Ein Versepos von Josef Maria Mayer
„Thus talking, hand in hand alone they passed
On to their blissfull bower. It was a place
Chosen by the sovran Planter, when he framed
All things to Man’s delightfull use. The roof
Of thickest covert was inwoven shade,
Laurel and myrtle, and what higher grew
Of firm and fragrant leaf; on either side
Acanthus, and each odorous bushy shrub,
Fenced up the verdant wall; each beauteous flower,
Iris all hues, roses, and jessamine,
Reared high their flourished heads between, and wrought
Mosaic; under foot the violet,
Crocus, and hyazinth, with richy inlay
Broidered the ground, more coloured than with stone
Of costliest emblem. Other creature here,
Beast, bird, insect, or worm, durst enter none;
Such was their awe of Man. In shadier bower
More sacred and sequestered, though but feigned,
Pan or Sylvanus never slept, nor Nymph
Nor Faunus haunted. Here, in close recess,
With flowers, garlands, and sweet-smelling herbs,
Espousèd Eve decked her first nuptial bed…………”
(Milton)
ERSTER GESANG
1
Gott, den großen Vater in den Himmeln
Bet ich an, die Macht ob allen Mächten,
Er, der Ewige, er heißt der Alte,
Weißer als der Neuschnee ist sein Haupthaar.
Gott den Schöpfer will ich preisend singen,
Den Allmächtigen in seiner Allmacht,
Gott, creator ex nihilo, Schöpfer,
Voll Potenz und Akt ist Gott der Vater.
Allerhöchste Zeugungskraft der Vater,
Allerhöchste Zeugungskraft der Schöpfer,
Voll Potenz und Akt die Macht der Mächte,
Der in seinem Sohn die Welt erschaffen.
Der Allmächtige mit seiner Rechten
Sammelte den Staub der Mutter Erde,
Was er bildete, das war der Urmensch,
Geist ward in die Nase eingeblasen.
O wie herrlich ist der schöne Urmensch,
Ebenbild im Bild der Christ-Sophia,
Maskulin und feminin in einem,
Urbild für die Mannheit und die Weibheit.
Hebt sein Haupt der Urmensch in den Himmel,
Bilden seines Hauptes Haare Wolken,
Gleicht sein Antlitz einer zweiten Sonne,
Glühend ist und licht die Antlitz-Sonne.
Steht der Urmensch aufrecht unterm Himmel
Mit den nackten Füßen auf der Erde,
Ist sein Körper wie die Mittelsäule,
Die den Himmel an die Erde bindet.
Liegt der Urmensch eben hingelagert
In den weichen Schoß der Mutter Erde,
Ruhen seine Füße in dem Westen,
Ruht sein Schädel in dem fernen Osten.
Gott der Vater schaut voll Wohlgefallen,
Gott der Vater spricht mit leiser Stimme:
Urmensch, dich erzeugte ich, mein Kindlein,
Du bist meine Wonne, mein Ergötzen!
2
Alle Throne, Mächte und Gewalten,
Alle Herrlichkeiten, Fürstentümer,
Seraphim und Cherubim und Engel
Sangen: Urmensch, dir sei Ruhm und Ehre!
Dionysios, Athenas Seher,
Wird mich seine Weisheit wieder lehren
Von der Hierarchie der Engelschöre,
Von den Rädern, von den Loderflammen,
Von den Thronen, welche Gott so ähnlich,
Daß wir jene Götter nennen können.
Götter, Götter, siehe, welche Wonne,
Welch ein Urmensch aus der Hand des Schöpfers!
Steht der Urmensch auf der Mutter Erde,
Steht ihm Gabriel zur linken Seite,
Lehrt das Wort ihn, lehrt die Göttin Sprache,
Lehrt ihn mehr noch auch der Mystik Schweigen,
Steht ihm Michael zur rechten Seite,
Lehrt ihn Energie und Macht und Stärke,
Schützt ihn vor den Feinden seiner Seele,
Spricht ihm Mut zu, dem Begehrenswerten.
So der Urmensch wird geehrt von Engeln.
Doch die Kreaturen dieser Erde
Beten: Urmensch, Lobpreis und Anbetung
Werde dir von allen Kreaturen!
Wir sind Würmer, unsre Schwänze zucken,
Wir sind Hunde, die aufs Wort gehorchen,
Wir sind Pflanzen, die zur Speise dienen,
Wir sind Trauben, die den Geist erfrischen,
Wir sind Edelsteine, dich zu heilen,
Wir sind Gräser, deinen Leib zu betten,
Wir sind Energieen dieser Erde,
Dir zu dienen und dich anzubeten!
Doch der Urmensch sagt den Kreaturen:
Kreaturen, ich bin Mensch, nicht Gottheit,
Himmelt mich nicht an in der Anbetung,
Ich bin Staub und Hauch vor Gottes Allmacht!
Ewige Anbetung sei der Allmacht,
Sei der göttlichen Potenz des Vaters,
Sei der rechten Hand des Schöpfergottes!
Wir sind nichts als Gottes Samenfunken.
3
Aber Gott erhob das Wort: Mein Urmensch,
Kommen sollen menschliche Geschlechter,
Kommen sollen weise, starke Männer,
Kommen sollen freie, liebe Frauen!
Urmensch, Gott zerteilte deine Glieder
Und zerstreute dich an alle Enden
Dieser gottgeformten Mutter Erde,
Dich von Horizont zu Horizonten.
In Amerika die Glieder lagen
Und in Afrika, der schwarzen Mutter,
Und in Asia, der großen Mutter,
In Europa auch, der süßen Nymphe.
Und der Urmensch wurde tief erniedrigt
Von der Ähnlichkeit mit seinem Gotte
Und er glich mehr einem Weizensamen,
Eingesät in seine Mutter Erde.
Wer weiß aber, wo sein Haupt gelegen?
Wer weiß aber, wo sein Herz gelegen?
Wer weiß, wo die Arme und die Beine
Lagen in dem Schoß der Mutter Erde?
Eines weiß die Muse nur zu sagen,
Daß das doppelte Geschlecht der Urmensch
Niederlegte in den Garten Eden
Und befruchtete den Garten Eden.
Nämlich dieser androgyne Urmensch
Mit dem doppelt-einigen Geschlechte
Streute aus den Phallus mit der Vulva
In Verschmelzung in dem Garten Eden.
Wie ihr sehen könnt an Götterbildern,
Ist vereint der Phallus mit der Vulva.
Da vereint der Phallus mit der Vulva,
Fruchtbar wird die Lust im Garten Eden.
Denn der Phallus überschäumt von Samen
Und der Gischt des kochendheißen Blutes
Und die Vulva in des Weibes Becken
Ist der Fruchtbarkeit geliebte Quelle.
Urmensch, eines ist dir nur geblieben
Von der Ähnlichkeit mit deinem Gotte,
Dir blieb als geheimnisvolle Freundin
Anvertraut von Gott das Buch Sophia!
4
Gott der Schöpfer ewig sei gepriesen,
Der die freie Lilith-Frau erschaffen!
Ewige Anbetung sei der Gottheit
Für das Ebenbild der Lilith-Schöpfung!
Lilith ist die Nacht, sie ist der Schatten,
Feminine Göttin allen Dunkels,
Rabe sie der Nacht und allen Schicksals,
Eule sie der Nacht und aller Weisheit!
Reise durch die Nacht des Unbewussten
Zu der Morgenröte tiefer Weisheit!
Wandre durch die dunkle Nacht der Seele
Zu dem Gottesberg der Gottes-Ehe!
Lilith sah ich, ja, ich schaute Lilith,
Eine liebreizreiche süße Nymphe,
Die Verführerin voll Reiz und Schönheit
Kaum verhüllt im Spiegel sich beschaute,
Um den nackten wunderschönen Körper
Nur ein Hauch von transparentem Schleier,
Leicht umschlungen, einer Schlange ähnlich,
Sie bespiegelte sich in dem Spiegel.
Lilith in dem femininen Schleier,
Lilith vor dem femininen Spiegel!
O ich liebe, ich begehre Lilith,
Ich verlange nach dem Liebreiz Liliths!
Wahrlich, wahrlich, Lilith sah ich tanzen,
Um den nackten Körper sieben Schleier,
Tanzte sie den Tanz der sieben Schleier,
Tanzte sie den Tanz der Selbsterkenntnis!
Schleier fiel um Schleier von dem Körper,
Hülle fiel um Hülle ab von Lilith!
Lilith tanzte so den Tanz der Schleier,
So den Tanz der Schleier tanzte Lilith!
5
Adam war der erste Mann der Menschheit,
Lilith war die erste Frau der Menschheit.
Adam nackt und Lilith nackt auf Erden
Lagen in dem Bett des grünen Grases.
Adam wollte über Lilith liegen,
Daß von oben her der Mann eindringe
In die dunkle Nacht des Beckens Liliths,
Daß die starke Mannheit drinnen werke.
Adams Manneskraft war stark und mächtig,
Liliths Weiblichkeit war enge Pforte.
Adam pflügte wie ein Stier den Acker,
Liliths Acker wurde umgegraben.
Adams Same wurde ausgeschüttet,
Lilith sog den Lebenssaft des Samens
Auf durch ihre innerliche Schlange,
Schuf aus Lust die geistige Erleuchtung.
Lilith hob die Stimme froh in Freiheit:
Adam, Adam, ich will oben liegen,
Lilith will jetzt einmal Adam lieben,
Reiten will ich auf dem starken Hengste!
Adam sagte: Herrschaft ist des Mannes,
Sei das Weib die Dienerin des Mannes!
Abbild ist der Mann von Christi Antlitz,
Abbild ist das Weib der Kirche Christi.
Lilith flüsterte den Namen Gottes:
Jahwe ist die Gottheit der Befreiung!
Lilith machte frei sich von den Fesseln,
Aufflog Lilith in den lichten Äther.
Lilith ist das wahre Adlerweibchen,
Dieses Adlerweibchen liebt die Freiheit!
Dieses freie Adlerweibchen Lilith
Schaut als Sonne an den Namen Gottes!
6
Fort war Lilith! Adam war alleine!
Adam war allein in tiefstem Jammer
Und er jammerte vor seinem Gotte
Und er klagte Gott die schweren Leiden!
Meine Seele hast du mir genommen,
Gott, genommen meine zweite Seele!
Absolute Einsamkeit ist Adam,
Adam ist ein Ich, das sich verloren!
Aus der Seele Adams ist gewichen
Der geheimnisvolle Atem Liliths!
Atme wieder in mir, Atem Liliths,
Komm zurück, o Lilith, o mein Atem!
Hör die Feuersglut der Seufzerhauche
Flüstern, freie Frau, dass ich dich brauche!
Ach wie Adam Lilith braucht zum Leben,
Wie der Körper braucht der Seele Atem!
Gott der Vater fühlte herzlich Mitleid
Mit des armen Adam Jammerelend,
Gott der Vater schickte Himmelsboten,
Schickte Lilith reine Himmelsgeister.
Diese reinen Himmelsgeister sprachen:
Lilith, Lilith, komm zurück zu Adam,
Gib du Adam seine Seele wieder,
Blase Adam wieder ein den Atem!
Lilith aber strengen Angesichtes
Und mit einem wilden freien Herzen
Schwieg die Himmelsgeister an, verstummte,
Wollte nicht zurück zu Adam kommen.
Ernsthaft sagte Lilith zu den Engeln:
Ich will nicht gebraucht sein, ich will frei sein!
