Von Josef Maria Mayer
„Versäume auch Du nicht den Nymphen und Nixen fernerhin poetisch zu huldigen.“
(Goethe an seinen Sohn)
ZEBAOTH UND DIE HARFE
Zebaoth schuf selbst die Harfe,
Schuf sie selber auf dem Karmel.
Wovon ist der Bauch der Harfe?
Von der weißen Schleierbirke.
Wovon sind der Harfe Schrauben?
Aus dem Aste der Kastanie.
Wovon sind der Harfe Zungen?
Aus dem Schweifhaar weißer Stute.
Herre Zebaoth rief selber
Zu sich Junggesellen, Jungfraun,
Um zu spielen mit den Fingern:
Wonne kam da nicht zu Wonne,
Spiele stimmten nicht zu Spielen.
Zebaoth rief Ehemänner,
Mönche rief er, alte Priester:
Wonne kam da nicht zu Wonne,
Spiele stimmten nicht zu Spielen.
Zebaoth rief junge Mädchen,
Zebaoth rief die Propheten:
Wonne kam da nicht zu Wonne,
Spiele stimmten nicht zu Spielen.
Setzte Zebaoth sich ruhig
In den Thronstuhl auf dem Karmel,
Nahm mit seiner Hand die Harfe,
Strich die Saiten mit den Fingern,
Zebaoth die Harfe spielte,
Zebaoth den Psalter spielte,
Hymnen, religiöse Oden.
Da ward Spiel zum Liebesspiele,
Wonne wurde zum Ergötzen!
Fand man keinen in dem Lande,
Der da schritt auf seinen Beinen,
Die da trippelte auf Füßchen,
Denen es nicht höchste Lust war,
Herre Zebaoth zu lauschen!
Auch die Hirsche in den Wäldern
Röhrten freudig vor Entzücken,
Lerchen oder Nachtigallen
Jubilierten vor Entzücken,
In dem Jordan die Forellen
Und im See von Galiläa
Alle Petersfische jauchzten!
Venus selbst im Mittelmeere
Freute sich auf ihrer Muschel,
Ließ die rötlichblonde Haarflut
Flattern um die festen Brüstchen!
Herre Zebaoth höchstselber
Weinte große Freudentränen,
Tropften ihm aus seinen Augen
In den langen weißen Vollbart,
Auf den Saum des Purpurmantels,
Auf die sieben schönen Röcke!
ABSCHIED VON DER MUTTER
Wo bist du so lang gewesen,
Söhnchen mein im Rosengarten?
War im Stalle, liebe Mutter,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
Wovon ist dein Arm so blutig,
Söhnchen mein im Rosengarten?
Weil die Stute mich getreten,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
Wovon ist dein Mantel blutig,
Söhnchen mein im Rosengarten?
Hab erschlagen meinen Bruder,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
Wohin willst du auswärts wandern,
Söhnchen mein im Rosengarten?
Wandere nach China, Mutter,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
Wann kommst du zurück nach Hause,
Söhnchen mein im Rosengarten?
Wenn die Krähe weiß wie Schnee ist,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
Wann wird weiß wie Schnee die Krähe,
Söhnchen mein im Rosengarten?
Wenn der Fels schwimmt auf dem Meere,
Doch zu dir komm ich nie wieder.
HERMANNS MUTTER
Morgens frühe nach dem Sonntag
Kämmte Hermann seinen Rappen.
Trat zu ihm hinzu die Mutter,
Brachte ihm drei goldne Äpfel:
Wohin reitest du, mein Hermann,
Wozu sattelst du den Rappen?
Meine Liebste will ich suchen,
Meine vielgeliebte Doris.
Suche nicht, mein Hermann, Doris,
Laß uns schicken nur den Rappen.
Nein, sprach Hermann, nicht so, Mutter,
Daß ich mir die Gäste lade,
Aber selbst zuhause bleibe.
Daß den Hals sich Hermann breche,
Hermann nie nach Hause kehre,
Also fluchte Hermanns Mutter.
Aber Hermanns Freunde fuhren,
Spielten Lauten und Gitarren,
Spielten Flöten und Trompeten,
Spielten Tamburin und Trommel.
Als sie zu der Wiese kamen
Unter jener grünen Eiche,
Brach sich einen Fuß der Rappen
Und es brach den Hals sich Hermann!
