Von Josef Maria Mayer
1
Ah weh, um die Stadt muß ich seufzen,
Ah weh, um die Schätze seufzt meine Seele.
Im heiligen Lagasch sind die Kinder bekümmert,
In das Innre des leuchtenden Schreines drang der Feind ein,
Die erhabene Königin nahm er aus dem Tempel fort.
O Herrin meiner Stadt, verlassene Mutter,
Wann kommst du wieder?
Der Feind ist mit Schuhen an den Füßen
In mein Brautgemach getreten,
Der Feind mit seinen schmutzigen Händen
Hat mich angetastet,
Er hat sich nicht gefürchtet,
Ich aber muß mich fürchten,
Ich vergehe vor Angst!
Der Feind hat mir mein Kleid genommen
Und seine Dirne damit bekleidet,
Der Feind hat mich gehetzt
In meinem eigenen Haus,
Wie eine ängstliche Turteltaube
Hockte ich auf dem Dach,
Wie eine schnelle Fledermaus
Flog ich durch die Nacht.
Wie eine Vogel aus den Käfig
Hat man mich fortfliegen lassen.
Mich, die Herrin, hat man aus meiner Stadt gejagt!
O meine Mutter,
Die du Lagasch errichtet,
Du blickst auf ein starkes Volk,
Ich bete dich an,
Du hast mein Leben verlängert.
Ich habe keine Mutter –
Du bist meine Mutter!
Ich habe keinen Vater –
Du bist mein Herr!
Meine himmlische Göttin,
Du weißt, was gut ist,
Du hast mir den Atem des Lebens gegeben.
Unter deinem Schutz und Schirm, o Mutter,
Will ich ewig wohnen!
2
Die ganze Welt hat Angst vor der Zeit,
Die Zeit hat Angst vor den Pyramiden.
Wenn sie den Toten gereinigt,
Wird er mit Palmwein begossen,
Dann zerreiben sie Spezereien,
Sie füllen den Leib des Toten
Mit Myrrhe und Kassia
Und anderm Räucherwerk,
Doch nicht mit Weihrauch.
Dann legen sie den Toten
In Natron-Lauge
Und verwahren ihn siebzig Tage lang.
Sie umwickeln den Leib
Mit Byssustuch
Und bestreichen ihn mit Gummi.
Höre auf das, was ich dir sage,
Damit du König seiest über das Land,
Damit du mehr Gutes tust,
Als man erwartet.
Nimm dich in acht vor den Bürgern
Und nahe dich nicht den Bauern
Und rede nicht vertraut mit den Sklaven.
Vertraue deinem Bruder nicht
Und traue keinem Freund.
Schläfst du, behüte dein Herz!
Am Tag des Unglücks hast du keine Freunde.
Seine Majestät ist einer,
Der weiß, was geschieht,
Es gibt nichts, was er nicht wüsste,
Er ist ein Gott des Wissens
In allen Dingen,
Es gibt nichts,
Was er will und nicht verwirklicht.
Hüte dich vor einer fremden Frau,
Die in deiner Stadt nicht bekannt ist.
Winke ihr nicht zu mit den Wimpern,
Erkenne sie nicht in leiblicher Liebe!
Sie ist ein tiefes Meer!
Eine Frau, wenn sie fern von ihrem Manne ist,
Dann sagt sie: Ich bin schön,
Alle Tage sagt sie: Ich bin hübsch!
Sie sagt es, wenn keine Zeugen dabei sind.
Das ist eine Todsünde,
Wenn man ihr zuhört
Und es nicht weitererzählt.
Wenn du gesichert lebst,
Dann gründe eine Familie
Und liebe deine Frau
In ihrem Gemach,
So wie es sich gehört!
Fülle ihren Bauch
Und bekleide ihre Glieder.
Erfreue ihr Herz, solange sie lebt!
Sie ist ein guter Acker für ihren Bauern!
O mein lieber Freund!
Es ist mein Wunsch und Wille,
Als deine Vertraute
Die Herrin deiner Güter zu werden!
Gib dein Brot dem Hungernden
Und sorge für einen ewigen Namen
Reiße nicht die Grenze der Witwe nieder.
Pflüge deinen eigenen Acker,
Da findest du alles, was du brauchst.
Du wirst Brot empfangen
Von deinem eigenen Acker.
Besser eine Handvoll von Gott,
Als tausend Schätze durch Gottlosigkeit.
Besser arm sein vor Gott
Als viel Gold im Tresor.
Besser Kraut mit freundlichem Herzen
Als Schweine fressen mit Feinden!
Gib dein Herz der Weisheit hin!
Liebe die Weisheit wie deine Mutter!
Es gibt nichts, was so kostbar ist
Wie die göttliche Weisheit!
