Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

HEILIGE APHRODITISSA




Von Josef Maria Mayer


HYMNE AN APHRODITISSA


Clemens von Alexandrien sagte,
Aphroditissa sei geboren
Aus dem wollustvollen Geschlechtsteil
Des Vaters im Himmel.
Sie ist die Aphroditissa Philommedes,
Die das Geschlechtsteil liebt,
So ist sie auch Aphroditissa Philomeides,
Die das Lachen des Höhepunkts liebt!
Sie ist die Göttin dieses Augenblicks,
Der den Sterbling hinausträgt
Über das Leben, vielmehr,
Der ihn das Leben erfassen lässt
In seiner ganzen Tiefe.


Im Frühling kommen die Tauben
Über das Mittelmeer
Zur Nymphe Europa,
Sie paaren sich,
Sie lassen aus dem Dickicht des Laubes
Das betörende Gurren erklingen.


Die Rosen sind gefärbt
Vom Blut Aphroditissas.
O ihr krummen und zackigen Dornen,
Wie habt ihr Aphroditissa zerkratzt!
Ihr schontet nicht ihre weiße Haut,
Ihr schont gar keine Person,
Und wenn’s eine göttliche wäre!
Die schöne zarte Aphroditissa
Hat es wohl selbst erfahren,
Als sie durchstoßen ward.
Darum die weißen Rosen
Begannen sich blutrot zu färben!


O weiße Aphroditissa von Arles!
Königin der Provence!
Kein Mantel verhüllt deine schönen Schultern,
Ich sehe, du bist die Göttin,
Die Tochter des lichten Himmels!
Zeige mir deine nackten Arme!
Zeige mir deine nackten Brüste!
Zeige mir deine nackten Schenkel!
Zeige dich ganz nackt, Aphroditissa,
O göttliche Herrin!
Deine pure Schönheit
Kleidet dich besser als der Mantel.
Lass das Kleidchen auf die Füße sinken,
Das Reizgewand, das sich um deine Lenden schlingt!
Verhülle nicht länger das Schönste,
Was du besitzt!
Überlasse deinen bloßen Leib
Den Küssen des lichten Himmels!


Ihr schwarzes Haar ist schwer beladen
Mit Düften und Farben von Blumen.
Sie ist die weiße Rose der Gischt,
Sie ist ein silberner Glanz,
Sie ist eine lichte Flamme der Liebe!
Sie neigt sich zu mir voll der Gnade,
Der ich sie immer suche,
Und die Erde wird süß
Durch den Namen Aphroditissas!


Sie kam wie ein Blitz aus der flammenden See,
Sie wandelte auf dem Wasser!
Die wundervollen Meere kennen sie,
Die Stürme und die Wogen kennen sie.
Mit ihr erblühen die Rosen röter
Und blauer sind die Wasser
In den Buchten der Wonne mit ihr!


Die Göttin kam an Land.
Rasch schritt sie dahin an den frischen Ufern.
Im Mittag erhoben sich die Haine,
Die warmen Blumen waren verwirrt,
Als ob sie verwirrt aus einem Bett sich erhoben.
Sie ging ans Meer, das Meer erhob sich
Und warf den Delphin an den Strand.


Das Blut Aphroditissas
Mischt sich mit dem Blut der Menschen.
Der Kuss der Liebe
Erweckt die unerweckte Jungfrau.
Das Mädchen erwacht zur Lust der Liebe!
Morgen wird die Braut nicht mehr zögern,
Die Kerze anzuzünden!


Was machen wir mit all dem Geld?
Wir werden ein Kloster bauen!
Die Mädchen von sechzehn Jahren
Stecken wir hinein
Und den Mann von fünfzig Jahren!
Aphroditissa
Ist die Äbtissin unsres Klosters!


Sie erwuchs aus dem göttlichen Schaum
Des abgetrennten Gliedes
Des Vaters im Himmel.
Der geschwängerte Schaum
Trieb sie nach Kythera
Und von Kythera nach Zypern.
Dort erwuchs sie,
Im Schoß des Meeres,
Zu voller Blüte der Schönheit,
Bis sie ihren Fuß an den Sandstrand setzte.