Seine Freunde standen lange
Sich beratend unterm Baume,
Spielten dort die Instrumente,
Sie befragten Hermanns Seele:
Sollen wir zu Doris fahren?
Hermanns Seele gab zur Antwort:
Musiziert und fahrt zu Doris,
Meinem Goldschatz, meiner Freude.
Wird sie zwar nicht meine Gattin,
Soll sie freien doch mein Bruder.
Also Hermanns Freunde fuhren,
Spielten Lauten und Gitarren,
Spielten Flöten und Trompeten,
Spielten Tamburin und Trommel.
Als sie in den Garten kamen,
Sprachen sie vor Doris’ Hause:
Komm, o Doris, tu die Tür auf
Und begrüß die Hochzeitsgäste!
Doris öffnete die Türe,
Grüßte lieb die Hochzeitsgäste
Und erschrak doch gleich und fragte:
Wo ist denn mein Freier Hermann?
Freier Hermann blieb zu Hause,
Deckt den Tisch schon für die Gäste,
Sprachen Hermanns Freunde leise.
Doris sprach: Das ist was Neues,
Daß die Braut nicht holt der Freier,
Daß der Freier bleibt zu Hause
Und den Tisch deckt für die Gäste.
Wehrte Mütterchen Elfriede,
Doris ihnen mitzugeben.
Laß uns, Mütterchen Elfriede,
Laß uns Doris dir entführen.
Und das Mütterchen Elfriede
Doris gab das schönste Kleidchen,
Führte sie aus ihrem Hause
Und beweinte ihre Tochter.
Also Hermanns Freunde fuhren,
Spielten Lauten und Gitarren,
Spielten Flöten und Trompeten,
Spielten Tamburin und Trommel.
Kamen sie zur grünen Wiese
Unter jener grünen Eiche,
Schaute Doris aus dem Wagen,
Sah sie rotes Blut am Boden!
Das ist Hermanns Blut, ah weh mir!
Nein, so sprachen Hermanns Freunde,
Das ist Blut nicht eines Menschen,
Sondern Hermann schoß die Hirschkuh,
Seine Gäste zu bewirten.
Also Hermanns Freunde fuhren,
Spielten Lauten und Gitarren,
Spielten Flöten und Trompeten,
Spielten Tamburin und Trommel.
Als sie kamen zu dem Hause
Hermanns, kam die Mutter Hermanns,
Grüßte sie die Mutter Hermanns,
Sprach zu Doris Hermanns Mutter:
Sei gegrüßt, du Braut voll Unglück,
Eh zur Gattin nahm dich Hermann,
Hat er sich den Hals gebrochen!
Schau, da klang die Sterbeglocke
An der nahen Kirche Gottes.
Das ist Hermanns Sterbeglocke,
Rief entsetzt die schöne Doris,
Stach den Dolch sich in den Busen!
So begraben wurden beide,
Bräutigam und Braut begraben.
DIE SCHLANGENBRAUT
Mutter, du willst mich vermählen
Und du fragst mich gar nicht, Mutter,
Ob ich eine Ehe möchte!
Mich, o Mutter, liebt die Schlange,
Eine Schlange, eine Schlange!
Heute Abend kommt die Schlange,
Kommt die große Schlangengöttin
Mit dem jungen Schlangensohne!
Ohne Sturmwind stürzt der Wald ein,
Ohne Feuer brennt die Stadt ab,
Ohne Hunde hört man Bellen,
Rauben wird mich dann die Schlange!
Sprach zu Michael die Mutter:
Michael, mein liebes Söhnchen,
Warum sagst du’s nicht der Mutter?
Wasser gieße ich aufs Feuer.
Kaum dass dies gesagt die Mutter,
Stürzt der Wald ein ohne Sturmwind,
Brennt die Stadt ab ohne Feuer,
Hört man Bellen ohne Hunde,
Michael ward fortgerissen
Von der großen Schlangengöttin!
DIE SCHLANGENKÖCHIN
Wo bist du gewesen, Söhnchen,
Wo bist du gewesen, Liebling?
War im Walde, liebe Mutter,
Mach mein Bett, ich will nun ruhen.
Wo denn aßest du zu Mittag,
O mein Söhnchen, o mein Liebling?
