Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

JUVENAL SATIREN



Nachgedichtet von Josef Maria Mayer


ERSTE SATIRE 

Muss ich ein Zuhörer immer sein und geben nie Antwort,
Wenn vom kehligen Cordus wird König Theseus gefoltert?
Muss dieser Kerl rezitieren seine Römer-Komödien,
Ungestraft Elegieen leiern? Ungestraft bleiben,
Wenn er endlos von Telephos plappert und raubt meine Zeit mir
Oder unfertig seine Orestie mir berichtet?
Ich bin ein Mann, der weiß, dass sein eigenes Haus nicht so gut ist
Wie der Hain des Ares oder die Höhle Vulkanus
An den Äolischen Klippen. Was Winde tun, was tun die Schatten
Äacus doch für Qualen an, wo er mit goldenem Vliese,
Dem gestohlenen groß tut, die Esche den Monychus schleudert -
Wo die Platanen sind, die rissigen Säulen von Marmor,
Von den klingelnden Non-Stop-Lesungen gänzlich zerbrochen!
Dies erwarte vom besten und vom schlechtesten Dichter.
Ich hab auch mit den Fingern meine Flöte befingert,
Sulla gab ich gute Ratschläge: Geh und genieße
Eine gute Erholung! Stolpre nicht über die Dichter
Überall und spare die verschwendeten Blätter.
 
Warum fahre ich immer noch so klar und so deutlich,
Wo Lucilius von Aurunca lenkte den Wagen,
Dass erklär ich, wenn du Zeit hast, die Gründe zu hören.
Wenn ein Kämmerer nimmt eine Frau, wenn Mevia schlachtet
Ein toskanisches Wildschwein mit nackten Brüsten, den Speer nimm.
Wenn ein Kerl überwindet die Aristokraten im Reichtum,
Der, wenn er mich rasiert, sieht voller Schmerzen mich weinen,
Wenn der Pöbel vom Nil, ein Sklave von Canopus oder
Ein Crispin kommt, den tyrischen Mantel weich auf den Schultern,
Weht das Sommergold über seine schwitzenden Finger,
Will ich nicht das schwere Gewicht eines Edelsteins leiden.
Leicht ists, Satiren zu schreiben. Wer tolerant ist in Roma,
Missetaten aus Stahl, derer kann man sich immer enthalten,
Kommen zusammen des Anwalts Matho brandneue Kunden,
Voll von sich selber, einer, der verrät seine Freunde,
Dazu bereit, die Reste des heiligen Corpus zu stehlen,
Und wenn Massa die Spitzel verteidigt und Carus versüßt sie
Mit Geschenken, wie Thymele in der Farce des Theaters,
Wenn von der Angst Latinus wird zugeführt dem Gerichte,
Wenn du Menschen ohne Verdienst siehst kräftig geschoben
Durch die Nacht, zu den Göttern erhoben, von breitesten Straßen
Bis zum Höchsten steigend durch die Taler der Witwe!
Nun, Proculeius hat nur ein Zwölftel der Aktien selber.
Jeder Erbe bekommt seinen Teil, nur die Leistung muss stimmen,
Können sie sich wirklich erblassend schnappen das Blutgeld,
Wie ein Mann mit nackten Füßen, der trat auf die Schlange,
Oder am Altar in Lyon spricht der nächste Verlierer.
 
