Von Josef Maria Mayer
ERSTER GESANG
DER WEISE JOSEF UND DIE NYMPHE EVI
DICHTER
Einst in jenem Lande, Weiser,
Das da aller Wesen Wonne,
Heil strömt von dem Tempel Gottes,
Welches selig macht die Seelen,
Lebte der getreue Josef
Als ein milder frommer Weiser,
Freute sich am Heil der Seelen,
Treu hielt Josef die Gelübde,
Zähmte seine Leidenschaften,
Las alltäglich in der Bibel,
Täglich war im Gottesdienste,
Heiligkeit erstrebte Josef.
Seine Freunde waren Weise,
Fern von allem Egoismus,
Freuend sich am Glück des Nächsten,
Keine sinnlichen Naturen.
FREUNDE
Wer ist der gerechte Josef?
Wie kam er zum Heil der Seele?
Sag es an, du frommer Dichter,
Gerne hören wir von Josef.
DICHTER
Hört die herrliche Legende,
Die man sich erzählt von Josef.
Sagen will ich und berichten,
Wie es Josef einst ergangen.
In dem gnadenreichen Garten
Eden lebte Josef einsam.
Äpfel reiften da und Pflaumen,
Krokus blühte und Narzissos.
Frösche lebten in den Teichen,
Enten lebten auf den Teichen.
Manchmal flog vorbei ein Kranich,
Möwen flogen an dem Himmel.
Dort war schon seit langen Jahren
Josefs grüner Garten Eden,
Wo er still der Buße lebte
Mit den Katzen und Kaninchen.
Hier nun lebte der Gerechte
Ganz der Buße und der Sühne,
Ganz dem Fasten und der Keuschheit,
Kontemplierendem Gebete.
Sommers wie im Fegefeuer!
Winters in dem Höllenabgrund!
Frost und Hitze trug der Büßer,
Um die Sünden abzubüßen.
Cherubinen, Seraphinen,
Götterthrone, Fürstentümer,
Heilige und reine Geister
Staunten über Josefs Weisheit.
Josefs Sühneopferleiden
Mehrten in der Welt die Liebe,
Daß der Liebe Feuerflamme
Heißer glühte in den Welten.
Wunder über Wunder ist es,
Wie er sühnt der Sünder Sünden!
Also riefen laut die Engel,
Als den Büßer sie betrachtet.
Und die Engel sich besprachen
Mit dem Herrn, dem Allerhöchsten,
Denn die Seraphim begehrten,
Jenen Gottesmann zu prüfen.
Jesus hörte auf die Engel,
Auf der Seraphim Begehren,
Evi mit dem schönen Becken,
Stolz in ihres Körpers Reizen,
Deren schöngeformter Körper
Prangte mit der Pracht der Brüste,
Höchster Schönheit Reiz erstrahlend,
Jene Evi rief Herr Jesus.
JESUS
Evi! Eile schnell, Geliebte,
Eile du in Josefs Garten,
Ihn in seinen Sühneleiden
Prüfe du mit deinen Reizen!
EVI
Herr, dein Wort an mir geschehe!
Ich bin Dienerin des Höchsten!
Aber meine Seele zittert
Doch vor banger Angst, vor Zweifel,
Denn ich fürchte Josefs Weisheit,
Der so treu ist dem Gelübde,
Schein von Heiligkeit strahlt feurig
Ihm ums Antlitz wie die Sonne.
Wüsste er, dass ich zur Prüfung
Seiner Heiligkeit geschickt bin,
Wird er mich dann nicht verfluchen?
Ich ertrüge seinen Fluch nicht!
Katharina schick, Susanna
Schicke oder Marianna,
Schicke Charis oder Mirjam,
Schick Regina oder Anna
Oder eine andre Nymphe.
Jesus, du hast viele Nymphen,
Schicke Lili oder Mora,
Die erstrahlen auch in Reizen
Mit den schönen Angesichtern,
Mit den weißen runden Brüsten,
In der Liebeskunst erfahren,
Schicke eine andre Nymphe!
DICHTER
Evis Worte hörte Jesus,
Jesus sagte da zu Evi:
JESUS
Alle meine andern Nymphen
Sollen bleiben in dem Himmel.
Keine von den andern Nymphen
Ist geeignet für die Prüfung,
Du allein, geliebte Evi,
Weißt den Josef zu versuchen.
Eros, Frühling, Frühlingslüfte
Geb ich dir zu Weggenossen.
Evi mit dem schönen Becken,
Geh nun in den Garten Eden!
DICHTER
So sprach Jesus. Nymphe Evi
Mit den blauen Blicken eilte
Mit dem Eros und dem Frühling
In den Hain des Büßers Josef.
Dort erblickt sie, voll von Ängsten,
Ihn in seinem Heilgenscheine,
Meditierend in der Zelle,
Wie aus Feuer war sein Körper.