Aß bei meiner Vielgeliebten,
Mach mein Bett, ich will nun ruhen.
Was denn aßest du zu Mittag,
O mein Söhnchen, o mein Liebling?
Ich aß einen Aal mit Sauce,
Mach mein Bett, ich will nun ruhen.
Was ward denn aus deinem Pferde,
O mein Söhnchen, o mein Liebling?
Tot ist nun mein Pferd, o Mutter,
Mach mein Bett, ich will nun ruhen.
Ach mein Sohn, du bist vergiftet,
Dich vergiftete die Liebe!
Mich vergiftete die Liebe,
Mach mein Bett, ich will nun ruhen.
RITTER PETER
Ritter Peter liebte Eva,
Ruhten oft sie Brust an Brüsten,
Kosten sich in stiller Kammer,
Spielten süße Lust der Liebe.
Wie nun wird dein Leben, Eva,
Reite ich in ferne Länder,
Eine makellose Jungfrau
Mir zur jungen Braut zu nehmen?
Das ist gleich mir, ob ich sterbe,
Oder ob noch lacht das Leben,
Reitest du in ferne Länder,
Eine junge Braut zu freien.
Doch dann sprach die schöne Eva,
Tränen in den blauen Augen:
Wer ist denn das junge Mädchen,
Die du dir zur Braut erkoren?
Die liebreizende Prinzessin
Ist die süße Jungfrau Alma,
Der ich vorm Altare Christi
Reichen werde meine Hände.
Leise sagte Eva wieder,
Als die Stimme wiederkehrte:
Wann trag ich zu deiner Hochzeit
Meine schönsten Prachtgewänder?
Morgen sollst du sie schon tragen,
Deine schönsten Prachtgewänder,
Dann empfange freundlich, liebreich
Die liebreizende Prinzessin!
Wenn du sie empfängst mit Liebe,
Nenne ich dich meine Schwester,
Meine Schwester Margarethe
Nenn ich dich, geliebte Eva.
Harfen klangen, Flöten tönten
Und es sangen Knabenchöre,
Als die reizende Prinzessin
Ritt herbei auf schwarzem Hengste.
Schritt sie auf dem roten Teppich
Bis zum Ehrenplatz, dem Thronsitz,
Saß sie dort auf samtnem Kissen,
Thronend in des Thrones Sessel.
Frug die reizende Prinzessin
Ritter Peter, ihn betrachtend:
Wer ist dort die schöne Dame,
Die den Wein schenkt ein den Gästen?
Das ist Fraue Margarethe,
Meine vielgeliebte Schwester,
Die da einschenkt unsern Gästen
Edlen Rotwein der Franzosen.
Ist es Fraue Margarethe,
Deine vielgeliebte Schwester,
Was ist so betrübt ihr Antlitz,
Sind die Augen voller Tränen?
Ihre Augen sind voll Tränen,
Ihre Seele ist voll Kummer,
Weil der Tod jüngst ihren Gatten
Raubte aus dem Ehebette.
Weint sie über ihren Gatten,
So beende ihren Kummer,
Soll sie meinen Bruder Georg
Wählen sich zum Ehegatten.
Ach ich kann es nicht begründen,
Weiß nicht, was das soll bedeuten,
Aber deinen Bruder Georg
Kann sie nicht zum Gatten nehmen.
Kam die blaue Abendstunde,
Abendtau vom Abendsterne.
Peter führte in die Kammer
Die liebreizende Prinzessin.
Zog ihm Eva aus die Schuhe,
Löste seiner Schuhe Senkel,
Flossen leise Trauertränen
In den Schoß der schönen Eva.
Zog sie aus den Ritter Peter,
Es zersprang ihr Herz im Busen:
Schlafe schön im Arm des Mädchens,
Plage nimmer dich die Reue!
Sprach die reizende Prinzessin,
Flehend bat sie Ritter Peter:
Wer ist diese feine Dame,
Die bedient uns an der Tafel?
Das ist Fraue Margarethe,
Meine vielgeliebte Schwester,
Die uns auf das Bett zur Hochzeit
Breitete das weiße Laken.
Ist es Fraue Margarethe,
Deine vielgeliebte Schwester,
Warum tropfen große Tränen
Auf die schöngewölbten Wangen?