Jeder Arbeiter wird beherrscht,
Nur der Geistesarbeit tut,
Der Weise beherrscht sich selbst.
Ein Unglück ist es,
In den Kampf zu ziehen.
Mühselig ist es,
Im Acker zu graben.
Die einzige wahre Wonne ist es,
Das Herz den ganzen Tag
Den Büchern zuzuwenden
Und auch in der Nacht
Im heiligen Buch zu lesen.
Verliere deine Zeit nicht
Mit irdischen Begierden.
Laß deinen Mund
Das Buch in deinen Händen lesen.
Lass dich belehren von denen,
Die weiser sind als du.
Wie freut man sich,
Wenn man erzählen kann,
Was man auskosten musste,
Wenn das Übel vorüber ist!
Ich war zum Bergwerk des Königs gezogen
Und hatte mich aufs Meer begeben
In einem großen Schiff.
Die besten Matrosen Ägyptens waren auf dem Schiff.
Sie beobachteten die Gesetze der Sterne,
Sie beobachteten die Gesetze der Erde.
Ihr Herz war starkmütig wie ein Löwenherz!
Sie sagten einen Sturm vorher,
Bevor der Sturm kam,
Sie kündeten ein Gewitter an,
Bevor die Blitze zuckten
Und der Donner brüllte.
Wir waren auf dem offenen Meer
Und konnten nicht rechtzeitig landen.
Der Wirbelsturm wühlte die Wellen auf.
Der Mastbaum ward zerschmettert!
Das Schiff versank!
Keiner blieb übrig,
Ich allein ward an den Strand einer Insel geworfen.
Drei Tage war ich allein mit meinem Herzen,
Mein Herz war meine einzige Freundin.
Ich lag im Schatten eines Baumes,
Dann erhob ich mich, zu suchen,
Was ich in meinen Mund tun könnte.
Da fand ich die Feige
Und die Traube!
O alle Arten gesunden Gemüses!
Frische Gurken, frisch gepflanzt!
Fische und Gevögel!
Ich sättigte mich und ließ noch übrig,
Weil zuviel in meinen Armen war.
Ich machte Feuer
Und brachte Gott ein Dankopfer dar!
O Gott, wer bist du?
Du hast einst die Verbannung über mich verhängt!
Sei mir gnädig
Und setzte mich wieder in meine Heimat ein.
Laß mich die Stätte wieder sehen,
Wo mein Herz geweilt hat alle Stunden der Verbannung!
Wo soll mein Leichnam sonst begraben werden,
Als in meiner Residenz?
Komm mir zu Hilfe!
Möge das Gute und Schöne sich verwirklichen!
Hab Erbarmen, Gott, und sei mir gnädig!
Ich kam ja in das Haus des Königssohnes.
Welche herrliche Schönheit war darin!
Ein Bad war in dem Hause, und,
Ach, und welch ein Schatz!
Kleider von Leinen und Byssus!
Myrrheöl und allerbeste Balsamen!
Räte voller Weisheit,
Die der König liebte,
In jeder Kammer waren weise Männer.
Die Köchin war tätig.
Die vergangenen Jahres meines irdischen Lebens
Zogen wie Bilder an mir vorüber.
Man nahm mir den verwilderten Bart ab,
Man schnitt mir das Haar.
All der alte Schmutz ward in die Wüste geschickt
Und das grobe Kleid des Wüstenwanderes.
Ich wurde gekleidet in allerfeinstes Linnen
Und mit dem Öl der Freude gesalbt,
Wie keiner meinesgleichen!
Und als ich zum Teich gegangen,
Der an die grüne Wiese grenzt,
Da sah ich eine Frau im Wasser.
Sie war von übermenschlicher Majestät!
Meine Haare standen zu Berge,
Als ich ihre lange Haarflut sah!
O wie war die Haut so weich und glatt!
Ich will tun, was sie sagt!
Ehrfurcht vor ihr steckt mir in jedem Glied!
Singe die schönen freudigen Lieder
Deiner Schwester-Braut, die du liebst,
Sie, die im Garten spaziert!
Die Liebe der Geliebten ist drüben!
Der Scheidefluß zwischen uns!
Ah, ich will zu ihr!
Ich steige in den Fluß
Und durchschwimme die Wellen.
Mein Herz ist stark in der Flut!
Das Wasser ist wie Land für meine Füße!
Die Liebe zu ihr macht mich stark,
Sie hat mich verzaubert!
Ich sehe, siehe, die Geliebte kommt!
Mein Herz jauchzt und frohlockt!
Meine Arme sind weit geöffnet,
Sie zu empfangen!
Mein Herz frohlockt und jauchzt in Ewigkeit!