Sie kam an der südwestlichen Küste
Der Insel ans Land,
Nahe Paphos, wo die Gischt
Unter rosenfarbigen Felsen
Geschmeidig und reichlich
Über den Sandstrand fließt.


Die Idee der mütterlichen Kraft
Besteht von der Eiszeit an
Bis heute. Sie ist die Göttin
Des Abendsterns, des Morgensterns,
Die Göttin des Bettes,
Der fruchtbaren Fülle,
Herrlich anzuschauen
In ihrem Lapislazuli-Schmuck
Und ihrem Lidschatten!


Alle Lebewesen des Feldes,
Alle Tiere mit vier Füßen
Unter dem weiten Himmel,
Obstbäume, Gärten,
Blumenbeete, grüne Gräser,
Die Fische im Teich,
Die Vögel unterm Himmel,
Warten bei Nacht, wenn es still ist,
Auf ihre Herrin,
Alle Lebewesen
Und alle Männer beugen vor ihr die Knie,
Meine Herrin schaut freundlich liebevoll
Vom Himmel auf mich herab
Und alle streben
Der Aphroditissa zu!


Auch die Achäer verehrten
Ihre Liebesgöttin
Mit prallen Brüsten
Und dem Dreieck der Scham.
Nun sahen sie auf Zypern
Eine höhere Göttin der Liebe,
Der Trächtigkeit und des Schaumes.
Aschtoreth ward Aschtaroth,
Aschataroth ward Attaorethe,
Aattorethe ward Aphthorete,
Aphthorethe ward Aphrodite.
Aphrodite ward aus dem Aphros geboren,
Aphrodite ist die Schaumgeborne.


Aphrodites Städte sind
Idalion,
Soli und Marion,
Salamis und Kouklia.
In Kouklia steht die Kirche
Der Panhagia Aphroditissa!
O Panhagia Aphroditissa,
Bei deinen bloßen Brüsten,
Bitte für mich!


Aphroditissa ist geboren
Aus der liebevollen Vereinigung
Des donnernden Vaters im Himmel
Mit der Mutter Erde,
Der göttlichen Mutter Dione.
Gott strömt seinen Regen nieder,
Dione ist ganz Empfängnis!


Andere sagen, ein Ei
Sank vom Himmel nieder
In den Euphrat.
Fische rollten das Ei an Land
Und Tauben brüteten
Das riesige Ei am Lande aus,
Sie brüteten aus
Die syrische Göttin
Aphroditissa.
Die Göttin war von solcher Hoheit
Und solcher herrlicher Heiligkeit,
Gott gewährte den Fischen,
Als Sterne am Himmel zu glänzen.
Darum sind den Syrern die Fische heilig
Und die Tauben heilig.


O die Genitalien
Des himmlischen Vaters!
Um ihr unsterbliches Fleisch
Schlang sich der weiße Schaum!
Aus dem Schaum geboren ward das Mädchen!
Das Mädchen ward nach Kythera getrieben
Und dann zur Insel Zypern im Meer,
Dort stieg die herrliche
Göttin an den Strand,
Die Rosen blühten unter ihren Füßen.
Götter und Menschen tauften sie
Auf den Namen Aphroditissa!


Sie nannten sie Aphroditissa Philommedes,
Die genitalienliebende Göttin,
Weil das Geschlecht des Vaters ihr Ursprung.
Eros war ihr Lebensgefährte!
Die göttliche Begierde begleitete allzeit die Göttin!
Von Anbeginn ward sie verehrt
Und angenommen von den Göttern und Menschen.
Sie lebt in dem Gekicher
Der jungen Mädchen,
In dem Geplauder der schönen Frauen,
Im verführerischen Lächeln der Herrin
Und in süßer Erfüllung der Träume-Sehnsucht
Und in zärtlicher Liebe!


