Von Josef Maria Mayer
KALYPSO
O Muse, alles muß der Dichter schulden
Dem liebevollen Wirken deiner Gunst,
So lehr mich singen von des Dulders Dulden
Und gib mir Geist und gib mir Sangeskunst,
So will ich singen (ach an Tränen satt)
Die Weisheit, die den Mann geleitet hat.
Odysseus war von Troja abgefahren
Und war gekommen nach Ortygia,
Der Insel, wo die grünen Gärten waren
Kalypsos. Und die Nymphe nahm ihn da
In ihrem Garten auf, Kalypso schlank
Und schön versorgte ihn mit Nektartrank.
Odysseus ward der schönen Nymphe Buhle,
Allein er rührte ihren Leib nicht an.
Sie sang und spielte mit der goldnen Spule
Und wob ein Kleid für den geliebten Mann,
War fleißig wie im Wabenbau die Imme
Und sang mit einer honigsüßen Stimme.
Sie wohnte schön in einem grünen Hain
Von Pappel und Zypresse, Ulm und Erle,
In schwarzem Schatten und in Mondenschein
War sie in ihrer Grotte eine Perle,
War eine Perle in der dunklen Grotte
Und wert, begehrt zu sein von einem Gotte.
Da wohnte sie mit dem der reich an Listen,
Der aber niemals seine Braut vergessen.
Da wohnte sie, da Nachtigallen nisten
In den Gebüschen und in den Zypressen,
Da Schleiereulen in die Nächte sehen
Und schwarz im schwarzen Schatten schlafen Krähen.
Und um die Grotte rucketen die Tauben
Und saßen schnäbelnd an den Wasserquellen,
Ein Weinstock wuchs dort auf mit roten Trauben
Und grüne Geckos durch die Gräser schnellen
Und Falter flogen überm Wiesenteppich
Und Blumen dufteten und Kraut und Eppich.
Und da kam Hermes an, der Götterbote,
Und sagte zu Kalypso: Laß ihn ziehen,
Kalypso, laß ihn fahren mit dem Boote
Und aus dem Kriege in die Heimat fliehen
Und aus der Lüste Garten süß betaut
Durch manchen Jammer heim zu seiner Braut.
Kalypso aber sprach, die schöne Nymphe:
Grausame Eifersucht der Götter! wehe!
Die blitzgetroffnen Bäume stehn als Stümpfe,
Vom Pfeil getroffen stürzen hin die Rehe!
Weil Zeus und Venus’ Sohn Cupido grimmen,
Muß ich die Saiten jetzt auf Klage stimmen!
Odysseus aber saß allein am Felsen
Und sah dem Meere zu in schwarzer Nacht.
Vor Wehmut und vor Sehnsucht schier zerschmelzen
Wollt ihm das Mannesherz, das einsam wacht,
Er mußte sich so ohne Ende sehnen -
Der Ozean erfasste seine Tränen.
Kalypso aber litt mit seinem Leid
Und seufzte: Ach! vergeh mir nicht vor Schwermut!
In Ithaka harrt deiner eine Maid,
Weil du sie liebst, drum speise du den Wermut
Und leere der Liebe bittern Schierlingsbecher
Und werd am Schierlingsbecher gar zum Zecher!
Mir warst du meine Wonne und mein Glück,
Von dir ward mir mein Garten erst belebt.
Doch mußt du fort, ich halt dich nicht zurück,
Leb wohl! Kalypsos süße Stimme bebt,
Sie hüllt die feuchten Augen mit den Händen
Und will sich eilig zu der Grotte wenden.
Da tritt Odysseus auf Kalypso zu
Und legt den Arm um ihre schlanke Hüfte.
Wär ich nicht ruhelos, ich fände Ruh
In deinem Garten voller süßer Düfte;
Doch bin ich ruhelos und muß durch Weh
Und Leid und Jammer zu Penelope!
Odysseus zimmerte sich gleich ein Floß
Mit einem Ruder und mit einem Segel.
Der Winde König ließ die Winde los
Und stürmisch tanzte hin das Seegevögel
Und Sturm ist stürmisch in die See gefallen
Und bloß im Schaume freche Nymphen wallen.
Poseidon stach mit seinem Dreizack spitz
Ins Meer und peitschte mit dem Pferdeschwanz
Die Flut, ja er stand auf von seinem Sitz
Und herrschte mit der Rechten grimmig ganz
Und wütend über nackter Nymphen Schar,
Daß reichlich irritiert Odysseus war.
Zwar sah er in dem Geist die grünen Augen
Und blonden Haare der Penelope,
Doch nackte Nymphen ihm am Marke saugen
Und Gischt spritzt ihm an Mark und Bein das Weh
Der Sehnsucht ohne Ende alle Zeit
Und ach! abgründige Verlorenheit.
Wie weiß der Schaum, wie Amphitrites Busen,
Wie schwarz der Wogenschwall, wie tiefste Nacht,
Die Flut empört von höllischen Empusen,
Mit schwarzen Zähnen Hades höllisch lacht
Und wirkt in jener Nacht ihm solche Not,
Daß sich Odysseus sehnt nach frühem Tod.
Poseidon ruft mehr Nymphen aus der Kammer,
Daß sie sich vor Odysseus nachts entblößen
Und dann entfliehen und den puren Jammer
Odysseus in Gemüt und Seele flößen
Und rühren wieder auf des Schaumes Rahm
Und höhnen dann den Dulder ohne Scham.
Poseidon aber, grimmig, gram und böse,
Zerriss das Segellinnen, brach den Mast
Und tobte, daß sich Stamm von Balken löse
Und schiffbrüchig Odysseus ohne Rast
Und ohne Ruh in Ruhelosigkeit
Und Heimatlosigkeit hintreib im Leid.
An einem hergeschwemmten Wrackholz hielt
Odysseus sich, ach nur das nackte Leben
Ward ihm gerettet, und die Woge spielt
Mit ihm, will ihm den letzten Dolchstoß geben
Und ihn in Meeres schwarzen Abgrund schleudern.
Odysseus sieht sein nacktes Leben scheitern.
Mit letztem Glimmen aus dem Seelenfunken
Ruft er zum Himmel, zu der Jungfrau Stern:
Hilf Himmel, Jungfrau hilf! ich werd ertrunken
Gestorben sein und meines Lebens Kern
Wird klagen im Gefild von Acheron
Und glühn und glühn und glühn im Phlegeton!
Der Himmel aller guten Himmlischen
Erhörte sein Gebet in seiner Not,
Zumeist das Herz der Zeus-Begnadeten
Odysseus seine Huld und Hilfe bot,
Die Meeresgöttin Leukothea weiß
Kam gnädig her aus ihrem Strahlenkreis.
Sie kam geschwebt, ein silberweißer Reiher
War nicht so weiß wie sie und nicht ein Schwan.
Da reichte sie Oydsseus ihren Schleier -
Menschliche Augen nie so Schönes sahn
Wie jener Meeresgöttin Angesicht -
Ach schildern können dies die Dichter nicht!
Ihr Schleier war aus Blütenduft gehaucht
Und in ihn waren Tropfen Tau gewoben.
Da ihn Odysseus in die Fluten taucht,
Legt sich das Meereswüten, Flutentoben.
Und Leukothea winkte mit der Hand -
Odysseus ward getragen an ein Land.
Er war von Salz und Schaum der Fluten satt
Und reich getränkt mit allerschwerstem Kummer.
Bei einem Ölbaum legte er sich matt
Und bettete in Moos sich, sank in Schlummer,
An einem tiefen Schlaf sich zu erquicken,
Im Traum die Meeresgöttin zu erblicken.
NAUSIKAA
Odysseus schlief erschöpft am Ufersaum
Scherias, jener Insel der Phäaken,
In einem schwarzen trauervollen Traum
Des Kummers spitze Zähne an ihm nagen,
Auf seine Wimper stahl sich eine Träne.
Da regte sich die göttliche Athene.
Schutzgöttin des Odysseus war sie ja,
Sie wand sich von dem Haupte Jovis’ los
Und trat ans Bett der Maid Nausikaa,
Die Tochter war dem Fürst Alkinoos.
Wie eine liebliche Gespielin trat
Sie zu der Maid und gab ihr einen Rat.
Geliebtes Mädchen mit der schönen Haut,
So bräunlich von Scherias Sonne, Maid,
Du träumst dich schon zurecht als eine Braut
Und hast so gar kein saubres weißes Kleid,
So gar kein Hemdchen, gar kein Röckchen blank,
Liegt alles ungewaschen da im Schrank?
Wie sollen denn die Jünglinge und Männer
Dich loben, wenn du starrst vor Dreck und Schmutz?
Da hilft dir in dem braunen Haar kein Henna
Und an dem Hals kein Lapislazuli-Putz,
Wenn rein und makellos nicht deine Seide,
Die weiß verhüllt die braunen Brüste beide.
Nausikaa, du hast so schönes Haar,
So braun und lang fällt dir es auf den Rücken,
Und deine braunen Augen wunderbar
Und deiner Zähne Elfenbein entzücken
Brautführer gleich und Jüngling sicherlich
Recht wenig, ist dein Kleidchen liderlich.
So laß von einer Freundin dir nun raten,
Du mußt dir deine Kleider morgen waschen,
Die Seide aus dem Sererlande baden
Und deines härenen Gewebes Maschen,
Als ob ein Gott dir seine Liebe böte
Sei reinlich, wirke in der Morgenröte.
Am Morgen ging die Maid mit ihren Mädchen
Zum Brunnen, ihre Wäsche dort zu waschen,
Den ganzen Korb voll bis zum kleinsten Fädchen.
Sie hatten Leckereien mit zu naschen,
Brot für das Herz und Rotwein für die Seele
Und für die reinen Mädchen-Glieder Öle.
Zum Trocknen hängten sie die Wäsche hin
Und badeten und salbten sich mit Myrrhe
Und gaben froh sich hin dem Mahle in
Der labyrinthischen verschlungnen Irre
Der anmutvollen fruchtbargrünen Wildnis,
Die schönen Mädchen. Welch ein schönes Bildnis!
Ja, schöner noch, sie legten ihre Schleier
Und ihre Kleider ab und tanzten bloß
Und sangen Sapphos Oden zu der Leier,
Die strich die Tochter des Alkinoos,
Die stand so schlank nicht fern der Inselküste,
Das braune Haar umwehte ihre Brüste.
Die fröhlichen Gespielinnen mit Lachen
Einander warfen zu den roten Ball,
Als ihn Athene plötzlich in den Rachen
Des Brunnens fallen ließ, und bei dem Fall
Die Mädchen kreischten auf und lachten dann.
Da wachte auf von seinem Schlaf der Mann.