Ich will nicht gebunden sein an Adam!
Mir genüge es, mich selbst zu lieben!
7
Adam lag in seiner Trance der Ohnmacht,
Da kam Gott mit einem scharfen Messer,
Wühlte in der Brust des Mannes Adam,
Schnitt die Rippe aus dem Busen Adams.
Manche sagen, das war Adams Rippe,
Andre sagen, das war Adams Flanke.
Ja, ich glaub, es war die Flanke Adams,
Eine Flanke kann allein nicht stehen!
Wars die Rippe, saß sie unterm Herzen,
Denn es war gewiß kein Schädelknochen,
Nicht der Stirn entsprungen die Geliebte,
Sondern aus dem Fleisch und Blut des Herzens.
Gott schuf Eva! Lobpreis sei dem Schöpfer,
Lobpreis und Anbetung sei des Schöpfers
Schönheit, deren Abglanz in der Schöpfung
Schönheit leuchtet, in der Schönheit Evas!
Heute morgen sah ich geistig Eva,
Eva nackend in dem Garten Eden,
Eva nackt im Freudengarten Eden
War die höchste Wonne meiner Seele!
Ihre makellosen vollen Brüste
Äpfel waren an dem Lebensbaume
Und der Becher ihres breiten Beckens
Feige war vom Baume der Erkenntnis.
Evas Körper war ein Freudengarten,
Evas Seele, inkarniert im Körper,
War Verheißung allerhöchster Wonne
In Vereinigung mit Gottes Schönheit!
Sagen selbst die Mystiker und Weisen,
Die Erleuchteten und Theologen:
Evas Nacktheit war von solcher Schönheit,
Daß die reinen Geister lüstern wurden!
Seraphim zu Feuerschlangen wurden,
Throne wurden nackte Liebesgötter,
Fürstentümer in dem Venushimmel
Brannten in wahnsinniger Begierde,
Gabriel erotischen Begehrens
Rührte mit des Zepters Spitze Eva,
Michael erotischen Verlangens
Stand als starke Säule da vor Eva.
8
Vor der einen, allerhöchsten Gottheit
Standen Adam und die schöne Eva,
Adam nackt im Freudengarten Eden,
Eva nackt im Freudengarten Eden.
Und der allerhöchsten Gottheit Segen
Ruhte über Isch und seiner Ischa.
Auf dem Mann lag ernst die Hand des Vaters,
Auf dem Weibe war der Hauch der Gottheit.
Gott sprach: Adam nackt und Eva nackend,
In Vereinigung der schönen Liebe
Eins seid in dem Paradies des Himmels
Auf der Erde in der Ehe Gottes!
Adam, angetraut von Gott dem Vater
Und dem Sohne und dem Geist der Liebe
Ist die schöne Eva dir zur Gattin,
Werdet eins, vereint zu Einem Fleische!
Adam lade ich mit seiner Eva
An den Tisch des Hochzeitsmahles Gottes.
Adam, liege du mit Gott zu Tische,
Eva, liege du mit Gott zu Tische!
Gürten wird sich Jesus wie ein Sklave
Und das Mahl bereiten für die Gatten.
Eva, speise du das Brot des Lebens,
Adam, trinke du den Wein des Heiles!
Adam, nimm dir von dem goldnen Tische
Lebensäpfel, der Erkenntnis Feige,
Eva, du empfang aus Jesu Händen
Süße Speise, schmelzend in dem Munde!
Eva nackend lag zu Tisch mit Adam,
Jesus lehrte sie die Weisheit Gottes,
Jesus lehrte sie des Geistes Freundschaft,
Eva lauschend hing an Jesu Lippen!
Engel standen um den Tisch der Hochzeit,
Cherubim wie nackte kleine Kinder,
Seraphim wie schöne Schmetterlinge
Flatterten um Evas lange Locken!
Alle Chöre priesen Evas Schönheit,
Alle Chöre lobten Evas Liebreiz,
Alle Chöre sangen Evas Seele,
Alle Chöre jauchzten froh um Eva!
9
Sammael war in dem Himmel Seraph,
In der Jugend gleich dem Morgensterne,
Residierend auf dem Berg der Götter,
Strahlend in Gottähnlichkeit der Schönheit.
Aber Sammael erhob in Hochmut
Wegen seiner Schönheit sich und sagte:
Ich bin schöner als die schöne Gottheit,
Ich will sitzen in dem Thron der Gottheit!
Sammael war voller Neid und Hochmut,
Als er sah, wie alle Engelchöre
Eva feierten in ihrer Schönheit,
Da beschloß er, Eva zu verführen.
Sammael kam in Gestalt der Schlange,
Schlang sich um den Feigenbaum von Eden,
Sprach: Ich bringe Eva die Erleuchtung,
Ich bin der geheimen Weisheit Schlange.
Lüstern lispelnd lockte so die Schlange
Eva und verführte die Geliebte,
Die verbotne Feige sich zu pflücken,
Eva pflückte die verbotne Feige.
Doch im gleichen Augenblick erschienen
Ist der Todesengel mit dem Namen
Azrael und sprach zur schönen Eva:
Eva, Eva, du musst einmal sterben!
Eva sich entsetzte vor dem Tode,
Nackte Todesangst befiel die Schöne
Und sie seufzte: Soll im Totenreiche
Ich denn ohne den Geliebten leben?
Wie soll ich das Totenreich ertragen
Ohne Adam, wie soll meine Seele
Ohne ihren Körper die Verdammnis
In des Todes Ewigkeit ertragen?
Eva also gab aus Liebe Adam
Die verbotne Feige der Erkenntnis,
Adam speiste die verbotne Feige
Wie ein süßes Sakrament der Sünde.
10
Gott der Ewige in seiner Schönheit
Mit dem göttlichen Messias Jesus
In der Energie des starken Geistes
Voller Männlichkeit vertrieb den Teufel
Sammael aus Gottes Königreiche,
Sammael dem Blitz gleich stürzte nieder.
Wehe aber euch, o Meer und Erde,
Sammael ist nun zu euch gekommen!
Gott der Ewige ist heilig, heilig,
Heilig Gott der Ewige der Scharen!
Eva hat beleidigt Gott den Vater,
Gott war voller Traurigkeit und Unglück,
Daß er Eva nun vertreiben musste,
Daß er Adam nun verjagen musste
Aus dem schönen Freudengarten Eden,
Diesem Paradies der schönen Liebe.
Eva musste nun hinab mit Adam
Auf die unterste der sieben Erden,
In die Finsternis der tiefsten Erde,
Doch das war noch nicht genug der Strafe.
Eva gab aus Liebe ja zu Adam
Adam die von Gott verbotne Feige,
Um im finstern Totenreich zusammen
Mit dem vielgeliebten Mann zu bleiben.
Darum züchtigte der Himmelsvater
Eva mit der Züchtigung der Rute,
Daß er Adam führte fort von Eva,
Eva blieb in Finsternis alleine.
Gott der Vater führte einsam Adam
Auf die Erde Adama, die zweite
Von den sieben Erden. Adam lebte
Auf der Mutter Adama alleine.
Aber wehe, Adams Buch Sophia
Flog gen Himmel auf mit Adlerflügeln!
Adam weheklagte: Buch Sophia,
Buch Sophia, du hast mich verlassen!
11
Hundertdreißig Jahre lebte Adam
Auf der Mutter Adama mit Lilith,
Der Verführerin, der Buhldämonin,
Adams Same in dem Schoße Liliths
Zeugte allerlei Dämonenkinder,
Große Riesen und monströse Wesen,
Voll die Fabeln und Altweibermärchen
Und die Mythen sind von den Dämonen,
Welche Adam zeugte mit der Lilith,
Koboldmutter wurde Mutter Lilith,
Ward Zyklopenmutter, Riesenmutter,
Zwergenmutter, Ungeheuermutter.
Lilith stand mit ihren Kindern Lilim
An dem Wasser im gelobten Lande
Und versteckte ihre Lilim-Kinder
Im Gebüsche, ohne sie zu taufen.
Diese ungetauften Lilim-Kinder
Sich verwandelten zu Feen und Elfen,
Zu Sirenen und zu Wassernymphen,
Zu Dryaden, in den Bäumen lebend.
Diese ungetauften Lilim-Kinder
Wurden Bocksdämonen und Satyre,
Wurden Faune mit den Ziegenfüßen,
Nachtgespenster, rabenschwarze Seelen.
Eva aber in der finstern Erde
Sich mit Sammael verband in Unzucht,
Nicht vereinte sie die Ehe Gottes,
Sie verbanden sich in Freier Liebe,
In der Liebe, die mit Haß geschmischt ist,
In der Süße, die mit Zorn gemischt ist,
In der Treue, die zugleich auch treulos,
In der Lust, die ist zugleich Verachtung.
Adams Schicksal war auch Evas Schicksal.
Adam schlief mit einer Buhldämonin,
Eva tat sich auf der Kraft des Teufels.
Diese Gegenhochzeit war nicht heilig,
Diese Gegenhochzeit war vom Feinde
Und die Kinder dieser Gegenhochzeit
Waren ungetaufte Monsterkinder,
Satanssöhne und Dämonenkinder.
12
Endlich, endlich hatte Gott Erbarmen
Nach der langen Züchtigung der Rute
Und den bitterlichen Reuetränen
Und den Sühneleiden der Verbannten!
Endlich holte Gott die schöne Eva
Aus der Finsternis der tiefsten Erde,
Führte Eva Adam zu, dem Gatten,
Der die Mutter Adama bewohnte,
Führte Adam dann mit seiner Eva
Wie auf einer Himmelstreppe Stufen
Sie von einer Erde zu der nächsten,
Bis zur siebenten, der Mutter Erde.
Unser aller große Mutter Erde,
Dieser bläuliche Planet im Meere,
Wurde Heimat nun des Ehepaares
Und sie lebten still in sanftem Frieden.
Ganz vertraute eheliche Liebe
Machte Adam zum Mitschöpfer Gottes,
Eva zur Mitschöpferin der Gottheit,
Eva so gebar den Erstgebornen.
Kain der Name war des Erstgebornen,
Kain war von Beruf ein Mann des Feldes,
Niemals schlachtete ein Tier der Landmann,
Kain trank nicht einmal die Milch der Kühe.
Eva aber wurde wieder schwanger,
Riesengroß die vollen Mutterbrüste
Strömten über schon von süßer Trostmilch,
Aus den Spitzen tropften süße Tropfen!
Eva brachte Abel auf die Erde,
Abel stammte aus dem Universum,
Wo er die galaktische Ernährung
Aus der Sonne Galaxie gesogen!
Abel aber wurde Lämmerhirte
Und er schlachtete dem Herrn in Lämmchen!
Blut des Osterlammes an der Pforte!
Abel ward von Gott gerechtgesprochen.
13
Aber Adam war ganz trostlos traurig,
Daß das Buch Sophia blieb verschwunden.
Was ist alle Liebe dieser Erde
Ohne Vormundschaft der Weisheit Gottes?
Adam schaute Eva an, die Schöne,
Also dachte Adam schmerzlich seufzend:
Hätte ich doch noch das Buch Sophia,
Könnte ich der Gottheit Wort vernehmen.
Diese Schönheit Evas ist vergänglich
Und die Seele Evas ist nicht Gottheit,
Doch der Liebe Wort im Buch Sophia
Ist die Gottheit in dem Leib des Wortes.
