Ein Poem von Josef Maria Mayer
Oma, deine Mutterliebe
Führte mich zur Gottesmutter,
Jungfrau, deine Mutterliebe
Führte mich zu Gott der Mutter.
ERSTER GESANG
DIE JUNGFRAU
Da Christus von der Jungfrau ward geboren,
Was ist es dann mit den antiken Helden,
Die auch jungfräulich sollten sein geboren?
Origenes wie auch John Henry Newman
Behaupten, Gott der Herr hat seine Welt
Aufs heiligste Mysterium vorbereitet,
Daß Gottes Sohn als Mensch geboren wird,
Indem der Herr Symbole gab der Menschheit,
Sie vorbereitend auf die Offenbarung.
Pythagoras und Platon, Alexander,
Sie sollten kraft der Zeugung eines Geistes
Geboren worden sein von einer Jungfrau.
Auch Simon Magus, Petri Widersacher,
Sprach, seine Mutter wäre eine Jungfrau.
Man sieht noch heut in Rom den Fußabdruck,
Den Simon Magus hinterließ, als er
Vor Petrus prahlte, dass er fliegen könne,
Als er dann jämmerlich zu Boden stürzte.
Justinus aber sprach, der Märtyrer,
Daß die Geburt des Herrn sich unterscheide
Von der Geburt Apollos oder Bacchus,
Weil Gott nicht warb erotisch um die Jungfrau,
Weil Gott nicht ihren Widerstand gebrochen
Und Gott sich nicht in sexueller Weise
Vereinte der jungfräulichen Maria,
Wie etwa Zeus es tat mit Semele,
Wie Zeus als Schwan begattete die Leda,
Wie Zeus es tat mit all den Erdenfrauen,
Die jemals der Olympier begehrte.
Justinus nur verspottete den Mythos,
Wie Danae empfing den Helden Perseus,
Weil Zeus als goldner Regen sie begattet.
Justinus sprach, das sei nur Travestie
Der Wahrheit, Teufelswerk und Schwarze Messe.
Denn Jupiters Geliebten nach dem Akt
Der sexuellen Einung mit dem Gott,
Sie blieben danach keine Jungfraun mehr.
Doch die Jungfräulichkeit Mariens ist
Nach der Verkündigung durch Gottes Engel
Geblieben. Doch schaut man Corregios
Gemälde von der schönen Danae
Und wie der Engel von der Schläferin
Das Laken hebt und wie der Lichtstrahl strömt,
Sieht man Corregios profane Fassung
Der englischen Verkündung an Maria.
Origenes führt die Legende an,
Daß Platon von Periktione ward
Geborn, nachdem Apollo Ariston,
Dem Gatten der Periktione, sagte,
Er solle sich enthalten von dem Beischlaf.
Origenes spricht von der Jungfraunzeugung,
Wie Schlangen wie von selbst entstehn aus Leichen,
Wie Bienen wie von selbst entstehn aus Ochsen,
Wie Wespen wie von selbst entstehn aus Pferden,
Wie Käfer wie von selbst entstehn aus Eseln.
So sprach Pythagoras auch im Ovid.
So sagte auch das Bestiarium,
Das Geierweib gebäre einen Geier
Ganz ohne dass ein Geier sie befruchte.
Laktanz verglich jedoch die Zeugung Jesu
Des Erichtoneus Stuten, die befruchtet
Der Nordwind hatte. Andre Christen wiesen
Die Parallelen in den Heidenmythen
Mit zorniger Entschiedenheit zurück.
Sank Epiphanius beklagte sehr,
Daß in dem Tempel der Persephone
In Alexandria ein Kult gefeiert,
Der Jesu Christi Ankunft auf der Erde
Verspottete, indem die Jungfrau Kore
Gebar als Sohn den göttergleichen Äon.
Origenes drang in den Logos ein,
Den Sinn, die Weltvernunft, das Gotteswort,
Und sagte dann, dass Jesus, der das Wort ist,
Empfangen durch die Engelsworte sei.
So sprach in Alexandrien schon Philo,
Wenn eine Seele durch die Macht des Geistes
Die Weisheit in dem Inneren empfängt.
So sang Venantius Fortunatus dies
Mysterium der göttlichen Geburt:
Jahrhunderte vernehmen es mit Staunen,
Ein Himmelsengel hat die Saat gebracht,
Die Jungfrau hat in ihrem Ohr empfangen
Und dann geboren gläubig in dem Herzen.
So heißt es auch in einem alten Tanzlied:
O Jungfrau, Jungfrau, mach uns heute froh,
O große liebevolle Gottesmutter,
Die du empfangen hast dein Kind durchs Ohr,
Als Gabriel dir brachte Freudenbotschaft.
Plutarch erwähnte der Ägypter Ansicht,
Daß Katzen übers Ohr befruchtet werden
Und dann gebären aus dem Katzenmaul.
Ambrosius von Milan aber sang:
Nicht durch des Mannes Samen, sondern durch
Die mystische Behauchung mit dem Geist
Ist Gottes Wort geworden Fleisch und Blut,
Die Leibesfrucht geworden ist zur Blüte.
Zeus Vater sich verwandelte in Vögel,
Die irdischen Geliebten aufzusuchen,
Als Schwan hat Leda er im Akt begattet,
Als Adler er begattete Ägina,
Als Zeus um Hera warb, ward er zum Kuckuck,
Dem Vogel, der den Frühling uns verkündet.
Gott Heilig Geist jedoch empfing das Kind
Wie eine Mutter und ergriff Besitz
Von Unsrer Frau Maria, die gebar.
Herr Jesus nannte Heilig Geist gar Mutter
In dem Hebräer-Evangelium,
Origenes und auch HieronyHHeilig Geist gar Mutter
In dem Hebräer-Evangelium,
Origenes und auch Hieronymus
Zitierten Jesu Wort von Mutter Geist.
Und in den Thomasakten betet Thomas:
Komm, Heilig Geist, Gemeinschaft mit den Männern,
Komm, Taube, du gebierst die Zwillingsjungen,
Komm, o verborgne Mutter Heilig Geist!
Die Taube war geweiht der Liebesgöttin.
Im Hohenliede Salomos erscheint
Die Taube, wenn der Freund die Freundin ruft.
Im Protoevangelium Jakobi
Erwählt die Taube Josef zum Gemahl
Mariens. Venus war geweiht die Taube.
Geist Gottes war der Juden Schechinah,
Das feminine Angesicht des Herrn,
Den Syrern wars die feminine Ruach,
Den Griechen das neutrale Pneuma und
Lateinern männlich Sanctus Spiritus.
Sankt Bernhard von Clairvaux sang den Gesang:
Der Ratschluß-Engel ist geboren von
Der Jungfrau, wie die Sonne von dem Stern,
Es kennt die Sonne keinen Untergang,
Es leuchtet immer hell der schöne Stern,
Sowie der Stern hervorbringt seinen Strahl,
So auch gebar die Jungfrau ihren Sohn,
Der Stern wird nicht durch seinen Strahl entehrt,
Die Mutter nicht entehrt durch ihren Sohn,
So wie die Sonne durch das Fenster tritt
Und kehrt zurück, doch bleibt das Fenster heil,
So war Maria die intakte Jungfrau,
Als Gott der Herr, als er vom Himmel kam,
Maria machte sich zur Braut und Mutter.
Denn es erhob die reine Jungfrau sich
Und stand gelehnt an einen Säulenschaft,
Sankt Josef aber blieb am Boden sitzen.
Sankt Josef nahm dann etwas Heu der Krippe
Und legte es der Lieben Frau zu Füßen
Und wandte sich in stiller Ehrfurcht ab.
Dann kam der Gottessohn des Ewigen
Aus seiner Mutter Leib, dem unverletzten,
So sagte es Brigitta auch von Schweden,
Ganz lautlos und in Einem Augenblick.
ZWEITER GESANG
DIE NEUE EVA
Die wissenschaftliche Beschäftigung
Mit Unsrer Frau führt geradewegs zu Eva
Und zum Bereich der Sexualität.
