Von Josef Maria Mayer
1
O Maria, meine Urgroßmutter
Hat so liebevolle lichte Augen
Und ein solches liebevolles Lächeln,
Segne sie, Herrin!
2
O Maria, meine liebe Oma
Schenkte mir in meiner Kindheit Liebe,
Stellvertreterin der Gottheit war sie,
Göttliche Mutter,
Darum ich auch Gott als Große Mutter
Liebe und den Herrn als Herrin Weisheit
Und den Geist als Ruach, o Maria,
Großmutter segne!
3
Meine Mutter, ach Maria Mutter,
Meine Mutter ist ja meine Tochter,
Ihren Mann hat sie geliebt, vergöttert,
Aber sie liebte
Kaum den Sohn, o Wunde meines Lebens,
Ursprung der Vergiftung durch die Süchte,
Ursprung meiner Liebe zur Madonna:
Mutter Maria!
4
Meine Tante auf der Heimatinsel
Schenkte meiner Seele eine Heimat,
Ein Dornröschen mitten in dem Meere,
Perle des Meeres,
Wo ich auf der Osterfeier selig
War und wo liebkost ward meine Seele
Mit den liebevollsten Kosenamen.
Segne die Tante!
5
Meine andre Tante aus der Ferne
War mir zugewandt von ganzem Herzen,
Ihre wilden starken Sorgensöhne
Vorbild des Jungen,
Die mit meiner Mutter sich zerstritten
Nach dem Tode meiner Oma, aber
Mich noch ihren lieben Jungen nannte,
Segne sie, Mutter!
6
Meine dritte Tante litt an Trunksucht,
Erbin sie der Trunksucht ihres Vaters,
Ich nun erbte meines Opas Trunksucht,
O du Geliebte,
Ich auch trinke nichts als Trauertränen,
Ich auch trinke nichts als Blut der Tränen.
Segne meine Tante, laß mich deine
Muttermilch trinken!
7
Jene Tante weih ich dir, Maria,
Die Großmutters Namen trug als Kindlein,
Sie, die Kleine, die als Kind gestorben,
Tot lag im Kindsbett.
Was verlor sie schon auf dieser Erde?
Sie erkor sich doch das beste Schicksal!
Gut ists, früh zu sterben, aber besser
Wärs, nie geboren!
8
Meiner Oma Schwester will ich danken,
Die mir ihr Pianoforte schenkte,
Das Klavier aus ihrer Bahnhofsschenke,
Ich hab geklimpert
Anna Magdalena Bachs Etüden,
Hab zumeist das Air geliebt, das süße,
Die Musik und meiner Oma Schwester
Weih ich Maria!
9
An die Urgroßtante muß ich denken,
In dem kleinen Häuschen am Kanale,
Denke ihres würdigen Gemahles,
Silbernen Greises,
Denke an die süßen Brombeerbüsche
In dem Garten, denk an Tee und Kekse,
Weihe dir die Urgroßtante und den
Alten an Jahren!
10
In dem Kinderwagen lag ich weinend,
Da sich meine erste Liebe neigte
Neugierklug aus lieben Augen schauend,
Lamentationen
Tröstend mit den kindlichreinen Blicken,
Mit dem liebevollen Mädchenlächeln.
Meine Nachbarin, das kleine Mädchen
Weih ich der Jungfrau.
11
O Maria, als am Schwanenteiche
Ich gefüttert Ente hab und Erpel,
Bei den Nymphensittichen und Pfauen
Bei mir ein Mädchen,
Die mit mir im Schlosspark ging spazieren,
Wo dem Waller holde Ruhe wurde
Beim elysischen Gefilde. Mädchen,
Sei mir gesegnet!
12
Meine erste Freundin in der Kindheit
War die Blonde mit den Sommersprossen,
Jüngstgeborene des Architekten,
Süß wie die Biene,
Die in ihrem Garten mir ins Ohr kroch,
Als wir in dem Garten Ping-Pong spielten.
Dieses Kind, das Jura auch studierte,
Weih ich der Jungfrau!
13
Meiner ersten Freundin große Schwester
Weih ich dir, o Hilfe aller Christen,
Die den Knaben eingeladen in die
Biblische Schule,
Daß ich Moses Schwester Mirjam liebte
Und des Pharaonem schöne Tochter
Und den Träumer Josef. O Maria,
Segne die Schwester!