Mit dem Eros und dem Frühling
Schaute sie den Garten Eden
Gleich dem Paradiese Gottes,
Sah die Rosen, sah die Katzen,
Sah die Eichen, die Kastanien,
Voll Gesang die schwarzen Amseln,
Apfelbäume voller Äpfel,
Blütenreich Magnolienbäume,
Lieblich die Magnolienbäume,
Schnee und Schaum die weißen Blüten,
Wo der Dompfaff und die Meise
Bliesen ihre Jubelflöte,
Teiche sah sie voller Enten,
Wo die weißen Möwen baden,
Wo das goldne Schilfrohr rauschte,
Grüne, grüne Weiden hangen.
Als sie sah den Garten Eden
Mit dem Eros und dem Frühling,
Dachte sie an Jesu Auftrag,
Den Gerechten zu versuchen.
Evi also sprach zu Eros,
Zu der Frühlingsluft, zum Frühling:
Leistet mir getreue Hilfe,
Alle ihr und jeder einzeln.
Jene sprachen: Hab Vertrauen!
Weiter sprach die Nymphe Evi:
Also will ich zu ihm gehen,
Ich besuche seine Wohnung.
Jenem, der das Ross der Seele
Voller Leidenschaften zügelt,
Mache ich zum Rosselenker,
Der die Zügel schlaff lässt hängen.
Wäre er auch voll der Gottheit
Vaters, Sohnes und des Geistes,
Will ich ihm das Herz verwunden
Mit dem Feuerpfeil des Eros!
So sprach Evi, schlich sich leise
Zum Gerechten in den Garten,
Wo er predigte Kaninchen,
Die er zähmte voller Liebe.
An dem Rand des Teiches schritt sie,
Schön wie eine Aphrodite,
Flötend wie die Nachtigallen
Eine Hymne an die Liebe.
Plötzlich ließ des Frühlings Grünkraft
Lenzlust überall erblühen,
Vögel ihre Flöten bliesen,
Sich die Turteltauben pickten,
Und die Frühlingsluft, der süße
Atem Gottes, ließ erblühen
Alle Gräser auf der Wiese,
Die Narzissen an den Wassern,
Eros mit dem Feuerpfeile
Nahte schrecklich dem Gerechten,
Schrecklich-schön und herrlich-schrecklich,
Josefs Herz mit Macht durchbohrend!
Kaum vernahm er Evis Stimme,
Folgte er schon ihren Augen.
Staunend vor dem Glanz der Schönheit
War sein Herz ihm schon verwundet.
Sie zu schauen war sein Himmel,
Seine Augen sprühten Liebe,
Aus der Rechten sank der Stab ihm,
Wollust glüht in seinem Marke.
JOSEF
Wer und wessen bist du, Schönheit?
Holde mit charmantem Lächeln,
Du beraubst mich des Verstandes!
Sanfte, sage mir die Wahrheit!
EVI
Bin als deine Magd gekommen,
Gärtnerin zu sein des Gartens.
Sag mir deine Wünsche, Frommer,
Was soll ich dir tun zuliebe?
DICHTER
Als er dieses Wort vernommen,
Da verließ ihn seine Weisheit.
Josef fasste Evis Hände,
Führte sie in seine Hütte.
Eros, Frühlingsluft und Frühling
Kehrten wieder in den Himmel,
Weil sie ausgeführt den Auftrag,
Den gegeben ihnen Jesus.
Als sie kamen zu dem Meister,
Priesen sie die Künste Evis.
Seraphim lobsangen Jesus
Und verklärten Gottes Weisheit.
Als mit Evi Josef zärtlich
War zusammen in der Hütte,
Ließ er seinen Körper strahlen:
Ätherkörper, Feuerkörper!
Josef war ein Mann voll Schönheit,
Reizend war er anzuschauen,
Ja, er war so schön wie Jesus,
Heilgenschein um seine Stirne.
Josef trug den Purpurmantel
Und den Rosenkranz im Haare,
Selbst erschuf er seine Schönheit
Durch die Macht der Sühneleiden.
Als die Schöne ihn erblickte,
Staunte sie vor seiner Schönheit:
Welche Macht gibt dir die Buße!
Rief sie aus mit Hochentzücken.
Er ließ ab nun vom Gebete,
Von des Gottesdienstes Opfer,
Bibellesen, Meditieren,
Fasten, Beichten, Reinigungen,
Alles ließ er, um alleine
Nur mit ihr der Lust zu leben.
Die entflammte Seele dachte
Nicht an den Verlust des Glaubens.
Tag und Nacht und Wochen, Monde,
Jahreszeiten, ganze Jahre,
Daß die Zeit verging, das merkte
Josef nicht in Sinneslüsten.
Evi in der Kunst der Liebe
War gebildet, sie ergötzte
Josef oft mit ihrem Becken
Nach der Kunst des Liebesaktes.
Hundert Jahre lebte Josef
So in Liebeslust mit Evi,
Er, der Eremiten Adler,
Tief ergötzt vom Wonneweibe!
Aber einmal sagte Evi:
Ich will wieder in den Himmel!
Sei mir gnädig, edler Weiser,
Laß mich wieder in den Himmel!
