Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Ein Traum von Morgenland


Von Josef Maria Mayer


Al-Wajib al-busidan?”

Kus-i-naupaschm!”



ERSTER GESANG


Ich will die Göttin Sprache preisen,

Die Verschleiernde,

Die Mystifizierende!

Ich preise auch die Musik

Und die Pieta von Marmor,

So rein und schön!


Ich greife gern zurück

Auf den Erfahrungsschatz meiner Brüder.

Ich hauche alten Mythen

Neuen Atem ein,

Daß sie nicht ins Land des Vergessens versinken.


Ich suche Waq Waq,

Das Land, das so viel reines Gold besitzt,

Daß die Eingebornen

Goldene Kettchen machen für ihre Affen.

Auch tragen sie dort Kleider

Mit Gold bestickt.

Ebenholz ist dort von edler Sorte,

Mahagoniholz und Almuggimholz

Und Sandelholz für Harfen und Balkone.


Waq Waq ist die selige Insel

Jenseits des östlichen Horizonts.


Dort leben Astomen,

Die sich nur vom Apfelduft ernähren,

Dort wohnen Gymnosophen

Bei den Amazonen.


Gestern traf ich siebenhundert Menschen.

Ich sah gute Männer,

Reizende Frauen

Und fromme Kinder.

Die Königin war wunderschön,

Sie trug ein schwarzes Gewand.

Ihr Mund war scharlachrot

Und die Zehennägel scharlachrot geschminkt.

Auf dem Haupte trug sie

Einen Turban aus Palmenfächern.


Ich aber sage euch,

Die Indianer waren Kannibalen,

Die Azteken opferten Tausende Menschen täglich!


Die Indianer schändeten Weiber,

Mordeten Kinder

Und schnitten den Männern den Skalp vom Haupt.


Der fromme Pionier

Hatte die Gerechtigkeit auf seiner Seite,

Denn die gottgeliebte Insel Amerika

Durfte nicht länger Spielwiese sein

Für wilde Barbaren.


Nun redet ihr aber alle

Vom edlen Wilden.

(Ich kannte in meiner Jugend

Einen einzigen edlen Wilden.)

Der große Haufen

Ist blutrünstig und barbarisch,

Ah, sie haben Kannibalengelüste!


Freitag aber will ich preisen,

Der Robinson Crusoe beigestanden,

Und Pocehontas will ich singen,

Die John Smith gerettet

Und christliche Ehefrau geworden!

Diese indianische Prinzessin

Ward getaufte Jüngerin Jesu!


Aber ich sah auch die Ströme von Blut,

Die Indianer frohlockten bei den Strömen des Blutes,

Wurden erregt und gerieten in Ekstase,

Viele knieten nieder und tranken

Von diesem Strom des Blutes

Und besoffen sich ungehemmt

Und freuten sich wie Dämonen!


Und ich muß euch auch sagen von den Hexen,

Von ihrer sexuellen Gier,

Von ihrem Kannibalismus,

Von ihrem Geschlechtsverkehr mit Buhldämonen,

Von ihrem Starrsinn und verstockten Herzen

Und ihren sublunaren Launen!


Ja, der Orient ist ein Ort

Der Lust und der Sinne

Und doch von Gewalt gezeichnet.


Die Völker des Ostens sind lüstern,

Faul wie vom Opiumrausch,

Unfähig, sich zu regieren.


Wir haben eine zivilisatorische Mission!


Wenn ich aber reise in den Orient,

So suche ich meine eigene Bildung

Und Heiligung der Persönlichkeit.

Die Klassiker hassen das Ego,

Doch heute glorifizieren alle das Ego.

Ich aber bin als Reisender wahrlich

Pilger zum Grabe Christi,

Ritter Christi im Dienst meiner himmlischen Dame!

Mein Ruf eilt mir voraus

Und nimmt die Dimensionen des Rufes des Orpheus an!


Ja, den erotischen Orient sing ich!

Liebes-Sklavinnen alle Weiber,

Sie verheißen sexuelle Wonnen,

Die in Deutschland ein Tabu!


Die orientalischen Menschen

Haben manches mit Tieren gemeinsam.

Othello zum Beispiel

Gleicht einer Araberhengst.


Ich war in den Minen des Königs Salomo.