Was soll ich sagen? Der Zorn brennt in meinem fiebrigen Darme,
Wenn die Volksherde wird vom Demagogen verkleinert.
Jener prostituiert sein Mündel, verschwendet sein Erbe.
Warum muss einer sich schämen, wenn nur das Geld ist noch sicher?
Marius Priscus im Exil, am Tage besoffen,
Er genießt den Unmut der Götter, während der Edle,
Während der pflichtbewusste Verehrer muss weinen vor Kummer!
Soll man darauf das Licht nicht werfen, wie einst es Horaz tat?
Ist das nicht mein Amt? Das ist besser als Heldengeschichten,
Solche stumpfen Geschichten von des Herkules Arbeit
Oder von Diomedes, vom labyrinthischen Theseus
Oder wie das Meer zerstörte des Ikarus Flügel.
Wenn ein Liebhaber gibt Geschenke seiner Geliebten,
Kein Gesetz gibt’s gegen Betrug. Experten verstummen.
Wer beim Schnarchen über dem Becher hält wachsam die Nase?
Einer setzt sein Vermögen auf Pferde, er blies das Vermögen
Der Familie weg, er denkt, man soll ihm gehorchen,
Der liebt den Rennsport auf der Via Flaminia einzig.
Und der mickrige Automedon? Der hielt die Zügel,
Während du seiner Freundin in den Mantel geholfen!
Sicher füll ich ein fettes Notizbuch hier an dem Kreuzweg,
Wenn auf sechs Schultern sie die Fälscher tragen ganz offen
Auf der einen Seite, und auf der anderen nackend
Tragen sie einen, der ähnelt Mäzenas, dem weibischen Manne.
Wer unterscheidet sich und wer ward reich mit der Hilfe
Falscher Papiere und eines feuchten Siegelrings etwa?
Ist eine Frau die nächste, die mischt mit getrockneten Kröten
Schlangengift, bietets dem Gatten im syrischen Weine,
Und Lucusta, die durch der Nachbarin Unterricht lernte,
Wie aussätzige Ehemänner sind bald zu begraben!
Willst du wer sein, so tu was, des Gefängnisses würdig,
Ehrliche werden gepriesen, aber vernachlässigt werden.
Ein Verbrechen bringt Gärten, Lusthäuser, Festessen üppig,
Silberschüsseln und Trinkbecher, die mit Ziegen verziert sind.
Wer kann schlafen? Gibt’s doch Verführer von lüsternen Töchtern,
Gierige kommende Schwiegertöchter älterer Männer,
Gierige Bräute, ehebrechende Mädchen in Menge!
Wenn das Talent fehlt, dann werden meine Verse zur Mode,
Verse solcher Art, wie Cluvenius hinschmiert, der Dummkopf.
 
Seit den Tagen, da das Gewitter das Wasser gehoben
Und Deukalion fuhr mit dem Boot und bat um ein Zeichen
Und die Steine wurden langsam begeistert zum Leben,
Pyrrha zeigte die neugeschaffenen Mädchen den Männern,
Was tut der Mensch? Gebete, Ängste, Ärger und Freuden,
Lüste und Reisen, in meinem Buch gibt’s ein Mischmasch.
Und wenn der Fluss ist voll? Und wenn die Hände sich öffnen
Voller Gier? Wann weckten sinnlose Glücksspiele mehr an
Leidenschaften? Wie sie jetzt zu den Spieltischen strömen
Mit dem Geldbeutel, geben den Familienschatz, spielen.
Welche Schlachten siehst du dort, wenn der Croupier lädt die Krieger!
Es ist verrückt, zu gehen, Tausende leicht zu verlieren
Und noch das letzte Hemd dem zitternden Knecht zu missgönnen!
Wer von unseren Vätern baute Villen und speiste
Sieben Gänge? Nun die Herren sitzen vorm Hause,
Greifen in die Taschen dem leichtgekleideten Pöbel,
Schauen als Herren nervösen Blickes in die Gesichter,
Schauen, wie sie gekommen sind, und falsche Behauptung
Stellen sie lügnerisch auf in eines Anderen Namen,
Reden von Bekannten, von dir, und rufen den Herold,
Rufen die Elite und ärgern die elenden Armen:
Gib erst dem Prätor und dann dem einfachen Volk der Tribunen!“
Aber ein Freigelassener redet: „Ich war der Erste.
Warum soll ich mich fürchten, warum soll ich verzagen,
Ich, geboren am Euphrat? Den weichen Ohrläppchen wär es
Zu verkünden, wenn ich mich weigerte. Sieben Tavernen
Bringen Vierhunderttausend. Was kann der Purpurgeborne
Mehr dir geben? Corvinus hütet gepachtete Schafe
In den laurentinischen Feldern. Mehr selbst als Pallas
Hab ich, mehr als Licinus!“ Nun, so wartet, Tribunen,
Lasst das Geld den Sieger sein! Eben kamen die Sklaven,
Bleicher Füße, sie sollen nicht hohe Ämter erhalten.
Unter uns gesagt, der große Reichtum ist heilig.
Wenn auch Mammon, dem Geld, ward noch kein Tempel errichtet,
Dass er drin wohne, wir haben noch keine Altäre des Mammon,
Wir verehren heute Frieden und Treue und Tugend.
Oder wir grüßen den Sieg, mit lautem Klappern der Störche,
Während die offizielle Statistik berechnet am Ende,
Was die Reichen gewonnen, wie viel Fett zugenommen,
Was die Kunden tun für ihre Kleider und Schuhe,
Wie viel Kuchen und Spiritus sie zuhause besitzen.
Vollgepackt die Wagen kommen für Hunderte Taler,
Ob die Dame schwanger ist oder ob krank ist die Dame,
Folgt der Mann in der Runde, ein schlaues listiges Männchen
Spielt den alten Trick aus, sagt, die Frau sei zuhause,
Zeigt dann auf den Vorhang vor dem Fenster des Wagens:
Da ist Galla“, ruft er, „warum zögerst du, Galla?
Zeig dich, Galla! Sie ist wohl schon eingeschlafen, die Schöne.“
 