Lobpreis der Muschel
Der Aphroditissa!
Die Göttin auf der Muschel
Wird sogar in China
An der Großen Mauer verehrt!
Die Göttin entsteigt der Muschel
Wie eben erschaffen,
Wie im Schoß der Muschel die Perle
Geboren und gewachsen.
Warum sollte der Schaum,
Warum sollte der Sperma des Vaters
Nicht in einem sanften Bette reifen,
Eingeschlossen und beschützt
Von zwei Muschelklappen?
Kteis heißt die Muschel,
Kteis heißt die Scham der Frau.
Im Mutterschoß des Meeres
Reifte die neue Göttin heran.
Die Muschel tat sich auf
Und Anadyomene erscheint in ihrer Nacktheit
Und hält ein Mannesglied in der Rechten!
Sie ist ja die Göttin in der Muschel,
Aphroditissa Philommedes,
Die Genitalienliebende,
Königin höchster sexueller Befriedigung!


So wurden einst zwei Frauen
Vom Meere angespült
Und kamen zum Tempel der Göttin.
Die greise Großmutter, die im Tempel diente,
Sprach: Die Göttin kommt aus der Muschel,
Da sollte sie wohl zwei Muschis retten können!
Siehe die Jakobsmuschel!
Öffne die Muschel,
Du findest an ihrem Saum
Unter kurzen Fühlern
Fünfzig glitzernde Augen,
Das Halsband Aphroditissas!
Diese winzigen Perlenaugen
Am Saum der Muschel
Sind das Halsband Aphroditissas!


Aphroditissa wird ja auch gefeiert
Als die Große Mutter Margarethe,
Die Herrin der Perlenschnüre!
Eine Frau hat der Göttin
Eine Bronzenadel gewidmet,
Auf der Spitze der Nadel
Ein Ei von ägyptischem Porzellan,
Gekrönt von einer Perle.
Unter dem Ei
Spreizen vier Tauben ihre Flügel
Und trinken aus vier Lotosblumen,
Zwischen vier Mäulern von Zicken.


Aphroditissa kam an Land
An der Achni-Küste
Bei Petra tou Romiou,
In der Nähe von Alt-Paphos,
Unterhalb der Straße,
Die von Paphos-Ktima nach Kourion führt.
Ein wilder Platz!
So heilig wie berückend,
Wie jemals ein Ort von einem Weib ward heimgesucht,
Im Silbermond
Die nächtliche Buhlerei zu ersehnen.
Die Klippen waren in Rosa getaucht,
In Aphroditissas Farbe.
Das dunkle Blau des Meeres
Wurde zu Fliesen in persischen Tempeln.
Schön ist der Meeressschaum,
Der schimmernd ans Ufer treibt.
Die rosa Felsen
Mit schwarzen Stücken
Erheben sich mächtig aus dem Meer,
Vom Persischblau des Meeres
Getrennt durch einen weißen Saum.
Die Woge des göttlichen Samenschaumes
Schwappt über einen Hügel der steilen Küste,
Teilt sich,
Gleitet an der sandigen Düne ab,
Um sich mit neuen Wogen
Des Meeresschaumes zu vereinigen.
Hier ist eine Landschaft
Aus Aphroditissas Blau und Rosa,
Erfüllt vom Tosen der See.


O Aphroditissa von Paphos,
Ich sah an deiner Bucht der Wonne
Meine Geliebte in blauer Woge schwimmen.
Jäh erfasste mein Herz die Flamme der Liebe.
Von dem nassen Wasserweib
Zog ich mir glühende Kohlen zu!
Ihr schenkte dein Sandstrand
Einen lieben Empfang.
Uns bindet die gleiche Sehnsucht.
Was ich am Land für sie erbeten hatte,
Göttin, das hast du ihr erfüllt.


Aphroditissa hüllte ihren Körper
In Liebreizgewänder,
Die die Grazien angefertigt,
Und in Blumendüfte getaucht
Von Krokus und Rosenblüten
Und Narzissen, geschwellt von Ambrosia,
Und keuschen königlichen Lilien.
Der Lenz und der Sommer verschwendeten
Ihre Blumendüfte über die leichten Stoffe
Der Kleidchen Aphroditissas.