Odysseus rieb den Schlaf aus seinen Augen
Und schaute, ob er etwa Nymphen sehe,
Da Lüfte durch das Laub so lieblich hauchen,
Da sieht er weiden eine Gruppe Rehe,
Die da die Morgenstunde stiller machen.
Doch woher stammte jenes frische Lachen?
Und da erhob er sich in seiner Größe,
Zu suchen Mädchen etwa oder Nymphen,
Gesittet barg er seines Leibes Blöße,
Daß niemand möge seine Nase rümpfen,
Mit einem großen grünen Eichenblatt,
Das ihm Priapus’ Scham verborgen hat.
Odysseus starrte schwarz vor Meeresschlamm
Und bloß bis auf das kleine Eichenlaub
Trat er hervor bei einem Pinienstamm,
Da machten sich die Mädchen aus dem Staub,
Allein Nausikaa blieb stehn, mit Beben,
Weil ihr Athene Mut ins Herz gegeben.
Gleich als die Fürstentochter, selbst entblößt,
Den Fastentblößten sah, warf sich die Maid
Vor jenem Manne, der ihr Furcht einflößt,
Über den Leib ein sommerleichtes Kleid,
Das nicht sehr viel und doch genug verhüllt
Und stand dann da als Venus’ Ebenbild.
Von ihren Schultern fiel das weiße Hemd,
Darüber ihre braunen Haare fielen.
Nichts Menschliches war da Odysseus fremd,
Als er den Zephyr sah so zärtlich spielen
Mit ihres Hemdchens leichtgewelltem Saum,
Der weiß war wie gewirkt aus Meeresschaum.
Die Hauche Zephyrs oder Auras schweben
Um ihre lange braune Lockenflut.
Er wollte sich in diese Haare weben
Und schaun in diese Augen braun und gut
Und morgens unter diesem Blick erwachen
Und hören ihr Gegirr und Mädchenlachen.
Von solcher Grazie war er betört,
Daß er hinsank und ihre Knie umschlang,
Daß aller Schönheit Göttin ihn erhört
Und führe ihn den Weg der Liebe lang
Und rühre mit dem Händchen an sein Herz,
Daß er die Straße finde heimatwärts.
Doch sollte sich in ihrem Blute regen
Die Lebenskraft der schlichten Sterblichkeit,
So ruf er über ihre Brüder Segen
Und preise solche anmutvolle Maid,
So schön! sie könnte am Olympus rütteln
Mit einem ihrer braunen Haare Schütteln!
Nausikaa, erschrocken an dem Fleisch,
Am Herz und des Gemüts Unsterblichkeit,
Erwiderte: Ich bin ein Mädchen keusch
Und bitte dich darum, daß du ein Kleid
Anziehst von jenen, eines das dir passt,
Nachdem du deinen Leib gewaschen hast.
Odysseus tat so. Und als er bekleidet,
Sprach sie, sie sei Scherias Fürstenkind
Und brächt ihn zum Palast. Und so begleitet
Im roßgezogenen Gefährt geschwind
Den Helden sie, der große Freude hat,
Aus jener Wildnis in die Fürstenstadt.
Doch vor den Mauern jener Stadt sprach sie:
Nun geh allein, sonst wird die Menge lästern
Und wird dann der unziemlichen Sympathie
Mich zeihen. Wollt ich doch auch bei den Schwestern
Nicht sehn, daß man mit Männern Liebe macht
Vorm Hochzeitsbunde und der Hochzeitsnacht.
Hier findest du die Grotte der Athene
In einem silbrigen Olivengarten.
In dieser stillen schwermutvollen Szene
Sollst du des Fürsten Gnadenwink erwarten.
Nutz deine Zeit, der göttlichen Minerven
Huldvolle Gunst mög deine Weisheit schärfen.
Wenn dir der Fürst winkt, nahe ehrfurchtsvoll,
Dann bietet er dir seine Hilfe an.
Und nahst der Mutter du, die gnadenvoll
Für immer meines Vaters Herz gewann,
Dann nahe ihr mit reiner Liebe. Siehe,
Sie führt dich heim, umschlingst du ihre Kniee.
Nausikaa verschwand, Odysseus blieb
In dem Olivengarten bei der Grotte.
Jungfräuliche Athene wunderlieb!
Beschützen will ich dich vor jedem Spotte,
Die du geholfen hast dem Jammerkranken
Durch Maid Nausikaa. Dir will ich danken!
CIRCE
Odysseus sprach zu Fürst Alkinoos:
Wir Griechen fuhren auf dem Siegerschiff
Durchs Mittelmeer, im Rücken Pergamos,
Durch Wogenschwall, vorbei an Kliff und Riff
Und landeten an einer Insel Saum,
Das war Aiaia, schöner als ein Traum.
Wie fragten, wer der Insel Herrin war
Und wußten nicht, daß hier zuhause die
Halbgöttin Circe, welche wunderbar
Bezaubert durch betörende Magie,
Die eine Zauberperle trug am Bauch.
Von ferne sahn wir steigen bunten Rauch.
Wir wählten aus der Schar der Schiffer einen,
Die Insel zu erkunden, Euryloch
Ging los mit einigen Gefährten, seinen
Genossen Frömmigkeit empfehlend noch,
Da er nicht wußte, ob vielleicht Dämonen
Auf dieser zauberhaften Insel wohnen.
Und Euryloch trat mit der Schar Gefährten
Auf labyrinthische verschlungne Pfade,
In den bezauberndsten der Erdengärten,
Mit einem Teiche, würdig der Najade,
Die Orpheus liebte einst, Eurydice.
Ich blieb und dachte an Penelope.
Ach du, die wartet mein in schöner Heimat,
Die meiner Seele einziges Begehren,
Auf die allein mein Wesen einen Reim hat,
Penelope, du Braut an fernen Meeren,
Um deren Knie sich weiße Tümmler tümmeln,
Du schönster Stern aus allen sieben Himmeln!
So dachte ich in meinem Herzen treu,
Da Euryloch und die Genossen traten
Zu dem Palast der Circe ohne Scheu,
Da mußte Euryloch den andern raten,
Daß jeder dem Palaste ferne bleib.
Er spürte die Gefahren durch das Weib.
Die Andern ließen sich nicht überreden
Und traten in die Halle Circes ein
Als träten ein sie in den Garten Eden
Und sähn der idealen Schönheit Schein -
In Wahrheit nahend einem schwarzen Loch.
Allein zu mir zurück kam Euryloch.
Die Schiffer aber, alles junge Männer,
Die lange keine Dirne mehr gesehen,
Voll Liebessehnsucht, Trojas Niederbrenner,
Sie sahen sich vor höchster Schönheit stehen:
Es dufteten sabäische Gewürze
Um die gesalbte Nymphentochter Circe.
So schlank ihr Leib wie eine junge Birke
In einem enganliegenden Gewand
Grün wie das Gras im blühenden Bezirke.
Und selbst die schönste Blume in dem Land
War nicht so schön wie Circes schlanker Leib.
Und Brust und Hüfte schüttelte das Weib.
Und da sie Brüste schüttelte und Hüfte
Und da sie Hüfte schüttelte und Brüste,
Entströmten ihren Haaren Sabas Düfte,
So süß betörend weckte sie die Lüste
In jedem Fleisch, da wünschten alle Männer,
Sich zu verschlingen in der Haare Henna.
Das Haar war aufgesteckt zu einem Knoten,
Gehalten schön von einer Silberspange,
Die zog sie lächelnd aus dem hennaroten
Gelockten Haar, das so wie eine Schlange
An ihrem Schlangenleib herniederströmte
Bis zu den Lenden und so alle lähmte.
Da nahm die Zimbel sie von Silberglanz
Und reigte rings wie Rauch aus Wohlgeruch,
Und da sie tanzte der Betörung Tanz,
Erfand sie einen dunklen Zauberspruch
Und sprach den Spruch: O Niere, Herz und Leber -
Da ward aus jedem Mann ein wilder Eber!
Wie gut war es für jene Männer doch,
Die grunzten da als Schweine wild im Koben,
Daß zu dem Schiff geflohen Euryloch
Und sprach zu mir mit Stimmenbeben, Toben
Des Herzens, daß wir alle fliehen müßten,
Dies sei die Reizendste der Meeresküsten!
Ich wollte aber meine Schar befreien
Aus Eros’ Fessel, der Betörung Bann,
Und nahm mein Schwert mit kämpferischem Schreien
Und mit mir zogen Sieben wie Ein Mann
Und also zogen wir in rascher Hast
Durchs Land zu dem betörenden Palast.
Da trat mir vor die Füße Jovis’ Sohn,
Der Götterbote mit dem Wanderstabe,
Merkurius von des Olympus Thron,
So schön und herrlich! und der Götterknabe
Sprach so zu mir: Athenes Freund Ulyß,
Bist du dir deines Sieges auch gewiß?
Schau, lieber Freund, du liebst Penelope
Und möchtest sie mit deiner Treue krönen.
Doch was, wenn du der Glieder Schaum und Schnee
Und Glut der Wangen und des Haars der schönen
Zaubrischen Circe siehst und Hemdchens Lüpfen
Und ihrer goldnen Apfelbrüste Hüpfen?
Sie wird dir reichen einen süßen Wein,
Von dem wirst du in heißer Wollust trunken,
Sie aber mischt in jenen Süßwein ein
Alraune, wird die Liebesäpfel tunken
In jenen Trunk, und trinkst du jenen Sud,
Dann zählt sie dich zu wilder Sauen Brut.
Athene aber will dich retten, Freundin
Der treuen Liebenden wird sie genannt,
Zum Schutze vor der zauberhaften Feindin
Hat Jovis’ Tochter mich zu dir gesandt.
Wenn Circe dich bezirzt, Laertes’ Sohn,
Tauch in den Circe-Trank der Jungfrau Mohn.
Und damit schwand Merkurius hinan
Zu seines Vaters Haus im Gipfelschnee.
Ich ging dahin, ein gottgestärkter Mann,
Im Herzen tragend meiner Brüder Weh,
Ging mit dem Mohne ohne Ruh und Rast
Und trat in den betörenden Palast.
Als Circe mir entgegenkam - o Schrecken
Und Furcht ergriff mich vorm gewaltigen Eros!
Eros und Circe schienen sich zu necken
Und wollten mich vernichten, Hellas’ Heros,
Mit einem Wehen ihres bunten Rockes
Verzaubern in den Körper eines Bockes.
Da reichte Circe mir mit süßem Lächeln
Die Liebesäpfel in dem Süßwein schon.
Sie sah mich schon als Hund des Hades hecheln,
Da taucht ich in den Trank der Jungfrau Mohn
Mit weißer Milch und purpurroten Blüten.
