Von Josef Maria Mayer
“Arthur ist nicht gestorben, es barg
Nicht seinen Leichnam der steinerne Sarg,
Ich selber sah ihn vor wenigen Tagen...“
(Heinrich Heine)
ERSTER GESANG
Nachdem die Stadt war eingenommen,
Da floh Äneas mit den Frommen,
Dem Sohn Ascanius,
Italien sie begrüßten mit gebenedeitem Gruß,
Latinus nahm sie auf mit Ehre,
Es glänzte ihnen schön der Stern der Meere.
Äneas musste doch mit Turnus fechten,
Er überwand den Schlechten.
Ascanius nahm sich zur Gattin da
Das schöne Kind Lavinia.
Äneas starb, und nach Äneas Tode
Ascanius sang ihm noch eine Ehren-Ode.
Ascanius gewann an Macht,
Regierte herrlich und bedacht.
Lavinia dem König in dem Thron
Den Silhys ihm gebar als Sohn,
Den plagte Leichtsinn später,
Er lebte nicht die Tugenden der Väter.
Und Silhys, wie bekenn ich’s im Gedichte?
Er schwängerte die eigne Nichte!
Die Seher sagten von dem Erben,
Durch ihn der Vater werde sterben.
Nach langer Irrfahrt irrem Bangen
Er werde aber großen Ruhm erlangen.
Fürwahr, im Kindsbett seine Mutter starb,
Doch dass der Kleine nicht verdarb,
Gab Gott ihm eine Amme,
Die sanft gleich einem Lamme
Den jungen Brutus auferzogen.
Mit fünfzehn Jahren ging mit Pfeil und Bogen
Er mit dem Vater auf die Pirsch,
Da sah er einen Hirsch,
Da schoß er einen Pfeil, der sich gebohrt
In seines Vaters Brust. O Vatermord!
Die Göttin Venus hörte sein Gewinsel
Und zeigte Brutus eine Insel.
So Brutus fuhr, bis er die Insel fand,
Nach Talnus kam er, in das Land,
Es hieß die Gegend Alban und in diesen
Gefilden lebten Riesen.
Ansonsten war es angenehm, das Land,
Man Ströme dort mit vielen Fischen fand
Und Hirsche in den Wäldern
Und Brote auf den Feldern.
Und Brutus da und seine Freunde,
Die herzlichen Genossen der Gemeinde,
Sie waren fröhlich und erbaut
Und haben einen Häuptlingssitz gebaut
Und Häuser den Gesellen,
Den Boden sie begannen zu bestellen.
Nun wollte Brutus, dass zu seinem Preise
Die Insel auch nach Brutus heiße,
So waren ja die Vätersitten,
So nannte sich das Volk nach Brutus: Britten.
Und Corineus, der Erste der Gefährten,
Der wählte einen Fleck auf Erden,
Es siedelte der gute Mann
In Cornwall sich in Liebe an.
Doch war ihm nicht beschieden,
Zu leben dort in Frieden,
Bis er die Riesen nicht bekriegt
Und bis er jene Riesen nicht besiegt.
Ein Riese lebte nämlich dort,
Gog-Magog hieß der Riese an dem Ort,
Der mächtig war und stark,
Von hartem Holz und Heldenmark.
Als Brutus war auf einem Feste
Und seinen Mund mit Wein benässte,
Gog-Magog ist mit einem Dutzend Riesen
Herangeeilt, mit diesen
Zwölf Riesen kam Gog-Magog angeschritten,
Zu überfallen alle Britten,
Da ward ein Blutbad angerichtet
Und mancher Britte ward vernichtet.
Die Britten aber kämpften mit den Riesen,
Die Britten schlugen schließlich diesen
Brutalen Riesen ab die Köpfe
Und schnitten ihnen ab die Schöpfe.
Doch Brutus sagte: Lieber
Gog-Magog lasst noch über,
Denn Corineus soll ihn besiegen,
Er sei der Sieger in den Riesenkriegen.
Gog-Magog stand dem Britten gegenüber,
Da sagte Corineus: Mir ist es lieber,
Zu kämpfen nicht in einer Rüstung. Nackt
Der Britte nun den Riesen packt,
Mit männlich starkem Ringen
Und bloßem Arm ihn zu bezwingen.
Der Riese ihm zerquetschte eine Rippe.
Der Britte warf den Riesen von der Klippe
Und schleuderte den Riesen in die See,
Da schäumte auf der Schaum wie Schnee.
Nun Brutus seinen Häuptlingssitz einnahm,
Er an die Themse kam,
Das Neue Troja baute Brutus dort,
Caer-Ludd hieß später dieser Ort,
Zuletzt ward von den Sachsen in dem Land
Die Hauptstadt London öffentlich genannt.
Als Brutus also London gründete,
Der junge Samuel verkündete
In Israel des wahren Gottes Wort.
In London aber, an des Häuptlings Ort,
Der König Brutus war zu sehn
Mit seiner Königin der Britten, Imogen.
Die Königin der Britten, Imogen die Schöne,
Gebar dem Ehemann drei Söhne,
Die teilten unter sich das Reich der Britten,
Als Brutus durch des Todes Tor geschritten.
ZWEITER GESANG
Als einst von Gottes Weißem Thron
Herabgekommen war der Gottessohn,
Als Mensch zu sein bei Menschenkindern,
Das Elend uns zu mindern,
Das uns beschert der Sünde Reiz,
Als Christus starb am Kreuz
Und sterbend seinen letzten Seufzer stöhnte,
Er mit dem Vater uns versöhnte.
Als Christus auferstanden war,
Er schickte der Apostel Schar
In alle Länder, alle Zonen.
Ein Flügelschlag und hinter uns Äonen!