Ich war der König des Dschungels.

Ich durchquerte Urwälder einsam,

Durchwatete Flüsse,

Zähmte Horden von Wilden

Und blieb doch zivilisiert.


Der Chinese, den ich traf,

War beseelt von einem tiefen Gefühl des Respekts

Vor den deutschen Dichtern und Denkern.

Ja, es war beinah Liebe!

Es war viel Wertschätzung da

Für die deutsche Dichtkunst

In seiner demütigen Seele.


Aber Asiaten sah ich, die waren faul,

Die waren unsauber, rauschgiftsüchtig.

Jener ist feige in Gefahr

Und frech, wenn es nichts zu befürchten gilt.

Jener hat keine Idee der Wahrheit

Und keinen Begriff der Gerechtigkeit.

Und wäre jener genialer,

So wäre er der Inbegriff des Übels!


Das empört mein aristokratisches Herz,

Wenn sich der kommunistische Pöbel aufbläht!


Der barbarische Wilde

Und der revolutionäre Prolet

Sind ein und dieselbe Schlange

In mancherlei Kleidern.


Ich gebe euch die Ideen

Der Tradition des Abendlandes,

Des christlichen Abendlandes wieder.


Soll ich die Heiligen Orte

Jerusalems schildern?

Was kann ich sagen,

Was nicht schon gesagt?

Dies Thema Jerusalem

Ist unerschöpflich!


Wenn die Wirklichkeit unaussprechlich,

Bleibt die Phantasie und der Traum.

Ich inszeniere mein Leben

Und meine Leiden und meine Liebe

Auf der Bühnenszene des Orients.

Ich singe romantisch meine Romanze

Vom Pfingsten der Schönen Liebe!


Herrliche Städte,

Einst bevölkert von tugendsamen Menschen,

Geschmückt mit Tempeln und Säulenhallen,

Wahre Weltwunder architektonischer Schönheit,

Jetzt leer und verlassen,

Verödet, zu Trümmern zerfallen,

Durch die Barbarei des primitiven

Islamismus heruntergekommen,

Hier leben nur noch Wildkatzen und Schakale

Vor den Toren der einstigen Tempel.

Oft hab ich die Wildkatzen angeschaut

Vor den Türen der altehrwürdigen Kirchen,

Und es zerbrach mir das Herz!


Der Libanon, Gott sei Dank,

Der Libanon ist christlich!


Orient, Orient,

Schon dein Name

Erweckt mir einen Tanz von Bildern,

Sarazenen schau ich und Märchenerzähler,

Die arabischen Nächte Lailas hör ich flüstern,

Haremsfrauen schau ich,

Schönheiten seh ich Bauchtanz tanzen,

Ich denke an die Tempelritter,

An die Kreuzritter Christi

Und die Heilige Schrift!



ZWEITER GESANG


Lässt du dich von Mohammed irren?

In Purpur gekleidet geht Mohammed,

Er schminkte seine Lippen

Und liebte betörende Düfte

Von Rosen und Frauen.

Gott war ihm geeignet,

Den sexuellen Appetit zu stillen!

Mohammeds Himmel kreist um die Wollust!

Das gefällt dem Orientalen!

Er lebt ja beständig

In einem Klima der brünstigen Hitze!


Mohammed verheißt einen Himmel

Des Sexualkommunismus,

So laufen die Scharen von Männern

Der reinen Wahrheit davon

Und hängen sich an die ersehnten Huris!


Und siehst du jene Götzendiener,

Die den Antichrist rufen?

Und siehst du jene Götzendiener,

Die da die Naturgöttin feiern?


Heiliger Vater Dante,

Wo ist Mohammed im Jenseits?

Ist er im Schoß der Huris?

Ist er zur Rechten Gottes?

Oder sitzt er in der Hölle

Neben Luther und andern Ketzern,

Die die Gemeinschaft der Heiligen

Durch den Irrtum gespalten?


Ich singe mein Ideal,

Die Hohe Minne

Des Rittertums Christi

Und die überlegene Weisheit Gottes

Über alle religiösen Phantasien!


Ich singe den christlichen Ritter,

Der den hundeköpfigen Riesen erschlug!

Ich singe den Muslim,

Der sich zum Sohne Gottes bekehrt!