Bezaubernd Circes weiße Wangen glühten.
Wer bist du, Fremdling? sprach die Schöne leis,
Daß du mir nicht zum Tier geworden bist?
Wer kann entkommen meinem Zauberkreis
Und seinem eignen fleischlichen Gelüst?
Ich sprach: O Nymphe, gib mir wieder jene
Verzauberten, die Kinder der Athene!
Da winkte sie mit ihrem Zauberstabe
Und vor mir standen Hellas’ Heldensöhne.
Nimm zu dir, die ich dir gegeben habe
In einer neuen zauberhaften Schöne,
Sprach Circe, mein Odysseus, bleib ein wenig
Und leb in Circes Garten wie ein König!
Wir blieben gerne, gar kein Grund zur Scham,
Da sich vor uns entblößte Nymphen baden
Und Circe selber lieblich lobesam
Vor uns getanzt den Tanz mit den Najaden -
O Schnee des Leibes, o der Locken Ros’ -
Dann machten wir uns von Aiaia los.
DIE ÄGYPTISCHE HELENA
Wie aber gings dem Fürsten Menelaos,
Der seine Braut gesucht zehn lange Jahre?
Er ging durch Trümmer, Blut und Staub und Chaos,
Stets vor den Augen eine lichte klare
Vision der Schönheit der geliebten Maid,
Die zugenommen stets an Herrlichkeit!
Er lag mit seinen Dienern in dem Zelt
Und war allein in seines Schlafes Traum
Und schaute Sie in seiner Innenwelt
Und sah sie schweben durch den Innenraum
Und da erklang der Lieben liebster Namen,
Wobei ihm selige Gefühle kamen.
Sie so zu lieben, grenzte schon an Wahn,
Wahnsinnig schien sie selber ihm zu sein,
Mit Liebeswahnsinns Schönheit angetan,
War sie Veriwrrung ihm und Not und Pein,
Sie stürzte in das abgrundtiefe Chaos
Der sinnlichen Begierde Menelaos.
Doch aus dem Chaos seiner Leidenschaft
Auftauchte Sie wie eine Lilie rein,
Gewandet in der Serer Seidentaft
Erschien sie ihm wie reiner Mondenschein
Und ihre Augen waren blaue Blumen
Und einer reinen Seele Heiligtumen.
Der Seele Seligkeit, ein Götterfunken
Aus wonnevollem Hain Elysium,
Berauschte ihn mit Wonne. Wonnetrunken
Ist er versunken selig still und stumm
In ihrer Seele holde Anmut mild,
Minervas, Junos, Venus’ Ebenbild.
Athene gab ihr Weisheit und Verstand
Und Juno den erhabnen reinen Wandel
Und Venus (ohne oder mit Gewand)
Gab ihrer Augen weißen Milch der Mandel
Den so betörerischen Reiz und Funken,
In welchen Menelas zu tief versunken.
Jedoch der Krieg war aus, und aus der Trümmer
Qualmvollen Chaos eilte Menelas,
Vor seiner Seele Aug das Traumbild immer;
Ob er an ihrer Wirklichkeit genas
Zu suchen war sein einziges Begehr,
So stieg er auf das Schiff und fuhr aufs Meer.
Er fuhr mit auserwählter Freunde Flotte
Aufs weite Mittelmeer, herauszufinden,
Ob sie nur eine sündige Kokotte
In toller Sinnlichkeit und Fleischessünden
War oder eine Heilige an Reinheit
Und ferne aller schändlichen Gemeinheit.
Er war so traumestrunken von dem Bilde,
Das in den Träumen seiner Seele lebte,
Daß er sie sah im schaumigen Gefilde
Des Meers, als ob sie da wie Venus schwebte,
Wie ein Gewölk, wie eine weiße Hand,
Die winkte ihm, der starrte unverwandt.
Und doch zerschmolz die gischtene Gestalt
In nichts, wie morgens früh die Träume schmelzen.
Stattdessen schaute Menelaos bald
Gott Proteus ruhn allein auf einem Felsen,
Sein Mantel war aus braunem Robbenfell
Und seine greisen Augen blickten hell.
Und Menelas rief Proteus zu das Wort:
Wo finde ich die schöne Helena?
Und Proteus rief: Da gibt es einen Ort,
Er liegt des Mittelmeeres Küste nah,
Da Priesterinnen Phryne sind und Thais
Vor Isis’ Bild, der Königin von Sais.
Tritt vor das Gnadenbild der Isis du
Und grüße sie und lüfte keusch den Schleier
Und du wirst schaun - und weinen immerzu.
Und Proteus flog davon als weißer Reiher
Und ließ den braunen Robbenmantel liegen.
Und Menelas fuhr fort, das Meer zu pflügen.
Da sah er schon die Sphinx mit scharfen Tatzen
Und Löwenleib und Pracht von Frauenbrüsten.
In diesem Wüstenland der wilden Katzen
Schiens allen Wüstensöhnen zu gelüsten,
Ins Totenreich der Wollust sich zu betten,
Daher die Herrlichkeit von Totenstädten.
Die nackten Weiber ihre Wäsche walken
Und Mädchen lagen leicht beim Liebesspiel
Und nannten den Geliebten ihren Falken
Und priesen ihm sein Blut als Vater Nil
Und von der Wüste wehte Südwind Notus
Die Schwüle in die Kelche offner Lotus.
Die Lebenden ergaben sich den Sinnen
Und ihrer Geilheit in dem Land Ägypten,
Die Götter aber lagen in den Linnen
Als Tote tief in Pyramidenkrypten.
Doch Eine rief Mizraim an als Schätzchen:
Die Göttin mit dem Haupt von einem Kätzchen.
In schwarzer samtener Geschmeidigkeit
Die schlanken Katzen strichen durch die Gassen.
In samtener Geschmeidigkeit die Maid
Im Dämmer wollt es nimmer unterlassen
Vor ihrer Göttin Isis Bild zu treten
Und wegen ihres Sinnentraums zu beten.
Den Mädchen in durchsichtigen Gewändern
Tat Menelas es nach und trat zum Bild.
Ein weißes Linnen, rings mit blauen Bändern
Umsäumt, der Isis Gnadenbild verhüllt.
Da betete die priesterliche Thais
Für Menelas zur Königin von Sais.
Da wehte durch das weiße Tuch ein Rauschen,
Der Priesterin entsanken schwarze Steine,
Sie schien dabei auf Isis’ Wort zu lauschen,
Als spräche zu der Sünderin die Reine,
Da sprach sie: Suchst du deine Helena,
Dann eil sogleich nach Alexandria.
Der Fürst ging gleich nach Alexandria
Und sah dort sitzen froh beim Götterbier
In zauberhaftem Scheine Helena.
O Helena, Geliebte, bist du hier,
Die allezeit in meinem Traume glomm!
Laß dich berühren! Heim nach Sparta komm!
Und Helena berührte seine Hand,
Zehn Finger zärtlich ineinander schlingend.
So zärtlich ließen sie Ägyptenland,
Sich durch die Widrigkeit der Wogen zwingend
Sind sie mit ihrem Schiffe stolz geschwommen
Und ins spartanische Gefild gekommen.
Sie lebten dort in ehelicher Halle
Und teilten Tisch und Tafel, Bier und Bett
Und in dem Bette ihrer Wollust Schwalle -
Da gab die Schöne kühl sich und kokett
Und wieder kühl und kalt und dann frigide
Und in dem Hause herrschte Friedhofsfriede.
Wenn die Frigide von dem kalten Lager
Am Morgen aufstand, wunderschön und schlank,
Dann hieß sie Menelaos Hungerleider
Und Schwächling. Und mit unendlichem Zank
Begann an jedem Tag der kalte Morgen
Und alle Lust versank in schnöden Sorgen.
Und unerträglich wurde seine Nähe
Der schönen Helena in süßem Reiz
Und abgestorbnem Leib. Und ihre Ehe
War Qual nur noch und allen Glückes Geiz.
Und wie die Lust auch reizte jene Maid,
Sie blieb frigide Stifterin von Streit.
So ging es fort, bis ihre Haare grau
Und ihre Haut verwelkt und Zähne stumpf.
In öder Ehe gingen Mann und Frau
Zugrunde in des öden Alltags Sumpf.
Und was einst war der Wollust süße Qual,
War nur noch abgeschmackt und schnöd und schal.
LUSITANIEN
Die Götter sind fürwahr sehr eifersüchtig!
Die Himmlischen im Kampf um Pergamos
Sind schon gepriesen von dem Dichter tüchtig,
Wo aber ist der Preis Dionysos’?
O Liber! reich den Pinienstab mit Reben,
Dann sing ich deines Freundes Wanderleben.
Vom Indus und vom Ganges war gekommen
In Weines Rausch und Wahn mit den Mänaden
Dionysos, dem seine Augen glommen
Wie Feuerflammen von des Weines Gnaden,
Der starb und sich hingab in Rebenblut -
Bei den Bacchantinnen nun Bacchus ruht.
Nicht nur mit aufgelöstem Haar Mänaden
Ihm opferten Gesang und Rebensaft,
Zuerst im Strom sich badend wie Najaden,
Es waren auch in Jacchos’ Jüngerschaft
Des Herrlichen mit Öl gesalbte Freunde:
Ich preise Lusus jetzt aus der Gemeinde.
Als Bacchus einst gekommen war nach Thracien
Und sich vermählte dort mit Aphrodite -
Indem er sich vermählte mit den Grazien -
Da tauchte auf gekränzt mit Schaumesblüte
Vor Jacchos’ Jünger eine weiße Nymphe,
Die Lusus sich gezeigt hat ohne Strümpfe.
Von jenem Augenblick war eingeweiht
Der Mann in das Mysterium der Mythe.
Er ging von Bacchus fort und ging sehr weit
Und weihte sich dem Herz der Aphrodite
Und ehrte immer ihrer Schönheit Reiz
Als das vollkommne Ebenbild des Zeus.
Dionysos ging da von Lusus fort
Und treu stand Venus zu dem Lieblingsjünger.
Sein Herz war ihrem Bild ein Tempelhort,
Sie sandte ihn als ihren Freudenbringer,
Daß alle Völker ihre Schönheit sehen,
Zu einem Lande bei den Pyrrenäen.
Er stand am Mittagsberg der Pyrrenäen
Als wie auf hoher Götter Felsenthron,
Da ließ die schöne Aphrodite sehen
Den Lusus eine herrliche Vision,
Und Lusus sah der höchsten Schönheit Reiz,
Ja, in Vollkommenheit die Tochter Zeus’.
Fürwahr, die schöne Aphrodite war
Schutzgöttin jenes Landes Lusitanien
Und liebte es vor allen andern gar
(Und vielmals mehr gewißlich als Germanien)
Und trat für jenes Volk von Fischern ein
Vor Zeus, der wohnt in unzugänglichem Schein.