Sie kündeten mit mildem Mund
Der neuen Liebe neuen Bund,
Die Seelen Satan abzukaufen,
Sie alle Menschenkinder taufen
In Gottes Namen, heißt es,
Des Vaters und des Sohnes und des Geistes.
Es breitete sich aus das Christentum,
Schon Gallien ward zum Eigentum
Des Herrn, die Kirche ist gewachsen
Auf gutem Boden auch in Friesland und in Sachsen,
Und Christus schritt von Allemannien
Nach Irland und nach Großbritannien,
Als guter Hirte seine Herde dort zu weiden.
Noch gab es Kämpfe mit den Heiden.
In Großbritannien waltete
Ein frommer Fürst, der redlich schaltete
Und führte an die Alten und die Jugend
Und lebte selber das Gesetz der Tugend,
Erbauer war von Kirchen und von Tempeln,
Und auch geschickt zu stempeln
Mit königlichem Stempel seiner Tugend
Das weiche Herz der Königin in ihrer Jugend.
Moygenes, so hieß mit Namen
Der Fürst von Gottes Gnaden. Damen
Und Herren ließen sich von Priestern taufen,
Sich so von Satan loszukaufen
Und von der Erbschuld sich zu reinigen
Und sich der Gnade zu vereinigen.
So mancher hat der Sünde sich entledigt
Und viele hörten Wahrheit in der Predigt.
Moygenes als Ritter
Der Liebe kämpfte bis zum letzten Lanzensplitter
Und steckte erst das Schwert in seine Scheide,
Als überwunden war der letzte Heide.
Moygenes in seinem Thron
Bekam von seiner Gattin einen Sohn,
Der einst des Königtumes Bürde
Heroisch tragen sollte und der Krone Würde.
Der Vater aber ward von einem Pfeil
Mit Gift durchbohrt und einging in sein Heil,
Sankt Georg ohne Spott
Geleitete den Marterzeugen heim zu Gott.
Sein Bruder war der fromme Konstantin,
Nun in der Krone Herrlichkeit erschien
Der neue König, ohne zu entschuldigen
Die Heiden, die dem Herrn nicht huldigen,
Er wollte sie mit Eisenzepter weiden,
Vertrieb aus Großbritannien alle Heiden.
Und Satan sann, das kann man sich wohl denken,
Den frommen Konstantin zu kränken.
Zwei Töchter hatte Konstantin,
Die schön wie Blumen blühn,
So schön sie beide in dem Reiz der Jugend,
Erfüllt von Unschuld und von Tugend,
So keusch in ihrer weißen Seide,
Daß Satan ward zerfressen von dem ärgsten Neide.
Und Satan sich erdachte Höllenpein,
Vergiftete des Königs Wein
Und ließ die Herden auf den Weiden heulen
Und schickte wieder Hiobs Beulen.
Was Satan auch verschuldete,
Der fromme König alles duldete
Wie Hiob, der Gerechte.
So Satan sich ersann, der Schlechte,
Der Töchter Schönste zu verführen
Und ihre Unschuld anzurühren,
Zur Unzucht zu verleiten,
Er ließ die Schöne gleiten
Und fallen in die Sünde.
Wer da noch widerstünde
Der Schwermut, sieht er so die Tugend fallen?
Dem frommen Konstantin die Augen überwallen
Von Tränenflut
Und er verlor den Lebensmut
Und er verlor die Lebensfreude,
Sah er die Tugend als der Sünde Beute,
Der König in der höchsten Not
Von Gott erbat sich nur noch seinen Tod!
Gefallen ist das Sternbild Wermut,
Der König und die Königin in Schwermut
Verzweifelt selber sich ermorden!
Die Mönche beteten im Orden
Und Jesus sich erbarmte, Gottes Sohn:
Sie sitzen jetzt in ihrem Himmelsthron.
DRITTER GESANG
Drei Söhne hatte König Konstantin,
Drei Söhne, die wie Lilien blühn,
Moines, Uther, Pendragon,
Die spielten oft um ihres Vaters Thron.
Als König Konstantin gestorben,
Da ward um seinen Thron geworben.
Moines ward erwählt zum König
Von Gottes Gnaden gnädig,
Doch war er noch ein kleines Kind,
Voll Unschuld wie die Knaben sind.
Im Reiche lebte aber auch ein Ritter
Mit Namen Vortigern, der war sehr bitter,
Der wurde bald des Königssohns Berater
Und insgeheim zum Landesvater.
Die Christen kämpften mit den Heiden,
Den Heiden stolz und unbescheiden.
Doch Vortigern regierte unnatürlich
Selbstherrlich und willkürlich.
Der Kirche Zustand war elendig,
Der König aber kindisch-unverständig,
So Vortigern beherrschte all das Reich
Und galt dem König gleich,
Doch Vortigern bekümmerte sich wenig
Um seinen jungen König
Und kümmerte sich nicht
Um seine Herrscherpflicht
Und lebte nur der eignen Lust,
Der Selbstbegier in seiner Brust.
Die Heiden, die sich stolz voll Hochmut brüsten,
Sie überfielen nun das Königreich der Christen.
Wo war der Führer, der sie führte,
Die Krone, die sie zierte?
Doch Vortigern nicht kümmerte der Krieg,
Er sorgte nicht sich um der Christen Sieg.
Er sprach zu seines Reiches Fürsten,
Die alle nach der Herrschaft dürsten:
Ihr macht wohl schlechte Witze,
Moines stellt ihr an des Heeres Spitze?
Der Knabe muß doch unterliegen
In diesen schweren Glaubenskriegen!
Ihr müsst Moines, dieses Kind, ermorden!
Wenn ich dann euer Herr geworden,
Dann werde ich mit harter Hand regieren
Und strenge Herrschaft führen.
Zwölf Fürsten töteten Moines da!
So schlimme Gräueltat geschah!
Nichts Schlimmeres in allen Zeiten fort und fort
Als eines lieben Kindes Mord!