O du vielgeliebtes Buch Sophia,
Reizend war dein Schmuck und deine Kleider,
Doch ich liebe mehr noch deine Nacktheit,
Ganz unwiderstehlich deine Seele
Und im Innern deiner Seele aufstrahlt
Gott, Gott strahlte dir aus deinen Augen,
Gott in dem Geheimnis deines Geistes,
Diese Gottheit hat mich nun verlassen!
In Verzweiflung Adam, trostlos traurig,
Ganz verstrickt in desolaten Wahnsinn,
Adam suchte selber sich zu morden
Und mit freiem Willen sich zu töten!
Da erbarmte sich der Herr im Himmel,
Jesus Adam gab das Buch Sophia
Wieder, Adams Lieblingsbuch Sophia
Kam mit Adlerflügeln von dem Himmel!
Adam liebevoll umschlang als Gatte
Dieses vielgeliebte Buch Sophia,
Immer tiefer drang er in den Schoß ein
Und erkannte die Geliebte mystisch.
Dieses Buch Sophia überliefert
Ward von Adam auf den Vater Abram,
Welcher stiftete den Ein-Gott-Glauben
Und das auserwählte Volk der Juden.
Meine Muse ist der Überzeugung,
Vater Abrahm sei in Wahrheit Brahma,
Das geheimnisvolle Buch Sophia
Sei nun Eigentum der Tantra-Meister!
14
Eva schließlich zählte tausend Jahre,
Da versetzte Gott sie in den Himmel.
Milton schaute Eva in Visionen,
Klopstock Eva sah in Morgenträumen,
Dante schaute Eva in dem Himmel
Rechts vom Throne Unsrer Lieben Fraue.
Aber Adam blieb allein auf Erden,
Tausend Jahre Einsamkeit auf Erden,
Bis sich Vater Noah sein erbarmte
Und ihn in den Schoß der Arche aufnahm
Und, nachdem die Sündflut abgelaufen,
Auf dem Ararat mit ihm vom Wein trank!
Nach Jerusalem zog Adam weiter,
Wo er auf dem Kreuzweg Christus schaute.
Vater Adam schaute Jesus Christus:
Ich bin du und du bist ich, mein Meister!
Christus ist der Neue und der Letzte
Adam an dem Lebensbaum des Kreuzes,
Christus ist die Schlange an dem Kreuze,
Frau der Schmerzen ist die Neue Eva.
O du vielgeliebte Frau der Schmerzen,
Neue Eva meines Paradieses,
Schaue auf zur Schlange an dem Kreuze,
Auf zur Schlange an dem Lebensbaume!
Neue Eva, führe Vater Adam,
Daß er ablegt seinen alten Adam,
Daß er anzieht nun den neuen Adam,
Daß er werde gleich dem Neuen Adam!
Ist der alte Adam erst geworden
Zu dem neuen Adam Jesus Christus,
Wird der neue Adam sich vermählen
Mit des Paradieses neuer Eva!
Wenn die alte Eva Edens Garten
Mir verscherzt mit Schlange und mit Feige,
Lädt mich in den Schoß die neue Eva,
Ihres Himmelsschoßes Wonnegarten!
Ein Lustgartenparadies der Wonne
Ist die neue Eva in dem Himmel,
Wo vom Lebensbaum des Heiles Schlange
Schenkt die Feige ewiger Erkenntnis!
ZWEITER GESANG
1
Ewiger, aus Überfluß der Liebe
Hast aus Nichts die Schöpfung du geschaffen,
Nicht weil einsam du gewesen, sondern,
Weil du die Geschöpfe lieben wolltest!
Gott der Vater schenkte ein den Rotwein,
Gott der Sohn war selber dieser Rotwein,
Gott der Geist war dieses Weines Becher,
Ausgegossner Wein ist Gottes Schöpfung!
Gott der Vater ist die Große Mutter
Mit der Fruchtbarkeit von Mutterbrüsten,
Gott der Sohn ist Muttermilch der Liebe,
Gott der Geist hat diese Milch gemolken.
Aus der Muttermilch des Schöpfergottes
Wurden Universums Galaxieen
Und der Sternenstrom, des Kosmos Milchweg,
Aus den Nebeln wurde Gottes Sonne,
Von der Sonne löste sich die Erde,
Nichts als Meer bedeckte Mutter Erde,
Berge wurden, grüne Wälder wuchsen,
Kleinste Wasserwesen wurden Fische,
Fische krochen auf die Mutter Erde,
Tiere wurden in den grünen Wäldern,
Dinosaurier der Urzeit wurden
Und die Menschenaffen auf den Bäumen.
Gott der Schöpfer schuf in seiner Weisheit
Durch den Schöpfergeist, die Liebe Gottes,
Aus den Steinen, Pflanzen, Tieren einen
Menschenkörper von der Mutter Erde.
Als die schöpferische Liebe Gottes
Schuf den Körper von der Mutter Erde,
Schuf aus der Materia, der Mutter,
Wunderschön den Körper eines Menschen,
Hauchte Gott in Weisheit und in Liebe
Reinen Atem von dem Atem Gottes
In den Menschenkörper durch die Nase,
Also ward der erste Mensch lebendig.
Er war Stoff vom Stoff der Mutter Erde
Und war Lebensgeist vom Geiste Gottes,
Ebenbild der schöpferischen Gottheit,
Ausgestattet mit Vernunft und Freiheit.
2
Ich, Maschiach, erstes Menschenwesen,
Klage aller Welt die Seelenschmerzen!
Hörst du mich, du Hierarchie der Engel?
Seraphim, beneidet ihr mein Leiden?
Was ist eine Seele doch alleine?
Bin ich selber mir allein genügend?
Wer bin ich, bin ich mit mir alleine?
Wer will einsam lachen, einsam weinen?
Soll ich Gott in Einsamkeit mir denken?
Doch die wahre Gottheit ist nicht einsam!
Gott ist Liebe, Gott ist drei Personen:
Liebender, Geliebter und die Liebe!
Ich allein bin einsam auf der Erde,
Ich allein bin einsam in dem Kosmos!
Willst du meine Einsamkeit verstehen,
O du Nachwelt meiner tausend Enkel?
Denke dir im Kosmos einen Menschen,
An das Nichts des Weltalls angenagelt,
Schreiend, doch auf Erden tönt kein Echo,
Schreiend, Gott verstopft sich seine Ohren!
Soll ich selbst mich selber einsam lieben?
Selbst am Schopf mich aus dem Sumpfe ziehen?
Lieb dich selber, hör ich Geister flüstern.
Liebt das Ich das Ich, das ist nicht Liebe.
Das vermag ich nicht, denn Sehnsucht, Sehnsucht
Wie ein Geisthauch brennt in meiner Seele,
Sehnsuchtsseufzer seufzen, Sehnsuchtsflammen
Zünden meine Seele an mit Feuer!
Enkel, wollt ihr meine Seele sehen?
Meiner Seele Glieder brennen lodern,
In der Sehnsucht Gluthauch ich verbrenne,
Meine Seele sich verseufzt in Flammen!
Hoffnung nennt man eine Gottestugend,
Aber ich versterbe vor Verzweiflung!
Sehnsucht aber, stärker als Verzweiflung,
Sehnsucht ist noch ewiger als Hoffnung!
Aber Sehnsucht mich verbrennt zu Asche!
Gott spricht: Diese Seele mir verbrannte!
Aber aus der Sehnsucht Feuerasche
Aufersteht der Liebe Feuervogel!
3
Wollt ihr wissen, was Maschiach leidet
In der Erde grünem Freudengarten?
Freudengarten ist kein Freudengarten,
Erdengarten ist ein Jammergarten!
Die Natur ist eine liebe Mutter,
Hat mit Gott geschaffen alle Schöpfung,
Die Natur hat eine liebe Seele
Und ich schaute diese schöne Seele!
Ja, betörend dufteten Parfüme
Der geliebten Frau Natur, der Mutter,
Geistig zwischen rosa Pflaumenblüten
Sah ich lächeln süß ihr schönes Antlitz.
Meint ihr also, dass ich lieben könnte
Die Natur als bräutliche Genossin?
Ach, ihr kennt nicht eines Mannes Seele,
Was Natur ihn lehrt für Liebesschmerzen!
Lag ich doch im grünen Erdengarten
In dem Ehebett der grünen Gräser,
Schaute an die ersten Frühlingsblumen,
Offen ihre violetten Kelche,
In dem Schoß der violetten Kelche
Nektar und Ambrosia am Stempel
Und so eilten auch die Honigbienen,
Sie zu küssen mit dem spitzen Stachel.
Mach mich nicht verrückt, Natur, du Mutter,
Lehre mich nicht so die Lust der Liebe!
Gleich ich etwa weißem Schmetterlinge,
Der im Frühling in den Lüften tänzelt?
Seh ich doch beim weißen Schmetterlinge
Tanzen Hochzeitstanz das Falterweibchen!
Seh ich in den Gräsern die Insekten
Schamlos öffentlich das Bett besteigen!
Aber ich in diesen grünen Gräsern
Sehe eine Liebe vor den Augen
Meines Geistes, meines Herzens Augen
Sehen jene Liebe – die mir mangelt!
4
Gottheit! Nacht herrscht auf der Mutter Erde,
Einsam trinkt Maschiach seinen Rotwein.
Gott, ein Mann schärft eines Mannes Denken,
Sende einen Freund in meinen Garten,
Einen Zwillingsbruder, Doppelgänger,
Daß ein Denker mit mir diskutiere,
Die Mysterien ergründe sinnend
Und die Rätsel der Natur mir löse.
Gott ist Vater, Sohn und Geist, o Gottheit.
Sende zu dem Vater aller Menschen
Einen Sohn doch, den ich alles lehre,
Einen Geistlichen zum Streitgespräche.
Die Natur ist Wollust und Erotik,
Doch Maschiach ist Vernunft und Denken.
Schick zum Wein mir einen Knaben-Schenken,
Schick zum Wein mir einen Dichterbruder.
Laß mich doch nicht so allein auf Erden,
Einsam so im schwarzen Universum!
Ach, ich kann die Qual nicht mehr ertragen,
Hör doch meine schreienden Gebete!
Höre, Gott! Doch willst du mich nicht hören,
Muß ich alle Jammerqual ersäufen,
Muß ertränken meine Seelenwunden
In dem Kelch voll Rotwein des Vergessens!
Schon ich taumle, Gott, und tanze traurig,
Schon bin ich besoffen von der Schwermut,
Trunken von den Tränen, von der Trauer,
Schon ich taumle, torkle, stammle, lalle!
So Maschiach ist ins Gras gesunken,
In die Trance des Rausches des Vergessens!
Tot sein Leib in Ohnmacht seines Schlafes
Und betäubt die Seele durch Berauschung.
Da kam Gott der Vater von dem Himmel,
Gott kam, der allmächtige Erzeuger,
Gott der Vater, Zeugungskraft der Gottheit,
Schnitt die Rippe aus der Brust des Mannes!
5
Gott sprach: Schon schuf ich die Galaxieen,
Schuf des Kosmos neblige Spiralen,
Schuf die Zeit und schuf den Raum, geschaffen
Ist der Kosmos endlich und unendlich,
Schon erschuf ich schön die Schwester Sonne,
Schon erschuf ich Bruder Mond am Himmel,
Schon die liebevolle Mutter Erde
Und erschuf die keusche Schwester Wasser,
Schon erschuf ich Zedern und Zypressen
Und die Feige mit den Samen drinnen,
In den Meeren den Delphin und Walfisch,
Auf den Bergen schwarze Pantherweibchen,
In den Urwalddschungeln Menschenaffen,
Welche schamlos ihre Scham befingern,
Schuf den Bruder Esel, Bruder Körper
Schuf ich meinem einsamen Maschiach.