Aber Josef sprach zu Evi,
Denn sein Herz hing an der Schönheit:
Nur noch ein paar Tage, Liebste,
Bleibe noch, erhör mein Flehen!
Wieder hundert Jahre lebte
Josef wonnevoll mit Evi,
Mit dem weisen Mann die Schöne
Allezeit genoss die Wollust!
Als vorbei die hundert Jahre,
Wieder Evi sprach voll Liebreiz,
Mit charmantem Lächeln flüsternd:
Weiser, laß mich in den Himmel!
Aber Josef sprach zu Evi
Wie ein liebeskranker Bettler:
Weile noch ein Weilchen, Süße,
Bleibe noch bei mir auf Erden!
Weil er sie so lieb gebeten,
Wagte Evi nicht, zum Himmel
Heimzukehren, denn sie bangte,
Josef könnte sie verfluchen!
Josef lebte immerwährend
In der Wonne ihrer Wollust,
Doch blieb neu an jedem Tage
Evis Wollust dem Besessnen!
Eines Tages aus dem Garten
Josef eilig ging zur Kirche.
Evi sah dies, sagte lächelnd:
Wohin willst du denn so eilig?
Josef also sprach zu Evi:
Jetzt gekommen ist der Abend,
Ich will in der Vesperstunde
Kerzen zünden in der Kirche.
Evi lachte leise, scherzend
Sagte sie zum weisen Josef:
Jetzt der Abend ist gekommen?
Bist du so der Zeiten kundig?
JOSEF
Evi, du kamst heute morgen
Zu mir in den Garten Eden,
Da erblickte ich dein Becken,
Führte dich in meine Hütte.
Jetzt gekommen ist der Abend
Und der Tag geht nun zu Gnaden:
Warum lachst du denn so spöttisch?
Bitte, sage mir die Wahrheit!
EVI
Morgens kam ich, weiser Josef,
Das ist Wahrheit, keine Lüge,
Doch Jahrhunderte vergingen
Seit dem Morgen meines Kommens.
DICHTER
Josef sprach zur schönen Evi,
Evi mit den schmalen Augen:
Wie viel Jahre sind vergangen,
Seit wir Liebesspiele spielen?
EVI
Ganz genau gerechnet sind es
Tausend Jahre unsrer Liebe,
Tausend Jahre, sieben Monde
Und drei Tage und drei Nächte.
JOSEF
Schönheit, redest du die Wahrheit?
Oder scherzt du nur und spottest?
Ach ich fühle, erst ein Tag vergangen
Ist seit deinem Kommen, Liebste.
EVI
Wie denn könnte ich, mein Josef,
Je den frommen Mann belügen?
Hast du mich gefragt nach Wahrheit,
Muss ich dir die Wahrheit sagen.
DICHTER
Als der weise Josef dieses
Hörte von den Scharlachlippen,
Rief er: Wehe, wehe, wehe!
Ach, ich bin ein armer Sünder!
JOSEF
Wo sind meine Glaubenswerke,
Wohin schwand mir mein Gelübde!
Ich hab den Verstand verloren!
Ewig locken doch die Weiber!
Der du tiefer als das Meer bist,
Der du höher als die Berge,
Gott, wer wird dich nun erschauen?
Wohin ist mein Heil der Seele?
DICHTER
Als sich nun der Büßer Josef
Selbst verklagte aller Sünden,
Sagte Josef noch zu Evi
Diese bitterlichen Worte:
JOSEF
Wie du willst, so geh denn, Traumfrau!
Was du wolltest, ist geschehen,
Die du mich mit Sinnenfesseln
In die Sinnlichkeit verstricktest!
Feuer soll dich nicht verbrennen,
Weib, zu einem Häufchen Asche,
War ich lange doch glückselig
In der Wollust deiner Liebe!
Was denn wäre deine Sünde,
Was wär deine Sündenstrafe?
Mea culpa, mea culpa,
Mea magna, magna culpa!
Bist du jetzt befriedigt, Schöne?
Einen Mönch hast du verzaubert!
Doch die Prüfung kommt von Jesus,
Jesus prüfte seinen Diener.
DICHTER
Dieses sprach der Büßer Josef
Zu der schönen Nymphe Evi,
Ihr erzitterten die Glieder
Und sie schwitzte Schweißes Perlen.
Wie sie da stand, zaghaft zitternd,
Schweißbedeckt am ganzen Leibe,
Traurig sprach der fromme Josef:
Geh doch! Warum bleibst du bei mir?
So hat sie ihn denn verlassen,
Aus der Wohnung schritt die Nymphe,
Ging wie durch die Luft spazieren,
Mit dem Laub den Schweiß abwischend.
Schwebend ging sie bei den Bäumen,
Evi, Gottes schönste Nymphe!
An den roten Rosenblüten
Hangen blieben Schweißes Perlen.
Von dem Schweiß befruchtet, Evi
Keusch gebar ein liebes Kindlein.
Dieses ward gesäugt vom Euter
Einer mütterlichen Milchkuh.
Nach Verlauf von sieben Jahren
War gereift ein lieber Knabe.
