Von Josef Maria Mayer
GUAN YIN
Voll Leiden ist des Menschen Ungemach,
Voll Leiden die Erfahrungen des Menschen,
Voll Leiden die Empfindungen des Menschen!
Wie unbemerkt, wie unerkannt das Leben
Der Sterblichen hienieden, kummervoll,
Vergänglich alles und mit Leid beschwert!
Da gibt es keinen Ausweg für die Menschen.
Wer da geboren ward, der wird auch sterben,
Und ist erreicht das Alter, naht der Tod,
Dies ist Gesetz für alle Lebewesen.
Wie für die Früchte, die noch unreif sind,
Auch die Gefahr besteht, vom Ast zu fallen,
Besteht für jeden Menschen die Gefahr
Des Todes. Ob sie jung sind oder alt sind,
Ob sie noch klein sind oder groß geworden,
Die Toren sterben und die Weisen sterben,
Sie alle sind in der Gewalt des Todes,
Sie alle gehn hinüber in das Jenseits.
Da rettet nicht der Vater seinen Sohn,
Da rettet nicht der Vater die Verwandten.
Noch denken die Verwandten an das Sterben
Des Vaters, wird schon einer nach dem andern
Zum Tod hinausgetragen wie ein Schlachtschaf.
So ist die Welt beschwert mit Tod und Altern.
Dies Leiden nicht zu kennen ist Nicht-Wissen.
Doch alles, was empfunden wird vom Menschen,
Ist Leiden, auch die Flüchtigkeit der Lust.
Die erste Wahrheit handelt von dem Leiden.
Geburt ist Leiden, Alter auch ist Leiden,
An Leib und Seele Krankheit ist ein Leiden.
Der Tod ist Leiden. Und vereint zu sein
Mit einem, der dir unlieb ist, ist Leiden.
Und fern zu sein von jenem, den du liebst,
Auch das ist schweres Leiden. Das Begehrte
Nicht zu erlangen, das ist schweres Leiden.
Kurz, Leiden sind die Fakten dieses Daseins.
Betrachte nur die Erde weit und breit
Und alle Wesen, die nichtwissend sind
Und sich am Sein der andern Wesen freuen,
Wie unerlöst sind solche Wesen doch!
Ist alles doch, was es an Dasein gibt,
Was irgendwo und irgendwie ein Dasein,
Ist nur vergänglich alles, voller Leiden,
Muß alles sich verwandeln, immer wandeln.
Wer dies betrachtet, wie es wirklich ist,
Wer dies betrachtet mit vollkommner Weisheit,
Wird überwinden allen Lebensdrang
Und die Bejahung des Lebendigen.
Da ist unwissend einer und gemein,
Der hält den Körper für das Menschen-Ich,
Vielleicht im Körper denkt er sich das Ich,
Vielleicht im Ich auch denkt er sich den Körper.
Und so entsteht als Ketzerei der Glaube
Ans Individuum, ans Selbst des Menschen.
Was fesselt nun den Menschen so, dass er
In seiner Reinkarnation geboren
Wird niedriger, als Menschen es gemäß?
Der Glaube an das Individuum,
Der Zweifel und der Kult der Rituale,
Die Sinnenfreuden und das Übelwollen.
Was fesselt aber so den Menschen, dass
Er höher wieder zwar geboren wird,
Doch wieder noch geboren werden muß?
Das ist Verlangen nach dem Dasein in
Geformter Welt, Verlangen nach dem Dasein
In ungeformter Welt, das ist der Stolz,
Nichtwissen, innre Ruhelosigkeit.
Dies alles sind nur Fesseln für den Menschen.
Nichtwissen ist der Grund, daraus entsteht
Die Triebkraft, die dein Karma dir gestaltet,
Durch diese Triebkraft wird dir ein Bewusstsein,
Bewusstsein schafft ein Individuum,
Durchs Individuum entstehn die Sinne,
Durch Sinne wird Berührung, durch Berührung
Empfindung, durch Empfindung die Begierde
Und durch Begierde wird der Lebensdrang
Und durch den Lebensdrang entsteht das Karma
Und durch das Karma Reinkarnation
Und durch die Reinkarnation das Alter,
Das Sterben, Weheklagen, Gram, Verzweiflung!
Daher kommt all der Leiden große Masse.
Ihr Mönche, was ist nun die edle Wahrheit
Vom Urgrund der Entstehung aller Leiden?
