Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

Marianische Ballade


Von Josef Maria Mayer



DER STURZ SATANS


Komm, Geist, und inspiriere deinen Dichter,

O Himmels-Muse von dem Berge Zion,

Komm, singe mir ein Lied vom Fall der Engel!

Einst lebte der Prophet Johannes auf

Der Insel Patmos im Exil und sah

Und siehe, was er sah, war Michael,

Er schaute Michael und seine Engel,

Die stürzten aus dem Himmel Satanas,

Die alte Schlange und den roten Drachen.

Und Jesus der Messias sprach auf Erden:

Ich sah den Satan aus dem Himmel fallen

Wie einen Blitz! Und der Prophet Johannes

Sah Satan fallen aus dem Himmel auf

Die Erde und das Meer, dort wütet er,

Vor allem aber wütet Satan gegen

Die Frau und alle Kinder dieser Frau,

Die überwinden Satan durch ihr Zeugnis

Und durch das Blut des Lammes. Schau, die Väter,

Sie spekulierten über Gottes Weisheit

Und sprachen also von dem Fall der Engel,

Daß Gott im Anbeginn der Zeit den Engeln

Den Heilsplan Gottes zeigte, und die Engel

Im Spiegel der Vorsehung sahen Adam

Und Eva und den Fall der ersten Menschen

Und sahen die Glückseligkeit der Sünde,

Die solches Heil hervorgebracht, sie sahen

Als neuen Adam nämlich den Messias,

Den Gott, der Fleisch und Blut geworden ist,

Und sahn Maria auch, die neue Eva,

Die Königin des Himmels und der Erde,

Die große Frau, die Königin der Engel.

Da rebellierte eine Schar von Engeln

Und wollte nicht dem menschgewordnen Gott

Anbetend dienen und der Großen Frau

Nicht huldigen, der Königin der Engel.

Da stürzte Gott die Revolutionäre,

Die himmlischen Rebellen aus dem Himmel.

Erzengel Michael die Engel führte,

Die treu dem menschgewordnen Worte Gottes

Geblieben, treu der Königin der Engel.

So stürzte Michael mit seinen Engeln

Die Engel Luzifers aus Gottes Himmel,

Und Luzifer und seine Engel stürzten

Zur Erde, dort die Menschen zu versuchen,

Für Luzifer und seine Engel aber

Gott schuf zu ihrer Ewigkeit die Hölle.

Als Adam war geschaffen und als Eva

Der Schlange lauschte, sprach die Schlange Satan:

Iß, Eva, iß von der verbotnen Feige,

Aufgehen werden dir des Geistes Augen

Und du wirst Gut und Bös erkennen und

Wirst sein wie Gott! Und so spricht heute noch

Der Satanas, da Luzifer verstellt sich

Als Engel voll des Lichtes der Erkenntnis

Und spricht zum Menschen: Du bist selbst ein Gott!

Erzengel Michael, anbetend Gott,

Er ruft: Wer ist wie Gott? So ist sein Name:

Wer ist wie Gott? Denn Gott der Herr allein

Ist Gott und keine Gottheit neben ihm,

Gott ist der Herr allein, der Herr, mein Gott!

Was sagt die Weisheit in dem Worte Gottes?

Die Weisheit sagt zu mir: Mein Menschenkind,

Geh, sprich zum Engelfürsten Luzifer,

So spricht die Weisheit Gottes: Weil dein Geist

Sich überhebt und spricht: Ich bin ein Gott,

Ich sitz auf dem Olymp, dem Götterberg,

Dieweil du ein Geschöpf bist und nicht Gott,

Doch prahlt dein Geist wie eines Gottes Geist,

Du denkst, dass du noch reicher bist an Weisheit

Als Hiob, Daniel und Salomo,

Und dass dir nichts verborgen sei im All

Und dass durch deine Klugheit und dein Wissen

Du dir erworben Macht und große Schätze

Und habest deine Macht gemehrt durch Weisheit,

Und nun bist du so aufgebläht von Stolz,

Weil du so mächtig bist durch deine Weisheit,

Drum spricht die Weisheit Gottes so zu dir:

Weil sich dein Geist erhebt, von Stolz gebläht,

Als wär dein Geist der Geist von einem Gott,

Drum will ich Engel senden über dich,

Die stärksten Himmlischen der Heeresscharen,

Die sollen zücken ihre scharfen Schwerter,

Entweihen deinen Glanz und deine Klugheit,

Sie sollen dich hinunterstoßen in

Die Hölle, dass du tausend Tode stirbst.

Wirst du dann noch vor deinen Richtern sagen:
Ich bin ein Gott? Du bist Geschöpf, nicht Gott!

Du sollst den Tod in tausend Toden sterben

Durch die Gewalt der Schwerter meiner Engel,

So spricht zu dir die Schöne Weisheit Gottes!

So aber spricht zu mir die Weisheit Gottes:
Mein Menschenkind, sing eine Elegie,

Beklage du den Engel Luzifer

Und sprich zu Luzifer: So spricht Frau Weisheit:

Du warst das Abbild der Vollkommenheit,

Warst weise, über alle Maßen schön,

In Eden warest du, im Garten Gottes,

Geschmückt mit Edelsteinen jeder Art,

Mir Sarder, Topas, Diamant, Türkis,

Saphir, Smaragd und Malachit und Jaspis,

Von Gold die Arbeit deiner Ohrgehänge,

Von Gold die Schnüre deiner Perlenkette,

Die du getragen hast an jenem Tag,

Als du geschaffen wurdest von dem Schöpfer.

Du warst ein lichter Cherub, Schutz und Schirm,

Du wohntest auf dem Berge der Versammlung,

Inthronisiert von Gottes schöner Weisheit,

Schön wie ein Halbgott, Lieblingsgott der Frauen,

Du standest mitten unter Gold und Feuer,

Du warest makellos in deinem Werk

Vom Tage an, da du geschaffen bist,

Bis an dir Übeltat gefunden wurde.

Du wurdest voller Frevel, voller Sünde,

Da stieß ich dich hinab vom Berge Gottes

Und tilgte dich, du Cherub, Schutz und Schirm,

Und tilgte dich hinweg aus Gold und Feuer.

Hochmütig wegen deiner Schönheit warst du,

Verdorben hast du selber deine Weisheit,

Den Glanz der Weisheit hast du selbst verdorben,

Drum stürzte ich dich nieder in den Abgrund

Und machte dich zum Narren des Theaters.

Weil du das Heiligtum des Herrn entweihtest,

Drum ließ ich Feuer fallen, das dich tötet,

Das dich verbrennt zu einem Häufchen Asche,

Vor aller Augen auf der Mutter Erde.

Und die dich kannten als den großen Engel

Der frommen Schönheit und der reinen Weisheit,

Entsetzten sich, dass du zugrunde gingest

Und wirst geplagt vom Feuer in der Hölle

Und darfst zurück nicht mehr ins Paradies!

Dies also ist die Lehre des Propheten

Hesekiel. Und so ich dies bedenke,

Kommt mir zu Sinn die Lehre eines Rabbi,

Wie sie ist überliefert im Talmud.

Es sprach der Rabbi Juda nämlich so:

Als Gott der Herr den Menschen schaffen wollte,

Da schuf er erst als Diener Engelscharen

Und sprach zu ihnen: Liebe Gottessöhne,

Sagt, seid ihr einverstanden, dass die Gottheit

Die Menschheit schafft in Unserm Ebenbilde?

Da sprach ein Drittel der Gewalten dies:

Wie werden denn die Werke sein des Menschen?