Tom-Tom war des Knaben Name,
Der ein Freund von Jesus wurde.
ZWEITER GESANG
DER TODGEWEIHTE JOSEF NIMMT ABSCHIED VON SEINER GELIEBTEN EVI
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Die so weiß wie Soyasprossen,
Ihre langen schwarzen Haare
Glichen Mutter Nacht, der schwarzen.
Wie sie müd von Liebeslüsten
Aufgestanden von dem Bette,
Dieses Wissen von der Liebsten
Ist aus Torheit mir entschwunden.
Jetzt noch seh ich wie den Vollmond
Der Geliebten schönes Antlitz,
Seh von Eros’ Pfeil aus Feuer
Wild durchwühlt die lieben Glieder.
Sehe ihre vollen Brüste,
Schneeweiß wie der Schaum des Meeres.
Oh wie täte ihre Liebe
Gut doch meinem eignen Leibe!
Wieder seh ich ihre Augen,
Abendsterne, Mandelaugen,
Seh am Gange sie behindert
Von den vollen weißen Brüsten.
Wollt mit Küssen sie ersticken,
Wollt an ihren Lippen lecken
Wie der Falter an der Krokus,
Heiß von Wollust meiner Liebe!
Jetzt noch seh ich sie ermattet
Von der Nacht der Liebeswonnen,
Sehe ihre schwarzen Haare
Um den süßen Mond von Antlitz!
Die Erinnerung bewahrt sie
Reizend wie verbotne Sünde,
Ach, sie schlang die weißen Arme
Einmal mir um meine Hüften!
Ich gedenke, wie die Schwanin
Schwamm im Lilienteich der Liebe,
Wie sie badete in Wollust,
Fortgegangen ist am Morgen.
Weiß ihr Antlitz, doch voll Röte,
Schlug sie ihre Wimpern nieder,
Ihre Augen Abendsterne,
Welche blaue Blicke blitzten!
Jetzt noch seh ich ihre Augen,
Tief erfüllt von Trauertränen,
Seh verwelkt des Leibes Blüte,
Als ich einmal sie verlassen.
O mit welchen Zärtlichkeiten
Wollt ich brünstig sie umarmen,
Meine Augen nicht mehr öffnen,
Niemals wieder sie verlassen!
Jetzt noch seh ich sie im Tanze,
Voller Anmut bei dem Bauchtanz,
Schaukeln sehe ich ihr Becken
Und erbeben ihre Brüste!
Von dem Antltiz seh ich Schimmer
Wie vom Vollmond sich ergießen,
Wie von Ebenholz den Rahmen
Ihrer langen schwarzen Haare.
Jetzt noch seh ich sie im Bette,
Wie sie müde lag im Schlummer,
Wie Ylang-Ylang-Parfüme
Dufteten und Rosenöle.
Ihre Augen Turteltauben,
Welche flattern mit den Flügeln,
Die sich brünstig voller Liebe
Schnäbelnd mit den Schnäbeln picken!
Jetzt noch sehe ich die Schöne
In der roten Glut des Weines,
Wie sie sich im Liebesakte
So geschickt bewegt wie keine.
Nüsse kauen ihre Zähne,
Ihre Zähne weiße Perlen.
Ihr Parfüm von Kokosnüssen
Duftet aus den schwarzen Haaren.
Jetzt noch sehe ich ihr Antlitz,
Weiß wie weiße Krokosblüten,
Sehe die kristallnen Tropfen
Ihres Schweißes bei der Liebe.
Nach erschöpfender Begattung
Seh ich der Geliebten Blässe,
Da ihr Antlitz wie der Vollmond,
Der die dunkle Nacht erleuchtet.
Jetzt noch sehe ich im Geiste,
Wie die Liebste voll des Zornes
Ihren Ohrring ausgerissen
Und geworfen auf die Erde.
Aber dann die Tochter Gottes,
Als ich in dem Dunkel nieste,
Wieder sich mit mir versöhnte:
Lebe ewig – zu mir sagte.
Jetzt noch denk ich an ihr Antlitz,
Wie in Leidenschaft der Liebe
Ihre Wangen sie zerkratzte
Mit dem Schmucke an den Ohren.
Nach den süßen Liebeslüsten
Die kristallnen Schweißestropfen
So wie Edelsteine, Perlen,
Schmückten der Geliebten Antlitz.
Jetzt noch denk ich an die Blicke,
Die aus ihren Augen blitzten,
Wenn von Liebesschmerz gebrochen
Bebte ihre Brust im Busen.
O wie von den vollen Brüsten
Hingesunken war das Brusttuch!
Wie sie biss auf ihre Lippen
Und sich leckte ihre Lippen!
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Wie sie wandelt wie die Schwanin,
Wie die Hand mit feinen Fingern
Gleicht dem Wedel einer Palme.
Ihre vollen weißen Brüste
Sind geschmückt mit Perlenschnüren,
Ihre schöngewölbten Wangen
Oft im Rot der Scham erröten.