14
Jenes fromme Fräulein will ich ehren,
Jene Jungfrau mit den Silberhaaren,
Die mich Josef, Moses, David lehrte
Herzlich zu lieben,
Josef, den die großen Brüder warfen
In den Brunnen, und den Knaben David,
Der besiegt den Riesen. O Maria,
Segne das Fräulein!
15
Weihen will ich Unsrer Lieben Frauen
Meines Freundes liebevolle Mutter,
Katholikin aus dem fernen Osten,
Schwarz ihre Haare,
Mutter eines Indianerknaben,
Der mit mir gestreift ist durch die Wälder,
Sie ernährte uns mit Trank und Speise.
Segne sie, Mutter!
16
In der Schule macht ich die Bekanntschaft
Mit dem Mädchen mit den blonden Zöpfen,
Tochter eines Fleischers, ihre Brüste
Sind schon gewachsen,
Sanft war sie, wie voller Mutterliebe,
Wie ein Weizenfeld, umsteckt mit Blumen,
Wie ein Weizenbündel ihre Zöpfe.
Segne sie, Mutter!
17
O wie schön mit ihrem Antlitz-Vollmond
Und der Sonne ihres Angesichtes,
Ihren Strahlenaugen, lichtem Lachen
War die Geliebte,
Da zuerst die große Macht des Eros
Spürte ich in ihrem Schlafgemache,
Ob wir sonst auch Schmetterlinge haschten.
Segne sie, Jungfrau!
18
Ach das Kind des Diamantenhändlers
Habe ich geliebt so unbeholfen,
Musste immer sie als Quälgeist necken,
War ich schon damals
Quälgeist schöner Frauen, dass der Vater
Sprach mit meiner Mutter, meine Mutter
Mahnte mich mit ernsten Worten rügend.
Mädchen, ich grüß dich!
19
Schwarz die Locken, schwarz die warmen Augen,
Tochter eines Feuerwassertrinkers,
Sie die indianische Prinzessin,
Ich war der Weiße,
Der sie liebte, den sie liebte, darum
Küssten zärtlich Küsse wir des Mundes.
Diesen ersten Kuß weih ich Maria.
Küss mich, Madonna!
20
Auch das arme Mädchen will ich weihen,
Welche nicht mit Schönheit reich gesegnet,
Aber musikalisch wie die Muse
Von dem Parnassos,
Welche mit mir musizierte: Alles
Was wir brauchen, ist allein die Liebe!
Sie und die Gitarre meiner Mutter
Weih ich Maria!
21
Eine Engelgleiche will ich weihen,
Welche liebevoll die Flasche küsste,
Als ich liebevoll die Flasche küsste,
Küsste die Flasche
So als ob ich einen Engel küsste,
Goldne Locken um das weiße Antlitz,
Lachte sie aus himmelblauen Augen.
Segne sie, Jungfrau!
22
Eine Insulanerin, Madonna,
Weih ich dir, die schlank und hochgewachsen,
Lachenliebende Geliebte, welche
Küsste im Schulhof,
Trotz des Urteils des Lateinischlehrers,
Der uns Cäsars Krieg in Gallien lehrte,
Küsserin ihr Name, denn sie küsste
Himmlisch, Madonna!
23
Mutter der Germanen, Mutter Edda,
Segne diese blonde Heldentochter,
Segne ihre benedeiten Brüste,
Brustspitzen lieblich,
Welche durchs Gewand sich drückten, Jungfrau,
Die mich küsste mit dem Kuß der Muse,
Daß ich schmierte Liebesbriefromane.
Segne sie, Herrin!
24
Jene mit den langen schwarzen Haaren
Und dem makellosen Mondgesichte
Und von Elfenbein den Perlenreihen
Weih ich Madonna,
Sie, die mich zur Politik begeistert,
Ohne Leidenschaft die Venus Russlands,
Keusche Venus Russlands, sei geweiht der
Mutter Maria!
25
Ihre Schwester auch will ich dir weihen,
Die, als ich die große Schwester liebte,
Mich geliebt, die Jüngere der Schwestern
Saß am Piano,
Meditierte auf den weißen Tasten,
Meditierte auf den schwarzen Tasten,
Trug im Herzen zärtlich Jesus Christus.
Segne sie, Mutter!
26
Auch der beiden schönen Schwestern Mutter
Weihe ich der makellosen Mutter
Christi. Christen halten hin die Wange,
Wenn sie geschlagen
Auf die linke Wange, halten Christen
Hin die rechte Wange. Sei von Russland
Bis Amerika das Reich des Friedens,
Fürstin des Friedens!