Goldrot sich ringelte das Lockenhaar
Um ihren Busen, der den Schnee verdunkelt,
Milchweiße Brüste bebten wunderbar,
Ihr Blick mit süßen Reizen zaubrisch funkelt,
Ein Lapislazuli-Silberkettchen küsste
(Cupido fingerte daran) die Brüste.
An ihren schlanken Schenkeln Wünsche klettern
Empor bis zu der rundgeschwungnen Hüfte.
Den Schoß - der Träume Inhalt allen Göttern -
Verhüllt ein Hauch von Gaze, fein wie Düfte,
Ein Schleier schön in schaumigem Geroll,
Der jedes Wunsch noch mehr entflammen soll.
Ihr Antlitz ist das Antlitz eines Genius,
So himmlisch rein, von Traurigkeit verschleiert,
Weil Lusus’ Land am dunklen Meer die Venus
Als melancholische Urania feiert.
Als hätte sie ein Liebender betrübt,
Schaut sie so traurig und zugleich verliebt.
Mit Traurigkeit in ihrer Seele Sehnen
Eilt schluchzend sie zu Jovis, ihn zu bitten,
Sie rührt den Ewigen mit ihren Tränen
Und ihrer Trauer, da sie mitgelitten
Mit Lusus’ Volk in seiner Melancholie.
Oh wie verherrlicht diese Trauer Sie!
In Lusitanien dichtet, liebt und singt
Und schluchzt noch mehr ein jedes Menschenkind.
Sich jeder voller Sehnsucht ferne schwingt
Und liebt ein fernes Mädchen lieblich lind
Unglücklich und verhängnisvoll, verzehrend
Die ganze Seele und umsonst begehrend.
Die Liebe Lusitaniens im Herzen
Der Schwermutvollen an des Todes Grenze
Verdammt zu Einsamkeit und Seelenschmerzen.
Mimosenbäume blühen zart im Lenze,
Doch tropft aus ihren Blüten bittrer Wermut
Und träufelt in die Seelen schwarze Schwermut.
Ein jeder Dichter einen Traum erheischt
Und liebt im Tiefsten eine Illusion.
Freiwillig er und gern sich selber täuscht
Und liebt nur einen Namen ohne Lohn
Und immer ist der Liebende betrogen
Von seiner Göttin auf den finstern Wogen.
Denn die Geliebte ist nicht Wirklichkeit,
Sie ist ein Traum nur in des Dichters Seele,
Sein Schmerz ist sie, sein Sehnen und sein Leid
Und nur ein Würgen ihm in seiner Kehle
Und nur ein Wirbel seiner Leidenschaft
Und läßt zurück den Dichter ohne Kraft.
Der Liebende sieht sich nur selbst und immer
Nur seiner Seele unfaßbaren Traum
In eines reinen Frauenbildes Schimmer
Und demutvoll küsst er den weißen Saum
Des schwebenden Gewandes - sie entflieht -
Er bleibt zurück mit einem traurigen Lied.
Er leidet, leidet, weil er leiden will,
Er findet nie zu liebender Gemeinschaft.
Er ruft sie an, doch sie bleibt fern und still
Und stolz und hart, hartherzig bis zur Feindschaft,
Und so wird seiner Liebe liebste Freundin
Durch Amors Grausamkeit zu seiner Feindin!
Derartige Gesänge sind kanonisch
Bei den Tagiden, Nymphen Lusitaniens:
Der trauernde Poet liebt ganz platonisch
Die Ferne mit der Glut der Mystik Spaniens,
Mit Indiens Narde, Palästinas Myrrhen,
Und in dem Lied ein Schwelgen und ein Girren.
Voll heimlicher Betörung, süßer Lust,
Zerstörerischer Lust und brennender Brunst
Ist jeder Sang in des Poeten Brust.
Erato gab ihm seiner Leier Kunst,
Erato, die der Liebe Leier stimmt -
Doch die Geliebte nie das Lied vernimmt.
O endeloses zaubrisches Betören
Von einer reinen Schönheit holdem Reiz!
O Amors grausam-feindliches Zerstören
Der Dichterseele durch des Glückes Geiz!
Doch lobt der Dichter Amors Grausamkeit,
Da der Poet verliebt ist in sein Leid!
Da steigt dann aus der Quelle seiner Qualen
Die Sehnsucht auf, ein endeloses Sehnen;
So oft sich aus den Augengrotten stahlen
Die kummervollen jammervollen Tränen,
Ward aus der Trauertränenflut geboren
Die Schöne, die der Dichter sich erkoren.
Doch diese Grazie nicht von dieser Welt
Schwebt im kristallnen Sphärenkreis der Sterne.
Der Dichter nie sie in den Armen hält,
So sehnt sich seine Seele in die Ferne.
So schön sie ist, an Schönheit unvergleichbar,
So fern ist sie doch auch und unerreichbar!
O leeres Truggespinst! o Eitelkeit!
O Nichtigkeit! ist des Poeten Trauer.
Da mischt sich süße Wollust in sein Leid,
Sein Elend überströmt der Wonne Schauer,
Und er ist nur noch Wehmut - oh saudade! -
Von einer schwermutvollen Venus Gnade.
PENELOPE
Und endlich war Odysseus angekommen,
Gestrandet in der späten Nacht am Saum
Von Ithaka, da durch die Nacht geschwommen
Die weiße Mondin in dem Silberschaum.
Odysseus bettete die müden Glieder
Im grünen Moos, da sanken seine Lider.
Ihm stiegen auf im Herzen alte Schrecken
Mit einer Wollust wie Granaten fruchtbar,
Den Pythondrachen in ihm aufzuwecken
Erschienen die Sirenen schön und furchtbar.
So sehr er sich auch hielt am Mast gebunden,
Zogs ihn zu der doch, die er schön gefunden.
Im süßen Sang des Chores der Sirenen
Erschien vorzüglich Eine voller Pracht,
Mit granatrotem Mund und weißen Zähnen,
Des prallen Busens Schnee, der Augen Nacht,
Ein Leib wie einer Göttin Leib aus Schaum,
Der Schoß verhüllt von transparentem Saum.
Je mehr die Wollust und Begierde riß
Am Fleisch Odysseus, rief er die Genossen,
Daß sie ihn vor der Macht der Finsternis
Bewahrten. So auch sei das Blut geflossen
Adonis’, weil der Wollust Eberhauer
Die schöne Cypris stürzte in die Trauer.
Das Wogen und das Wallen ihres Leibes
Und der Betörung Säuseln der Sirene
Und Lustverheißung meerentsprossnen Weibes
Gab Aphrodites Herrlichkeit Cyrene
(So hieß die Schöne), doch um ihren Busen
Dämonen, Schlangen wogten und Empusen.
Und da Odysseus an den Mast gekettet
Und fester ward gebunden, desto mehr
Lockt ihn Cyrene: In der Lust gebettet
Geb ich Elysens Wonne der Begehr
Dem tüchtigen Odysseus.- Und ein Schrei
Zu König Zeus, und alles war vorbei.
Odysseus war am Herzen so erschöpft
Als wäre seine Seele Trojas Trümmer.
Sein Leib war blutleer, als sei er geköpft
Und wandle nun als Wiedergänger, schlimmer
Dämon der Nacht, mit hohlen blinden Augen
Das Blut den Menschenherzen auszusaugen.
Er wachte auf von einem wirren Traum,
Da er gefragt den Fürsten Agamemnon,
Ob von Auroras rotem Seidensaum
Sei aufgetönt der Säulenschaft des Memnon
Und ob der Schwarze dabei Lust empfunden
Wie eine Hündin fühlt, umschwänzt von Hunden?
Und sei nicht überhaupt die tolle Hündin
Von Sparta an dem ganzen Kriege schuld,
Die war für Menelaos eine Hindin
In süßerträumten Hainen holder Huld
Und selten-schön, wie nimmer Schönheit häufig;
Und war nur eine Straßenhündin läufig!
Odysseus wachte auf und war verwirrt,
Für diese tolle Hündin Helena
War er durch Flut und Archipel geirrt
Und immer fern der Heimat Ithaka?
Weil Paris schlürfte an der Wollust Born,
War er geschlagen von der Götter Zorn?
Der Venus und des Bacchus stolzer Sohn
Priapus hob sein Haupt, das troff von Blut.
Odysseus hatte einen Haß und Hohn
Auf jenes Gartengottes wilde Wut,
Der Troja trümmerte und Griechenland
Gab in der zornentbrannten Götter Hand.
Da rächte sich der mächtige Priap
Und wühlte auf Odysseus süßes Blut.
Er sehnte sich nach einem tiefen Grab
Im Schoß der Mutter Erde, aus der Flut
Der Lethe ewiges Vergessen trinkend.
So sank Odysseus, neu in Schlummer sinkend.
Die Liebliche im dritten Himmelreich
Mitleidig sah ihm zu, Urania,
Von Traurigkeit umflort so samtenweich.
Zu ihren Füßen lauschte Philia,
Die war der Liebesgöttin treue Magd
Und litt, da ihre Herrin leis geklagt.
Urania, aus deiner Augen Mandel
Fließt doch die Milch des Trostes, einer Wolke
Von Wehmut gleich. Ein zarter Trauermantel
Auftauchte aus des Himmels Faltervolke
Und tippte mit den Falterfühlern fein
Sacht auf der Venus weißes Schulterbein.
Von solcher Zärtlichkeit zutiefst gerührt,
Empfand des Universums Königin,
Wie Liebe schön die ganze Schöpfung ziert,
Wie Liebe war der ganzen Schöpfung Sinn
Und wie vor allem, o wie wunderbar,
Ihr Vater Jove voller Liebe war!
Ja, über jener Blitz- und Donnersphäre
War Jovis, des Vielliebenden, Gebiet.
Und sie, der Stern des Morgens überm Meere,
Schlug auf ihr wundervolles Taubenlid
Und tropfte eine Träne auf das Byssus-
Gewand und segnete im Schlaf Odysseus.
Ich webe ihn in meine langen Haare
Und leg ihn in die Beuge meiner Arme.
Ich mache herrlicher die wunderbare
Penelope und gebe glutenwarme
Aura der Herrlichkeit des Himmels ihr.
Sei meine Liebe ihrer Schönheit Zier.
Aus dem Adonisgarten pflück ich Rosen
Und web ihr daraus einen roten Mantel.
Die grünen Augen jener Makellosen
Tauch ich in meiner Minne Milch der Mandel.
Ich gieße meiner Liebe liebliche Süße,
Daß sie vom Scheitel fließt auf ihre Füße.
