Ein Drama
Von Josef Maria Mayer
Nach Johannes Paul II.
ERSTER AKT
ERSTE SZENE
ADAM
(allein in seinem eigenen Raum)
Ich, Adam, bin der Mensch in seiner Einsamkeit,
Ich tauchte auf den Abgrund meines Herzens
Und ging allein und einsam durch die Wüste,
Durchwanderte die Hölle meiner Ängste,
Das Fegefeuer meiner Leidenschaften
Und war auch in dem Himmel der Beschauung
Und schaute an die Ur-Idee der Schönheit,
Gott fand ich ewig, seiend, rein und geistig,
Vermisste Gott so schmerzlich auf der Erde,
Vermisste Gottes Liebe unter Menschen,
Daß ich mich eingrub in die Einsamkeit,
Mich eingrub in die Zelle, in den Sarg
Und tausend Tode starb und lebend tot war!
(Eine Menschenmenge als Schattenwesen irrt durch den einsamen Raum. Adam nimmt die schattenhafte Menschenmenge nicht wahr.)
Da ist die Kauffrau an dem Ladentresen,
Anlächelnd mich aus großen schwarzen Augen,
Da sind die Arbeitslosen in der Schenke,
Sie saufen Bier wie Lästerung und Fluch,
Da sind die Kinder aus dem Kindergarten,
Großäugig lauern sie auf Schokolade,
Doch ich bin ganz allein auf dieser Welt!
Ich bin ein Mensch. Was kann ein Mensch nicht sein?
Der Mensch kann Heiliger der Liebe sein
Und Gottes Angesicht auf Erden spiegeln,
Der Mensch kann Instrument des Teufels sein
Und zeigen Satans widerliche Fratze.
Ich stand einst an der Wiege eines Kindes
Und dachte an den Tod und das Gericht,
Denn wer geboren wird, der wird auch sterben,
In der Geburt ist schon der Tod beschlossen,
Und an der Wiege stehen schon zwei Engel,
Der eine weist den Weg ins Paradies,
Der andre höhnisch lockt herab zur Hölle.
ZWEITE SZENE
ADAM
(allein in einer sonst leeren Kirche)
Gott, woher kommt die tiefe Einsamkeit,
Die unaufhebbar mich in mir verschließt?
Wer machte mich so einsam? Warst das du,
War ich das selbst? In meiner Jugend nämlich,
Da suchte ich die Fruchtbarkeit der Liebe,
Da suchte ich Gemeinschaft mit den Menschen.
Doch habe ich die Liebe nicht gefunden
Und auch nicht die Erfüllung der Gemeinschaft.
Doch als du mich berührt, in jener Stunde,
Da ich ein Waise war im finstern All,
Da zogest du mich in die Einsamkeit.
Da dachte ich: Der Herr ist ganz allein,
Die absolute Einsamkeit des Herrn
Will ich in meinem Leben imitieren,
Ein Gleichnis und ein Spiegel Gottes sein.
Da hörte ich den weisen Meister lehren:
Steig immer tiefer in dein Herz hinab,
Denn auf des Herzens Grund wohnt Gott der Herr.
So stieg ich in mein Herz hinab und so
Verlor ich mich in meines Herzens Tiefe,
Versank im Abgrund meines Inneren,
Sank in die innerlichste Gottheit ein!
Doch tauchte ich nicht wieder auf und blieb
Versunken in den inneren Gemächern,
Allein mit dem Alleinigen, mit Gott,
Des Schweigens Gott in meiner Einsamkeit.
Die Menschen konnten mich nicht mehr ertragen,
Ich strahlte Einsamkeit und Sterben aus,
Ich strahlte Einsamkeit des Todes aus
Und Gottes absolute Einsamkeit.
Ich infizierte alle Menschen mit
Der Einsamkeit und Traurigkeit des Todes
Und darum mieden mich die Menschen alle.
