ihren kleinen Sohn Mark im Grase krabbeln wie einen Marienkäfer. Iphigenie rupft das Unkraut aus den Beeten. Nach meiner langen Einsamkeit auf der Nordsee-Insel fühle ich mich in dieser Gemeinschaft unglaublich wohl. Meistens verabredete ich mich mit Anna, aber heute sagte Iphigenie zu mir: „Ich möchte, dass du auch mich besuchen kommst!“ Ihr Wort ist mir Befehl! Im Übrigen bin ich in meiner Kirchengemeinde zuhause, besonders in der Stunde der Anbetung. Ich habe in der Kirche einen japanischen Christen kennen gelernt, der mit mir über die japanische Kunst spricht. Ich habe begonnen, Haikus zu dichten. Lieber Onno, sauf dich nicht voll mit Wein, sondern lass dich mehr vom Heiligen Geist erfüllen! Ich grüße dich in Bruderliebe, dein
Dominik.

Lieber Onno!
Ich schreibe zum zweiten Mal aus Altenburg und berichte von meinem schönen Leben. Ich wurde erfüllt vom Heiligen Geist! Morgens treff ich mich mit dem japanischen Christen zur Anbetung in der Kirche. Mittags speise ich mit Anna in der Universität. Nachmittags trink ich mit Iphigenie Darjeeling vom Himalaya oder grünen Tee aus Oolong. Sie schüttet mir ihr Herz aus. Ihr Mann ist nie zuhause, wenn ich bei ihr bin. Ich habe letzte Woche mit Iphigenie zu Jesus gebetet. Wir gingen spazieren um den Leiersee. Es war ein lieblicher Frühlingstag. Die Weiden, die grünen, grünen Weiden ließen ihre Schleier sinken auf das Wasser. Die Vögel zwitschern so süß. Iphigenie schiebt im Kinderwagen den kleinen Mark durch den Frühling, wir reden über Gott und die Welt, am meisten aber über Gott. Sie glaubt an Gott, wenn auch Gott für sie nicht eine Person ist und sie nicht Du sagt zu Gott. Wir verstehen uns so gut, und sie ist so offen. Ich finde sie von Tag zu Tag schöner. Sie hat solch ein liebliches Lächeln, so schöne weiße Zähne, prachtvoll lange schwarze Haare, immer ein wenig verwirrt oder auch aufgesteckt zu einem bezaubernden Knoten. Ihre Gestalt des Leibes ist wie eine Gitarre. Ihre Brüste zeichnen sich ab und scheinen mir Pfirsichen gleich zu sein. Ich träume von Iphigenie Lenzträume, die mich unruhig machen. Darum habe ich auch folgendes Haiku geschrieben:
Die Nachtigall
Verliebt ist in die Rose,
Es ist die Lenzlust!
Gott segne dich! Dein
Dominik


Lieber Onno
Am vergangenen Sonntag war ich auf einer ökumenischen Kirchenversammlung, da der katholische Priester von der Verbrüderung mit dem Islam sprach, die junge blonde Baptistin sprach: Jesus sagte: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich. Die Baptistin war sehr anmutig. Ich traf sie einige Tage später wieder, sie meinte, meine Schwärmerei für sie sei gewiss vom Teufel. Aber sie singt so schön, ihre Stimme berührt mein Herz. Sie sang das berühmte Lied von Dietrich Bonhoeffer von den guten Mächten. Mehr schreib ich dir nicht, denn du schreibst mir auch nicht. Dein
Dominik


Lieber Dominik!
Nun finde ich endlich einen Augenblick Muße, dir zu schreiben. Hüte dich vor Iphigenie! Dein
Onno


Lieber Onno!
Ich habe zwei bittersüße Monde verlebt! Die Liebe ist eine Flamme Gottes! Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer! Wie schön wäre es, mit einer lieben und schönen Frau die Liebe zu Christus teilen zu können! O du Reh! O du Nachtigall von Galiläa ! O du Psyche Christi! Ah weh, mein Herz tut weh ! Ich tröste mich, indem ich in Zungenrede bete und singe. In der Predigt forderte mich der Herr auf, die Schöpfung dankbar zu genießen. So ging ich mit Iphigenie und ihrem kleinen Kindlein Mark um den Leiersee. Die Sonne glitzerte golden auf den leisen Wellen und in den lebensgrünen Baumkronen. Ich sang für Iphigenie ein Haiku:
Die Sonne küsst
Mit glühendheißen Lippen
Die feuchten Wellen!
Ich schüttete Iphigenie mein Herz aus und erzählte ihr von meinem Liebeskummer. Sie war sehr verständnisvoll. Sie ist sehr sanft. Ihr Gegenwart allein ist mir die Tröstung Gottes. Es grüßt dich mit brennender Sehnsucht, dein
Dominik


Lieber Onno!
Danke für die schönen drei Tage auf der Nordsee-Insel. Nun bin ich wieder in meinem klassischen Altenburg. Ich war mit meinem Japaner und mit Anna und Iphigenie auf einer Feier. Der Japaner und Anna sind bald gegangen. Ich habe mit Iphigenie Sekt getrunken, Becher über Becher vom Schaum des Sekts! Ich trinke den ersten Becher, der zweite Becher trinkt den ersten Becher, der dritte Becher trinkt mich! Sie sah so reizend aus in ihrem schwarzen Röckchen und den schwarzen Netzstrümpfen, mit der Feder-Boa um die bloßen Schultern und den scharlachroten Lippen! Wie Schaum des Sekts! Ich verlor meinen Verstand und begehrte sie zu küssen – wir küssten uns! Wir küssten uns in der dunklen Nacht am Leiersee! Ich suchte sie in meine Wohnung zu locken, aber sie blieb standhaft. Der heilige Paulus sagt: Sauft euch nicht voll Wein, denn das führt zur Zügellosigkeit... Am nächsten Tag entschuldigte ich mich bei ihr. Sie war so süß! Sie war so lieb!... Ach Onno, sie ist eine faszinierende Frau! Grüße sendet dir dein
Dominik


Lieber Onno!
Iphigenie ist entzückend! Wir können uns so tief über den Glauben an Gott unterhalten, sie ist so empfänglich für das Evangelium. Sie sagte: „Es muss schön sein, so wie du an Christus zu glauben!“ Da fängt mein Herz an zu brennen! Ist sie nicht hinreißend? Ich hatte schreckliche Zahnschmerzen und die Zahnoperation war sehr schmerzlich, da betete ich und Gott gab mir Kraft und innere Ruhe. Iphigenie fragte, ob mein Gebet mir geholfen habe? Ich sagte: Ja, Gott hat mir auf mein Gebet hin geholfen! Mit Gottes Gnade konnte ich die Schmerzen tragen. Nun bin ich mit Anna und Iphigenie und ihrem kleinen Mark über den Weihnachtsmarkt spaziert. Das war sehr romantisch. Lichter im Dunkel, Musik vom Christuskind, Tannen und Bienenwachskerzen und eine Laune, in der man alle seine Lieben reich beschenken möchte! O es war so schön, die liebliche Iphigenie mit dem kleinen Kindlein zu sehen, Schnee auf ihren langen schwarzen Wimpern – Madonna! Wie gerne wäre ich bei dieser Madonna ihr heiliger Josef! Als wir dann Weihnachtskekse buken, las ich Iphigenie ein neues Haiku vor:
Geliebte! Lass
Dich überschatten von
Der Kraft des Herrn!
Das ist ein theologisches Haiku, wie es sie vielleicht noch nicht gibt. Ich habe auch erotische Haikus gedichtet, aber ich traue mich noch nicht, ihr diese vorzulesen. Ach Bruder, bitte bete für mich, denn ich bin trotz aller Gemeinschaft abgrundtief einsam!
Dein Dominik


Lieber Onno!
Einen Haiku-Gruß, mein Bruder, zum Neuen Jahr:
Ein Neues Jahr,
Die Hoffnung kehrt mir wieder
Auf Schöne Liebe!