Die Gottheit wies den Gottessöhnen alles,

Was je die Menschheit als ihr Werk vollbringt.

Drauf sang ein Drittel der Gewalten dies:

Was ist das Menschlein, dass du sein gedenkst,

Was ist sein Kind, dass du dich seiner annimmst?

So sangen die Gewalten Davids Psalm.

Die Gottheit streckte aus den kleinen Finger,

Verbrannte so der Göttersöhne Drittel.

Zwei Drittel aus der Schar der Göttersöhne

Versammeln sich vor Gott, der höchsten Gottheit.

Da sprach die Gottheit zu den Göttersöhnen:

Sagt, seid ihr einverstanden, dass die Gottheit

Die Menschheit schafft in Unserm Ebenbilde?

Zwei Drittel der Gewalten sprachen dies:

O Höchste Majestät des Universums,

Was haben denn die Engel ausgerichtet,

Als widersprachen sie dem Gotteswillen?

Das All ist dein, tu du, was dir beliebt!

Als später die Geschlechter vor der Sintflut

Und die Erbauenden des Turms von Babel

Auf Erden lebten, die sich schlecht benahmen,

Zur Gottheit sprachen so die Göttersöhne:

O Höchste Majestät des Universums,

Ward dir nicht früher unser Rat zuteil?

Die Gottheit aber schlug die Bibel auf,

Las aus dem Evangelium Jesajas:

Ich, Gottheit, will euch tragen bis ins Alter,

Ich trag euch bis ihr graue Haare habt.

So also lehrte mich der Rabbi Juda,

Er hörte es von einem alten Rabbi.

Da ich bedachte dieses Rabbi Lehre,

Da fiel mir ein der Seher Mohammed

Und seine Weisheit, im Koran zu lesen.

Gott, also Allah, das heißt nämlich Gott,

Gott sprach im Himmel einst zu seinen Engeln:

Ich will auf Erden einen Stellvertreter

Einsetzen, einen Stellvertreter Gottes.

Die Engel aber sprachen zum Allweisen:

Willst du dort einen Mann einsetzen, der

Zerstörend wütet und viel Blut vergießt?

Wir preisen dich, Herr, heilig, heilig, heilig!

Gott aber sprach zu seinen Engeln dies:

Ich, der Allweise, weiß, was ihr nicht wisst.

Drauf lehrte Allah Adam alle Namen

Von allem Sein, wies dann das Sein den Engeln

Und sprach: Nennt mir die Namen aller Dinge.

Die Engel sangen aber: Halleluja,

Allwissender, wir wissen nichts als das,

Was du uns selbst gelehrt, Gott der Allweisheit.

Da sprach der Herr zu Adam dieses Wort:

O Sohn, verkünde du die Namen ihnen!

Als Adam also alle Namen nannte

Den Engeln, alle Namen allen Seins,

Sprach Allah zu den Engeln: Sagt ich nicht,

Ich weiß von den Geheimnissen des Himmels

Und weiß von den Geheimnissen der Erde

Und weiß, was ihr bekennt und was verheimlicht?

Drauf sprachen Wir, Wir Majestät der Gottheit,

Zu Unsern Engeln: Fallt vor Adam nieder!

Und alle guten Engel fielen nieder

Und huldigten dem Stellvertreter Gottes,

Nur der Diabolos, der stolze Satan,

Hat sich geweigert und hat nicht gehuldigt,

Denn Satan glaubte nicht an Gott den Herrn.

So ich die Worte Mohammeds bedenke,

Erscheint mir Hatem aus dem Paradies,

Wo er gewandelt ist mit seiner Huri,

Und sprach: Die Engel fielen alle nieder

Vor Adam, vor dem Stellvertreter Gottes,

Die Huris aber, Paradieses Jungfraun,

Vor Eva fielen alle Huris nieder!

Denn mit den hundert Namen Gottes, siehe,

Auch klangen hundert Namen Evas mit,

All-Liebende, All-Weise und All-Schöne!

So als die Engel Gottes Stellvertreter

Gehuldigt, wandte Gabriel sich ab

Von Adam, grüßte voller Demut Eva:

O hochgebenedeite Paradiesfrau!

So ich die Stimme Hatems aus dem Himmel

Vernahm, die Nachtigall der Rose Gottes,

Kam mir ein anderer Poet zu Ohren,

Dem Eva Muse war, das war John Milton.

Der blinde Seher schaute Michael

Im Kampf mit Satan in den Himmelswelten,

Da Michael mit seines Schwertes Schärfe

Verwundet Satan, Satan blutete,

Er blutete mit Ichor-Blut der Geister.

Sankt Raphael sah auch der blinde Seher,

Sankt Raphael zum Kampf war ausgezogen

Und kämpfte gegen Asmodeus, gegen

Den Unzuchtsteufel und den Eheteufel.

Sankt Gabriel sah auch der blinde Seher,

Der Engel, der begrüßte Gottes Kind,

Der kämpfte gegen Moloch, diesen Teufel

Des Mords an Kindern schon im Mutterschoß.

Der vierte Engel war Sankt Uriel,

Der Genius der Sonne, dessen Haar

War gleich dem Regenbogen des Erbarmens,

Der kämpfte gegen den Anubis, den

Ägyptischen Dämon der Finsternis

Und Todesgott mit schwarzem Hundekopf.

Und alle Myriaden Scharen Engel

Bekämpften die Dämonen Satanas’.

Verwundet waren die Satane zwar,

Doch heilten ihre Wunden wieder rasch.

Da sprach der Herr zu seinem Sohn Messias:

Messias, Gottes Weisheit, Gottes Liebling,

Besiege du den Feind und Widersacher!

Und Jesus der Messias auf dem Thron

Erschien, getragen von den vier Cheruben,

Vom Engel, Ochsen, Löwen und vom Adler,

Der vier Cheruben Flügel voller Augen,

Als Räder trugen sie den Thronstuhl Christi.

Messias war als Menschensohn erschienen,

Die Hüfte Kupfer, die Gestalt von Feuer,

Und Gottes Sohn verdammte die Dämonen

Und Satanas und seine Legionen

Durchs Schwert des Wortes Gottes aus dem Munde

Des Menschensohnes auf dem Throne Gottes

Zur ewigen Verdammnis in der Hölle.

Dann kehrte Christus wieder in den Himmel

Und alle Engel sangen Halleluja!

Und Anna Katharina Emmerick

Sah folgende Vision auf ihrem Bette:
Drei Augenblicke in der Ewigkeit!

Neun Chöre schuf der Herr, die Hierarchie

Der Himmlischen, wie Dionysios

Geschaut, der höchste Chor die Götter-Throne,

Die schauten Gott noch nicht von Angesicht

Zu Angesicht, die englische Erkenntnis

Erblühen sollte rein aus der Vernunft

Der Einsicht ihres Denkens, wie im Lenz

Die schönen Blumen aus der Erde sprießen

Und wachsen durch die Sonne und den Regen,

So gab den Engeln Gott sich selber nur

In Intellektuellen Geist-Visionen.

Die Engel sehen, über allen Engeln

Und über Seraphim und Cherubim

Die Götterthrone sehen ihre Schönheit,

Vollkommne Schönheit himmlischer Geschöpfe.

Doch sie erkannten auch im Intellekt,

Daß ihre Schönheit himmlischer Geschöpfe

Nur Glanz war von dem Glanze der Urschönheit,

Urschönheit war die Schöpferin, Urgottheit!