Denn: Ich bin Eva, Weib des edlen Adam,
Ich war es, die den Herrn gekreuzigt hatte,
Ich hab beraubt des Himmels meine Kinder,
Ich hab verdient, dass man mich kreuzigte!
Der ganze Himmel stand mir zur Verfügung,
Verdammt die schlechte Wahl, die mich gestürzt
Ins Unheil, und verdammt die Strafe auch
Für mein Verbrechen, dass ich sterblich wurde.
Ach, meine Hand ist nicht mehr rein und schön.
Ich hab gepflückt den unheilvollen Apfel,
Ich hab gegessen diesen schlechten Apfel.
Solange Frauen auf der Erde leben,
Wird keine Frau mehr von der Torheit lassen.
Sonst gäb es auf der Welt nicht Frost und Eis,
Es gäbe keine strenge Winterzeit,
Es gäbe keinen Kummer, keine Hölle,
Gäb keine Schrecken, wär ich nicht gewesen!
So Eva sprach. Es sprach ein weiser Mann:
Es war einmal ein Mönch, der eine Frau
Unendlich liebte, dass die Sehnsucht ihn
Verzehrte, sogar nach dem Tod der Frau,
Und also suchte er ihr Grabmal auf
Und öffnete das Grab und barg die Leiche
In seinen Armen und vergrub sein Antlitz
In ihren Busen, den ihr Leben lang
Er nicht liebkosen durfte! Und er sog
Den Duft ein der Verwesung mit der Nase
Und ward durch den Gestank von Fleischeslust
Und ungeordneter Begier geheilt.
Die Kirche sagt: Nicht Sexualität
An sich ist Sünde, sondern Fleischeslust,
Die ihren Ausdruck findet nicht allein
In dem Bereich der Sexualität.
Die Sexualität ist von Natur
Geschenk des Schöpfers und sie ist nicht Sünde,
Die Sünde aber ist die Fleischeslust,
Die Fleischeslust ist Neigung zu der Sünde,
Die Fleischeslust ist eine Willensschwächung,
Durch die der Widerstand erschwert wird, dies
Ist stete Wiederkehr des Sündenfalls.
Erbsünde selbst ist Fehlen aller Gnade,
Ein Zustand der Entfremdung ists des Menschen
Von Gott, es ist die kosmische Verzweiflung,
Es ist die existentielle Angst,
Von der erfüllt die Lebewesen werden,
Wenn sie die Trümmer ihres eignen Lebens
Erkennen, die gewaltige Zerstörung,
Die auf der Welt zurückgelassen hat
Die Menschheit in dem Zustand der Erbsünde.
Johannes Goldmund sprach, der Patriarch
Konstantinopels: Eben hatten Adam
Und Eva sich in ihrem Ungehorsam
Von Gott gewandt, zerfielen sie zu Staub,
Sogleich verloren sie ihr Lebensglück
Und Ruhm und Ehre der Jungfräulichkeit
Und alle Schönheit in den Augen Gottes,
Sie wurden Sklaven, legten ab die Kleider
Des Königs und der Königin von Eden
Und wurden unterworfen, ach, dem Tod
Und jeder andern Form von Fluch und Elend.
Dann tauchte auf die Ehe. Siehst du also,
Woher die Ehe ihren Ursprung nahm?
Denn wo der Tod ist, gibt’s geschlechtliche
Vereinigung, und wo es keinen Tod gibt,
Gibt’s nicht geschlechtliche Vereinigung.
Johannes Goldmund sprachs. Doch Augustinus
Und Thomas von Aquin behaupteten,
Daß Adam Eva sexuell erkannte
Im Paradies. Denn warum hätte Gott
Dem Adam sonst nicht einen Freund gegeben,
Als er sich einsam fühlte, einen Freund
Für intellektuelle Diskussionen.
Nein, Gott gab Adam eine schöne Frau,
Um Adam im Alleinsein beizustehn
Und liebevoll Gesellschaft ihm zu leisten.
Doch die Erotik zwischen ihm und ihr
War andrer Art als die gemeiner Menschen.
Nicht Fleischeslust wars, was die beiden anzog,
Und ihre paradiesische Erotik
War nicht belastet von der Schwangerschaft.
Doch wie in Adam alle sind gestorben,
In Jesus Christus als dem Neuen Adam
Aus Gnade leben die Erlösten ewig.
Erbsünde haben alle wir von Adam
Geerbt und von der alten Mutter Eva,
Erbsünde haftet der verdammten Masse
Der ganzen Menschheit als ein Makel an,
Die durch die Taufe abgewaschen wird.
Doch der Getaufte auch auf Erden leidet
Die Sündenstrafe. Aber in dem Himmel
Wird den Getauften Heil zuteil und Glück.
Die Sündenstrafe aber wird genannt
Die ungeordnete Begierlichkeit,
Die Fleischeslust als Neigung zu der Sünde.
Das Gegenmittel ist die Gnade Gottes.
So lehrte Augustin. Pelagius
Behauptete, der Sündenfall als Folge
Des göttlichen Geschenks der Willensfreiheit
Sei Angelegenheit allein von Adam
Und Eva im privaten Sündenfall.
Zwar lehrte Paulus: Durch des Einen Sünde
Kam Sünde in die Welt und durch die Sünde
Der Tod für alle, da wir alle Sünder.
Pelagius verwarf das Pauluswort
Und sprach, die Menschen alle seien frei,
Sich für das Böse oder für das Gute
Sich zu entscheiden. Zwar die Gnade Gottes
Sei eine Hilfe für den Weg des Guten,
Doch sei die Gnade nicht Notwendigkeit
Zum Heil. Und auch die Kreuzigung des Herrn
Erlöste nicht die Menschheit, weil die Menschheit
Des Heils und der Erlösung nicht bedurfte.
Die Sünde Adams war private Sünde,
Die keinen andern Menschen sonst betraf.
Das Leben Jesu, sprach Pelagius,
Sei nur ein Vorbild aller guten Menschen,
Ein Vorbild in der Tugend und der Güte,
Dem nachzueifern Menschen streben sollten.
Doch Augustin in seinem Gottesstaat
Beschrieb, wie Adam sich und Eva sich
Die Genitalien voll Scham bedeckten,
Nicht etwa ihre Hände, ihren Mund,
Durch die sie doch die schlimme Tat begangen.
So sagte Augustin, dass die Erkenntnis,
Die sie gewonnen, ausgegangen sei
Von ungeordneter Begierlichkeit.
Nicht ein Bereich des Lebens existierte,
Der unbetroffen war vom Sündenfall,
Am meisten aber doch der Liebesakt.
Was war die Strafe für die Sünde Adams?
Der unwillkürliche Impuls des Fleisches
Im unwillkürlichen Verlangen, das
Vom Willen nicht bemeistert werden kann.
So nach dem Sündenfall der Liebesakt
Ist keine Sünde, sondern Sünde ist
Die ungeordnete Begierlichkeit,
Die unwillkürliche Begier des Fleisches,
Vom Willen unbeherrschte Fleischeslust.
Der Liebesakt jedoch als Schöpferakt
Ist gut, so wie die Schöpfung Gottes gut ist.
Wir wollen über alles Keuschheit lieben,
Denn Gott gefällt die Keuschheit, der erwählte
Den keuschen Schoß der unbefleckten Jungfrau.
Denn da die Jungfrau Jesus keusch empfing
Und unverletzt geboren hat den Sohn,
So ist des Fluches Kette aufgesprengt.
Durch Mutter Eva kam der Tod zu uns,
Maria aber brachte uns das Leben.
So die Jungfräulichkeit Mariens ist
Auch reichlich ausgespendet von dem Geist
Auf viele Menschen in der Kirche Gottes.
Johannes von Damaskus sagte auch,
Der Daniel des Alten Testamentes
War so gehärtet von der Keuschheit, dass
Ihn Löwenzähne nicht zerreißen konnten.