Komm zu mir, meine Herrscherin!
Wenn ich dich umarme
Und deine Arme mich umfangen,
Ist es wie im Weihrauchland,
Es ist wie gesalbt zu werden mit Öl der Freude!
Küss ich dich,
Sind deine Lippen leicht geöffnet,
So frohlock ich und jauchz ich
Wie beim glutroten Wein!
Ah, wär ich dein Sklave,
Dir die Füße zu waschen!
Dann dürfte ich den ganzen Leib
In seiner weißen Haut erblicken!
Mein Freund, ich bin deine erste Schwester!
Ich bin für dich wie ein Garten,
Bepflanzt mit schönen Blumen
Und duftendem Kraut!
Schön ist der Teich im Garten,
Den deine Hand gegraben,
Wenn der Frühlingswind säuselt.
Schön ist der Garten,
Wo ich mich freudig erregt ergehe,
Wenn deine Hände auf meinen Händen ruhen,
Mein Herz ist satt vor Liebe!
Wir gehen zusammen!
Wie grüner Tee ist es,
Wenn ich deine Stimme höre,
Ich lebe auf, wenn ich deine freundlichen Worte höre!
Wenn ich dich sehe, ist es mir besser
Als das Mahl des Mittags
Und das Trinken nach dem Essen.
Das Alter ist gekommen,
Die Glieder werden leidend.
Das Alter kommt als Neuheit.
Die Kraft des Müden geht zuende.
Der Mund verstummt
Und redet nicht mehr.
Die Augen werden schwach,
Die Ohren werden taub.
Vergesslich wird mein Hirn,
Ich erinnre mich nicht mehr an gestern.
Die Knochen leiden im Alter,
Die Nase schnauft
Und kann nicht mehr atmen.
Ich mag stehen oder sitzen,
Mir geht es übel.
Das Gute wurde zu Schlechtem.
Ich finde keinen Geschmack mehr.
Was mir das Alter antut, ist,
Daß es mir schlecht geht.
So will ich den Stock des Alters nehmen.
Meine Kinder treten an meine Stelle.
Ich will nun meine Söhne unterweisen
Im Hören auf die Worte der Weisen
Und die Gedanken der Alten.
Möge der Streit aus dem Land vertrieben werden
Und die beiden Teile des Reiches sich vereinen.
Seine huldreiche Majestät
Gab mir die Erlaubnis, zu sprechen,
Doch ohne Langeweile zu erregen.
Sei nicht stolz auf dein großes Wissen
Und vertraue nicht zu sehr darauf, dass du weise bist.
Lerne von den Unwissenden wie von den Wissenden,
Die Kunst ist grenzenlos
Und kein Künstler kennt die ganze Schönheit.
Eine schöne Weisheit und ein wahres Wort
Ist versteckter als ein Smaragd.
Doch man findet die schöne Weisheit
Bei der Sklavin, die die Handmühle dreht!
Halte die Weisheit fest
Und verlasse nicht den Weg ihrer Weisung.
Wenn du Wohlgefallen findest bei den Menschen
Und einer Sippe vorstehst
Und Söhne nach deinem Herzen hast,
Die Freude haben an Gott,
Wenn deine Söhne deinen Lehren lauschen
Und wenn sie guten Ideen haben,
So suche das Beste für deine Söhne!
Wenn dein Sohn dir aber trotzt
Und nicht auf deine Unterweisung hört
Und dir in allem widerspricht,
Dann ist er nicht dein Sohn,
Dann ist er ein Bastard deiner Frau.
Wenn du die Freundschaft erhalten willst
In einem Hause, wo du Gast bist,
Dann hüte dich, dem Bett der Hausfrau zu nahen!
Jedes Wort meiner Weisheit
Wird unvergänglich in meinem Lande bleiben
Und wird die Reden schmücken
Der Fürsten der Gemeinde.
Die Weisheit lehrt den Mann,
Zu seiner Nachwelt zu sprechen,
Daß sie ihn höre,
Die Weisheit lehrt den Dichter,
Ein guter Künstler zu werden,
Einer, der gut der Inspiration gelauscht
Und nun zu seiner Nachwelt spricht.
Wenn Güte sich entwickelt
Bei dem Haupt der Sippe,
Dann wird seine treffliche Weisheit bleiben
Und die Schönheit seiner Worte wird bleiben.
Des Weisen Seele freut sich,
Wenn er seine Schönheit auf Erden unsterblich sieht!
Ich kenne aber auch Zweifler,
Die würden Gott das Opfer bringen,
Wenn sie nur wüssten, wer der Herr ist!