Lieber Dominik!
Ich bin jetzt Briefbote auf der Nordsee-Insel. Bei Wind und Wetter fahre ich von Haus zu Haus und bringe Grüße. Ich kann im Frühling nicht zu dir kommen. Du hast mich ja neugierig gemacht auf deine Kirche. Gibt es denn keine schöne Christin, die du heiraten könntest? Ich wünsche dir für den May, den Wonnemond, einen schönen Urlaub in Bingen! Und sauf dich nicht voll Wein, sondern lass dich vom Heiligen Geist erfüllen! Danach wollen wir beide streben, nicht wahr? Dein
Onno


Lieber Onno!
Ich habe eine Bekanntschaft gemacht: Mirjam, sie will ins Kloster gehen. Sie hat weizenblonde Haare und kornblumenblaue Augen. Du denkst sicher: Entweder eine Frau, die schon einen Mann hat, oder eine Nonne, die als Braut Christi leben will – ja, will mein Freund denn gar nicht heiraten? Das weiß Gott! Wir lasen zusammen in einem Kinderbuch, wo sich der Fuchs die Rose vertraut machen will. Ich will mir auch meine Freundin, die Rose, vertraut machen. Die Novizin ist nun abgereist ins Schwabenland, woher sie stammt. Soll ich sie heiraten, mein Freund? Aber wenn ich eine Ehefrau hätte und immer von Iphigenie träumen müsste...
Ach in der Muschel,
Da liegt die Wunderschönheit
Der liebsten Traumfrau!


Lieber Onno!
Lange haben wir nicht von einander gehört. Du meldest dich aber auch gar nicht mehr! Aber ich weiß, ich allein bin der große Schreiber vor dem Herrn! Die Novizin Mirjam ist nun ins Kloster gegangen. Ich lebe wie ein Apostel und Prediger in der Wüste und künde überall mein Evangelium! Mit einem protestantischen Bruder bereite ich einen Lehrvortrag über die Gnosis vor. In der Kirche trage ich meine Gedichte vor. Ich schreibe viele theologische Haikus:
Freund, musst du leiden,
So sei getrost, getrost,
Gott leidet mit!
Ich verbringe viel Zeit im Gespräch mit Iphigenie. Ich habe ihr gesagt, dass Christus für sie gestorben ist, damit er ihr das ewige Leben schenken kann. Sie möchte gerne glauben, aber sie zweifelt noch. Ich bete, dass sie den geliebten Herrn auch zu lieben beginnt! Dann würde doch ihre Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und vollkommener Annahme ihres Selbst die göttliche Erfüllung finden und ihr Leben wäre erfüllt von einem ewigen Sinn! Aber wer mit Jesus geht, der geht keinen breiten Rosenweg, sondern einen schmalen Dornenpfad! Das hat Gott seinen Kinder nicht versprochen, dass das Leben auf Erden schon ein Gartenparadies ist, denn, wie Madonna einmal sagte: Das Paradies ist im Himmel! Doch tröstet der Heilige Geist auf Erden wie eine liebende Großmutter! Ich brauche sehr viel Trost von Gott, denn ich bin über alles vernünftige Maß in Iphigenie verliebt!
Dein süßes Lächeln,
Bezaubernd und charmant,
Ist Engelsgruß!
Bitte bete für mich, mein Bruder! Dein
Dominik


Lieber Onno!
Mit Anna und Iphigenie und dem kleinen Mark ging ich im dunklen Wald spazieren. Ich trug die Laterne. Da oben, da leuchten die Sterne, hier unten leuchten wir! Es war sehr romantisch. Ich wollte Iphigenies Händchen halten... ihre Taille umarmen... sie küssen... ihr Liebe sagen... Ich stehe in Flammen! Ich brenne und keine Macht kann dieses Feuer löschen! Ich weiß nicht mehr ein noch aus. Der japanische Christ sagte, ich solle Iphigenie nicht mehr besuchen, bis meine Leidenschaft mangels Nahrung erloschen sei. Ich sagte das Iphigenie, sie war sehr traurig und sagte: „Ach ich habe ja schon einmal einen Monat lang auf dich verzichten müssen, als du in Bingen warst!“ Da berührte sie mein Herz mit einer Flamme und der ganze Zunder loderte in hellem Feuer auf! Wir hielten uns an den Händen und umarmten uns – o welche Wonne!
Mein Herz verblutet
Wie Gottes Liebe in
Jerusalem!
Bete für mich zum Gott allen Trostes! Dein
Dominik


Cher Priester !
Verzeihen Sie mir, bitte ! Je ne parle pas francais! Aber ich hätte gerne un portrait von La bienheureuse Evelyne ! Oder einen anderen Andachtsgegenstand, wo möglich eine Reliquie ! La bienheureuse Evelyne ist die Namensheilige (la patronesse) de la femme de mon coeur, und ich möchte beten zur bienheureuse Evelyne mit Hilfe eines Andachtsgegenstandes.
Notre Dame Noir segne Sie!
Votre
Josef Maria Mayer