Denn alle Menschen sind im Grunde einsam,
Doch suchen sie Geselligkeit der Menschen,
Die alle Einsamkeiten übertönen.
Sie fürchten sich vor Gottes Einsamkeit
Wie vor der Einsamkeit der Todesstunde
Und lieben mehr das Lärmen der Gemeinschaft,
Sie lieben die Musik der Menschenliebe
Und fürchten abgrundtief des Todes Stille,
Es könnte sein, dass Gott zu flüstern anfängt!
(Eine schattenhafte Menschenmenge nähert sich unheimlich still in der Kirche Adam, kommt seiner Aura nahe und entfernt sich gleich wieder.)
Ich leb doch nur des Menschen Einsamkeit
Als Ebenbild von Gottes Einsamkeit.
DRITTE SZENE
(Adam in der Kirche vor dem Marienbild Unserer Lieben Frau von Guadelupe. Die schattenhafte Menschenmenge nähert sich während Adams Gebet langsam wie in einer Prozession der Jungfrau.)
ADAM
Du aber, Gott, du wohnst noch einmal tiefer
Als meine abgrundtiefe Einsamkeit,
Denn unterm Abgrund meiner Einsamkeit
Bist du in meine Seele eingezogen
Als Liebe! Deine höchste Weisheit ist
Und deine letzte Offenbarung ist
Nicht Gottes Einsamkeit, ist Gottes Liebe!
Und mehr und mehr machst du, dass ich als Abbild
Der Liebe Gottes selber Liebe werde!
Und so bist heimlich du zu mir gekommen
In der Gestalt des kleinen lieben Kindes.
Drei Jahre jung der Knabe, voller Liebe
Und voll Verlangen auch nach meiner Liebe!
So bist du selbst zu mir gekommen, Gott,
Der Gott der Liebe, der im Kinde bittet
Um meine Liebe, Gott, der in mir liebt,
Gott, der im Kind gibt Antwort meiner Liebe,
Gott, zwischen Adam und dem Kinde Liebe!
So ist der Herr als Kind zu mir gekommen
Und zwar durch die Vermittlung seiner Mutter.
(Adam wendet sich an Maria. Die Schattenprozession huldigt Maria.)
Maria, Gott hat mich zu dir gebracht,
Zu dir, der Jungfrau, die alleine steht
Hoch überm Monde dieser Menschenwelt,
Kein kleines nacktes Kind auf deinem Arm,
Kein Papst, der dir zu deinen Füßen kniet,
Und keine Heilige, die dich verehrt,
Nur du in absoluter Einsamkeit!
Doch nein, Maria, schau ich nämlich tiefer,
So sehe ich das Kind in deinem Schoß,
Du, Jungfrau, bist die Gottgebärerin,
Du bist der Mutterschoß des großen Gottes,
Du, Gottes Mutter und der Menschen Mutter,
Du meine Mutter, der ich Waise war,
Doch Gott hat eine Mutter mir geschenkt,
Die schwanger ist, ist schwanger mit dem Sohn!
Ich will mich weihen deinem Mutterschoß
Und will dein makelloses Mutterherz
Zu diesem vielgeliebten Kinde tragen!
VIERTE SZENE
ADAM
(In der Kirche, allein, vor dem Kruzifix)
O Gott, gehört hab diese Lehre ich,
Daß ich nicht Vater eines Sohns sein kann
Und selber nicht der Sohn des Vaters sein.
Ich, Gottes Kind, und Gott mein lieber Vater?
Ich aber kann zu dir nicht Vater sagen,
Ich kann es nicht, so sehr ich mich bemühe.
Ich schaue deinen Sohn an seinem Kreuz:
In welche Finsternis stieg er herab!
