Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Hymne an meine liebe Göttin



Von Josef Maria Mayer

Isis zeigt sich ohne Schleier…“
(Goethe)


ERSTER GESANG

Zehn Schekel Silber,
Einen Schekel Gold
Für die Dekoration
Der Statue
Der Ishala des Königs.

Eine Mine Gold für Schmuckstücke,
Siebzehn Minen Gold für Ohrringe
Für die Ishala
Hat die Königin gegeben.

Sechs Schekel Silber
Für drei kleine Becher,
Ein Geschenk der Mutter des Königs
Für Ishala.
Sieben Schekel Silber,
Der Preis für eine Jungfrau,
Geschenk der Königin
Für Ishala.

Eine Mine Silber
Und zwanzig Schekel
Für eine Dattelfeigenpalme
Als Geschenk der Königin
Für Ishala.

Ein Schekel Gold
Für ihr Angesicht
Und für ihren Gürtel
Und für ihre bunten Bänder.

Der König weiht
Eine Statue
Der Ishala.
Ihr Antlitz ist gestaltet aus Buchsbaumholz,
Der Gürtel aus Silber,
Sie hält einen Becher in der Hand.

Bekleidung für Ishala
Von feinstem Stoff.

Zwei Becher
Aus Buchsbaumholz
Für Ishala.

Ein Tablett mit Brot
Für die treue Ishala.

Ein Lamm für Ishala,
Die Geliebte des Königs,
Zum Reinigungsopfer.

Ein schönes Kleidungsstück
Für die Frauen
Der Gesalbten der Ishala.

Zwei bunte Röcke
Für die Liebesdienerin
In der Kapelle der Ishala.

Einen Armreif
Für die süße Dirne
Der Göttin Ishala.

Weißes Linnen
Für die Königin
Am Tag des Gehens
Zu Ishala.

Opfer des Königs
In der Festzeit
Der Ishala.

Am Tag der Ishala
Ein feiner Stoff
Von bester Qualität
Für die geliebte Freundin.

Anordnung:
Im Mond der Ishala
Für die geliebte Freundin
Fünf feine Stoffe.

Zwei Lämmer
Im Mond der Ishala
Für den Herrn des Landes.

Eine Mehlration
Für den Diener des Königs
Im Mond der Ishala.

Sei beschworen, o Land,
Seid beschworen, o Wasser,
Ishala erscheint!

Bei Ishala beschwör ich dich:
Bis ihr Hals und dein Hals
Sich nicht aneinander schmiegen,
Sollst du keine Ruhe finden.

Eine Matratze aus gekämmter Wolle,
Fünf Minen schwer,
Ein Bett der Ishala
Ist hergerichtet.

Gunst der Ishala!
Fülle der Ishala!
Glanz der Ishala!
Mutter ist Ishala!
Meine Geliebte ist Ishala!

Ein Garten im Bezirk der Ishala.

Zwei Liter Mehl
Für den Tempel der Ishala.

In Bezug auf den Anteil und die Ration
Des Mannes
Und des Tempels der Ishala...

Illu, Dienerin der Ishala...

Die Schlange der Ishala
Kam ins Gerichtshaus hinein.

Diener der Ishala!
Mensch der Ishala!
Entgegenkommen der Ishala!
Ratgeberin ist Ishala!

Retterin Ishala!
Göttin Ishala!
Königin Ishala!
Eigentum der Ishala!
Ishala ist schön!

Ishala möge
Die weibliche Scham
In meine Lenden eintauchen!

Ishala ist meine Hirtin!

Ob dir mein Freund
Für Ishala
Eine Stierfigur und einen Becher gebracht
Oder nicht,
Darüber gib mir Bericht.

Betrifft einen Brief,
Dessen Vorderseite nicht beschriftet war,
Siegel des Freundes,
An die Geliebte,
Der Brief ist abgesandt
Und alle Briefe kamen an.

Ich habe meinem Freund
Einen Schekel Silber gegeben,
Als er zum Tempel der Ishala hinaufging,
Das hat der Priester
Als Opfer dargebracht.

Es sind nur noch wenige,
Die zum Tempel
Der Ishala hinaufsteigen.

Eine Halskette aus Lapislazuli
Wurde vom Palast genommen
Und der Geliebten angelegt.
Ein Künstler
Machte einen Talisman
Aus Kupfer und Malachit
Für Ishala.

Ishala ist meine Ärztin!
Ishala ist Güte!
Ishala ist Stärke!
Ishala ist Retterin!
Ishala ist herrlich!
Ishala ist die schöne Liebe!
Ishala ist meine Schutzfrau!
Ishala ist meine Beraterin!
Ishala ist Gnade!
Ishala ist mein Leben!
Ishala erhört mich!
Ishala liebt mich!
Ishala legt sich zur Ruhe!
Ishala hat mich zu sich gerufen!

Für Ishala
Ist hergerichtet ein Bett.
Der König legt sich zu der schönen Frau
In der Nacht.

Bei der Hochzeit
Mögest du dich freuen
Im Hause.
Nenne Ishala
Immer wieder die schöne Liebe!
Neun Nächte
Soll dein Freudenfest dauern.

Wenn an der Brust des Vogels
Zwischen rechtem und linkem Flügel
Ein roter Fleck zu sehen ist,
Verlangt Ishala ein neues Gewand.