Dieser Tag wird unterschieden von prächtigen Dingen:
Erst die Reichen, dann der Markt, dann der Rechtsanwalt göttlich
Und die Insignien, sind darunter einige Zöllner
Aus Ägypten, ein Niemand, der angibt mit herrlichen Titeln,
Doch es ist in Ordnung, anzupissen dies Standbild!
Und ein Alter, müde verlassen die Kunden die Märkte,
Geben die Ziele auf, doch es dauert die Hoffnung des Essens
Lange im Menschen, sie müssen Gemüse und Feuerholz kaufen.
Alldieweil ist der Herr im besten Speisehaus, essend,
Was der Wald und das Meer produzieren, gelagert im Sofa.
Jetzt am Tisch, der einer der großen schönen Antike,
Diese Menschen verbrauchen völlig ihr letztes Vermögen.
Bald sind keine Parasiten mehr übrig. Wer lebt dann
Solchen vulgären Luxus? Ungeheuerlich gierig
Auf ein Wildschwein, ein Geschöpf, das passt zu Banketten!
Aber es gibt die rasche Strafe, wenn aufgebläht flattert
Vornehm der Mantel, man geht in ein Bad, den Pfau zu verdauen
Innen. Dann gibt es die Alten: Tod, Testament und dann plötzlich...
Diese Botschaft erreicht dich beim Abendmahl, doch keine Tränen,
Und die Beerdigung unter dem Lachen der zornigen Freunde.
 
Ja, die Nachwelt soll wissen, wie wir uns alle verhalten.
Unsere Kinder tun und wünschen dann eben das selbe.
Alle Verderbnis steht am Abgrund. Hisse das Segel,
Spanne die Leinwand auf. Vielleicht wirst du sagen: Wo ist denn
Deinem Thema passend die Quelle? Und sag, wie du fandest
Jene Offenheit, wie du ja schreiben wolltest begeistert
Von der Leidenschaft Genius! Nun, wen darf ich nicht nennen?
Ob mir Mucius konnte nie meine Worte verzeihen?
Nun, so versuche es doch mit Tigellinus, so wirst du
Seiner brennenden Fackel lodernde Flamme sein, welche
Aufrechte Männer verbrennt, es rauchen gebundene Kehlen,
Und die Gäste lassen zurück die gewaltigen Spuren
In Gemeinschaft mit deiner Leiche über dem Staube!“
Soll ich ihn reiten denn, den Menschen, welcher vergiftet
Seinen Onkel, der auf seinem Bett uns verachtet?
Ja, verkünd ihn mit deinen Lippen. Doch wenn du verkündest:
Siehe, das ist der Narr! so nennt man dich einen Verleumder.
Singe lieber den frommen Äneas im heiligen Kriege
Oder Achilles, wie er ward durchbohrt von den Pfeilen,
Oder Hylas mit dem Becher, gejagt von den Vielen.
Aber wenn Lucilius brüllt, dann schlafen die Leser,
Eingefroren ist lang ihr krimineller Verstand schon.
Schwitze und erröte, wen da plagt sein Gewissen,
Dann gibt es Wut und Tränen. So musst du denken, bevor du
Deine Posaune bläst. Sonst ist es zu spät für die Reue.
Schieße nur scharf, wenn du dich befindest im heiligen Kriege!“
Ja, dann werde ich sehen, was sie mir tun wollen alle,
Deckt meine Asche die Via Flaminia, Via Latina.