Er stieg hinab in meine Höllenangst,
Er stieg hinab in meine Liebesschmerzen,
Er stieg hinab ins Loch der Einsamkeit,
Hinab in meine Qualen der Verzweiflung
Und füllte dies mit seinem Dasein aus
Und ward erneut gekreuzigt: Nun in mir,
Gekreuzigt Christus ward zum zweitenmal
In meinem Herzen, das gekreuzigt ward!
Da schrie mein Herz in seiner Kreuzigung:
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
CHOR
(Die Schattenmenge im hinteren Raum der Kirche)
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
ADAM
O Gott, da riß mir Christus auf die Augen,
Da sah ich Christus hungern in den Kindern,
Da Christus hungerte nach meiner Liebe!
Nun wollte Christus mir nicht Brot mehr geben,
Daß selber ich den Corpus Christi speise,
Nun wollte Christus selber von mir Speise,
Es hungerte der Herr nach meiner Speise!
O Gott, ich hielt in meinem Arm das Kind,
Das beinah ward im Mutterschoß ermordet,
Ich hielt in meinen Armen dieses Kind
Und liebte dieses Kind wie eine Amme
Und hätte ihm zu gerne doch gegeben
Die Mutterbrust mit süßer Milch des Trostes!
Ich weiß nur, Gott, die Liebe, die ich kenne,
Die Liebe, die allein ich geben kann,
Das ist die Mutterliebe einer Amme,
Großmutter bin ich jenes lieben Kindes.
Und so kann ich auch Gott nur Mutter nennen,
Dich, lieber Gott, kann ich nur Mutter nennen,
Und so bleib einsam ich auch in der Kirche.
FÜNFTE SZENE
ADAM
(In der Kirche, die Schattenmenge steht abseits)
Gott, dich will ich als meine Mutter lieben,
Denn, weißt du, Gott, und ja, du weißt ja alles,
Wenn ich Maria sehe mit dem Kinde,
Seh, wie Marias Busen stillt ihr Kind,
Dann seh ich nicht Maria mehr und Jesus,
Dann seh ich Gott die Mutter und mich selbst,
Mich selbst gestillt an Gottes Mutterbrust!
Gott, wie mich deine Mutterliebe stillt!
(Maria erscheint, die Erscheinung ist ganz der Jungfrau von Guadelupe ähnlich.)
MARIA
Mein Sohn, den Schmerz der Liebe fürchte nicht!
Weißt du auch wie die Mütter vom Gebären,
Kennst du den Schmerz der Wehen und den Schrei,
Wenn dann zuletzt die Frau das Kind gebiert?
Mein Sohn, kennst du den Mutterschmerz der Liebe?
Ich selber leide Wehen der Geburt
Und große Mutterschmerzen meiner Wehen,
Bis du geboren bist, geliebter Sohn,
Bis du geboren bist als Andrer Christus,
Mein Adam, als ein Alter Ego Christi!
Erneut muß ich gebären Jesus Christus,
Gebären muß ich ihn in deinem Herzen!
Du selber musst auch eine Mutter sein,
Sei du wie ich und werde Gottes Mutter,
Empfange Christus und gebäre ihn,
Erleide Wehen der Geburt und Schmerzen
Der Mutterschaft und nähre Christus in dir
Und nähre Jesus Christus in der Welt
Mit Muttertränen und mit Mutterblut
Und mit der süßen Muttermilch des Trostes!
Die Welt braucht Mütter! Christus in der Welt,
Der Christus in dem Kind braucht Mutterliebe!
Geh, tröste Jesus Christus! Stille Jesus Christus,
Still Christus mit der Muttermilch des Trostes!
Geh, opfere dein Blut und deine Tränen
Und trage in die Welt mein Mutterherz,
Sei Gottes Mutter und der Menschen Mutter!
(Die Schattenmenge nähert sich Adam, der Glanz der Jungfrau ist wie Morgenröte und blendet die Schattenmenge. Adam steht dennoch allein, wie in einer Isolation.)
ADAM
Bricht auf mein Herz, Maria, für die Menschen!