Aphroditissa will ich singen,
Die schöne, tugendsame,
Sie mit dem goldenen Kranz,
Die im meerumflossenen Zypern regiert,
Wohin sie der Westwind geblasen
Über den Schaum des rauschenden Meeres.
Die Horen betend
Empfingen sie mit großer Freude
Und gaben ihr himmlische Kleidchen
Und setzten ihr den goldenen Kranz in die Locken
Und hängten an ihre Ohren Geschmeide
Von edelsteinernen Blüten,
Den schlanken weißen Schwanenhals
Und den weißen prallen Busen
Schmückten sie mit goldenen Kettchen,
Den die Horen selber trugen als heiligen Schmuck,
Wenn sie zu den Himmlischen gingen
In das Vaterhaus Gottes.
Nachdem die Horen geordnet
Den Schmuck am Körper Aphroditissas,
Geleiteten die Jungfraun die Königin
Zum Himmel, wo jeder Himmelsbewohner
Wünschte zur Glückseligkeit,
Aphroditissa zur Gemahlin zu haben!
Alle Himmlischen benedeiten
Die schöne Gestalt
Der gekränzten Göttin!


Von den Klippen von Achni
Ist es nicht weit zu den Troodos-Bergen,
Dem Lande der Anemonen des Adonis
Und der Alpenveilchen
Der Großen Mutter Margarethe,
Und ist es nicht weit bis nach Messaria,
Da im Frühling der rote Poppie blüht
Und wo man aus der Luft
Das Gold der goldenen Blüten sieht.
Zwischen Blumen gebettet
Liegen dort die Heiligtümer Aphroditissas,
Alt-Paphos vor allem,
Idalion, Amathos,
Soli und Kourion,
Dort ist zu sehen der blaue Gipfel
Des busenförmigen Berges Olympos.


Der Olymposberg wird gekrönt
Vom Kreuze Christi,
Er heißt der Berg des Kreuzes.
Hier befindet sich ein Kloster,
Dem die heilige Helena
Das Kreuz des Schächers schenkte,
Der mit Christus gekreuzigt ward,
Zu dem Jesus sprach: Ich sage dir,
Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein!...


In Kythrea an der Quelle zwischen den Hügeln
Im Schatten der Platanen
Nahe dem Kaffeehaus
Ist die junge Aphroditissa aufgewachsen.
Nach ihren Liebesspielen
Hat sich Aphroditissa immer gebadet
In der Quelle der Akamasberge.
Diese Quelle heißt
Brusis ton Eroton, die Quelle des Eros,
Oder Loutra tis Aphroditis, das Bad der Aphrodite.


Wer das Bad der Aphroditissa besuchen will,
Nehme im Fischerdorf Lachi ein Boot
Und benutze den Weg des Wassers.
Er kommt in einen Park von Olivenbäumen,
Nahe den Pfauenfarben des Meeres
Liegt ein Bauernhof
Mit einem Pavillon,
Dort ist die Quelle,
Aus einer schmalen Felsspalte
Strömt das Wasser
Unter den Zweigen des Feigenbaums.
Man wandelt den Weg
Zwischen rosa und weißen Zistrosen,
Alpenveilchen mit langen Stielen,
Blausternen, Schilfgras.
Frauenhaarfarn strömt von den Felsen herab,
Das Haar der Venus,
Ob es nun das Haar ihres Hauptes meint
Oder das Haar der Scham,
Die doch so oft ihr feuchtes Haar
Getrocknet, wenn sie aus dem Bade stieg.


Isola sacra a l’amorosa Dea!
Land voller Lieblichkeit und Freude!
Sieben Meilen oder sechs
Vom Meer entfernt
Steigt der liebliche Hügel an.
Die Landschaft ist reich an Myrrhe,
Zedern, Mahagoni, Orangenbäumen
Und tausend andern lieblich duftenden Bäumen.
Aus der duftenden Mutter Erde
Springen Thymian und Majoran,
Rosen und Lilien.
Der Windhauch vom Land zum Meer ist schwer
Beladen mit zauberhafter Süße.
Die klare Quelle schickt
Einen Bach die Böschung hinab.
Der Ort so voller Lieblichkeit und Freude,
War Grundbesitz der Aphroditissa.
Der Geist der Göttin der Liebe
Inspiriert die Liebenden,
Die Jungen und auch
Die Alten bis zu ihrer letzten Stunde!