Verehrter Pater,
Erlauben Sie mir bitte, Sie um einen geistlichen Ratschlag zu ersuchen. Ich durfte vor einigen Jahren überaus kostbare Wegweisungen von Ihnen empfangen, die mich geführt haben auf den Weg der geistlichen Marien-Ehe und Anbetung der Mutterliebe Gottes, schließlich zur Verehrung, Anbetung und Liebe zur Hagia Sophia, bis Sie mich entließen mit dem Segen, die göttliche Weisheit und die göttliche Liebe würden mich fürderhin selbst führen. Ich habe intensiv studiert, was die Theologen, Theosophen, Philosophen und Mystiker der Kirche, des gesamten Christentums und der Mystik anderer Religionen zur Ewigen Weisheit gesagt. Ich habe schließlich die Ewige Weisheit als Braut angenommen und erneuere das Verlöbnis mit Ihr täglich in der Eucharistie. In der Eucharistie begegnet mir die Ewige Weisheit als Mutter, Freundin, Braut und Geliebte, und die Kommunion ist gewissermaßen eine Hochzeit. Ich habe vor Jahren auch den Ruf der Gottesmutter gehört, der Caritas zu dienen. Ich habe mich besonders auch praktisch beschäftigt mit der Mystik der Caritas von Mutter Teresa von Kalkutta, gleichzeitig aber auch studiert den Kult der Mater Caritas bei Hildegard von Bingen, der Verehrung der Frau Liebe oder Frau Minne bei Heinrich Frauenlob. Dann, da ich besondere Hinneigung zur Mystik des Karmel in mir trage, habe ich die mystischen Interpretationen von Teresa von Avila und San Juan de la Cruz zum Hohelied studiert und in der Beschäftigung mit diesen gewissermaßen mystisch-erotischen Passionen (unter großen Liebesschmerzen) ein Bild empfangen von der göttlichen Liebe als einer göttlichen Braut von feuriger Leidenschaft. Am Weihnachtsfest 2009 konnte ich nach einem Tag des Gebetes spüren, wie in dem Augenblick, da ich das Christuskind in der Krippe sah, eine Berührung durch die lebendige Liebesflamme der göttlichen Liebe geschah, ein Entflammen meines Herzens. Gleichzeitig war dieses Angestecktwerden mit der lebendigen Liebesflamme der Beginn einer grausamen Kreuzigung meines Herzens. Ich las Edith Steins Betrachtungen über die Herzverwundung der heiligen Teresa, die nach dem Durchbohrtwerden mit dem feurigen Pfeil eines Seraphs Gott allein liebte. Mir allerdings geschah es, dass ich in dem Augenblick, da ich es empfand, vor dem brennenden Dornbusch zu stehen, gleichzeitig eine unaussprechliche große Liebe spürte für die irdische-sterbliche Frau, die ich seit Jahren (platonisch) liebe. Diese Liebe zu der Frau kann ich gerade noch mit der platonischen Philosophie erklären, dass ich sie so liebe, weil sie übergossen erscheint mit dem Lichtglanz Gottes, weil ich gewissermaßen die Idee dieser Frau sehe und liebe, das strahlende Gottesabbild. Der marianische Titel „Spiegel der göttlichen Schönheit“ scheint mir auch auf die von mir geliebte Frau anwendbar. In mir ist soviel Anbetung zu dieser Frau, wenn ich das so sagen darf, dass ich mir das nicht anders erklären kann, als dass sie gewissermaßen vor mir erscheint als eine andere Inkarnation Gottes, oder wie soll ich sagen, dass sie eine evidente Offenbarung der göttlichen Schönheit ist. Wenn ich über die Frau meditiere, und ich weiß nicht, ob ich über meine Anima meditiere oder über die geliebte Frau oder über die Jungfrau Maria, so erscheint mir, wenn ich das so sagen darf, eine strahlend-schöne Übergottheit der Schönheit, die so blendend schön ist, dass ich mich ganz als ein Nichts empfinde vor dieser allmächtigen Schönheit, dass ich mich ganz vernichte und vollkommen anbete diese göttliche Schönheit. Die platonische Philosophie spricht von der Liebe als Weg zur göttlichen Schönheit, die das Höchste Gut ist, die neuplatonisch-katholische Mystik von Dionysios Areopagita spricht von der vollkommenen ewigschönseienden göttlichen Schönheit, und Papst Benedikt zitiert Papst Johannes Paul, dass für bestimmte Menschen (Künstler) die Schönheit Gottes ein privilegierter Weg zum göttlichen Geheimnis ist. Nun erscheint mir die Schönheit Gottes aber wie eine strahlend-schöne Übergöttin, und die Geliebte, die der Spiegel der göttlichen Schönheit ist, scheint mir das „feminine Antlitz Gottes“ widerzuspiegeln. Ich schreibe Ihnen nun, weil ich Sie um Rat bitten möchte: Habe ich mit der Anbetung der göttlichen Weisheit und der göttlichen Liebe und schließlich der göttlichen Schönheit eine Weise gefunden, die Heiligste Dreifaltigkeit Gottes in mir zu schauen? Ist die Verehrung der göttlichen Schönheit ein gottwohlgefälliger Weg, und welche Formen könnte diese Verehrung annehmen? Wie kann ich die Schönheit Gottes mit den Bezeichnungen Gottes als Vater, Sohn und Hl. Geist zusammendenken? Und gibt es Vorbilder in der Tradition der Mystik, die göttliche Schönheit zu verehren, anzubeten und zu lieben? Und kann ich schließlich zu meiner russischen Ikone der Hagia Sophia von Nowgorod und zu meinem Bild der Hildegard-Vision der Mater Caritas eine dritte Ikone der göttlichen Schönheit finden? Die Hoffnung, die mich in den häufigen Kreuzigungen meines Herzens immer wieder stärkt, ist, in Ewigkeit die göttliche Schönheit zu schauen und die göttliche Liebe zu genießen, ewig befriedigt und ewig schmachtend...
Im Herzen Jesu mit Ihnen verbunden
grüße ich Sie
mit der Bitte um Ihren Segen
Josef Maria Mayer


Vielgeliebteste Evi!
Ich darf dir schreiben, sagtest du. Der Großvater der Zwillinge sagte: „Der Mensch muß leiden, aber der Mensch leidet ja gerne.“ Und: „Das ist ein Mystiker, ein katholischer Mystiker, einer der ganz großen Mystiker der Welt.“ Der kleine Zwilling sagte, auf meinen Schultern sitzend: „Ich bin der himmlische Geist, den du nicht siehst. Ich kenne dich!“ Der große Zwilling sagte: „Jetzt redet Jesus aus mir zu dir: Du bist ein sehr netter Mensch!“ Und Gott sagte zu mir im Gottesdienst: „Ich, der Lebendige, bin dein Gemahl. Wie ein Bräutigam sich an seiner Braut freut, so freut sich dein Gott an dir!“ Aber du, Evi, bist eine strahlend-schöne Göttin, und ich bin ein Wurm! Die Großmutter der Zwillinge sagte: „Evis Bruder ist sehr schön und sehr lieb, da ist es kein Wunder, dass sich eine Frau in ihn verliebt.“ Ich dachte: Ach weh, ist ja auch kein Wunder, denn er ist der Bruder der göttlichen Schönheit, aber ich bin so hässlich wie das hässliche Entlein, wahrlich, wahrlich, ich bin das hässliche Entlein! Liebe ist, wenn man in einem Menschen ein Wunder schaut, dass kein anderer sieht. Ein Philosoph liebte eine Frau, aber unbedingt platonisch, und verehrte sie in einem mystischen Kult. Da erkannte ich, dass ich dich nicht liebe, wie ein Mann eine Frau liebt, sondern dass ich dich religiös verehre.


Liebste Evi!
Dass du mich noch angerufen und gesagt, mein Plan sei gut... Ich betete gerade den Rosenkranz und bat um ein Zeichen... Dein Anruf war das Zeichen. Meine Seele ward gleich ruhig. Ich sagte zu Maria: Maria, Geliebte, du bist meine große Madonna im Himmel und Evi ist meine kleine Madonna auf Erden! Und weil mir nun meine kleine Madonna auf Erden ihren Segen gegeben hat, darum glaube ich, dass auch du, Maria, mir deinen Segen gegeben hast. Siehe, Evi, dann sah ich in einer Tele-Vision das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe, der du so ähnlich siehst. Ich wollte dir auch noch sagen: Ich flehe dich an, verlass mich nicht! Ich bin ja, leider, das hässliche Entlein! Aber du bist so unaussprechlich schön! Aber im Himmel werde ich auch sehr schön sein! Das weiß ich, und das tröstet mich. Alles für die Ewigkeit! (Evigkeit)...
Dein
Bruder Josef


Liebste Evi!
Grüße von der Lieben Mutter! Alles Liebe von deinem Verehrer!
J.