Der Grund der Leiden ist der Lebensdurst,
Von Lust und Wohlgefallen zwar begleitet,
Der Durst will hier bald, dort bald sich ergötzen,
Er ist Begierde nach der Sinnenlust,
Der Werdedurst und der Vernichtungsdurst.
MARIA
Das Leiden ist in der Natur des Menschen
Nicht sinnlos. Was ist nun des Leidens Sinn?
Das Leiden soll ja nicht vernichtet werden,
Das Leiden möge überwunden werden,
Die Überwindung allen Leidens aber
Ist, dass Verdienst gewonnen wird aus Leiden.
So rühmen wir uns aller der Bedrängnis,
Weil dies wir wissen, dass Bedrängnis bringt
Geduld hervor, Geduld Bewährung und
Bewährung Hoffnung, Hoffnung lässt uns siegen.
Gelobt sei Gott, der uns in Trübsal tröstet,
Damit wir selber Tröster werden können
Mit jenem Trost, mit dem uns Gott getröstet.
Denn unsre Trübsal ist nur leicht und zeitlich,
Doch schafft sie eine große Herrlichkeit,
Die da gewichtig über alle Maßen.
So bin ich überzeugt, dass alle Leiden
Der Zeit nicht fallen ins Gewicht, verglichen
Mit jener Herrlichkeit, die offenbar wird.
Doch dieses Leiden menschlicher Natur
Ist nicht das eigentliche Leidproblem.
Es gibt ein supernaturales Leiden,
Das steht im Mittelpunkt des Christentums
Und der Idee der christlichen Erlösung.
Dies Leiden nehmen nicht die Sinne wahr
Und nicht der menschliche Verstand allein,
Wer sich bewusst wird dieses Leidproblems,
Hat schon Erfahrung mit der Transzendenz,
Der Überwirklichkeit, die Gott genannt wird.
Das Leiden, dass das Christentum verkündet,
Es ist die Trennung oder Isolierung
Des Menschen von der transzendenten Gottheit.
Und diese Trennung nennen wir die Sünde.
Des Menschen Trennung von der höchsten Gottheit
Ist nicht nur Leiden, sondern eine Schuld
Des Menschen. Und des Menschen Schuld heißt Sünde.
Es gibt nicht nur als Schuldverhalten Sünden,
Seinsmäßig lebt der Mensch in seiner Sünde.
Die Existenz als Menschenschuld vor Gott
Erweckt im Christen das besondre Leiden,
In seiner Menschenexistenz in Sünde
Von seinem Schöpfergott getrennt zu sein.
Die Sünde ist des Menschen Selbstbehauptung
Vor Gott. Nicht, Individuum zu sein,
Ist Schuld, nein, sondern dass des Menschen Kräfte
Sich richten einzig auf das eigne Ich
Und sich der Mensch abwendet von der Gottheit.
So wandte der verlorne Sohn sich ab
Von Gott, im einzigen Vertrauen auf
Die eigne Kraft. Doch fern vom Vaterhaus
Erlebt der Sohn die Schuld vor seinem Vater
Und kehrt zurück zum Vater und bekennt:
O lieber Vater, ich, ich hab gesündigt
Und bins nicht wert, dass ich dein Sohn noch heiße.
Der Vater aber spricht: So lasst uns essen
Und trinken, ja, und lasst uns fröhlich sein,
Denn dieser Sohn war tot und ward lebendig,
Er war verloren, doch er ward gefunden.
Das Totsein des verlornen Sohne ist
Die Existenz des Menschen als ein Unheil,
Des Sohns Lebendigwerden aber ist
Die Existenz des Menschen als ein Heil.
Da wird im Himmel große Freude sein,
Mehr Freude über einen armen Sünder,
Der umgekehrt zu Gott, als über hundert
Gerechte, die der Umkehr nicht bedurften.
So ist der Vatergott, der heilig ist,
Nicht heilig nur allein, weil furchterregend,
Nein, mehr noch heilig, weil Gott faszinierend
Ein Heiland ist, der Gnade walten lässt
Und Unheil wendet ab von seinen Kindern.
GUAN YIN
Nachdem der Christus Jesus auferstanden,
Entstand in Indien die Idee des Herrn
Ishvara, der persönlich und allmächtig
Allein der Herr ist aller Schöpfungswelten.
Der Weg zu diesem Gott ist Gottesliebe.