Urania ließ ihre Schleier sinken,
Daß Nebelwogen ein die Erde hüllten,
Daraus die Bäume Silbertropfen trinken,
Die dürstenden, die ewig ungestillten,
Die Schleier sanken in das müde Gras,
Das an der Milch des Venussterns genas.
Urania rief Vesper von Hesperien,
Die Schimmer kamen von den Atlantiden
Und gaben Lusitanien in Iberien
Und seinen traurigen Poeten Frieden,
In blauen Mantel woben sie den Kummer
Und sanken an der Venus Brust in Schlummer.
O milde Göttin in des Abends Bläue,
Mit Rosen ist dein Mantel rot bestickt,
Wir weben uns in deine Liebestreue
Und schaun, wie schön dein Himmelsauge blickt,
Barmherzige Stillung unsrer Seelennöte.-
Penelope ging durch die Abendröte.
Odysseus aufgewacht im feuchten Moose
Sah sie mit Grazie der Charitinnen
Wandeln wie eine leise weiße Rose
Im Rot der Abendröte. Glühes Minnen
Uranias umfloß die holde Grazie,
Das Auge grün wie Ithakas Pistazie.
O Grün des Meeres, Weiß des Mondes, Mildheit
Des Angesichtes anmutvollen Schimmer!
Im Wandel Keuschheit, ohne alle Wildheit
Der Wollust, Reinstes aller Frauenzimmer!
Fließende Seide weiß wie Milch und Schnee
Ihr Kleid, ihr Leib ein schlankes braunes Reh!
Da floß der glühe Schnee des Seidenkleides
Und Mondenmilch des Blicks um das Gemüt
So wundervoll dem Dulder schweren Leides,
Daß er vor Seligkeit wie daseinsmüd
In ihres Wesens Anmut tief versunken,
Von Charis’ Ebenbild so minnetrunken!
DER SÄNGER PHEMIOS
Und Phemios von Ithaka, der Sänger
Sprach in der Halle seiner Königin
Penelope: Homerios sang länger,
Doch hab auch ich von Musen meinen Sinn
Und gebe meine Kehle liedervoll
Dem Gott, der sie mir gab, dem Gott Apoll.
Ja, trunken bin ich von Apollons Glut,
Zum Seher schuf er um sich den Poeten,
Der sieht den Stern auf dunkler Nächte Flut
Und Lichtes Herrn und lobpreist wie Propheten
Die Sonne Gottes, die als weiße Rose
Gekommen aus Aurorens keuschem Schoße.
Apollon tritt zu seinen lieben Musen
Und mancher junge Sänger wählt die Seine,
Das Leid Melpomenes, Eratos Busen,
Ich aber wählte nicht: mich rief die Meine
Herauf von meines Lebens tragischer Bühne
Zum Quell Kastaliens, Königin Mnemosyne!
O Mutter aller Musen, Tochter Zeus’,
Du Sängerin des höchsten Preisgesanges!
Dir sing ich, deiner Schönheit holdem Reiz,
Du Grazie Griechenlands, ein blaues banges
Und wehmutvolles Lied von deiner Schöne,
Daß deine Gnade mich mit Lorbeer kröne!
All deine Töchter und die Charitinnen
Will ich zum Bilde nehmen deiner Liebe,
In ihrer Schönheit will ich deine minnen.
Damit mein Sang den spätern Zeiten bliebe,
Will ich der Schönheit ewigliche Quelle
Bespiegeln, Gottheit auf der Tränen Welle!
O Königin der Musen, weis mir deine
Geschwungnen Pfade zu Parnassus’ Auen
Und Helikons so heimatliche Haine,
Laß mich dort dich in deiner Schönheit schauen
Und singen bei der Götter Friedensfeier
Mit dir vereint zu unsrer Liebe Leier!
Und Phemios von Ithaka ging einsam
Durchs Labyrinth der Gassen Ithakas,
Das Volk war da bei Brot und Wein gemeinsam,
Da einsam Phemios der Sänger saß
Und sah an eines Mädchens runden Busen
Und dachte an die Königin der Musen.
In seiner Seele lebte selbst ihr Bild
Und sah ihn an mit schwarzer Augen Glut.
Der Sänger sah, ob da ein Ebenbild
In schlichten Volks Gewimmel, Menschenbrut,
Doch keine schien ihm schön und keine wert,
Der nur die Herrin vom Parnaß geehrt.
Sie sang ihm vor aus einer alten Rolle,
Ihr Singen glich dem Sang Alkaios’ wild,
Doch schöner noch gebar die Gnadenvolle
In des Poeten Herz ihr Ebenbild,
Das Ebenbild des Höchsten Ideals
Der schwarz und schönen Königin des Alls!
Sie war die Tochter Zeus’, die Dienerin
Apollon Musagetes’ vom Parnaß
Und Braut des singenden Windes, der dahin
Geweht, wo Blüte war vom Taue naß
Und Götter liebten Göttinnen in Stein
Und Liebesgötter schenkten Nektarwein.
Und düftereich zog in die Nacht der Hauch,
Und Menmosyne, rein und makellos,
Erschien, die rosa Perle schön am Bauch,
Im schwarzen Rock dem Sänger Phemios,
Mit braunem Arm und zierer Silberspange
Und schwarz verschleierte das Haar sie lange.
Sie saß in goldenroter Dämmerung
Auf einem weißen Stein und schaute ferne.
Der Sänger war so alt und war so jung
Und seine Sehnsucht ging ins Reich der Sterne
Und in des wahren vollen Lebens Land -
Er küsste Mnemosynes schlanke Hand.
Und Phemios ergriff der Wind der Musen,
Der sich mit seinen Leidenschaften paarte.
Er sang ein Lied auf eines Mädchens Busen
Und spielte mit der Hand im langen Barte
Und sang in seiner altersreifen Tugend
Den Busen jenes Mädchens schöner Jugend.
Wie braun er quoll aus ihrem schwarzen Kleide
Und prall und reif sich bot als Granatfrucht,
Schön wie der Venus Busen, pries der Heide,
Der lang nach treffendem Vergleich gesucht
Und nahm das Bild in seiner Einfachheit,
Benennend seiner Leidenschaften Leid.
Wie Bacchus einst in Indien gequollen
Blutstropfen aus den rot und blauen Trauben,
Wie aus den Blüten Nektar troff in vollen
Schäumenden Überflüssen, kaum zu glauben,
So ragte ihr Olymp in voller Pracht
Mit Gipfelspitzen aus dem Kleid der Nacht.
O Aphrodite! deinen Himmelsbusen
Erwählte Männer durften Einmal küssen!
Von deiner Schönheit singen alle Musen,
Von deiner Liebe seligen Überflüssen
Die Dichter, Aphrodite auf der Flut,
Und deiner rein jungfräulichen Liebesglut!
Du tauchtest aus des Meeres weißem Schaum,
Der Liebe Seel’ im idealen Leib,
Du warest der Poeten schönster Traum,
Glorreiches Himmelsmädchen, göttliches Weib,
Seefahrern reichend fruchtbare Jampusen
Aus Indien - den Dichtern deinen Busen.
Weil dieses Mädchens Busen durfte schauen
Der Sänger, singt er allen Göttern Lob,
Daß sie die Himmelsgnade niedertauen
Auf diese Erdenwelt gemein und grob
Und Ithaka verklären zu Elysen
Im Herz Uranias, der Immersüßen!
Und Phemios ging in die Nacht allein
Und sehnte sich nach sinnlichem Genuß.
Im Mondenschein in einem Pinienhain
Ging einsam wallend er an einem Fluß,
Da auf den Wellen Schaumesspritzer blühten
Und klar wie Augen Himmelssterne glühten.
Er kam an eine tief verborgne Grotte,
Da fand er dieses Flusses klare Quelle.
Hier wohnte einsam bräutlich ihrem Gotte
Die Nymphe dieser wundervollen Stelle,
Die niemand sah, weil sie unsichtbar war
In dem ätherischen Reich kristallenklar.
Doch einst war hier gewesen Phidias
Mit Marmor von Carrara, als da ihm
Die Nymphe für ein schönen Kunstwerk saß
Als Bild der höchsten Leidenschaft sublim.
Und da der Künstler bildete in Marmor,
Kam nah der Nymphe Bräutigam, Gott Amor.
Da sah man eine fließende Najade
In eines runden Leibes Prachtgestalt,
Wie sie gekommen eben aus dem Bade,
Die Haut beperlt von Tropfen mannigfalt,
Wie sie um ihre Lenden lässig schlang
Das Tuch und sich die Lockenfluten wrang.
So träumte Phemios die Bajadere,
Die Gott sich opferte im Tempeltanz,
So träumte er die träumende Kythere
Und alle Lust im höchstverklärten Glanz,
Die alle Völker ehren aller Enden,
Die Himmlische mit wunderschönen Händen.
Gefaltet legte sie die Hände an
Das schöne Haupt, wehmütig träumerische,
Die unter den geschlossnen Lidern sann
Und sehnte sich ins Freie, Freudig-Frische,
Und neigte auch ihr rundes Knie entblößt,
Was Schauer tiefer, tiefer Lust einflößt!
EVANTHE
Der Vater Bacchus war hinfortgegangen
Und ließ das mystische Mahl von Fleisch und Wein,
Da Thraciens Korybantenzimbeln klangen
Und auch Eleusis ruht in rotem Schein
Und Samothrake feiert seine Riten
Und singt die Hymnen seiner heiligen Mythen.
Silenus blieb im Kreise der Satyren
Und trug den Kelch des Weines in die Wälder
Und predigte den Bauern und den Tieren
Und bat zu der Demeter goldner Felder.
Silenus rief sodann vom Perlenkutter
Die göttliche Demeter an, die Mutter.
Demeter reichte auferstandnes Korn,
Die weiße Göttin in des Himmels Bläue.
Silenus nährte an des Weines Born
Den Lebensgeist und seiner Liebe Treue -
Denn Leben war im Blut und Blut war Wein -
Und alles sollte Freudentaumel sein!
Silenus gab den Becher in die Runde,
Geladen waren alle Waldeswesen,
Daß sie mit glattem, mit behaartem Munde
Die Trauben von dem göttlichen Weinstock lesen:
Silvane, Faune, Nymphen und Najaden
Und Pans Panisken sich im Weine baden.
Silvane huschten durch die Pinienhaine
Und Faune hüpften heimlich zu den Floren,
Die Nymphen badeten in Ursprungsreine
Und die Najaden waren auserkoren
Bei der bacchantischen Triangel Glanz
Zu tanzen Vater Bacchus einen Tanz.
Ein trauervoller Silvan ging alleine
Durch seinen heimatlichen Pinienwald
Und sah auf einer Lichtung in dem Scheine
Der Sonne eine herrliche Gestalt -
Die er die Göttin Aphrodite nannte -
Das war die Nymphe jenes Hains: Evanthe!