Wenn am Öl am Rand
Grüngelbes zu sehen ist,
Ist da ein Wohnort der Ishala.

Wenn die Galle wie Malz ist,
Wird Ishala den Menschen
Traurig machen.

Wenn ihr Antlitz
Wachsgelb ist,
Hand der Ishala,
Sie wird nicht wieder genesen.

Ishala,
Herrin des Wohnhauses,
Soll ihn im Kampf nicht erhören.

Ishala, Königin des Wohnhauses!

Ishala rettete!
Ishala gab!
Ishala sprach!
Ishala war schön!

Einen Becher
Voll Balsam
Für Ishala.

Für Ishala,
Die Herrin der Stadt!
Für Ishala,
Die Göttin des Königs!
Für Ishala,
Die Inspiration der Prophetin!

Ishala,
Seele der Prophetin!

Eine Halskette aus Gold,
Von einem Schekel Gewicht,
Schmuck für Ishala.

Sie setzte die Sonnenfrau
Und Ishala
Inmitten des Gartens
Auf Zweige.
Links vom Teich
Stand ein Hirsch aus Ton.
Welcher Faden
Dem Hirsch ans Maul gebunden,
Den hält die Sonnenfrau.

Ich will singen
Von der schönen Frau,
Der Ishala.

Ich spreche zu Ishala,
Ishala spricht zu mir.

Geh in die Thronstadt!
Mache deine Worte groß!
Bringe vor, was du zu sagen hast!
Rufe sie immer wieder!

Man opfert der Ishala.
Das Kind der Nebenfrau
Geht mit der Prophetin.
Das Zeichen ist günstig.
Das Kind der Nebenfrau
Geht mit dem Priester.
Das Zeichen ist ungünstig.

Später trinkt er
Mit Ishala im Sitzen.
Hartes Brot ist nicht vorhanden.
Der Sänger singt.
Früchte bietet man an.

Später aber trinkt er
Auf das Bild der Ishala!

Man nimmt ein Schöpfgefäß Wein
Und einen Becher aus Gold
Und zwei Becher aus Silber
Für Ishala.

Wenn ein König
Für die Schlangenfrau Ishala opfert,
Opfre er ein Lamm und eine Taube
Für die Schlangenfrau
Und wasche sich die Hände
Im Allerheiligsten
Und die Frauen sollen es essen.
Ein Lamm als Speiseopfer,
Alle sollen es essen.
Ferner ein Trankopfer Wein
Im Innern des Hauses
Für die Schlangenfrau Ishala.
Alles geschehe an Einem Tag.

Ein Allkleid für Ishala!

Weihrauch ist aufgestiegen!
Ruhe nun, Ishala!
Möge deine Seele sich beruhigt haben!

Der Stern,
Der hinter der Venus wandelt,
Ist der Skorpionstern der Ishala.

O Skorpion, o Ishala,
Herrin des Hauses!

Ich beschwöre den Skorpion,
Ishala, barmherzige Göttin,
Die Gebet erhört,
Die Leben schenkt,
Barmherzige Mutter der Menschen!

Ishala,
Ich verneige mich vor dir,
Herrin der Länder,
Ich schwöre dir Treue,
Entferne alles Böse
Und alle Sünde von meinen Gliedern!

Das Kraut der Ishala
Ist Cannabis.

Ishala, Herrin der Liebe,
Mögest du uns erlösen!

Beschwörung der Potenz:
Ein Bett für die Liebe macht er,
Wie die Göttin der Liebe
Ihren Freund geliebt,
Wie Ishala lieb hat
Den lieben Freund.
Mann, dein Fleisch
Erschaure,
Richte auf dein Glied!
Dein Inneres
Komme nicht zur Ruhe
Tag und Nacht
Auf Befehl
Der tüchtigen Ishala!

Am Kopf der Kranken
Stellen sich Götter auf,
Die Söhne der Ishala.

Drei Maß Brot, drei Maß Wein
Für Ishala.

Barmherzige Göttin Ishala!
Barmherzige Mutter aller Menschen!

Ishala, Ishala,
Bewohnerin des Schlafgemachs...



ZWEITER GESANG

Anubis ist am Berg der Toten angekommen.
Onnophris feiert,
Alle Götter des heiligen Landes frohlocken,
Ihre Herzen sind voller Wonne,
Schu ist aus der Unterwelt in den Himmel gegangen,
Die Musen frohlocken,
Die große Göttin Isis freut sich,
Nachdem sie ihren Sohn gesehen,
Horus bleibt im Amt,
Isis ist die himmlische Schutzfrau,
Süden und Norden, Westen und Osten gehören Horus,
Re macht seinem Sohne nach Wunsch
Eine Vermögensverfügung.

Die Göttinnen kommen zu dir
Mit Lobpreis und Musik,
Die Edeldamen jauchzen bei deiner Ankunft,
Die Geister jubeln über deine Seele,
Die Musen spielen Harfe
Für deine Majestät,
Männer und Frauen preisen
Deine Vollkommenheit.