So Vortigern der Herrscher ward,
Bei des Propheten Bart,
Er war ein Plagegeist dem Volke
Wie eine schwarze Unheilswolke.
Moines war nun tot.
Doch seine Brüder, weiß und rot,
Als Vormund schützte sie ein weiser Mann,
Er nahm die beiden Prinzen dann
Und floh mit ihnen fort
An einen sichern Ort.
So Vortigern gekrönt ward nun zum König.
Zwölf Fürsten fürchteten sich wenig
Und sprachen, ohne zu erröten:
Berufen waren wir, das Kind zu töten,
Und nun sind wir erschienen,
Dem neuen Herrn zu dienen.
Doch Vortigern, er war von Satans Orden,
Die Fürsten ließ ermorden.
Der Fürsten Sippe fiel vom König ab,
Der König schaufelte sein eignes Grab,
Die Fürstensippen sind ihm ganz entgegen,
Auch Mutter Kirche gab ihm keinen Segen,
Auch lastet er auf unserm Volke
Wie eine schwarze Unheilswolke.
Die Fürstensippen rebellierten
Und gegen ihren König Kriege führten,
Der König höhnisch nur verzog die Lippen
Und unterwarf die Fürstensippen.
Doch da erhob sich die Gemeinde
Und stellte sich dem Feinde.
Des Volkes Führer Hangius
Gab Vortigern den Bruderkuß
Und gab dem König Vortigern zum Weibe
Die eigne Tochter in dem schlanken Leibe,
Die aber eine Heidin war.
Die Kirche sah den Gräuel gar
Nicht gerne an und rief die Christen zum Gebet.
Die Königin verehrte Mohammed,
Das hübsche Kind von Hangius
Trotz Ave und trotz Angelus
Zog Vortigern von Christus ab
Und schaufelt ihm sein Grab
Und tat auch andern edlen Rittern rauben
Den einzig wahren Christenglauben.
Die frommen Christen sollten stets sich scheiden
Von noch so schönen Töchtern aus den Heiden!
VIERTER GESANG
Der Vormund in fremdländischen Provinzen
Erzog sehr weise seine beiden Prinzen,
Daß sie von Vortigern dem Grobern
Das Königreich zurückerobern.
Die beiden Könige das Reich sich teilten
Und in die Heidenkriege eilten.
Schon vor der Schlacht der weise Merlin sah
Voraus, was dann geschah,
Daß Pendragon versterben wird, sein Bruder
Allein wird König sein, der König Uther.
Doch Pendragon mit großer Macht
Zog in die Heidenschlacht
Und mit dem Schwerte aus der Scheide
Er jagte Heide über Heide
Aus Großbritannien fort.
Als Marterzeuge starb er durch gemeinen Mord,
Als ihn ein Heide, hinterlistig todesgeil,
Von hinterrücks durchbohrt mit einem Pfeil.
Für Christus sterben Christen,
Doch Heiden kennen Tücken nur und Listen!
Doch Uther, trotz der Seelenleiden,
Vertrieb die Heiden,
Den Christenkriegern gab
Er fromm ein Ehrengrab,
Das größte Grab wie einen Schattenkönigsthron
Gab er dem König Pendragon.
Die Priester in Habit und Alben
In Mutter Kirche König Uther salben
Zum Könige von Gottes Gnaden.
Gott schütze ihn vor allem Schaden!
Das Volk beschwor: Wir wollen Uther dienen!
Der weise Merlin ist erschienen
Und sagte in dem Gotteshaus:
Ich sah es alles schon voraus,
Ich darf durch Gottes Gunst die Zukunft kennen,
Du sollst dich nun mit neuem Namen nennen,
Du, Gottes Gnaden König Uther,
Trag auch den Namen nun von deinem Bruder
Und herrsch als König Uther-Pendragon
Auf deinem Gottesgnaden-Königsthron!
FÜNFTER GESANG
Und Merlin trat zum Königsthron
Des Königs Uther-Pendragon
Und sprach: O König, weiland
Gekreuzigt ward der Heiland,
Der Sohn der Lieben Frau Maria,
Da Josef von Arimathia
Den Leichnam nahm vom Kreuze ab
Und legt ihn in ein Felsengrab.
Die Feinde Christi aber Josef plagten,
Den frommen Ritter sie verjagten,
Er zog in eine Wüste,
Er fastete und betete und büßte
Mit einer kleinen Schar Genossen.
Als eine Zeit verflossen,
Da hat der Hunger sie befallen.
Und Josef sah den Christus Jesus wallen
Und sprechen zu dem Jünger:
O Josef, du und deine jungen Dinger,
Ihr sollt zu essen und zu trinken haben,
An meinen Gaben euch erlaben.
Du gründe eine Tafelrunde,
Wie ich sie gründete in jener Stunde,
Da ich im Obersaal
Gehalten hab das letzte Abendmahl.
An dieser Tafelrunde, welche
Eucharis heißt, sollst du vorm Kelche
Dem neuen Bund die neue Liebe schwören,
Laß von den Narren du dich nicht betören,
Hab neuen Mut und sei die Kraft dir frisch,
Eucharis diene du am Tisch
Und halte dort der neuen Liebe Mahl.
Dies, o mein König, nennt man Gral.
Wohin der fromme Josef aber ging
Mit diesem wundervollen Ding,
In welche Zone, welches Land,
Das ist mir nicht bekannt.
Als Jesus saß beim Abendmahl
Im Obersaal,
Hat eine Seele ihn verraten,
Das ist die schlimmste Tat von allen Taten,
Daß diese Seele noch mit einem Kuß
Verraten ihren Meister muß!
Ein Platz ist darum an dem Tische leer.