ZWEITE SATIRE

Ich will Rom entfliehen, zu den Sarmaten den Meerweg,
Während die Kurie, früher voll Tugend, nun Orgien feiert
Und doch sind sie so dreist, Moral zu predigen allen.
Sie sind ignorant, doch sind in den Häusern zu finden
Gipsbüsten von dem Künstler Chrysippus, diese perfekten
Bilder des lebensechten Aristoteles oder
Pittakos, und sie bestellen einen antiken Kleanthes.
Kein Vertraun in den Schein! Ist schließlich nicht jede der Straßen
Voll von Perversen? Wie kann man geißeln die Sünden, wenn selber
Man der schlimmste aller sokratischen Arschficker ist und
Mit dem haarigen Glied und steifen Borsten am Hoden
Man sich annähern will der Knaben sanftesten Ärschen,
Während der Arzt dir die Eiterbeulen entfernt von dem Penis?
Wenige Worte, Ruhebedürfnis ists, was sie besitzen,
Schneiden die Haare kürzer als die Brauen der Augen.
Peribonius ist da ehrlicher, der gibt sein Leid zu
Über sein Aussehen, welches ist zuzuschreiben dem Schicksal.
Solche Schwächen sind erbärmlich. Die Leidenschaft selber
Muss man verzeihen. Viel schlimmer sind, die angreifen wollen
Mit des Herkules Tugend, dieweil sie schwenken den Hintern.
Apropos Tugend: „Wie kann ich dich respektieren, o Sextus,
Wackelst du stets mit dem Arsch?“ So schreit der schlimme Varillus.
Aufrechte sollten verachten die Hinkenden, Alte die Jungen.
Warum die Gracchen nörgeln über die Revolutionen?
Himmel und Erde, Meer und Himmel werden verwechselt,
Verrus stiehlt als Dieb die Objekte, zum Mörder wird Milo,
Clodius bricht die Ehe, Catilina verschwört sich,
Sulla und seine Jünger stehn auf der Liste des Todes.
Und die jüngeren Ehebrecher, verunreinigt nach der
Tödlichen Liebesvereinigung, sind des Domitian Schande,
Der so bittre Gesetze wiederbelebt hat, um alle,
Auch die Gottheiten, auch selbst Venus und Mars zu erschrecken,
Während Julia, seine Nichte, entweiht ihre Fotze
Durch die Abtreibung, darin ähnelnd dem gottlosen Onkel.
Wenn die Extreme der Verderbtheit werden verspottet
Und gegeißelt, beißt zurück der berüchtigte Scaurus.
 
Und Laronia, Ehebrecherin, kann nicht ertragen,
Schreit wer: „In wessen Bett brichst du die Ehegesetze?“
Sprach sie: „Glücklicher Alter, der unsre Moral definierte!
Lasse Rom sich doch schämen. Doch jetzt fällt Cato der Dritte
Von dem Himmel herab! Doch sag mir, wo du gekauft hast
Diesen Balsam, der duftet aus deinen haarigen Achseln?
Zögere nicht, mir zu sagen, aus welchem Geschäft er gekommen.
Willst du wissen, wie man Gesetze vernachlässigt, Sitten?
Du zitierst das Gesetz, doch Männer und Frauen, die prüfe
Du zuerst, die schlimmer sind, aber die Sicherheit haben
Der Phalanx der gebundenen Schilde dort in ihrer Nähe.
Groß ist die Vereinigung aller der gottlosen Sünder,
Beispiele gibt es auch von meinem eignen Geschlechte.
Tedia leckt die Cluvia, Flora vögelt Catulla,
Aber Hispo ergibt sich jungen Männern und Frauen.
Das sind so Fälle. Und sollen wir das Zivilrecht studieren?
Stören wir die Gerichte, Revolutionen beginnend?
Sind noch viele Frauen und Mädchen mit Körpern von Sportlern.
Aber die Männer necken die Vliese und ziehen die Wolle
In den eigenen Korb, die Spindel wird schwanger mit Fäden,
Sind geschickt wie Penelope und so klug wie Arachne.
Jeder zerzaust seine Herrin, wenn sie ihm auf dem Schoß sitzt.
Warum Hister im Testament seine Sklaven bedachte,
Ist bekannt, warum er beschenkt seine Ehegemahlin.
Sie, die im Bette beischläft, wird am Ende bereichert.
Freu dich, sei ruhig. Geheimnisse sammeln die Dichtungen. Siehe,
Kannst du es nun noch wagen, mir dein Urteil zu sprechen?
Stell einen Misstrauensantrag gegen die girrenden Tauben!“
 
Ob sie die offenbare Wahrheit der Stoiker leugnet?
War denn etwas an dem Gerede Laronias irrig?
Was sollen Frauen tun, die sich kleiden in hauchdünne Seide,
Während die Männer starren auf kaum verschleierte Brüste?
Lass Fabulla eine Ehebrecherin heißen,
Nenne Carfinia schuldig, wenn du sie gern willst verklagen,
Sie trägt keine Toga! „Es ist heiß doch im Juli!
Gehen wir nackt!“ Auch Wahnsinn ist weniger schlimm und abscheulich.
Siehe, was trägst du unter Berufung auf Sittengesetze
Eines siegreichen Volks, das rohe Wunden noch leidet,
Oder der Bergbewohner, die grade vom Pflug sind gekommen?
Würdest du protestieren, wenn ein Rechtsanwalt trüge
Solche Kleider? Ist Seide denn auch sittsam für Zeugen?
O du unbeugsamer Vorkämpfer für die heftige Freiheit,
Du bist durchsichtig! Dieser Flecken ist ansteckend, also
Wird er sich weiter verbreiten, ob auch sterben die Säue
Wegen einer einzigen Sau ansteckender Räude.
Eine Traube lässt faulen durch Berührung die andern.
 