Zugleich mit dieser geistigen Erkenntnis

Empfingen sie die Weisung ihres Gottes,

Gott Jahwe als den Herrscher anzunehmen

Und als den Sinn des Daseins zu erkennen,

Gott zu verherrlichen und anzubeten.

Ich sah, wie diese Weisung Gottes von

Den Chören der glückseligsten Geschöpfe

Empfangen ward wie Licht und aufgenommen.

Zwei Drittel freuten sich des Lichts der Weisung,

Und da sie Gott erkannten in dem Geiste,

Da jauchzten sie vorm Gott im Himmel selig

Und unterwarfen sich der Weisung Gottes!

Ich sah auch Luzifer und seine Engel,

Ein Drittel der gesamten Schar, die diese

Erkenntnis Gottes staunend nur empfingen

Und sich betrübten, da ihr Intellekt

Erkannte, dass die eigne Engelsschönheit

Nur Abglanz war der Schönheit der Urgottheit.

Auch diese unterwarfen sich dem Herrn,

Doch nicht aus Liebe zu der Schönheit Gottes,

Nein, nur aus Ohnmacht vor dem Willen Gottes.

Es war der Liebesmangel dieser Geister,

Der wirkte, dass die Glieder dieser Geister

Schwer wurden, ihre Flügel wie von Blei,

So dass sie niedersanken in die Tiefe

Und auch ihr Glanz verlor die lichte Schönheit,

Aus Liebesmangel ward der Geist verdunkelt.

Da diese Geister selbst empfanden, wie

Ihr Glanz der Schönheit sich verdunkelte,

Da suchten sie um desto mehr die Schönheit,

Die eigne Schönheit zu erhalten, aber

Auf falschem Wege, nur aus eigner Kraft

Und ohne Gott, der Quelle aller Schönheit,

So dass sie mehr und mehr den Glanz verloren

Und wurden mehr und mehr im Innern gottlos.

Ein zweiter Augenblick der Ewigkeit!

Gott offenbarte seinen Engeln allen

Den Sohn, den Liebling! Alle Engel sahen

Den menschgewordnen Gott in der Gestalt

Des kleinen Kindes, wie er war geboren,

Ein wahrer Gott und auch ein wahres Kind,

Ein Gottkind und ein Menschenkind zugleich!

Und als die Myriaden Engel sahen

Das Menschenkind, den Sohn und Liebling Gottes,

Da riefen sie: Gegrüßet seist du, Gottmensch!

Und fielen alle auf ihr Angesicht

In Ehrfurcht und Anbetung voller Liebe!

Doch Luzifer, ein reiner Geist voll Weisheit,

Doch ohne Liebe, ohne sanfte Demut,

Schrie mit erregter Stimme, zornig brüllend:

Ich, Genius der Weisheit, reiner Geist,

Soll niederfallen wie der letzte Sklave

Vor einem Gott, der einem Kinde gleicht?

Ich, höchster Lobpreis-Engel aller Chöre,

Soll huldigen dem Gott als Menschenkind?

Verehren soll ich voller Reverenz

Die Höchste Majestät des Universums

Als Kind von Fleisch und Blut in seiner Ohnmacht?

Soll ich denn die allmächtige Potenz

Anbeten als ein Kind, das Hilfe braucht?

Als Luzifer dies durch die Lüfte schrie,

Sah ich in der Vision, wie all sein Glanz

Sich mehr und mehr verfinsterte und er,

Der erst der Schönste aller Engel war,

Nahm die Gestalt an eines Ungeheuers,

Fast wie ein Monstrum oder wie ein Drache.

Und als ich die Verwandlung dieses Engels

In einen Drachen sah, befiel mich Angst

Und Paranoia peinigte den Geist mir.

Der dritte Augenblick der Ewigkeit!

Die Prüfung der glückselig-weisen Engel

Ward nun vollendet durch die Weisheit Gottes.

Gott zeigte allen Engeln die Vision

Marias: Gott der Vater ihr zur Rechten,

Gott, weißgewandet, Haar und Bart wie Schnee,

Gott, alt an Tagen, Gott der Ewige,

Und ihr zur Linken Gott der Sohn, Messias,

Der wahre Gott und wahre Mensch, der Heiland,

Und über ihr der Geist, der Gott der Liebe,

Die weiße Taube voll der schönen Liebe.

Und Gott der Vater hielt mit Gott dem Sohn

Die Krone über Sankt Marias Haupt

Und krönte sie zur Himmelskönigin

Und über ihrer Krone Gott der Geist

Als weiße Taube schwebte in dem Licht.

Und Gott der Vater sprach wie Donnerdröhnen:
Du erstgeborne Tochter Gottes, Heil!

Und Gott der Sohn sprach und es zuckten Blitze:
Gebenedeite Mutter Gottes, Heil!

Und Gott der Geist sprach wie ein Meeresrauschen:
O Frau, des Geistes Brautgenossin, Heil!

Die Engel aber staunten an Maria

Und sangen Lobpreis: Göttin aller Götter

Und Göttin-Herrscherin der Götter-Throne

Und Allgeliebte aller Seraphim

Und Thron der Weisheit aller Cherubim

Und höchste Kaiserin der Himmelsmächte

Und Friedefürstin aller Fürstentümer

Und höchste Herrin aller Himmelsherrschaft,

Erzengel preisen dich als Kaiserin,

Schutzengel preisen dich als Königin,

Du große Mutter aller Menschenkinder,

Du Mutter Gottes und der Menschenkinder,

Wir sind verzückt von deiner Schönheit, Göttin!

Doch Luzifer und alle seine Söhne

Blasphemisch lästerten die Höchste Frau:

Ein irdisch sterblich Weib von Fleisch und Blut!

Soll ich ein Weib als Herrscherin verehren?

Da wurde Luzifers Gestalt verwandelt

Und vollends wurde er zum Ungeheuer,

Zum Monstrum, Drache halb, halb Flügelschlange.

Da nahte Michael in Herrlichkeit

Und grüßte seine Himmelskaiserin:

Mein größter Wunsch ist, dir als Knecht zu dienen,

O höchste Herrin, gib du mir die Gnade,

Mir aufzutragen als Gebieterin

Ein Werk, dass ich das Werk für dich vollbringe,

Zum Ruhme deiner großen Herrlichkeit,

O Jungfrau, die du bist die Göttin in

Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit!

Da zückte Michael sein goldnes Schwert

Aus seiner goldnen Scheide, auf dem Schwert

In Lettern ganz aus Licht geschrieben stand:

Wer ist wie Gott! Mit diesem Schwerte schlug

Sankt Michael den Drachen Luzifer

Und warf den Satan und die Satanssöhne

Im Namen Jesu Christi in die Hölle!

Und Gott sprach, seine Stimme war wie Donner:

Du Satan, diese Frau der Offenbarung

Zertritt den Schädel dir mit bloßen Füßen!

Die Engel, die bestanden Gottes Prüfung,

Die Myriaden guten Engel Gottes,

Sie schwebten auf zum Himmel aller Himmel

Und sahn von Angesicht zu Angesicht

Gott! Ich auch schaute Gott von Angesicht

Zu Angesicht, den Vater, Sohn und Geist!

Mich blendete der Lichtglanz meiner Gottheit

Der Liebe, und ein Blitz warf mich zur Erde,

Wie tot lag ich im Schoß der Mutter Gottes.




GEISTLICHE BALLADEN



VERKÜNDIGUNG AN MARIA


Es flog ein kleiner Vogel vom höchsten Himmelsthrone,

Er folg zu einer Jungfrau, der Maid mit goldner Krone,

Es flog mit ihm ein Engel, als Jüngling anzusehen,

Der sprach: Sei ohne Bange, o Maid, was wird geschehen!