Ich singe die Prinzessin von Persien,

Die den christlichen Ritter liebt!


Die persische Prinzessin ist bereit

Mit der Demut einer Magd

Dem christlichen Ritter zu helfen.

Der Minneritter weckte

In der Magd Verlangen,

Sie hatte Lust an ihm!

So betritt die persische Prinzessin

Das Schlafgemach des christlichen Ritters

Und bietet ihm ihre Liebe an,

Der keusche Ritter Christi

Weist alle Unzucht zurück.


O die Verführerin!

In ihrer Sinnlichkeit ist sie bereit,

Dem Aberglauben abzuschwören

Und Freundin des Sohnes Gottes zu werden!

So schwor die Prinzessin dem Ritter,

Sie werde Christin,

Wenn er sie nur Einmal umarme!

Folgend dem Missionsbefehl des Herrn

Umarmte der Ritter die Prinzessin,

Sie wird Christin!


Die Prinzessin von Babylon

Ward von ihrem Vater gefangengehalten.

Sie entsagte der babylonischen Religion

Und löste sich aus den Familienbanden.

Als die Magd der Prinzessin

Sich geweigert, dem Ritter Christi zu helfen,

Warf die Prinzessin

Die Magd ins Meer!

Sie lockte den christlichen Ritter

In ihr Schlafgemach,

Versuchte ihn

Mit verlockenden Liebeskünsten zu verführen,

Doch der Minneritter blieb keusch!

Dann aber half die Prinzessin von Babylon

Der Armee des Blutes Christi,

Den König von Babel abzusetzen.


O ihr christlichen Ritter,

Meine Brüder und Freunde,

Wollt ihr den König von Babel

Von seinem Throne stürzen,

So nehmt als Hilfe an

Die Liebe der Prinzessin von Babylon!


Lest doch den Koran,

Lest doch vom Paradies im Koran!

Der Araber ist voll Begierde,

Ein Himmel ist ihm offenbart,

Der ewig Befriedigung

Seines sexuellen Appetits verheißt!


Das Paradies der Christen

Ist das Land von Milch und Honig,

Dort wird Jesus Christus

Mit uns vom Gewächs des Weinstocks trinken!


Die frommen Muslime genießen im Garten Eden

Ewige Wollust und Sinnenfreuden,

Die Christen sind im Himmel

Wie Engel Gottes glückselig

Im Genuß der Liebe Gottes!


Die Christen setzen ihre ewige Hoffnung

Auf die Freuden des vergöttlichten Geistes

Und die Muslime setzen ihre ewige Hoffnung

Auf die Genüsse der Fleischeslust!


Mit Horaz will ich reisen

Nach Ormuz, Ophir und Aleppo,

Ich will nach Syrien pilgern!


Den reichen Orient sang

Der Dichter, der die Königin von Saba besang,

Und jener große Künstler,

Der die drei Magier aus dem Morgenland malte.


Die Renaissance verband

Die Königin von Saba

Mit den drei Magiern des Morgenlandes

Und goß darüber die ganze Erotik der Schönheit.


Die jungfräuliche Königin Gloriana Elisabeth

Bemühte sich um die Gunst

Des türkischen Sultans,

Sie sandte ihm eine goldene Orgel

Nach Konstantinopel.

In der Hitze des Bosporus

Schmolz die Orgel.

Der Orgelbauer stellte die Orgel wieder her,

Er übergab die Orgel dem Sultan

Zum großen Entzücken Konstantinopels.

Der Orgelbauer durfte

Einen Blick in den Serail des Sultans tun!


Die Mauer am Gitter war breit,

Mit Eisenstangen versehen,

Durchs Gitter schaut ich

Dreißig Konkubinen,

Die auf einem Hof mit einem Balle spielten.

Sie hatten lange Haare,

Mit Perlenketten zusammengehalten.

Es waren Frauen

Und außerdem sehr schöne!

Ich stand lange da und staunte.

Allmählich wurde der Sultan,

Der mir die Schönen zeigte,

Von Ungeduld ergriffen.

Ich musste mich von dem Anblick trennen,

Das tat ich ausgesprochen ungern,

Weil mir alles, was ich da schaute,

So wahnsinnig gut gefiel!