27
Hoch und schlank die liebevolle Schönheit,
Die mir ihre Pflanzen anvertraute,
Aber ihre Pflanzen wurden von dem
Lamme gefressen,
Welches weidete in meinem Garten.
Glaub mir, Schwester, ich fraß nicht das Grünzeug,
Ja, das Lamm hat wirklich sie gefressen.
Segne sie, Mutter!
28
Jene Mutter auch will ich dir weihen,
Die als Kind der großen Gottesmutter
Hasste zornig Satans Kommunismus,
Grüßte: Pax Christi!
Mit dem Gruß Pax Christi grüßte immer
Diese Mutter, bis sie Satan einfing.
O Maria, rette sie, sie schrie zur
Göttin Diana.
29
Wonneweib mit wonnevollem Busen,
Benedeitem Gottesmutterbusen,
Großen Glocken in der Kirche Gottes,
Läutend zur Liebe!
Darf ich dir die Schulaufgaben schreiben,
Russlands Fabeln dichten dir zur Ehre,
Der ich Wolf bin und den Mond anheule?
Segne sie, Mutter!
30
Dreizehnjährig jung mit roten Haaren
War der kleine Wildfang, meine Wonne,
Meines Freundes Freundin, der ich wollte
Lösen ihr Rätsel,
Doch sie sprach: Ich bin kein Kreuzworträtsel,
Ich bin ein Mysterium! O Mädchen,
O wie gut, noch leben wir auf Erden,
Sei mir gegrüßet!
31
Jene Mutter möchte ich dir weihen,
Die in ihrem Haus mich aufgenommen.
Sei gegrüßt, o Freiheit, meine Göttin,
Hier darf ich leben,
Hier, hier bin ich Mensch, hier kann ich leben,
Leiden, lieben, schöne Lieder singen.
Sei als Herrin hochverehrt die Hausfrau.
Segne sie, Mutter!
32
Auch der Mutter meiner neuen Heimat
Schöne Tochter weihe ich der Jungfrau,
Wirklich eine makellose Schönheit
Weiblicher Wonne!
Viel zu schön für einen Sohn der Erde,
Hört sie gnädig lächelnd das Geständnis,
Daß ich in die Lehrerin verliebt sei.
Segne sie, Jungfrau!
33
Meine Lehrerin will ich dir weihen,
Die mich unterrichtet in der Sprache,
Lehrte mich die ideale Sprache
Geistiger Schönheit,
Lehrte mich den Eros in der Sprache,
Nahm wie eine Mutter sich des Sohnes
Sich des Schülers an in seiner Krisis.
Grüß sie, Maria!
34
Der Tragödie Gretchen will ich singen,
Sie, die flocht die langen blonden Haare,
Sang der Mutter von dem Jesuskinde
Lieder der Weihnacht,
Die ich heimgesucht mit Blei der Lettern
In der Dunkelkammer, sie zu küssen,
Die ich liebte wie ein andres Christkind.
Segne sie, Jungfrau!
35
Ihre junge Schwester will ich singen,
Denn die Tugend hat auch einen Hintern
Und der Hintern hat auch eine Tugend.
Dante erblickte
Beatrice an dem Straßenrande
Und er sang die schöne Dame, ohne
Daß sie feucht geworden wäre. Weihen
Will ich die Schöne!
36
Jene schöne Frau will ich dir weihen,
Lunas Antlitz, nachtschwarz ihre Haare,
Die mich lehrte, dass der Indianer
Gott eine Frau sei.
Sexbesessen diese Indianer
Malen immer Phallus nur und Vulva,
Sterben sie, so liegen sie im Schoß der
Göttlichen Mutter!
37
Ihre Freundin weih ich dir, o Jungfrau,
Die Antigone mir war, die Jungfrau,
Was das Staatsrecht auch gebot, sie folgte
Nur dem Naturrecht.
Das Naturrecht ist das Recht der Götter.
Diese Jungfrau diente nicht den Herrschern.
Diese Jungfrau diente nur der Gottheit.
Segne sie, Jungfrau!
38
Wenn die Frauen Männern sich verweigern,
Legen Männer nieder ihre Waffen.
Bringt der Frauen Keuschheit uns den Frieden?
Friedlich die Frauen
Lächeln und es kommt das Reich des Friedens.
Da sah ich die Jungfrau meiner Seele,
Die Sophia meines neuen Lebens,
Meine Madonna!