Aber noch ist nicht die Welt vollendet!
Künstler bin ich, künstlerische Gottheit,
Kreative Gottheit, ich erschaffe
Nun die Frau als Meisterwerk der Schöpfung!
Also aus der Rippe des Maschiach
Schaffe ich, aus seiner Herzensseite,
Schaffe ihm aus seinem Traum die Traumfrau,
Ebenbürtig ihm ein Gegenüber!
Schwer die Hand des Herrn liegt auf dem Manne,
Schwebt der Hauch der Gottheit überm Weibe!
Er soll schaffen schöpferische Werke,
Sie sei religiös die Nächste Gottes!
Ebenbürtig Fleisch von seinem Fleische,
Ebenbürtig Bein von seinem Beine,
Ebenbürtig Herz von seinem Herzen,
Ebenbürtig Traum von seinem Traume!
Wie der Kosmos reich sei ihre Seele,
Wie die Sonne strahle schön ihr Antlitz,
Wie die Erde mächtig sei ihr Körper,
Wie der Mann sei sie ein Abbild Gottes!
Gott in seiner mütterlichen Liebe
Mit der ehelichen Throngenossin
Weisheit und der femininen Ruach
Schuf als Schöpferliebe – Maschiana!
6
Gott der Vater, Schöpfer Maschianas,
An der Vaterhand hielt Maschiana:
Sei gesegnet, Erstgeborne Tochter,
Führen will ich dich zu deiner Hochzeit!
Gott der Vater legte seine Hände
Segnend auf die langen schwarzen Haare
Seiner Gottestochter Maschiana,
Küsste dreimal segnend ihr die Stirne.
Gott der Vater ging mit Maschiana
Heiter wandelnd in den Freudengarten:
O du meine dornenlose Rose,
Du bist selbst für mich ein Freudengarten!
Schön die Schritte deiner bloßen Füße
Mit den hennaroten Perlmuttzehen
In den goldenen Sandalen, Fürstin,
Klingeln Kettchen dir an deinen Knöcheln.
Gott der Vater führte Maschiana
Durch die Pforte in den Freudengarten,
Einer Süßmeerperle glich die Pforte,
War umrankt von dornenlosen Rosen.
Tochter, durch die Pforte deines Herzens
In den Freudengarten deiner Seele
Möchte ziehen ein die Liebe Gottes,
Daß sie sich in deinem Herzen freue!
Komm, dein Leib ist dieser Freudengarten,
Tempel ist dein Leib der Schönheit Gottes,
In dem Heiligtum des Frauenherzens
Will die königliche Liebe leben!
O du erstgeborne Tochter Gottes,
Die du bist der Gottesschönheit Tempel,
Liebe wohnen will in deinem Herzen
Nicht allein zu deiner eignen Wonne,
Sondern meine väterliche Quelle
Meiner Liebe möchte überströmen,
Daß dein Herz, empfangend meine Liebe,
Überströme und verschenke Liebe!
Gott der Vater sprach zur Tochter Gottes:
Siehe dort den Mann, den ich geschaffen,
Sei ihm Offenbarung meiner Schönheit,
Sei ihm Spenderin der Schönen Liebe!
7
Als Maschiach Maschiana schaute,
Wurde er ein Dichter in Verzückung:
Diese ist die Seele meiner Seele,
Diese Frau ist meiner Träume Traumfrau!
Ebenbürtig sie mein Gegenüber,
Daß ich mich in ihrem Spiegel schaue,
Daß ich schau in ihrer Seele Spiegel
Meiner schöpferischen Gottheit Schönheit!
Von der Schönheit schöpferischer Gottheit
Ist die überschöne Vielgeliebte
Menschengöttin aus der Hand der Gottheit,
Menschenschönheit von der Schönheit Gottes!
Schöner strahlend als die Himmelssonne,
Welche strahlt als Licht vom Lichte Gottes,
Strahlt mir an der Stirn der Vielgeliebten
Glanz und Gloria der Himmelsgottheit!
Übergossen ist die Vielgeliebte
Mit dem lichten Glanz der Schönheit Gottes!
Gottes Schöne Liebe, Mensch geworden,
Mir begegnet in der Vielgeliebten!
Diese Frau ist nicht von dieser Erde,
In dem Himmel Gottes ist ihr Ursprung.
Diese Frau, ein Himmel auf der Erde,
Läßt auf Erden schon mich in den Himmel!
Niemals schaut ich Gottes schönes Antlitz
In der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes
So gewaltig, übermächtig, herrlich,
Schön wie in dem Antlitz der Geliebten!
Ja, die Seligkeit des Paradieses
Wird mir schon zuteil auf dieser Erde!
In glückseliger Beschauung schaue
Ich das Antlitz von dem Antlitz Gottes!
Zur Anbetung reißt mich in die Kniee
Diese Schau der Überschönheit Gottes!
In der Schönheit Maschianas schau ich
Selig die Urschönheit der Urgottheit!
8
Singe mir, poetischer Maschiach,
Sing das Paradies des Freudengartens,
Nun, da Schöne Liebe eingezogen,
Nun, da lebt im Garten Maschiana!
Wonne alle Wonnen, Freudengarten,
Jauchze laut der Liebe, schöne Schöpfung!
Haucht der Schönen Liebe Gottes Gluthauch,
Ihr geliebten scharlachroten Rosen!
Ihr geliebten scharlachroten Rosen,
Haucht den Gluthauch ewig-schöner Liebe!
Glühend eure Schönheit, preist den Schöpfer,
Uns berauscht mit süßen Rosenölen!
Salben wollen wir uns als Gesalbte
Mit dem Salböl, wilder Rosen Öle,
Wollen uns berauschen am Parfüme
Der geliebten scharlachroten Rosen!
Aber preist mir auch den Mohn, den roten,
Jubele im Paradies, o Poppie!
Singt mir auch die heimliche Geliebte
Mit dem nektarsüßen Schoß der Iris!
Apfelbaum, wie prachtvoll deine Äpfel!
Aber deine Äpfel fallen nieder
Zur Anbetung deiner Apfelbrüste,
O Geliebte mit den nackten Brüsten!
Süße Pflaume pflück ich von dem Baume,
Liebend teile ich die süße Pflaume,
Schau, die nektarsüße Pflaumenhälfte
Ist so reizend wie dein Schoß, Geliebte!
Schau die Feige von dem Feigenbaume,
Die Erotischste der süßen Früchte,
Schau die süße Feige der Erkenntnis,
Schenk mir die Erkenntnis deiner Liebe!
O ihr Gräser voll des Lebenssaftes,
Fruchtbar schäumt in euch der Saft der Liebe,
Liebe voller Wonne, voller Wollust
Jauchzt und gießt sich durch den Wonnegarten!
Dieser Wonnegarten voller Wollust
Feiert die Vereinigung in Liebe!
Gottes Eros waltet in dem Garten,
Gottes Eros in den Vielgeliebten!
9
Komm, o Sankt Johannes Paul der Große,
Sprich von der Vereinigung der Liebe!
Ist Maschiach denn mit Maschiana
Eins geworden in dem Ehebette?
Stritten doch die alten Kirchenväter,
Ob sich beide sexuell vereinten
In dem Ehebett des Paradieses
Oder erst nach ihrem Sündenfalle?
Also sprach doch Hildegard von Bingen
Von der keuschen Weise der Vereinung,
Nicht im sexuellen Akt der Liebe,
Sondern wie sich Licht und Glas vereinen.
Hör mich, o Johannes Paul der Große,
Der die Sexualität geheiligt!
Ist die Sexualität geheiligt
Doch vom Schöpfergeist des Sexuellen!
Maschiana sagte zu Maschiach:
Stürmisch die Begierde ist des Mannes,
Seines Blutes Samen kocht und gischtet,
Ausgegossen schnell das Lustempfinden!
Aber meine weibliche Begierde
Langsam steigert sich zum Höhepunkte
Und dann währt das Lustempfinden lange,
Lehrt die Kirche und das Kamasutra.
Komm und liebe mich im Akt, Maschiach!
Nicht so schnell, du stürmischer Maschiach!
Nimm dir Zeit für unsre Liebesspiele,
Zeit für Vorspiel, Höhepunkt und Nachspiel!
Laß gemeinsam einen Rhythmus finden
Uns im gottgeschenkten Liebesakte,
Laß uns jauchzen auf dem Höhepunkte
In dem selben Augenblick der Wollust!
So wie Ei und Samen sich verschmelzen,
So im Akt verschmelzen unsre Seelen.
Ja, im Liebesakt ist Gott zugegen!
Gott ist Gegenwart im Akt der Einung!
10
Also wurde Maschiana schwanger,
Und Maschiach sah die Frucht des Leibes
Fruchtbar reifen in dem Mutterschoße,
In dem Bauche der Gebenedeiten.
Traube war das Kind und war ein Brotlaib,
Und die hochgebenedeiten Mutter
Schaukelnd wie ein Schiff auf Wogenbergen,
Imposante Majestät der Mutter!
In der höchsten Schwangerschaft der Mutter
In dem Augenblick vorm Niederkommen
Der Maschiach in der Maschiana
Sah die Gottheit an als Große Mutter!
Maschiana thronte auf dem Lager
Wie der Weltenberg der Mutter Erde
Im Imperium der benedeiten
Mutterschaft der schöpferischen Gottheit!
Majestät der imposanten Brüste!
Fruchtbarkeit des Bechers ihres Beckens!
Ja, der Schöpfergott als Große Mutter
Inkarniert in Mutter Maschiana!
So gebar die Hochgebenedeite
Hochgebenedeit die Frucht des Leibes
Und wie Gott von Gott und Licht vom Lichte
Lag das Kindlein an der Brust der Mutter!
Als Maschiach trat zu Maschiana
An das Lager ihres Niederkommens,
Gab er seinen väterlichen Segen
Jenem neugebornen Himmelsbürger.
Dieser Engel ihres Liebesbundes
In der Heiligkeit des reinen Kindes
War Verkörperung der Liebes-Einheit,
Menschgewordne eheliche Liebe.
Ihre Einheit aus den zwei Personen
Wurde zur Dreieinigkeit der Liebe.
Gott war gegenwärtig in der Einung,
Gott war gegenwärtig in dem Kinde!
11
Wie Maschiach von der Mutter Erde
Schöpferisch-jungfräulich ward geboren,
So gezeugt ward von dem Vatergotte
In der Ewigkeit der Sohn des Vaters,
Und wie aus Maschiach ward gebildet
Aus dem selben Stoff der Mutter Erde
Maschiana, also aus dem Vater
Und dem Sohne sich ergoß die Geistkraft.
Also sing ich des Maschiach Menschheit
Als ein Ebenbild des Gottessohnes
Und die schöne Menschheit Maschianas
Als das Ebenbild des Geistes Gottes.
Solches preist die Hymne der zwei-einen
Liebe in dem Reich der Einen Gottheit,
Aber größer noch ist das Geheimnis
Der Dreieinigkeit der Schönen Liebe!