Doch der Apostel Heer
Mit Petrus sich versammelnd zum Konzil
Orakel legte, als das Los so fiel,
Daß eine neue Seele kam
Als Zeuge für die Wahrheit und den Platz einnahm
Noch jung und frisch
An der Eucharis benedeitem Tisch.
Auch Josef von Arimathia
Als Diener Unsrer Lieben Frau Maria
Zum Angedenken an das letzte Abendmahl
An seinem Tische mit dem Gral
Hat freigelassen einen Stuhl.
Hat eine Seele sich gewidmet Beelzebul,
Hat Satan sie von Jesus fortgetrieben,
Ist dieser Stuhl so leergeblieben.
Du aber, König Uther-Pendragon,
In deinem Gottesgnaden-Königsthron,
Du sollst zur Buße deiner Sünden
Die Dritte Tafelrunde gründen.
O weiser Merlin, mein Druide,
Mit dir sei Christi Friede,
Ich kann die Tafelrunde nicht erbauen,
So bitt ich dich bei Unsrer Lieben Frauen,
Daß du ans Werk gehst frisch
Und baust der Gnade Tisch.
Und Merlin sprach: Zur Buße meiner Sünden
In Kardueil in Wales will ich begründen
Die Dritte Tafelrunde.
Von dieser frühen Morgenstunde
Drei Tage gib mir Zeit, dann will ich bauen
Mit Hilfe Unsrer Lieben Frauen
Den Gnadentisch des Gral.
Zu Pfingsten feiern wir das Mahl,
Zu Pfingsten in der Minne Mai-Nacht,
Zu Ostern und zur Weihnacht.
Mit neuem Mut und Kräften frisch
Der weise Merlin baute nun den Tisch
Drei Tage später
Am Tisch die Söhne saßen und die Väter,
Die Mütter, Edeldamen,
Die Fräulein Töchter lächelnd kamen.
Da sprach ein Ritter und ein Vater:
In diesem heiligen Theater
Ist Wunderkraft am Werk, ich fand
Genossen, die mir vorher unbekannt,
Wir saßen um den Gral und schon
Wir lieben uns so wie der Vater liebt den Sohn,
Die Damen ehren wir wie Mütter,
Die jungen Fräulein süß, nicht bitter,
Wie Nymphensittiche in ihren Nestern,
Die ehren sittsam züchtig wir wie Schwestern.
Das Festmahl in ein Fest der Liebe mündet!
So ward der Gral gegründet.
SECHSTER GESANG
Der König Uther-Pendragon
Bekam vom Schöpfer einen Sohn,
Der König nach ihm ward.
Der König Artus war von milder Art
Und seine junge Königin von Ehre
Die graziöse Guinevere.
Zu Pfingsten wars, die Sonne schien genug,
Da zog ein langer Zug
Zu einem wunderschönen Pavillon
Mit Balustrade und Balkon,
Voran der König und die Königin,
Dann Merlin, ein Orakel nur im Sinn,
Dann fromme Minneritter
Und junge Fräulein süß, nicht bitter,
Und dann der Damen Affen
Und dann die gottgeweihten Pfaffen.
Der Pavillon von Merlin ward errichtet
So schön, wie nie ein Barde dichtet,
Mit Schönheit voll Magie
Und sympathetischer Magie der Sympathie,
Als wie im Land der Feen,
Wo in gehauchten Kleidern Elfen sind zu sehen
Und nackte Nixen, frei von Mängeln,
Die Wände voll von Engeln
Und Heiligen in Blau und Rot
Und was die Szene bot,
Das war Cäcilia mit ihrer Harfe,
Und König David auch, der Scharfe,
Der trug den Lendenschurz
Um seine Lenden kurz
Und tanzte mit der straffen Wade
Den Tanz vor Gottes Bundeslade,
Mit den Ideen tanzte Plato,
Und David scherzte mit Erato,
Und Unsre Liebe Frau Maria kam,
Die sie Urania bei ihren Händen nahm,
Und sprach: Bei meinem benedeiten Busen,
Ich hole noch ins Paradies die Musen!
Und über all den bildlichen Gebilden
In astronomischen Gefilden
Gemalt das bunte Firmament
Mit Nebeln, die man kennt,
Und über allem als die höchste Wonne
Des Alls Zentrale Sonne!
Und mitten in dem Pavillon
Gleich hinter dem Balkon
Der Tisch stand mit dem Gral,
Da Gott lud ein zum Mahl,
Zur ewigen Bestrafung aller Bösen,
In Ewigkeit die Guten zu erlösen.
Der Gral der Tafelrunde, welch
Ein Becher war es, welch ein Kelch,
Ein Kelch des Geistes und der Ganzhingabe,
Ein Kelch der Liebe und der Labe!
Und eine Schale goldenrot
Im Innern trug ein weißes Brot,
Das war des Grales minnigliches Manna,
Die Minstrelsänger sangen Hosianna.
Als nun der König kam und sie,
Die Königin, erschallte Melodie
Von solcher liebevollen Süße,
So flöten Engel nur im Paradiese!
Und Merlin kam mit einem Zauberband
Und nahm des Königs Hand
Und legt sie in die Hand der Königin
Und band sie mit dem Zauberband und in
Dem Pavillon erschallte Jubel
Und aufgeregter Zwerge Trubel
Wie kleine Kinder in dem Wonnemai
Laut jauchzen lautes Lustgeschrei!
Und Merlin nun berief die Ritter,
Zwölf Ritter bis zum letzten Lanzensplitter
Für ihre Königin zu kämpfen hatten
Und für den König, ihren Gatten,
Und mit dem Herzblut und des Schwertes Stahl
Zu kämpfen bis zum Tode für den Gral!
SIEBENTER GESANG
Sir Bors, des Grales Minneritter,
Zur blauen Abendstunde sang zur Zither:
Ach, wäre Ruhe mir beschieden
Und stiller Frieden,
Könnt ich ein wenig mich erquicken
An Abendsternes blauen Blicken,
Wenn Venus schaut mit blauen Augen aus dem Abend,
Ach wie erquickend, wie erlabend!