Noch seh ich das Mal der Mutter
Auf der weißen Brust, der linken,
Sehe ihre weißen Brüste
Glitzern wie den Schnee der Weihnacht.
O wenn sie mit ihren Händen,
Wenn sie sich erhebt vom Sessel,
Fasst das seidenfeine Kleidchen
Und es keuscher Zucht zurechtrückt!
Jetzt noch denk ich, heimlich glücklich,
Wie sie schminkte ihre Augen,
Wie sie ihre Lockenschlangen
Mit der Zypertraube färbte,
Seh den Mondstein an den Ohren,
Seh der Zähne Perlenschnüre,
Die da meditierend murmeln:
Siehe, ich bin Gottes Sklavin!
Jetzt noch sehe ich die Haarflut
Mit dem Knoten aufgebunden,
Sehe das charmante Lächeln
Um die scharlachroten Lippen,
Sehe ihre schmalen Augen,
Welche freundlich grüßend lächeln,
Seh die fromme Schnur der Perlen
Ihre weißen Brüste küssen!
Jetzt noch seh ich sie im Zimmer,
Wo sie ruhte in dem Dunkel,
Wo der Flammenschein der Kerzen
Leuchtete wie Gold im Raume,
Wie sie heimlich flüsternd sagte:
Jetzt will ich im Schlummer träumen,
Wie sie aufsprang dann voll Schrecken:
O ich muß jetzt eilen, eilen!
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Wie sie Trennungsschmerz gelitten,
Sie, mit Augen der Gazelle,
Meine Wonne, meine Hoffnung,
Alle femininen Reize
Trägt sie ja an ihrem Körper,
Die da wandelt wie die Schwanin,
Wie die Gottheit in dem Schwane!
Jetzt noch denk ich an die Eine,
Die von Eros’ Pfeil durchbohrte,
Unter allen schönen Frauen
Keine kann sich ihr vergleichen.
Ja, an Charme und Reiz und Anmut
Keine Frau ist ihr vergleichbar,
Sie, der Liebeswonnen Becher,
Bis zum Grunde auszusaugen!
Ach, in keinem Augenblicke
Ich die Liebste je vergesse,
Die mir teurer als mein Leben,
Ach, die jetzt vom Schmerz betrübte,
Die sich wie ein nasses Hemdchen
Eng geschmiegt in meine Arme,
Welche jetzt so schutzbedürftig
Sich verlassen sieht vom Gatten.
Nimmermehr vergess ich, Himmel,
Doch die gutgebaute Liebste,
Die doch bleibt in allen Schmerzen
Gegenwärtig mir im Geiste.
O die Tochter Gottes, wahrlich,
Schönste aller schönen Frauen,
Welche gleicht der Liebe Becher,
Allerschönste Augenweide!
Wie sie mit der Pracht der Brüste
Voller Anmut gnädig nickte!
Noch seh ich die Schnur der Perlen
Hangen zwischen ihren Brüsten!
Diese Brüste hat sich Eros
Wahrlich auserwählt zum Tempel!
Sie, wie eine rote Fahne,
Wehte flatternd neben Eros!
Jetzt noch muss ich an sie denken,
Wie die Zunge sich verirrte,
Als der Eros sie betörte,
Wie sie stammelte und lallte!
Hundert Schmeicheleien blühen
Von der Zunge der Geliebten,
Wie sie mich den Weisen nannte
Und der frommen Liebe Helden!
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Denk an sie im Paradiese,
Wie sie ihre Wimpern senkte
Müde nach genossner Liebe!
Oh! Als von der Brust gesunken
War das schwarze Seiden-Brusttuch,
Als die langen schwarzen Haare
Fielen bis zu ihren Brüsten!
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Schwanin in dem Liebesteiche,
Die Ambrosia und Nektar
Trägt auf ihren süßen Lippen!
Ach, in ihrem Arm zu ruhen!
Neiden würd ich nicht den König,
Nicht die Seligen des Himmels
Mehr im Paradies beneiden!
Jetzt noch seh in meiner Seele
Ich allein das Bild der Liebsten,
Öfter seh ich die Geliebte
Als die heilige Maria!
Ach, was tu ich in der Stunde,
Nun in meiner Todesstunde?
Aber sie ist meine Wonne,
Meine Seligkeit auf Erden!
Jetzt noch denk ich der Gazelle
Voller sanft bescheidner Demut,
Wie sie bang verdreht die Augen,
Weil ich jetzt zum Tode gehe!
Wenn man sprach von meinem Tode,
Tränen füllten ihre Augen,
Schmerz und Gram und schwerer Kummer
Ihr verdunkelten das Antlitz.
Jetzt noch denk ich an die Liebe,
Ohne sie ist leer mein Leben,
Aber mit der Vielgeliebten
Wie ein Himmelreich auf Erden!
Sie, die Vielgeliebte, rettet
In den Schmerzen meine Seele!
Was tat Gott, der Sohn und Vater,
Was tat Gott, der Geist der Weisheit?
Meine Augen gingen wandern
Über diese dunkle Erde,
Ob zu finden auf der Erde
Eine Frau wie meine Liebste?