Liebe Frau Evi!
Gott kennt und ruft dich mit Namen! Heute morgen sagte Gott zu mir: Beständig soll Mein Bund mit Levi sein! Da dachte ich, Gott kennt auch mich, wenn er seinen Liebesbund mit mir schließt und mich Levi nennt, denn ich bin Levi, denn in mir ist Evi. Levi heißt ja eigentlich L’Evi! Und wie ist Gottes Name? Ewiger! Ein chinesischer Freund sagte immer: Eviger! Und dein ganzer Name Evelin heißt ja eigentlich Engelin. Und dein Name Evelin ist ein Reimwort auf Elohim, und Elohim heißt verdolmetscht: Unsre Liebe Gottheit! Und Evi heißt auf hebräisch das Leben, und Jesus sagt: Ich bin das Leben. Und Eva heißt: Die Mutter alles Lebens, aller Lebendigen, die Quelle des Lebens. Dein Name, Evi, heißt: Die Quelle des Lebens! Und wer ist die Quelle des Lebens? Gott, der Lebendige! Dein Name, Evi, ist also ein Name Gottes des Schöpfers. Und wenn ich ganz trostlos und verzweifelt bin, dann rufe ich: Eli, Eli, lama asabthani! Eli, Eli, ruf ich, und es hallt das Echo: Evi, Evi! Eli aber, liebe Evi, Eli heißt. Mein Gott! Mein Gott hat dich wenig niedriger gemacht als Gott!


Geliebte!
Was ist Liebe? Liebe ist die Zuneigung meines beseelten Wesens zu deinem beseelten Wesen und der Drang zur Vereinigung mit dir, denn ich will mich mit dir ergänzen und dich durch mich ergänzen. Die hinabsteigende Liebe, Amor descendens, gibt mehr, als sie empfängt, es ist deine Mutterliebe zu deinen Söhnen. Die heraufsteigende Liebe, Amor ascendens, ist die Liebe, die mehr empfängt, als gibt, es ist die Liebe deiner Söhne zu dir, ihrer schönen und lieben Mama. Die Liebe, in der Geben und Nehmen im Gleichgewicht sind, heißt Amor aequilis. Amor Aequilis ist das Grundprinzip unsrer Freundschaft. Die Mutterliebe gibt es auch im Tierreich, bei höheren Tierarten beteiligt sich auch das Männchen an dem Aufziehen der Kinder, ja, bei bestimmten Dinosauriern halfen besonders die Freunde dem Weibchen, die kleinen Dinos großzuziehen. Die Kindesliebe zur Mutter, zur Großmutter nimmt manchmal einen geradezu religiösen Charakter an. Auch ich kenne Kindesliebe, die mir als väterlichem Paten entgegengebracht wird, die den Charakter der Anbetung annimmt. Die geschlechtliche Liebe hat bei niederen animalischen Wesen nur den Charakter eines Werkzeugs zur Fortpflanzung der Gattung. Bei den von dir so geliebten Spinnen (!) wird das Männchen nach der Hochzeitsnacht aufgefressen! So wirst du es auch wohl tun, und deinen Ehemann in der Hochzeitsnacht zu Tode lieben! Die kindliche Liebe aber, die sich auf die seligen Ahnen in frommer Pietät richtet, vollendet sich in der religiösen Ehrfurcht vor dem Vater aller Wesen oder der mütterlichen Vorsehung der Gottheit! Die erotische Liebe aber ist die größte Triebkraft zur Überwindung des Egoismus. Die erotische Liebe des Mannes zu der Frau ist von solcher Heiligkeit, dass sie in der Bibel zum Gleichnis wird für die Beziehung Gottes zu Gottes Volk, die Beziehung Christi zur menschlichen Seele. So sagte Gott zu mir: So wie du deine Evi leidenschaftlich und feurig liebst bist zum Verrücktsein, so liebe ich, dein Gott, dich! Ja, die Weltvollendung, der neue Himmel und die neue Erde, werden in der Apokalypse als himmlische Hochzeit zwischen dem Lamm und Seiner Nymphe dargestellt. Das Lamm ist der Bräutigam Jesus und die Nymphe ist die heilige Jerusalem, die Gemeinschaft aller Erlösten. In der Mutterliebe zu den Kindern herrscht das Mitleid vor. In der kindlichen Liebe zur Mutter herrscht die Ehrfurcht oder Pietät vor. In der Beziehung zwischen Mann und Frau tritt zu Mitleid und Ehrfurcht noch das zarte Schamgefühl. Die geschlechtliche Brunst aber ist die Materie für diese Gefühle der Liebe. Die Liebe war im altertümlichen Heidentum eine religiöse Macht, denn man betete den Phallus und die Vulva der Götter und Göttinnen an. Noch in modernen Zeiten gibt es indische Mystiker-Dichter, die eine tantrische Poesie schaffen als eine heilige Pornographie. Du kennst solch einen Dichter, ich bin es selbst! In der Lehre Christi nimmt die Agape, die selbstlos schenkende Liebe Gottes, den zentralen Platz ein. Der griechische Philosoph Empedokles aber pries die Liebe oder Freundschaft (Philia) als die kosmische Kraft, die das All im Innern zusammenhält, dagegen der zweite Trieb der Streit ist, der Krieg als Vater aller Dinge, der die Elemente von einander scheidet und die Dinge zerstört. Für Platon ist Eros kein Gott, sondern ein heiliges Mittlerwesen, dass die Seele des Menschen die Himmelsleiter der Schönheit hinaufführt zur allerhöchsten Schönheit, der göttlichen Schönheit als dem Höchsten Gut. Die Liebe als allerhöchste Gottheit pries Dante in seiner göttlichen Komödie (Divina) und der Troubadour Unsrer Lieben Frau, Bernhard von Clairvaux, feiert die Liebe Gottes wie ein Minnesänger seine Schöne Dame.
Gruß,
Josef