Erlösung aber wird durch Gottes Gnade,
Nicht nur durch die asketische Bemühung.
Und die Idee des liebevollen Gottes
Veränderte das Antlitz des Buddhismus.
An einen Weltenschöpfer glaubt man nicht
In dem Buddhismus, alles ist kausal
Verursacht, aber einen Heiland haben
Wir auch, der nicht von Ewigkeit besteht,
Ein Mensch ist die Persönlichkeit, erleuchtet,
So Heilandswesen sind die Boddisattwa,
Erleuchtungswesen sind sie, sagt ihr Name.
Auch Buddha war, bevor er ward erleuchtet,
Ein Boddisattwa. Buddha folgen wird
Maitreya, welcher noch im Himmel weilt.
Die Gläubigen erbitten seine Hilfe.
Aus allen Boddisattwas aber ragt
Die Boddisattwa Guan Yin hervor.
Ich, Guan Yin, verzichtete auf mein
Hinübergehn ins ewige Nirwana,
Den Sterblichen zu ihrem Heil zu helfen.
Der Buddha Amitaba schenkt Geburt
Ins schöne Paradies des reinen Landes
Dem, der an seine Heilsverheißung glaubt.
So neben reine Liebe zu dem Heiland
Der Glaube tritt als ein Vertrauensakt,
Der Glaube an das reine Paradies.
Doch dieses Paradies ist nicht das Ziel,
Das Ziel bleibt doch das ewige Nirwana.
Doch der Buddhist wird selber Boddisattwa,
Wirkt selbst als Heiland Heil den Menschenseelen.
Die Rettung aller Wesen, spricht der Fromme,
Ist mein Gelübde, alle zu befreien
Aus diesem Kreislauf sterblicher Geburten.
Ich such nicht nur die eigene Erlösung,
Ich suche die Erlösung aller Wesen.
Von mir soll jeder mit dem Boot des Denkens
Herausgeangelt werden aus dem Fluss
Des Kreislaufs sterblicher Geburten, ich
Erlöse sie, ich denk an die Allweisheit.
Versunken unter diesen Wogenbergen
Der großen Flut der sterblichen Geburten,
Wie, Heiland, könnte ich aus eigner Kraft
Dein Retterschiff der Wahrheit je erreichen?
Sei gnädig, Herr der Götter, Herr der Welt,
Du Sieger Buddha, der du lobenswürdig,
Verehrungswürdig bist, du Feind der Sünde,
Du Feind der Werdelust, der Lebenslust,
Du Feind der Sinnenlust, du Feind der Nacht
Der Torheit. Dir ergeb ich Leib und Seele.
Drei Körper hat der große Buddha aber:
Die höchste Wirklichkeit der absolute
Urbuddha ist, der doppelt inkarniert,
Als Buddha in dem Himmelsparadies,
Als Buddha unter sterblichen Gebornen.
Doch alle Buddhas, die auf Erden wirken,
Und alle Boddisattwas, die euch helfen,
Sind Abglanz nur des ewigen Urbuddha.
Urbuddha nennen wir den Einen Gott.
Und jedem Buddha, der auf Erden lebte,
Vorausgegangen ist sein Urbild-Buddha,
Sein Urbild in der Himmelswirklichkeit.
Gautamas Urbild Buddha Amitaba
Der Buddha ist des grenzenlosen Lichts.
Zum Buddha Amitaba zugesellt
Bin ich, die Boddisattwa Guan Yin,
Die alle Klagen von der Erde hört.
Und Buddha spricht: Ich hab nicht aufgehört,
O Mönche, mitten unter euch zu sein,
Es war nur ein geschickter Plan von mir,
Doch bin ich immer wieder in der Welt.
Ja, gute Aussicht hat, wer Buddha schaut,
Das Licht der Welt, der da erreicht das Ziel,
Der Zugang ward zum Heil für die Geschöpfe,
Der Welt der Sinnenlust, der Welt der Form,
Der Welt der Nichtform Heil ist dieser Buddha,
Ein Mittel er zur Reinigung für alle.
Der Welt zu dienen heißt dem Buddha dienen,
Dem man in Liebe sich verbunden hat.
Der Welt zu schaden heißt den Buddha quälen.
O Buddha, wenn ich einem Wesen schade,
Wie sollte ich mich nicht mit Reue schämen,
Zu sagen, dass ich dir ergeben bin,
Mich deinen Lotosfüßen unterwerfe?
