Von Josef Maria Mayer
ERSTE SZENE
(Sardinien. Ende 3. Jhd.n.Chr. Der heilige Gabinus, Vater der heiligen Susanne, von kaiserlichen Soldaten gefoltert.)
GABINUS
Zermalmt mich nur! Ich bin ein Weizenkorn,
Zermalmt mich nur, dass ich zum Brote werde!
Ich sah den heiligen Antiochus
Von Sulchi, sah den Marterzeugen leiden
Und sah den Marterzeugen sterben und
Bekehrte mich zu seinem Gott und Herrn!
SOLDAT
Wo ist dein Gott denn, wenn du sterben musst?
GABINUS
Ihr Heiden alle lebt in Todesfurcht,
Ihr lebt in Finsternis und Todesschatten!
Die Babylonier und Ägypter und
Die weisen Griechen auch und alle Römer
Und auch am Indus und im fernsten Tarschisch,
Ihr Heiden alle fürchtet euch vorm Tod
Und vor der ewigen Vernichtung, ihr
Habt eine Heidenangst vorm leeren Nichts!
Ha! Christus auferstanden ist vom Tode
Und öffnete die Perlentür zum Himmel!
SOLDAT
Wir alle sterben! Du musst sterben auch!
GABINUS
Und ob ich sterben muss, ich sterb für Christus,
Wie Christus sterbe ich den Kreuzestod.
In meiner dunklen Nacht der Todesleiden
Ich schenke ganz mich dem gekreuzigten
Und auferstandenen Erlöser Jesus!
Ich sterbe nicht, denn Christus lebt in mir!
Und ob ich sterbe auch, ich werde leben
Mit Jesus in des Himmels Paradies!
SOLDAT
Ich will dir helfen rasch ins Paradies!
Wir schicken alle Christen in den Himmel,
Dann haben wir auf Erden unsre Ruhe!
GABINUS
(Sieht von fern seine Tochter, die heilige Susanne, kommen)
Du Narr! Wir Marterzeugen Christi,
Wir taufen diese Welt mit unserm Blut,
Und jeder Tropfen Blut von Marterzeugen
Ist Same für die Ernte neuer Christen!
Susanne! Bleibe Jesus treu als Braut!
SUSANNE
O lieber Vater, stirb als Marterzeuge,
Und Jesus gibt die Krone dir des Lebens!
Mein Vater, ach, wie möchte ich dir folgen!
Auch ich will leiden das Martyrium!
SOLDAT
So stirb, du Hund, und fahre in den Hades!
GABINUS
Ich gebe meinen Geist in Gottes Hände!
(Er stirbt)
ZWEITE SZENE
(Papst Cajus auf dem Stuhl des Apostels Petrus als Bischof von Rom und Hirte der universalen Kirche. Neben ihm seine Nichte, die heilige Susanne.)
PAPST
Valerian, der Heidenkaiser, hat
Es Uns nicht angetan, ob goldne Münzen
Verkünden auch: Apoll hat ihn erhalten.
Wir sehn, wie schlecht doch sein Apollo war.
SUSANNE
O lieber Onkel! Eure Heiligkeit
Die Kirche führt, die heilig, apostolisch,
Katholisch ist, die Eine Kirche Christi,
In einer Zeit, da schon Valerian
Nicht mehr verfolgt die Kirche Jesu Christi.
PAPST
Wir sehen Kaiser kommen, die die Kirche
Verfolgen werden. Im Moment ist Ruhe,
Es ist die Ruhe aber vor dem Sturm.
SUSANNE
Mein Onkel! Woran habt Ihr grad geschrieben?
PAPST
Ein Brief geht an die Kirche in Korinth,
Weil dort Rebellen sich erhoben haben,
Die gegen Papst und Bischof sind und Klerus,
Die Laien wollen dort die Kirche führen.
Kraft Unsres Amtes als Apostelfürst
Und Romas Bischof definieren Wir
Der Kirche Christi Führung durch den Papst
Und den von Uns ernannten Bischof und
Die gottgeweihten Priester, die die Messe
Der Kommunion mit Christus zelebrieren.
SUSANNE
Was wär die Kirche ohne Kommunion?
PAPST
Susanne, in der Kommunion begegnet
Dir Christus. Er, der Bräutigam der Kirche,
Er spendet Seinen Leib und Seine Seele,
Die Menschheit und die Gottheit Jesu Christi.