Geliebte!
Noch einen Brief zum Thema: Was ist Liebe? Erstens: Die Liebe ist das einzige Gegengift gegen den Egoismus. Der Egoismus aber ist der mächtigste Feind Gottes. Schon die Liebe der Mutter zu den Kindern rückt das Zentrum der Person aus dem Ego mit seiner Selbstverkrümmtheit in die geliebten Kinder und überwindet den Egoismus. Aber die erotische Liebe des Mannes zur Frau vernichtet gewissermaßen das Ego und versetzt den Mann ganz in die Frau, ihr Du allein ist jetzt der Inhalt seines Lebens. Er sagt: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Du lebst in mir! Was ist Liebe nicht? Liebe ist nicht Kinderzeugung und nicht bürgerliche Zivilehe. Der Mann, der im Schoß eines Weibes Kinder zeugt, meint unsterblich zu werden durch seine Nachkommen, aber die grüne Mutter Natur schenkt kein ewiges Leben, sondern ewigen Tod. Die bürgerliche Zivilehe ist besser als die Unzucht und schützt die Familie als Keimzelle der Gesellschaft und des Staates, das ist gut, doch das hat nichts mit Unsterblichkeit zu tun. Die Kinder können auch gezeugt werden von Mann und Weib, wenn sie in Hassliebe, Unmut und Widerwillen sich paaren, die Eltern können dennoch die Kinder heiß und innig lieben. Andrerseits kann die Liebe des Dichters zu seiner Muse rein platonisch bleiben und keine Kinder zeugen, dennoch ist es eine wahre Blüte der Kultur der Liebe. So hat Goethe Frau von Stein in zehn Jahren platonischer Liebe nur einmal geküsst. Die epikuräischen Schweine können das natürlich nicht glauben. Aber ich weiß, es ist wahr! Damals hatte Frau von Stein ein Glas Wein zuviel getrunken, es war an einem See, bei Büschen, unterm silbernen Mondlicht, da küsste Frau von Stein den betrunkenen Dichter. Ich weiß es, denn ich bin Amor und stand dabei. Nun denn, das bürgerliche Zusammenleben von physischen Zweiheiten in einer Zivilehe berührt die unsterbliche Flamme der Liebe nicht. Sie ist für die Zeit und nicht für die Ewigkeit. Bis dass der Tod uns scheidet! Höchstens! Wenn uns nicht vorher die Scheidung scheidet! Das also ist die Liebe nicht! Aber was ist Liebe? Das Zusammengehören des Männlichen und des Weiblichen Prinzips vor dem Angesicht Gottes, um die Androgynität der Platonischen Urmenschen herzustellen? Yin und Yang, die zusammen erst das Eine Tao bilden? Was sieht der liebende Mann, wenn er die Frau liebt? Er sieht nicht nur einen schönen Schein, eine Illusion, die Kristallisation seiner inneren Frau als Hexe oder Engel, nein, sondern der wahre Platoniker sieht in mystischer Hellseherei – das gefällt dir gewiß, Geliebte, schaut in mystischer Hellseherei in der Geliebten den göttlichen Funken, das himmlische Urbild, die Idee Gottes, das Bild Gottes im Innern der geliebten Frau. Was ihn hinreißt in seinem anbetenden Eros ist die Vision der göttlichen Schönheit, die inkarniert in seiner Geliebten! Und diese Idee der Geliebten ist ewig, und die erotische Liebe des platonischen Minners zur unsterblichen Idee seiner Geliebten ist eine unsterbliche Liebe! So wird die Liebe des Mannes zur Frau zur unsterblichen Liebe, zur ewigen Liebe der göttlichen Schönheit!
Lieben Gruß,
Josef


Geliebte!
Nun der dritte Brief über die Frage: Was ist Liebe? Du hast mir gesagt: In meiner religiösen Erotik liebe ich mit umarmender Erotik, denn ich denke, Eva wurde aus der Seite Adams geschaffen, weil sie Gefährtin des Mannes sein sollte. Hätte sie Magd des Herrn sein sollen, wäre sie aus den Füßen Adams geschaffen worden, und hätte sie Herrin des Sklaven sein sollen, wäre sie aus dem Haupt erschaffen worden. Aber Mann und Frau sollen einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen, mit gleicher Würde und gleichem Recht, Mensch zu Mensch, und gemeinsam in der Einheit von Männlichkeit und Weiblichkeit wie Himmel und Erde spiegeln sie die Liebe Gottes. So ist auch meine erotische Religion eine umarmende Religion, ich werfe mich nicht in den Staub vor einem allmächtigen Herrn, sondern ich liebe den Menschen Jesus wie meinen Gatten, der mir in meinem Ehebett beiwohnt, im Ehebett meiner Seele. Liebe Evi, da habe ich dir gesagt: Und ich kann nur lieben in meiner religiösen Erotik mit der anbetenden Erotik. Ich werde zu einem Herrn Niemand, zu einem reinen Nichts, du aber, Geliebte, bist eine hochthronende Göttin der Schönheit, die ich anbete! Du bist in der Religion des Eros die allmächtige Göttin, aber ich bin kein Mensch mehr, sondern ein Wurm! In meiner erotischen Religion wird mir die Gottheit zu einer angebeteten Frau, so wie mir die geliebte Frau zu einer angebeteten Gottheit geworden ist. Ich sehe Gott in der hochthronenden Göttin-Madonna mir erscheinen, und ich bins nicht wert, ihr die Sandalen aufzuschnüren, ich bins nicht wert, den Schatten ihrer Füße im Staub zu küssen! Madonna ist der weibliche Jesus, den ich tiefer als ein Sklave anbete, und du, geliebte Evi, bist die Göttin, die ich anbete als eine zweite Menschwerdung Gottes!
Gruß, Josef


Liebe Evi!
Trotz der großen Hoffnungslosigkeit fühl ich mich bei dir wie im Paradies, in einem Paradies, dessen Himmel brennt wie die schrecklichen Feuer des Fegefeuers, aber dennoch im Paradies! Ich war schon oft im Vorhof des Himmels und verkostete den Vorgeschmack des Himmels, nämlich wenn ich in deinem verwunschenen Paradiesgärtlein dir gegenüber saß von Angesicht zu Angesicht und schaute deine unbeschreibliche Schönheit! Ich glaube, wenn ich sterbe und Gott begegne, werde ich mich nicht wundern, sondern denken: Ich habe dich schon immer gekannt, mein lieber Gott, ich habe dich immer schon gesehen, wenn ich Evi gegenübersaß.


Süßeste Freundin!
Ein Kind sagte zu seiner Mutter: Mama, ich liebe dich, weil du mir dies Zuckerbrot gegeben! Die Mama sagte: Ich hoffe, nicht nur wegen des Zuckerbrotes! Das Kind sagte: Nein, auch noch wegen etwas anderem. Ich sagte zu dem Kind: Die wahre Liebe hat keinen Grund, man liebt einfach und weiß gar nicht warum. Der Mystiker sagt: Die meisten Christen lieben die Liebe wie eine himmlische Kuh, nämlich weil sie ihnen Milch spendet aus ihrem Euter. Aber der wahre Christ liebt die Liebe auch, wenn sie ihn schickt in die trockenste Wüste, in die tiefste Mitternacht der Seelenqual, ja, wenn die Liebe ihn spannt auf die Folter und sie ihn verlässt, schreit er noch: Göttliche Liebe, ich liebe dich allein, weil du so schön bist! Und woher ich das weiß, Geliebte? Von dir weiß ich das, denn du hast mich die Liebe gelehrt.
Dein Josef.