HYMNE AN DIE DEA DOLOROSA



Adonis wuchs in Paphos auf,
Er war als Jüngling so schön
Wie er als Knabe schön gewesen.
Die Dea Dolorosa liebte ihn bis zum Wahnsinn,
Sie hatte Angst um ihn,
Dass er sterben müsse,
Wenn er auf Jagd in die Wälder ginge.
Adonis hörte nicht auf die Göttin
Und ging zur Jagd in den Wald.
Da brach ein harter Eber aus dem Dickicht
Und haute seine Hauer
In das weiße Fleisch des Adonis.
Die Dea Dolorosa
In ihrem Schwanenwagen
Hörte Adonis’ Todesröcheln,
Sie kam herab und fand ihn
In einer Lache Blut
Im Staube tot!
Da beschloß die Dea Dolorosa,
Adonis ein ewiges Angedenken zu schaffen,
Sie verwandelte sein Blut
In eine rote Anemone.
Von meinen Tränen, Adonis,
Soll Erinnerung bleiben
Bis ans Ende der Weltzeit.
Ein lebendiges Bild
Soll von meinem schweren Kummer
Und deinem Tode zeugen.
Einer Blume weihe ich
Dein rotes Blut!
So sprach die Dea Dolorosa
Und schüttete Nektar
Auf das kostbare Blut.
Da fand sie eine rote Anemone,
Rot wie das kostbare Blut des Adonis.
Heute nennt man diese Blume
Sankt-Brigitta-Blume.
Auf den Hügeln von Idalion
Wächst die Ur-Anemone.
Wenn die rosa Mandelblüten fallen,
Blüht die Anemone auf.
Die Zyprier nennen den Hügel
Den Gabriel-Gipfel.
Denn wie die Dea Dolorosa
Ihren Liebling Adonis beweinte,
So eilte der Erzengel Gabriel
In die Kammer der Jungfrau Maria:
Chaire, Kecharitomene!
Die weißen Anemonen aber
Sind aus der Erde gekommen
Durch die Tränen
Der Dea Dolorosa.
Tränen der Dea Dolorosa tropften auf die Erde
Und das kostbare Blut des Adonis,
Die Tränen und das Blut benetzten die Erde
Und wurden zu schönen Blumen.
Weiße Anemonen blühen
Aus den Tränen der Dea Dolorosa
Und rote Rosen der Passion der Liebe
Aus dem kostbaren Blut des Adonis.
Adonis, Adonis, tot ist Adonis!
Auferstanden Adonis
Als rote Rose
Der Passion der Liebe!



HYMNE AN EROS



Jetzt aber sing ich Eros!
Vor den Göttern
War Eros
Und Eros war Gott!
Eros ist älter als der Himmel,
Älter als die Erde,
Aber älter als Eros
Ist das Kreuz!...
Eros ist der unerschaffene Gott,
Der das Leben zeugt,
Und ohne Eros lebt nichts
Und niemand liebt ohne Eros!
Dieser Eros hat mir das Herz erschüttert
Wie der Sturm in der Eiche wühlt!
Eros findet mich überall,
Eros findet mich in den Gärten,
Eros findet mich am Meer,
Eros treibt mich zum Wahnsinn! -
Eros demütigt mich,
Eros kommt als göttlicher Dieb
Und raubt mein Herz!
Die Mutter des kleinen Gottes
Schaut dem Treiben des Lieblings zu
Und hat ihre Freude daran!
Praxiteles hat ein Bild des Eros geschaffen
Und schenkte den Eros
Der schönen Hetäre Phryne,
Die schöne Hetäre Phryne
Schenkte das Bild des Eros
Dem Tempel der Liebe.
Das Antlitz, der Blick des Eros
Sind geheimnisvoll
Und anziehend in dem wissenden Wollen!
Traumliebhaber ist er aller Hetären,
Allen voran der schönen Hetäre Phryne!
Eros sing ich, den Knaben,
Den Sohn der Mutter der schönen Liebe,
Der mit seiner Fackel
Die Herzen entflammt,
Mit seinem scharfen Pfeil
Das Herz verwundet!
Ein schrecklicher Gott,
Ein schrecklicher Gott ist Eros!
Ein schrecklicher Gott ist Eros!
Der Liebling hört mir zu,
Dann lacht er laut auf.
Wenn ich seufze und stöhne,
Wächst seine Macht!
Wie brachtest du, Stern des Meeres,
Aus dem Meerestropfen
Das Feuer Gottes zur Welt?