Der, um den die Dame trauert,
Scheint mir nah zu sein, mein Peter,
Und ich denke, du bists, Peter,
Dich beweint die schöne Dame!
Ja, ich kann es nicht verleugnen
Und ich muß es dir bekennen:
Eva heißt die schöne Dame,
Die ich hab für dich verlassen.
Eva in der Morgenröte
Flüstert vor dem Brautgemache:
Reine Jungfrau, süße Jungfrau,
Bist du schon erwacht vom Schlafe?
Und da sprach das junge Mädchen,
Alma gab zur Antwort Eva:
Hab geschlafen noch bis eben,
Doch nun bin ich aufgestanden.
Alma kämmte sich die Haare,
Lange rötlichblonde Haare:
Dieses Hochzeitsbett, o Eva,
Fortan stille deine Sehnsucht!
Meine goldne Hochzeitskrone
Und mein Ehering aus Feindgold
Soll nun dein sein, schöne Dame,
Ritter Peter liebt ja Eva.
Feire Hochzeit, schöne Dame,
Werde glücklich, liebe Eva,
Und so schenk ich dir die Liebe
Peters für das ganze Leben.
Solches lächelnd sagte Alma,
Deckte Eva mit dem Laken:
Liebt euch mit der Liebe Gottes,
Werdet selig durch die Liebe!
Ich bin doch noch immer Jungfrau
Und ich will auch Jungfrau bleiben,
Will als Karmeliter-Nonne
Die Verlobte Christi werden!
Sprach sie, als sie aus dem Schlosse
Ritt auf ihrem schwarzen Hengste:
Ewig ruhe Gottes Segen
Hier auf allen Menschenkindern!
TOM DER REIMER
Tom lag einst an grünen Hügeln,
Als er sah der Schönheit Wunder,
Sah die allerschönste Dame
Herrlich reiten ihren Schimmel.
War ihr Kleid von grüner Seide,
War von Samt der Sternenmantel,
In der Mähne ihres Schimmel
Klangen hundert Silberglocken.
Tom nahm seinen Hut vom Haupte,
Sank in seine Knie anbetend:
Heil dir, Königin des Himmels,
Allerschönste, Ohnegleiche!
Sprach zu Tom die schöne Dame:
Nein, ich bin nicht die Madonna,
Bin die Königin der Elfen,
Reine Jungfrau Gloriana.
Eile, Tom, und mich begleite,
Komm mit mir, der Elfengöttin,
Küss mich mit des Mundes Küssen,
Und dann widme mir dein Leben.
Ob es Weh sei oder Wohl sei,
Dennoch möchte ich dich küssen,
Küssen deine roten Lippen,
Sagte Tom, da wars geschehen.
Nun musst du mit mir auch gehen,
Liebster Tom, musst mit mir wandeln,
Dienen mir für sieben Jahre,
Ob es Wohl sei oder Weh sei.
Also sprang sie auf den Schimmel,
Tom sprang auch auf ihren Schimmel,
Riß die Dame an dem Zügel,
Flog der Schimmel wie der Sturmwind.
Weiter ritten sie und weiter,
Flog der Schimmel wie der Sturmwind,
Bis sie fern vom Land des Lebens
Kamen in der Öde Mitte.
Sitz nun ab, mein Vielgeliebter,
Leg dein Haupt auf meine Schenkel,
Ruhe aus von deinen Mühen,
Ich will dir ein Wunder zeigen.
Siehst du dort den Weg, den schmalen,
Siehst du dort den Weg voll Dornen?
Schau, das ist der Weg der Tugend,
Den nur selten einer wandelt.
Siehst du dort an sanften Hügeln
Jenen breiten Weg voll Rosen?
Schau, das ist der Weg des Lasters,
Vielen scheint er paradiesisch.
Siehst du dort den Labyrinthweg
Labyrinthisch durch das Farnkraut?
Ist der Weg ins Reich der Elfen,
Diesen Weg geht man im Mondschein.
Tom, du musst nun schweigen stille,
Was dein Aug und Ohr vernommen,
Redest du im Reich der Elfen,
Kehrst du nimmer in die Heimat.
Weiter ritten sie und weiter,
Ritten durch die wilden Ströme,
Sahen weder Mond noch Sonne,
Hörten nur des Meeres Brandung.