Lieber Bruder in Christo!
Weil ich Fräulein Becken nicht haben darf, wende ich mich an Fräulein Becher!
Der dionysische Messias segne dich!
Josef


Ach, Allergeliebteste!
Meinen geliebten Zwillingen zeigte ich Jesus im Garten, es war tiefste Nacht, Jesus sah vor sich die schrecklichen Leiden, die Qual der Passion, er war in namenlosem Jammer und abgrundtiefem Elend! Da zeigte ihm Gott den strahlenden Becher, voll gefüllt mit Leiden bis über den Rand! Jesus warf sich weinend auf die Erde, Tränen spritzten aus seinen Augen, Blut spritzte aus seiner Stirn und er schrie: Vater, nein, gib mir nicht diesen Becher zu trinken, übervoll mit Leiden! Vater, Vater, erbarme, erbarme dich! Aber dein Wille geschehe! Wenn ich leiden muß die tödlichsten Qualen, so sei es, wenn es dein Wille ist, Vater, Vater! Da sprachen die Zwillinge: Pate, was war das für ein Becher? Ich sagte: Das war der Becher der Leiden! Und was war das für ein Geist, der zu Jesus sagte: Trinke nicht vom Becher? Liebe Kinder, das war der Böse, der wollte nicht, dass Jesus leidet! Geliebte, wir werden es nie verstehen können, unser Verstand bleibt ganz leer vor diesen namenlosen Leiden der Seele Christi. Aber wer der göttlichen Liebe begegnet, der weiß, er muß nun den schrecklichen Becher der Seelenqualen ganz leeren, aber er ist bereit, das heißt, er ringt sich schmerzlich durch zur Bereitschaft, den qualvollen Becher der Leiden für die göttliche Liebe zu leeren! Er wird besoffen sein, aber nicht besoffen vom Wein, sondern von unaussprechlichem Jammer! Woher ich das weiß, Geliebte? Von der Liebe, die du mich lehrst!
Ich liebe dich trotz aller Leiden!
Dein Josef


Lieber Bruder in Christo,
ich, Josef, hatte Gesichte von der himmlischen Hochzeit. Und als ich die Engelin Evelin sah, die mir die Gesichte der himmlischen Hochzeit vermittelt hatte, fiel ich vor ihr nieder, um sie anzubeten. Aber die Engelin Evelin sagte: Nein, bete nicht mich an! Ich bin eine Dienerin der Wahrheit, wie du ein Diener der Wahrheit bist und wie deine Freunde, die andern Seher, Diener der Wahrheit sind. Bete nicht mich an, sondern bete die göttliche Schönheit an!


Liebe Evelin,
Die gestrige Nacht lag ich wach und wälzte mich unruhig auf meinem Lager hin und her und bewegte das herzerbarmende Schicksal der Waisenkinder voller Sorge in meinem Herzen und trug die Not der Waisenkinder und der todkranken Mütter vor den Herrn. Meine Seele war voller Schmerzen, aus meinen Augen tropften in großen Tropfen Tränen des Mitleids. Da war ich sehr trostbedürftig und vermochte doch nicht mehr zu beten, denn ich verzagte, weil ich schon so lange leiden muß, ohne dass mir Trost und Hilfe zuteil wurde. Da sah ich plötzlich in meiner Seele Innerem wie in einem Gesicht dein Schlafzimmer, es war kurz vor deinem morgendlichen Erwachen. Du lagst in deinem Bett unter deiner warmen Bettdecke und neben dir lag dein kleiner Sohn. Da hob ich deine Bettdecke und legte mich zu dir. Du erwachtest kaum, aber schlossest mich in die Arme und murmeltest Worte des Trostes. Ich bat dich, mich vor den Schrecken der Welt zu schützen, ich bat dich, mich unter deinem Schutzmantel zu verbergen, bis das Unheil vorüber sei. Da betete ich zu dir und sagte: Mama Evi, rette mich, Mama Evi, rette mich! Da war ich plötzlich ein kleiner Säugling, das heißt, ich war immer noch körperlich wie ein Mann von vierzig Jahren, aber meine Seele schrie nach Trost wie ein kleiner Säugling nach der Brust seiner Mutter. Da entblößtest du deinen Oberkörper und legtest mich an deine Brust und stilltest mich. Gestillt war ich nun auch wieder getröstet. Ich betete zu Gott: O Mutter, erbarme dich! O Mutter, laß mich nun schlafen! Da schlief ich ein. Nach drei Stunden Schlaf sagte mir die Madonna, dass sie es gewesen war, die mich in der Nacht gestillt, getröstet und gestärkt hatte. Gott sagte: Setze dein Vertrauen nicht auf Evi, denn Evi ist ein Mensch und nicht Gott. Da dachte ich: Wie bei Homer die Göttin der Weisheit Athene sich in einen Menschen verwandelt und dessen Gestalt annimmt, um Odysseus zu helfen und zu begegnen, so hat Maria, die himmlische Mutter, in meinem morgendlichen Gesicht die Gestalt meiner geliebten Evi angenommen und meine schrecklich schreiende Seele getröstet und gestärkt. Dafür danke ich vor allem der himmlischen Mutter, aber auch besonders meiner geliebten Evi, die eine Mittlerin der Mutter im Himmel gewesen ist. Darum grüße ich dich, liebste Evi: Du kannst an alle Götter glauben, aber glauben die Götter auch an dich? Darum ist es noch bedeutender, als dass du an Gott glaubst, dass in Wahrheit Gott an dich glaubt! Sei dir also sicher: Wie Gott an dich glaubt, so glaube auch ich an dich!
Alles Liebe,
Dein Josef


Geliebte! Liebe Süße Frau!
Ich hörte die Stimme Jesu, er sprach und wies auf die Ewigkeit: Dort werdet ihr für immer vereinigt sein! Diese Hoffnung, Evi, gibt mir die Kraft zu ertragen in Geduld, dass du auf Erden einen Beglückteren liebst, einen Beglückteren, aber nicht Edleren, wie der Dichter bittet, ihm diesen Stolz zu lassen.
Dein
Josef


Liebe Schwester, keusche Lilie!
Meine Muse sagte: So eine Schlangenfrau wie Ich wühlt einen Schlangenmann wie dich sehr auf, aber die Krebsgeborne wird dir Ruhe geben. Ich sagte zu meiner Muse: Meine Schwester in Christo, die keusche Lilie, ist so eine gefühlvolle Krebsgeborne, die mich beruhigt. Ich schütte ihr gern mein Herz voll Schmerz aus. Darum, Schwester, höre ich heute morgen deine sanfte Musik, um mich von deinem harmonischen, sanften, friedlichen Gemüt beruhigen und trösten zu lassen in der Passion meines Herzens. Bitte schicke mir doch das Bild, wo du mich verbindest, und deine süße Tochter zwischen uns steht und zuschaut. Denn ich war unter die Räuber gefallen, aber du warst der Barmherzige Samariter! Ich habe mir von meinem kleinen Liebling einen Jesus-Film ausgeliehen, denn sollen deine Kinder auch einmal schauen!
Mit dankbaren Grüßen,
Josef


Lieber Bruder im Herrn!
Am Tag Sankt Agnes, dem 17. Jahrestag meiner Bekehrung, sagte Jesus zu mir: Ich will die Ganzhingabe deines Willens an Mich! Du sollst immer im Opfer sein! Du sollst dich mit Mir am Kreuz vereinigen! Ich weiß, was du vermagst!“ Ach du Lieber, meine Schmerzen sind unaussprechlich und meine Liebe ist unaussprechlich! Bitte bete für mich und erbitte meiner Geliebten von Jesus das Heil!
Danke für all deine Gnaden,
Josef.