Der Sultan warf

Die nackten Konkubinen

In den künstlichen Teich aus Porphyr

Und schoß mit kleinen Perlen auf sie,

Doch ohne sie zu verletzen.

Dann ließ er Wasser laufen in den Teich

In solcher Menge, dass die Nackten

Auftauchten, um ihr Leben kämpfend.

Dann rief der Sultan den Eunuchen,

Daß er die nackten Frauen

Aus dem Wasser hole.


Der türkische Sultan verliebte

Sich in ein Sklavenmädchen.

Er verließ die Geschäfte des Staates,

Um in ihren Armen zu liegen.

Seine Minister tadelten ihn,

Da bat er seine Geliebte,

Ihr durchsichtigfeines Seidenkleid anzuziehen

Und ihn zum Festmahl zu führen,

Wo er sie vor den Augen seiner Minister umarmte.

Er zog sie aus vor den Augen der Minister,

Sie durften ihre Augen weiden

An dem Anblick ihrer Nacktheit!

Dann zog er sein Schwert,

Die Sklavin zu enthaupten!


Othello ist reingewaschen

In den Wassern der Taufe,

Er dient Venezia!

Dennoch bleibt er ein Widder,

Aber ein edler Widder.

Seine Natur ist leicht erregbar,

Die Instinkte seiner Leidenschaft

Verwüsten seine Seele.

Der schwarze Widder darf nicht einfach zügellos

Das weiße Schäfchen decken!


Mark Anton war Römer von Überzeugung,

Er reiste nach Ägypten

Und war sogleich gefesselt

Von den sich bietenden Möglichkeiten.

Er gab sich der süßen Trägheit

Der Liebesstunden hin.

Er verfiel dem Orient.

Seine Vernarrtheit überstieg jedes Maß.

Sein Herz war zum Blasebalg geworden,

Die heiße Zigeunerin abzukühlen!

In Rom galt Staat und Ehe,

Pflicht, Ehre, Tugend,

In Kleopatras Ägypten herrschte

Die Maßlosigkeit süßester Sinnenfreuden,

Vernachlässigung alles politischen Amtes,

Überwältigung durch die sexuelle Begierde!

Mark Anton wollt sich befreien

Von der verzehrenden Leidenschaft!

Hier riss ihn die Staatskunst nach Rom,

Dort rief ihn die Leidenschaft nach Ägypten.

Die starke ägyptische Fessel

Muß ich zerreißen!

Sonst geh ich unter in der Wollust!

Er stieg zwar in die römische Staatsmacht auf,

Schloß eine politische Ehe

Mit einer tugendsamen Römerin,

Doch wollt er sowohl die Staatskunst Roms

Als auch die Sinnlichkeit von Ägypten.

Der Wahrsager führte ihn

Zurück in den Kreis der Magie,

Die Verkörperung von Ägypten.

Er ward an seine Begierde erinnert.

Nach Ägypten eil ich!

Schloß ich die Vernunftehe auch

Für Romas Frieden,

Im Osten wohnt doch meine Wollust!

Das Abendland ist der stabile Staat,

Das Morgenland hemmungsloser Liebesgenuß!

Die Römerin ist wohl weise und ehrbar,

Doch wenn die Ägypterin naht

In ihrer Barke,

Bist du überwältigt von ihrer Schönheit!

Sie macht hungrig nach mehr,

Je mehr sie schenkt!

Kleopatra ist die verkörperte sexuelle Begierde,

Unstillbar!

Markus Antonius folgt

Der großen Zerstörung

Durch Kleopatras Zauber!

O du falsches ägyptisches Herz!

O deine tiefe Magie!

Du winkst mein Herz in den Kampf,

Du ziehst mich heim in deinen Schoß!

Nur deine Brüste waren meine Krone, mein Ziel!

Zigeunerin, du hast mich betrogen

Beim falschen Spiel,

Wo ich mein Leben eingesetzt!

Ach Eros, ach Eros!

Markus Antonius stirbt!

Der Tod ist eine Liebe,

Stärker als die Leidenschaft!

Markus Antonius stirbt,

Kleopatra küssend!


O Kleopatras Barke!
Das ist der ganze Orient!

Der Duft von Parfüm und Weihrauch!

Stickereien, die in der Sonne glänzen!