Der Buddha Amitaba ist der Buddha
Im Himmelsparadies des reinen Landes.
Freund, dieses Paradies des reinen Landes
Ist reich und blühend, sehr behaglich und
Versehen reichlich mit der besten Nahrung,
Ist lieblich und erfüllt von Himmlischen,
Von tausend Menschen und zehntausend Göttern.
In dieser Welt, mein Freund, gibt’s keine Hölle,
Gibt’s keine Tiergeburt und kein Gespenst
Und nirgends sind Dämonen da und nirgends
Ist eine unwillkommne Kreatur.
Die Edelsteine in dem Paradies,
Die gibt’s nicht in der Wirklichkeit der Erde.
Freund, welche Wesen immer Buddha ehren,
Die unermesslich reiche Wurzeln pflanzen
Des Guten, die Gedanken wendend zur
Erleuchtung und um die Erlösung bitten
Vom schlechten Kreislauf sterblicher Geburten,
Die wird, wenn ihre Todesstunde naht,
Der Heilige, Erleuchtete begrüßen,
Erscheinen wird der Buddha Amitaba,
Umgeben von den Scharen vieler Mönche.
Dann werden diese frommen Wesen, die
Den Herrn gesehn und fromm dahingeschieden,
Erscheinen wieder in dem Paradies.
Und welcher Sohn und welche Tochter hier
Auf Erden hegt den Wunsch, den Herrn zu schauen,
Soll wenden die Gedanken zur Erleuchtung
Und zu dem Paradies des reinen Landes:
Ach wär ich doch im Paradies geboren!
Daß man geboren wird im Paradies,
Muß hier man schon mit Kraft das Gute tun.
Hört, Söhne ihr des frömmeren Geschlechts,
Die Boddisattwa Guan Yin ist eine
Hellstrahlende Erleuchtung für die Blinden,
Ein Sonnenschirm für die, die in der Hitze
Der Sonnenglut verbrennen, ist ein Fluss
Für alle die verdursten, sie schafft denen,
Die bang vor Furcht sind vor Gefahren, Mut,
Sie ist die Ärztin für die Qual der Kranken,
Unglücklichen ist Guan Yin ein Vater
Und eine liebevolle Mutter und
Den armen Seelen der Verlornen weist
Den Weg sie in das Himmelsparadies
Und weiter in das ewige Nirwana.
So sind die Eigenschaften der Erhabnen.
Glückselig die, die Guan Yin’s gedenken,
Entrinnen werden sie den Leiden der
Geburten und dem Kreislauf dieser Welt.
Klug sind und weise alle jene Menschen,
Die Mutter Guan Yin Geschenke bringen
Von Lotosblumen und von reinem Weihrauch.
Der Fromme werde selbst ein Boddisattwa.
Als solcher Boddisattwa ich bewahre
Fest meinen Geist und unerschütterlich,
Voll Achtung und voll Ehrfurcht, immer freundlich,
Voll Scham und Furcht vor aller bösen Art
Und nur darauf bedacht, der Welt zu dienen
Und immer ruhig, immer voller Demut
Und frei von allem Stolz und allem Hochmut.
Die Universale Liebe möge herrschen!
In allen Ländern mögen alle Leiden
Von allen Wesen jetzt ein Ende finden!
Und mögen alle Wesen, welche krank sind
An Seele oder Leib, gesunden jetzt!
An allen Enden dieser Erde mögen
Die Kranken und die Armen Freiheit finden!
Es mögen alle Todgeweihten, alle
Von Todesangst Geplagten Freiheit finden!
In jedem Wesen auf der Erde findet
Ein Teilchen sich, das Buddha werden kann.
Mit Rücksicht auf dies Teilchen in den Wesen,
Bezeige allen Wesen deine Ehrfurcht.
So danke Buddha, danke Guan Yin,
Indem du allen Wesen Liebe spendest,
Auch liebe die, die deinem Meister fluchen,
Die liebe auch, die deine Brüder plagen,
Wer deiner Mutter oder deinem Freunde
Ein Leid bereitet, die auch sollst du lieben.
Bedenke: Warum handelt jener so?
In allem wende dich zum Heiland Buddha
Und lebe in persönlicher Gemeinschaft
Mit deiner Heilandsgottheit, bete nun:
Daß ich, wenn meine Todesstunde kommt,
Von meinem Heiland aufgenommen werde
Und thronen darf im goldnen Lotoskelch
Und wohnen immerdar bei meiner Gottheit!