ZWEITER AKT
ERSTE SZENE
(Adams Stube. An der Wand das Antlitz der Jungfrau von Guadelupe. Bücherregale an den Wänden, unter anderem die gesammelten Werke von Goethe. Adam liegt auf seinem Sofa unter dem Kronleuchter seiner Großmutter und blättert in einem Bilderalbum.)
ADAM
Mein Liebling Milan! Hier im Bilde seh ich
Das Strahlen deiner Augen, deiner Seele,
Denn deine Augen sind der Seele Spiegel
Und offenbaren deine reine Liebe
Und deinen Ursprung: Unschuld ist dein Ursprung!
Zwei Jahre warst du alt, da waren wir
Zusammen in Berlin. Hier fütterst du
Die Enten, und ich sing dein Lieblingslied:
All mein Entchen schwimmen auf dem See.
Hier streichelst du zum ersten Mal ein Hündchen,
Das war der Schoßhund einer alten Dame,
Die hielt den Schoßhund schlafend in den Armen,
Da hast den Schoßhund zärtlich du gestreichelt.
Und hier seh ich dich nun vor deinem Haus,
Du spielst im Sand, du sammelst die Kastanien,
Da kräht der Hahn, herbei die Hennen eilen,
Die Glucke kommt mit ihren kleinen Küken.
Die weiße Katze spielt mit einer Maus,
Wie Frauen mit verliebten Männern spielen.
Mein Liebling Milan, wenn ich dann gekommen,
Dann riefst du voller Freude: Adam kommt!
Hört ihr es, Kinder? Adam ist gekommen!
Dann eiltest du zu mir mit offnen Armen,
Umklammertest voll Liebe meine Beine
Und sagtest: Adam, nimm mich auf die Arme!
Und nahm ich dich auf meine Arme, Milan,
Umschlangest du umarmend meinen Hals
Und küsstest voller Liebe meinen Mund!
Weil du so gerne und so zärtlich küsstest,
Pries ich dich großen Küsser vor dem Herrn!
Im Alter von zwei Jahren nanntest du
Mich Adam nicht, da nanntest du mich Mama!
ZWEITE SZENE
MILAN
Ich spielte mit den Hühnern in dem Garten
Und kämpfte mit den Stöcken gegen Nesseln,
Ich ging auch gern spazieren zum Kanal,
Da auf dem Deich die Schafe weideten.
Noch lieber ging spazieren ich den Waldweg
Zur Pferdeweide, Pferden Zucker geben.
Wenn ich einmal die Bilder meiner Kindheit
Betrachte, werde ich erkennen, dass
Mein Vater nicht zu sehen auf den Bildern,
Doch Adam ist zu sehen. Lieber Adam,
Du saßest lächelnd an der Badewanne,
Da ich mit meiner Spielzeug-Ente spielte.
Und wenn die Sonne schien im heißen Sommer,
Dann hast du meinen Leib gesalbt mit Salbe.
Wenn du nicht da bist, Adam, denk ich doch
An dich, ich trage dich in meinem Herzen.
Um dir zu senden einen lieben Gruß,
Mal ich mit Farben einen Regenbogen
Und schreib dir einen Brief: Komm doch bald wieder!
Dann trittst du eines Morgens vor die Tür,
Der Postmann überreicht dir meinen Brief,
Dann öffnest du den Brief und siehst das Bild
Und liest den Gruß: Ich will dich wiedersehen!
Dann weißt du, Adam, dass ich an dich denke,
Wenn du nicht da bist, dich im Herzen trage
Und sehne mich, bald wieder dich zu sehen.
Ich weiß, dass dich mein bunter Brief gefreut,
Weil du mir daraufhin den Becher schenktest
Mit jenen beiden kleinen Engelkindern,
Die vor Maria schauen aus den Wolken.
Ich habe ja auch einen kleinen Engel,
Den Liebes-Engel, wie du immer sagtest.