Eines Tages tragen sie etwas Schlimmres als Kleidung.
Niemand wird über Nacht beschädigt. Weiter und weiter
Werden sie von denen im Haus im Privaten empfangen
Zeichen auf der Stirn, den Hals mit Goldschmuck geschmückt und
So besänftigen sie die Göttin, wie Fraun, mit dem Weinkelch
Und den fruchtbaren Zitzen einer Sau. Und zu einer
Änderung üblicher Regeln sind bereit dann die Frauen,
Stellen alles in Frage, doch die Schwelle zum Tempel
Und der Altar der Göttin ist für Männer offen alleine.
Und sie schreien: „Ihr entweiht flötenblasende Mädchen!“
Solche geheimen Riten werden von Fackeln erleuchtet
Und die Baptae sind gewöhnt an die gnädige Göttin.
Doch ein Mann malt schwarz seine Stirne mit schwärzlicher Asche.
Andre verlängern mit dem Schminkstift die Wimpern und Brauen.
Männer nehmen Make-up und trinken aus Phallus-Phiolen,
Binden ihre Haarfülle mit vergoldetem Haarnetz,
Sind gekleidet in blau karierte, gelbgrüne Seide,
Während des Meisters Diener schwört auf die weibliche Juno.
Einer hält seinen Spiegel, der Otho steter Begleiter,
Beute der aruncianischen Schauspieler, da er in ihnen
Selbst sich bewundert, wie er erteilt den Auftrag zum Kriege.
Das ist erwähnenswert in unsern modernen Annalen:
Spiegel sind wichtige Dinge, um Bürgerkrieg zu beginnen.
Das ist die oberste Regel natürlich, Galba zu töten
Während des Puderns der Nase. An Selbstbeherrschung das Höchste
Ist es, zu streben auf den palatinischen Thronstuhl,
Während du putzt dein Gesicht mit einer Maske aus Joghurt,
Was nicht einmal Assyriens Herrin Semiramis machte,
Noch Kleopatra tat bei Actium einst auf dem Flaggschiff.
Hier ist nicht Scham in der Sprache und keine Ehrfurcht am Tische,
Hier ist Kybeles Fäulnis, wenn Männer sprechen wie Frauen.
Und mit weißen Haaren ein alter fanatischer Priester
Steht den Riten vor mit seltenem Beispiel und lauter
Stimme, ein Fresser, ein Experte, wert der Belohnung.
Warum warten sie noch? Sie sollen das Messer verwenden,
Um am Penis zu schnitzeln in der phrygischen Weise!
 
Gracchus gab eine Mitgift von viertausend Goldstücken einem
Bläser, weil der Mann sehr schön das aufrechte Rohr bläst,
Der Vertrag ist abgeschlossen. „Glückwunsch!“ Die Menge
Fragt nach dem Fest, da die „Braut“ sitzt auf dem Schoße des Gatten.
O ihr Fürsten! Brauchen wir einen Zensor der Sitten
Oder nicht doch einen wahren Propheten des Jüngsten Gerichtes?
Wollt ihr was Schreckliches hören? Ich denk an monströse Geschichten:
Weiber gebären nun Kälber und Kühe gebären nun Lämmer?
Er trägt Brokat, das lange Kleid und den mystischen Schleier,
Der trägt die heiligen Dinge gebunden im Lendentuch, schwitzend
Unterm Gewicht der Schilde. Wehe, Romulus, Vater
Roms, wann kam dies Übel zu den lateinischen Hirten?
Woher ist dieser Stachel, der wehtut den Söhnen des Ares?
Kannst du reiche Männer ertragen, die heiraten Männer?
Schlägst du da nicht den Speer auf den Boden und hältst deinen Helm fest?
Keine Beschwerde beim Vater? O so verlasse den Campus.
Ich hab an einer Zeremonie teilgenommen am Morgen.“
Wann und wo? „Heut Morgen, im Tal des Quirinus.“ Was gab es?
Oh, ein Freund von mir heiratet einen männlichen Freier.
Er hat Gäste geladen.“ Leb eine Weile, dann siehst du,
Wie sie es offen tun und als Nachricht in Zeitungen drucken.
Doch gibt’s ein Problem, das quält diese männlichen „Bräute“,
Dass sie nicht Kinder gebären können als „Braut“ ihres Gatten.
Nun, die Natur gewährt ihren Köpfen wenig Gewalt nur
Über den Leib. Kommt der Tod von der Apotheke Geheimnis?
Der geschwollene Lyde ward von Luperci geschlagen.
Gracchus schlägt auch voll Empörung, Gracchus mit Tunika, Dreizack,
Gladiator, umkreisend den Sand, huscht er durch die Arena,
Edler geboren er als Marcelli, Capitolini,
Als Catulus und Paulus oder der Fabier Sprössling,
Als die Zuschauer alle in den untersten Reihen,
Der die Circus-Show inszeniert mit Netzen und Dreizack.
 