Evanthe war die Nymphe der Natur,
Sie hüllte sich in das Gewand der Flora,
Sie war die allerschönste Kreatur
Und hüllte sich in Locken der Aurora
Und tanzte dort in Aphrodites Körper,
Dem Leib, der allen Faunen ein Betörer.
Da lag der Silvan in dem grünen Gras,
Das kleine Kindchen Amor saß bei ihm,
An Augenlabsal Silvan gleich genas,
Er sah des Südens Süßigkeit sublim,
Wie Kränze winden sich um Siegerlanzen,
Sah er im Fallen ihres Haars sie tanzen.
Sie warf des Rockes feingewobnes Linnen
Zur Seite, zeigend transparente Gaze -
O Hochgenuß erleuchtet-lichten Sinnen
Und Grund zum trunknen Rausche der Ekstase -
Die runden Knie und ihre weißen Beine
Wie Marmor in der Mittagssonne Scheine.
Wo alle sind bekleidet - hier ist Blöße!
Wo alles grober Stoff ist - hier ist Feinheit!
Wo alles Wurm ist - hier ist Göttergröße!
Wo alles Schmutz ist - hier ist Nymphenreinheit!
Wo alles Scham ist - hier ist Unschuld, um
Des Himmels willen, aus Elysium!
Als sich der Himmel, als sich Uranos
Dem Meer der Erde gab, ward sie geboren,
Gezeugt von Äol aus des Meeres Schoß,
Wie Kypris von dem Himmel auserkoren,
Melische Nymphe aus der Schar der Charis
Trug sie im nassen Haar den Stella Maris.
Aus ihren Locken fielen Lilienblüten
Und ihrer Hand entsank ein Rosenkranz.
Evanthes Augen diamanten glühten,
Als sie vor Silvan tanzte ihren Tanz,
Die Locken fielen wie ein Katarakt
Auf ihre Schultern und die Arme nackt.
Und der Paniske Silvanus ergetzte
Sich sehr an ihres Leibes schöner Linie,
Als die Najade, die vom Tau benetzte,
So wogte wie im Winde eine Pinie.
Wenn die verliebten Windesgötter rütteln
Im Wipfel, so war ihrer Haare Schütteln.
O Aphrodite, Spenderin der Lüste,
Der dir die Turteltauben brünstig rucken,
Sieh du das Hüpfen dieser hübschen Brüste
Und laß auch Silvan diese Brust angucken:
Magnolienblüten schneeweiß aus Iberien
Und goldne Granatäpfel aus Hesperien!
Wie Daphnis hing am Euter einer Ziege,
Wie Romulus an seiner Wölfin Zitze,
Gib Göttin daß ich eines Tages liege
Im Hügel hüpfender Gazellenkitze
Und sing wie Salomo der Sulamith
Und Cypria der Dichter Theokrit.
Da Venus ihren Zaubergürtel löste...
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Der Faun war nur ein einziges Begehren
Und wollte der Najade Wangen küssen,
Doch die Najade wußt sich zu verwehren
Und ließ dem Traum nur Ströme von Genüssen
Und ließ der ganzen Schönheit Reiz nur schaun
Und nicht verschlingen den verliebten Faun!
Um dem Panisken Tröstung auch zu schenken
Und seinen Augen neue Labsal schön,
Geht lieblich die Evanthe, ihn zu lenken
Zu ihrer Schwestern Schar, daß er sie krön
Mit Trauben rotorangner Vogelbeeren
Und Schilfrohr von der Teiche stillen Meeren.
O Corydone du in Leibes Fülle
Die Schultern schütteltest und schönen Rücken
Und deines vollen Busens weiche Welle,
Auch der geteilte Apfel ein Entzücken
Und deines braunen Haares glüher Schleier
Vor deines Angesichtes Freudenfeier!
O Sylphia in deiner reichen Pracht
Der runden Leibesfülle und der vollen
Milchprallen Brüste in des Kleides Nacht,
Wie fruchtbare Granatenfrüchte quollen
Sie vor, von Milch und Bienenhonig Bronnen
Und wie bei den Idolen - Steinmadonnen!
O Grazie Maja du im Kleide blau,
Mit einem Schönheitsmal im Angesicht
Und mit der stillen Augen dunklen Tau
Und mit dem Lockenhaar so goldenlicht,
Du tanztest so jungfräulich-mütterlich,
Daß Tauben tiefer fühlten inniglich!
O Circereia mit dem roten Haar
Und deinem braunen aufgeschürzten Rock,
Wie schlängelten die Arme wunderbar
Wie Zauberschlangen an des Gauklers Stock
Sich von den Schultern bis zur schlanken Hüfte -
O rosige Muschel! lichte Lenzeslüfte!
Da sah in Wahrheit Silvan Aphrodite,
Wie sie auf ihrer Muschel hergeweht,
Im Nabel eine rosa Perle glühte,
Die Uranos zu ihrer Zier gesät
In Meeres Gründe, da des Himmels Samen
Die Dame zeugte, Dame aller Damen!
ODYSSEUS IM TOTENREICH
Odysseus dachte an die Weisung Kirkes
Und trat zum Eingang in das Totenreich,
Um in des unterirdischen Bezirkes
Abgründen Rat zu finden gnadenreich
Und auch zu schaun, ob Eros’ Feuersglut
Auch jenseits lebte grüner Lethe Flut.
Wie herrlich war die Kirke ihm erschienen,
Die reine Nymphe, Tochter jenes Gottes,
Dem alle goldnen Sonnenstrahlen schienen,
Der reines Licht war, fern dem Schmutz des Spottes
Am Mittag stand in herrlichster Verklärung
Und wirkte seinen Sehern lauter Klärung.
Der war der Gott gewiß auch der Poeten,
Dem sich der weise Dichter unterstellt
Und all sein Singen ist ein frommes Beten
Zu dem Erleuchter aller Erdenwelt,
Der noch der Mondin Luna gab ihr Leuchten
Über den Meereswogen, wellenfeuchten.
So weiß und rein wie das Gewand der Phöbe,
Der göttergleichen Jungfrau Cynthia,
War Kirkes Kleid, das schimmernde Gewebe,
In dem man Blumen eingewoben sah,
Aus deren Kelchen troffen Nektarfluten,
Ambrosischer Gerüche Weihrauchgluten.
Und Kirkes war die Vollmacht zu verdammen,
Ein unreines Geschöpf ins Schwein zu treiben,
Den Koben hinterm Eber zuzurammen
Und dann gereinigt von dem Mist zu bleiben -
Weil Herakles den Saustall ausgemistet -
Als Taube, die in grünen Kronen nistet.
Ja, weiß wie Taubenfedern war ihr Linnen
Und purpurrot der Schleier überm Haar.
Erleuchterin Odysseus’ dunklen Sinnen
Gab sie ihm weise Weisung wunderbar,
Ins Jenseitsreich zu steigen, in der Nacht
Der Seele zu schauen einer Göttin Pracht.
Odysseus trat an des Avernus Schlund
Und schaute in die Acherusische See.
Die Maske starrte da, der Wahrheit Mund,
Und kündete ein abgrundtiefes Weh,
Wo die zerrissen und hinabgegangen
Von Not und Qual und Pein und Jammer sangen!
Nach Kirkes Weisung war der Mann bereit,
Der heilige Odysseus, nun zu schlachten
Sein Opfer, grade jetzt, zur rechten Zeit,
Denn angebrochen war das große Nachten,
Die Hälfte seines Lebens war vorüber,
Nun kam der Herbst, ein dunkeltrüb und trüber.
Und in den Nebeln und des Bodens Dünsten
Versuchte er ein Feuer anzuzünden
Mit Holz und der geschickten Hände Künsten,
Doch hinderte die Widrigkeit von Winden,
Da rief er Jove an, den Gott der Götter,
Rief Jupiter, den Herrscher an der Wetter.
Da fuhr ein Blitz ihm in das feuchte Holz
Und Flammen flammten auf und schwarzer Qualm -
In Demut beugte sich Odysseus’ Stolz -
Er legte nach die Zweige Halm an Halm,
Bald loderte sehr hoch die Feuerflamme,
Da ging Odysseus nach dem Opferlamme.
O Vater Zeus, du in Gewittern oben,
O Kronos du, o Gott der Ewigkeit,
Saturnus will ich dich, o Vater, loben,
Der du gewandelt in der Goldnen Zeit
Im Tempe-Tal an des Olympus Fuß!
So rief Odysseus seinen Jovis-Gruß.
War es vom Widder oder wars vom Lamme,
Was zu dem Götterhimmel aufgestiegen
In einer selbstgenährten Opferflamme
Und wars ein Opfer auch gescheckter Ziegen
Und reichte dieses Opfermahl von Fett,
Zu machen des Odysseus Sünden wett?
Odysseus traf den Hünen nun, den Recken
Und Fährmann Charon an dem Ufersaum,
Daß der ihn führe in das Reich der Schrecken
Und in der Mitternächte Schreckenstraum
Und in die Ferne allen menschlichen Glücks -
O Himmel hilf! beschwör ich dich beim Styx!
Und Charon fuhr mit Ruderschlages Stete
Hinab die schwarzen Wasser seinen Kahn,
Hinab die grüne oder schwarze Lethe,
Er schwamm dahin als schwarzer Trauerschwan
Und kam in das Gefilde Acheron,
Wo Schatten wandelten am Phlegeton.
O wehe! riefen jene düstern Schatten
Und Seufzer wehten hin und leeres Flüstern,
Ein Säuseln ging durch Asphodelenmatten
Und Dämmerungen immer weiter düstern
Und Schatten weinten ausgeleert und hohl:
O Lebende, gebt stetig den Obol!
Und Agamemnon ging mit Menelas,
Beklagend alter Völker Bruderzwist,
Und Paris einsam bei Önone saß
Laut jammernd übers tödliche Gelüst,
Und Hektor klagte Pergamos’ Verderben,
Und alle wollten nur noch sterben, sterben!
Anthistenes und Menon traf der Hammer
Des Schicksalsspruches: unendliches Leiden,
Die Liebe würde ihres Lebens Jammer
Und Traum nur noch die Nymphen süßer Seiden
Und Traum nur noch das Leben und vergangen
Und an der Brust allein des Wahnsinns Schlangen!
Andromache verkauft an Helenus,
Kassandra umgebracht von Klytämnestren,
Allein um Helenas begehrten Kuß!
Daß sie vergehen mög an den Gebresten
In ihren Brüsten nach des Schicksals Spruch!
Und welche Göttin wehrte diesem Fluch?