O Göttin Muse, Herrin
Der schwarzen Augenbrauen mit leuchtenden grünen Augen,
Dein Vater frohlockt bei deinem Anblick,
Er freut sich über deinen Duft,
Sein Herz erfreut sich an deinem Parfüm.
Dich preisen die seligen Geister,
Es ergötzen sich an dir die heiligen Affen,
Alle Musen musizieren täglich,
Es musizieren die Göttinnen auf den Trommeln.

Hathor, Göttin der Schönheit,
Mutter aller Mütter,
Du bist herrlich im Palast der Neunheit.
Du ruhst zur Rechten von Vater Re,
Er freut sich an dir.
Die Musen musizieren
Der majestätischen Göttin.
O Hathor, möge dein Antlitz
Gnädig leuchten über mir!

Die seligen Geister freuen sich an deiner Seele.
Die Musen streichen die Harfe,
Die Heiligen verneigen sich vor dir
Mit verschleiertem Haupt,
Die Toten eilen, dich zu sehen,
Die Hohepriester küssen die Erde, auf der du wandelst,
Das Land ist unter deiner Aufsicht,
O Fürst, du Sohn der Göttin Hathor!

Ich preise deine Seele, seit ich sehe,
Wie liebevoll deine Seele ist!

Der Kaiser Augustus kommt zu dir,
Osiris, du König der Götter.
Die Sänger des Ostens jauchzen über deine Seele.
Tefnut schlägt die Trommel,
Hathor bringt dir ihr Monatsblut dar.
Die Götter beten dich an,
Verkünden deine Perfektion.
Die Göttinnen erscheinen
Und verehren deine Perfektion,
Wenn du dein Heiligtum besuchst
Am Feiertag des reinen Stieres.
Du kommst in Frieden
Und vereinigst dich dem Tempel.
Dein Antlitz strahlt vor Freude,
Der Himmel feiert,
Die Erde ist voll Frohsinn,
Die Welt in feierlicher Stimmung.
Du bist der vollkommene Gott,
Der Herrscher mit der Krone.
Dein Sohn, den du lieb hast,
Betet vor dir, der Autokrator.

Es kommt der Kaiser Augustus zu dir,
Osiris, du König der Götter.
Er bringt dir die unterägyptische Muse,
Die deine Majestät verherrlicht.
Die westlichen Sänger preisen deine Seele,
Die Sänger von Osten jubeln.
Die Töchter spielen die Zymbel.
Die Edlen erweisen dir Ehren und Respekt.
Die Fernen reichen dir die Hand,
Um dich zu ehren.
Über dich freuen sich die Herzen der Götter.
Freude eines Festes ist im Himmel,
Es freuen sich die Alten,
Wenn du in der Stadt erscheinst.
Ihre Herzen heißen dich willkommen,
Wenn du vom Himmel zur Erde kommst.
Gott, du bist der vollkommene Gott,
Der Friedefürst im Haus der Geburt,
Dein Sohn, den du liebst,
Er betet zum Vater, Sohn Gottes,
Gekrönter König, Autokrator.

Ich bete dich an o Allherr,
Ich schaue dein Antlitz,
Ich jauchze und juble über deine Macht,
Du bist der große Gott,
Der den Uranfang geschaffen.

Es kommt der Sohn des Re,
Der Herr der Länder, der Kaiser.
Er bringt dir die oberägyptische Muse,
Die deine Majestät verherrlicht.
Die Nacht macht für dich
Die bedeutsame Geste.
Die Frau kommt aus ihrem Gemach
Und vereinigt sich mit ihrem Bruder.
Die östlichen Seelen jauchzen
Über deine unsterbliche Seele.
Die große Göttin Isis schlägt die Trommel.
Die Göttin der Liebe und Schönheit, Hathor,
Gibt dir ihre Hand.
Die Götter ehren dich
Und künden deine Vollkommenheit.
Die Göttinnen kommen
Und verehren deine Autorität,
Wenn du das Heiligtum besuchst
Am Tag des Festes,
Am Tag des Feuers.

Herr, du kommst in Frieden
Und vereinigst dich mit deiner Braut.
Dein Antlitz strahlt vor Freude.
Der Himmel feiert ein Fest,
Die Erde freut sich,
Die Welt ist in feierlicher Stimmung.
Du bist der große Gott,
Der gekrönte Herrscher,
Dein Sohn, den du liebst,
Ist König und Autokrator.

Ich juble vor dir, du Fürst der Götter,
Ich juble vor deinem Antlitz,
Ich juble zusammen mit den Guten,
Die deinen Namen lieben.
Du freust dich über die Musik,
Das Musizieren der Muse.

Es kommt der König zu dir,
Der Autokrator an der Spitze der Hierarchie.
Sohn des Re, du bist groß,
Alle Götter sind dir gnädig.
Er bringt dir die oberägyptische Muse,
Die deine Majestät verherrlicht.
Die Nacht macht dir Musik.
Tefnut kommt aus dem Schlafgemach
Und vereinigt sich mit dem Bruder.
Es ehren dich die Sänger
Des Ostens und des Westens.
Die Frauen freuen sich,
Wenn sie dein Antlitz schauen.
Das ganze Land ist in feierlicher Stimmung,
Wenn du dich niederlässt
Im Haus des Jauchzens.
Die schönen Musikantinnen spielen,
Die Prophetinnen singen
Und preisen deine unsterbliche Seele
Und sprechen: Die Kinder des Landes
Sind voll Ehrfurcht vor deiner Autorität.
Die Musikantinnen jubeln
Vor deinem väterlichen Angesicht,
Indem sie ihm Zymbeln tönen lassen.
Sie verhüllen ihre Scham,
Die Sängerinnen lieben deinen Namen
Und lassen deinen Namen erschallen.
Dein Sohn, den du liebst,
Ist Kaisarion.