Schwarz die Nacht, kein Stern am Himmel,
Ritten sie durchs Blut, das rote,
Alles Blut des Menschenmordes
Nämlich quillt ins Reich der Elfen.
Kamen sie zu einem Garten,
Brach die Dame einen Apfel:
Tom, verspeise diesen Apfel,
Immer wirst du Wahrheit reden!
Aber Tom sprach: Meine Zunge!
Schöne Gabe wär die Wahrheit!
Soll ich stets die Wahrheit sagen
In dem Handel mit den Händlern?
Soll den Fürsten Wahrheit künden
Und den Frauen nicht mehr schmeicheln?
Still nur, sprach die schöne Dame,
Wie ich’s will, so solls geschehen.
Tom trug einen Rock von Seide,
Den gab ihm die schöne Dame,
Sieben wunderschöne Jahre
Ward er nicht gesehn auf Erden.
DER RITTER UND DIE ELFEN
Ich bin nur ein armer Ritter,
Wollte eine Dame freien,
Ritt ich durch den Rosengarten,
Legte mich in grüne Gräser.
Lag mein Haupt am sanften Hügel,
War mein Auge schlummertrunken,
Drei Jungfrauen kamen lieblich,
Wollten Worte mit mir wechseln.
Ging die eine, ging die andre
Und die dritte Jungfrau flüstert:
Schöner Ritter, hör mich fragen:
Möchtest du im Kreise tanzen?
Höre, lieber schöner Ritter,
Liebst du auch die schönen Tänze?
Singt die Jungfrau dir Balladen,
Liebst du solche Liebeslieder?
Brachten einen goldnen Sessel
Sie, darin die Jungfrau ruhte.
Ich will dir die Wahrheit sagen:
Mein Gemüt war voller Wehmut!
Hob sie an, ein Lied zu singen,
War die Melodie romantisch,
Daß die Flüsse nicht mehr flossen,
Wie geströmt sind sonst die Ströme.
Wallte nicht mehr wild die Woge,
Sonst bewegten sich die Wellen.
Und die Fische in dem Flusse
Regten nicht mehr ihre Flossen.
Und die kleine Bachforelle
Ließ die flinken Flossen ruhen.
Und die Rehe in dem Walde
Hüpften nicht mehr jung und lustig.
Und der Hindin Zwillingskitze
Hüpften nicht mehr froh im Walde.
Und im Busch die Nachtigallen
Schlugen nicht mehr süße Schmerzen.
Und die Jungfraun tanzten reizend,
Wollte jede Hochzeit feiern.
Aber, ach, ich armer Ritter,
Spielte mit der Hand im Barte.
Da kam eine der Jungfrauen,
In den Händen einen Becher,
Goß den Wein auf ihren Busen,
Wollt ich wahrlich sie erkennen.
Liebe Schwester-Braut, o Jungfrau,
Komm ich nicht mehr zu Besinnung?
Heb den Becher an die Lippen,
Ritter, spüle deine Kehle!
Jungfrau mit dem Rosenmunde
Und den süßen Purpurlippen,
Mit dem Becher an dem Munde,
Wie gefährlich sind die Elfen!
Trank der Ritter leer den Becher,
Spülte mit dem Wein die Kehle,
Und die Elfen applaudierten,
Glaubten schon zu triumphieren.
Höre, Schwester-Braut, o Jungfrau,
Reit mit mir auf meinem Rappen,
Reite fort auf meinem Hengste,
Daß uns nicht die Elfen fangen.
Führst du mich in ferne Länder,
Bis zum Ende dieser Erde,
Ritter, muß ich doch zurücksein,
Wenn erscheint die Morgenröte.
Gott gab mir aus reiner Gnade,
Daß der Hahn den Schrei geschrieen,
Sonst wär ich mit jener Elfe
In dem Elfenhain verschwunden!
Darum rat ich jedem Jüngling,
Künd die Botschaft jedem Ritter:
Schlafe nicht im Elfengarten,
Könnt ein Übel dir geschehen!
DES PRIESTERS LIEBE
Schafe weidete der Knabe,
Dacht nicht, dass er Priester würde.
Mönch nicht, Priester ich nicht werde,
Steht mein Sinn nach jungen Mädchen!
Kam die Mutter eines Tages:
O mein Söhnchen, du bist weise!
Gehe heim und laß die Schafe,
Gehe eilig in die Schule!