MARIA
Der Gottessohn kam aus der Ewigkeit,
Erfüllte seine Arbeit auf der Erde
Und kehrte wieder in die Ewigkeit.
Er, der in göttlicher Gestalt gewesen,
Er hielt es nicht wie eine Beute fest,
Gott gleich zu sein, entäußerte sich selbst
Und ward den Menschen gleich, als Mensch erkannt.
Der Gottessohn erniedrigte sich selbst
Und war dem Herrn gehorsam bis zum Tod,
Ja, bis zum Schreckenstode an dem Kreuz.
Und darum hat ihn Gott der Herr erhöht
Und ihm gegeben einen Namen, der
Erhöht ist über alle andern Namen,
Daß in dem Namen Jesu Christ sich beugen
Die Kniee aller, die im Himmel sind,
Die Kniee aller, die auf Erden sind,
Und aller, die im Totenreiche sind,
Und alle Zungen vor der Welt bekennen,
Daß Jesus Christus ist der Herr und Heiland
Zur Ehre Gottes, seines Ewigvaters!
Ja, Jesus Nazarenus kam vom Himmel,
Er lebte auf der Erde wie ein Mensch
Und kehrte heim in Gottes Ewigkeit.
Nur wer das Todeslos der Menschheit selbst
Durchlitten hat und diesen Tod durchbrach
Durch seine Auferstehung, bringt das Heil,
So Christus ward zum Kyrios, zum Herrn.
In Wirklichkeit ist gegenwärtig Christus,
Erfahrbar in der Christus-Frömmigkeit,
Die eine wahre Christus-Mystik ist.
Nun lebe nicht mehr ich, in mir lebt Christus!
Wir predigen den Christus an dem Kreuz,
Den Philosophen Hellas eine Torheit,
Den Schriftgelehrten Israels ein Anstoß.
Der erste Mensch war psychisch, war natürlich,
Das war der erste Mensch, der Urmensch Adam,
Der neue Adam aber ist voll Geist,
Der neue Adam spendet Lebensgeist
Und ist pneumatisch oder spirituell.
Der erste Adam war ein Lebewesen,
Der neue Adam Geist, der Leben spendet.
Das Fleisch ist die Natürlichkeit des Menschen,
Das Fleisch lebt abgewendet von dem Schöpfer,
Doch nicht nur abgewendet von dem Schöpfer,
Vielmehr in Feindschaft gegen Gott den Herrn!
Aus dieser Feindschaft gegen Gott den Herrn
Entspringen alle Laster, alle Bosheit.
Des Fleisches Aufbegehren gegen Gott
Steht immerdar im Widerspruch zum Geist.
Das Fleisch ist die Natürlichkeit des Menschen,
Des Menschen, der regiert wird von der Psyche,
Das sind die Psychiker, die Feinde Gottes.
Ein Mensch jedoch, der Gottes Geist besitzt,
Hat Christi Sinn, der wird regiert vom Geist,
Vom Pneuma, dies sind die Pneumatiker,
Pneumatiker sind Freunde Jesu Christi.
Der erste Mensch, der alte Adam ist
Das Urbild aller psychischen Geschöpfe,
Der erste Adam war von niederm Wesen,
Er hatte nur das Fleisch und seine Psyche,
Er war nur Lebewesen, Psyche Zosa.
Der neue Adam Jesus Christus aber
Besaß den Lebensgeist des Ewigvaters,
Er selber war der Geist, der Leben spendet.
Der alte Adam voller Fleisch und Psyche
Die Sünde brachte in die Welt, den Tod.
Der neue Adam voller Lebensgeist
Das Heil bringt in die Welt, die Auferstehung.
Der neue Adam, nämlich Jesus Christus,
Hat einen Leib, das ist die Mutter Kirche,
Ist die Gemeinschaft aller Auserwählten,
Die da herausgerufen aus der Welt.
Der alte Adam sündigte im Anfang,
Die ganze Menschheit war dem Tod verfallen.
Der neue Adam war dem Herrn gehorsam
Und starb als Stellvertreter für die Menschheit
Und brachte Leben so und Auferstehung
Und spendet Leben in der Ewigkeit.
Im alten Adam alle sind gestorben,
In Jesus werden alle auferstehen.
Das Sterben Jesu, Christi Auferstehung
Ist urbildhaftes Sterben, Auferstehen.