Ich wollte, dass Ende der Zeit wäre da,
Es gäbe nicht mehr Empfangen und Gebären,
Der Krieg wär nicht mehr da
Und kein törichtes Plappern mehr.
Der Philosophenkönig wird kommen,
Er wird Kühlung bringen für die Hitze!
Er ist der Hirte der ganzen Herde,
In seinem Herzen ist nichts Böses.
Seine Herde wird immer kleiner,
Doch den ganzen Tag sorgt er für seine Schafe!
Er weiß von ihrer Art im ersten Geschlecht
Und wird den Bösen vernichten!
Er wird den Arm ausstrecken
Und den Samen der Sünde vernichten
Und das Erbe der Bösen vertilgen.
Wo ist er heute?
Er schläft und schlummert doch nicht!
Wann komme ich dahin, seine Allmacht zu schauen?
Zu wem sprech ich aber heute?
Der Bruder ist verdorben,
Die Freunde von heute kann man nicht bewundern.
Habgierig sind die Väter,
Räuberisch sind die Weiber.
Die Sanftmut geht zugrunde,
Die Frechheit beherrscht die Leute!
Zufrieden sind die Schlechten,
Die Güte wird nirgendwo wertgeschätzt!
Heute steht vor mir der Tod!
Dann wird der Kranke gesund,
Dann duftet die Myrrhe süß,
Dann bläst der Wind in mein Segel,
Dann riech ich an der Lotosblüte,
Dann sitz ich trunken am Ufer,
Dann geh ich den schönen Spazierweg,
Dann kehr ich vom Krieg nach Hause,
Dann wird der Himmel heiter,
Dann erkennt der Weise die wahre Weisheit,
Dann kommt der Gefangene
In seine ewige Heimat!
Ich habe die Worte der Weisen gehört,
Ich hörte diesen und jenen.
Alle zitieren die Verse der großen Dichter,
Aber wo sind die Dichter heute?
Ihre Elfenbeintürme stehen leer,
Es ist, als wären sie nie gewesen.
Keiner kommt vom Jenseits zu mir,
Um mir zu sagen, wie schön es drüben ist.
Keiner kommt, mein Herz zu beruhigen,
Bis ich auch im Himmel bin.
Freue dich des Lebens,
Gedenke, dass man dich einst verklären wird!
Folge deinem Herzen,
Solange du lebst auf Erden.
Kränze dein Haupt mit Rosenkränzen,
Salbe dein Haupt
Und kleide dich in reines Leinen
Und ergötze dich an den Wundern Gottes!
Vermehre deine Güte,
Laß dein Herz nicht müde werden!
Tu dir selber Gutes
Und erfülle dir auch einmal einen Wunsch.
Quäle dich doch nicht selber!
Es kommt einst der Tag des Todes,
Doch der mit Seelenfrieden
Fürchtet sich nicht vor dem Tod.
Kein Jammern erspart dir den Tag des Todes.
Wer wird dich retten aus dem Totenreich?
Heute aber feire dein Leben,
Sei fröhlich Tag für Tag
Und werde der Liebe nicht müde!
Keiner nimmt sein Eigentum mit,
Das Geld erlöst doch keinen!
Wenn du erst fortgegangen bist,
Dann wirst du nicht wünschen,
Zurückzukommen auf Erden.
O Herr, der du der Zeitalter Flügel beschleunigst,
Einwohner aller Geheimnisse ewigen Lebens,
Du Hörer jeden Wortes, das ich sage und singe,
Du schämst dich meiner nicht,
Ich bin dein Sohn, dein Kind, dein Diener!
Dein Herz ist voller Trauer
Über die Sünde der Welt!
Herr, schenke der Menschheit den Frieden,
Reiße niedern die Mauern des Todes!
Wasche alle Sünden aus unsern Seelen
Mit deinem kostbaren Blut!
Fallen auch Tausende zu meiner Rechten,
Fallen Zehntausende auch zu meiner Linken,
Du bist mein Herr und mein Gott!
Schaffe alle Sünde hinweg
Und vereine die Menschenseele mit dir
In ewigem Frieden!
Ich habe den Menschenkindern kein Unrecht getan,
Ich habe nicht gesündigt gegen die Wahrheit,
Ich kenne die Geheimnisse Satans nicht,
Ich bin nicht taub, wenn die Wahrheit spricht,
Ich schmähe keinen Menschen,
Ich lüge keinen Menschen an,
Ich verklage die Menschen nicht bei Gott,
Ich trocknete viele Tränen,
Ich betrüge nicht im Handel,
Ich habe die Kirche nicht bestohlen,
Ich gab den hungernden Kindern zu essen,
Ich habe dem Säugling Milch in seinen Mund gegossen,
Ich habe die Ehe nicht gebrochen
Und niemals vergewaltigt eine Frau,
Ich war fleißig bei meiner Arbeit,
War als Arbeitgeber milde und sanft.