Lerne Weisheit! Werde Priester!
Sage Lebewohl den Mädchen!
Waren doch die schönsten Mädchen
Mutter Annas sieben Töchter,
Strahlten sie vor andern Mädchen,
Wie der Mond glänzt vor den Sternen,
Ritten sie auf weißen Pferden
Bei dem Ablassfest der Kirche,
Grüne Seide ihre Kleider,
An den Hälsen Perlenketten.
Und die Jüngste ist die Schönste!
Und man sprach: Der Jüngling liebt sie!
Liebten mich bereits sechs Schüler,
Alle Priester sind geworden.
Und nun sollst du sein der siebte?
Ach da bräch mein Herz vor Kummer!
Er empfing die Priesterweihe.
In dem Tor stand Genoveva.
Vor der Tür saß Genoveva,
Fleißig webend an dem Webstuhl.
Jüngling, glaube mir von Herzen,
Nicht empfang die Priesterweihe!
Nicht empfang die Priesterweihe!
Denk an deine Jugendliebe!
Sprach der Jüngling: Kann zurück nicht,
Kann nicht schwören einen Meineid.
Weißt du nicht von dem Gerede,
Wie die Weiber uns beschnattern?
Hast du meinen Ring verloren,
Den ich dir geschenkt beim Tanzen?
Hab noch immer deinen Goldring,
Gott nahm ihn von meinem Finger!
Komm zu mir zurück, Geliebter,
Will mit dir mein Leben teilen.
Kehr zu mir zurück, Geliebter,
Wo du hingehst, will ich hingehn.
Ziehe an die Holzpantoffeln,
Tu für dich als Magd die Arbeit.
Hörst du nicht auf meine Bitte,
Bring du mir die Letzte Ölung!
Ach, ich kann dir nimmer folgen,
Denn ich trage Gottes Ketten!
Gottes Hand hält mich gefesselt!
Ich empfang die Priesterweihe!
Wurde er geweiht zum Priester,
Las im Schlosse er die Messe.
Genoveva war gekommen,
Dort der Messe Sang zu hören.
Genoveva schaute alle
Christen vor Entsetzen schaudern!
Sagt mir, alte fromme Damen,
Ist die Messe schon zuende?
Der die Messe zwar begonnen,
Konnte nicht zuende lesen,
Konnte nicht zuende singen,
Weinte heiß um Genoveva!
Seine Tränen überströmten
Und benässten Gottes Bibel!
Nahte weinend Genoveva
Und umschlang die Knie des Priesters!
Halte ein, um Christi willen,
Weil ich sonst vor Liebe sterbe!
Er inzwischen ist ein Pfarrer,
Lebt in seiner Pfarrgemeinde.
Ich, der dieses Lied gesungen,
Hörte nachts ihn oftmals weinen.
Sah ihn aufgelöst in Tränen:
Genoveva ruht im Grabe!
DER GATTENMORD
Junker Jörg ging seine Straße,
Mirjam wandelte des Weges.
Mirjams Kranz von weißen Lilien
Strahlte glorreich wie die Sonne.
Wie war Mirjams Liebreizgürtel?
Ah, das war ein Muschelgürtel!
Junker Jörg und Mirjam speisten,
Zu dem Brot Gemüsesuppe,
Tranken Bier und aßen Käse.
Mirjam machte dann das Bett warm,
Junker Jörg ging gern zu Bette.
Als sie lange schlafend lagen,
Kam die Mutter an des Junkers:
Steh nun auf, du schöne Mirjam,
Weide Schafe, weide Lämmer,
Führ die Herde auf die Auen!
Mirjam ging mit ihren Lämmern,
Sprachen da die alten Hirten:
Mirjam, unsre liebe Freundin,
Warum ist voll Blut dein Messer,
Warum ist so rot dein Mantel,
Warum ist so rot dein Schleier?
Mirjam gab den Hirten Antwort:
Habe einen Hahn geschlachtet!
Mirjam, hast du auch getroffen
Junker Jörg an diesem Morgen?
Hast du etwa ihn ermordet?
Mirjam, rufe deinen Retter!
Mirjam flehte zu der Eiche:
Eiche, eile mir zu Hilfe!