Was einst in der Geschichte sich ereignet,
Ereignet stets sich im Mysterium,
In dem Mysterium des Leibes Christi.
Der Christus, von den Toten auferstanden,
Er stirbt nicht mehr, der Todesmacht entzogen.
Und dieses urbildhafte Sterben Jesu
Und diese urbildhafte Auferstehung
Vollzieht zum zweiten Mal sich in den Jüngern,
In allen Menschen, die zum Herrn gehören,
Am ganzen wahren Leibe Jesu Christi.
Sie hatten teil an seinem Kreuzestod
Und haben teil an seiner Auferstehung.
GUAN YIN
Das Heilsziel Buddhas, das ist das Nirwana.
Nirwana ist das absolute Nichts,
Impersonales, numinoses Nichts.
Es gibt, ihr Mönche, etwas Ungebornes,
Ein ungewordnes, nichtgemachtes Nichts,
Ein Nichtgestaltetes, und ohne dies
Gibt’s keinen Ausweg je für das Geborne,
Für das Gewordene, Gestaltete.
Nur aus der Negation der Vielzahl wird
Erschlossen dieses Summum Positivum,
Die Negation umschreibt den Heilszustand.
Zwei Welten nämlich gibt es, hier die Welt
Der vielerlei Geburten und Gestalten
Und dort die Welt des ungewordnen Nichts.
Denn alles Dasein ist aus Elementen,
Aus Ur-Atomen, welche Dharmas heißen.
Aus diesen setzen sich zusammen alle
Lebendigen Geschöpfe, auch der Mensch,
Das ganze Dasein in der Endlichkeit.
Ja, hundertneunundsechzig Dharmas gibt es,
Die sich zusammensetzen zu Gestalten,
Zu Individuen, um dann sich wieder
Zu lösen, wieder einzugehen neue
Verbindungen in neuen Kreaturen.
Ein unbedingtes Dharma gibt’s allein,
Das ewig ist und wandellos, Nirwana.
Aus dieser Heilsidee erschließt sich auch
Das Unheil. Heil ist ungewordnes Nichts
Und Unheil ist Gewordensein, Gestalt
Zu sein, konkretes Individuum.
Im absoluten Heilsziel des Nirwana
Ist alles Individuum erloschen,
Persönlichkeit erlischt im leeren Nichts.
Und fragst du nach der Existenz des Toten,
Der Daseinsweise des Erlösten, höre:
Den, der zur Ruhe ging, kein Maß mehr misst ihn,
Von ihm zu sprechen gibt es keine Worte,
Zunichte ward, was Denken fassen könnte,
Vernichtet ward der Pfad der Worte ganz,
Nirwana ist so unaussprechlich wie
Ein absolutes Nichts den Kreaturen.
Nirwana ist der stille Ozean,
Ein Ozean, in den die Ströme münden
Und jeder Strom hört auf ein Strom zu sein
Und Alles ist der Ozean allein.
So auch verlieren die Erlösten im
Nirwana jegliche Persönlichkeit,
Kein Individuum lebt im Nirwana,
Das Dasein der konkreten Kreatur
Erloschen ist im absoluten Nichts.
Schau dir die Funken eines Feuers an,
Schau, wenn ein Eisenhammer niedersaust
Und Feuerfunken sprühen flüchtig auf
Und schwinden in der Nacht, verschwinden ganz,
Verschlungen von der absoluten Nacht,
Du findest nichts mehr von den Feuerfunken.
Wer weiß, wohin der Feuerfunke schwand?
Zwei Arten aber von Nirwana gibt es.
Die eine Art Nirwana ist gemischt
Mit einem Rest von Eigenschaften noch,
Gehört der Gegenwart des Daseins an,
Besteht in der Vernichtung der Begierde,
Der Werdelust, der Lebensgier, des Durstes.
Die andre Art Nirwana ist ganz frei
Von allen Eigenschaften des Gewordnen,
In dies Nirwana tritt der Tote ein,
Der da gelangt ist zur Vollkommenheit.
Nun ist kein Werden mehr und kein Vergehen,
Erloschen ist der Geist im leeren Nichts.
Wer wie Gautama Buddha selbst auf Erden
Erreichte das Nirwana schon, der ist
Erleuchtet. Zwar er lebt noch in den Formen
Des Lebens, aber seine Lebensweise
Ist wie die Energie, die fortbesteht
Und abnimmt, immer weiter abnimmt, bis
Vernichtet ist der ganze Lebenswille,
Der Wille zum Lebendigsein erlosch,
Geboren wird das Wesen niemals mehr.