Wie aus des Maschiach Rippe wurde
Maschiana wunderschön gebildet,
Aus dem Vater kam der Sohn des Vaters,
Eines Wesens in der Einen Gottheit,
Wie Maschiach liebend hingegeben
Sich an Maschiana, Maschiana
Liebend sich zurückgeschenkt Maschiach,
Aus der Liebes-Einheit ward das Kindlein,
So der Vater liebt den Sohn des Vaters
Und der Sohn des Vaters liebt den Vater,
Beider göttlichen Personen Liebe
Ist als göttliche Person die Geistkraft.
So Maschiach ist des Vaters Abbild,
Maschiana ist des Sohnes Abbild
Und das Kind des Heilgen Geistes Abbild,
Die Familie Ebenbild der Gottheit.
Salomo verkündet dies Geheimnis
In der salomonischen Beschauung
Voller Weisheit göttlicher Erotik
In der Sprache eines Liebesdichters:
Gott der Ewige liebt die Sophia,
Seine eheliche Throngenossin,
Aus der Ehe Gottes und Sophias
Sich ergießt der Geist, den Menschen freundlich.
12
Wahrlich, neunzig Thesen muß ich singen
Und so singe ich den menschgewordnen
Gottessohn im Menschen Jesus Christus,
Denn so lehrt es mich die Mutter Kirche.
Aber doch ich singe auch die Tochter
Gottes, singe auch die Mutter Gottes,
Singe auch die Braut des Heilgen Geistes,
Singe Unsre Liebe Frau Maria.
Gottes Sohn ward Mensch in Jesus Christus.
Gottes Geist als Mutterliebe Gottes
Sich verkörperte in Gottes Mutter,
Gottes Geist ist Mutter in Maria!
Und so sing ich Maschianas Liebe
Jesus, den Geliebten ihrer Seele,
Bräutigam der Seele Maschianas
Im Mysterium der Gottes-Ehe.
So auch sing ich des Maschiach Liebe,
Das ist Unsre Liebe Frau Maria,
Im Geheimnis der Marien-Ehe
Ist er eins mit ihr in Hoher Minne.
Jesus ist der Fürst des Paradieses,
König in dem Königreich der Himmel.
Königin des Himmels ist Maria,
Friedefürstin in dem Fürstentume.
Jesus trägt in Liebe Maschiana
In das Himmelreich des Paradieses
Und Maria trägt Maschiach liebend
In das Fürstentum des dritten Himmels.
Jesus als der König in den Himmeln
Ist der Himmelskönigin vereinigt,
In der Doppelherrschaft ihrer Herzen
Ewig ruhn die Himmelsparadiese.
Und wie Jesus und Maria eins sind
In dem höchsten Himmelsparadiese,
So Maschiach auch und Maschiana
Eins sind ewig in dem Garten Eden!
DRITTER GESANG
1
War die Mutter Erde Freudengarten
Und in Harmonie die ganze Schöpfung,
Unter sich versöhnt die Lebewesen
Unter der Verwaltung reiner Menschheit?
War die Menschheit an dem Anbeginne
In der Männlichkeit der Kraft und Stärke
Und der Weiblichkeit von zarter Liebe
Eine kleine Gottheit auf der Erde?
War die Liebe unter den Geschlechtern
Eine reine Liebe Herz zu Herzen,
Ohne Chaos brennender Begierde,
Die das Subjekt macht zu einem Objekt?
Waren Seelen noch dem Himmel nahe,
Ja, der Himmel nah der Mutter Erde,
Daß der erste Mensch nicht rebellierte
Gegen Gott, vielmehr die Gottheit liebte?
War vom hohen Himmelreiche Gottes
Eine Straße niederwärts aus Lichtglanz,
War der Regenbogen jene Brücke,
Drauf die Engel Gottes niederstiegen?
Standen Menschen unterm Schirme Gottes
Und erfreuten sich der Gnaden Gottes,
Nannten Gott den liebevollen Vater
Und die Liebe Gottes ihre Mutter?
Kamen nicht nur Gottes Himmelsengel
Nieder zu den Menschen auf der Erde,
Sondern Gott der Schöpfer stieg hernieder
Wie ein Engel zu den Menschenkindern?
Und wenn Eva abends in dem Garten
Schaute an die Blumen in dem Garten
Und dem Abendlied der Vögel lauschte
In der Abenddämmerung der Sonne,
Kam der Gott der Götter dann zu Eva,
Wandelte mit Eva in dem Garten,
Legte Eva auf das Haupt die Hände,
Küsste dreimal segnend ihr die Stirne?
2
Mensch, du wolltest Liebe nicht empfangen
Und der Weisung Gottes nicht mehr folgen,
Sondern nur das eigne Ich als Herrscher,
Ja, dein Ich als Gott inthronisieren.
Herrsche denn dein Ich als Ego-Gottheit!
Merkst du gar nicht, was du so verloren?
Ist dein Ich in irdischer Begrenzung
Abgeschnitten nicht vom Quell der Liebe?
Ist die Liebe aus der Welt verschwunden,
Die von oben liebend sich ergossen,
Bleibt dir dennoch die Begier nach Liebe,
Mußt du saugen nun an leeren Quellen.
Bleibt Begierde nur und Lustverlangen,
Doch Befriedigung wird nicht gewonnen.
Nicht dein Ich befriedigt selbst sich selber,
Noch ein andres Ich erfüllt dich völlig.
Hat der Mensch sich abgewandt vom Schöpfer,
Hat der Schöpfer sich zurückgezogen,
Wird dir auch Natur, die Große Mutter,
Nicht die Liebe in die Seele gießen.
Nein, die Hasen spenden dir nicht Liebe,
Liebe nicht die Pferde auf den Weiden,
Liebe nicht die Blumen in dem Garten,
Wendest du dich ab von Gottes Liebe.
Gottes Liebe ist der Schöpfung Seele,
Gottes Liebe ist des Menschen Leben.
Wo du dich verschließt der Liebe Gottes,
Bleiben tot dir ewig Mensch und Schöpfung.
Nichts wirst finden du als tote Dinge,
Tote Körper wirst du nur begehren,
Werden und Vergehen wird enttäuschen,
Denn das letzte Wort ist Tod und Nichtsein.
Denn die Ewigkeit der Liebe Gottes
Hast du für dein eignes Ich verlassen
Und so sprechen Ich und Welt nichts andres
Als den Tod in allen Ewigkeiten.
Doch wer kann sich in den Tod bescheiden,
Ist der Mensch zum Leben doch geschaffen!
Und so sucht im Grunde seines Wesens
Jeder Mensch die Liebe, die ihn rettet!
3
Wo der Mensch entfremdet seinem Gotte,
Ist entfremdet er dem eignen Wesen,
Stehen leider fremd sich gegenüber
Alle Kreaturen dieser Erde.
Wo die Gottheit nicht im Menschen waltet,
Herrscht der Krieg als Vater aller Dinge.
Wo nicht ewig-schön die Liebe waltet,
Wird das Geld zur Wurzel allen Übels.
Wie geschändet ist die schöne Liebe
Doch im Menschenelend dieser Erde,
Sie, die ewig-schöne Liebe, welche
Würdig wär, im Paradies zu wohnen!
Eva, sag mir alle deine Leiden!
Warum leidest du an Gott dem Vater?
Welche falschen Gottesbilder haben
Dir entstellt das heilig-schöne Antlitz?
Eva, warum findest du nicht Jesus?
Welche dunklen Mächte dieser Erde
Wollen dich entfremden vom Gemahle,
Der den Liebestod für dich gestorben?
Eva, warum leidest du an Liebe?
Ist der Liebe Ursprung nicht im Himmel,
Ist dein Herz aus Liebe nicht geboren,
Lebt in dir die Liebe nicht als Gnade?
Eva, weißt du nicht um deine Schönheit?
Ist denn deine Seele nicht das Abbild
Schöner Liebe schöpferischer Gottheit,
Deine Seele nicht ein Licht vom Lichte?
Eva, warum leidest du am Werte
Und der Würde der Person auf Erden?
Ist der Gottmensch selbst nicht hingegangen,
Schrie am Kreuze er nicht deinen Namen?
Eva, warum leidest du am Alter?
Ob der äußre Mensch auch muß verwelken,
Jahr um Jahr blüht schöner noch die Seele
In dem Jugendreiz der schönen Weisheit!
Eva, warum leidest du am Tode?
Wird nicht deine makellose Seele
Angetan mit jugendlichem Lichtleib
Ganz glückselig sein im Paradiese?
4
Jesus redet also dies zu Eva:
Mutter Eva, meine Vielgeliebte,
Hausfrau bist du in dem Hause Gottes,
Christi Kreuz durchwaltet deinen Alltag.
Komme ich, an deine Tür zu klopfen,
Denke nicht, dass ich nicht sehen würde
Alle Not und Mühe deines Alltags
Und das Kreuz im Leben einer Hausfrau.
Eva, doch, ich seh die Wäscheberge,
Wäsche, die die Kinder schmutzig machten,
Die du waschen musst und musst sie trocknen,
Ordnen musst und immer wieder waschen.
Täglich musst du auch ein Essen kochen,
Nahrhaft und gesund für deine Kinder,
Daß du oft dich fragst: Was soll ich kochen?
Lieber mögen Kinder Süßigkeiten.
Sorgen kenn ich auch um die Gesundheit,
Deine eigene und die der Kinder,
Christus weiß es, wenn die Kleinen zahnen,
Christus kennt der Frauen Monatsblutung.
Mutter Eva, Sorgen der Erziehung
Kennt dein vielgeliebter Jesus Christus,
Ob die Kinder auf die Mutter hören,
Ob die Kinderseelen glücklich werden,
Ob sie ihren Weg im Leben finden,
Ob die Engel allzeit sie beschützen,
Ob sie glücklich werden in der Liebe,
Ob bewahrt sie bleiben vor den Kriegen.
Mutter Eva, kannst du nachts nicht schlafen
Nach der schweren Arbeit deines Alltags,
Liegst du wach, weil deine Kinder kränkeln,
Weiß von deinen Leiden Jesus Christus.
Mutter Eva, vielgeliebte Hausfrau,
Christus will als Ehegatte Evas
Alle Lebenssorgen mit dir teilen
Und erfüllen dich mit seiner Liebe!
5
Christus sprach in seiner schönen Liebe
Zu der vielgeliebten Mutter Eva:
Ja, ich bin der Bruder aller Menschen
Und wer Jesus schaut, der schaut den Vater.
Mutter Eva, Rechnung über Rechnung
Sammelt sich bei dir, die unbezahlten
Warten noch auf deinen Fleiß und Arbeit,
Geld zu zählen und es wegzugeben.
Wenig Geld kommt nur in deine Kasse
Und so musst du immer überlegen,
Welche Rechnung du bezahlen könntest,
Welchen Gläubiger musst du vertrösten!
Wer soll alle diese Schuld bezahlen?
Wer hat soviel Lösegeld wie Schulden?
Kaum ist etwas Geld in deiner Kasse,
Frisst es die Notwendigkeit des Alltags.
Herrscht doch auch die Teurung auf dem Weltkreis,
Ja, der Reiter reitet auf dem Pferde,
Der Geheimen Offenbarung Reiter
Reitet mit der Waage in den Händen.
Kor man doch das Kapital zum König!
Heute nennt man das System der Wirtschaft
Mammonismus! Das hält man für Freiheit,
Doch die Armen Gottes müssen leiden!