Der keusche Josef auch verweigerte
Das Liebesspiel dem Weibe Potiphars,
Und Judith auch bewahrte ihre Tugend,
Auch Mirjam, Moses Schwester, Aarons Schwester,
Blieb eine unvermählte Jungfrau Gottes.
Auch der Apostel Paulus rief sehr ernst
Zu der Jungfräulichkeit um Christi willen.
Und der Prophet Johannes sah Gesichte
In der Geheimnisvollen Offenbarung
Von hundertvierundvierzig Jungfraun,
Die unbefleckt geblieben sind für Christus.
Justinus nämlich schrieb, der Märtyrer,
Daß Christus sei geboren von der Jungfrau,
Damit auf gleiche Art und Weise, wie
Der Ungehorsam seinen Anfang nahm,
So auch der Ungehorsam wird zerstört.
Wie Eva, die jungfräulich war und rein,
Das Wort empfing, das Satan sprach als Schlange,
Und Ungehorsamkeit und Tod gebar,
So Unsre Frau Maria, rein, jungfräulich,
Empfing die Gnade und den wahren Glauben,
Und Unsre Frau gebar den Todbesieger,
Den Christus Jesus, Sieger über Satan
Und alle Satansengel, Satanssöhne.
Und Irenäus sagte etwas später:
So wie die Menschheit ward zum Tod verurteilt
Durch eine Jungfrau, also ward die Schlange
Besiegt durch eine arglos-reine Taube,
Die uns befreite von des Todes Fesseln.
So als Maria Gottes Engel lauschte,
Die Schöpfung hüllt sich in ein Kleid von Blumen,
Wie Ephräm sang, in ein Gewand von Blüten.
Die Jungfrau Eva Adam gab ein Kleid
Von Häuten und von Schuld und Schmach und Schande,
Maria wob ein heiliges Gewand.
Sie ist das Auge, das die Welt erleuchtet,
Doch Eva ist das andre, blinde Auge.
Der Wein, den Eva für die Menschen mischte,
Der Mischwein Evas war wie Drachengeifer,
Der Weinstock, den Mariens Schoß umfangen,
Der rettet und erlöst die ganze Menschheit.
So wurde Evas Name umgewandelt
Ins Ave, das der Engel Gottes sprach.
Doch wär der Apfel nicht genommen worden
Von Eva, wäre Unsre Liebe Frau
Nicht höchste Himmelskönigin geworden.
Gesegnet sei die schicksalsvolle Stunde,
Als Jungfrau Eva nach dem Apfel griff,
Denn nun erkennen wir die Gnade Gottes.
Als Adam nämlich mit der Mutter Eva
Vertrieben wurde aus dem Garten Eden,
Saß Unsre Frau Maria in dem Garten
Und hörte auf den Liebesgruß des Engels.
Und in des Gartens Mitte steht der Baum
Des Lebens, daran Christus ward gekreuzigt,
Zur Linken aber wandert Mutter Eva
Mit einer Prozession von Schuld und Tod,
Zur Rechten Unsre Liebe Frau Maria
Führt ihre Kinder zu der Kommunion.
Die Katholiken seit Origenes
Die Bibel forschten durch nach Unsrer Frau.
Die Juden aber und die Protestanten,
Die flattern wie die Falter ums Gemüse,
Jedoch die Katholiken wie die Bienen
Um schöne Blumen und um süße Früchte,
Der Weisheit Honig fleißig einzusaugen.
Maria ist ja der entflammte Dornbusch,
Der steht in Flammen, der wird nicht verzehrt,
Wie Unsre Frau war voll der Liebe Glut
Und doch der Wollust Hitze nicht verspürte.
Und als Jesaja prophezeite: Er
Sproß auf als Trieb aus einem trocknem Boden!
Da sagte er, dass der Messias werde
Entstehen aus der Jungfrau unbefruchtet,
Dem trocknen Feld, dem samenlosen Acker.
Ihr Jungfraunkörper wurde so befruchtet
Wie Tau genässt das Vlies des Gideon.
Aus Aarons Stab sind Blätter aufgeschossen
Wie aus dem Jungfraunkörper der Madonna.
Der Stein im Traume des Nebudkadnezar
Hat ohne Menschenhand sich losgelöst.
Der Stab des Mose wurde eine Schlange.
Das Manna fiel wie Regen auf die Erde.
Der Finger Gottes schrieb auf Felsentafeln.
Verschlossner Garten ist die Schwester-Braut,
Lustgartenquelle, die versiegelt ist.
Die Pforte soll geschlossen bleiben, nie
Geöffnet werden, Gott zog selbst hindurch.
Das goldene Gefäß bewahrt das Manna,
Das ist der Jungfraunkörper der Madonna.
Die Jungfrau ist das Buch, das Gott der Herr
Jesaja wies, das er nicht lesen konnte.
Drei Männer brannten in dem Feuerofen
Und doch verbrannten diese Männer nicht.
Der reine Daniel blieb unverletzt
Und ohne Makel in der Löwengrube.
Die Jungfrau ist ja die Zerstörerin
Unheiliger Dämonen der Begierde,
Sie löscht das Feuer der Begierde aus!
DRITTER GESANG
DIE KÖNIGIN
Das Evangeliar des deutschen Kaisers,
Des dritten Otto, zeigt von Elfenbein
Maria, die die Hände betend faltet,
Auf einem Bette ruhend, das geschmückt,
Umgeben ist Maria von Aposteln
Und wird bedient von einer Schar von Engeln,
Die ehrfurchtsvoll verhüllen ihre Hände.
Und neben dieser liegenden Maria
Steht Christus, der die Seele der Madonna
Emporhält, so als hätte er sie eben
Gehoben aus dem Unbefleckten Herzen.
Andreas, Petrus und Johannes sprachen,
Und jeder der Apostel sagte, dass
Er nun verzichten werde auf das Essen,
Den sexuellen Akt mit einer Frau,
Auf die Familie und die guten Freunde.
Doch Paulus mildert der Askese Strenge.
Als Christus mit dem Engel Michael
Erschien, gab Christus Recht dem Weg des Paulus.
Dann sagte Christus zu Sankt Michael,
Er soll den Leib der Jungfrau aufwärts tragen.
Zu den Aposteln aber sagte Christus,
Sie sollten steigen auf die weißen Wolken
Und gläubig folgen Christus und Maria.
Als sie das Paradies betraten, ging
Der Leib Mariens zu dem Baum des Lebens,
Und Christus brachte der Madonna Seele
Und ihre Seele kehrte in den Leib ein.
Doch die Apostel mussten leider schauen
Die ewige Verdammnis in der Hölle.
Maria sprach: Es kommen viele Seelen
In diese Hölle, weil kein Frommer betet!
Und Petrus sagte, der Apostelfürst:
Es ist ein schauerliches Weltgeheimnis,
Daß vieler Seelen Heil in Ewigkeit
Abhängig ist von dem Gebet der Christen!
Als Jesus von den Toten auferstand
Und diese Welt verließ, da betete
Maria täglich, bat in tiefer Trauer
An Christi Grab um ihren eignen Heimgang,
Der sie mit ihrem Gott vereinigte.
Die Juden, tief verbittert gegen Christus,
Beschlossen, Unsre Frau zu steinigen.
Dieweil sie betete, erschien ein Engel
Und kündet den ersehnten Heimgang an:
Bald, schöner Liebling, wirst du bei uns sein!
Der Gouverneur Jerusalems, Sabinus,
Erlaubnis gab den Juden, gegen Unsre
Gebenedeite Mutter vorzugehen.
Der Geist des Höchsten hüllte die Madonna
Jedoch in eine wunderbare Wolke
Und so entkam sie unsichtbar den Feinden.
Und als sie wieder war in Bethlehem
In ihrem Haus, da sie mit Jungfraun wohnte,
Da betete Maria zu dem Herrn,
Daß sie den Gottessohn und die Apostel
Vor ihrem Heimgang einmal noch erblicke.