Ulyß ging fort vom armen Menelas,
Als er die mohnumblühte Pforte sah,
Da kam zu ihm der Greis Tiresias,
Der einst gesehn im Bade Cynthia
Und darum nächtlich wie der Hyperboräer
Gefild sein Aug und darum war er Seher.
Die Augen in das Innere gewandt
Sah er das Bild von namenlosem Weh
In trauervoller Tränen Jammerland:
Die schwarze Königin Persephone!
Weil sie des Granatapfels Samen aß,
Sie nun beim tödlichen Gemahle saß.
O rote Frucht mit deinen goldnen Samen,
Wie sehr verlockend warst du anzuschauen!
Da war die schwarze Dame vor den Damen
Betört vergleichbar leichtbetörten Frauen
Und jene Göttin durch der Erde Riß
Fuhr in des Totenreiches Finsternis.
O König aller Götter! rette uns
Vor ewiger Verdammnis in den Hades!
Rief laut der Seher aufgerissnen Munds.
Uns helfe aus des fürchterlichen Staates
Gefängnis in die Sonne Herakles -
So heißt er doch? - bist du dir sicher des?
Ja, Herakles, der wars, der war gestiegen
Hernieder in das Reich der Toten drunten,
Um über der Zentauren Volk zu siegen,
Die Pferdefüßigen, und in den bunten
Herrlichen Garten von Athen zu führen
Der Griechen König Theseus, zu den Myrrhen.
Als Herakles den Theseus in das Licht
Geführt, des Stabes Zeichen in der Hand,
Sah Theseus der Aurora Angesicht
Und sah des Lebens lenzlichlindes Land
Und ging in die Platonische Akademie
Und ehrte die Sophia, liebte Sie!
MINERVA
Und Telemachos schaute ein Gesicht,
Visionen sah der junge Telemach,
Er sah der Zeus-entsprungnen Jungfrau Licht
Und hörte ihrer Stimme leises Ach,
Sie bat ihn leis, vom Wege umzukehren,
Fort von dem ungeordneten Begehren.
Und Telemach ging in ein stilles Tal
Im Süden Ithakas, in Einsamkeit
Gelegen, ging, in seiner Seele Qual,
Ging hin und suchte Heilung für sein Leid
Und suchte Heilung in Minervas Hain,
Da saß er in dem Haine ganz allein.
Olivenbäume waren überall
Und hohe dunkle Kiefern in Alleen.
Versunken war der Sonne roter Ball
Und leichte Lüfte warmer Nächte wehen.
Und was denn wußte er in seiner Jugend,
Der junge Telemach, von wahrer Tugend?
Verzeih, Minerva, weiße Schleiereule,
Wenn wir dir opferten zwei Turteltauben!
Wir brachten dir des Pinienstabes Säule,
Und du, du wolltest nichts als unsern Glauben,
O weisheitvolle Jungfrau mit dem Schilde!
Doch glauben wir dich als die Gute, Milde.
Sprach Telemach und ging zu einem Hügel
Und pflückte da der Göttin grünes Kraut.
Als rausche einer Schleiereule Flügel
War ihm mit eins, er hat sich umgeschaut,
Da sah er wandeln einen lichten Fuß
Und hielts für seines Lebens Genius.
Und Telemach ging zu der Felsenhöhle,
Die da von schwarzem Fels, von grünem Moose
Beblüht. Als blühte seine eigne Seele
Wie in der Nische eine weiße Rose
So treu an seines Vaters Helferin!
Wie liebte er der Jungfrau treuen Sinn!
Und Telemach sprach seines Herzens Weihe
Der Tochter Zeus’, der Weisheit Königin:
All deines Kindes Irrtum ihm verzeihe
Und stell mich Jovis vor mit treuem Sinn,
Mit meinem auch die Herzen meiner Nächsten
Stell vor dem Herrlichen und Allerhöchsten!
Für meine Mutter bitt ich dich, die Blonde
Nimm du als deines Herzens Freundin an,
Des Vaters Reich reich bis zum Horizonte,
So segne du den götterfrommen Mann,
Verzeih ihm Zeus der Meeresfahrt Verschulden
Und siehe gnädig an Odysseus’ Dulden.
Nimm dich Laertes’ an, deß Lebens Flamme
Mit seiner Gattin Glut gemeinsam brennt,
Und nimm dich ihrer an, die meine Amme,
Die meine Lippe nur mit Ehrfurcht nennt:
Großmutter meines Herzens, Polyxena!
O nimm dich ihrer an, Minerva Mena!
Da war ihm in der Höhle Nacht erschienen
Minerva in der Rüstung Silberglanz,
Mit blauem Schild, mit anmutvollen Mienen,
Um ihre Linke den Olivenkranz
Erschien sie in der Höhle Ungemach
Allein dem frommen Beter Telemach.
Um sie herum ging auf die Morgenröte,
Palmwedel wedelten, und ihre Hand
Gab Segen zu des Telemach Gebete.
Mit einem sie verwandelt vor ihm stand,
Die Göttin da in weißem reinem Linnen
Und blauem Band vor Telemachos’ Sinnen.
Und durch die Linke rann die lange Schnur
Mit vielen Knoten und Olivenkernen.
Die Weisheitvolle liebte die Natur
Von grünen Gärten und von lichten Sternen
Und sah in des ätherischen Gebäus
Zentraler Mitte thronen Vater Zeus!
Minerva ward hinan, hinan gerufen
Von ihrem Vater und des Telemach,
Da trat sie rein auf Diotimas Stufen
Bis zu der Liebe bräutlichem Gemach
In dem Geheimnis jenes Höchsten Gutes -
Gedachte Telemach Adonis’ Blutes -
Und Schleiereule flog und weiße Wolke
Und silbern glänzte der Olivenbaum,
Und Ithaka mit dem verschlafnen Volke
Erwachte aus dem Schlaf mit seinem Traum
Und spürte der Minerva Herrlichkeit.
Und Telemach sah fliehn ihr weißes Kleid.
Noch einmal sehen ließ die Weisheitvolle
Den grünlich fließenden Olivenkranz,
Daß er um Telemach sich schling und rolle
Und wind ihn in der Weisheitvollen Glanz,
Die da vor heiligen Heroen schon
Geweht zu ihres Vaters Jovis’ Thron!
O herrliche Minerva, Weisheitvolle,
Jungfräulich aus dem Haupte Zeus’ entsprungen,
Mit Ölbaum und mit Weinstock meine Scholle
Mir segne, der ich dir das Lob gesungen,
Und gib das Brot von dem Johannisbrotbaum
Und laß dich sehen, Königin, im Traum.
Der weise Liebende, mein Philios,
Nennt dich Sophia, höchstes Ideal,
Er nennt dich aller Wollust fleckenlos
Und göttlicher Weisheit Tempel, Haus und Saal,
Die du in Jovis’ eignem Brautgemach
Eintrittst für deinen Liebling Telemach.
Oliven sind und Eulen deine Zeichen,
Du still verschlossener Olivengarten,
Aus dem die Schleiereulen nimmer weichen.
Ich will fortan nun meinen Tod erwarten
In deinem rein jungfräulichen Siegeszeichen,
O Pallas’ Schild, im Schild der Siegesreichen.
Und Zeus gab sie uns als Olivengarten,
Die einsam reichte uns Johannisbrot,
Wenn wir beim Affenbaum auf Rat zu warten
Gestanden, war sie blaues Abendrot,
Die Weisheit unsern Herzen zu vererben,
Die da bestanden in Adonis’ Sterben...
O Königin der Weisheit, gib Gesänge!
Vom Leben singen wir, von Kampf und Ruhm
Und der Unsterblichkeit und Sieggepränge
Und weihen deiner Reinheit Heiligtum
All unsres männermordenden Krieges Waffen,
Geloben wir dir heut am Baum der Affen.
Du führst ja unsrer Waffen Kampfessache
Mit dem unwidersprochnen Pallas-Schild.
Zu deinen Füßen windet sich der Drache
Und du stehst stolz, der Anmut Gnadenbild,
Auf goldner Sichel in der Sonne Kleid -
O steh uns bei in unsrer Irrfahrt Leid!
Du steuerst allen Kriegen in der Welt
Und Kampf des Dämon und des Genius
Und unsrer Leidenschaft, wie dirs gefällt,
O Zeus! du unterwarfest ihrem Fuß
Den Python mit dem Geifer in der Leber
Und den Adonis-Mörder auch, den Eber.
Um Griechenland und Asien zu gebieten
Hast du sie auf den höchsten Berg gestellt,
Da gab sie ein Gebot uns: Haltet Frieden,
O Frieden mit euch selbst und mit der Welt
Und mit dem Vater Zeus, der mich gesandt
Zu führn die Seinen in Elysiums Land!
So werd ich eines Tages zu euch kommen
Und singen euch die Vierte der Eklogen:
O liebet, liebet Daphnis, all ihr Frommen,
Der liebe Daphnis hat euch nie betrogen,
Denn, wunderlich genug! Minervens Schoß
Entsprungen ist der heilige Göttersproß!
ODYSSEUS’ HOCHZEIT
Odysseus sei gesegnet! Ithakas
Mit grünem Kranz gekrönter König er,
Der wegen all der Sünde Helenas
Gefahren ist durchs aufgewühlte Meer,
Der jene Buhlstadt überwunden klug
Und der die Jungfrau trug an Schiffes Bug!
Odysseus sei gesegnet! Alle Hügel
Und alle Täler geben reiche Frucht,
In der Olive rauscht der Taube Flügel.
Er widerstand ja an der Meeresbucht
Und hatte Eine Sehnsucht nur, Ein Ziel:
Die Heimat, meerumbrandetes Asyl!
Odysseus sei gesegnet! Seine Heimat -
Mit allen Hügeln, die im Morgen schliefen,
Mit jeder Nymphe, die der Lüste Leim hat,
Mit allen Schleiereulen und Oliven -
Sei ihm gesegnet, der ihr König sei
Und um ihn immerwährender Minne Mai!
Odysseus hieß der König Ithakas,
Dem alle Inseln brachten den Tribut,
Vasen von Sparta brachte Menelas,
Es kam in Kretas Kelchen Rebenblut,
Von Alexandrien kamen Pergamente,
Orangner Schleier von der Nymphe Menthe.
Odysseus hieß der König Ithakas,
Der Indien liebte und noch mehr Iberien,
Der sah im Traum das Bildnis Helenas
Im goldnen Apfelgarten von Hesperien
Und nannte es das Schöne Ebenbild
Der Schönheit Gottes, südensüß und mild.
Odysseus hieß der König Ithakas,
Der reichte seinem Volke Brot und Wein,
Der war wie Erde für das grüne Gras
Und wie der Morgenstern im Morgenschein.