Er grüßte jene Jungfrau mit wunderschönem Worte:
Gegrüßet seist du, Süße, du enge Himmelspforte,

Denn du wirst aufgeschlossen! Des freun sich Arme, Reiche!

Die Welt war lang im Elend, nun kommt die Ohnegleiche!


Ich grüß dich, Gnadenvolle, du Mädchen Tausendschönchen!

Du wirst den Zorn versöhnen, gebären Gottes Söhnchen!

Das reine Mädchen sagte: Soll werden ich zum Weibe?

Der Jüngling sagte: Jungfrau, ein keusches Mädchen bleibe!


Der große Gott des Himmels will dich als Mutter ehren,

Als makellose Jungfrau sollst du den Herrn gebären,

Du bist gebenedeiet hoch über allen Frauen,

Bitt Gott, dass wir im Himmel die Schönheit dürfen schauen!


Da sprach das keusche Mädchen in sanfter Demut stille:
Ich leiste Gott Gehorsam, geschehe Gottes Wille,

Was Gott von mir begehrte, mein Vater und mein Schöpfer,

Das soll er an mir finden, wie an dem Ton der Töpfer.


Ich geh nun auf die Straße, verlasse nun dein Städtchen,

So sprach der schöne Jüngling zum wunderschönen Mädchen.

Da saß sie bei dem Vogel und schloß ihn in den Schoß ein,

Beschnitt ihm seine Schwingen, die Wonne sollte groß sein!


Da sprach der schöne Vogel: Die Note will ich singen:

Die Kaiserin der Liebe liebt mich vor allen Dingen!

Er sang mit Feuerzungen wie Engel in den Chören,

Der wird erfüllt von Freude, wer dieses Lied kann hören!


Da klang aus seinem Munde des Gottes sanfte Demut,

Das hörte Unsre Fraue voll Wonne und voll Wehmut,

Da klang die Gottesweisheit, die keiner kann entbehren,

Vernunft im Licht des Glaubens, wie uns die Christen lehren.



DIE HIRTEN VON BETHLEHEM


Auf, auf, ihr Hirten, schlaft mir nicht so lang!

Die Nacht verging. Die Morgenglocke klang.

Schaut doch daher, ihr Hirten, schaut daher:
Wie glänzt der Stern, je länger desto mehr!


Zu Bethlehem hernieder geht sein Schein,

Was Himmlisches muß dort verborgen sein.

In Bethlehem in einem armen Stall,

Da glänzt der Stern als wär er von Christall.


Drum geh nur, o mein Lieber, wart nicht lang,

Steck an die Kerze, geh den frommen Gang,

Geh nicht mehr länger in der Welt herum:
Nimm mit dein Lamm und staun vor Staunen stumm!


Gemach knie nieder, neig dich schön, mein Sohn,

Geh in den Stall mit deinem Lämmchen schon,

Verneig dich schön, das Wunder anzusehn,

Neig tief dich, wirst du vor der Krippe stehn!



DAS KIND IN DER KRIPPE


Euch freut von Herzen alle,

Der Retter ist geborn

In Bethlehem im Stalle,

Das hat er sich erkorn,

Sein Bettchen ist die Krippe,

So jauchz, Jeruschalaim!

So sang des Engels Lippe,

Dann flog er wieder heim.


Ich dacht, ich will nicht warten,

Ich ließ die Schäfchen all,

Ich ließ sie stehn im Garten

Und eilte in den Stall.

Grad war ich im Gelände,

Da kam ein lichter Glanz,

Der Glanz war ohne Ende,

Der Stall erleuchtet ganz.


Der Stall glich einem Neste,

Vom Himmel überdacht,

Gemauert nicht aufs Beste,

Nur eben so gemacht,

Es hing die Regenrinne,

Es tropften Tropfen klar.

Ich dachte, ob dadrinne

Das Kind geboren war?


Ich schlich mich auf die Seite

Und schaute still hinein,

Da sah ich schöne Leute

Mit einem Kindlein klein,

Lag nicht im Seidenbette,

Lag nur im warmen Stroh,

Schaut niedlich so und nette,

Kein Maler malt das so!


Es waren seine Wänglein,

Als wenn es Rosen wärn,

Das Mündlein wie ein Englein,

Die Äuglein wie ein Stern.

Der Taube gleich das Kindl,

Gelagert in den Klee,

Die weiße Linnenwindel

War weißer als der Schnee.


Die Mutter kniet daneben,

Ich hab sie angeschaut!

Sie hätts bei ihrem Leben

Sonst keinem anvertraut.

Bald nahm sie’s in die Arme

Und legt es an die Brust,

Dann in das Stroh, das warme,

Mit süßer Liebeslust.


Daneben stand der Gute,

Der alte fromme Mann,

Die Hände mit dem Hute,

Das Kindlein lacht er an,

Küsst alle Augenblicke

Das Kind die ganze Nacht,

Das bei dem Liebesglücke

So glücklich hat gelacht!


Es war im ganzen Orte

Kein zweites solches Kind,

Das Licht von solcher Sorte,

Vor Schönheit wirst du blind!

Ich dacht in meinem Sinne:
Wär solch ein Kindlein mir

Zu eigen voller Minne,

Ich gäb mein Lamm dafür!



DAS JESUSKIND


Auf, ihr Brüder, kommt mit mir,

Unsres Bleibens ist nicht hier,

Scheiden ist uns angenehm,

Seht das Kind von Bethlehem,

Seht, wo Rind und Esel sind,

Seht den Kleinen Gott: das Kind!


Bruder, ich geh auch mit dir,

Nehm die Flöte auch mit mir

Und mein liebes Saitenspiel.


Wenn ich geh zum Stall hinein,

Grüß ich lieb das Kindlein klein

Und sing ihm ein Weihnachtslied.


Ach wie friert das arme Kind

In der Welt im kalten Wind!

Ich war doch im Herzen froh!


Meine schöne Wohnung seht,

Wie sie schön im Städtchen steht,

Seht die wunderschöne Stadt!


Komm, o Mutter mit dem Kind,

Kommt doch in mein Haus geschwind,

O das wär mein höchstes Glück!


Milch und Mehl geb ich ihm dann,

Süßen Brei ihm kochen kann,

Wenn es weint, das süße Kind!


Segne Gott dich, Kindlein klein!

Morgen kehr ich wieder ein,

Bring dir meinen süßen Mus!


Bring dir süßen Haferschleim,

Tu hinein viel Honigseim,

Jesu, laß es schmecken dir!



DIE DREI MAGIER


Ich will nun preisen meinen Herrn

Und die drei Magier mit dem Stern!


Sie ritten hin in rascher Eile,

An manchem Tage manche Meile.


Sie kamen in Herodes’ Land,

Der Fürst war ihnen unbekannt.


Sie zogen vor Herodes’ Haus,

Zum Fenster sah der Fürst heraus.


Ihr Magier, sagt, wo wollt ihr hin?

Nach Bethlehem steht uns der Sinn.


Geboren ist wie Morgentau

Das Kind von einer keuschen Frau.


Herodes drückte seine Warze:
Was will bei euch denn da der Schwarze?


O Fürst, der ist ein Häuptling ja

In seiner Heimat Afrika.


Und möchtest du uns recht erkennen,

So wollen wir uns gleich dir nennen:


Wir sind die Magier mit dem Stern,

Dem Herrn wir bringen Opfer gern


Von Myrrhe, Weihrauch, rotem Gold,

Wir sind dem Kind von Herzen hold.