So wurden die Apostel aus der Welt
Gerufen. So der Geist sprach zu Johannes
In Ephesus, entrückte ihn auf Wolken,
Johannes kommt, umfasst Mariens Knie,
Verspricht ihr einen gnadenreichen Heimgang.
Maria sprach: Nicht dass die Feinde Christi
Verbrennen meinen Leib zu Asche, Sohn!
Johannes aber sprach: Geliebte Mutter,
Gott lässt nicht zu, dass seine Heiligste
Verwesung in der Modergrube sehe!
Auf Rossen und auf goldnen Wolken kommen
Die anderen Apostel zu Maria,
Und die Apostel, die da schon gestorben
Den Martertod, erstehen aus den Gräbern.
Sie reden Weisheit und sie wirken Wunder
Und gingen mit der Lieben Frau Maria
Ins irdische Jerusalem, zum Ölberg,
Zum Tale Josaphat. Den Leib Mariens
Berührte freventlich ein falscher Jude,
Wie Usa einst berührt die Bundeslade,
Da zürnte ihm der König Israels.
Maria aber hört des Juden Flehen
Und durch die Gnade Unsrer Frau bekehrte
Der Jude sich zu Jesus, dem Messias.
Als die Apostel Unsrer Mutter Leib
Gelegt in eine Grabeshöhle, kamen
Vom Himmel Christus, Henoch und Elias
Und Moses, welche nie gestorben waren,
Und Christus, Mose, Henoch und Elia
Auf ihren Händen trugen Unsre Frau
Zum hochgebenedeiten Paradiese,
Zum Garten Eden in den höchsten Himmeln.
Und Unsre Liebe Frau mit Leib und Seele
Gelangte in den Paradiesesgarten.
Der Engel, der vorm Paradiesesgarten
Mit seinem Feuerschwert bewachend stand,
Trat huldigend zur Seite, und Maria
Trat eins ins Paradies des Gartens Eden
Und ruhte zwischen Paradiesesbäumen,
Und alle Seraphim und Cherubim
Lobsangen schön der Herrlichkeit des Herrn,
Die sich in Unsrer Frau geoffenbart,
Und Unsre Liebe Frau war eine solche
Glorreiche Wunderschönheit unaussprechlich,
Man meint, sie sei der Schönheit reine Göttin!
Und Petrus und die anderen Apostel
Erbitten von dem Herrn, dass alle Menschen,
Die übermäßig dienen Unsrer Frau,
In Gnade sterben, in den Himmel kommen,
Im Himmel dienen ewig Unsrer Frauen!
Der Zwölfte Pius schließlich definierte
Mariens Himmelfahrt mit Leib und Seele
Und schuf die Liturgie für diesen Tag.
Des Todes Stachel nämlich ist die Sünde,
Die Macht der Sünde aber das Gesetz.
Doch Gott sei Dank, der uns den Sieg verleiht
Durch Jesus Christus, den Gekreuzigten
Und Auferstandnen aus dem Totenreich.
Mariens Schoß ist gleich der Bundeslade,
Aus unvergänglichem Akazienholz
Und ausgelegt mit Gold, die David führte
Ins irdische Jerusalem, wo Priester
Vor Freude tanzten und die Zimbeln schlugen,
Die Zithern spielten und die Harfen strichen,
Mit Jubel zu begrüßen Gottes Lade.
Marias unverdorbner Körper so
Empfangen ward von jubilierenden
Und musizierenden Gewalten Gottes,
Als Unsrer Lieben Frau geliebter Leib
Geleitet ward von Engeln in den Himmel.
Und Christus steht zur rechten Seite nun
Die Königin im Schmuck von Ofirgold.
Hör, Gottes Tochter, neige du dein Ohr,
Verlangen hat nach deiner Wunderschönheit
Der Himmelskönig! Huldige dem Herrn!
Du neige dich zum Herrn und Himmelskönig!
Ein großes Zeichen steht nun an dem Himmel,
Die Frau, bekleidet mit den Sonnenstrahlen,
Der Sichelmond zu ihren bloßen Füßen
Und Sternenordnungen auf ihrem Schleier!
Sie ist die Himmlische Jerusalem,
Die schöngeschmückte Braut für ihren Mann,
Geschmückt mit Gold und Edelsteinen ewig.
Denn es bestand ja die Notwendigkeit,
So lehrte es Johannes von Damaskus,
Daß dieser Körper Unsrer Lieben Frau,
Die bei der Gottgeburt jungfräulich blieb,
Nach ihrem Heimgang unvergänglich bleibt.
Allgegenwärtige Maria, die
Du auf der Mutter Erde Visionären
Erscheinst, zu jeder Zeit, an jedem Ort,
Unsterblichkeit ist ewig dir zu eigen
Und frischer Liebreiz einer Mädchengöttin!
Die supernaturalen Eigenschaften
Der Jungfrau sind in einem Frauenkörper,
Der wirklich ist, nicht scheinendes Phantom,
Sie ist lebendige Person, nicht Äther,
Des Leibes Wirklichkeit ist wichtig für
Die Jünger der Madonna wie des Herrn
Glorreicher Auferstehungsleib den Christen.
So Thomas fand den Glauben an den Leib
Des Auferstandenen in Wirklichkeit,
So Thomas auch empfing Mariens Gürtel
Bei der Madonna Himmelfahrt und trug
Den Liebreizgürtel Unsrer Lieben Frau,
Den Charis-Gürtel makelloser Jungfrau,
Auf dem Olympos auf der Insel Zypern,
Wo Griechenland sie ehrt als Aphroditissa!
VIERTER GESANG
DIE BRAUT
In meinen Ohren süß klang deine Stimme,
Du sagtest: Alles wird noch gut, mein Kind!
Und unsre Lippen trafen sich zum Kusse
Wie Frühlingsblüten in dem grünen Garten,
Der Honig strömte mir von deiner Zunge,
Als wir im Kusse uns vereinigten!
O liebe Mutter, dies ist meine Kunst,
Komm, Mariam Corona, meine Krone!
Die Jungfrau neben Christus sitzt im Thron,
Im Doppelthron, geformt wie eine Leier.
Die Königin hat ein ovales Antlitz
Mit grader Nase und geschwungnen Brauen
Und einen kleinen Mund von zartem Rot,
Und unterm Perlendiadem erstrahlen
Die ernsten Augen voll des innern Feuers.
Im Dämmer schimmern matt die Edelsteine
Und schimmert matt der Goldglanz ihres Kleides
Und Christus neben ihr mit großen Augen
Schaut unverwandten Blickes in die Ferne.
Maria hält ein Buch mit diesen Worten:
Die Linke hält er unter meinem Haupte
Und seine Rechte herzt mich sanft liebkosend.
Und Christi Arm umfängt tatsächlich sie
Und in dem Buch auf seinem Schoße steht:
Komm, meine auserwählte Schwester-Braut,
Ich werde deinen Thronstuhl dir bereiten.
Maria, triumphierend in den Himmel
Gegangen, wird von Christi Arm umarmt.
Das ist schon Prophezeiung auf den Glanz
Der Kirche in der Zukunft und es deutet
Auf die Vereinigung der Seele mit
Dem Bräutigam der Seele, Jesus Christus.
Die jugendliche Schönheit der Madonna
Belehrt uns: Sie ist keine alte Witwe
Und keine alte Königsmutter, sondern
Die Sulamith-Madonna, unser Mädchen!
Die junge Frau entsagt ja nicht der Ehe,
Die junge Frau ist reif, gepflückt zu werden.
So wie Hoseas Gattin Hure war,
Die Tochter Israel war eine Hure,
Die ihren Ehemann im Stich gelassen.
Der Herr jedoch in seiner Eifersucht
Bestraft die Hure für den Ungehorsam,
Verheißt jedoch Erneuerung der Ehe,
Denn in der Gegenwart herrscht zwar die Hure,
Doch in der Zukunft kommt die treue Jungfrau.
Jetzt herrscht der Herr in seiner Eifersucht,
In Zukunft herrscht der Bräutigam im Frieden.