Mutter Eva, zu den Armen Gottes
Zählst auch du. So höre meine Worte:
Gott der Vater liebt die Armen Gottes,
Die sich selber nicht zu helfen wissen!
Eva, bitte um das Brot des Tages.
Gott der Vater weiß, was du benötigst.
Gottvergessne fragen nur nach Dingen,
Gottes Kinder trauen auf den Vater.
Schau die Krokusblumen in dem Garten!
Sulamith in ihrem Reizgewande
War nicht schön gekleidet wie die Blümchen,
Die der Frühlingsregen doch zerschmettert!
Schau die Amseln in den Buchenhecken!
Amselmännchen müssen nicht zur Arbeit,
Gott vom Himmel doch versorgt die Amseln,
Weibchen füttert Gott und kleine Küken.
6
Jesus Christus redet zu Frau Eva:
Ich hab dir gesagt von meiner Liebe,
Daß du bist für mich der Schöpfung Krone,
Schöne Frau, das Meisterwerk der Schöpfung!
Ich hab dir gesagt, dass ich am Kreuze
Nur an dich gedacht bei jedem Nagel,
Daß ich leidenschaftlich dich begehrte,
Als ich schrie in der Passion: Mich dürstet!
Ich hab dir gesagt, dass meine Liebe
Meines Herzens ist wie eine Lampe,
Welche über deinem Haupte leuchtet,
Dich erleuchtet mit der Gnade Gottes,
Ja, mein Herz ist nicht Ein Herz alleine,
Meine Lampe nicht nur Eine Lampe,
Sondern an dem Rosenkranz für Eva
Hängen fünfzig rote Lampenherzen!
Ich hab dir gesagt, dass ich schon schaue
Deinen Thron im Himmelsparadiese,
Daß vor deinem Thron die Engel knieen
Und dir huldigen als ihrer Fürstin!
Ich hab dir gesagt, das Reich der Liebe
Seh ich vor mir, wenn ich an dich denke,
In dem Reiche fühlen Würmer Wollust
Und die Cherubim erkennen Jahwe!
Jahwe! Unaussprechlich deine Gnade!
Deine Herrlichkeit ist heut gezogen,
Als ich stand in einer Felsenspalte,
Wie im Spiegelbild an mir vorüber!
Eva, Eva, nackt im Bade stehend,
Hinterm bläulich-transparenten Vorhang,
Eva, nackend steigend aus dem Bade!
Herrlichkeit des Herrn, die nackte Eva!
Unaussprechlich groß die Gnade Gottes!
Eva, offenbar von Gottes Gnaden!
Gottes Gnade offenbar in Eva!
Eva nackend wie im Paradiese!
7
Mutter Eva kommt aus ihrem Bade,
Feucht und lockig ihre langen Haare,
Setzt sie herrlich sich in ihren Sessel,
Spricht: Ich bete oft zu dir, o Jesus!
Als Hippokrates den Eid geschworen,
Galt den Medizinern noch das Leben
Als ein Heiligtum und die Gesundheit
War den alten Medizinern heilig.
Aber heut die Mediziner morden
Kleine Kindlein schon im Mutterschoße
Und Behinderte an Geist und Körper
Werden umgebracht von Medizinern!
Künstlich zeugen sie schon Menschenkörper,
Vergewaltigen mit einer Spritze
Voll des Samens irgendeines Mannes
In dem Reagenzglas eine Zelle!
Sonst das Ei des Weibes sucht in Liebe
Aus dem heißen Feuerstrom des Samens
Selbst sich aus die Eine Samenzelle,
Ihre auserwählte Samenzelle.
Aber heute teilen sie die Zellen,
Menschliche Materia betrachtend
Einfach als Produkt der Wissenschaftler,
Welche keine Menschenliebe kennen.
Ebenso sie spalten die Atome,
Sie errichten die Atomraketen,
Geben gar der atomaren Bombe
„Trinität“ als Namen, Gott zu lästern!
Televisionen und Computer
Sind das Spielzeug eines jeden Mannes,
Keiner liest mehr in dem Kamasutra
Und studiert der Liebeskünste Weisheit,
Wenn da nicht die frommen Dichter wären!
Aber was sich so in der Moderne
Dichter nennt und Lyriker, ach Jesus!
Wer singt noch wie Naso für Corinna?
8
Mutter Eva aber sprach zu Jesus:
Leihen will ich dir von meinem Gelde,
Denn ich weiß gewiß, gerechter Richter,
Du gibst wieder tausendfache Zinsen.
Leihen will ich Spenden an die Armen,
Leihen will ich ausgestoßne Seufzer,
Leihen dir Gebet in meinen Nöten,
Leihen dir die Speisung armer Kinder,
Leihen will ich dir Verzicht auf Freuden
(Ja, mein Jesus, das will ich dir leihen,
Diesen schmerzlichen Verzicht auf Freuden,
Die ich mir doch, ach, so sehnlich wünsche!)
Leihen will ich dir, o Herr, Ergebung
In den harten Felsen meines Schicksals,
Leihen will ich dir die Selbstverleugnung,
Leihen will ich dir die Nächstenliebe,
Leihen will ich dir der Engel Weisheit,
Leihen will ich dir der Engel Liebe,
Leihen will ich dir des Wurmes Wollust,
Leihen dir die Schlange meines Leibes,
Leihen will ich dir die dunklen Nächte,
Leihen will ich dir den Liebeshunger,
Leihen will ich dir die Seelenwunden,
Leihen dir des Nächsten Todesängste,
Leihen dir die Reize meines Körpers,
Leihen dir den Jubel meines Herzens,
Leihen dir die Träume meiner Seele,
Leihen dir die Weisheit meines Geistes.
Was ich war im Anbeginn der Schöpfung
Und im Augenblicke der Empfängnis,
Was ich bin in meiner Todesstunde
Und am Jüngsten Tag, will ich dir leihen.
Wenn ich dann vor deinem Throne stehe
An dem Jüngsten Tage des Gerichtes,
Wirst du sagen wohl in deiner Großmut:
Jetzt empfängst du tausendfache Zinsen!
9
Jesus redete zu Mutter Eva:
Liebe Eva, meine Vielgeliebte,
Ich bin ja der Frauen Schöpfergottheit
Und so kenne ich die Frauenherzen.
Ganz sich hinzugeben, wünschen Frauen,
Ganz sich einem Lebenden zu schenken,
Ganz den Lebenden auch zu empfangen
Und in schöner Liebe eins zu werden.
Ach, die Männer lieben tote Dinge,
Lieben die abstrakten Ideale
Und die Theorieen und die Dogmen
Oder auch nur eiserne Maschinen.
Aber Frauen lieben Lebewesen,
Ganz persönlich und konkret das Leben,
Individuell und auch in Ganzheit,
Sie sind vom lebendigen Geschlechte.
Wie sie vom lebendigen Geschlechte,
Sind sie auch vom liebenden Geschlechte.
Aber diese femininen Herzen
Neigen leider auch zum Götzendienste,
Beten einen Menschen an als Gottheit,
Ob er ihnen Lebensfülle schenke,
Schenke Segensfülle, Liebesfülle,
Ja, als wäre gar ein Mensch ihr Himmel.
Allzuliebende sind diese Frauen,
Aber wie auch schon mein Dichter sagte:
Allzuviel der Liebe ist gefährlich,
Wenn die Menschenliebe wird Anbetung.
Gott, o meine vielgeliebte Eva,
Gott nur weiß sich völlig hinzugeben,
In dem Innersten der Menschenseele
Ist das Brautgemach allein der Gottheit!
Diesen tiefsten Liebesdurst des Herzens,
Diesen schmerzensreichen Liebeshunger
In dem schwarzen Loch im Seelenkosmos
Kann die Liebe Gottes nur erfüllen!
Aber diese Wahrheit musst du wissen:
Gott befriedigt nicht auf dieser Erde,
Sondern Gottes Liebe, dich zu stillen,
Braucht die ganzen Ewigkeiten Gottes!
10
Mutter Eva ist die Große Mutter,
Hochgebenedeite Große Mutter,
Urgroßmutter aller Menschenkinder,
Gibt den Söhnen allen ihren Segen.
Du, mein Erstgeborner meines Schoßes,
Solltest unter allen deinen Brüdern
Sein der Hohepriester deines Gottes,
Aber, ach, du bist in Schuld empfangen
Und in Schuld geboren, in dem Bette
Lagest du bei deines Vaters Weibe,
Wie ein Ehemann bei deiner Mutter,
Und verwirktest deines Vaters Segen.
Du, der Zweitgeborne meines Schoßes,
Liebtest den Allmächtigen des Himmels,
Dich verführte deine Kraft und Stärke
Zu dem zornigen Gebrauch der Waffen.
Doch mein dritter Sohn ist wie ein Kaiser,
Herrlich wie der Pharao Ägyptens
Und der Cäsar Roms, er diene Jesus,
Dem Geheimen Kaiser von den Himmeln!
Meine lieben kleinen Zwillingssöhne
Saugen allzeit an der Brust der Mutter,
Segen komme über sie vom Busen,
Segen komme über sie vom Schoße!
Aber du, mein auserwählter Liebling,
Bist so schön wie der Messiaskönig
Und in deinen großen Fieberaugen
Sah ich Jesus Christus an dem Kreuze!
Möge Christus als der Kinderkönig
Allzeit segnend strecken seinen Zepter
Über meinen auserwählten Liebling!
Weiß wie Milch und rot wie Wein mein Liebling!
Die intimste Wonne meines Schoßes
Ist der auserwählte Gottverlobte.
Als er war in meinem Schoß gelegen,
Sang ich immer süße Hohelieder!
Gottverlobter, meines Schoßes Wonne,
Gottverlobter, Jauchzen meines Schoßes!
Gott liebt dich und nennt dich reines Muster
Eines Menschen, der den lieben Gott liebt!
11
Jesus Christus stand am Nachmittage
In dem Schlafgemach der Mutter Eva.
Mutter Eva aber war beim Arzte
Wegen eines Druckes in der Kehle.
Jesus sah mit liebevollen Augen
Das Piano seiner lieben Dame,
Schmachtend sah er ihre schwarzen Löckchen
Und den nackten weißen Hals der Schwanin.
Jesus schaute die kristallnen Engel
Und den Rosenquarzflakon Aleppos
Und das Fläschchen mit dem Wunderwasser
Von dem reinen Quell der Fleckenlosen
Und das Fläschchen mit geweihtem Wasser
Und den Rosenkranz vom Schönen Berge
Und die Tänzerinnen oder Nymphen,
Charitinnen, tanzend für Madonna.
Jesus sah die heilige Ikone
Seiner Vielgeliebten Morenita,
Sah das Lächeln süß der Mona Lisa,
Schaute Eva an in einem Aktbild,
Maß die Größe ihrer schönen Brüste,
Sah das Aktbild auch der nackten Lilith,
Die umschlungen von der Schlange Eros
War Verkörperung der Wollust-Wonne.
Jesus Christus sah zum Bette Evas,
Sah im Bette Evas Bücher liegen,
Weißheit über Seraphim und Throne,
Lag dabei die Tafel Schokolade.
Jesus Christus roch am Kissen Evas,
Er sog ein den Duft der schönen Eva,
Jesus Christus legte sich aufs Lager
Und gedachte seiner schönen Eva.
12
Mutter Eva schlief auf einem Sofa
Unter einer Decke, Vlies des Lammes,
Jesus wachte über ihren Schlummer,
Sang ihr Lieder aus dem Morgenlande.