Herodes sprach mit stolzer Zier:
Geht hin und kehrt zurück zu mir,


Ich geb euch Betten blitz und blank

Und Brot und Wein als Speis und Trank.


Die Magier betend sich besinnen:
Wir wollen zu dem Kind vonhinnen.


Herodes sprach mit kaltem Sinn:
Und wollt ihr fort, so fahrt dahin!


Und über ihnen zog im All

Der Stern und führte sie zum Stall.


Sie traten in den Stall hinein,

Lag Gott in einem Krippelein!


Sie gaben Jesus huldvoll-hold

Von Myrrhe, Weihrauch, rotem Gold.


Saß Josef bei der Krippe auch,

Erfroren fast vor Frostes Hauch.


Und Josef eben war dabei

Und machte einen süßen Brei.


Und Josef zog die Hose aus

Und machte eine Windel draus.


O Josef, liebster Josef mein!

Hilf wiegen mir das Kindlein klein!


Es waren da zwei Tiere, die

Anbetend sanken in die Knie,


Denn Kuh und Esel, ohne Spott,

Die kannten unsern lieben Gott.



SANKT JOSEF


Als Jesu Christ geboren war,

Da hat der Frost gefegt,

In eine Krippe wunderbar

Ward Gottes Sohn gelegt,

Da stand ein Esel und ein Rind,

Die hauchten an das liebe Kind,

Das war ganz bloß und nackt.

Die, die da reinen Herzens sind,

Die seien unverzagt!


Und Josef seinen Esel nahm

Und nahm ihn bei dem Zaum

Und Josef mit dem Esel kam

Zu einem Feigenbaum.

Mein Esel, steh du stille nun,

Liebfrau Maria möchte ruhn

In süßer Müdigkeit.

Die Feigen sich verneigen tun

In süßer Gütigkeit.


Maria nun die Feige brach

In ihrem süßen Schoß.

Und Josef leis zur Jungfrau sprach

Und sah zur Jungfrau groß.

Mein Esel, sollst nicht stille stehn,

Wir müssen ja noch weiter gehn,

Zu sühnen alle Schuld!

Da neigen sich die Feigen schön

Aus Gottes großer Huld.


Sie zogen weiter ihren Pfad

Ins Städtchen, mit Vernunft,

Und Josef voller Demut bat

Um eine Unterkunft.

Der Wirt in seinem großen Haus

Die frommen Gäste trieb hinaus.

Maria betend sann,

Nahm aus dem Rock den Garn heraus

Und einen Faden spann.


Sie wandeln weiter ihren Pfad

Und nahen einem Ort,

Um eine Wohnung Josef bat,

Ein Haus für Gottes Wort.

O Wirtin, liebe Wirtin fein,

Bewahre mir das Kindlein klein

Und auch Liebfraue froh!

Die Wirtin sprach: So soll es sein,

Da ist das warme Stroh.


Und als es kalter Abend ward,

Da ward es bitter kalt.

Und Josef in die Scheune trat,

Der fromme Witwer alt.

Maria nahm ihr Kindlein klein,

Und Josef nahm das Eselein,

So lagen sie getrennt.

Die Wirtin sah zum Stall hinein

Und Gott den Herrn erkennt.


Doch als es wurde Mitternacht,

Da ward es frostig, ach,

Der Wirt zu seiner Wirtin sacht

Und voller Mitleid sprach:
Mein Weib, mein süßes Weibchen gut,

Steh auf und schür des Feuers Glut

Zu unsres Gastes Trost,

Das Kindlein birg in warmer Hut

Vor kalten Winters Frost.


Die Frau stand auf vom Bette bald,

So wie ihr Mann sie hieß,

Und aus der Asche mannigfalt

Sie Glut und Feuer blies.

Liebfräulein, liebstes Fräulein rein,

Trag hier herein dein Kindlein klein

Und wärm es an der Glut,

Das Kind möcht sonst vor Kälte schrein,

Weil weh der Winter tut!


Maria eben war dabei,

Aus Honig, Milch und Grieß

Zu kochen Jesus seinen Brei,

Der lecker war und süß.

Und Jesus aß den süßen Mus.

Liebfraue sang dem Sohn den Gruß

In mütterlicher Huld:
Das Himmelreich ist nah, tut Buß

Und sühnt für eure Schuld!


Maria konnte spinnen stolz

Gewebe weich und fein,

Und Josef konnte zimmern Holz,

Und auch das Jesulein

Konnt spinnen, weben, sticken auch

Und zimmern nach des Vaters Brauch,

Der Wirt ward also reich.

O Jesus, hör auch meinen Hauch:
Laß uns ins Himmelreich!



DAS LEIDEN JESU


Als Jesus in den Garten ging

Und an sein bittres Leiden fing,

Die Blumen trauern, die da blühn,

Und Laub und Gräser, die da grün.


Und Jud und Heid in ihrem Zorn,

Die schlagen ihn mit scharfem Dorn,

Sie hassten ihn aus Herzensgrund

Und schlugen Jesus Christus wund!


Maria hört den Hammer schon:
Ah weh, ah weh, mein Sohn, mein Sohn!

Der bittre Schmerz das Herz mir presst,

Mein lieber Jesus mich verlässt!


Maria zu dem Kreuze ging,

Da Jesus an dem Kreuze hing,

Maria hat den Sohn geliebt

Und war im Herzen tiefbetrübt.


Johannes, liebster Jünger mein,

Maria soll dir Mutter sein,

Maria bei den Händen fass

Und nicht allein im Leiden lass!


Herr, hör mein schmerzliches Gestöhn!

Maria will ich trösten schön,

Ich will sie trösten liebevoll,

Wie man die Mutter trösten soll.


Da kam heran der Heiden Heer,

Ein Heide nahm sich einen Speer,

Da bohrte er durch Jesu Herz,

Daß Jesu Herz zerbrach vor Schmerz!


Ihr Fraun und Männer mit Gemüt,

Wer singen kann dies Klagelied,

Der sing es Gott bis an den Tod,

Dann hilft ihm Gott aus aller Not!



MATER DOLOROSA


Maria wollte wandern

Und suchen ihren Sohn,

Den sie verloren schon.


Was sah sie auf der Reise?

Sah einen schönen Mann

Und sah ihn traurig an.


Mann, hast du nicht gesehen

Messias, meinen Sohn,

Den ich verloren schon?


Ja, den hab ich gesehen

In Tochter Zions Haus

Und er sah traurig aus.


Was trug er auf dem Haupte?

Er trug den Dornenkranz,

Ihn schlug der Peitsche Schwanz.


Das Kreuz muß Jesus tragen

In Tochter Zions Stadt,

Da er gelitten hat.


Voll Trauer kam die Mutter

Und weinte um den Sohn,

Der litt viel Spott und Hohn.


Ach Mutter, laß das Weinen,

Ich für die Menschheit büß,

Dein ist das Paradies!



DIE DREI MARIEN AM GRABE


Drei Fräuleins gingen morgens früh,

Zum Grabe Christi gingen sie,

Den toten Herrn zu salben da,

Voran Maria Magdala.


Die Fräuleins redeten zu drein:
Wer wälzt vom Grabe uns den Stein,

Daß salben können wir den Herrn

Am Leib, den hatten wir so gern!


Sie kamen zu des Grabes Platz,

Von Salben bei sich einen Schatz,

Das Grab sie sahen offen stehn,

Zwei Engel hin- und widergehn.