39
Jenes Wonneweib will ich dir weihen,
Welche eben aus dem Bad gestiegen,
Trocknend mit dem Badetuch die Glieder,
Wie eine Venus
Zog sie mich nach Prag, zur Stadt der Kaiser,
Prag, die Stadt des Prager Jesuskindes,
Des geheimen Kaisers. Liebe Herrin,
Segne die Schöne!
40
Denken will ich an die liebe Mutter,
Die bei mir mit ihrem Kinde wohnte,
Wie Madonna mit dem Jesuskinde,
Liebende Mutter,
Die mich unterwies im Mutterrechte.
Ich las den Poeten Chiles, Göttin,
Weihe Südamerika der Schwarzen
Jungfrau Maria!
41
Tochter vom elysischen Gefilde,
Göttin Freyheit kehrte heim nach Deutschland
Und das Volk der Dichter und der Denker
Sang das Tedeum!
Großer Gott, wir loben dich! Die Frauen
Und die Männer preisen Gottes Liebe.
Weihen will ich die befreite Nymphe
Dir, Gottes Nymphe!
42
An der Universität der Weisheit
Akademisch und platonisch liebte
Ich die Musen und die Charitinnen,
Melische Nymphen,
Die Studentin dort und die Studentin
Dort, war im elysischen Gefilde
Ich und liebte beide schönen Nymphen:
Danae, Psyche.
43
Als vor mir erschienen diese Schönheit,
Sang die Ode ich an Aphrodite,
Die die Priesterin der Aphrodite
Schickte dem Dichter.
Mit der Priesterin der Aphrodite
Weih ich die Provence der Makellosen,
Mutter schöner Liebe ist Maria,
Fürstin der Liebe!
44
Ihre Freundin auch will ich dir weihen,
Die mir als Kleopatra erschienen,
Die erotische Verführung selber,
Isis im Fleische.
O Maria, diese neuen Heiden
In der Flut des neuen Heidentumes
Weihe ich dir ganz, du Sitz der Weisheit,
Herrin der Weisheit!
45
Jene Frau auch möchte ich dir weihen,
Die der Venus Medici so ähnlich,
Dieser Anima-Gestalt des Mannes,
Traumfrau der Seele!
O wenn sie den Bauchtanz tanzt im Sommer,
Bin ich wie in Salomonis Harem.
Laß dich schauen, Sulamith, im Tanze,
Sulamith, tanzen!
46
Auch die Frau will ich dir weihen, welche
In der Mutter Haus mich aufgenommen,
Wo Ikonen von der Gottesmutter
Tröstlich erstrahlten.
Alle, die erniedrigt und beleidigt,
Finden Tröstung in der Gottesmutter.
Dir, der Gottesmutter, weih ich auch die
Kunst des Theaters.
47
Auch die Töpferin der Großen Mutter
Weihe ich der großen Gottesmutter.
Augen voller mütterlicher Liebe
Schauten zum Dichter,
Welcher mit den kleinen Kindern spielte.
O Maria, all die schönen Mütter,
O Maria, all die lieben Kinder
Will ich dir weihen!
48
Eine Frau, die ernsthaft Gott gesucht hat,
Die gelesen in den Büchern Moses,
Will ich weihen meiner weisen Freundin,
Herrin der Weisheit!
O, ich suchte einst die Große Mutter
Und ich fand die Große Muttergottes,
Fand die Gottheit als die Große Mutter
Ewiger Liebe!
49
Jene Mutter meiner schönen Freundin
Weih ich dir. Ihr Name: Die Geliebte!
Sie war Mutter einer Kindermutter,
Großmutter Enkeln.
O Maria, schenke ihr die Weisheit,
Schenke ihr die süße Gottesliebe!
Weihen will ich sie Sankt Anna, jener
Großmutter Gottes!
50
O Maria, o Maria, Mutter,
O Maria, o Maria, Jungfrau,
Dir allein will ich mich ganz ergeben,
Immaculata!
Ganz dein Eigentum, noch mehr dein eigen
Als ein Sklave, du bist meine Herrin,
Ich der Sohn und du die Große Mutter,
Mutter des Schöpfers!
Du allein bist meine wahre Freundin,
Du allein mir Braut, Verlobte, Gattin,
Gott gab dich mir zur Gemahlin, immer-
Währende Jungfrau!
Führ zur Hochzeit mich im Paradiese,
Zu dem Hochzeitsbett im Garten Eden!
Ewig wir im Liebessakrament die
Liebe erfüllen!