Und in Odysseus’ Ithaka ging eben
Aurora auf in rosigen Geweben.
Der Griechen Morgenstern, ein Genius
Und guter Geist, gesandt vom ewigen Theos -
Himeria nenn ich dich und singe Gruß
Dir als dem Diadem der schönen Eos.
Und Eos breitete den blauen Mantel
Über dem schlanken Baum mit weißer Mandel.
O Mandelblüte, weiß und rosarot,
O Baumes Blätter, Laubes grüner Schleier,
O Stern mit deines Strahles lichtem Lot,
Der Himmel feiert deine Friedensfeier,
Wenn du zu eines Vögeleins Geräusch
Erscheinst mit schöner Anmut, hold und keusch.
Des Horizontes dämmerblauer Samt
Bestickt mit einem einzigen Diamanten!
Dein Strahlenkranz und deine Krone flammt
Und still verstummt sind alle Korybanthen
Und all der aufgewühlte Taumeltanz
Zu Frieden kommt vor deines Schimmers Glanz!
Wie keusch, mit welcher heimlich stillen Scham
Hast du dich mit dem Laube grün verschleiert.
Wo war die schöne Braut dem Bräutigam?
Abwesend wurde doch ihr Fest gefeiert,
Da sang dem Himmel eine Liebesleier
Und seinem Schatze in des Laubes Schleier.
Himeria, Himeria, oh, oh,
Himeria, du wunderschöne Braut!
Dich schauen macht die Seele still und froh,
Ja, dich hat morgens Telemach geschaut,
Dann bargest du dich unterm grünen Laube,
In dem geruht so ruhevoll die Taube.
Und da der Taube Rufen ruhevoll
Verstummt, vernahm Odysseus’ Sohn ganz nah
Ein Stimmenreden, welches dunkel schwoll,
Und einer Jungfrau Lachen: Ja, ja, ja!
Niemanden hat sein Auge da geschaut,
Doch Sie war nah, Himeria, die Braut!
Und auf dem Hochzeitsfest Odysseus’ mit
Penelope, der ithakäischen Braut,
Erschienen die drei Grazien; feiner Schnitt
Der Gaze, daß man schön sie angeschaut,
So tanzten sie und blieben stille stehn
Und reichten Äpfel, nicht zu widerstehn.
Sie reichten reife rote Äpfel da,
Gesundheitfrische in der Fülle Prangen.
Des Himmels Kinder da auf Ithaka
In voller Freude auf der Wiese sprangen.
Die Lockenhaare fielen um die Wangen,
Die sich im Tanz wie glühe Schleier schwangen.
Wie schauten eure Augen dunkelglüh,
Die Angesichter in das Haar gewoben,
Wie Nacht die Haare und wie Morgenfrüh,
Die fielen auf die Brüste, die zu loben,
Die da wie Melodieen weich gewellt
Und aus dem Busentuch hervorgequellt.
Wie flossen eure Schultern, eure Arme,
Die ganze Linie zitterte so weich,
Der Leib war schön in seiner Seele Charme,
Der Glieder Gunst, die Seelen anmutreich
Sie gaben sich ganz hin, mit holden Mienen
Sie tanzten mit der Anmut von Delphinen.
Dann tanzten diese Grazien zum Hafen
Und fuhren fort mit einem Segelboot,
Nachts auf dem Meere unterm Mond zu schlafen
Und morgens anzuschaun das Morgenrot,
In Stella Matutina, Stella Maris
In Huldigung zu preisen Göttin Charis.
Und als sie landeten mit ihrem Boot,
War es am Tejo, in des Lusus Land.
In den Mimosenbäumen glühte Rot
Des Morgens, Eos reichte ihre weiße Hand,
Von Rosenkränzen rot umschlungen, hold,
Das Herz rubinenrot im Gloriengold.
Odysseus salbte sich in seinem Bade,
Nachdem er seinen Heldenleib gewaschen,
Dann nahm er ein Gewand sich aus der Lade,
Ein purpurnes Gewand mit feinen Maschen,
Er putzte sich mit Schachtelhalm die Zähne,
Die schimmerten wie weiße Sangesschwäne.
Sein Bart war männlich reich und doch gepflegt,
Sein Oberkörper eines Mannes Brust,
Er hat die Perlenkette angelegt,
Mit der die Göttin er zu ehren gewußt,
Er tat den Ring an seine Hand, die schlanke,
Dann ging er an die offne See, die schwanke.
Da rief er in die Weite: Meer, o Meer,
Vom ewigen Oceanus umgürtet,
Ein Spiegel du für aller Sterne Heer,
O Mutter, die mir Lasten aufgebürdet,
O Stern des Meeres, führ mich geistbetaut,
Da ich erwarte meine liebe Braut.
Penelope ward von dem grünen Land
Im weißen Kleid und blauen Gürtelband
Getragen zu Odysseus an den Strand,
Wo er sich mit der Herrlichen verband,
Dem Inbegriffe aller Lieblichkeit,
Dem tiefsten Quell für seine Seligkeit.
Da trat Penelope in ihrem Schleier,
Im grünen, grün wie der Oliven Blätter,
Zu ihrem Bräutigam zur Hochzeitsfeier,
Und um sie schwärmten kleine Liebesgötter,
Gesandte Genien, glühende Eroten,
Zum Lob der Schönen Frau der Zyprioten.
Denn da er seine Braut in ihrer Schöne
Sich anvermählt, der ithakäische Heros,
Odysseus sprach da: Unsre Liebe kröne
Die Schöne Mutter mit dem Kinde Eros,
In dir, Penelope, ist mir ja nah
Die Himmelsschöne der Urania.
VENUS WIRD MIT ROM GETRÖSTET
Und Telemachos fuhr auf weite Reise
Und kam nach Gallien an die Meeresbrust.
Er lauschte blauen Mittelmeeres Weise
Und saugte kindlich Wonne voller Lust,
Als er an der Eucharis Busen lag -
Wie David an der Brust der Abischag.
Die Göttin Venus aber trat voll Trauer
Zu Vater Jovis, kraulte seinen Bart:
Gesunken ist in Staub nun Trojas Mauer
Und Asien vor Blut und Leichen starrt,
Zertrümmert wurde Mutter Asia
Durch jenen Sündenkrieg um Helena!
Wie sollen mir da nicht die Tränen strömen,
Daß Liebe machte alle zu Barbaren,
Die Liebenden sind nur noch Seufzerschemen,
Die Lebenden sich nun im Hades paaren,
Wo aber blieb, in all der Wollust Wut,
Die wahre, meines Sohnes Liebesglut?
Wie soll ich nicht, o Vater, vor dir weinen,
Wenn ich die törichten Poeten seh,
Wie sie den großen Fall von Mauersteinen
Beweinen und der Mutter Asia Weh
Und haben selbst ein solches Weh im Busen
Und wählen sich die Schwärzeste der Musen?
Aus meinem Schoß gekommen ist das Heil,
Das wird zu schmerzensreichem Unheil vielen,
Von meinem Sohne Amor kam der Pfeil,
Die Pfeile alle nach den Herzen zielen,
Da fühlen schwache Menschen diese Wunde -
Und werden toll wie Hündinnen und Hunde!
Welch ein Zerstören haben angerichtet
Die Männer um der Einen Schönen Huld?
Das hat Homerios kaum ausgedichtet,
Ob mich da treffe etwa eine Schuld?
Kann eine Göttin man der Schuld beschuldigen?
Muß ihr nicht jedes Volk der Erde huldigen?
Der Vater Sols und Lunas, Venus’ Vater,
Der Vater aller Lichter donnernd sprach:
Ich führe, Tochter, dich durch meinen Genius,
Ich red in meines Herzens Brautgemach
Mit Amors Mutter, die ich lieb und ehre
Und deren Stern sind untertan die Meere!
Mit Troja ist die alte Zeit gesunken,
Die Zeit von Sündenkrieg und Kampfgewimmel,
Da zu mir Stank des Fleisches aufgestunken,
Der Leichen Blut schrie auf zu mir zum Himmel
Und Stimmen riefen aus des Todes Schoß
Zu Kronos auf, zu Vater Uranos!
Ja, Salz soll salzen! Salzig ist das Meer,
Aus dem du rein und unbefleckt geboren
Auftauchtest, Jungfrau! Amor ist der Herr
Der Liebenden, die auserkoren
Zu einem Hochzeitstanz und Mahl der Minne -
O führ sie du, o Meeresköniginne!
Ist Troja auch gesunken, doch erwarten
Dich Romas Pforten, gold und voller Wucht,
O trete du in Romas grüne Gärten,
Dein Gnadenbild laß an der Meeresbucht
Uns schaun, wie Marmor von Carrara Reine,
Und deiner Augen blaue Edelsteine!
O fahre auf der Muschel auf dem Tiber
Und trete lieblich an den Aventin!
Nimm Amor mit, daß immerdar mein Lieber
Läßt unterm Mond die Myrtenbüsche blühn
Und blaue Blumen in den grünen Gärten,
Da Dichter wandeln auf der Musen Fährten.
Und stehe immerdar an Romas Bronnen
Und nimm Sesterzen um die Wiederkehr.
Steh du, beschirmt vor Romas tausend Sonnen,
Im Vatikan in deiner Glieder Schmer,
In deiner Glieder Elfenbein und Marmor.
Gib acht, verwunden wird die Brust dir Amor!
In Honigmilch Gebadete, mit Seife
Aus Duft des Orients gewaschne Schöne!
Zum Öle reicht sich dir der Rose Reife,
Mit Myrrhebüscheln deine Brüste kröne
Und salbe dich mit süßer Aloe-Salbe,
O Pharos Stute, schlanke braune, falbe.
Ohrringe machten wir und Silberketten
Und Onyxsteine gaben wir der Holden,
Wir wollten sie in Samt und Seide betten
Und Bettespfosten zieren und vergolden
Und blauen Himmel übers Lager hängen
Der Königin von Träumen und Gesängen.
Und dann ward Venus bleich und ward zu Stein,
Die ganze Schönheit wurde harter Marmor.
Die Vatikanische Venus stand allein
Im goldnen Musentempel, darin Amor
Im bunten Bilde trug die Augenhülle.
Da sprach die tiburtinische Sibylle:
Es kommt ein andres, schöneres Frauenbild,
Ein göttliches Kind hält sie in ihren Armen:
Die Gnadenvolle ist es anmutmild,
Ihr Sohn erfüllt die Erde mit Erbarmen,
Ihr Sohn, der bringt die schöne Mutter mit,
Die Jungfrau, der für alle Menschen litt.
O Herr, ich bin ja immer noch der Deine,
Und Deinen Tod beweinen meine Musen.
Im Traum führst du mich in Marias Haine,
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