Seh ich nirgendwo ein Antlitz
Ähnlich ihrem Gottes-Antlitz!
Psyche selbst, die Braut des Eros,
War so schön nicht wie die Liebste!
Wie hat sie mit mir gelitten,
Voller Mitleid ihre Seele,
Als ich aus dem Haus vertrieben
Und verjagt ward von den Hunden,
Wie ich von den Satansmenschen
Ward gejagt gleich einem Fuchse!
Ach, von meinen Seelenschmerzen
Kann der Dichter selbst nicht sprechen!
Jetzt noch leide ich es allzeit
In dem peinerfüllten Herzen,
Daß ich ihr geliebtes Antlitz
Jetzt nicht selig mehr erblicke!
Oh, das Antlitz wie der Vollmond,
Reines Angesicht der Psyche,
Wenn das Antlitz Eros anschaut,
Dann zerschmilzt das Herz des Eros!
Jetzt noch, dass sie mir im Himmel
In dem Paradiese nah sei,
Lebt als Seele meiner Seele
Sie im Heiligtum des Herzens!
Sie ist jene, deren Reize
Ich alleine ganz erkannte,
Meines Lebens süße Tröstung,
Die nur ich weiß zu genießen!
Jetzt noch ist berauscht mein Seelchen
Von der Locken goldnen Spange,
Die sich bei der Strähnen Kräuseln
Dicht verborgen in der Haarflut.
Trunken saugen Honigbienen
An der Krokus Nektarstempel!
Wie betrunken und berauscht doch
Ihre lieben Lippen flüstern!
Jetzt noch denk ich an die Küsse
Ihres süßen Honigmundes,
Als auf ihren weißen Brüsten
Ich in Wollust war versunken!
Sie jedoch mit Seelenschaudern,
Sie vertraute ihrem Mann nicht,
Nachts im Bette blieb sie wachsam,
Schaute ängstlich nach dem Gatten.
Jetzt noch denk ich an die Schöne,
Die sich abgewandt im Zorne,
Als auf ihrem süßen Munde
War kein Liebeswort zu finden!
Dann liebkoste ich sie zärtlich,
Aus den Augen tropften Tränen.
Schau, Geliebte, deinen Sklaven,
Dir zu Füßen, dich anbetend!
Jetzt noch ist bei ihr mein Seelchen,
Was auch soll ich anders sinnen?
Denn in ihrer trauten Nähe
Rasch vergeht die Zeit auf Erden!
Ja, ich seh sie in dem Garten,
Von den Freundinnen umgeben,
Wie sie sich im Tanze freuen,
Wie sie plaudern, wie sie lachen.
Ist sie nicht des Vaters Tochter?
Ist sie nicht des Sohnes Mutter?
Ist sie nicht die Braut des Geistes?
Ist sie denn nicht die Madonna?
Oder hat sie Gott erschaffen,
Meine Seele zu versuchen?
Meisterwerk des Schöpfers ist sie,
Ihre Seele und ihr Körper!
Auf der Erde kann kein Maler
Jemals ihre Schönheit malen!
Nirgend gibt es eine Schönheit,
Welche ihrer Schönheit gleich wär!
Wer die Zwillingsschwester sähe,
Ganz genau die gleiche Schönheit,
Dieser sähe eine Schönheit,
Welche ihrer Schönheit gleich wär.
Jetzt noch denk ich an die Liebste,
Die Holdseligste der Frauen,
Sie, der Inbegriff der Tugend,
Sie, das Meisterwerk des Schöpfers!
Ach, wie traurig ihre Augen
Weinten viel kristallne Tränen,
Die die Wangen niederliefen,
Zitternd auf der Lippe glänzten.
Jetzt noch denk ich an ihr Antlitz,
Wie der Wonnemond des Maien!
Kalte Philosophenherzen
Würden hier entflammt von Liebe!
Könnte ich die nektarsüßen
Lippen doch nicht einmal küssen!
Dann vergessen wär die Trennung
Und die Schmerzen meines Kummers.
Könnte ich doch Eros’ heißen
Feuerpfeil und meiner Wunde
Nur entfliehen und im Meere
Ihrer schönen Liebe baden!
Ah, in ihrem Wonnebade
Wollte ich mich nackend baden,
Wäre gern die rote Schminke
Auf den vollen lieben Lippen!
Jetzt noch, ob es auch auf Erden
Gibt viel tausend schöne Frauen,
Eine wie die andre niedlich
Anzuschauen mit Vergnügen,
Keine aber gleicht der Einen.
O Geliebte, Ohnegleiche!
Ach wie schwer ist mirs im Herzen,
Ich verzehre mich vor Sehnsucht!
Jetzt noch lässt die Vielgeliebte
Mit dem langen Schwanenhalse
In den Reizen ihres Körpers
Zitternd vor geheimer Wollust
Aus dem Liebeswonnebade
Und dem Teiche meiner Schmerzen
Tauchen eine lichte Blume,
Goldne Blüte meiner Seele.