Ich habe kein Kind getötet
Und keinen Alten gemordet,
Ich tue, was die Menschen schön finden
Und womit mein Herr und Gott zufrieden ist!
Mein Mund ist rein
Und lobt die Mutter meines Gottes!
Herr, du erscheinst herrlich am Himmel,
Du erstes Licht des Lebens,
Du füllst den Himmel und die Erde mit Schönheit.
Du bist schön
Und strahlst über aller Schöpfung,
Du bist der König aller Völker.
Du bist der Vater und unterwirfst die Völker
Der Königsherrschaft deines Sohnes!
Du wohnst in unzugänglichem Licht
Und doch ist deine Herrlichkeit auf Erden!
Mein Antlitz sucht dich,
Du bist der Weg meines Lebens.
Nimmst du deinen Atem hinweg,
So sterben die Geschöpfe.
Aber wenn dein Lichtglanz die Erde erleuchtet,
Dann wandeln auf Erden herrlich die Löwinnen
Und kommen aus ihren Höhlen die Löwenjungen!
Dein feuriges Licht vertreibt die Finsternis,
Du schenkst uns das Feuer deiner Liebe!
Die beiden Länder sind voller freudiger Erwartung
Und stehen aufrecht vor dir,
Weil du sie berufen hast!
Wir reinigten uns im Wasser
Und wuschen unsere Kleider im Blut!
Die Hände erheben wir preisend zum Himmel!
Wir tun das Werk, zu dem du uns berufen.
Die Kühe sind zufrieden mit ihrem Gras.
Die Bäume blühen, die Kräuter duften einander zu.
Die Tauben gurren in ihren Nestern.
Das Flügelschlagen der Tauben preist die göttliche Liebe!
Die Hirschkuh springt auf dem Bergrücken,
Alles was lebt, jauchzt dir zu!
Die Fische im Wasser freuen sich an deiner Liebe,
Dein Lichtglanz spiegelt sich auf dem Meer.
Du erschaffst die Knaben im Schoß der Frauen!
Du bereitest den Samen des Mannes!
Du ernährst den Sohn im Schoße seiner Mutter,
Du beruhigst das Kind, wenn es weint,
Du tröstest uns wie eine Mutter!
Du bist liebevoll und gütig wie eine Amme!
Du schenkst uns umsonst die Luft,
Du erhältst das Leben aller Lebendigen.
Kommt der Sohn aus dem Mutterschoß,
Erleuchtest du ihn mit dem Licht der Welt,
Du öffnest seinen Mund
Und lehrst den Knaben sprechen
Und gibst ihm alles, was er braucht.
Das Küken lebt schon im Ei,
Du gibst dem Küken im Ei das Leben,
Du gibst dem Küken im Ei die Kraft,
Die Schale zu zerbrechen.
Kommt das Küken aus dem Ei, zu singen,
So lehrst du es gehen auf seinen Füßen.
Was gibt es noch, was du erschaffen?
Wie viel ist mir noch verborgen,
Du wundervoller Gott!
Du hast die Erde nach deinem Willen erschaffen,
Du allein bist der Schöpfer,
Du schufest den Menschen,
Die Herden und die wilden Tiere,
Was auf Erden kreucht und fleucht
Und alles Gewimmel und Gevögel ist von dir!
Alle Völker und alle Menschen aller Völker liebst du
Und gibst allen, was sie brauchen.
Jeder empfängt sein tägliches Brot von dir,
Die Lebenszeit wird von dir bestimmt.
Ihre Sprachen sind verschieden,
Aber in allen Sprachen ist herrlich dein Name!
Wie herrlich sind deine Ideen,
Du König des Himmels!
Wie schön sind deine Verheißungen,
Gottheit in Ewigkeit!
Deine Liebe säugt alle Kreaturen
Und schaust du uns gnädig an, so jauchzen wir!
Du schenkst die Kühle, dass wir uns erfrischen,
Und schenkst uns die Glut, dass wir sie trinken!
Du schaust vom Himmel aller Himmel
Und siehst alles, was auf Erden geschieht.
Du machst Myriaden Geschöpfe allein aus deinem Wort!
Du lebst in meinem Herzen, Gott,
Doch keiner kennt dich, als dein Sohn allein
Und der, dem es der Sohn offenbart,
Der den Geist besitzt, der die Gottheit ergründet!
Die Erde folgt deinen Winken,
Denn du bist der Schöpfer der Erde.
Du bestimmst die Lebenszeit des Menschen,
Wer lebt, der lebt durch dich.
Meine Augen sehnen sich, zu schauen deine Schönheit!