Nimm dir deinen Becher,
Damit deine Seele froh sei
Über das Horusauge.
Den Wein sauge ein,
Damit er dein Herz ergötze.
Das Werk der Weingöttin
Ergötze deine Majestät,
O Herrin der Trunkenheit,
Trinke Wein mit mir!
Die Göttin Muse,
Die Herrin der Harfe,
Singt Lieder des Jubels
Zum Lobpreis der Neunheit.

Roten Wein für deine Seele,
Herrin der Länder,
Das grüne Horusauge
Für die Pracht deiner Majestät!

Die unterägyptische Muse,
Die Herrin der Kehle,
Die Herrin des Singens zur Harfe,
Die Herrin der Jubelmusik,
Lässt hören ihren Gesang,
Der Göttern gefällt.

Der König vollzieht das Opfer
Als Mundschenk der Königin,
Indem er der Mutter Wein reicht,
Indem er das grüne Horusauge
Der Königin gibt.
Er gibt der Königin Rauschtrank
Und bringt den Wein als Opfer dar.

Reiche den Rotwein!
Nimm dir den Becher,
Ehrwürdige Herrin,
Daß es dir wohlergehe!
Wie gut ist sein Geschmack!

Ich komme zu dir, o Goldene,
Herrin der Trunkenheit,
Am Sitz der Trunkenheit.
Ich bringe dir roten Wein,
Dein Herz zu erfreuen,
Daß deine Seele zufrieden sei
Über das Werk der Weingöttin.
Du bist die Herrin der Trunkenheit,
Die Herrin des Jauchzens,
Dein Antlitz ist voll Gnade,
Deine Liebe ist süßer als Honig!

Es spricht die Herrin der Trunkenheit,
Die Herrin der Freuden,
Die Herrin des Jauchzens,
Die Herrin des Tanzes,
Die Herrin der Myrrhe,
Die Herrin des Kranzes:
Ich gewähre dir, o mein Freund,
Tag für Tag die Trunkenheit,
Daß dein Herz sich ergötze!

Willkommen in Frieden,
Spricht Horus mit dem grünen Auge,
Willkommen, Sohn der Erde,
Den die Weingöttin selber
An ihren Brüsten gestillt hat,
Ich empfange den Wein
Als Opfergabe von dir
Und freue mich allzeit
An deinem Opferwein.
Ich gewähre dir Trunkenheit
Tag für Tag, mein Freund,
Dein Kummer werde gebrochen!

Die oberägyptische Muse
Ist die Herrin der Musik,
Die Herrin des Singens zur Harfe,
Sie singt mit goldener Kehle,
Mit süßem Atem,
Mit ihrem Gesang
Ist die Gottheit zufrieden.

Reiche den Rotwein!
Du Schönste aller Frauen,
Nimm in Empfang
Das grüne Horusauge!

Der König kommt
Zur Königin aller Menschen:
Allmächtige! Ohnegleiche!
Ich bringe dir das Gute
Von allen Trauben und Beeren,
Den Becher des Gottesreiches!
O Herrin der Trunkenheit,
O Herrin des Gesanges,
Du ergötze dich an der Wonne!

Isis verheißt dem Sänger:
Ich verheiße dir Trunkenheit über Trunkenheit
Und unvergängliches Jauchzen!

Der König auf seinem Thron
Erfreue das Herz seiner Herrin!

O Herrin des Tanzes,
O Herrin der Herzensfreude!
Es jubelt die Jungfrau
In ihrer Kapelle,
Ihr Herz freut sich
An deiner perfekten Schönheit!
Fürstin des Friedens,
Herrin des Jauchzens,
Du bist Tag für Tag
Die Herrin der Lust und Wonne!

Ich reiche den Kranz
Der guten Mutter.

Willkommen, willkommen in Frieden,
Fürstin der Frauen,
Herrin der Kinder!
Ich spiele die Harfe
Vor deinem gnädigen Antlitz,
Göttin der Göttinnen!
Laß dein Antlitz über mir leuchten,
Dein Herz sei froh,
Befriedigt deine Seele!

Horus kommt als Held,
Osiris ist zufrieden.
Trommeln ertönen,
Ägypten feiert,
Denn Horus wurde geboren!
Die Göttinnen kommen,
Horus zu sehen,
Der Sohn des Osiris
Ist auf dem Thron seines Vaters.

Isis, man ruft zu dir,
Die du die Länder ernährst,
Man kränzt dein Haupt,
Die du die Länder regierst,
Man spielt dir die Harfe,
Die du die Länder fruchtbar machst,
Man spielt dir die Harfe
Mit magischer Macht,
Fürstin des feurigen Hauses,
Glänzende Herrin der Sonne,
Herrliche, Einzige!
Horus ist zufrieden.

Isis spricht: Ich gebe dir
Die Berge mit Edelsteinen,
Ich gewähre dir
Das Königtum Gottes
Auf der Erde.