Jetzt noch denk ich an die Schöne,
Denk an ihre Zeit als Mädchen,
Da sie in dem Rausch der Jugend
Reizend mit den Wimpern winkte!
Ah, sie ist wohl eine Göttin?
Ist ein Engel? Eine Huri?
Die gekommen ist vom Himmel,
Auf der Erde hier zu herrschen?
Jetzt noch denk zu jeder Stunde
Ich an meine Heißgeliebte,
Wie sie sich vom Bett erhoben
Traumumflort zur Morgenstunde,
Wie sie dann den nackten Körper
Badete im Wonnebade
Und sich schminkte und sich schmückte
Und frisierte ihre Haare.
Jetzt noch denk ich an ihr Strahlen,
An den Lichtglanz ihrer Schönheit!
Wie sie glühte voller Sehnsucht
Nach dem Manne, den sie liebte!
Ich besiegte sie mit Worten
Und mit einem süßen Küsschen.
Ach und als ich sie umarmte,
Das war Medizin der Seele!
Jetzt noch denk ich an die Kämpfe,
Liebeskriege ohne Waffen!
O wie wir die Hände zärtlich
Uns berührten sanft wie Blumen!
Wie sie biss auf ihre Lippe!
Wie sie bluteten, die Lippen!
Wie wir unsern Krieg versüßten
Durch erneute Süßigkeiten!
Jetzt noch, kann ich mich auch heute
In die Liebste nicht versenken,
Leb ich alle meine Stunden
Mit ihr immer in dem Geiste.
Richter! Nimm mir nur mein Leben,
Denn ich bin ein Todgeweihter!
Schneide ab den Lebensfaden,
Nimm den Schmerz von meinem Herzen!
Jesus wird in Ewigkeiten
Wandeln auf dem Meer der Liebe!
Jesus wird in Ewigkeiten
Herrscher sein des Liebesfeuers!
Und so lang die Erde dauert
Und so lang die Sonne aufgeht,
Ich vertraue mich Maria
Als der Lieben Frau in Liebe!
DRITTER GESANG
DER LIEBENDE JESUS UND DIE GELIEBTE EVI
1
Höre, meine liebe Freundin,
Höre deiner Freundin Worte:
Ich hab lang mit ihm gesprochen,
Jetzt bin wieder ich alleine.
Immer schwerer ward mein Kummer,
Ach, je länger ich ihn schaute,
Nichts vermochte mir zu helfen,
Was auch immer sich ereignet.
Schmutzig trägt er seine Kleider
Und er kämmt nicht mehr die Haare,
Fleisch mag er nicht länger essen
Und er trinkt auch keinen Rotwein.
Blassgeworden ist der Schöne,
Immer ruft er deinen Namen,
In den Augen ist kein Glanz mehr,
Er kann niemand mehr erkennen.
Er gleicht einer Vogelscheuche,
Hölzern aufgestellt im Garten!
Doch vor seinem Mund der Spiegel
War bewölkt doch noch vom Atem.
Ja, er atmet noch, der Liebe,
Doch vernichtet ist sein Leben!
Hilf ihm, liebe Freundin Evi,
Denn sonst bin auch ich verloren.
Josef spricht: Das sind die Schmerzen,
Die er in der Trennung leidet,
Nichts als einzig Evis Liebe
Medizin wär seiner Seele!
Jesus, sonst glückselig-selig,
Murmelt nur noch Evis Namen.
Hört er deinen Namen nennen,
Sträuben Jesus sich die Haare.
Jesus neigt sein Haupt voll Kummer,
Seine Augen voller Tränen.
Stellt wer Jesus eine Frage,
So gibt Jesus keine Antwort.
Aber nennt man Evis Namen,
Aufmerksam sofort wird Jesus.
Nichts hat er im Sinn als Evi,
Nichts als Evi kann er denken.
Wahrlich, Schwermut voller Trübsinn
Jesus fühlt in seinem Herzen.
Josef spricht: Ihm schwand die Weisheit,
Jesus ist ein Tor geworden!
2
Eine solche tiefe Liebe
Hat es nie bisher gegeben,
Solche Liebe, die die Herzen
Weiß im Innern zu verschmelzen!
Zwar vereinigt, beide klagen
Dennoch schon vor Trennungsschmerzen,
Einen Augenblick getrennt sein
Ist den beiden unerträglich.
Außerhalb des Wassers Fische
Können ebenso nicht leben.
Solche Liebe unter Menschen
Wird es nie auf Erden geben.
Auch die Seeros’ auf dem Teiche
Wird geliebt vom Strahl der Sonne,
Doch die Seeros’ wird verwelken,
Doch die Sonne weiterstrahlen.
Mag die Wolke auch dem Kuckuck
Ihre feuchte Liebe schenken,
Niemals regnet sie zu frühe,
Um zu netzen ihren Kuckuck.
Auch die blaue Krokusblume
Sets denkt an den weißen Falter.
Zwar der Falter kommt geflattert,
Niemals aber kommt die Blume.