SUSANNE
Mein Meister Jesus ist mein Bräutigam,
In jeder Kommunion vereinigt sich
Der Bräutigam mit seiner Jungfrau-Braut.
PAPST
O liebe Nichte, junge süße Nichte,
Du bleibe immer Jungfrau Jesu Christi!
SUSANNE
Mit keinem Manne will ich mich vereinen
Als mit dem Herrn allein in seiner Gottheit.
DRITTE SZENE
(Kaiser Diokletian beschließt die neue Christenverfolgung.)
KAISER DIOKLETIAN
Ich bin ein Gott! Ich bin Apollos Sohn!
Ich habe dieses große Weltreich Rom
In Weisheit zu regieren und ich finde
Die Römer und das Volk der Ökumene
Tief religiös, sie alle ehren Götter.
Wir herrschen an dem Indus und verehren
Gott Schiwa und die schwarze Göttin Kali,
Wir herrschen übers goldne Persien
Und ehren dort die Göttin Anahita
Und ihren guten Gott Ahura Mazda,
Wir herrschen über ganz Arabien
Und ehren Allah als den Himmelsgott
Und ehren Allahs Töchter auch, die drei,
Al-Lath, Al-Uzza und als Dritte Manath,
Die wie die Schwäne an dem Himmel fliegen,
Wir ehren auch die Juden und den Gott
Der Juden, der das Schweinefleisch verbietet,
Wir herrschen über Skythen und verehren
Perun, den starken Donnergott der Skythen,
Wir herrschen über die Germanen und
Verehren Wotan und die schöne Freyja,
Wir herrschen übers Riesenreich der Kelten
Und ehren ihre große Göttin Danu,
Wir herrschen über Griechenland und Rom
Und ehren alle Götter des Olymp,
Zeus, der zur Gattin seine Schwester nahm,
Die Venus, die die Ehe brach mit Mars,
Wir herrschen übers Totenreich Ägypten
Und lieben Isis sehr, die Katzengöttin,
Und lieben Hathor sehr, die Himmelskuh,
Wir herrschen über Afrika, das schwarze,
Und beten auch wie Afrika zur Sonne,
Die Säulen selbst des Herkules beenden
Nicht unser Weltreich, wir verehren noch
Im fernen Westen Mutter Erde und
Den Kriegsgott und die Schlange, die von Stein.
Allein die Kirche, die katholisch ist,
Ehrt alle diese Weltengötter nicht,
Sie glaubt, sie habe selbst die ganze Wahrheit,
Sei im Besitz der absoluten Wahrheit.
Doch was ist Wahrheit? Sie ist relativ!
Doch um den Frieden in der Ökumene
Von Roma zu bewahren, sage ich:
Wer als sich als Katholik bekennt zu Christus,
Der wird zum Tod verurteilt von dem Kaiser!
VIERTE SZENE
(Die heilige Susanne badet nackt wie die keusche Susanne der Bibel. Aber sie ist verhüllt von einem seidenen Vorhang, der nur die Silhouette ihres Leibes erkennen lässt. Vor dem Vorhang steht der Adoptivsohn des Kaisers Diokletian, Maximian, und sieht auf die schöne Susanne.)
MAXIMIAN
O Venus, wie man dich im Bilde malt,
Wie du dem Schaum entstiegen splitternackt,
So seh ich hier die göttliche Susanne!
O nein, sie friert nicht, sie ist nicht die Venus
Frigida, die vor Frost erstarrt zu Eis!
Es dampft das Bad, ich sehe schwüle Wolken
Von Wasserdampf umschweben die Gestalt.
Sie ist kein Weib von dieser Erde, nein,
Sie scheint mir eine Göttin aller Schönheit!
Ich weiß, die Christen reden oft davon,
Daß eine Himmelsgottheit Mann geworden,
Ich aber seh die göttliche Susanne,
Die Göttin Venus ist zur Frau geworden!
SUSANNE
(Hinter dem Vorhang)
O Jesus, wasche mich von Sünden rein,
Wie dieser Wasserstrahl des heißen Wassers
Mich wäscht von allen Flecken meines Leibes,
So wasche mit dem Feuer der Vergebung
Von allen Makeln meine Seele rein!