Existieren die Geister und der Unterwelt Reiche,
Jener Wirbel der schwarzen Frösche in Styx und Cocytus
Oder die Tausende, die im Nachen die Lethe befahren?
Nicht einmal Kinder glauben das mehr, es sei denn ganz kleine.
Aber wäre es wahr – was fühlte des Curius Schatten,
Was die Sicipionen, Fabricius oder Camillus,
Was das Heer von Cremera, die jungen Männer von Cannae,
All die Toten der Kriege, wenn so ein Geistlein
Unserer Zeit herab käm? Sie würden sich reinigen mit dem
Schwefel und dem Feuer und dem Lorbeer der Toten!
Drunten da würden wir uns schämen müssen! Wir haben
Truppen geschickt an Irlands Küsten, vor kurzem erobert
Auch die Orkney-Inseln der Briten der Mitternachtssonne,
Doch die besiegten Völker tun nicht, was heute die Sieger
Tun in Rom. Sie sagen: „Ein armenischer Junge,
Zalaces heißt er, der mehr verweichlicht als alle die andern
Knaben, ist geworden ein leidenschaftlicher Freier.“
Seht, was der Außenhandel ergibt: Er kam, eine Geisel,
Und wir machten ihn zu einem Weltkind. Wenn länger
Diese Knaben bleiben, dann nehmen sie römische Art an,
Werden nie Mangel leiden an männlichen Liebhabern, welche
Ihnen die Hosen ausziehn und peitschen mit Geißeln den Popo.
Das sind die Möglichkeiten der heutigen Jünglinge, solche
Liebe nehmen sie mit in ihre armenische Heimat.


DRITTE SATIRE

Wenn ich auch vom Freund gestört in der Abreise wurde,
Stimm ich ihm zu, im freien Cuma das Haus einzurichten,
Weihe einen weiteren Bürger der weisen Sibylle.
Es ist das Tor von Baiae, eine herrliche Küste,
Abgeschieden. Ich bevorzug Protycha, die Insel,
Ich bevorzug die Insel vor der lärmenden Großstadt.
Irgendwo ist es immerhin, da ist es einfach und einsam,
Da ist man nicht in steter Gefahr vorm verzehrenden Feuer,
Vor einstürzenden Häusern, all den tausend Gefahren
Des barbarischen Rom, wo Dichter Augustus besingen.
Jetzt wird sein ganzes Haus auf einen Wagen geladen,
Er verweilt dort unter den alten Bögen Capenas.
Wir gingen in Egerias Tal mit all den sympathischen Grotten.
O wie stark wären doch die Brunnen, wenn ihre Gewässer
Würden von grünem Gras umgeben, die lauteren Quellen,
Und wenn Marmor noch nie den naiven Tuffstein geschändet.
Hier, wo Numa begründete seine nächtliche Freundin,
Hier der Hain und der Schrein sind der heiligen Quelle verpachtet
An die Juden, die ausgestattet mit Strohkörben reichlich.
Da der Hain ward bestellt, die Nation muss Pachtzins bezahlen,
Musen wurden verbannt, die Bäume müssen nun betteln.
 