Meine Liebe!
Und Jesus (d.i. Evi) sagte zu Maria Magdalena (d.i. Josef): „Rühre mich nicht an!!! Denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater und deinem Vater, zu Meinem Gott und deinem Gott!“ (Aus meinem EV-Angelium)
Gruß!
Josef


Lieber hochgeschätzter Pater!
Ich bewundere ihre Weisheit, die sie aus den beiden Brüsten des alten und neuen Testaments gesogen haben! Sie haben sehr schöne Heilungsgebete gebetet. Sie haben gesagt, der Sohn wird im Alter von drei bis sechs Jahren versuchen, den Vater bei der Mutter zu verdrängen und zu ersetzen. Wenn es ihm aber nicht gelingt, weil Vater und Mutter sich lieben, wird der Sohn sich bemühen, ein Mann zu werden, um später wie sein Vater zu sein. Aber wenn die Mutter den Vater nicht mehr liebt und sie den Sohn wie ihren Liebling behandelt, dann wird der Sohn der Geliebte der Mutter und sich nicht lösen von seiner Mutter. Er wird in diesem Paradies verbleiben wollen, er hat ja alles, er ruht immer an den Mutterbrüsten der Geliebten. Er muß nicht hinaus ins Leben und ein Mann werden, sondern er bleibt bei seiner Mutter im Bett und lässt sich von ihr trösten. Da dachte ich, lieber Pater, meine Geliebte Evi hat doch ihren Lebensgefährten nicht mehr wirklich geliebt, als ihr Erstgeborener klein war. Sie hat ihn damals so honigsüß liebkost, dass ich immer neidisch war und an seiner Stelle sein wollte. O wie er auf ihrem Schoß saß, als sie im leichten kurzen Sommerkleidchen vor mir saß und er ihr den dünnen Spaghettiträger von der Schulter schob, um sie auszuziehen! Ich dachte: Nun ist es aber gut, nun komm ich an die Reihe! Und dann umschlangen die beiden einander so innig und warm, ja wie zwei Ertrinkende, die sich am Strohhalm ihrer Liebe festhalten! Darum hat mich der Bursche auch immer abgelehnt, denn er war eifersüchtig auf mich! Der Lebensgefährte, nun, der ist nicht eifersüchtig. Aber der Sohn, er lehnt mich ab, denn er ist eifersüchtig, wenn seine Muttergeliebte ihn wegschickt, weil sie mit mir philosophieren und theologisieren will. Und ich bin eifersüchtig, nicht auf den Mann im Haus, den armen Hanswurst, sondern auf den Sohn, denn wenn Mutter und Sohn wieder einmal so verzweifelt einander ihre Liebe gestehen und in einander versunken sich sagen, wie lieb sie sich haben, dann sitz ich dabei wie ein Unsichtbarer, wie einer, der gar nicht existiert. Lieber Pater, der Sohn ist auch einer, der sich immer in seiner dunklen Höhle vor der Welt versteckt und keine Freunde hat und sich nicht hinaustraut in das rauhe Leben. Wissen Sie, lieber Pater, ich sagte zu meiner Geliebten: Vielgeliebte, was machst du, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dein Mann immer bei der Arbeit ist und du allein bleibst? Da sagte meine Liebste: Mein Freund, dann bist du doch noch da! Das freute mich, denn ich möchte zwar am liebsten bald sterben, aber wenn ich alt werden muss, dann will ich alt werden mit meiner geliebten Freundin. Aber ich befürchte, das Muttersöhnchen wird immer an Mamas Rockzipfel kleben bleiben. Bitte beten Sie dafür und lösen Sie mit dem Schwert des Menschensohnes diese ungesunde Mutter-Sohn-Symbiose!
Bitte erteilen Sie auch mir ihren Segen.
Josef Maria M.


Liebste Evi!
Die himmlische Mutter sagte mir um Mitternacht: Mann! Deine Empfindungen für das Weib werden dir ewig die Tore des Lichtes öffnen! Darum besteht die wahre Männlichkeit darin, voller Ehrerbietung und Zartgefühl für alles Weibliche zu sein, das in Reinheit schwingt. Als die Mutter mir das sagte, rief ich begeistert aus: Evi, Geliebte! Du bist meine Führerin zu Gott!
Alles Liebe und Schöne!
Dein
J.


Lieber Bruder in Christo!
Vielen, vielen Dank für die schöne Bibel, denn genau diese Familienbibel hab ich Evi zu Weihnachten geschenkt. Daß ich nun die gleiche Familienbibel wie Evi habe, danke ich Jesus – durch Dich, darum Dank sei Jesus und Dir!
Dein
Josef


Heilige Freundin!
GOTT kniet vor deiner Freiheit!
Dein
Josef


Hellsichtige Freundin!
Im Paradies ist dein Ehemann nicht dein jetziger Lebensabschnittsgefährte, und auch nicht deine Jugendliebe. Wer weiß, ob sie den Himmel erreichen? Im Paradies ist leider auch nicht dein Ehemann der Dichter, der dich besingt, und der von Ewigkeit zu Ewigkeit mit dir Hochzeit feiern möchte. Nein, ich muß abnehmen, ER muß zunehmen. Im Paradies ist dein Bräutigam der Gottmensch Jesus. Gott Selbst will dich für alle Ewigkeit zur Ehefrau! Dabei beruhige deine Seele.
Dein Josef


Liebe! Geliebte Evi!
ICH habe Dich geschaffen als Meine Braut! ICH will von Ewigkeit zu Ewigkeit mit Dir Hochzeit feiern!
Dein JESUS!!!