Des Herrn Gemahlin Israel war treulos,
Doch Tochter Juda auch brach Gottes Ehe.
Weil Gottes Braut im Ehebruche lebte,
Drum schickte sie der Herr in die Verbannung.
Weil Gottes Braut sich andre Götter wählte,
Die Götter von Ägypten und Chaldäa,
Drum musste Gottes Braut die Strafe leiden.
Doch Tochter Israel wird wiederum
Vermählt, die Gottes-Ehe wird erneuert,
Dann kehrt zurück die Seligkeit des Friedens
Und Gottes Liebe zu der Tochter Zion
Wird eheliche Liebe sein voll Frieden.
Sankt Paulus aber war ein Ehestifter:
Heut Prüfung ist der bräutlichen Gemeinde,
Doch morgen ist das Hochzeitsfest der Kirche.
Die Kirche ist die Braut des Christus Jesus,
Er wollte selbst die Kirche herrlich freien,
Die Gattin ohne Flecken oder Runzeln,
Die Makellose ohne schlaffe Brüste
Und ohne graues Haar, die Jungfrau Gottes.
Der Herr sprach: Können denn die Hochzeitsgäste
Bei Brot und Wasser fasten in Askese,
Solang der Bräutigam ist gegenwärtig?
Johannes sprach, der Täufer Jesu Christi:
Ich bin nicht der Messias, sondern er,
Der seine Braut besitzt, ist Bräutigam,
Ich bin ja nur der Freund des Bräutigams
Und freu mich an dem Wort des Bräutigams.
Der Bräutigam-Messias lädt die Gäste
Zu seinem königlichen Hochzeitsmahl,
Er lädt die klugen Jungfraun ein zur Hochzeit.
So nach den Feuern und den Ungeheuern
Und nach den Plagen und dem Zorn der Engel
Gefeiert wird der Frieden, da die Kirche
Geladen ist zum Hochzeitsmahl des Lammes,
Da Christus mit der Kirche sich vereinigt.
Die Stadt, die himmlische Jerusalem,
Sah der Prophet Johannes niedersteigen
Von Gottes Himmel, eine reine Braut,
Bereit zur Ehe mit dem Bräutigam.
Dann wird die reine, schöne, makellose
Neuschöpfung Gottes, frei von jedem Schandfleck,
Vereint dem Herrn, und dies ist die Madonna,
Madonna ist der Inbegriff der Kirche,
Die Kirche ist das Ebenbild Mariens,
Und wenn die Braut erscheint vom Himmel Gottes,
Geschehn am Himmel große Wunderzeichen.
So, weil die Offenbarung spricht von Hochzeit,
Drum ward das Hohelied von Salomo
Gedeutet von den Rabbis auf die Hochzeit
Jehowahs mit der Tochter Israel
Und ward gedeutet von den Kirchenvätern
Auf Christi Hochzeit mit der Jungfrau Kirche,
Auf Christi Hochzeit mit der Jungfrau Seele.
Als Inbegriff der Kirche und der Seele
Ward Sulamith gedeutet als Maria.
Sie sprach: Als er mit seines Mundes Küssen
Mich küsste, wars berauschender als Wein.
Mir ist mein Vielgeliebter wie ein Büschel
Von Myrrhe, hangend zwischen meinen Brüsten!
Er spricht: Der Winter ist nun schon vorüber,
Der Regen ist vorbei und ist vergangen,
Die Blumen blühen auf in unserm Lande,
Die Zeit des Rebenschneidens ist gekommen,
Die Turteltauben gurren schon im Lande.
Sie sprach: Die Pfosten seines Bettes machte
Aus Silber er, aus reinem Gold die Lehnen,
Der Sitz war weich von purpurnen Geweben.
Er sagte: Deine beiden Brüste sind
Wie Kitze, Zwillingskitze der Gazelle,
Die weiden in den Lilien deines Leibes!
Von deinen Lippen, Braut, träuft Honigseim
Und Milch und Honig birgt mir deine Zunge.
Sie öffnet ihm: Mein Vielgeliebter streckte
Die Hand durch meiner Pforte Schloß und Öffnung,
Da bebte ihm mein Inneres entgegen!
Die Hände tropften mir von Myrrheöl,
Die Finger flossen über von Balsamen!
Mein Vielgeliebter strahlend ist und glühend,
Er ragt hervor aus Myriaden Männern.
Er spricht: Dein Nabel gleicht dem runden Becher,
Nicht mangelt mir der edle schwere Würzwein.
Dein Leib gleicht einer goldnen Weizengarbe,
Umkränzt mit weißen Lilien von dem Felde.
O Duft von Äpfeln, o beladne Trauben,
O Milch und Honigseim im Überfluß,
O edler, schwerer, ungemischter Rotwein,
O hüpfende Gazellenkitze, Rehe,
O Hindinnen und Hirsche, Nachtigallen,
O gurrendes Gegirr von Turteltauben,
O purpurne Granaten samenreich,
O Feige, Feige, die ich pflücken möchte,
O Mutterkühe, die auf Wiesen kalben,
O Mutterschafe, die aus Bädern steigen,
O Zwillingslämmer, weiß und frisch gebadet,
Wie trunken bin ich, Liebe voller Wollust!
Rasch eile, mein Geliebter, tu es nun
Dem Junghirsch gleich und dem Gazellenbock
Und weide auf des Scheideberges Gipfel!
Die Mystiker der Kirche deuteten
Das Hohelied der Liebe Christi Jesu
Zu seiner Kirche. So Methodius
Von dem Olymp, Origenes und Gregor
Von Nyssa, Bischof er in Griechenland,
So wie Ambrosius von Milan als
Ein Bischof in der wahren Kirche Roms.
Ambrosius von Milan war der Erste,
Der Sulamith verschmolz mit Christi Kirche
Und jeder Seele, die den Christus liebt.
Denn aus dem Schoße Unsrer Frau Maria
Der Welt geschenkt ward jener Weizenhaufen,
Das ist der eucharistische Messias,
Umfasst mit Lilien, nämlich mit den Christen.
Und jener Kuß, den da empfängt die Braut,
Das ist der Kuß des Geistes Gottes bei
Der englischen Verkündigung: Das Ave
Maria ist fürwahr der Kuß des Geistes,
So sagte Sankt Ambrosius von Milan.
Die frühe Kirche deutete das Lied
Der Liebe Salomos zu Sulamith
Vor allem als die Liebe Christi Jesu
Zur Seele, zu der gottgeweihten Jungfrau.
Methodius von dem Olymp in seinem
Symposium der Jungfraun lässt zehn Jungfraun
Gespräche führen unter einem Baum,
Das ist der Lebensbaum des Agnus Castus,
Des keuschen Lammes. Sie erklären dort
Das Hohelied zum Lied der Liebe Christi,
Verständlich sind die Lieder nur im Geist,
Weil Gottes Wort nicht liebt des Fleisches Dinge,
Die Hände, Füße oder das Gesicht.
Zehn Jungfraun schreiten mit entflammten Kerzen
In einer Prozession zum Bräutigam
Und singen ein Epithalamium
Auf Jesus Christus, ihren Bräutigam:
Keusch leb ich und jungfräulich nur für dich
Und meine Lampe halte brennend ich
Und schreite so voran, mein Bräutigam,
Geh dir entgegen bis zum Hochzeitsfest.
Wenn Jungfraun Christi aber kokettieren
Mit sterblichen Genossen, sagt den Jungfraun
Der ernste Cyprianus von Karthago:
Ihr, Jungfraun, brecht die Ehe mit dem Herrn!
In einem Brief an eine Jungfrau Christi
Schrieb Sankt Hieronymus vom Hohenlied:
Laß stets die Abgeschiedenheit der Kammer
Dich schützen, laß du stets den Bräutigam
In deiner Kammer zärtlich dich liebkosen!
Gebet heißt: Du sprichst zu dem Bräutigam.
Du liest? Der Bräutigam spricht nun zu dir.