Da sprach Umbricius: „Keine Freude gibt’s mehr in Rom an
Ehrlicher Arbeit und keinen Lohn mehr für fleißige Arbeit.“
Meine Mittel sind heute geringer als gestern, und morgen
Trag ich ein bisschen mehr weg, und darum hab ich beschlossen,
Cuma zu besuchen, wo Dädalus machte sich Flügel.
Meine Haare sind grau, das Alter aber steht aufrecht,
Während Lachesis dreht die Spindel, noch kann ich gehen
Auf den eigenen Füßen und ohne Stock in den Händen,
Ich verlasse die Heimat. Soll Arturius leben,
Soll Catulus leben in Rom, bis beide ergraut sind,
Wenn sie es lieben, Verträge für Tempel und Quellen zu sammeln,
Zu entleeren die Kanalisation und zu häufen
Auf dem brennenden Scheiterhaufen die Leichen der Toten,
Wer sich anbietet zum Verkauf nach Versteigerungs-Regeln.
Diese einstigen Kämpfer mit Hörnern, die ewigen Freunde
Öffentlicher Arenen leben gern in den Städten
Abgerundeter Wangen, jetzt töten sie, um zu gefallen,
Wenn der Pöbel es fordert mit dem sinkenden Daumen.
Das geht zurück auf ein Opfer an Göttin Urinia Venus.
Solche wirft Fortuna bis zur obersten Spitze
Aus der tiefsten Gosse, wenn sie glauben ans Lachen.
Was soll ich noch in Rom? Ich kann nicht lügen, nicht schmeicheln
Schlechten Büchern. Ich weiß auch nichts von der Himmelsbewegung,
Kann und will nicht prophezeien jemandes Vaters
Tod und orakle nicht aus den Eingeweiden der Kröten,
Bring nicht des Liebhabers Botschaft der ehebrechenden Gattin,
Was auch immer seine Botschaft ist, ich hab auch niemals
Dieben geholfen, darum bin ich nicht einer der törichten Knaben,
Bin mehr ein Krüppel mit lahmer Hand und nutzlosem Körper.
Wer wird nun geschätzt, es sei denn, er sei ein Komplize,
Wenn sein Geist kocht von Dingen, die man nie darf erzählen.
Es gibt nichts, was sie schulden, sie werden nichts geben
Einer Person, die ist ihr Partner im schlichten Geheimnis.
Verrus kümmert sich nur um die ein Verfahren gegen ihn machen,
Wann sie nur wollen. Möge der Sand des Tajo bedeuten
Weniger ihnen mit all seinem Gold, bis zum Meere gewaschen,
Als verlorener Schlaf und des Bestechungsgelds Trauer,
Immer in Angst vor einem reichen und mächtigen Freunde.
 
Der akzeptierten Rasse unserer reicheren Römer
Wünsch ich hauptsächlich zu entfliehen, ich will enthüllen
Ohne Verlegenheit: Brüder, ich kann es nicht mehr ertragen,
Dieses Rom voller Griechen! Nur wenige Arme sind griechisch.
Denn der Orontes hat längst verunreinigt unsere Tiber,
Bringen ihre Zunge und Sitten, Flöten und Zithern,
Und ihrer Großen Mutter Kybele Zymbeln und Trommeln,
Mädchen werden gezwungen, sich anzubieten im Circus.
Geh in den Circus, hast du Geschmack an barbarischen Huren,
Syrischen Mädchen im bunten Schleier reichlicher Schminke.
Romulus, deine Bauern haben jetzt griechische Hausschuh,
Griechische Salben, griechische Medaillons um den Nacken.
Der ist aus Sikyon, der ist aus Amydon gekommen,
Der von Andros, Samos, Alabanda und Tralles,
Um den Esquilin und den Viminal zu besuchen,
Und sie wollen die Herren werden in unseren Häusern.
Schlagfertig, schamloser Kühnheit, bereit zum Wort wie Isaeus,
Dieser beredte Rhetoriker. Sagt einfach, wer ihr jetzt sein wollt.
Und was ihr braucht für eure Person, das bringen wir alles:
Sprachlehrer, Redner, Maler, Geometer und Trainer,
Seher, Seiltänzer, Zauberer, Ärzte, sie können es alles,
Diese hungrigen Griechen. Und sage den hungrigen Griechen:
Schert euch zum Monde! Und sie werden fahren zum Monde.
Nicht ein Marokkaner oder ein Thrakier war es,
Der dem Dädalus Flügel gab, sondern es war ein Athener.
Sollt ich dies Volk nicht fliehen? Sollte ich sehen ein Zeichen
Und mich zurücklehnen auf dem Sofa, wenn besser sie speisen,
Die der Wind nach Rom trieb mit all ihren Pflaumen und Feigen?
Ist es denn nichts, dass ich in der Kindheit geatmet die Lüfte
Aventins, in der Jugend aß Sabiner Oliven?
Sind nicht die Menschen geschickt in Schmeicheleien und Lob des
Analphabetischen Freundes und loben sein hässliches Antlitz,
Sie vergleichen den Schwächling mit des Herkules Stärke,
Als er hob den massiven Antäus über die Erde,
Und bewundern eine verlorene Stimme, als krähte
Da der Hahn, der die Henne pickt, wenn sie wütend sich paaren?
Wir können Lob in gleicher Weise bieten. Doch sie sinds,
Die geglaubt haben. Welche komischen Schauspieler spielen
Thais, die Hure, oder Doris, die dorische Sklavin,
Ohne Mantel? Es ist, als ob eine Frau da nicht redet,
Nur eine Maske. Sie denken, alles ist glatt und ist eben
Unter dem Bauch und teilen dort nur die engere Spalte.
Doch unser Komiker Antiochus wäre kein Wunder
Dort in Hellas, Demetrius oder der weibische Haemus:
Sie sind ein Volk von Komikern, lachen, werden erschüttert
Vom Gelächter. Sie weinen ohne Leid, wenn sie sehen
Einen Freund in Tränen. Für etwas Wärme im Winter
Ziehn sie den Mantel an. Wird es heiß, so beginnt man zu schwitzen.
Wir sind ungleich. Sie haben einen ewigen Vorsprung,
Tag und Nacht sehn sie den Ausdruck auf jemandes Antlitz,
Sie sind immer bereit und klatschen die Hände und jubeln,
Wenn ihr Freundchen rülpst oder pisst oder gibt einen Furz ab.
Auch ist nichts ihnen heilig, vor ihren Schwänzen nicht sicher
Ist die Frau des Hauses oder die Jungfrau, die Tochter,
Nicht die glatten Verlobten, die unschuldigen Knaben.
Sonst werden sie auf dem Rücken haben die Mutter der Freundin.
Und sie lieben der Hausbesitzer Geheimnisse furchtsam.
Da ich erwähne die Griechen, wollen wir weiter auch gehen
Von der Gymnastik zu den dunklen Verbrechen. So Celer,
Dieser stoische Informant, hat Barea ermordet,
Seinen Freund und Schüler. Und Celer von Tarsus hat Kydnos
Hochgehoben und fallen lassen dann wie eine Feder.
Dies ist nicht der Platz für die Römer, sondern für Griechen,
Protogenes, Diphilus oder Hermachus, die herrschen,
Die nichts tun für den Freund, das ist der Defekt ihrer Rasse,
Wollen ihn haben allein. So tropfen sie Tropfen des Giftes
Ihres Landes in offene Ohren. Ich bin vertrieben
Von der Schwelle, verloren die langen Jahre als Sklave.
Beiläufig, Advokaten betrügen ihre Klienten.
 