Ich lege alle meine Werke nieder
Und komme mit leeren Händen vor dich.
Laß mich ein in die ewige Ruhe!
Die Erde hast du geschaffen für den König,
Du segnest die Erde für deinen Sohn,
Der aus deinem Schoß gezeugt,
Der nicht geschaffen ist,
Der König der ganzen Welt,
Der König des Himmels und der Erde,
Der einziggeborene Sohn des Vaters,
Der Sohn Gottes, der die Wahrheit ist,
Der der Weg ist und das ewige Leben!
Lobpreis sei der Tochter, der Mutter, der Braut,
Lobpreis meiner himmlischen Königin,
Die da schön ist in ewiger Schönheit!
3
Als der heilige Abba,
Der Vater im Himmel,
Seinem Sohn die Königsherrschaft übergab,
Als sie den heiligen Namen
Der heiligen Stadt gesprochen
Und ein ewiges Königreich schufen,
Dessen Fundament der Felsen war,
Da riefen der Vater und der Sohn
Mich, den Verehrer Gottes,
Gerechtigkeit aufzurichten,
Den Bösen zu bestrafen,
Die Unterdrückung der Schwachen durch die Starken zu beenden,
Die Menschenkinder zu belehren
Und die Wohlfahrt der Armen zu fördern.
Statthalter meines Herrn bin ich,
Der in Überfluß tätig ist
Und reiche Gaben schenkt.
Alles, was geschaffen werden sollte, schuf ich,
Ich gab meiner Stadt eine Seele
Und versorgte die Bewohner meiner Stadt mit Wein,
Ich machte schön die Wohnungen der Menschen
Und gab Brot und Fleisch meinen Mitmenschen.
Ich half meinen Leuten in der Not
Und sparte die Schätze der Armen.
Stellvertretend für die Meinen trete ich vor Gott,
Vor Gott, dessen Diener ich bin,
Ich, dessen Werke meinem Herrn gefällig sind!
Die guten Weisungen, die ich gab
Als Mitarbeiter der Ewigen Weisheit,
Die habe ich dem Volke überliefert.
Meine Leute haben in mir eine feste Stütze
Und meine Kinder in mir einen milden König und weisen Vater.
In der Weisheit, die Gott mir verlieh, lehrte ich,
Die Schwachen nicht zu unterdrücken,
Die Unterdrückten zu befreien vom Joch der Starken,
Die Witwen zu trösten
Und den Waisen ein liebender Vater zu sein.
Jedes arme Menschenkind, das voller Kummer ist,
Soll zu meinem Gesetzbuch kommen
Und in meinem ehernen Denkmal lesen!
Folgt doch meinen gewichtigen Worten!
Möge doch das Licht meines Antlitzes Licht bringen
In die Nöte ihres Alltags,
Mögen die Seelen ihr Herz beruhigen,
In dem sie sagen: Er war ein liebender Vater,
Ein weiser Fürst vor seinem Volk,
Er hat die Herzen gut gelenkt
Und den Unwissenden Weisheit gegeben.
In den kommenden Zeiten,
Den kommenden Tagen der Gerechtigkeit,
Wird man achten auf meine Worte,
Die ich auf mein Denkmal geschrieben.
Herr, wie mein ewiges Leben liebe ich
Deine schöne Offenbarung!
Außerhalb der heiligen Stadt
Hab ich mir keine Wohnung erwählt!
Nach deinem Gebot der Liebe,
O Herr der Barmherzigkeit,
Möge die Wohnung der Weisheit,
Die ich gebaut, in Ewigkeit währen!
Ich will mich sättigen bald an deinem Lichtglanz,
Satt an Leben und mit vielen geistigen Enkeln gesegnet
Wollt ich sammeln die Schätze der Völker
Zum Tribut für den König des Himmels!
Jetzt ruf ich zu dir, o Frau der Frauen,
O Herrin aller Herrinnen,
Königin der Liebe,
Königin aller Städte,
Führerin deiner Menschenkinder!
Von deinen Händen fließt das Licht der Welt,
Du bist der Abglanz des Himmels,
Mächtige Tochter Gottes!
Allmächtig ist deine Fürsprache,
Herrin, gepriesen über alle Heiligen!
Dein Urteil ist gerecht.
Dir sind die Gesetze des Tempels untertan,
Du Mutter des heiligen Schreines,
Du bist die Herrin im Privathaus
Und die Königin der Liebe im geheimsten Gemach!
Wo ist ein Land, wo dein Name nicht gefeiert würde?
Wo ist ein Volk, wo dein Bild unbekannt wäre?
Vor dir zittern dir Dämonen!