Du weißt, wir Menschen sind doch alle Sünder,
Allein die Jungfrau Gottgebärerin
Ist frei von allen Makeln in der Seele,
Ist frei von aller Erbschuld, Evas Erbe,
Ist frei von allen Sünden dieser Welt.
O, mache mich der reinsten Jungfrau ähnlich,
Mach mich der reinsten Jungfrau gleich an Demut,
An Sanftmut und an Milde ihres Herzens,
Ihr gleich an Güte und an Menschenliebe
Und mache mich wie sie zur Magd des Herrn
Und zur gesalbten Braut des Geistes Gottes!
MAXIMIAN
O Venus, deine weißen Augenlider,
O Venus, und dein schlanker Schwanenhals!
Ich bet dich an, du göttliche Susanne,
Du Spiegelbild der Göttin aller Schönheit!
Gott ist kein Vatergott mit weißem Bart,
Gott ist vielmehr die Göttin aller Schönheit!
O Göttin aller Schönheit, wie du blendest
Im Bild der nackten badenden Susanne!
SUSANNE
Ich liebe Keuschheit, Armut und Gehorsam
Und liebe keinen Mann als Jesus Christus!
MAXIMIAN
Die Venus will ich mir zum Weibe nehmen!
FÜNFTE SZENE
(Kaiser Diokletian und sein Adoptivsohn Maximian)
KAISER DIOKLETIAN
Mein Adoptivsohn, Liebling meines Herzens,
Du sollst dir eine Frau zur Ehe nehmen!
Auch meine Frau Serena möchte das.
MAXIMIAN
Sag, Vater, findest du Serena schön?
KAISER DIOKLETIAN
Ich fand sie schön im Reize ihrer Jugend,
Da war sie wie der Inbegriff von Liebreiz,
Sie war von einer göttlichen Erotik!
MAXIMIAN
Und jetzt, mein Vater, ist sie jetzt noch schön?
KAISER DIOKLETIAN
Ach, Schönheit ist das Eigentum der Jugend.
Gewohnheit aber hält uns noch zusammen.
MAXIMIAN
Nein, eine Schönheit ist Serena nicht.
KAISER DIOKLETIAN
Hast du schon eine schöne Frau gesehen?
MAXIMIAN
Ja, eine wunderschöne Frau, so schön,
Wie Maler Grazien und Nymphen malen.
KAISER DIOKLETIAN
Und hat sie schwarzes oder goldnes Haar?
MAXIMIAN
Tief bräunlich, leicht gerötet, wie ein Reh.
KAISER DIOKLETIAN
Und hat sie große Augen oder schmale?
MAXIMIAN
Die Augen sind wie schöne Mandelaugen,
Die weißen Lider schön gewölbt und müde.
KAISER DIOKLETIAN
Sind ihre Lippen rötlich oder blass?
MAXIMIAN
Denk ich an ihren Mund, denk ich ans Lächeln,
Charmant ihr Lächeln, doch sie schmollt auch reizend!
KAISER DIOKLETIAN
Wie kleidet sich die Dame deines Herzens?
MAXIMIAN
Wenn sie nicht nackt ist in der Badewanne,
So kleidet sie sich edel, herrlich, schön,
Sehr schön sogar und nicht mit Dirnenkleidchen.
KAISER DIOKLETIAN
Wer ist die Himmelsfrau, die du dir wünschst?
MAXIMIAN
Ich nenne sie die göttliche Susanne!
SECHSTE SZENE
(Drei Kupplerinnen treten der Reihe nach bei der heiligen Susanne ein.)
ERSTE KUPPLERIN
Des Kaisers Adoptivsohn will dich freien,
Maximian ist wirklich sehr bezaubernd!
SUSANNE
Doch kenn ich einen Mann, der so bezaubernd,
Daß Zauberer des Ostens vor ihm knien!
Er ist das Wort, mit dem der Herr die Welt schafft!
ERSTE KUPPLERIN
Was ist das für ein Mann? Den will ich kennen!
SUSANNE
Der Logos, den die Stoiker gesucht,
Der Logos ist der Gottmensch Jesus Christus!
ERSTE KUPPLERIN
Ich will ganz eigen sein dem Worte Gottes!
(Erste Kupplerin ab. Auftritt zweite Kupplerin)
ZWEITE KUPPLERIN
Maximian begehrt dich zu der Ehe!