Gekränzt sei deine Stirne,
Ehrwürdige Fürstin,
Daß du die Stadt erleuchtest
Wie die Sonne am Horizont.

Die Goldene glänzt in der Stadt
Wie sie am Himmel leuchtet,
Sie sendet ihre Strahlen aus
Und erleuchtet das Land,
Sie schickt ihr Licht
Zu allen Menschenkindern,
Sie ist die große Sonnengöttin,
Die Fürstin der ganzen Erde,
Die Licht strahlt in die Dunkelheit.

Die unterägyptische Muse,
Die Herrin der Brust,
Die Herrin der Kehle,
Die Herrin des Singens zur Harfe
Ist heute Herrin des Jubels.

Hathor, wir jubeln über dich,
Hathor, wir jauchzen über dich,
Hathor, ich freue mich am Tag,
Da Horus geboren ist.

Ich bin der Musikant
Der goldenen Göttin,
Der ich das Herz meiner Herrin
Tag für Tag erfreue.

Ich höre das Flüstern
Der Göttin Muse!
Ich werde deine Majestät
Vor den Dämonen beschützen!

Ich spreche mit erhabener Zunge,
Ich öffne meine Kehle
Und beginne, die Harfe zu streichen
Für meine Göttin Muse.

Der Himmel ist in festlicher Freude,
Die Erde ist feierlich,
Die Horusaugen strahlen,
Die Schlange ist befriedigt,
Die Schlange an der Stirn der Gottheit.
Horus sitzt auf seinem Thron.

Die Göttin spricht: Ich gebe dir
Speise im Überfluss,
Als Nahrung den Ertrag
Des Vogelfanges an deiner Stätte.
So lobpreise zur Harfe
Die unterägyptische Muse,
Die auch im vergangenen Jahr
Deine Seele vollkommen befriedigte!

Ich tanze der Herrin
Im Heiligtum ihrer Seele.
Ihr Körper jauchzt,
Wenn sie mich sieht am Morgen!
Was die Göttin Muse betrifft,
So freut sich ihr Herz,
Wenn Hathor sie anschaut.

Man sagt von der Muse,
Ihr Leid und Elend sei es,
Was sie singt im Ritual.
Nun komm, o lichter Gott,
Der du den Bösen demütigst,
Wenn dein Licht erscheint
Am neuen Morgen.



DRITTER GESANG

Ich bin kein Apostel der Isis,
Ich bin platonischer Philosoph.
Aber auch Platon knüpfte an
An orphische, pythagoreische Lehren.
Die religiösen Lehrer der Vorzeit
Hatten in mancherlei Hinsicht
Einsicht in das Wesen der Dinge.
Man darf die Lehren der Alten ernst nehmen,
Muß sie aber deuten im Geist
Der platonischen Philosophie.
Die Lehre über Isis
Ist ein Wissen der Alten,
Wenn es philosophisch interpretiert wird,
Passt es letztendlich zusammen
Mit der religiösen Wahrheit.
Ich habe mit meiner Freundin
Über Isis gesprochen,
Sie war eingeweiht in die Mysterien
Und ich erklärte ihr,
Wie Isis philosophisch zu deuten ist,
Da bat mich meine Freundin,
Über meine Isis-Philosophie
Einen großen Gesang zu schreiben.

Die Gottheit ist für alle Menschen die Gleiche.
Alles, was uns das Leben möglich macht,
Ist uns gespendet von der Gottheit,
Das tägliche Bot, der tägliche Wein,
Feuer und Wasser und Holz und Wolle.
Die Gottheit ist nicht anders
Im Westen als im Osten,
Sondern wie die Sonne allen gemeinsam,
Dieselbe Gottheit bei Griechen,
Dieselbe bei den Barbaren,
Sie wie es nur eine Sonne gibt
In der Galaxie der Milchstraße,
So gibt es nur einen Logos,
Der den Kosmos lenkt.
Wir nehmen aus der Philosophie
Die Idee des Logos,
Dass der Logos uns führt
Wie ein Mystagoge,
Daß wir in frommer Weise
Die Mythen philosophisch deuten.

Der Mythos ist eine Erscheinung
Des Logos im Spiegel,
Mythen sind gebrochene Strahlen
Des einen Lichtes des Logos.
Man darf die Mythen nicht
Buchstäblich glauben,
Sondern nehme aus ihnen das,
Was der göttlichen Wahrheit entspricht.
Die Suche nach dem inneren Sinn
Der altüberlieferten Mythen
Ist heilig wie Taufe und Gottesdienst.
So sind die Zeremonien des Isiskultes
Voll von geheimnisvollem Sinn.
Alles, was die Gesetze des Kultes beschreiben,
Will ich auf den Logos beziehen.
Was die Ägypter von der Isis erzählen,
Liebste Freundin, nimm es nicht wörtlich,
Sondern erkenne den philosophischen Sinn.