Du schaust auf den Unterdrückten,
Zu den Niedrigen bringst du deine Hilfe.
Wie lange noch, o Himmelskönigin?
Wie lange noch, du himmelblaue Hirtin?
Wie lange noch, Frau, deren Füße nicht müde werden?
Wie lange noch, du Herrin der Heerscharen,
Siegerin in allen Schlachten Gottes?
Du Mutter aller Mütter, schenke den Müttern dein Licht der Liebe!
O du glorreiche Jungfrau,
Vor der die Dämonen und Dämoninnen zittern,
Vor dir erzittert der Satan in Höllenangst!
Göttin der Dichter,
Große Mutter der Frauen,
Deine Weisheit übertrifft die Weisheit aller Weisen!
Wenn du lächelst, ersteht mein Fleisch vom Tode!
Wenn du willst, wird der unheilbare Kranke gesund!
Der Geist des Idioten wird geheilt,
Wenn du es willst,
Wenn er dein Antlitz schaut!
Wie lange, Herrin,
Wird der Feind noch frohlocken?
Gebiete, und auf deinen Befehl
Muß der Satan stürzen!
Die Jungfrau ist heilig!
Die Jungfrau ist Königin!
Meine Herrin sei besungen,
Meine Herrin ist die Himmelskönigin,
Die allmächtige Prinzessin,
Die Tochter Gottes!
Keine Frau ist Ihr gleich!
Er brachte verborgene, geheime Dinge ans Licht.
Der Weisheit Tiefe
Ward ihm offenbar!
Aus der Zeit vor der Sintflut
Brachte er Kunde.
Einen weiten Weg in die Ferne ist er gegangen.
Leidensreich war seine Wanderung,
Schmerzensreich die Pilgerfahrt.
Mit diamantenem Griffel schrieb er in Erz
Die Schmerzen seines Herzens.
Da ist der Freund, o Frau!
Löse das Brusttuch von deinen Brüsten!
Enthülle den Hügel der Wonne!
Laß ihn deine Fülle empfangen!
Begierde errege in ihm!
Lock ihn in dein Netz!
Fremd wird werden ihm das Vieh,
Das mit ihm aufwuchs in der Wüste.
Seine Brust wird ruhen
Dicht, dichter auf deinen Brüsten!
Da löste die Frau das Brusttuch von ihren Brüsten!
Sie enthüllte den Hügel der Wonne!
Sie schenkte ihm ihre Fülle!
Sie zögerte nicht, sie nahm seine Wollust wahr!
Der Schleier sank zu Boden!
Er schaute sie!
Sie legten sich ins Gras!
Begierde erregte sie ihm!
Die Wollust ist das Netz der Frau!
Dicht, dichter ruhte seine Brust
Auf den Brüsten der heiligen Dienerin Gottes!
Mein Freund, du erscheinst mir wie ein Gottesbild!
Was willst du mit den Zwillingskitzen der Gazelle
Durch die Wüste jagen?
Komm mit mir in die heilige Stadt,
In die Stadt des Friedens!
Komm mit zum heiligen Tempel,
Zur Wohnung des Herrn
Und der Königin der Liebe!
Komm zu den lichten Wohnungen
In dem Hause des Vaters,
Die der König für uns erbaut, der Gottheld!
Er legte sein schmutziges Kleid ab
Und zog ein reines weißes Linnengewand an.
Er warf sich den Purpurmantel um
Und umgürtete die Lenden seines Gemütes.
Die Tiara setze er sich selber auf!
Eng schloß er den Gürtel um die Lenden des Gemütes.
Er war schön!
Da entbrannte die Königin der Liebe
In der Lust der ewigen Liebe!
Die Jungfrau warf ihre Augen auf den heiligen Mann:
Komm, sei mein Geliebter!
Schenk mir deine liebende Kraft!
Schenk mir deine brennende Liebe!
Sei mein Mann! Ich will deine Frau sein!
Siehe den Wagen, aus Feuer seine Räder,
Aus Türkis sein Thron,
Die Räder voller Augen,
Darüber ein Himmel von Saphir.
Du sollst im Himmel reiten
Die Stute vom Gespann des Pharao!
Komm in mein Libanonwaldhaus!
Bist du in meinem Haus,
In meiner himmlischen Wohnung,
Waschen dir heilige Väter die Füße!
Von ihren Thronen erheben sich die Weisen
Und die Dichter begrüßen dich mit deinen Versen!
Alles, was dein Herz begehrt,
Bringt dir meine Magd!
4
Mein Dodo ist ein Büschel Myrrhe,
Hangend zwischen meinen Brüsten!
Mein Dodo ist eine Traube
Von zyprischem Henna,
Blühend in dem Weinberg von Engedi!