Getrost, ihr Fräuleins frommer Zucht,

Ihr findet nicht, den ihr gesucht,

Schaut liegen dort das weiße Kleid,

Das lag dem lieben Herrn bereit.


Ihr Fräuleins aber wunderschön,

Ihr sollt nach Galiläa gehn,

Denn dort erwartet euch ein Fest,

Da Jesu Christ sich schauen lässt.


Doch Magdalena ließ nicht ab,

Sie suchte Gott in seinem Grab.

Und siehe da, nach kurzer Frist,

Begegnet ihr Herr Jesu Christ.


Da dachte sie sich allerlei,

Als ob es nur ein Gärtner sei.

Er hielt den Spaten in der Hand,

Als wollt er graben um das Land.


Sag an, du grüner Gärtner fein,

Wo ließest du den Meister mein,

Wo hast du Jesus hingetan,

Daß ich ihn könne schauen an?


Maria, sprach er rein und klar.

Sie sah, dass es der Heiland war,

Sie kniete hin auf einem Stein,

Denn sie fand Gott den Herrn allein.


O Magdala, berühr mich nicht,

Ich ging noch nicht hinan ins Licht,

Halt mich nicht fest mit deiner Hand,

Ich ging noch nicht ins Vaterland.


Behüte uns das Kreuz des Herrn,

Uns, die wir Jesus haben gern.

Die Heiden glauben einen Spott,

Sie glauben nicht an unsern Gott.


Und hätten sie den Glauben, schau,

Sie liebten Unsre Liebe Frau

Und unsern Meister Jesu Christ,

Der uns zum Heil gekreuzigt ist.


Christ fuhr hinan ins Himmelreich

Zu Gott und sandte uns sogleich

Herab der Liebe Tröstergeist,

Den stets die Mutter Kirche preist.



MUTTER MARIA AUF DEM MEER


Maria Mutter einst ging auf dem Meer,

Trug einen Krug mit Tränen vor sich her,


Trug ihn erhaben und sie trug ihn fein,

Maria Mutter trug den Krug allein.


Maria Mutter kam am Ufer an,

Am Meeresufer stand ein Schiffersmann.


Ach Seemann, ach Maria liebt dich sehr,

Ach Seemann, Seemann, trag mich übers Meer!


Ich trag dich übers Meer mit Seemannskunst,

Wenn du mir nur gewährst die höchste Gunst!


Die höchste Gunst gewähr ich nimmermehr,

Allein will lieber wandeln auf dem Meer.


Maria trat ans Meer und hob den Rock,

In Meeres Mitte läutet schön die Glock.


Sie wandelt auf dem Schaum in schönstem Reiz,

Da litt ihr lieber Sohn an seinem Kreuz!


So kamen sie zur Mutter Kirche, dann

Die Glocken fingen schön zu läuten an.


Maria kniete zum Gebet, dabei

Dem Seemann sprang sein armes Herz entzwei!




MARIENRITTER


Wir wollen nun in heiterm Mut

Maria, Unsre Frauen, gut

Lobpreisen, weil uns das erlabt.

Es war ein Ritter, reichbegabt,

Gerühmt am ritterlichen Preise,

Er war heroisch und auch weise

Und dabei auch noch tugendhaft.

Maria hatte große Kraft

In seiner Liebe, die er ihr

Erwies in heiliger Begier,

In Minnediensten mancherlei.

Er wollte nun zu dem Turnei

Im Maien in den schönen Zeiten,

Wie er gewohnt war hinzureiten.

Bei des Turnieres Wiese traut

War eine Kirche wohlgebaut,

Geweiht die Kirche, fern des Spottes,

Der Lieben Frau und Mutter Gottes.

Als er vorbei der Kirche reitet,

Die Messe wurde vorbereitet

Von alter Priester frommer Rotte.

Der Ritter dachte seinem Gotte:
Ich hör von Unsrer Lieben Frau,

Der ich mein Leben anvertrau,

Die mich erlöst aus aller Not.

Er tat, wie ihm das Herz gebot,

Und hörte Messe in Latein.

Vorbei noch nicht die Messe, nein,

Fing schon die nächste Messe an,

Vondannen wollte nicht der Mann,

Bis diese auch zuende wäre.

Und kurz gesagt die lange Märe:
So oft die Messe ward gelesen,

Er in der Messe ist gewesen,

Bis auch die letzte Messe aus,

Bis Mittag blieb im Gotteshaus.

Zu Ende war nun alles das,

Er gleich auf seinem Rosse saß

Und reitet eilig zum Turnei,

Jedoch das war schon längst vorbei.

Die Leute ritten ihm entgegen

Und grüßten ihn als Heldendegen,

Es ward kein Ritter je gesehn

So Rittertaten zu begehn,

Der Kranz des Ruhmes sei sein Recht.

Ein Ritter sprach und auch sein Knecht:
Euch ist ein gutes Los gefallen,

Seit heute seid bekannt bei allen,

Denn Ihr habt ritterlichen Preis

In ritterlicher Art und Weis

Mit mir im Waffentanz erjagt.

Als das dem Ritter ward gesagt,

Nahm er das als ein Wunder an,

Und in dem Wunder sah der Mann

Ein Wunder Unsrer Lieben Frauen

Zum lieben Lohn für sein Vertrauen.

Oh, wie ward er geehrt von Ihr!

Er sprach: Nun sollt ihr glauben mir,

Daß ich nicht beim Turnier gewesen,

Ich hörte da die Messe lesen.

Dann zog erleuchtet ihn sein Sinn

Zum Karmeliter-Kloster hin.

Er weihte seine Ritterschaft

Und alle seine Tugendkraft

Und Herz und Geist und Leib und Sinn

Maria Minnekönigin!



MARIENKÜNSTLER


Ein Malerdichter war sublim,

Es war der Genius in ihm,

Die Kunst weiht er der Lieben Frauen,

Die war sehr oft bei ihm zu schauen,

Weil nichts gelang ihm wie ihr Bild.

Einst malt auf einen Vorhang mild

Er Sie, wie sie im Sessel saß.

Dann malte er den Satanas.

Er malte mit dem höchsten Sinn

Die schönste Himmelskönigin,

So schön als nur ein Sterbling kann.

Danach der Künstler auch begann

Und malte auch den Teufel hässlich,

Den Vater Menschenmörder grässlich,

Er malte grause Ungestalt.

Da ward der Teufel alsobald

Voll Zorn und fluchte einen Fluch,

Da trat er vor das Vorhangtuch

Und trat zum stillen frommen Mann

Und sprach: Mein Freund, nun sag mir an,

Denn gerne möchte ich es wissen,

Warum so fleißig du beflissen,

Zu malen wunderschön und mild

Nur Unsrer Lieben Frauen Bild,

Und was bewegt im Geiste dich,

Daß du so hässlich pinselst mich,

Daß ich mich selbst nicht sehen mag!

Der Mann in seinem Geist erschrak

Und sprach: Ich male dich gewisslich,

So wie du bist, so böse und so misslich,

Wahnsinnig, närrisch, töricht, toll.

Liebfraue doch ist wundervoll

Und ist so wunderschön und gut,

Daß ich mit allem, Kunst und Mut,

Bestrebt, zu malen sie auf Beste,

Das wird mir selbst zum Freudenfeste,

Wenn malen darf ich ihre Brüste,

Und wenn ich etwas Schöners wüsste,

Als ich gemalt auf diesem Bild,

So weiht ich es Liebfrauen mild,

Daß jedes Kind sie möge loben.