Dreierlei macht den Menschen aus,
Der Geist, die Seele und der Körper.
Der Geist hat seine Heimat
Im Himmelreich der Ideen,
Die unveränderlich und immer gleich sind,
Da ist nicht Vergangenheit und Zukunft,
Da ist nur das ewige Nun
Der Ewigkeit, des ewigen Seins,
Unsichtbares Sein,
Allein im Denken erkennbar.
Die Körper der Menschen sind
In ständigem Werden und Vergehen,
Geboren zum Werden, nicht zum Sein,
Geboren zur materiellen Welt
Und sind sichtbar (meine Freundin,
Dein Körper ist sichtbar)!
Der Geist ist das Seiende,
Der Körper das Werdende.
Der Geist ist der Selbige,
Der Körper ist das Andere.
Der Geist gehört zum Einen,
Die Körper gehören zum Vielen.
Der Gegensatz zwischen Geist und Körper
Durchzieht die platonische Philosophie.
Der Geist gehört zum Einen,
Welches das Gute an sich ist
Und als das Gute und Wahre
Auch die höchste Schönheit.

Psyche steht in der Mitte
Zwischen dem Einen und dem Vielen.
Als Weltseele ist sie das Eine,
In den Menschen ist sie das Viele.
Psyche hat Anteil am Einen,
Sie ist unsterblich,
Aber viele Seelen sind in vielen Körpern
Und leben im Veränderlichen
Und im vergänglichen Vielerlei.
Die Seele ist unsterblich,
Weil sie sich selbst bewegt.
Die Körper sind sterblich,
Weil sie von der Psyche bewegt werden.

Die Dreiheit von Geist und Seele und Körper
Gilt nicht nur für den Menschen,
Sondern gilt auch für den Kosmos.
Der Geist weilt im Ideenhimmel,
Im Empyreum des Jenseits.
Der Körper des Kosmos
Ist die materielle Welt.
Der Körper des Kosmos
Ist ein Lebewesen,
Mit Geist und Seele begabt.
Die Weltseele schwebt
Zwischen dem höchsten Geist
Und dem Körper des Kosmos.

Die Aufgabe einer menschlichen Seele
Ist es, sich aus dem Körper zu befreien
Und heimzukehren in den Himmel
Zur Schau der Gottheit.
So steigt die Seele des Menschen
Von der Betrachtung eines schönen Leibes
Zur Betrachtung einer schönen Seele,
Zur Betrachtung der Tugend
Und der höchsten Güte,
Bis zur Schau der göttlichen Schönheit
Als dem Höchsten Gut der liebenden Seele.
In der irdischen Höhle
Schaut die Seele nur Schatten,
Aber bekehrt sie sich zum Licht,
So tritt sie ins Offne und schaut die Sonne.
Die Seele fährt in den Himmel
Über den Fixsternhimmel hinaus
Zur Vision der Ewigen Schönheit
Und absoluten Liebe!

Aber es gibt auch zwischen dem Seienden,
Nämlich dem Geist,
Und dem Verschiedenen,
Nämlich den Körpern,
Ein Drittes, eine Wesenheit,
Die schwer zu beschreiben ist,
Nur undeutlich zu beschreiben ist
Mit menschlichen Worten.
Sie hat das Wesen und die Kraft,
Sie ist die Empfangende
Des göttlichen Geistes
Und ist die Amme allen Werdens.
Sie ist der Raum, der allem Dasein
Die rechte Stätte zuweist,
Die Wesenheit, die alle Körper empfängt,
Die Ernährerin der Welt
Und Amme des Universums.
Voll schwungvoller Bewegung ist sie
Und schüttelt die Brüste und die Locken.
Sie ist die Mutter alles Gewordenen,
Mutter alles Sichtbar-Wahrnehmbaren,
Selbst eine unsichtbare Wesenheit,
Ohne materielle Gestalt,
Alles empfangend.
Sie ist das Prinzip der Empfängnis,
Die Mutter, die Amme, die Ernährerin,
Das Ewigweibliche in der Natur,
Der Raum als Sitz der Erscheinungen.
Sie ist Hyle, die Urmaterie,
Aber nicht die tote Materie der Atomisten,
Sondern Urmaterie in dem Sinne,
Wie die Psyche des Menschen
Der Stoff der menschlichen Einsicht ist.

Psyche steht in der Mitte
Zwischen Geist und Körper,
Zwischen Sein und Werden.
Aber Psyche, die Empfangende,
Steht auch zwischen Gut und Böse.
Psyche wendet sich ab vom Bösen
Und bekehrt sich zum Guten.
Strebe voll Sehnsucht nach dem Guten,
Werde schwanger von ihm
Und liebe ihn allzeit
Mit heiliger Begierde!

Das Eine, das Sein, das Gute,
Heißt Osiris, der Bräutigam-Gott.
Die Psyche, die Empfangende,
Der Raum, das Strebende
Heißt Isis, die Mutter der Welt.
Die Körper, das Werden
Heißt Horus, der Sohn.
Das Böse aber, die Sünde, der Tod
Heißt Seth, der Dämon.
Die Isis-Psyche
Steht zwischen Gutem und Bösem.
Ihre Lebensaufgabe ist es,
Der Pracht des Bösen abzuschwören
Und dem Guten nachzufolgen.

Osiris nennen die Ägypter
Den Gott als Bräutigam,
Das Eine, das Einzig-Seiende,
Das Immergleiche,
Unbefleckt von jedem Stoff,
Den Ersten, Mächtigen,
Den Herrn alles Guten,
Der die göttliche Vernunft
In der Psyche ist,
Allein dem Denken erreichbar,
Er ist der Erste, Anfanglose,
Zu welchem die Seelen der Menschen
Aufsteigen sollen nach Platons Weisheit.