Als die Mutter Eva auferwachte,
Sprach sie über Kunst mit Jesus Christus.
Mutter Eva sagte: Botticellis
Venus schau ich an wie einen Engel.
Jesus Christus sagte: Botticelli
Malte Simonetta, seine Muse,
Nicht nur als die Große Göttin Venus,
Malte Simonetta als Madonna.
Die Madonna Botticellis aber
War der Priestern meiner Mutter Kirche
Allzu melancholisch und erotisch
Und zu ähnlich einer Göttin Venus.
Mutter Eva sagte: Leonardo
Malte schön die junge Gottesmutter
Mit entblößter Brust, am schönen Busen
Saugt das Jesuskind die Milch des Trostes.
Jesus Christus sprach zu Mutter Eva:
Die Gelehrten sagen von den Künstlern,
Botticelli wie auch Leonardo
Krankten an der Knabenliebe Unzucht
Wie auch Michelangelo der Große,
Welcher sah allein des Mannes Körper
Als vollkommnes Bild der Schönheit Gottes,
Mannweib jede seiner Seherinnen.
Aber Michelangelo Maria
Schön gestaltete als Schmerzensmutter
Mit dem toten Gott in ihrem Schoße,
Höchst vollkommnes Bild der Schönheit Gottes!
Aber Raffael verlor die Mutter
In der Kindheit, liebte viele Frauen,
Er vermochte nicht zu malen außer
In der Gegenwart der Vielgeliebten!
Unerreichbar seine große Liebe,
Seine Dame, eines Andern Gattin!
Und vermehrt vom innern Ideale
Er verklärte sie zu der Sixtina!
Denn Sixtina ist die Schöne Dame,
Jungfrau, Mutter, Königin und Göttin!
Aber dich, o vielgeliebte Eva,
Dich vergöttere ich auch zu einer Göttin!
13
Jesus, im persönlichen Gerichte
Richte mich doch nicht als einen Engel,
Jesus, richte mich als einen Menschen,
Mich als Fleisch und Blut von dieser Erde.
Engel schauen intellektuelle
Geistige Visionen von der Gottheit,
Reagieren dann als reine Geister
Auf den Liebeswillen ihrer Gottheit.
Hier in dem Bereich der Schwerkraft aber
Locken mich die fleischlichen Begierden
In der Zivilisation der Sünde
Unter Satans teuflischer Regierung.
Jesus, ich bin Mensch, bin von der Erde,
Jesus, du bist Gott und bist vom Himmel.
Du bist Gottes großer Bundes-Engel,
Engel von dem Angesichte Gottes,
Aber du bist wahrhaft Mensch geworden,
Hattest wirklich einen Menschenkörper,
Du, der Schöpfer kosmischer Gestirne,
Trankest Milch aus süßen Mutterbrüsten!
Hunger kanntest du und Durst, o Jesus,
Tränen kanntest du und Schweiß, o Jesus,
Konntest weinen, konntest lachen, Jesus,
Kanntest du erotische Erregtheit?
Wandelte Maria Magdalena
In den Reizen ihres Frauenkörpers
Neben dir, was fühltest du, o Jesus?
Was, als du Marias Lippen küsstest?
Du liebst alle Kreatur, o Jesus,
Die Getauften und die Ungetauften,
Doch Maria Magdalena küsstest
Du als deiner Lieblingin die Lippen.
Küsste dich Maria Magdalena,
Was empfandest du in deinem Fleische?
Deine Sexualität, o Jesus,
War ganz menschlich, aber ohne Sünde!
Auf die Waage des Gerichtes, Jesus,
Leg doch bitte keine Pfauenfeder,
Sondern einen Klumpen Lehm der Erde,
Denk daran, o Jesus, dass ich Fleisch bin!
14
Jesus sagte zu der Mutter Eva:
In dem Dornstrauch ist der Herr erschienen,
Ich bin, der ich war und bin und komme,
Ich bin da, im Feuer in dem Dornstrauch!
Eva, siehst du meine Dornenkrone?
Ja, ich bin, der Ich-bin-da im Dornstrauch!
Ich bin da in dem Gestrüpp des Alltags,
Ich bin da in allen deinen Schmerzen!
Mutter Eva, fragst du nach der Schlange?
Israel durchwanderte die Wüste,
Menschen starben da durch Schlangenbisse,
Durch das Todesgift der Feuerschlangen!
Moses richtete an einer Stange
Auf das Bildnis einer Kupferschlange.
Wer geschaut auf diese Kupferschlange,
Starb nicht an dem Gift der Schlangenbisse!
Eva, ich bin diese Kupferschlange,
Mich erhöhte Gott an meiner Stange,
Schaue immer auf die Schlange Jesus,
Immer auf die Schlange an dem Kreuze!
Denn zum Tode führt das Gift der Schlange,
Tödlich ist das Gift des alten Feindes,
Maßvoll aber bringt das Gift Gesundheit,
Heil will schenken dir die Schlange Jesus!
Jener bittet Jesus um die Weisheit,
Jener bittet Jesus um Gesundheit.
Mutter Eva, nenne mich den Heiland,
Suche du das Heil beim Heiland Jesus!
Heute kommt zu dir dein Heiland Jesus,
Jesus Christus kommt mit seinem Körper,
Mit dem Blut, der Seele und der Gottheit
Zur Vereinigung mit Mutter Eva.
Voller Staunen sprach die Mutter Eva:
Überraschend groß ist deine Liebe,
Jesus, o du Zauberer der Wunder,
Überwältigend ist deine Liebe!
15
Mutter Eva schaut mit großen Augen
In den magischen Kristall des Spiegels.
Ja, der magische Kristall des Spiegels
Offenbart ihr himmlische Visionen!
Sie sieht Unsre Liebe Frau entschlafen,
Sieht das Tor der Trinität, die Pforte
Des Erlösers auf dem Blute, siehe,
Evas Seele schwimmt im Gnadenstrome.
Manche sagen zu dem Strome Jordan,
Andre sagen zu dem Strome Lethe,
Eva aber nennt den Strom des Todes:
Mütterchen, du breiter Strom der Heimkehr!
Chöre hört sie Litaneien singen,
Auf der Chöre Stimme schwingt die Seele
Sich zur Gartenstadt des Paradieses,
Schließlich sie gelangt zu ihrem Lustschloß!
Über die gewundne Himmelstreppe
Kommt sie in die Halle ihres Schlosses,
Heilig schaut sie an das Antlitz Jesu,
Freundlichernst das Antlitz Jesu lächelt.
Süß und milde lächelt die Madonna,
Eva schaut bewundernd ihre Brüste,
Die Madonna ihrem Kinde bietet!
Körbchengröße B trägt die Madonna!
Eva schaut ihr Bett im Paradiese,
Nackt liegt Eva in dem Himmelsbette,
Lüstern ist die Fülle ihres Leibes,
Sie genießt die Wollust ihres Bettes!
In dem Speisesaal der goldnen Halle
Unter Marmor, Edelstein und Bernstein
Speist sie Edens Frucht von goldner Schale,
Trinkt das Wasser, das zu Wein geworden.
Dann tritt sie in ihren Himmelsgarten,
Siebenhundert Hektar groß der Garten!
In dem See des Himmelsgartens badet
Eva nackt im Glanz der Morgenröte!
Jesus, seufzt sie, das ist unser Lustschloß,
Jesus lebt mit Eva hier zusammen!
Ach mein Jesus, wär ich schon im Himmel,
Du und ich in Paradieses Lustschloß!
16
Mutter Eva sprach zu Jesus Christus:
Einmal schaute ich in meinem Leben
Eine wundertätige Ikone
Auf dem Evangelium des Lebens.
Wie ein Gottesberg die Gottesmutter,
Lag sie in dem goldnen Haus der Weisheit
In dem Throne ihres Himmelsbettes,
Reines weißes Linnen war das Laken.
Drüber lagen himmelblaue Decken,
Drüber lagen rosenrote Decken.
In dem Bette lag die Gottesmutter
In dem himmlisch-reinen weißen Nachthemd.
Ebenholz die Pfosten ihres Bettes,
Zedern und Zypressen seine Latten,
Überm Bette hing ein blauer Schleier
Und auf ihrem Nachttisch lag die Bibel.
Lange schwarze seidenglatte Haare
Trug die Gottesmutter wie als Schleier
Und ihr Antlitz war von solcher Schönheit
Wie der lichte Mond am dunklen Himmel,
Ihre blauen Augen Abendsterne,
Ihre Nase stolze Adlernase,
Ihre Wange schöngewölbt, gerötet,
Ihre Lippen kusslich, süß ihr Lächeln,
Ihre hochgebenedeiten Brüste
Weiß sich wölbende Magnolienblüten,
Die erhabnen Spitzen ihrer Brüste
Wie Rosinen von dem Weinberg Gottes.
An dem hochgebenedeiten Busen
In dem warmen Arm der Gottesmutter
An dem Pochen ihres süßen Herzens
Neugeboren lag das Jesusbaby.
17
Mutter Eva feierte die Weihnacht,
Gut gelangen ihr die Weihnachtskekse.
Meine Kinder, in der Abendröte
Backen Gottes Engel süße Kekse.
Seht doch, meine vielgeliebten Kinder,
Schaut den Stall von Bethlehem, den trauten,
Schaut die Krippe mit dem Heu zum Futter,
Schaut den Ochsen an und schaut den Esel.
Kommen Magier vom Morgenlande,
Kommen auf den schaukelnden Kamelen.
Seht den Stern von Bethlehem, Kometen,
Jupiter erscheint so im Saturnus.
Schaut die Hirten mit den Mutterschafen,
Hirtenknaben mit den kleinen Lämmern,
Weiße Mutterschafe, weiße Lämmlein,
Aber da kommt auch ein schwarzes Lämmchen.
Weiße Turteltauben gurren oben
In dem hohen Baum beim Weihnachtsstalle.
Katzen streichen dort mit grünen Augen.
Was von all dem wusste wohl der Kater?
Unsre Liebe Frau Maria liebte
Und liebkoste gern den Perserkater,
Saß er auf dem Schoße der Madonna,
Strich sie seinen Schwanz mit sanften Händen.
Draußen vor dem Weihnachtsstalle aber
Stellten auf die Bäuerinnen Fallen,
Rattenfallen, dass nicht Satans Biester
Greifen an das neugeborne Kindlein!
Schillernd schleicht die Paradiesesschlange
Übern Felsen vor dem Weihnachtsstalle.
Wie der Weg der Schlange auf dem Felsen
Ist der Weg des Mannes bei dem Weibe.
In dem Stalle hoppeln die Kaninchen,
In den Winkeln huschen graue Mäuschen,
Draußen wippen Elstern auf und nieder
Und zur Nacht kommt leise auch der Igel.
18
Mutter Eva spricht zu ihren Kindern:
Kommt, ihr meine vielgeliebten Kinder,
Schaut das Prager Jesulein, den Kaiser,
Den Geheimen Kaiser in den Himmeln!
Dieses Prager Jesulein ist Kaiser
Über alle Kaiser dieser Erde,
Kaiser über Pharao und Cäsar,
Himmelskaiser über Chinas Kaiser.
Schaut die Krone eures Himmelskaisers,
Er will euch verleihen eure Kronen!
Ja, auch du, mein vielgeliebter Liebling,
Einmal doch erlangst den Kranz der Liebe!