Ächzend Antwort gab die Eiche:
Wie kann ich dir Hilfe bringen,
Werde selbst gefällt von Äxten,
Werde dann verbraucht als Bauholz.
Mirjam flehte zu der Birke:
Birke, mir erwirke Rettung!
Hauchend Antwort gab die Birke:
Wie kann ich dir Rettung schaffen?
Werden schon geheizt die Öfen,
Macht man aus den Birkenzweigen
Peitschen für die heiße Sauna!
Mirjam flehte zu der Tanne:
Tannenbaum, sei du mein Heiland!
Leise sprach die greise Tanne:
Wie soll ich dein Heiland werden?
Schlägt man ab die Tannenbäume,
Stellt im Haus sie auf zur Weihnacht.
Mirjam flehte zu der Pony:
Hilf mir, o mein gutes Pony!
Und zu Mirjam sprach das Pony:
Schwinge dich auf meinen Rücken,
Tragen will ich dich zum Meere.
An dem Meere lebt ein Fischer,
Er wird mit den Fischernetze
Mirjam aus dem Meere fischen!
DIE HEIMKEHR DES GATTEN
An dem goldnen Webstuhl webte
Mit dem Kamm von Elfenbeine
Eine Fraue wie ein Engel,
Webte wunderfeine Kleidchen.
Schwirrte auf und ab das Schiffchen,
Schwebte auf und ab das Füßchen,
Wie sie webte, rastlos, ruhlos,
Sang sie süße Liebeslieder.
Kam des Wegs heran ein Pilger,
Ritt auf einem schwarzen Rappen,
Hielt den Rappen an und grüßte:
Heil dir, wunderschöne Fraue!
Heil auch dir, o lieber Fremder!
Liebe Frau, wie ists gekommen,
Daß du dir noch keinen Mann nahmst
Zum vermählten Ehegatten?
Soll bei solcher Sündenrede
Dir krepieren gleich dein Rappe!
Ist mein Mann in fernen Ländern,
Schon zehn Jahre fern der Gatte!
Warte ich noch sieben Jahre,
Sieben Jahre voller Schmerzen,
Dann will ich als Karmelitin
Mich begraben in dem Kloster!
Frau, dein Mann ist hingeschieden,
Heimgegangen in den Himmel,
Ich hielt in der Sterbestunde
Seinen Kopf in meinem Schoße.
Rief zum Sakrament den Priester,
Las dem Toten Seelenmessen.
War das Testament des Toten:
Meine Frau wird dich belohnen!
Senktest ihn in Mutter Erde
Mutterschoß, ich wills dir danken,
Und das Geld der Seelenmesse
Will ich dir genau erstatten.
Doch ich küsste auch den Toten,
Lohne mir die frommen Küsse!
Willst du wieder haben Küsse,
Hol die Küsse dir vom Toten!
Liebe Frau, ich bin dein Gatte,
Heiß ersehnt von seiner Gattin!
Bist in Wahrheit du mein Gatte,
Heiß ersehnter Ehegatte,
Fremdling, sage mir in Wahrheit,
Künde, wie mein Haus gestaltet,
Daß ich öffne dir die Pforte,
Laß dich ein zur Abendstunde.
Die Kastanie an der Pforte
Und der Apfelbaum im Garten
Tragen Lasten reifer Früchte.
Eichhorn lebt dort und der Igel.
An der Pforte steht der Kasten
Mit den Flaschen voll des Weines.
Trinkt ein Mann vom roten Weine,
Kann er seinen Schmerz vergessen!
Das verriet dir unser Nachbar,
Denn man weiß es in der Gasse.
Soll ich dir die Pforte öffnen,
Sage mir von meinem Zimmer.
Eine goldne Lampe leuchtet
Über deinem weichen Bette,
Die erstrahlt, zieht du dein Kleid aus,
Nachts dich in das Bett zu legen.
Das verriet dir unser Nachbar,
Der durchs Fenster spionierte!
Soll ich öffnen dir die Pforte,
Sage mir von meinem Körper.
Hast auf deinem linken Brüstchen
Einen braunen Schönheitsflecken,
Dieses Muttermal, das kleine,
Sah ich auf dem nackten Brüstchen!
Kinder, Kinder! Lasst den Mann ein
Und empfangt ihn mit Verehrung!
Dieser ist mein Ehegatte,
Heimgekehrt in meine Arme!