Wie still ist doch der Ort im Wald,
Die Vögel ruhen, ach ich ruhe bald,
Die Amseln zwitschern in den Büschen,
Die Drosseln drein die Stimmen mischen,
Geschlechtlich ist der Vögel Brunst
Und so entsteht ihr Lied voll Kunst,
So singt ja auch die Nachtigall, die makellose,
Sie singt das Lied der scharlachroten Rose,
Der Rose rot wie Blut singt sie ihr Lied,
Die hinter sieben Meeren blüht.
Ach könnt ich sehen diese makellose
Blutrote Rose,
Ach könnt ich sehen diese dornenlose
Geheimnisvolle Rose,
Wenn untergeht die Sonne
Im Westen, badet in des Meeres Wonne,
Wenn einsam scheint der Abendstern,
Die Venus, die geschaffen ist vom Herrn.
Was ist die Rose rot wie Glut?
Die Rose rot ist Christi Blut!
Die Rose blutigrot ist Gottes Sohn
In seiner liebenden Passion!
O welche Leiden der Passion und welche
Begierde nach der Seele glüht im Kelche!
O Christi Fleisch zu speisen in dem Abendmahl!
Ich diene an dem Gral!
Es kommt die Dämmerung so dunkelblau,
Es zieht herauf ein Grauen gräulich-grau,
Die Sonne sinkt in dekadenten Festen,
Der Untergang vollzieht sich nun im Westen.
Die Kühe und die Kälber sind im Stall,
Ich höre Glockenschall,
Die Glocke tönt wie Gottes Stimme.
Ich reite durch das Moor, das schlimme,
Mich ruft die Dämmerung
Zur Pilgerschaft, zur Heiligung,
Zur roten Rose in dem Abendland.
Ich ruhe erst, wenn ich die Rose fand.
Mein Pferd ist alt und lahm,
Zu müde und zu zahm.
Mein Schwert, einst golden wie der Osten,
Mein Schwert scheint zu verrosten.
Doch straffe ich noch einmal meine Zügel
Und reite auf und ab die Hügel
Und reite weiter, weiter, immer weiter.
Die weißen Tauben Gottes girren heiter,
Die weißen Tauben mit den blendendweißen Brüsten,
Die in dem Schoß der Rose nisten,
Sie haben mich gerufen.
Ich steige steile Treppenstufen
Zur goldnen Stadt, wo einst ich wohnen werde,
Ich habe keine Stadt auf dieser Erde.
Doch eines Tages wird’s geschehen,
Dann werde ich den Stern des Morgens sehen,
Der Stern des Morgens wird erklingen
Wie Glockenschlegel in der Glocke schwingen
Und hören werde ich den Sphärenton,
Wenn zu mir redet Gottes Sohn,
Dann werde ich dem Worte glauben,
Dann tragen sieben weiße Turteltauben
Mir meine arme Seele Stern um Stern
Hinan zu meinem Herrn,
Dann wird der Anblick der geheimnisvollen Rose,
Wenn ich erblick die Dornenlose,
Von allen Liebesleiden mich entledigen
Und für die Jahre in der Hölle mich entschädigen!
ACHTER GESANG
Als König Artus nun regierte,
Er viele Kriege führte
Im Reiche England und in Wales
Und Schottland, Cornwall. Muse, nun erzähl’s,
Wie Artus einst in London war,
Da kam ein Ritter wunderbar
Und sprach, wie Rience von Nordwales hatte
Die Länder überfallen wie ein Schatte
Und tötete des Königs Ritter.
Sprach König Artus bitter:
Dem Mörder aus der Mitternacht
Entgegen trete ich mit großer Macht.
So König Artus voll von Zornesflammen
Die Ritter alle rief zusammen
Nach königlichem Machtgebot
An seinem Königshof von Camelot.
Versammelt waren die Barone,
Da waren aufgestellt die Throne,
Da kam ein junges Fräulein an
Mit ihrer Schönheit Zauberbann.
Die große Dame Lil von Avalon
Das Fräulein schickte zu dem Königsthron.
Des Fräuleins rötlichblonde Locken wallen,
Sie ließ den schwarzen Mantel fallen
Und zeigte nun dem König liebenswert,
Wie sie an ihrer Hüfte trug ein Schwert.
Der König, der das Fräulein reich bewirtet,
Sprach: Was hast du ein Schwert dir umgegürtet?
Das Schwert, das schneidet scharf und sticht,
Mein Fräulein jung, das steht dir nicht.
Da sprach das Fräulein, Honig in dem schlichten
Ton ihrer Stimme: Ich will nun berichten,
O weiser König dieser Erde,
Das Schwert macht mir Beschwerde,
Von diesem Schwert befreien kann mich nur
Ein Mann von guter menschlicher Natur,
Der liebevolle Blicke
Ausschickt aus einem Herzen ohne Tücke,
Der edel ist und hilfreich mit der Tat,
Des Seele fern ist von Verrat.
Wenn solchen Ritter je ich finden kann,
Dann aus der Scheide zieht das Schwert der Mann.
Ich war bei Rience in Nordwales schon,
Kein Ritter dort am Thron
Vermochte doch zu meinem großen Leide
Das Schwert zu ziehen aus der Scheide.
Und Artus sah herauf und sah herunter
Am Fräulein, sprach: Das ist ein großes Wunder,
Ich selber will nicht vor der großen Prüfung fliehen,
Das Schwert aus seiner Scheide ziehen,
Ich will mit meinem männlichen Bestreben
Den Rittern mein ein gutes Beispiel geben.