Nicht zu schmeicheln hab ich einem Büro- oder Amtmann,
Jenem erbärmlichen Mann, der überwirft leicht seine Toga
In der Nacht. Vor den Prätoren eilen Liktoren
Morgens schon mit einem Gruß an den reichen Albina
Oder den Kinderlosen und Schlaflosen namens Modia.
Hier der freigeborene Sohn wird Sklave des Reichen.
Der kann Geschenke austeilen, wertvoll wie militärisch
Der Tribun verdient. Die aristokratischen Ritter,
Wie Calvina und Catiena, die winden sich zweimal,
Während sie lieben mit dem Blick den Schmuck der Chione,
Zögerlich helfen sie der Hure, vom Rosse zu steigen.
Find einen Ritter in Rom, der heilig ist wie Nasica,
Die begleitet das Bild der Kybele, göttlicher Mutter,
Lässt den Numa vorausgehen und den Caecilius Metellus,
Rettend Minervas Statue im vestalischen Tempel.
Geld zuerst! Erst dann wird diskutiert der Charakter!
Wie viel Sklaven besitzt er, wie viel Ackerland-Hektar?
Wie sind seine Bankette, wie viel Gänge serviert man?“
Münzen, die einer bewahrt in der Schatzkiste, das ist des Ruhms wert.
Schwöre deinen Eid bei den Altären von Roma
Oder beim Altar von Samothrake, hältst du den Eidschwur,
Bist aber arm, dann wird dich der Blitz hinwegraffen grimmig
Und du wirst zu dulden haben den Zorn eines Gottes.
Was ist mit dem, dass der arme Bettler bittet um Gaben
Materieller Unterstützung, der Mantel ist schmutzig,
Seine Toga zerrissen, der Schuh weit offen, das Leder
Ist porös, der Schuh ward genäht und zeigt noch den Faden?
Es ist nichts schwerer zu ertragen als Armut und Elend,
Preisgegeben der Lächerlichkeit. Sie sagen: „Nun geh schon,
Schäme dich, hier zu sitzen bei aristokratischen Rittern,
Der du nicht genügend Reichtum besitzt vorm Gesetze.“
Aber dort sitzen die Söhne von Zuhältern, Frucht der Bordelle,
Hier sitzt der glatte Sohn des Auktionators, klatscht Beifall
Neben den gut gekleideten Jungen der Gladiatoren.
 


(Fragment)