Schau, meine Freundin, du bist schön!
O du bist schön!
Deine Augen sind liebevoll wie Taubenaugen!
Siehe, mein Dodo, in meinen Augen bist du schön!
Unser Bette ist grün!
Ich bin eine Krokosblume in der Scharonwiese!
Ich bin die scharlachrote Rose im Talgrund!
Erfreue mich mit Blumen!
Reiche mir den Apfel!
Ach, ich bin krank vor Liebe!
Ich beschwöre euch, ihr Töchter der heiligen Jerusalem,
Ich beschwöre euch bei den Rehkitzen und den Gazellen,
Weckt meine Freundin erst auf, wenn sie es selber will!
Mein Dodo ist ganz mein,
Siehe, ich bin ganz dein, mein Dodo!
Weide zwischen den Rosen!
Kehre um zu mir, mein Dodo,
Bis der Tag kühl wird und die Schatten weichen.
Sei wie ein Hirsch, mein Dodo,
Wie ein Einhorn auf dem Scheideberg!
Komm, mein Dodo, laß uns auf die Wiese gehen,
Laß uns bei den Bauernhütten bleiben!
Wir wollen früh aufstehn, mein Dodo,
Wir wollen wallen zum Weinberg,
Schauen wollen wir, ob der Weinberg blüht,
Ob der Granatapfel blüht!
Dort schenk ich dir all meine Liebe!
Freue dich der Geliebten deiner Jugend!
Sie ist reizend wie eine Hirschkuh,
Graziös wie eine Gazelle!
Ihre Liebe soll dich sättigen!
Ergötze dich immer an ihrer Liebe!
Berausche dich an ihren Brüsten!
Besser ist ein Teller Gemüse mit Liebe
Als ein Schweinebraten mit Verachtung!
Ich lobe also die Freude,
Der Mensch erfreue sich an einer leckeren Mahlzeit
Und der Wein erfreue des Menschen Herz,
So sei doch fröhlich, sei doch fröhlich!
Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst!
Genieße das Leben mit dem Weib, das du liebst,
So lange du dies nichtige irdische Leben hast,
Das dir Gott gegeben hat
Unter der Sonne.
Des vielen Bücherschreibens ist ja kein Ende,
Das viele Studieren ermüdet den Körper.
Siehe, ich bin herrlich geworden
Und habe mehr Weisheit
Als alle, die vor mir in Jerusalem gewesen sind.
Mein Herz hat viel erfahren,
Mein Herz hat viel gelernt.
Ich richtete meinen Geist darauf,
Die göttliche Weisheit zu erkennen!
Auch erkannte ich den Wahnsinn!
Auch erkannte ich Frau Torheit!
Das war alles nur vergeblicher Verdruß des Herzens,
Ein Haschen nach Luftgespinsten!
Wo groß die Weisheit ist,
Da ist groß der Gram!
Wer vieles lernte,
Muß vieles leiden!
Der Herr sprach aus dem Gewitter!
Gürte deine Lenden als ein Mann!
Ich will dich fragen, lehre du mich!
Wo warest du, als ich die Erde gegründet?
Sag es mir, du bist doch so weise!
Weißt du, wer das Maß der Erde bestimmt hat,
Wer die Messschnur an sie gelegt?
Worauf stehen die Füße der Erde,
Wer setzte den Eckstein ein,
Als die Morgensterne mir sangen
Und alle Kinder Gottes jauchzten?
Wer hat das Meer mit einer Tür verschlossen,
Als es herausbrach aus dem Mutterschoß,
Als sein Lauf den Damm brach,
Daß ich ihm Riegel vorschieben musste?
Ich sprach: Bis hierher sollst du kommen
Und jetzt nicht weiter,
Hier sollen sich deine stolzen Wellen niederlegen!
Hast du der Morgenröte geboten,
Hast du dem Morgenstern seinen Ort gezeigt?
Bist du auf dem Grunde des Meeres gewesen
Und sind deine Füße im Abgrund gewandelt?
Hat sich dir je des Todes Pforte aufgetan,
Hast du die Pforten der Hölle gesehen?
Weißt du, wie breit die Brüste der Erde sind?
Sag es mir, wenn du das alles weißt!
Warst du dort, wo der Schnee geboren wird?
Sahest du den Hagel niederstürzen vom Himmel?
Kannst du den Gürtel des Siebengestirns binden?
Kannst du Orion den Gürtel lösen?
Kennst du die Hierarchie des Himmels
Und kennst du die Hierarchie die Erde?
Wer gibt die göttliche Weisheit
Ins Verborgene?
Wer gibt Vernunft und Ideen?
Wolltest du an Shaddai zweifeln?
Eloah sollst du nicht mehr tadeln!