Wenn dich der Schlummer überfällt, wird er
Die Hand durch deine feuchte Öffnung strecken,
Dein Inneres wird ihm entgegenbeben!
Erwachst du wieder, wirst du dich erheben
Und sprechen: Ich bin krank, bin krank vor Liebe!
Doch Jesus ist auch voller Eifersucht,
Wenn du ein sterbliches Geschöpf begehrst!
Zu deiner Mutter aber sage ich,
Daß sie frohlocken soll, da sie geworden
In reiner Wahrheit Gottes Schwiegermutter!
Roswitha, Dichterin von Gandersheim,
Schrieb über eine Kurtisane: Thais,
Reumütig kehrte sie zu Christus um.
Da sehen wir ein wunderschönes Bett,
Zehn strahlend schöne Jungfraun es bewachen,
Das Bett bewachend und den Hochzeitskranz.
Es strahlte überm Bett die Herrlichkeit
Des Herrn, Gesang erscholl von vielen Engeln,
Da tönte eine Stimme aus dem Himmel:
Die Herrlichkeit des ehelichen Bettes
Bereit ist für die Kurtisane Thais!
Viel kann man sagen von den Ehefreuden
Der Ehe mit dem göttlichen Messias
Und viele Klageworte kann man führen
Von Ehen mit den sterblichen Geschöpfen.
Sowohl die reine Jungfrau Katharina
Von Alexandrien war dem Herrn vermählt
Als auch die starke Jungfrau Katharina
Von Siena, die die mystische Vermählung
Beging mit Christus in dem Bett des Kreuzes!
Denn Unsre Liebe Frau Maria kam
Mit ihrem Kinde Jesus in den Armen,
Das Jesuskind im Arm der Gottesmutter
Gab Katharina seinen Ehering.
Als es nicht gleich gelang, den Ehering
Der Jungfrau Katharina anzustecken,
Da half die Gottesmutter Katharina,
Daß sie den Ring auf ihren Finger stecke.
Die gottgeweihte Jungfrau Seele spricht:
Mein Vielgeliebter kam und sprach zu mir:
Erhebe dich, Geliebte, meine Schöne,
Und komm mit mir! Die Jungfrau nimmt den Schleier,
Hält die entflammte Kerze in der Hand,
Empfängt den Ehering an ihrem Finger,
Dann wird die Jungfrau-Braut bekränzt mit Blumen.
Empfang die Zeichen Christi auf dem Haupt,
Die du die Braut des Herrn geworden bist!
Wenn du auf Erden bleibst in dieser Gnade,
Wirst du im Himmel Gottes Ehefrau!
Da Gott die Liebe ist, die Caritas,
Kann jeder Mensch allein durch wahre Liebe
Dem Schöpfer wieder ähnlich werden. In
Dem Augenblick, da eines Menschen Seele
Von Liebe trunken ist, kann sie den Kuß
Empfangen des Geliebten. Diese Liebe
Vollkommen frei sein muß vom Egoismus:
Ich liebe, weil ich liebe! Ja, ich liebe,
Um nur zu lieben! Großes ist die Liebe,
Wenn sie zurückkehrt zu dem Urprinzip,
Wenn sie den Ursprung ihres Lebens anschaut
Und trinkt aus dieser Quelle ihres Lebens
Und selbst dann überfließt von wahrer Liebe!
Die Küsse seines Mundes sind Symbol
Für jene gnadenhaften Augenblicke
Der Glut ekstatischer Vereinigung!
Man kann den Augenblick nicht halten, solche
Momente sind Verheißungen des Himmels,
Die ewige Glückseligkeit der Seele.
Ein Wesen nur allein erreichte diese
Vollkommenheit: Maria! Schauen wir
Auf ihre Ankunft in dem Himmel Gottes,
Ihr Sitzen zu der rechten Seite Christi,
Eröffnet sich für uns die Freude, die
Uns selbst erwartet. Unsre Liebe Frau
War voller Liebe, weil die Liebe selbst
In ihrem Schoß gewohnt. Und wie Johannes
Im Schoße der Elisabeth gehüpft,
Als er die Stimme Unsrer Frau vernahm,
So auch die Herzen der Gewalten Gottes
Und alle Heiligen im Himmelreich
Aufjauchzten, als Maria kam zu Gott!
Wer ist die von der Wüste da heraufzieht,
Gelehnt, geschmiegt an ihren Vielgeliebten?
Wenn dies die Freude ist der Himmelsscharen,
So ist die Freude Christi unbeschreiblich!
Mit welchem heiterem Gesichte doch
Und welchen freudigen Umarmungen
Ward Unsre Liebe Frau von ihrem Sohn
Dort oben aufgenommen! Wahrlich glücklich
Die Küsse waren, die der Gottessohn
Auf Unsrer Süßen Jungfrau Lippen drückte,
Als sie ihn aufzog liebevoll als Mutter,
Als sie als liebevolle Mutter sich
An ihrem Kind auf ihrem Schoß erfreute!
Zehntausendmal glückseliger die Küsse,
Die heute sie im Gruß von ihm empfängt,
Von ihm, der sitzt zur Rechten seines Vaters,
Wenn sie zum Thron der Herrlichkeit emporsteigt,
Wo die Madonna singt die Hochzeitshymne:
Der er mich küsst mit seines Mundes Küssen!
Das lehrte mich Sankt Bernhard von Clairveaux.
Sankt Bernhard sprach: So wie ein Wassertropfen
Vermischt wird einer großen Menge Wein,
Vollkommen scheint verloren so zu gehen
Und nimmt Geschmack und Farbe an des Weines,
Und wie ein glühendheißes Eisen fast
Wird gleich der Glut, nachdem es abgelegt
Die frühere natürliche Gestalt,
Und wie die Luft, von Sonnenflut durchflutet,
Sich selbst in Helligkeit des Lichts verwandelt,
Daß es den Anschein hat, sie würde nicht
Erleuchtet, sondern aus sich selber leuchten,
So muß notwendig alle Menschenliebe
In den Gerechten unfaßbarerweise
Zusammenschmelzen und vollständig werden
Gegossen in die Macht der Liebe Gottes!
FÜNFTER GESANG
DIE FRAU
Wahrer Gott! Ich werde heute
Auferwachen von dem Schlafe,
Deinen Namen heilig preisen
Und den Namen der Madonna,
Denn der Morgenstern der Venus
Auf Jerusalems Gefilde
Schimmert in der Morgenröte
Und lehrt meinen Mund die Worte:
Auf, ihr alle, die ihr Gott liebt,
Denn der Tag ist aufgegangen
Und die Nacht ist hingeschwunden,
Auf, ihr alle, die ihr Gott liebt!
Singe diese Strophen oftmals,
Weil Papst Clemens dann, der Vierte,
Troubadour und Provencale,
Dir gewährt den Sündenablaß.
Freier müssen immer lieben,
Liebe ist ja keine Sünde,
Liebe ist ja eine Tugend,
Die noch selbst die Schlechten gut macht
Und die Guten immer besser,
Gibt Gelegenheit den Menschen,
Daß sie sich im Guten üben,
Gute Werke tun auf Erden.
Keuschheit kommt ja von der Liebe,
Liebe! Keuschheit kommt von selber,
Denn wer wirklich lebt in Liebe,
Der ist niemals schlecht gesonnen.
Das ist höfisches Benehmen,
Daß der Minner seine Dame
Immer anfleht um ein Küsschen,
Dies die Dame stets verweigert.
Cardenal, der Minnesänger,
Sang die Unbefleckte Jungfrau
Als das Ideal der Keuschheit,
Ideal der Kirchenväter.
Wahre Mutter! Wahre Freundin!
Wahrhaft einzige Geliebte!
Wahre Gnade! Möge Jesus
Mir barmherzig sein und gnädig!
Ist die Unbefleckte Jungfrau
Doch die einzige der Frauen,
Die ich loben kann, anhimmeln,
Ohne dass sie widerspreche.