Vor allem die Frau,

Die Göttin und Lustobjekt,

Königin ist und heilige Hure,

Tyrannin und Mätresse!


Dido von Karthago

Hieß den Äneas willkommen

In ihrem Bette!

Dido ist personifizierte Begierde,

Ein Lustobjekt für den ruhlosen Heros!

Ihre königliche Hoheitsgestalt

Ist Attribut der sexuellen Begierde,

Die sie erweckt im Mann.

Wie alle Verführerinnen

Bindet sie den Pius Äneas an sich.


Bilkis von Jemen,

Die Königin von Saba,

Ist die arabische Schönheit,

Die Salomos Weisheit prüfte.

Sie ist erotisch,

Mit Edelsteinen geschmückt,

Die Braut der Phantasie.


Salomes Schönheit,

Ihr verruchter Schleiertanz,

Der biblische Striptease,

Verzückt

Und flößt zugleich geheimen Schrecken ein!



DRITTER GESANG


Arabische Nächte!

Alf Laila wa Laila!


Die orientalischen Weiber

In ihrer orientalischen Weiblichkeit

Verbringen ihr Leben im süßesten Müßiggang,

In süßer Bequemlichkeit,

Sie liegen den ganzen Tag auf dem Bette

Und lassen sich von Sklaven massieren,

Einem der höchsten Genüsse des asiatischen Weibes,

Oder sie rauchen Tabak.


Wenn die Königin

Den König betrügt

Und sich sexuell vereinigt

Mit einem Geliebten,

Dann decken wir über den Akt

Und seine Art und Weise der Vereinigung

Den Schleier der keuschen Scham.


Im Orient schöpf ich Romantik,

Ich schöpf aus der Quelle!

Die südlichen Gluten Spaniens

Werden mir kühl erscheinen

Verglichen mit dem bengalischen Feuer

Der asiatischen Sinnlichkeit!


Ich werde Ruinen betrachten,

Den gelben Nil befahren,

Durch Arabien und durch Persien reisen,

Den Kaukasus besteigen

Und den Himalaya

Und im einsamsten Tale Kaschmirs wohnen.


Hier gibt es keine Armut, keine Bettler mehr,

Hier gibt es nur Bäder, Düfte,

Tänze, alle Genüsse Asiens!


Hier blüht die Rose,

Hier singt die Nachtigall!


Meine Freundin, wirst du reisen

In das Land der Eifersucht,

Wo die leidenden Weiber

Von Gatten werden bewacht,

Die abgeschnittnen Gurken gleichen?


In jener Stadt saß sie auf dem Sopha,

Dort lernte sie den Turban binden,

Hier nahm sie ein Bad,

Hier ließ sie sich mit Ölen massieren.

Ich werde von dir erfahren,

Wie du einen Traum gehabt

Vom Paradiese!

Glücklich sind die Weiber

Im Garten Eden,

Denn sie haben keine Seele,

Der schöne nackte Körper ist vollkommen frei

Von irgendeiner Seele!

Denn ach, wie plagt uns doch in Deutschland

Die Seele der Frau!

Doch dort im Himmel ist der Körper frei,

Ist endlich vollkommen frei,

Um all die schönen Liebeskünste

Und schönen Liebesspiele zu treiben,

Für die der Körper geschaffen!


Ich habe vernommen,

Daß die Menschen im Osten

Keine Opern kennen,

Sondern dass sie leben in eine Serail.

Die asiatischen Schönen

Sind die angenehmsten Weiber der Welt!

Sie haben nämlich keine Seele!

Wirklich, in der ganzen Natur

Ist nichts so liebenswert

Wie ein schönes Weib ohne Seele!

In Deutschland dagegen

Zerstört die tugendsame Seele

Den Reiz des Körpers vollkommen!


Das deutsche Phlegma

Und die deutsche Kälte

Quälen meine Seele zu Tode!

Ich bin viel zu empfindsam!

Ich kann die Gleichgültigkeit

Des deutschen Weibes nicht mehr ertragen!

Sicher, der deutsche Wald ist schön,

Die deutschen Weiber aber,

Helft mir, Götter!


Ich werde noch menschenscheu!

Mich plagen Depressionen!