Weißt du das noch, mein Adam, wie wir spielten,
Ich bin der Liebes-Engel mit dem Pfeil
Und schieß den Liebespfeil dir in dein Herz,
Da warest du getroffen und verwundet
Und nahmst mich in den Arm: Ich liebe dich!
Nun ist es Abend und es kommt die Nacht,
Da bringst du singend, betend mich ins Bettchen.
Ich bitte dich: Sing wieder von Maria!
Du singst das Lied mir von Marias Mantel,
Dann stellst du Engel auf an meinem Bettchen
Und wünschst mir: Träume süß vom Paradies!
Dann küsst du mich, dann zeichnest du das Kreuz,
Dann schlaf ich bald an deinem Händchen ein.
DRITTE SZENE
ADAM
Ich war mit dir im Ort, da ich geboren,
Wir machten Urlaub dort in einem Sommer.
Du wecktest morgens früh mich zärtlich auf,
Wir sahn uns Bilder an der Muttergottes,
Der Großen Mutter, Schwarzen Muttergottes!
Ich fühlte mich als Mutter wie Maria,
Du aber warst mein kleines Jesuskind!
Wie der Prophet Jesaja einst gesungen:
Ein Kind geboren uns, ein Sohn geschenkt!
MILAN
Am Morgen, wenn noch alle Menschen schliefen,
Da waren wir schon beide auf dem Spielplatz.
Da gabest du mir in der Schaukel Schwung.
Dann haben wir das Frühstück eingenommen,
Da gab es Apfelsaft und weiße Brötchen.
ADAM
Den ganzen Tag dann waren wir am See
Und freuten uns der keuschen Schwester Wasser.
MILAN
Ein Augenblick, da waren wir allein.
ADAM
Da liebte ich dich mehr als eine Mutter,
Da wollt ich dich im Geiste neugebären.
MILAN
Du wurdest feierlich und gossest lächelnd
Drei Tropfen Wasser auf mein blondes Haupt.
ADAM
Und stellvertretend habe ich für dich
Dem Bösen abgeschworen, deinem Feind,
Versprach, der Liebe Gottes nachzufolgen,
Der Liebe Gottes, die uns Jesus schenkt!
MILAN
Dann machtest wieder du das Kreuzeszeichen.
ADAM
Nun fragt mein Meister Jesus oft mich lächelnd:
Die Taufe des Johannes, sag mir doch,
War sie vom Menschen oder von dem Herrn?
VIERTE SZENE
MILAN
Und weißt du noch, als ich das Fieber hatte?
ADAM
Ach, aller Menschen war ich damals müde,
Ich fühlte ausgenutzt mich, ausgebeutet,
Da war ich ausgebrannt und völlig kraftlos.
Bonhoeffer hört ich da mir Predigt halten:
Nicht kreise um den eignen Schmerz der Christ,
Kreis um das Leiden Gottes in der Welt!
Dann sprach Teresa von Kalkutta noch:
Der Christus wartet in den Kinderseelen
Auf deine Liebe, wartet heißen Durstes!
MILAN
Ich brannte in dem Fieber, weinend rief ich:
Mein liebster Adam muß jetzt zu mir kommen!
ADAM
Mit letzter Kraft bin ich zu dir geeilt
Und sah dich fiebernd in dem Bettchen liegen
Und sah in deinen großen heißen Augen –
MILAN
Was sahest du in meinen Augen, Adam?
ADAM
Ich sah die Augen Christi voller Leiden!
In deinen Augen sah ich Christi Augen!
Da hielt ich Christus selbst in meinen Armen,
Da gab ich Jesus Christus Medizin
Und tröstete mit Mutterliebe Jesus!
MILAN
Das war doch in der schönen Weihnachtszeit.
ADAM
Zusammen schliefen wir in einem Bett,
Du schliefest schon, ich sprach noch mit Maria
Und bat Maria: Decke Milan zu
Mit deinem Sternenmantel, o Maria!