Von dem Unsinn, dass Frau Mondin
Einen Träumer einst geküsst hat,
Laß mich schweigen. Evis Liebe
Ist auf Erden unvergleichlich.
3
Du mein vielgeliebter Jesus,
Du mein Atem, du mein Leben,
Deine Dienerin auf Erden
Bin ich in dem Seelenkörper.
Meine Ehre hingegeben,
Stamm und Namen hingegeben
Habe ich des Kosmos König,
Jesus, Universums König.
Mönche beten stets zu Jesus
In der abgeschiednen Zelle.
Ich, die Frau vom grünen Lande,
Wie soll ich dich lieben, Jesus?
All mein Ego ist versunken
In dem Ozean der Liebe!
Ich bin wie das Ganzbrandopfer,
Schrecklicher, zu deinen Füßen!
Ja, du bist der Weg, die Wahrheit,
Du der Gott und du das Leben.
Ewig dich nur anzuschauen
Ist genug, genug für Evi!
Spricht man auch von meinen Fehlern,
Solches soll mich nicht betrüben.
Demut ist wie eine Perle,
Perlenschnur des Rosenkranzes.
Ob ich rein bin oder sündig,
Jesus, weißt nur du alleine.
Jesus, ich weiß nicht, was gut ist,
Doch ich weiß, du bist die Güte.
Josef der Gerechte redet:
Jesus, dir nur will ich folgen.
Nimm du von uns alles Böse,
Tu du in uns alles Gute!
4
Freundin, du bist Evis Freundin,
Und du fragst mich, was ich fühle?
Soll ich dir von Liebe sagen
Und von Leidenschaft der Liebe?
Ah, die Leidenschaft der Liebe
Immer neu betört die Seele!
Jesu Wunderschönheit sah ich,
Als die Mutter mich geboren.
Jesu Wunderschönheit aber
Nie mein Auge hat gesättigt,
Seine Worte, süß wie Honig,
Haben nie mein Ohr befriedigt.
Lange Nächte, dunkle Nächte,
Spielte ich mit meinem Jesus.
Doch ich hab den Sinn des Spieles
Nie erkannt und nie begriffen.
Ewigkeiten-Ewigkeiten
Ruhe ich in Jesu Armen.
Aber dennoch meine Seele
Fand nicht ihre Seelenruhe.
Wo sind jene, die die heiße
Leidenschaft der Liebe kennen?
Viele reden von der Liebe,
Einer nur, er tut die Liebe!
Josef redet, der Gerechte:
Liebesschmerzgequälte Seele,
Deine heiße Sehnsucht stillen
Kann allein der Gott der Liebe!
5
Was mein lieber Jesus tun wird,
Wird zum Besten mir gereichen.
Und was meiner Seele gut tut,
Das tut gern der Vielgeliebte.
Ich in des Geliebten Augen
Ruh in des Geliebten Augen,
Jesus wäre selber gerne
Die Pupille meines Auges.
Lieber ist mein Vielgeliebter
Mir als selbst mein eignes Leben!
Er will ganz sein Leben geben
Für das Heil der Seele Evis!
Josef spricht: Ein Paar von Schwänen
Jesus sind und seine Evi!
Keiner kann die Quelle trennen
Von dem schönen Lebensstrome.
6
Jesus tritt zu seiner Evi,
Daß er sie im Tanz umarme!
Alle Glieder seiner Evi
Sind gebaut aus höchster Schönheit!
Jesus legt die Arme zärtlich
Seiner Evi um die Hüften,
Wange schmiegt er sanft an Wange
Und so tanzen die Verliebten.
Leidenschaftlich sie umschlingend,
Jesus tanzt mit seiner Evi,
Silberzymbeln leise klingen
Und man bläst die Jubelflöte.
Evis Armreif klirrt am Arme
Und die Kettchen an den Füßen.
Jesus tanzt mit seiner Schönheit,
Seine Schöne tanzt mit Jesus.
Selig Josef, der Gerechte,
Sieht die hochbeglückte Evi.
Es verhaucht den Atem Josef,
Legt ihn diesem Paar zu Füßen!
7
In der schönen Gartenlaube
Jesus ruht bei seiner Evi,
Evi in dem Seidenkleidchen,
Oben schimmert schön der Vollmond.
Jesus schlingt die Heilandsarme
Leidenschaftlich um die Schönheit!
Jesu Blitz, elektrisch zuckend,
Spaltet ihre dunkle Wolke!
Jesus trägt den Purpurmantel,
Evi trägt ein Seidenkleidchen.
Ihre Herzen flammen lodernd,
Süße Frühlingslüfte düften.
Auf dem Gras gebettet Jesus,
Evi in der Lilienaue.
Jesus redet wie ein Dichter,
Evi ist voll stiller Demut.
Jesus rührt in heißer Liebe
Evi an die weißen Brüste!
Rühre mich nicht an, haucht Evi,
Doch dann lässt sie es geschehen.
Jesus spielt das Spiel der Liebe,
Leidenschaftlich glüht sein Eros!
Ah, die Weißglut seines Eros
Glühend diese Welt durchlodert!