Schaut den goldnen Mantel eures Kaisers,
Golden ist er wie die Sonne Gottes,
Goldnes liebt ihr doch, ihr reinen Kinder,
Jesus ist so treu wie Gold in Reinheit!
Schaut das weiße Kleid des Kinder-Kaisers,
Dieses Kleid ist weiß wie Schnee und weißer
Noch als Schnee. Ich selbst kann eure Wäsche
Nicht so waschen, dass sie also leuchtet!
Denn das Schneeweiß seines Kaiserkleides
Ist das Zeichen für des Kindes Unschuld,
Jesus liebt der Kinderherzen Reinheit,
Reine Herzen werden Jesus schauen!
In der Hand den Apfel seines Reiches
Schaut und schaut das Kreuz auf diesem Apfel,
Diese blaue Kugel ist die Erde,
Er ist Kaiser übers ganze Weltall!
Schaut die rechte Hand, der Kaiser segnet,
Jesus als der Kaiser aller Kinder
Segnet alle seine Menschenkinder,
Mütter, Onkel, Kinder und die Tiere!
Gott ist Kind und dieses Kind ist Kaiser,
Dieser kleine Kaiser ist der Gottmensch!
Aber nun will Jesus mit euch spielen,
Auf nun, meine Kinder, spielt mit Jesus!
19
Jesus, hör den heiligen Homeros
Von Odysseus und Athene singen,
O wie liebe ich der Weisheit Göttin,
Sie begleite mich an allen Tagen!
Jesus, höre den Propheten Pindar,
Seine dunklen mystischen Orakel
Künden die Geheimnisse der Gottheit.
Führe Gott mich in die Burg des Kronos!
Jesus, höre Sapphos schöne Oden!
Keine sang so schön von Mädchenschönheit,
Keine sang so schön die keusche Kypris.
Segne mich der Schönen Liebe Göttin!
Jesus, höre auch Horaz, den Weisen,
Höre du den trunknen Philosophen.
Trinken laß uns in der Freundschaft Garten
Und verehren allezeit die Tugend.
Jesus, höre auch Virgil, den Seher
Des Advent der Mutter Kirche Romas.
Seine keusche Venus ist die Vorsicht,
Sein Äneas Pius ist der Vater Romas.
Jesus, höre auch den weisen Platon,
Die Ideenharmonie des Himmels
Und die Seele in dem Dienst des Eros
Preisen ewig Gott als die Urschönheit!
Jesus, höre Diotimas Weisheit,
Sokrates empfing von ihr die Weisheit:
Euer Lebensweg sei nichts als Liebe!
Euer Lebensziel sei nichts als Schönheit!
Jesus, höre auch den weisen Plotin:
Die Weltseele lieb ich mit der Seele,
Die Weltseele meine große Liebe,
Die Weltseele, die Geliebte Gottes!
Jesus, alle Göttinnen von Hellas
Preisen Unsre Liebe Frau Maria,
Wie Minerva weise, groß wie Juno,
O so süß und o so sanft wie Venus!
20
Mutter Eva weiht sich ganz dem Heiland,
Übereignet Jesus alle Güter.
Herr, dir weih ich meinen kleinen Garten
Und die Wohnung auch mit all dem Chaos,
Weihe dir mein Schlafgemach, das Lager,
Weih dir meine und der Kinder Wäsche,
Weihe dir das Brot und alle Speise,
Weih dir grünen Tee und Saft von Äpfeln,
Weih dir alle Lampen, meine Heizung,
Television, Musikanlage,
Telephon und alles was elektrisch,
Weihe dir mein Auto und das Fahrrad,
Weihe dir die Räder meiner Kinder,
Weihe Schule dir und Kindergarten,
Weihe dir den bunten Einkaufsladen,
Jesus, weihe dir die Schokolade,
Weihe dir die Nudeln und Kartoffeln,
Weih die Früchte dir und das Gemüse,
Jesus, weih dir meine Arbeitsstelle,
Weihe dir den Staat und die Regierung,
Weihe dir Versicherung und Rente,
Weihe dir mein Sparbuch, meine Zinsen,
Weihe dir das Taschengeld der Kinder
Und die Münzen von der Apotheke,
Weihe dir die Medizin, die Salben,
Die Parfüme und die Badewanne
Und die Dusche, wo ich nackend dusche,
Wo ich nackend aus der Dusche trete,
Jesus, weih dir meinen ganzen Körper,
Weih dir meine Kehle, meinen Knoten,
Meinen Uterus und meine Brüste,
Herz und Nieren, alle Eingeweide.
Jesus, küsse segnend meine Stirne,
Küsse segnend meine Augenlider,
Jesus, küsse segnend meine Wangen,
Küsse mich mit deines Mundes Küssen!
21
Mutter Eva lächelt süß in Wehmut
Und sie seufzt vor dem Geliebten Jesus:
Ach die Welt, die Straßen voller Autos,
Television und Kriegsnachrichten,
Die Computer und Atomraketen,
Diese Welt wollt gerne ich verlassen
Und im Griechenlande der Antike
Leben auf der Liebes-Insel Zypern.
Siebensaitig strich ich meine Lyra
Schönen Frauen und gelehrten Männern,
Sänge Oden an die Apfelblüte,
Sänge Oden an die keusche Kypris.
Ja, ich betete zur Liebesgöttin
Und gestände seufzend meiner Göttin
All mein unbefriedigtes Verlangen
Und die wehe Sehnsucht meiner Seele!
Und die Liebesgöttin tauchte nackend
Aus dem Bade, nackend trät die Göttin
An den Strand, es rauschten ihre Muscheln,
Tauben ruckten, Muschelmünder glänzten,
Leise flüsternd spräch die Liebesgöttin:
O du meine vielgeliebte Eva,
Wen ersehnst du schmachtender Begierde,
Wessen Liebeswollust soll dich stillen?
Meine Liebesbotin will ich senden,
Daß sie in dem Herz der lieben Seele
Lust entzünde, glühendes Verlangen,
Heiße Liebe zünde an im Herzen!
Dann wird dieses Menschenkindes Seele
Nicht mehr fliehn vor deinem heißen Werben,
Du schenkst dann umwerbende Geschenke
Und wirst selbst beschenkt mit süßem Lächeln,
Ja mit mehr noch als mit süßem Lächeln!
Dieses Menschenwesen, dein Verlangen,
Wird umarmen dich und an sich pressen,
Heiße Liebe in dein Ohr dir flüstern!
22
Jesus spricht zur vielgeliebten Seele:
Ach dein Herz ist randvoll von Begierde,
Eigenen Gedanken, wildem Wünschen,
Wildem Wollen, schmachtendem Verlangen!
Laß doch meine Liebe ein, o Seele,
Laß mein Herz in deinem Herzen wohnen,
Laß mein Herz in deinem Herzen bluten,
Laß mein Herz in deinem Herzen weinen!
So berühre meine Liebeswunde,
Seele, küsse meine Liebeswunde,
Fühle meine grenzenlose Sehnsucht
Nach dem Heil der vielgeliebten Seele!
Mutter Eva aber seufzt zu Jesus:
Ach ich wollte schon im Paradiese
Der Glückseligkeit der Seele leben,
Nicht mehr in dem Jammertal der Tränen!
Da sprach Unsre Liebe Frau Maria:
Liebes Kind, du musst auf Erden bleiben,
Führe du die vielgeliebte Seele,
Die du innig liebst, zur Liebe Jesu!
Mutter Eva sprach zur Mutter Gottes:
Mutter, hör mein Rufen, hör mein Schreien,
Traurig bin ich, weine heiße Tränen,
Milde, gütige und süße Mutter!
Jesus sprach zur vielgeliebten Seele:
Gehe auf dem Weg, den ich gewiesen,
Meinem Weg, ich bin die Weisheit Gottes,
Bin die Auferstehung und das Leben!
Meine Liebe führt dich in den Himmel,
Ewige Glückseligkeit der Seele,
Zur ersehnten Einheit in dem Herzen
Ewig-Schöner Liebe! Halleluja!
23
Auferstehung singe ich des Fleisches,
Nicht allein Unsterblichkeit der Seele,
Auferstehen sollen Leib und Seele
Und vergöttert in der Gottheit werden!
Hörte Gott Gebete von der Erde:
Gott, ich liebe so den Körper Evas,
Gott, vergöttere den Körper Evas
Zu dem Himmelsleib des Paradieses!
Mitternachts erreichten mich Gesichte:
Oben auf der weißen Himmelstreppe
Mir erschien als eine Göttin Eva,
Gott verklärte sie zu einer Göttin!
Himmlische Musik ertönte lieblich,
Gnadenströme übergossen Eva,
Evas Antlitz schön wie einer Göttin
Antlitz, unaussprechlich diese Schönheit!
Unaussprechlich Gottes schöne Gnade,
Übermäßig übergießend Eva!
Sie erschien als eine Feuerflamme,
Als der Schönen Liebe Feuer-Schlange!
Sie glich einem schwarzen Pantherweibchen,
Hingelagert auf dem Berge Zion.
Sie glich einer hüpfenden Gazelle,
Braun und schlank, es zitterten die Flanken!
Feuer schien sie von dem Feuer Gottes,
Flamme von der Schönen Liebe Gottes,
Schönheit war sie von der Schönheit Gottes,
Liebeswonne von der Liebe Gottes!
Wonne aller Wonnen, Gottes Schönheit,
Wollust über Wollust, Gottes Liebe!
Wahre Lust sucht tiefe Ewigkeiten,
Lust begehrt die Ewigkeit der Gottheit!
Göttin Eva lag im Himmelsthrone,
Überschön der Göttin Himmelsschönheit!
Ja, ich lade dich in meinen Schoß ein,
Säuselte die Süße zu dem Seher!
Göttin Eva sang dies Wort zum Seher:
Welches Antlitz schaust du in dem meinen?
Schau, mein Bräutigam und wahrer Gatte
Ist die Gottheit mit dem Namen: Ich bin’s!
24
Komm, Sankt Evi, Evelin von Lüttich!
Führe mich zum Hochzeitsmahl des Lammes!
Kommunionen sind Vereinigungen,
O du Meisterin der Kommunionen!
Ja, Sankt Evi sprach zu ihrem Dichter:
Lieber Dichter, du bist eins und doppelt!
Deine Seele ist des Dichters Seele,
Deine Seele ist der Muse Seele!
So der Gottmensch auch ist eins und doppelt:
Denn es ist die göttliche Sophia
Mit dem Menschen Jesus ganz vereinigt,
Hochzeit ists in der Person des Meisters.
Also trete nun des Dichters Seele
Zu dem Thron der göttlichen Sophia
Und vereinige beim Hochzeitsmahle
Sich mit seiner göttlichen Geliebten!
Ebenso der Muse Seele trete
Zu dem Tisch des Bräutigams Messias,
Es vereinige der Muse Seele
Sich mit ihrem Bräutigame Jesus!
Also feiert ihr die Doppelhochzeit!
Du, mein Dichter, dich vermählst Sophia,
Und in dir die Seele deiner Muse
Sich vereinigt in der Gottes-Ehe Jesus!
Aber bei der Opferung der Gaben,
Frommer Dichter, opfre deine Liebe,
Weihe Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Gott dem Ewigen auf dem Altare!
Weihe Fleisch und Blut der Vielgeliebten
Du dem Ewigen auf dem Altare,
Spendet Gott dir in dem Sakramente
Fleisch und Blut dir deiner Freundin Weisheit!