Der Satanas begann zu toben

Und griff den frommen Maler an,

Daß alsogleich der fromme Mann

Zu Unsrer Lieben Frauen schrie,

Da streckte Unsre Frau Marie

Aus ihrem Bilde an der Wand

Entgegen ihm die rechte Hand!

Der Satan floh mit lautem Schrei

Und ließ den frommen Künstler frei,

Der sah Maria trunkner Schau,

Des sei gelobt die Liebe Frau!



DER ALTE


WANDERER

Ich wandre durch die Nacht der Winterzeit,

Ein harscher Frost durchschneidet meine Seele,

Der Wintersturm durchstürmt den müden Körper,

Erschöpft bin ich und meine fast zu sterben,

Da seh ich eine Hütte und ein Licht,

Ob sie mich bergen vor dem scharfen Frost?

Ich klopfe an die Tür mit letzter Hoffnung.

DER ALTE

(Öffnet)

Willkommen in der guten Stube, Mann,

Ich habe grad den Ofen angeheizt,

Auch weiß ich, wie du dich erwärmen kannst:
Ich habe Rotwein von dem Berge Karmel!

WANDERER

Wohnst du allein in dieser Hütte, Alter?

DER ALTE

Ein wunderschönes Mädchen wohnt bei mir,

Sie ruht allein in ihrem Schlafgemach,

Ein kleiner Knabe ist bei uns,

Er spielt allein in seinem Kinderzimmer.

Komm doch herein, wenn wir nur leise sind,

Dann können wir uns an dem Rotwein wärmen.

WANDERER

Ich fühlte keine Liebe in der Welt,

Der Winter der Natur ist schon so streng,

Viel strenger noch die kalten Menschenherzen,

Die nicht aus Fleisch sind, sondern Steinen gleichen.

DER ALTE

Ja, schwarze Wolken hängen schwer und traurig

Am tiefen Himmel über dieser Welt,

Wir alle sind versucht, in Traurigkeit

Und Kümmernis der Schwermut zu ertrinken.

WANDERER

Du wohnst hier in der warmen lichten Hütte,

Du hast ein wunderschönes Mädchen bei dir,

Ein kleiner Knabe spielt in deinem Haus,

Was redest du denn da von Traurigkeit?

DER ALTE

Die Traurigkeit, von der ich rede, ist

Die unbesiegbar-schwarze Schwermut, Freund,

Die goß der liebe Gott in meine Seele,

Als ich geboren ward im Nebelmond.

Die Traurigkeit, die Gott in mich gegossen,

Das ist die Traurigkeit des Jammertals,

Das ist die Traurigkeit der großen Trübsal,

Das ist der Trübsinn in dem Tal der Tränen,

Das ist die Einsamkeit in dem Exil

Und die Verlorenheit auf dieser Erde.

WANDERER

Ich höre, du bist sehr intim vertraut

Mit dieser Traurigkeit, du kennst sie gut.

DER ALTE

Der liebe Gott hat mir das Herz verwundet,

Mit einem Feuerpfeil mein Herz verwundet,

Die Spitze dieses Pfeiles war voll Gift,

Die Spitze dieses Pfeils war voll Blei,

Nun blutet mir das wundgeschlagne Herz

Und blutig sind die Tränen meines Herzens.

WANDERER

Warum tat dir der liebe Gott das an?

DER ALTE

Das ist das Ganzbrandopfer meines Herzens,

Das ist wie ein Martyrium des Herzens,

Das opfre ich dem Herrn für die Erlösung

Der Welt von ihrer Todestraurigkeit.

WANDERER

Ich höre deinen sanften Worten zu

Und Tränen steigen auf zu meinen Augen.

DER ALTE

Ich habe alle Psalmen durchgebetet

Und alle langen Monologe Hiobs

Und alle Klagelieder Jeremias

Und alle Weisheitsworte Koheleths

Und blieb doch trostlos-traurig, desolat!

Was sprach die weise Mutter Lemuels?

Mein Sohn, gib nicht den Königen vom Wein,

Doch gib den Traurigen, den Elenden,

Gib den Verzweifelten und Hoffnungslosen

Vom roten Wein und von dem scharfen Rauschtrank!

WANDERER

Der Spiritus ist doch der Tröster Gottes.

DER ALTE

Schau hier die Flasche mit dem roten Wein,

Die runde Flasche ist wie eine Frau,

Der scharlachrote Wein ist Blut und Seele,

Das purpurrote Traubenblut ist Liebe!

WANDERER

Die Weisen suchten immer nach der Weisheit

Und nach dem Quell des Lebens und dem Wasser

Des Geistes, doch sie fanden nicht die Weisheit,

Bis einer sah dem Rotwein auf den Grund

Und fand im roten Wein verborgen Wahrheit.

DER ALTE

Ich trinke dieses erste Glas voll Wein,

Das zweite Glas trinkt schon das erste Glas,

Das dritte Glas trinkt schließlich meine Seele.

WANDERER

Ich liebe sehr die Schönheit schöner Frauen,

Doch wenn ich erst vom Wein getrunken habe,

Wird jede Dirne eine Liebesgöttin!

DER ALTE

Mich fragte einmal eine kluge Frau,

Wie ich dem Bruder Tod begegnen wolle,

Ob in dem Bette einer lieben Frau,

Ob zu den Klängen einer frommen Harfe?

Ich sprach: Ich möchte sterben tief betrunken!

WANDERER

Wir wollen heute schon betrunken sein!

DER ALTE

Ich habe mir ein Maß gesetzt, entsagend,

Nur Eine Flasche Wein als Medizin,

Mein Tröster und mein Arzt empfiehlt es mir.

Doch wenn ich weiß, es naht die Todesstunde,

Dann feire ich mit einem Faß voll Wein,

Uraltem Wein vom Karmel! – Gute Nacht!




AN SCHWESTER MIRJAM


Es kleidet uns die Mutter unsres Herrn

Mit dem Gewand des Heiles und der Reinheit.

Maria, schöne Jungfrau Morgenstern,

Uns kleidet mit Gerechtigkeit und Einheit.


Gebet am Fest der Karmelkönigin:
O Mutter, du vermittelst uns die Gnade!

Zieh heim die Seele, zieh die Sünderin

Und heile sie von allem Fleck und Schade


Und zieh ihr an das Kleid des Heils, der Huld

Und weih die Seele neu zum Gotteskind!

Ich bin dein Kind, Maria! All mein Kult

Und alle Lieder für die Mutter sind.


Als Gottesmutter du erwählst die Seelen,

Du führst sie zu dem Sohn und Bräutigam,

Das bräutliche Gewand wird auch nicht fehlen,

Schön kleidet seine Nymphe Gottes Lamm!


Maria pflanzte auf dem Karmelgipfel

Lustgartenparadies des Himmelskönigs!

Die Palmen neigen ihrer Wedel Wipfel,

Die Zeder preist den auferstandnen Phönix!


Geliebte Schwester Mirjam, letztes Jahr

Hat Unsre Frau dir schon ihr Kleid geliehn.

Dann kam die Probezeit, da wunderbar

Die Waffenrüstung trugest du für Ihn.


Nun willst du, o Geliebte, wiederum

Dich Gott dem Herrn zur Ehefrau vermählen!

Dies keusch-erotische Mysterium

Ist Gnade der Madonna reinen Seelen.


Am Freudenfest der Karmelkönigin

Maria führt dich in des Sohnes Nähe.

Dein Name, Mirjam, ist von tiefem Sinn,

Maria lebte selbst die Gottes-Ehe.