Und König Artus vor dem Fräulein Augenweide
Das Schwert versucht zu ziehen aus der Scheide,
So sehr er zog mit aller Macht,
Er hat es nicht herausgebracht.
Herr, sprach das Fräulein süß und sacht,
Du musst nicht ziehen mit so großer Macht,
Dem Ritter, dem es einst zum Ruhm gereicht,
Gelingt es wie von selbst ganz leicht.
Und Artus sprach von seinem Throne:
Versucht es nun, ihr herrlichen Barone,
Doch seien reinlich eure Blicke,
Die Herzen ohne Tücke,
Die Hände edelmütig stark zu guter Tat
Und keiner übe je Verrat.
Sonst, sprach das Fräulein, doch nicht bitter,
Gelingt es keinem Ritter,
Sie alle werden sich vergebens mühen
Und nicht das Schwert aus seiner Scheide ziehen.
Die Ritter von dem runden Tisch
Versuchten alle stark und frisch,
Zu ziehn das Schwert aus seiner Scheide,
Das an der Hüfte hing des Fräuleins Augenweide.
Trotz aller ritterlichen Kraft
Hat keiner es geschafft.
Und König Artus musste weinen:
Ach, gibt es keinen Ritter, keinen,
Der keusch aus seinen Augen blicke
Und hat ein Herze frei von aller Tücke
Und sind hier keine Hände stark zu guter Tat
Und lauert überall Verrat?
Und König Artus weinte bitter.
Jedoch da war ein armer Ritter,
Des Königs Vetter hatte er dereinst erschlagen,
War im Gefängnis schon seit langen Tagen,
Doch nun befreit aus dem Gefängnis,
Dem hatte es gegeben das Verhängnis,
Daß nun der arme Ritter es probierte
Und den Versuch vollführte.
Der Ritter Balin von Northumberland
Mit seiner ritterlichen Hand
Dem Fräulein winkte nach,
Die grade Abschied nahm, und sprach:
Du sollst die Tafelrunde nicht verfluchen,
Mein Fräulein, laß es mich versuchen.
Ich bin zwar arm und trage leider
Nur alte Lumpenkleider,
Die Wange ist nicht rosig mehr und zart
Und ganz verwildert ist mein Bart,
Doch Fräulein hochgebenedeit,
Ich bitte um die Freundlichkeit,
Daß ich nicht nur an dir die Augen weide,
Das Schwert auch ziehe aus der Scheide.
Ich bin zwar nur ein armer Mann,
Doch glaube ich, dass ich’s vollbringen kann.
Das Fräulein schaute an den armen Ritter,
Sie dachte aber bitter,
Nach seinen Lumpen lugend,
Er sei kein Mann von Tugend.
Da sprach das Fräulein streng und bitter:
Das hat doch keinen Sinn, du armer Ritter,
Das kannst du zu versuchen unterlassen,
Vergebens werden deine Hände fassen,
Das Schwert ziehst du nicht aus der Scheide,
Die Prüfung lieber meide.
Ach, sprach der Ritter
Ein wenig bitter,
Mein schönes Fräulein, du des Hofes Zierde,
Des Mannes wahre Würde
Kann man an seinen Kleidern nicht erkennen,
Du kannst mich armen Ritter nennen
In Lumpen und in Lappen,
Mich nennen einen wilden Knappen,
Der da vergeudet seine Jugend,
Im Herzen aber wohnt die Tugend
Und von der Liebe nur sind meine Augen hell,
Schau nicht aufs raue Fell,
Schau doch die reinen Blicke
Und schaue eine Seele ohne Tücke.
Da sah das Fräulein in den Augen Klarheit
Und sprach: Mein Ritter, du sagst reine Wahrheit,
So manches Mannes Tugend leider
Ist nur der Putz der Kleider,
Die Kleider sind so weiß und sauber
Als ob sie reingewaschen hat ein Zauber,
Doch in dem Herzen voller Zweifel
Steckt dreckig mancher Teufel.
Mein armer Ritter, doch ich weiß,
Dein Herz ist eine Rose rot und weiß.
Ich gebe dir den Jungfraunsegen,
So tu du nach Vermögen,
Das Schwert, an dem ich leide,
Zieh aus der Scheide.
Er kurz nur an die Scheide streicht
Und zieht das Schwert heraus ganz leicht,
So leicht wie Schwanendaunen,
Daß alle die Barone staunen.
Da sprach das Fräulein lächelnd: Nun,
Mein Ritter, wirst du Wunder tun,
Du tugendsamer Ritter hochgeehrt,
Wirst Wunder tun mit meinem Schwert.
So ritt das Fräulein froh davon
Zur großen Dame Lil von Avalon.
NEUNTER GESANG
Es wanderte der weise Merlin lange
Mit lebensvollem Drange
Und schließlich kam der weise Mann
Bei Fräulein Nimfe an.
Dies Fräulein Nimfe wollte zwar nicht küssen,
Doch wollte lernen sie und wissen.
Der alte Merlin sei ihr nicht der Buhle,
Doch nehme er sie in der Weisheit Schule.
Sprach Fräulein Nimfe zu dem Mann: Ich bin
Doch in der Weisheit Schule eine Schülerin,
Die Weisheit will ich küssen,
Du lehre mich dein Wissen,
Dein Wissen, alter Mann, mir schon genügt,
So sprach das Fräulein heiter und vergnügt.
So lehrte er sie immer weiter,
Sie immer fröhlich, immer heiter
Und blühend gleich den Morgensternen
Genoss es, von dem weisen Mann zu lernen.
O Fräulein Nimfe, wisse doch,
Ich will dich lehren noch und noch,
Das keiner über uns die Nase rümpfe,
Dein Name heißt ja Nymphe,
Der Griechen Sprache ist mir gut vertraut
Und Nymphe, das bedeutet Braut.