König Milan der Erste ist am zweiundzwanzigsten Tag des achten Monats im Jahre 1854 nach Christi Geburt in Marasek im Fürstentum Moldau geboren. Er wurde gleich nach seiner Geburt getauft auf den Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Sein Vater Milos war ein Neffe des Fürsten Milos, seine Mutter war die rumänische Adlige Helena Maria. Sein Vater war ein Krieger im rumänischen Heer und fiel im Jahre 1861 in Bukarest bei der Schlacht gegen die Türken. Er verteidigte die Sache des christlichen Europa gegen die anstürmenden Osmanen, die den Islam an die Stelle des Christentums setzen wollten. Er starb als ein Verteidiger der Kirche und des christlichen Europa. Gott sei seiner armen Seele gnädig! Milans Mutter Helena Maria aber, mit all ihrer sprichwörtlichen Schönheit, führte nach dem Tode ihres Mannes ein leichtfertiges Leben des irdischen Genusses. Sie kümmerte sich nicht weiter um Milans Erziehung. Es nahm sich aber sein Onkel des jungen Neffen an und erzog ihn zu einem guten Christen und Europäer. Der Onkel, Fürst Mihailo, war ein wahrhaft väterlicher Onkel und der junge Milan liebte seinen Onkel mit einer kindlichen Ehrfurcht, die fast die Formen religiöser Pietät annahm. Im Alter von sechs Jahren wurde Milan von seiner Mutter nach Kragujewas geschickt, er sollte dort erzogen werden von ausgebildeten Pädagogen und Gouvernanten. Milan vermisste seine schöne Mutter sehr und auch seinen väterlichen Onkel Mihailo, den Fürsten von edler aristokratischer Gesinnung. Er besuchte das Lyzeum Louis-Le-Grand. Die Erinnerung an seinen Lyzeumsaufenthalt und seine Freunde blieb ihm sein Leben lang eine Kraftquelle. Er las in jener Zeit unschuldige mystische Freimaurer, die am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts eine klassische Poesie in Russland geschaffen hatten. Er liebte den Wein, die Geselligkeit mit Freunden und die Schönheit der Mädchen. Am meisten liebte er aber Eine, die Schönste aller Frauen, die Rose des Balkan, die schöne Natalia. Er wählte die getaufte Christin zur Ehe und schloß den Ehebund als Sakrament mit dem Segen Gottes. Natalia hatte lange schwarze Haare, blitzende Augen und eine charaktervolle Nase. Sie war von einer zugleich wilden und sanftmütigen Schönheit. Milan wurde aber sehr traurig, als sein geliebter Onkel, der Fürst Mihailo, im Jahre 1888 einem terroristischen Mordanschlag zum Opfer fiel. Milan konnte es den Radikalen nicht verzeihen, dass sie seinen Geliebten, den edlen Aristokraten, ermordet hatten. Zeit seines Lebens war Milan ein Kämpfer gegen den terroristischen Ungeist der Radikalen. Milan war noch minderjährig, als er zum Thronerben und zum Fürsten von Serbien ernannt wurde. Er heiß nun Milan der Vierte, Fürst von Serbien. Bis zu seiner Volljährigkeit führte der Führer der liberalen Partei die Regierungsgeschäfte als Prinzregent. Später löste Milan den liberalen Prinzregenten durch einen konservativen Prinzregenten ab. Milan liebte die Rolle als Herrscher einer konstitutionellen Monarchie nicht sehr. Zeit seines Lebens stand er im Konflikt mit den Parteien und Regierungen. Zur Zeit seiner Regierung als Fürst von Serbien entstanden die demokratischen Parteien Serbiens, die konservative Partei, die liberale Partei und die radikale Partei. Im Volk gab es viele bewaffnete Milizen, die Unruhe stifteten. Milan entwaffnete die Milizen und führte eine reguläre Armee ein. Die Radikalen aber wollten das Volk bewaffnen und provozierten einen anarchistischen Bauernaufstand, den Milan aber niederschlug in der Schlacht von Timok. Der Führer der Radikalen floh ins Ausland, um der Strafe zu entgehen. In seiner Außenpolitik orientierte sich Milan zuerst an Russland. Er besuchte Zar Alexander den Dritten in Sankt Petersburg. Aber Zar Alexander der Dritte behandelte Milan unfreundlich und nahm keine Rücksicht auf die serbischen Interessen. Daraufhin wandte sich Milan als monarchischer Souverän an das katholische Kaiserreich Österreich-Ungarn. Ohne Wissen seiner demokratischen Regierung schloß der souveräne Fürst ein Abkommen mit dem Haus Österreich. In dem Geheimabkommen zwischen dem Fürstentum Serbien und der Kaiserlich-und-königlichen Monarchie Österreich-Ungarn versprach Milan, dass Serbien auf die Herzegowina verzichtet, in seiner Außenpolitik sich an Österreich-Ungarn orientiert und keine Propaganda gegen das Kaiserhaus Habsburg in seinem Reiche tolerieren wird. Die demokratische Regierung war empört über das souveräne Handeln des Fürsten und bot den Rücktritt der Regierung an. Milan aber ließ die Regierung nicht zurücktreten. Die Rivalität zwischen dem Fürstentum Serbien und dem autonomen Fürstentum Bulgarien nahmen an Schärfe zu. Bulgarien wurde vom zaristischen Russland unterstürzt, Serbien vom katholischen Kaiserhaus Habsburg. Der Konflikt führte zu einem Krieg zwischen Serbien und Bulgarien. Am siebenten November erlitt Milan eine schwere militärische Niederlage, die zum Untergang seines Fürstentums geführt hätte, wenn ihn nicht der katholische Kaiser von Habsburg gerettet hätte. Serbien stellte sich aber nicht gegen den Zaren, sondern half dem Zaren im russisch-türkischen Krieg. Zar Alexander drängte die Türken zurück, in Folge dieses Krieges wurde das Fürstentum Serbien endgültig frei von aller islamisch-osmanischen Bevormundung. Am sechsten März 1882 wurde das Königreich Serbien proklamiert. Fürst Milan der Vierte von Serbien wurde ausgerufen zum König Milan dem Ersten von Serbien. Kaiser Franz Joseph der Erste von Österreich-Ungarn gratulierte König Milan persönlich und wünschte ihm den Schutz der Gottesmutter. Im Jahre 1887 versuchten die Radikalen, Milan in einem feigen Attentat zu ermorden! Milan aber wurde beschützt von der mächtigen Gottesmutter, die auch das Haus Habsburg beschützte. Allerdings müssen wir zugeben, dass auch Milan kein Heiliger war, sondern in Versuchung geriet und seine Ehefrau Natalia betrog mit einer Britin namens Jennie, woraufhin die heilige Ehe gebrochen wurde und in die Brüche ging. Der europäische Adel war empört. Milan betete in jener Zeit viel zur Gottesmutter, der Zuflucht der Sünder. Allerdings hatte die liebe Frau Natalia ihrem Ehemann einen rechtmäßigen Sohn und Thronerben geschenkt, Alexander. Es verschärften sich aber die Konflikte zwischen dem Monarchen und den Demokraten in der Regierung, so dass Milan im März 1889 abdankte und zurücktrat zugunsten seines Sohnes Alexanders des Ersten. Milan verließ Serbien. Als Alexander im Jahre 1893 volljährig geworden war, kehrte Milan nach Serbien zurück. Der König Alexander der Erste ernannte seinen Vater Milan zum Generalissimus des Heeres. Am siebenten Juli 1899 versuchten die Radikalen erneut, in einem terroristischen Mordanschlag den edlen Milan zu ermorden. Auch diesmal gelang es der radikalen Mörderbande nicht. Die Gottesmutter schützte sein Leben! Aber leider vermählte sich König Alexander der Erste mit einem ordinären Weib namens Draga. Vater Milan warnte seinen Sohn vor diesem Weib, darüber der Sohn sich erhitzte und den Vater aus dem Lande verbannte. Der katholische Kaiser gewährte dem edlen Milan in Wien Asyl. Allerdings erkrankte Milan an seiner Lunge. Die Ärzte gaben ihm nur noch ein Jahr zu leben, er sei unheilbar krank. Der katholische Kaiser schenkte Milan ein Haus, indem er bis zu seinem Tod lebte. Fürst Eugen, ein Ungar, leistete ihm Gesellschaft als Freund. Milan bat die Gottesmutter um ihr Gebet in der Stunde seines Todes, empfing nach einer letzten Beichte die Absolution, empfing das Sakrament der Letzten Ölung und die Heilige Eucharistie und schied in der Gnade des Herrn am 21. Februar 1901 aus diesem Tal der Tränen. Seine Gebeine wurde in Serbien in dem Orte Krusadol begraben. Gott sei seiner Seele gnädig! Die Gottesmutter schütze und segne das serbische Volk und besonders die Herzegowina!