Ich will wohnen in der Ägyptischen Halle,

Die orientalische Poesie zu studieren!

Don Quijote wird durch Marokko reiten!

Ich glaube, ich bin in den Gräbern Ägyptens

Und werde jeden Augenblick auferstehen!


Lord Byron, du hast mich ermutigt,

Mein Bruder und Freund,

Denn unsre Musen sind Schwestern,

Aus der Quelle

Des Ostens zu schöpfen:


Mein Mayer! Halte dich an den Orient,

Schrieb Byron mir,

Denn das Orakel der Madame verriet mir,

Dies sei die wahre poetische Strategie.

Was ich getan in meinen östlichen Poemen

Ist nur die Stimme eines Rufers in der Wüste!

Der Weg steht dir offen, Mayer!


Rehäugig alle Weiber,

Schmachtend sich verzehrend!

Sich verzehrend vor Sehnsucht!

Böse Gatten halten die Schönen gefangen!

Spitzenunterwäsche!

Kaschmir!

Juwelen, Parfüme,

Musik und Tanz

Und Nachtigall und Rose!


Der Himmel ist rasch bereitet,

Denn es genügen schöne Mädchenaugen und Limonade!


Freudenhäuser, Grotten, Bronnen, Milch!

Dies alles wartet in Xanadu!


Ich wünsche mir wie ein indischer Götze

Im Schoß einer Lotosblüte

Über einen grenzenlosen Ozean

Aus schäumender Milch zu treiben.


Ich kenne die Stätte,

Wo Lewti ruht,

Wenn Mutter Nacht ihr die Augen schließt.

Es ist eine Gartenlaube von Jasmin,

Dort singt die Nachtigall.

O Stimme der Nacht!

O hätt ich die Kraft,

Dies Labyrinth der Liebe zu füllen!

Könnt ich leis in den Garten kommen

Und erblicken ihre weißen Brüste!

Lieblich schwellen ihre weißen Brüste

Und bieten sich meinen Blicken!

Die beiden Schwäne werden sich heben und senken

Auf der Flut der Liebe!



VIERTER GESANG


König Ludwig der Vierzehnte

Sprach heute zum Dichter Mayer:
Wir sind Eurer Begabung günstig gesonnen!

Ich sprach zum König:

Majestät, wir singen immer vom Eros der Griechen,

Jetzt aber sing ich Asias Wollust!


Als ich der Küste nah kam,

Fühlt ich mich wie ein Bräutigam,

Der lüftet den Schleier seiner Braut

Und schaut zum ersten Mal das Antlitz,

Das ihn bezaubert!


Der Orient ist die Erotik,

Die pure Erotik, verkörpert in einer Frau!


Der Orient ist die Pforte

Zu einem imaginären Harem.


Die Frau ist wirklich wie ein Engel,

Ist auch wie eine Hure

Und wahrlich eine vertraute Freundin!


Die Frau liebt sexuelle Ekstase

Und ist zugleich ätherisch wie eine Aura

Und hoheitsvoll wie die Madonna!


Die Künstler unter den Nazarenern

Sahen diese Frau,

Bekleidet mit schönsten Gewändern,

Sie überragt die andern Frauen alle,

Man meint, sie sei aus einer Pyramide gekommen.

Ihre Aura ist die Aura der Fremdheit,

Sie stammt aus einer andern Kultur,

Vielleicht aus Luxor?

Ihre dunkle wallende Haarflut,

Ihre dunklen Augenbrauen,

Die Aura des Geheimnisvollen,

Der ägyptische Stoff ihres Kleides,

Das macht ihren Reiz aus.

Sie schnürt nicht die Brüste ein

Und doch ist sie unnahbar verschlossen,

Sie verströmt Erotik,

Die nicht von dieser Welt ist!


Diese orientalische Herrin

Steht wie ein numinöses Himmelswesen

In Beziehung zum Ewigen Ur-Geheimnis.


Die Schönheit Salomes

Stammt aus dunkler Quelle,

Ihre verruchte Schönheit

Faszinierte schon Johannes den Täufer.

Salomes Schleiertanz

Als Evangelischer Striptease

Ist Blutdurst der Sehnsucht

Nach dem Haupt Johannes des Täufers,

Die dunkle Seite

Der erotischen Leidenschaft.