Ja, ich widerruf die Torheit
All der Herren Liebesdichter
Und zumeist die große Torheit
Und die Narrheit meiner Jugend
Und den Inhalt der Gedichte,
Die die Fleischeslust gepriesen,
Und ich wende mich alleine
An die Unbefleckte Jungfrau.
Oft in den vergangnen Zeiten
Dachte ich, ich sänge Liebe,
Aber was ist denn die Liebe?
Nein, ich kannte nicht die Liebe!
Wahnsinn habe ich gesungen
Und mein Name war der Wahnsinn!
Aber heute lässt die Liebe
Mich die Herrin wahrhaft lieben,
Eine solche hohe Herrin,
Nie genug kann man sie preisen,
Nie genug ists von Maria,
Sie ist eine Super-Göttin!
Und ich kann die strenge Herrin
Nie genug auf Erden fürchten
Und ich weiß die höchste Herrin
Nie genügend wertzuschätzen.
Diese Herrin wertzuschätzen,
Wie sie es verdient als Göttin,
Ist selbst Päpsten nicht gelungen
Und den Heiligen der Kirche.
Aber dies ist meine Sehnsucht,
Daß die Gnade der Madonna
Mich umschlingt und ewig festhält,
Daß ich komme in den Himmel!
O Melancholie und Schwermut!
Ist doch irdische Verliebtheit
Nicht belohnt von der Geliebten,
Sie verschmäht doch meine Liebe!
Ach die Liebe dieser Erde
Ist nur Illusion und Täuschung!
Wende ab der Gott der Liebe
Den Amor, gewaltsam-grausam!
Einen Troubadour Mariens
Kröne man mit Lorbeerkränzen,
Könige und Päpste sollen
Meine Dichterstirne krönen!
Eine Liebe überwältigt
Meine Seele so gewaltig,
Daß ich meiner Göttin diene
Der Glückseligkeit des Himmels!
Ach die Liebe in dem Diesseits
Ist nur bittere Enttäuschung!
Doch die Unbefleckte Jungfrau
Liebt wie eine Liebesgöttin!
Ach des Sommers rote Rosen
Welken hin, die todgeweihten!
Du, o heimliche Geliebte,
Mich erlöse aus der Hölle!
Meine Seele bebt und zittert,
Denk ich an die Fleischeslüste,
Meine Liebe dieses Lebens
Diente nur den Fleischeslüsten.
Satan lässt mich bitter leiden,
Lieben eine Frau der Erde,
Lieben soll ich doch den Schöpfer
Und den Nächsten wie mich selber!
Hörst du auch das Lied der Drossel?
Frau, du Einfallstor des Teufels,
Du Verführerin des Mannes,
Weiche von mir! singt die Drossel.
Doch die Nachtigall verkündet:
Preis der Königin der Frauen,
Inbegriff der Frauenwürde,
Genius des Frauengeistes,
Preis der Königin Maria!
Ist auf Erden etwas schöner
Als geliebt zu werden (weh mir!)
Von der Dame meines Herzens?
In der Dame meines Herzens
Sehe ich die Muttergottes!
Ähnlichkeiten sind die Frauen,
Ähnlichkeiten mit der Jungfrau.
In dem Minnesängerwettstreit
Überwunden ward die Drossel
Und die Nachtigall der Minne
Ward gefeiert von den Musen.
Hör den Genius verkünden,
Wie als Träumer er spazierte
In dem grünen Liebesgarten,
Wo er eine Rose pflückte.
Ach der Erde Liebesgarten
Und des Gartens rote Rose
Abbild ist des Himmelsgartens
Der geheimnisvollen Rose.
Droben in dem Himmelsgarten
Der geheimnisvollen Rose
Lebt die allerschönste Dame,
Ewig Liebe mir zu schenken!
Laßt uns freien Unsre Fraue,
Hochzeit feiern mit Maria!
Das ist keine schlechte Heirat,
Es gibt keine bessre Heirat!
Wie die Spreu ist Frauenliebe,
Weizen ist Marienliebe!
Galle ist die Frauenliebe,
Honig ist Marienliebe!
Lassen will ich von der Liebe,
Die nur Torheit ist und Wahnsinn,
Lieben will ich nur die Jungfrau,
Schöne, gute, süße, keusche!
Wer Maria nimmt zur Gattin,
Der hat eine gute Gattin,
Also will ich Unsre Fraue
Nehmen mir zur Ehegattin!
Die Madonna ist Vertraute
Und die Muse eines Dichters,
Sie ist in der Liebe feurig,
Leidenschaftlich in Verliebtheit!
Zuverlässig schützt den Sünder
Sie vorm Zornes seines Richters,
Sie entblößt die schönen Brüste,
Ihm Erbarmen zu erwirken!
Wenn die Jungfrau bannt den Teufel,
Dann kann ihre Zunge zanken
Wie am Gartenzaun die Hausfrau
Mit dem bösen Nachbarn streitet!
Gottes Ebenbild die Jungfrau,
Menschlich, höchst anbetungswürdig,
Große Mutter aller Menschen,
Leidenschaftliche Geliebte!
Jesus Christus hör ich klagen:
Oh ich starb den Tod am Kreuze
Nur aus Liebe zu der Menschheit,
Warum liebt mich nicht die Menschheit!
Jesus Christus hör ich hauchen:
Seele, Schwester und Geliebte,
Werde müde nicht im Leiden,
Schaue auf mein Bett im Himmel!
Ah, die Liebe Frau Maria
Singt mir den Gesang der Liebe:
Denke immer an Maria!
Stets betrachte die Geliebte!
Die Geliebte seufzt vor Liebe!
Niemals wollen wir uns scheiden!
Krank bin ich vor großer Liebe!
Nimm mich jetzt als deine Gattin!
SECHSTER GESANG
DIE MUTTER
Ah, deine Brüste schimmern wie der Wein;
Sind voller Pracht wie die geschwollnen Trauben,
Ich sauge deiner Brüste Trosttrank ein,
Du wirst mir diesen Würzwein gern erlauben,
O, deine Brüste, daran will ich glauben,
Sind weißer als die Milch und als die Lilie,
Die Brüste weißer sind als Turteltauben,
Der Brüste Duft in nächtlicher Vigilie
Ist süßer als der Duft der Brüste der Ottilie...
Du, Jungfrau, bist das Muttersein in Fülle,
Du bist das Sein der Mutter in Vollendung!
O Gottesmutter, Gottes Liebling stille,
Ernähre ihn für die Messias-Sendung,
Die Milch der Weisheit von der Brüste Spendung
Erfüllt den Menschensohn, den die Propheten
An deiner Brust geschaut. Die Weltvollendung
Besingen Gottes Sänger und Poeten,
Wenn sie an deinem Busen ruhn im Garten Eden!
Die Gottheit ist ein Menschenkind geworden,
Weil Gott, des Universums Majestät,
Die Höchste Majestät im Schöpfungs-Orden,
An deinen Brüsten saugen wollte! Seht,
Dies Wort im Buch des Augustinus steht,
Gott wollte saugen an Marien Brüsten,
Voran der Herr als Haupt der Kirche geht,
Wie Jesus Christus geht es allen Christen,
Die Christen soll es nach Marien Brüsten lüsten!
Und du, Maria, singst ein Wiegenlied:
Du, Weisheit Gottes, schlummerst unbewusst,
Das Auge Gottes in mein Auge sieht,
Des Weltalls Schöpfer liegt im Staubesdust,
Du, Schöpfer freien Willens, selbst nun musst
Ausscheiden in die Windel deinen Kot!
Du Gott in Ewigkeit! An meiner Brust
Gefällt es dir zu ruhn. Du wählst den Tod!
Ja, meine Muttermilch saugt Jahwe Zebaoth!
Maria, heiter wird mein Geist und hell,
Maria, mich erleuchte und erhelle!