SUSANNE
Ich habe eine Ehe schon geschlossen.
ZWEITE KUPPLERIN
Du, Jungfrau, lagest schon im Ehebette?
SUSANNE
Das Ehebett des Gottessohnes ist
Kein schwüles parfümiertes Lotterbett,
Das Kreuz geworden ist mein Ehebett,
Wo ich vereinigt bin, doch Jungfrau bleibe...
ZWEITE KUPPLERIN
Vereinigt dem Gemahl und dennoch Jungfrau?
Den Ehegatten will ich kennen lernen!
SUSANNE
Herr Jesus litt am Kreuze unsre Leiden
Und starb als Sühnelamm für unsre Sünden,
Nun seine göttliche Gerechtigkeit
Spricht er mir zu durch Buße und Bekehrung.
ZWEITE KUPPLERIN
Ich Sünderin fleh Gott an um Erbarmen
Und komme zu dem Christus an dem Kreuze!
(Zweite Kupplerin ab, Auftritt dritte Kupplerin)
DRITTE KUPPLERIN
Maximian will dich im Bette lieben!
SUSANNE
Des Menschen Bett ist eine Grabeshöhle!
Ich aber will ins Bett des Gottessohnes,
Sein Bett, das ist das Himmelsparadies!
DRITTE KUPPLERIN
Ich möchte auch in dieses Himmelsbett!
SUSANNE
Bekehre dich zu Jesus, nenn ihn Meister!
DRITTE KUPPLERIN
Du, Jesus Christus, bist mein Höchstes Gut!
(Dritte Kupplerin ab. Susanne betet verzückt zu Jesus und schenkt ihm drei Seelen.)
SIEBENTE SZENE
(Kaiser Diokletian und die heilige Susanne vor einer goldenen Jupiter-Statue.)
KAISER DIOKLETIAN
Susanne! Du verschmähst Maximian
Und führst die Kupplerinnen noch zu Christus?
Gehörst du zu der weltgehassten Sekte
Der Kirche, die sich selbst katholisch nennt?
SUSANNE
Viel Stifter gibt es andrer Religionen,
Doch Jesus ist allein der Gottessohn.
Viel geistliche Vereinigungen gibt es
Und Ketzer und Häretiker auf Erden,
Doch Eine Kirche hat der Herr gegründet,
Die heilig, apostolisch und katholisch,
Und ich bin Glied an diesem Leibe Christi!
KAISER DIOKLETIAN
Du nennst dich Römerin, Susanne? Dann
Sollst du dem großen Gott der Römer opfern:
Gott Jupiter, der Vater aller Götter
Und Vater aller Menschen ist, der Donnrer
Und Blitzeschleuderer von dem Olymp,
Gott Jupiter wohnt in der goldnen Säule:
Fall nieder, anzubeten Jupiter!
SUSANNE
(Sie haucht mit dem Hauch ihres Mundes)
Ich bin der Herr, dein Gott, der dich befreit
Aus dem Ägyptenland der Sklaverei,
Du habe keine Götter neben mir!
Hör, Israel, Gott ist Ein Gott allein!
Ich, Gott, bin Gott und keiner außer mir!
Gott einzig sollst du lieben über alles,
Gott liebe du mit Herz, Gemüt und Kraft!
Gott ist Ein Gott allein und keiner sonst!
Du sollst kein Bildnis dir auf Erden machen
Von Gott, nicht nach dem Bilde eines Mannes!
Ich bin der Herr, mich bete an, sonst keinen!
(Die Jupitersäule bricht durch die Macht des Wortes Gottes aus dem Mund der heiligen Susanne zusammen.)
KAISER DIOKLETIAN
Was für ein Hauch strömt dir aus deinem Munde?
Wie duftet lieblich deines Mundes Hauch?
Doch weil du meinen Jupiter zerschmettert,
O heilige Susanne, sollst du sterben!
ACHTE SZENE
(Susanne und kaiserliche Soldaten)
SOLDAT
Susanne, leide dein Martyrium!
SUSANNE
Als ich mich Jesus Christus angetraut,
Verlobt ich mich dem Ersten Marterzeugen,
Denn der Gekreuzigte ist Marterzeuge
Für Gottes Weisheit an dem Kreuz geworden!
Soll ich mich wundern des Martyriums?
Die Ehe ist schon ein Martyrium!