Salome tanzt den Schleiertanz

Über dem blutigen Abgrund

Und küsst in ihrem Blutdurst

Und ihrer besinnungslosen Ekstase

Das abgeschlagene Haupt!


Ich habe deinen Mund geküsst, Johannes,

Ich habe deine Lippen geküsst!

Es war ein bittrer Geschmack auf deinen Lippen.

Es schmeckte nach Blut!

Es schmeckte nach Liebe!

Die Liebe schmeckt bitter,

Aber mein Kuß schmeckt bitterer noch als die Liebe,

Johannes, ich habe deinen Mund geküsst!


Der Mond verfärbte sich scharlachrot,

Als Salome tanzte

Den Wahnsinnstanz der Entschleirung!


Oben auf der Treppe

Legte sie ihren Schleier ab,

Begann zu tanzen.

Die Kettchen an ihren Knöcheln klangen

Zum Tanz der nackten Füße,

Die Flöte blies,

Die Zimbel des Jubelschreis erschallte!

Ihre runden Arme riefen ihn,

Der immer geflohen vor den Frauen!


Die Klassiker malten die nackte Aphrodite,

Aber die Orientalen

Malten eine Nacktheit,

Die zum Greifen nahe!


Der Logos des Philosophen

Vermählt sich oft mit der puren Erotik!


Reich verzierte Decken!

Klare Spiegel!

Alle Pracht des Orients!

Alles sprach die Seele an

Mit lieben Heimatworten!


Sie ist die weiße Dame

Der platonischen Liebe

Und zugleich die schmachtende Asia!


Amulette mit grüner Patina aus Ägypten!

Mumienglieder aus Grotten!

Florentinische Bronze!


Die Königin von Saba ist sie,

Die Versuchung des heiligen Antonius sie!

Die Königin von Saba verführt

Den Eremiten der Wüste

Mit orientalischer Wollust,

Sie verheißt unendliche sexuelle Lust

Und ungeahnte Liebeswonnen!


Ich bin kein Weib, ich bin ein Kosmos!

Meine Kleider brauchen nur zu fallen

Und du findest das Mysterium

Meines Leibes und Blutes!

Berührst du mit deinen Fingern meine Schulter,

Entflammt ein Feuer in deinen Venen!

Der Genuß eines Stückes meines Leibes

Würde dich mit mehr Glück erfüllen

Als der Besitz der ganzen Welt!

Meine Vereinigung schmeckt wie die Feige,

Die in deinem Herzen schmilzt!


Sei doch fröhlich, mein Eremit,

Sei heiter und glücklich!

Ich spiele die goldne Leier

Und tanze wie die Bienenkönigin

Und kann Gedichte inspirieren,

Eins schöner als das andre!


Ach, ich verzehre mich vor Sehnsucht

Nach Asia, nach der phyrgischen Asia!


O diese bezaubernde Frau in ihrem feierlichen Kleid!

Grüner und roter Damast

Mit aufgeschlitzten Ärmeln!

Vollendet geformte nackte Arme!

Breiter Zaubergürtel,

Mit filigranen Kügelchen reizend verziert!

O breiter Becher ihres Beckens!


Sie ist die Tscherkessin

Aus dem tscherkessischen Süden,

Sie ist Puschkins Muse!


Sie nähert sich mir

Und taucht den Löffel

In Kirschmarmelade

Und leckt den Löffel ab

Mit dem liebreizendsten spielenden Lächeln um die Lippen!


Sie ist die Geberin

Und selbst das Geschenk!

Ein appetitlicher Leckerbissen,

Süßer als reiner Zucker,

Sie wartet nur darauf,

Von mir vernascht zu werden!



FÜNFTER GESANG


Ich liebe dich, Madonna!


Ich nehme die Menschenflut

In meine Hand

Und schreibe mit Galaxien

Meine Liebe an den Himmel!

Dir will ich bauen das Haus mit sieben Säulen,

Das goldene Haus der Weisheit!


O wenn ich in deinen Augen

Den Lichtglanz der Liebe sehe

Bei meiner Ankunft im Himmel!


Madonna bittet mich,

Das makellose goldene Haus der Weisheit,

Unser gemeinsames Werk,

Zu ihrem Ruhm zu errichten!