Der Dämon Seth aber
Ist das Böse, Lebensfeindliche,
Aufgeblasen, hochmütig und tyrannisch,
Er bringt den Tod,
Ihm fehlt das rechte Maß,
Unordnung bringt er und Zerstörung.
In der Seele ist Seth
Die ungeordnete Leidenschaft,
Die zügellose Wollust,
Jegliche Unbeherrschtheit.

Zwischen Osiris, dem Gott des Guten,
Und Seth, dem Dämon des Bösen,
Steht Isis, die ewigweibliche
Weltseele der Natur.
Sie wendet sich ab vom Dämon
Und begehrt und liebt den Gott
Als Bruder und Bräutigam
Und wird schwanger von ihm.

Der Name der Isis bedeutet:
Schwungvoll in Bewegung sein.
Sie ist die Göttin der Bewegung,
Des Strebens zum Guten.
Schwungvoll bewegt sich die Psyche
Zum göttlichen Bräutigam.
Isis ist die Psyche des Alls,
Schwungvoll bewegt sich die Weltseele.

Der Name der Isis bedeutet
Wissen, denn Isis ist
Die Göttin der Weisheit, SOPHIA!
Ziel der Isisreligion
Ist die Erkenntnis des Ersten,
Des anfanglosen Gottes.
Isis zu verehren, bedeutet,
Erkenntnis zu erlangen
Und Wissen über den Seienden.

Was aber ist Eros?
Seherin, wer ist Eros?
Der Vater des Eros
Ist der Schaffende.
Die Mutter des Eros
Ist Frau Armut.
Frau Armut wünschte sich ein Kind,
Sie legte sich zum Schaffenden
Und empfing von seinem Geist
Und gebar den Eros.
Der Vater ist weise
Und ist sich selbst genug.
Die Mutter aber ist ruhelos
Und immer voller Begierde.

Der Schaffende ist der Erste,
Der Gott als Bräutigam und Bruder,
Der ägyptische Osiris.
Frau Armut ist Isis,
Die Psyche des Alls,
Die schwungvoll in Bewegung ist.
Der Sohn ist Eros,
Der Sohn ist Horus.
Er ist der sichtbare Kosmos,
Nicht ewig und nicht unveränderlich,
Aber immer neu entstehend.
In den Veränderungen
Und im Umlauf seiner Leidenschaft
Bleibt er doch ewig jung
Und geht nie zugrunde.

Der sichtbare Kosmos
Ist also Eros,
Sohn Gottes und der Weltseele.
Er ist schön wie die Sonne,
Er ist die Freudenzeit des Frühlings
Und die Mischung der Düfte in der Lenzluft.

Durch Eros steigt die Seele
Zur Güte und Schönheit hinan.
Unter einem Baume
An einem stillen Wasser
Spricht der Weise vom Eros.
Von den Nymphen begeistert
Zu göttlichem Wahnsinn,
Lehrt der Weise,
Daß Psyche unsterblich ist.
Sie gleicht einem Wagen,
Von zwei Rossen gezogen,
Vom Wagenlenker gelenkt.
Das rechte Ross ist weiß und stolz,
Das linke Ross ist schwarz
Und voller Leidenschaft und Begierde.
Der Wagenlenker aber
Ist die Vernunft, die Einsicht.
Der Wagenlenker beherrsche die Kunst,
Die beiden Rosse zu lenken.

Es führe der Mensch sein Leben so,
Daß er zur Erkenntnis gelangt,
Zur Einsicht in die göttliche Güte und Wahrheit.
Der Weg zur Einsicht
Führt über die Liebe zur Weisheit,
Die Freundschaft mit der Ewigen Weisheit.
Die Freundschaft mit der Ewigen Weisheit
Ist Liebe zur göttlichen Schönheit,
Liebe zur göttlichen Schönheit
Ist aber das Wesen des Eros.
Philosophie ist also Erotik.
Eros lässt den Menschen
Wieder Flügel wachsen,
So schwingt sich die Seele hinan
Zur Erkenntnis der Gottheit.

Der Mensch steigt hinan,
Noch über den Mond hinaus
Mit seinem Honigmeer
Und seinem Meer der Ruhe,
Noch über die Venus hinaus
Mit ihrer Erde der Aphrodite
Und ihrer Krone der Maria,
Bis zum Himmel der Ideen.

Mit der heiligen Isis-Psyche
Verschmolzen ist Eros
Und strebt zum Ersten, zum Guten.
Nach dem Höchsten Gut
Sehnt sie sich und jagt ihm nach.
Sie neigt sich zu dem Besseren
Und bietet ihm sich an,
Daß er in ihr zeugen möge
Und sie schwängert,
Damit sie sich freue
An ihrer Leibesfrucht,
Denn diese Geburt bedeutet
Das göttliche Sein im Stoff.
Und alles Werdende
Ist Abbild des Ewigseienden.