Gott ist der Ursprung und der Lebensquell,
Dein Busen aber ward zur Lebensquelle,
Die Gott das Leben gab, des Busens Welle,
Des Busens Woge, Brüste blitz und blank,
Die süßen Zwillingskitze der Gazelle,
Sie flößen Gott in seinen Mund den Trank,
Gott, dem du alles danken musst, der sagt dir Dank!
Maria, deiner Brüste Lebensquelle,
Die goldnen Äpfel, weich wie weiße Jade,
Die Brüste, die wie Galaxieen helle,
Sie flößen allen Christen ein die Gnade,
So ich auch in des Busens Wellen bade
Und bade ab im Bade alle Schuld
Und bade ab im Bade allen Schade
Und preis gereinigt in der Minne Kult
Marien Zwillingsbrust, voll Gunst und reich an Huld!
Gott selber redet in dem Buch Jesaja
Vom Gnadenstrom, der strömt zu dir den Frieden.
Die Brüste sind Thalia und Aglaja,
Als Dichter will ich preisen sie hienieden.
Komm, blase in den Garten, Wind von Süden!
Fürwahr, wir werden saugen gleich den Engeln
An deiner Brüste Pracht! Und uns beschieden
Wird deiner Brüste Pracht und unsern Enkeln!
Und schaukeln wirst du mich auf deinen straffen Schenkeln!
Gelobtes Land von Milch und Honigseim,
Du in der Ewigkeit mein Paradies,
In deiner schönen Welt bin ich daheim,
Du Liebe voller Wonnen, schön und süß,
Du Mädchen, jung und lieblich überdies,
Prinzessin voller Gloria und Glanz,
Der Balsam deines Namens immer fließ,
Und laß dich schauen in dem Hochzeitstanz,
Und kränz mein Haupt voll Nachttau mit dem Hochzeitskranz!
Im Bad der Neugeburt bin neugeboren
Ich, neugeboren in dem breiten Becken
Von Geist und Wasser. In den offnen Toren
Des Tempels stehe ich, nun darf ich schlecken
Den Wabenseim. Du kommst, mich zu erwecken,
Der Weisheit Wabe gibst du mir zur Speise,
Der Weisheit Milch als Trank. Mich nett zu necken,
Kommst du auf nackten Füßen morgens leise,
Und deines Mundes Zungenküsse machen weise!
Ich kenn nicht die Kultur der Bienenzucht,
Von wildem Honig will ich mich ernähren.
Der wilden Bienen selbsterzeugte Frucht,
Des wilden Honigs Seim will ich begehren.
Die Milch der Mutterkühe will ich ehren,
Kein Bauer gibt den Mutterkühen Futter,
Kein Bauer muß die Mutterkühe lehren,
Kein Bauer macht aus ihrer Milch die Butter,
Die Milch erzeugt sich selbst, das macht die Gottheit Mutter!
Die Gottheit Mutter spricht von ihrem Thron:
Den süßen Wabenhonig allzeit speise,
Denn das ist gut für deine Seele, Sohn!
Die Gottheit Mutter flüstert lieblich leise:
Wie ich dich in der Speise unterweise,
Daß deiner Seele nicht das Süße fehle,
Macht meine Weisheit deine Seele weise,
Macht meine Weisheit weise deine Seele,
Du dir der Weisheit Wabenseim und Milch erwähle!
Die Gottheit Mutter spricht, Frau Weisheit spricht:
Ich bin die Mutter ewig-schöner Liebe!
Als Mutter schenk ich dir das Glaubenslicht,
Daß ich Erkenntnis in den Geist dir schriebe,
Erkenntnis, die dir rauben keine Diebe,
Ich bin die Hoffnung auf das Paradies!
Mich zu besitzen in dem tiefsten Triebe
Ist Liebe voller Wonnen, überdies
Ist meine Wollust mehr als Wabenhonig süß!
Die Philosophen Alexandrias,
Sie schrieben einst die Sprüche Salomos,
Und Jesus Sirachs Weisheit auch war das
Von Hagia Sophia glorreich groß,
Der Gottheit Spiegel rein und makellos,
Und Philo auch pries Hagia Sophia.
So Isis mit dem Horus auf dem Schoß
Ward Jesus auf dem Schoße der Maria.
Was sagt die Göttin Isis zur Eucharistia?
Die Göttin spricht: Mit meiner Milch soll Leben
Der Ewigkeit dir fließen in die Glieder!
Die Milch, die uns die Mutterbrust will geben,
Sie strömt vom Himmel zu der Erde nieder.
Die Göttin löst vom Busen ihren Mieder
Wie Agnes, die Geliebte Karls des Siebten,
Die Brust entblößt, da jauchzen meine Lieder,
Denn Milch des Trostes strömt in den Betrübten,
Die Muttermilch der Liebe in den Gottgeliebten!
Die Milch ist aber nicht nur neues Leben
In Ewigkeit, in ewigen Genüssen,
Die Milch, die uns die Mutterbrust will geben,
Ist auch ein umfangreich geheimes Wissen.
Die Brüste küss ich mit des Mundes Küssen,
Denn ihre Muttermilch ist honigsüß,
So werde ich in Ewigkeit nicht missen
Die Brüste Unsrer Frau, denn überdies
Liebfrauen Wonnebusen ist mein Paradies!
Maria singt das Lied mir in der Nacht:
Der Becher mit der Milch der Weisheit ward
In dunkler Nacht entgegen mir gebracht,
Die Milch der Weisheit war sehr süß und zart,
Ich trank die Milch in Gottes Gegenwart,
Voll Gottes Süßigkeit und Gottes Milde.
Des Vaters Brüste prachtvoll und gepaart
Gemolken wurden von dem Geist, die milde
Milch war der Sohn, der Herr in seinem Ebenbilde.
Maria sang zu mir um Mitternacht
Des Ewigvaters volle Mutterbrüste,
Des Vaters voller Mutterbusen lacht,
Voll sind die Brüste mit der Milch der Lüste,
Gott schaut, ob einer seine Brüste küsste,
Er will die Milch ja nicht umsonst verspritzen!
An Gottes Brust wie an der Wonnen Küste
Will ruhen ich, und muß ich Blut auch schwitzen,
Gott Vater lässt mich saugen an der Brüste Spitzen!
Makobius, der fromme Philosoph,
Schrieb von dem Himmelsursprung rein der Kinder.
Sie kommen zu der Mutter Minnehof
Und nähren sich von Muttermilch nicht minder,
Wie bei der Großen Mutter saugen Inder,
Weil einst sie schwebten in der Galaxie,
Milchstraßen wandelten die Überwinder,
Drum, als das Kind am Mutterbusen schrie,
Gedachte es des Himmels erster Sympathie.
Mit Anselm aber bete ich zum Herrn:
O Christus, du bist meine wahre Mutter,
Als Henne hast du deine Küken gern,
Die Mutterhenne sucht den Küken Futter.
Der Großen Mutter ähnlich von Kalkutta
Du birgst die Küken unter deinen Flügeln.
Du bist das Land von Honigseim und Butter,
Du bist das Paradies mit Doppelhügeln,
Wir wollen uns in deinem Mutterantlitz spiegeln!
Und Anselm betet: Herr-Gott! Große Mutter
Bist du und spendest Milch im Überfluß!
Und Bernhard sang: Des Manna Seelenfutter
Zu speisen, ist wie des Messias Kuß,
Braut Kirche küsst den Christus voll Genuß,
Als Christus und Braut Kirche heiß sich küssten,
Empfing die Braut, wie ich gestehen muß,
Da schwoll sie an von des Geliebten Lüsten,
Vom Überfluß der Liebe schwoll die Pracht von Brüsten!
Nährmutter aller Kreatur ist Gott!
Die Gottheit ist die Mater Caritas!
Der Mater Caritas schwillt ohne Spott
Die Pracht der Brüste ohne Unterlaß!
Die Brüste sind von Milch der Liebe naß!
Gott Magna Mater, quillend überfließ
Und laß genießen meine Seele das,
Laß deine Gottheit mich genießen süß,
Der Gottheit mich vereinigen im Paradies!