Die Jesus-Ehe ist Martyrium!
Das Christentum ist ein Martyrium!
Die apostolische, katholische
Und heilige Gemeinde Jesu Christi
Ist die Vereinigung der Marterzeugen!
SOLDAT
Nun aber geht’s dir an den eignen Leib!
SUSANNE
Ich lebte die Jungfräulichkeit für Jesus
Und ahmte in der Keuschheit nach die Jungfrau
Maria, reinste Jungfrau aller Jungfraun.
Sie sprach zu mir, die Frau der Offenbarung:
Mein liebes Kind, o heilige Susanne,
Wenn du mit mir vereint zu Jesus gehst,
Lebst du auf Erden schon das Himmelsleben
Und merkst den Übergang ins Jenseits kaum...
SOLDAT
So will ich nun dein Engelmacher sein!
Dies scharfe Schwert in meiner rechten Hand,
Das dir den Schädel von dem Rumpfe schlägt,
Wird dich zu deinem Gott der Toten bringen!
SUSANNE
Ich opfere mein Leiden und mein Sterben
Dem Retter auf zur Sühne meiner Sünden,
Zum Heil des Volkes der Lateiner und
Zum Heil der großen Roma und vor allem
Für den gewissen Sieg des Herzens Jesu,
Für den Triumph der makellosen Kirche!
SOLDAT
So kniee hin und fluche deinem Gott!
SUSANNE
Ich schau schon die Urgottheit der Urschönheit!
Ich seh die allerreinste Jungfrau lächeln!
Soldat, verehre auch die Mutter Gottes!
SOLDAT
Seht, wie vernarrt sie war in ihren Gott!
(Susanne wird enthauptet)
NEUNTE SZENE
(Serena, die Gattin des Kaisers Diokletian, begräbt heimlich die Gebeine der heiligen Susanne in einem silbernen Sarg)
SERENA
Ach Jesus, ach, du weißt, ich suche dich
Und manchmal fühle Liebe ich für dich
Und manchmal fühle Liebe ich für Gott
Und manchmal bete ich zu Michael
Und manchmal bete ich zu Gabriel
Und manchmal höre ich Maria reden.
Dann wieder plagt der böse Dämon mich,
Der Dämon Asmodäus plagt mich oft,
Den nennt man auch den bösen Eheteufel.
Nur heimlich hab ich ein Gefühl für dich,
Mein Jesus, heimlich habe ich ein Bild
Von dir bei mir und schau es gerne an.
Ich mag mich noch nicht öffentlich bekennen
Zu jener Kirche, die sich Christi Leib nennt.
Wenn ich zu jener Kirche mich bekennen
Und zählen würde, die katholisch, heilig
Und apostolisch ist, geführt von Petrus
Und dem Konzil der heiligen Apostel,
Die Christi Leib ist, Christi Leib anbetet
Und Christi Leib empfängt in Kommunionen –
Wenn ich zu dieser Kirche mich bekennte,
So wär ich ausgeschlossen aus dem Kreis
Der menschlichen Familie, die mich trägt,
Die Brüder mir und Schwestern sind und Mütter
Und Väter, und auch mein Gemahl verachtet
Die Kirche, die der Überzeugung ist,
Besitzerin der absoluten Wahrheit
Zu sein, der ganzen Offenbarung Christi.
Daß ich dich dennoch liebe, o mein Jesus,
Das will ich dir mit meiner Tat beweisen,
Indem ich Sankt Susannes Leib begrabe.
Wer deine Heiligen verspottet, Jesus,
Verspottet dich, den Quell der Heiligkeit,
Wer aber deine Heiligen verehrt,
Verehrt den Heiligen der Heiligen,
Denn deine Gnade, Jesus, wars allein,
Die Sankt Susanne so geheiligt hat,
Dein Sakrament der Taufe und der Salbung,
Dein Sakrament der Kommunion, der Buße,
Die Gnade durch die Sakramente strömend
Verklärte Sankt Susanne so, dass sie
Dir ähnlich wurde, ja, ein andrer Christus,
Drum geb ich ihr den Namen: Jesusanne!
ZEHNTE SZENE
(Sankt Hieronymus, nach Beendigung seiner Bibelübersetzung, schrieb die Vita der heiligen Susanne. Zum Schluß faltet er die Hände zum Gebet.)