Und da erlebte ich die Weihnachtsgnade:
Als ich mit dir in einem Bette schlief,
Schlief ich mit Jesus Christus in der Krippe!
FÜNFTE SZENE
ADAM
Als eben ward der neue Papst gekrönt,
Da sprach der Papst in seiner Antrittsrede:
Sät euer Leben nicht in Eigentum,
Sät euer Leben nicht in Bücherwissen,
Sät eure Liebe in die Seelen ein,
Denn diese Saat bleibt in der Ewigkeit!
MILAN
Du hast ja deine Liebe eingesät
In meine Seele. Diese Saat wird bleiben.
ADAM
Es blieben viel Gedichte ungeschrieben
Bei all der Müh und Arbeit um dein Leben,
Doch mit der Schwanenfeder meiner Liebe
Und mit der schwarzen Tusche meines Blutes
Schrieb ich Gedichte einer schönen Liebe
Auf den Papyrus deiner weißen Seele!
MILAN
Und ahnst du überhaupt, was ich genommen
Aus jenem Schatz, der deine Seele ist,
Weißt du, was ich aus deinem Leben mir
Genommen hab als Nahrung meiner Seele
Und wie viel Glauben mich gelehrt dein Vorbild
Und wie zur Ahnung Gottes ward dein Antlitz?
ADAM
Mit Schmerzen und mit Blut muß ich begießen
Die Saat des Glaubens in der Kinderseele,
Muß meine Seelenleiden Jesus schenken!
Ich konnte legen nur ein Fundament,
Ein andrer muß errichten einst das Haus.
Ich konnte säen nur die Saat des Glaubens
In deinem Acker, einst ein andrer muß
Begießen, dass der Baum des Lebens wächst!
MILAN
Von allen Seiten stürmt heran die Welt,
Ich fürchte, Adam, dass ich unterliege!
ADAM
Freilassen muß ich dich, geliebter Knabe,
Freilassen selbst noch in die böse Welt!
Ich weiß, ein Schatzhaus ist in deiner Seele,
Denn du bist großgezogen worden mit
Der Muttermilch der Mutterbrust Mariens!
Wenn du einst hörst ein Wort von Jesus Christus,
Dann wird es dir wie Kindheitsheimat sein.
Ich lass dich fort, doch nicht aus meinem Herzen
Und nicht aus meinen weinenden Gebeten!
MILAN
Vertraue mir und glaube doch an mich!
Dich werd ich nie verlieren aus dem Herzen,
Die Liebe nie, die du in mich gegossen!
DRITTER AKT
ERSTE SZENE
(Maria, ganz in Weiß gekleidet, aber wie durchsichtig und von Licht durchstrahlt, ihr Haar wie Sonnenglanz, sie geht an einem lichten blauen Meer im weißen Licht der Sonne.)
DIE NEUE EVA
Verlass mich nicht, mein vielgeliebtes Kind,
In meinem Herzen bist du eingeschrieben,
In meiner Hand dein Name steht geschrieben,
Du bleibst in mir, ich bleibe deine Mutter!
Dich will ich immer wieder führen, Adam,
Von deiner Einsamkeit hinauf zur Liebe.
Du ziehst dich oft zurück in Einsamkeit,
Ich führe immer wieder dich zur Liebe.
Dein Herz verwandle ich in Mutterliebe.
Ich schenke dir die Wehen und die Schmerzen,
Ich schenke dir die Schmerzen der Geburt,
Ich schenke dir ein schmerzdurchbohrtes Herz,
So wird dein Herz geweitet für die Liebe,
So wirst du mütterlich die Seelen lieben.