So dem Nirwana der Erleuchtung schon
Auf Erden, dem der Lebensdrang erlosch,
Steht gegenüber jenes andere
Nirwana, jenes ewige Nirwana,
Wo nichts mehr existiert von Kreaturen,
Wo ganz bewusstlos Alles ist im Nichts.
MARIA
Er kommt, zu richten alle Erdenreiche,
Er richtet mit Gerechtigkeit den Erdkreis
Und richtet alle Völker mit der Wahrheit.
Der Herr, der Allerhöchste, er ist heilig,
Ein großer König über alles Erdreich.
Gott ist ein König über alle Völker,
Gott sitzt in Heiligkeit auf seinem Thron.
Gott herrscht und setzt sein Reich auf Erden durch.
Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe!
Nach der Bedrängnis wird die Sonne sich
Verfinstern und der Mond verliert den Schein,
Wie Feigen fallen Sterne von dem Himmel,
Die Himmelsenergieen werden wanken.
Dann kommt der Menschensohn mit seinem Zeichen.
Nicht spüren Gottes Reich, die es ersehnen,
Noch die, die sagen: Es ist hier und da,
Ihr spürt nur Gottes Reich in eurer Mitte.
Und das ist Petrus und auf diesem Felsen
Wird Jesus seine wahre Kirche bauen,
Die Hölle nie vernichtet Christi Kirche,
Denn Jesus gibt dem Petrusamt die Schlüssel
Des Himmelreichs, was er auf Erden bindet,
Das wird gebunden sein im Himmel auch,
Was Petrus aber löst auf dieser Erde,
Das wird gelöst sein in den Himmeln auch.
Und über Petrus hat der Tod nicht Macht,
Ja, Petrus ist in seinem Amt unsterblich.
Vom Tage und der Stunde keiner weiß,
Das wissen auch die Himmels-Engel nicht,
Auch nicht der Sohn, das weiß allein der Vater.
Und alles ist dem Sohne übergeben
Und keiner kennt den Sohn als nur der Vater.
Gott will sein Vater sein, Christ soll sein Sohn sein.
Du aber sei den Waisen wie ein Vater,
Des Mannes Stellvertreter bei der Witwe,
So liebt dich Gott viel mehr als deine Mutter
Und du wirst Sohn der höchsten Gottheit sein.
Der Heilige zieht aus von seiner Wohnung
Und Gott tritt auf den Gipfel Sinai.
Sich fürchten werden alle, ein Gericht
Ergehn wird über alle Kreaturen.
Mit den Gerechten wird er Friede machen,
Die Auserwählten wird der Herr behüten
Und über ihnen walten wird die Gnade
Und angehören werden alle Gott
Und Gottes Licht wird ihnen allen scheinen.
Ich sehe die Geheimnisse der Himmel
Und wie das Reich verteilt wird, wie gewogen
Die Handlung jedes Menschen auf der Waage.
An jenem Tag wird Gottes Auserwählter
In Herrlichkeit auf seinem Throne sitzen,
Verwandeln alle Himmel durch die Wandlung
Und Segen spenden, einen Lichtglanz schaffen,
Verwandeln alle Reiche dieser Erde
Und Mutter Erde wird zu einem Segen.
Beim Herrn der Geister ist ein Menschensohn.
Ich sah, und siehe, mit den Himmelswolken
Kam einer wie ein Menschensohn zu dem,
Der uralt ist, und ward vor ihn gebracht,
Der gab ihm Macht und Ehre und das Reich,
Und alle Völker, aller Sprachen Leute
Dem Menschensohne werden ewig dienen
Und seine Macht ist ewig und vergeht nicht
Und seine Reiche finden nie ein Ende.
Das ist der Mensch, der hat Gerechtigkeit,
Der alles das Verborgne offenbart.
Das ist der Sohn des alten Herrn der Geister.
Der Auserwählte wird im Throne sitzen,
Der Herr der Geister gab ihm seinen Thron,
Der Herr der Geister hat den Sohn verherrlicht.
Der Herr der Geister wohnt dann über allen,
Sie werden mit dem Menschensohne essen
Und werden niederlegen sich zur Ruhe –
Das Fleisch wird auferstehn in Ewigkeit!