So soll man sich die Göttin Isis denken,
Daß sie mit dem Höchsten Gut vereinigt ist
In Schönheit und Liebe,
Die seine Aura sind.
Die ewigweibliche Seele der Natur
Hat die göttliche Schönheit an sich gerissen!
Die Erkenntnis Gottes
Fährt wie ein Blitz in die Psyche
Und gewährt ihr, Gott zu schauen,
Ja, Gott zu berühren!
Das nennen Platon (und Aristoteles)
Schau des Mysteriums.
Wenn man so mit Hilfe des Logos
Über alles Denken hinaus
Die Ewige Weisheit schaut und schmeckt,
Dann hat der geweihte Philosoph
Sein Ziel erreicht.

Der Dichter aber singt
Die Schau der Göttin Isis.

Ich war eingekehrt
In das Haus des Mannes Milon.
Die Frau des Hauses
War eine Magierin.
Ich wollte ihre magischen Künste kennen lernen
Und bat die Freundin der Frau,
Fürsprache für mich einzulegen.
Die Freundin aber zog mich in ihr Bett
Und verführte mich zur Unzucht.
Da ward ich zu einem Esel
Mit steifem Glied.
Allein die Rosen der Isis können mich erlösen!

Ich schlief am Strand
Und sah in der dunklen Nacht
Die weiße Mondin aus dem Meer auftauchen.
Es war der Vollmond
Des Frühlingsäquinoktiums.

Beim Anblick des Mondes
Schöpfte ich neue Hoffnung.
Auch meine menschlichen Angelegenheiten
Regelt die göttliche Providentia.
Das Schicksal hat sich an meinem Unglück gesättigt!
Ich habe wieder Hoffnung auf Rettung.
Ich bat um Befreiung von der Eselsgestalt.
Ich stürzte mich zu einem Tauchbad ins Meer
Und tauchte siebenmal unter mein Haupt.

Ich wusste nicht, dass der Name der Mondin
Isis ist, die Göttin der Weisheit.
Ich nannte sie damals Aphrodite
Und Anadyomene
(Oder auch die Jungfrau Diana).

O Himmelskönigin! Regina coeli!
Bist du etwa die Demeter guten Brotes?
Hilf mir in meiner Trübsal!
Richte auf mein zerschlagnes Gemüt!
Gewähre mir Seelenfrieden und Seelenruhe,
Nachdem ich die harten Schläge des Schicksals erlitten!
Es sei nun genug des Leidens!
Erlöse mich von der Gestalt des Esels!

Da legte ich mich wieder nieder
Und schlief am Meeresstrand.
Aus dem Meer erhob sich die Göttin,
Sie sah aus wie jene Marmorbüste
Der Aphrodite Anadyomene.

Da sah ich im Traum vor mir
Die Himmelskönigin,
Die langen schwarzen Haare
Mit Blumenkränzen geschmückt,
Eine Krone auf dem Haupt,
Eine Mondscheibe wie ein Spiegel
Glänzte um ihr Haupt,
Mit Ähren und Trauben geschmückt.
Ihr Gewand war weiß
Und bestickt mit Blütenornamenten,
Darüber trug sie einen blauen Mantel,
Mit einem Gürtel gegürtet.
Auf dem Mantel waren Sternbilder.
In der Rechten hielt sie eine Zymbel,
In der Linken einen heiligen Becher.
An den bloßen Füßen
Trug sie goldne Sandalen.
Sie duftete lieblich wie Weihrauch.
Sie erwies mir die Gnade
Und sprach mit himmlischer Stimme:

Siehe, mein lieber Sohn,
Auf deine Bitte hin bin ich dir erschienen,
Ich, die Mutter der Schöpfung,
Die Königin der Sterne,
Die Erstgeborne aller Zeiten,
Die Königin der Götterthrone,
Die Mutter der Toten,
Die Erste aller Himmlischen,
Die Göttin der Göttinnen,
Die ich das Schweigen der Toten
Mit gnädigem Nicken regiere!

Magna Mater nannte man mich in Kleinasien,
Minerva im weisen Athen,
Aphrodite auf Zypern,
Jungfrau Diana auf Kreta,
Aber mein wahrer Name ist
Regina coeli.

Ich bin gekommen
Voll Mitleid mit deinem Unglück!
Ich bin gekommen zu dir
Voll Wohlwollen und voll Gnade.
Laß dein Klagen und Weinen,
Denn jetzt wird durch die Providentia
Ein Tag des Heils!

Du wirst einen Priester treffen
Mit einem Rosenkranz.
Reihe dich ein in die Prozession
Zu meinen Ehren.
Küsse dem Priester die Hand
Und iß von meinen Rosen!
Dann wirst du ablegen deine Eselsgestalt.
Auch dem Priester bin ich erschienen
Und gab ihm Weisung im Traum.

Vergiss nicht, dass du mein bist!
Dein ganzes Leben bis zum letzten Atemzug
Bist du mein und ich bin dein!
Da du durch meine Gnade
Wieder zum Menschen wirst,
Verdankst du mir dein Leben!
Du wirst unter meinem Schutz und Schirm
Ein ruhmreiches Leben führen.
Und wenn sich deine Zeit erfüllt,
Werde ich dir erscheinen
In der Dunkelheit der Todesstunde
Und dich führen ins Elysische Gefilde!
Wenn du durch deinen Gehorsam mir gegenüber
Und Fasten und Beten und Opfer
Meine Gnade verdient,
Dann schenk ich dir das Ewige Leben,
Den Kranz des Ewigen Lebens!...

(Ja, ich aß die Rose der Göttin...)