In der Geheimen Offenbarung
Im Neuen Testamente gibt es eine Paarung
Der Nymphe mit dem Lamm,
Der Nymphe mit dem Gott als Bräutigam.
Die Nymphe darf ich schon erblicken
In dir, o Nimfe, mein Entzücken.
Und Nimfe sagte leise, immer leiser:
Ich werde immer weiser,
Der weise Merlin ist im Geist mein Buhle,
Ich gehe in der Weisheit Schule,
Der Weisheit Unterricht ist mir beschieden,
Minervas Götterfrieden
Gibt mir der Weisheit Unterricht,
Wie inspiriert der Dichter spricht.
Von Abend- und von Morgensternen
Ich durfte alles lernen,
Doch eines will ich wissen,
So sollst du meine Lippen küssen,
Sag, wie man einen weisen Mann
Bezaubern kann,
Daß er, so wie er lebt und leibt,
Für immer bei mir wohnen bleibt.
Sag, wie beschwöre ich den Sturm,
Daß ich in einen Turm
Von reinstem Elfenbein
Den Weisen sperre ein.
Du lehre mich den Zauberbann,
Wie ich bezaubere den weisen Mann.
Der weise Merlin musste schlucken,
Doch einmal nur auf Nimfes rote Lippen gucken,
Ihr Lächeln wie ein Küssen:
Ich sag dir alles, was du möchtest wissen,
Denn mich bezaubert schon dein Lächeln,
Der Morgenröte Wimpernfächeln.
Sprach Nimfe: Bei dem Honig und der Butter,
Verließ ich nicht die Mutter,
Um immerdar um dich zu sein,
War ich dir nicht dein Sonnenschein
Und nanntest du mich nicht lieb Kind
Und sagtest, wie mich liebt der Wind
Und wie dich meine Jugend führt
Und wie dich meine Jugend inspiriert?
Bei Gottes Stimme in dem Wettersturm,
Wie baut man einen Turm
Von reinem Elfenbein
Und sperrt den Weisen darin ein?
Und Merlin sprach: Ich will dich ehren
Und will dich alles lehren.
Er lehrte sie nicht Zaubersprüche
Aus alter Weiber Hexenküche,
Er lehrte sie wie Unsrer Frau Maria
Die Weisheit der jungfräulichen Sophia,
Der unbefleckten Weisheitsgöttin,
Die mystisch seine Seelengattin.
Sie baute einen Turm von Elfenbein
So weiß wie ihres langen schlanken Halses Schein
Und sperrte in den Turm mit einem Zauberbann
Den Lehrer ein, den weisen alten Mann.
Das junge Mädchen sah er Zauberkreise ziehn,
Nun war sie immerdar um ihn,
So sanft wie eine feminine Schonung
Und hold wie eine Fee um seine Wohnung
Und wie ein Hauch und wie ein Sturm
Um seinen stillen Turm
Und wie des Venussternes schöner Schein
Um seinen Turm von Elfenbein,
Er schaute immer ihre langen rötlichblonden Haare
Und lebte also lange Jahre
Mit dieser Mädchengöttin ohne Makel
Und dichtete Orakel.
ZEHNTER GESANG
Es kämpfte Luzius Tiberius
Nun gegen König Arthurs Genius.
Die Heiden sind geritten
Im Sturme gegen unsre lieben Britten.
Doch König Artus hatte,
Der Guinevere Gatte,
Den Bastard noch von einer Konkubine,
Er sprach zu Mordred: Jesus diene
Und schütze du das Reich der Britten,
Wenn ich bin in den Kampf geritten,
Und schütze auch die Ehre
Der jungen Herrin Guinevere.
Und Artus ritt hinab nach Gallien,
Wo Frauen haben schlanke Taillen.
Da träumte er prophetisch einen Traum,
Er sah im Sternenraum
Im Kampfe einen roten Drachen
Mit Schwefel in dem Rachen
Im Kampf mit einem goldnen Löwen,
Der Flügel hatte weißer Möwen.
In Gallien Artus schaute einen Zwerg,
Der sagte: König, auf dem Berg
Sankt Michaels,
Dem Engelsfels,
Gefangen nahm ein Riese da
Die junge schöne Helena,
Du eile, König, töte diesen
Gewaltig bösen Riesen,
Der er gefangen da
Die junge schöne Helena
Mit ihren sechzehn Jahren
Und rötlichblonden Venushaaren.
Und Artus eilte in den Kampf
Durch Staub und Dampf
Und fand die schöne Helena schon tot,
In ihrem Kleid und Schleier goldenrot
Hat er die schöne Helena begraben.
Im Himmel möge Jesus sie erlaben.
Er baute christlich da
Ein Grabmal für die schöne Helena.
Nun sagte Arthurs Genius
Zum Heiden Luzius Tiberius:
Du weiche fort aus Gallien,
Laß von den Frauen mit den schlanken Taillen!
Doch Cajus Quintilianus schmähte:
Bei deinem Barte, o Prophete,
Wir Heiden weichen nicht aus Gallien
Und nehmen uns die Frauen mit den schlanken Taillen!
Und Cajus Quintilianus nicht errötete,
Ein Christ jedoch ihn tötete,
Er zog das Schwert aus seiner Scheide
Und in die Hölle fuhr der Heide.
Die Heiden schickten nun ein Heer,
Vor ihrer Heerschar zog einher
Evander, Fürst von Syrien,
Und Quintus von Palmyrien.
Sie kommen stürmisch angeritten
Und überfallen unsre lieben Britten.
Jedoch Guitard von der Provence
Ruft: Vive la France!
Ist in die Schlacht geritten
Als Beistand für die Britten.
Doch Luzius Tiberius
Im Streit mit Arthurs Genius
Zieht wieder in den Kampf
Bei Staub und heißem Dampf.
Sie kämpften um die Stadt Paris
Und die Provence, das Paradies!