Der Mutter deine Dankbarkeit erweise,

Denn geht die Seele in dem Karmelkleid,

Daß Christus an dem Kreuze sie lobpreise,

Sie preise auch die Mutter benedeit.


Den alten Menschen aber ziehe aus

Und täglich zieh den neuen Menschen an.

Verlasse du der Sünde Freudenhaus,

Dir Ehefrau ist Gott dein Ehemann!


Gerecht sollst sein du durchs Geschenk der Gnade,

Rein, wie einst Eva war im Paradies,

Bevor die Schlange brachte Scham und Schade,

Rein sollst du sein, wie Edens Eva süß!


Du strebe also nach Vollkommenheit,

Der Taufe weißes Kleid bewahre rein.

Maria folge nach in Heiligkeit,

Maria möge stets dein Vorbild sein.


Die Bibel sagt uns manches Wort Marias,

Kurz ist die Rede nur, doch schön und hold,

Und meditieren Bräute des Messias

Die Schrift, strahlt Unsre Frau in reinem Gold.


So kam der Engel der Verkündigung,

Daß ich dir nun Marias Worte nenne,

Madonna sagte, vierzehn Jahre jung:
Wie wird das, da ich keinen Mann erkenne?


Ihr Ja sagt zu Jungfräulichkeit und Reinheit

Maria, schenkt den Leib, das Herz, den Geist

Nur Gott dem Herrn zur ehelichen Einheit,

Mit Ganzhingabe Gottes Liebe preist!


So hat dem Ewigen sie wohlgefallen

Und Gott empfing Marias Ganzhingabe,

Der Schöpfer machte fruchtbar über allen

Sie, Gottesmutterschaft war Gottes Gabe.


Maria schaute ins Mysterium

Der heiligen Jungfräulichkeit sehr tief,

Die Jesus pries im Evangelium,

Die Jungfrau lebt mit Jesus intensiv!


Wer’s fassen kann, der möge es erfassen,

So lobte Jesus die Jungfräulichkeit.

Marias Herz, fast heiter ausgelassen,

Aufjubelte in höchster Seligkeit,


Als sie erfuhr, was Gott bereitet denen,

Die Gott vor allen andern Wesen lieben!

Dies schenkt Maria mütterlich auch jenen

Geliebten, die stets Jesus treu geblieben.


Marias Lieblingskindern schenkt sie dies:
Jungfräulichkeit, der Liebe Ganzhingabe!

Marias Liebling wie die Mutter süß

Die Fruchtbarkeit der Großen Mutter habe,


Als Jungfrau wunderbarer Fruchtbarkeit

Zu Kindern viele Seelen sie empfange

Und jauchzend einst der Seele Seligkeit

Im Freudengartenparadies erlange!


Schau, Gottes Jungfrau ist so strahlend schön

Im weißen Seidenkleid, im weißen Schleier!

Gott wie die Jungfrau auch die Seele krön,

Die Gott sich hingibt auf der Hochzeitsfeier!


Als Nymphe ruft zur Hochzeit dich das Lamm!

Im Paradies singst du das Liebeslied,

Weil Gottes Weisheit ist dein Bräutigam

Und du bist Gottes Freundin Sulamith!


MARIAS BRÜSTE


Mein Herz verzehrte sich in Leidenschaft

Und brannte schmerzlich in der Feuersglut,

Daß ich gelähmt in meinem Körper lag

Und große Sehnsuchtsschmerzen tragen musste!

Der Atem war in meiner Brust belastet,

Mir fiel das Atmen schwer vor Traurigkeit!

Den ganzen Tag lag so ich auf dem Bett,

Bis nachts zu mir des Trostes Predigt kam:

Die Liebe Gottes nicht besteht darin,

Daß du zuerst den lieben Gott geliebt,

Die Liebe Gottes ist vielmehr die Liebe,

Mit der die Gottheit dich zuerst geliebt!

So sagte ja schon der Prophet Hosea:
Gott nahm dich zärtlich liebend in die Arme

Und herzte dich mit lieben Vaters Liebe

Und süßer mütterlicher Zärtlichkeit.

Als ich die Predigt dieser Liebe hörte,

Da brachen Tränen mir aus meinen Augen,

Die Tränen stiegen auf von meinem Herzen,

Und immer neue Tränen weinend, hörte

Ich unter Schluchzen weiter zu der Predigt:

Die Allbarmherzigkeit der Gottheit ist

Wie viele Mutterschöße voll Erbarmen!

Da ich die Predigt dieses Trostes hörte,

Da schaute ich zum Bild von Leonardo,

Das über meinem Hausaltare hängt,

Da Gottes Mutter stillt das Jesuskind.

Mich lehrte nämlich einst ein weiser Mönch,

Im Jesuskind mich selber anzuschauen

Und in der Gottesmutter Gottes Liebe,

Die Mutterliebe Gottes anzuschauen.

Ich betete vor diesem Gottesbild:
Gott, meine Mutter, nimm mich an die Brust!

Da merkte ich des nachts in meiner Wohnung,

Wie die Madonna mir als Geist erschien,

Und während ich auf meinem Sofa lag,

Trat Unsre Liebe Frau im weißen Kleid

Zu mir und öffnete das weiße Kleid,

Entblößte ihre makellosen Brüste

Und legte mich als Kind an ihre Brust!

Sie sprach zu mir: Liebkose meine Brüste!

Ich streichelte die makellosen Brüste

Und legte zwischen ihre Brüste mich

Und nahm dann eine Brust in meinen Mund

Und sog aus ihrer Brust die Milch des Trostes.

Dann hob Madonna mich an ihre Wange,

Da durfte streicheln ich ihr Angesicht,

Da durfte streicheln ich die weiche Wange

Und ihr die Haare aus der Stirne streichen

Und streicheln auch das Läppchen an dem Ohr.

Das war so süß, das war so liebeviel!

Ja, die Madonna sprach den Vers der Liebe:
Das ist so liebeviel, so liebeviel!

Dann aber sprach die ernste Gottesmutter:
Mein Sohn, du wirst noch viel zu leiden haben!

Doch jetzt vereinige dich ganz mit mir!

Ich sprach: Wie kann ich mich vereinigen

Mit dir? Da lag ich in Mariens Arm

Und so, als ob mit einer Lichtgestalt

Wie Licht mit Licht ich mich vereinigte,

Und so, als ob zwei Seelen oder Geister

Verschmolzen sind zu einem Einig-Eins,

Verschmolz ich mit der Unbefleckten Jungfrau!

Da sprach sie leise flüsternd, lieblich lächelnd:
Wie in dem Siebenten Gemach der Burg

Sollst du im Innersten des Heiligtums

Mit mir vereinigt sein im Geist der Liebe!

Dann schwebte in den Himmel auf Maria,

Als flöge sie mit Flügeln in das All,

Die Himmelspforte ließ Maria ein,

Die Himmelspforte schloß sich wieder. Ich

Blieb auf der Erde, aber war getröstet

Und sang der Jungfrau noch ein Halleluja.

Getröstet ging ich schlafen in mein Bett

Und wachte auf am Morgen guten Mutes

Und las in dem prophetischen Jesaja:
Ich, Gott, will trösten euch wie eine Mutter!

Nun freut euch, die ihr traurig seid gewesen,

Denn die jungfräuliche Jerusalem

Lässt euch an ihren vollen Brüsten saugen,

Lässt euch die süße Milch des Trostes trinken

Aus ihrer glanzvoll-reichen Mutterbrust!