HIERONYMUS
O heilige Susanne, einen kenn ich,
Der ging mit seinem Freunde einst spazieren,
Sie sprachen über Cäsar, über Rom,
Da ward der Himmel schwarz von Regenwolken,
Da sprach der Freund zum Katholiken so:
Als Katholik bist du vertraut mit Petrus,
So bitte Petrus, der das Wetter macht,
Daß uns nicht überrascht ein Regenschauer.
Die beiden gingen weiter nun spazieren
Und diskutierten über Petri Wesen,
So kamen trocken sie bis an das Haus,
Erst, als sie grad die Türe aufgeschlossen,
Vom Himmel kam ein dicker Regenschauer.
Der Katholik hat dieses sich gemerkt
Und betete um Schutz vor Regenfluten,
Als seine lieben kleinen Patenkinder
Beim Karneval sich Süßigkeiten suchten,
Er betete zur heiligen Susanne,
Und du erhörtest sein Gebet, Susanne.
Auch als der selbe Katholik von Unglück
Im Innern seiner Seele heimgesucht,
Da packte ihn der Geist des Herrn und zeigte
Ihm deine Kirche, heilige Susanne,
Wo deine Beine als Reliquien ruhen,
Er betete zur heiligen Susanne,
Und du hast ihm gelindert seinen Kummer
Und ihn getröstet in des Herzens Unglück.
Und wenn der Katholik erfuhr, dass jene
Geliebte, die er unter allen Frauen
Am meisten liebte, frech verleumdet wurde
Von gottvergessnen Lästerzungenweibern,
Die wie die Furien gerne schmähen, lästern
Und Zank und Streit erregen, hat der Mann
Als Frommer sich geflüchtet ins Gebet
Und dich gebeten, heilige Susanne,
Die liebste Frau vom Himmel aus zu segnen!
So haben wir erfahren deine Macht
Fürbittenden Gebetes bei Verleumdung,
Bei Regen, Unglück, und des weiteren
Ausbreitest du den Segen deines Gottes
Auf jede Frau, die deinen Namen trägt
Und keusch wie eine Lilie Gottes ist.
ELFTE SZENE
(In der Kirche Sankt Susanne in Rom)
PRIESTER
Susanne, hilf uns, dass wir heilig werden!
GEMEINDECHOR
Du weiße Lilie der Dreieinigkeit,
Du lichte Rose gottgeschaffner Anmut,
O heilige Susanne, bitt für uns!
PRIESTER
Susanne, uns erfleh von Gott die Gnade,
Daß wir als treue Zeugen Christi leben
Und wenn es sein muß, sterben auch für Christus,
Daß wir in Treue lieben bis zum Tod!
GEMEINDECHOR
Du weiße Lilie der Dreieinigkeit,
Du lichte Rose gottgeschaffner Anmut,
O heilige Susanne, bitt für uns!
PRIESTER
Susanne, bitte Jesus Christ für uns,
Daß wir in aller Schönheit dieser Schöpfung
Des Schöpfers makellose Schönheit schauen!
Erbitte uns des Herzens reine Augen,
Daß wir durch alle Schönheit des Geschaffnen
Durchscheinen sehn die unerschaffne Schönheit,
Und bitte Gott und Jesus und den Geist,
Daß wir aus Gnade an das Ziel gelangen,
Die Schönheit Gottes ewig anzuschauen,
Die Schönheit Gottes ewig zu genießen!
GEMEINDECHOR
Du weiße Lilie der Dreieinigkeit,
Du lichte Rose gottgeschaffner Anmut,
O heilige Susanne, bitt für uns!
PRIESTER
Susanne, rufe Jesus Christus an
Und bitte um die Gnade deinen Gott,
Daß wir, die wir dich lieben und verehren,
Wie du dem Herrn und Meister ähnlich werden
An Keuschheit, Reinheit, Demut, Sanftmut, Güte!
GEMEINDECHOR
Du weiße Lilie der Dreieinigkeit,
Du lichte Rose gottgeschaffner Anmut,
O heilige Susanne, bitt für uns!
PRIESTER
Im Namen Gottes, der dich Schönheit schuf,
Im Namen Jesu, der sich dir vermählt,
Im Namen jenes Geistes, der dich liebt,
Erhöre uns, o heilige Susanne!
GEMEINDECHOR
Im Namen göttliche Urschönheit, Amen!