Der Kampf war schrecklich und gewaltig,
Die Heiden hässlich ungestaltig,
Doch von den Heiden ist gefallen
Als Erster unter allen
Der Heide Quintus Milvius, der gleich
Hinabfuhr in das Totenreich.
Nach vielen Schlachten, vielen Ritten
Im Kriege siegten unsre Britten.
Die Heiden fuhren all zu Beelzebub.
Doch Artus seine Christenschar begrub,
Begrub die Christenhelden,
Um ewig ihren Ruhm zu melden.
Ob wir die Christen auch begraben,
Wird Jesus sie im Himmel doch erlaben.
Und wallen wir noch auf der Erden,
Sie uns zum Schutzgeist werden!
Nun Artus zog durch Allemannien
Zur Heimat nach Britannien.
Der Konkubine Bastard dort
Geworden Gegenkönig an dem Ort,
Geschändet hatte auch die Ehre
Der jungen Fürstin Guinevere.
Der Konkubine Bastardsohn,
Er usurpierte König Arthurs Thron,
Zog gegen König Artus in den Krieg.
Wem ward im letzten Kampf der Sieg?
Dem Gottesgnadenkönig?
Dem Bastard-Gegenkönig?
Jetzt kämpft der Drache mit dem Löwen,
Dem Löwen mit den Flügeln weißer Möwen.
Und Mordred ward durchbohrt,
Er, der gewollt den Vatermord.
Und König Artus blutete aus allen Wunden
Und hat die letzte Ruhestatt gefunden
Im Feenreiche Avalon
Auf einem Märchenkönigsthron.
ELFTER GESANG
Das Schiff der Seele seh ich schwimmen
Zur Sonne abendlich Verglimmen,
Drei junge Mädchen stehen unterm Mast,
Die eine schwesterlich die andre fasst,
Die dritte zum Entzücken
Mir wendet zu den Rücken.
In ihren langen rötlichblonden Locken
Die Kronen sind wie goldne Glocken.
Die Schönste steht im Sonnenfeuer
Verhüllt von einem grünen Schleier.
Ich sehe über jeder jungen Frau
Die Fahne flattern blau
Und auf der Fahne himmelblau und licht
Ein Jungfraunangesicht
Mit Röte auf den Wangen,
Die roten Lippen prangen,
Die Augen liebevoll und warm
Voll femininem Charme.
Es ist die Königin der Ehre!
Wer ist die Königin der Ehre?
Die Königin der Ehre ist die Hehre,
Die junge Herrin Guinevere!
Zwölf Ritter sind an Bord,
Herr Jesus ist ihr letztes Wort,
Sie stehen wie Apostel hier,
Geschlossen das Visier,
Und einer steht am Steuer
Und lenkt das Schiff ins Sonnenfeuer.
Und bei der blauen Fahne
Im Schiffe auf dem Ozeane
Sie fahren in den Horizont,
Am Helm trägt jeder eine Locke rötlichblond!
Schon in der Kindheit Heimwehträumen
Ich schaute Avalon in fernen Räumen,
Die Sehnsucht glüht mir im Gemüte
Und pflückt sich eine Apfelblüte.
Schau, meine Sehnsucht, meine Seelengattin,
Sie schwebt wie eine Fee, wie eine Göttin
Die Blumenwege. Manche Maler malten
Schon ihren Leib, vom Abendlicht bestrahlten,
Der Wind sich ihr Geliebter schmeichelt,
Der Wind sie als Geliebter streichelt
Und flüstert wie ein Knabenchor
Verliebte Lieder ihr ins Ohr.
Ich höre girlish giggle, Mädchen scherzen
Mit heiterm Herzen,
Ich hör sie plaudern, hör sie plappern,
Die Schritte ihrer Stiefel klappern.
Ihr girlish giggle ist wie Sommersonne,
Sie glauben an den Gott der Wonne,
Mit letzten lieben Grüßen süß und sacht
Sie gleiten zu dem Tanz der Nacht,
Wenn bei des Mondes milchigweißem Glanz
Die Ideale tanzen ihren Tanz!
ZWÖLFTER GESANG
Wohl tausend Jahre später,
So lehren uns die weisen Väter,
Ging Englands König in der Morgenstunde
Mit der Geliebten Rosemunde
Zu einem alten Kloster,
Wo Mönche beteten den Paternoster
Zu ihrem Gotte Jahwe
Und beteten wohl tausendmal das Ave.
Da sah man in dem Schatten
Wohl unter Marmorplatten
Des großen Königs Arthurs Grab.
Und Gott zur Bettgenossin gab
Ihm seine junge schöne Guinevere,
Ihm seine Königin der Ehre.
Im Kloster läuteten die Glocken
Und Artus lag in rötlichblonden Locken
Der Königin, ihr Haar wie Glut
Und wallend wie die Flut
Und Guineveres Hände rührten zärtlich an
Die Hand von ihrem Mann.
Der König und die Königin des Alls
Doch frei von allen Spuren des Verfalls
Als Tote lagen wie von Marmorglanz
Und schimmernd wie die heilige Monstranz.
Unsterblich ruhten sie im Heiligtum,
Der Mann unsterblich hatte seinen Ruhm
Und seine junge schöne Königin
Die Schönheit noch besaß zum ewigen Gewinn.
Aus Rosemundes Gürtel fiel
Die weiße Rosenblüte von dem langen Stiel,
Die weiße Rosenblüte, weiß wie eine Mai-Nacht,
Weiß wie der Schnee der Weihnacht,
Fiel nieder rein und weiß
Und schmolz wie Eis,
Wenn der April kommt, um das Eis zu schmelzen,
Und unterm Marmorfelsen
Der König und die Königin vergingen
Und gingen zu den letzten Dingen,
Weil bleiern dieser Doppelsarg
Die keusche Blüte Rosemundes barg.