Ich bin bei dir, die stille Magd der Demut,
Ich räum die Wohnung deines Herzens auf,
Bereite dir das Mahl der Kommunion,
Wasch deine Kleider in dem Bad der Tränen,
Ich bade dir den Staub von deiner Seele,
Ich schenke Ruhe dir, in meiner Nähe
Darfst ruhen du von allen deinen Leiden,
Dann sauge du den Frieden meiner Seele,
Dann labe dich an der Gestalt der Schönheit,
Erquicke dich am Antlitz meiner Anmut
Und lausche meiner Stimme voller Sanftmut,
Ich tröste dich als mütterliche Freundin
Und als die Braut in reiner Geistigkeit.
Dann wirst du Bräutigam, geliebter Adam,
Und deine Braut ist dann die Neue Eva!
Ich bin dann in dir, deine innre Klarheit,
Und meine innre Klarheit sich verbindet
Mit mühevoller Arbeit in dem Alltag.
Oft fliehst du noch die Arbeit in dem Alltag
Und flüchtest in den Schoß der Einsamkeit.
Ich will die Arbeit deines Alltags aber
Erfüllen mir der innerlichen Klarheit.
Mit dieser innern Klarheit lichtem Glanz
Will ich auch alle deine Seelenkinder
Bekleiden, sie sind ja noch nackt vor Gott,
Verstecken sich in Büschen, weil sie nackt sind,
Ich will sie kleiden mit der Neugeburt.
Mein allerliebstes kleines Jesuskind,
Dein Weinen und dein Jubel schallt im All,
Jetzt will ich sein die Gottgebärerin,
In Adams Herzen werde jetzt geboren.
ZWEITE SZENE
ADAM
Nun also glaub ich an den Bräutigam,
Gott selber ist der wahre Bräutigam,
Gott liebt als Bräutigam die Menschenseele
Ganz so wie ein Verliebter seine Freundin!
DIE NEUE EVA
Und bist du selber auch ein Bräutigam?
Willst du nun deine Einsamkeit verlassen
Und mich begrüßen, deine Schwester-Braut?
Du bist mein Kind und ich bin deine Mutter,
Ich bin noch mehr als das, bin deine Freundin
Und deine Schwester, ewig deine Frau!
Zur Kirche rede immer ich als Mutter,
Zu dir will aber ich als Freundin reden,
Als Braut, als die Vermählte deines Geistes!
Denn so ist deine Ansicht ja vom Leben:
Das Leben ist für dich die Große Mutter,
Das Leben ist für dich die schöne Braut!
Ich bin das Leben, bin die Mutter-Braut!
Die Mutter Christi ist nun Adams Braut!
Mein Kind soll dein Kind sein und alle Kinder,
Die ich gebäre als der Menschen Mutter,
Die Söhne deiner Seele sollen alle
Nun unsre Kinder sein, mein Ehemann!
(Maria präsentiert das Jesuskind. Alle Söhne Adams, Milan, Juri, Tom, Simon, Quentin, beten das Jesuskind auf dem Arm Mariens an.)
SÖHNE ADAMS
Du lieber Jesus, du bist unser Gott!
ADAM
Die Liebe hab ich anders mir gedacht,
Ich dachte Liebe mir in Süßigkeit,
Du aber schenkst die Liebe mir als Kreuz!
DIE NEUE EVA
So lerne du nun meine Liebe kennen,
Die Liebe deiner Ehefrau in Gott
Geht über dein begrenztes Ich hinaus
Und führt dein Ich zum Tod des Bräutigams!
Weil ich den Tod des Bräutigams begehre,
Begreifst du meine Liebe nicht, Geliebter,
Begreifst du nicht den Tod des Bräutigams!
ADAM
Im Tod des Bräutigams erkenn ich Gott,
Die Mutter und die Weisheit und die Liebe,
Die Liebe, die der Welt zugrunde liegt!
CHOR DER FRAUEN
Die Schöne Liebe liegt dem All zugrunde!
MARIA
Der Weltgrund ist der Tod des Bräutigams.