HYMNE AN EUCHARIS



Singen will ich die immerjugendliche
Göttin Eucharis!
Spät am Abend kam Eucharis,
Sie, deren Augen so strahlen,
Die von ihrem Freier
In süßen morgendlichen Mußestunden
Sich nur ungern trennt.
Noch so müdesüß,
Als hätte die Nacht zur Ruhe nicht genügt,
Senkt sie sich in den Schoß des Thrones.
Ich sah das kostbare Blut
Der Göttin Eucharis fließen!
Ich sah den Lebenssaft
Der Wunde der Göttin entfließen!
Isst sie denn Brot, trinkt sie denn Wein?
Göttliches Blut fließt in ihren Adern
Und darum heißt sie selige Menschengöttin!


Da sah ich lächeln den Vater
Der Engel und Menschen
Und zärtlich sprach der Vater:
O Tochter Gottes,
Du verabscheust den Krieg, den Gräuel der Menschheit,
Friedenskönigin sollst du sein
Und ordnen die Werke der Ehe!


Wir wollen dem schönen jungen Mädchen nicht zürnen,
Dass sie so schön, so reizend ist!
Die gelbe Lilie ist so schön
Durch die Gnade Gottes!
Jede Menschengöttin taucht aus dem Meer des Lichts
Wie einst die schaumgeborne Aphroditissa!


Wer war denn bei Eucharis?
Die schmachtende Liebe war da
Und seufzende Sehnsucht
Und Scherze waren da
Und schmeichelnde Lippen,
Die selbst den Weisen betören!
Aus den lichtblauen Augen
Der Mädchengöttin Eucharis
Strömt die Schöne Liebe,
Welche alle Glieder
Des Lebenssaftes beraubt!


Auch singen für Eucharis
Will ich die ewigjugendlichen Charitinnen!
Gesangreiche Königinnen,
Hört, da ich euch anbete, Mädchen!
Mit euch kommt Heiterkeit und Süßigkeit
Zum Weisen, zum Edlen, dem Mann!
Gott herrscht im Himmel und auf Erden
Nicht ohne Gnade und Grazie!
Sondern die jugendlichen Gnaden
Wählen mit dem Sohn
Die Werke des Vaters
Und preisen den Vater im Olymp,
Den Alten der Tage
Mit dem schneeweißen Haar!


Herrlich bist du, Aglaja,
Freundin meiner Gefühle!
Euphrosyne, du liebst die Lieder,
Glorien singen deine Lieder!
Thalia, lachendes Mädchen,
Heiter scherzende Gnade!
Ihr Mädchen schaut belustigt
Auf des Dichters Verse.
Leicht wandelt ihr dem Glücke nach.


Lyrisch sing ich diese Hymne
Und wandle den Sehern nach
Und ging den Weg auch hinab
Zu Acheron und Phlegeton
Und sah die Echo unsichtbar
Und hörte ihre Stimme im Weinberg
Im Sommer umgehn
Und der Hirte spielte die Flöte
Am Ufer des Flusses
Und schaute hinüber
Auf die andere Seite heiter!


Alles, was Eucharis mir schenken wollte,
Schenkte sie mir durch die Mädchen,
Die jungen süßen Charitinnen!
Eucharis, makellose Mädchengöttin,
Du bist Charis Epistrophia,
Die unsre Herzen wandelt,
Du bist Charis Nympha,
Die Schutzherrin der Verlobung,
Du bist Charis Thalamon,
Die Herrscherin des Schlafgemachs,
Du bist Charis Paregoros,
Die Trösterin,
Du bist Charis Ambologna,
Die den Dichter jung erhält!


Eucharis ist unwiderstehlich schön!
O wie herrlich ist sie,
Wenn sie mächtig heranfliegt!
Wer sich ihr ergeben,
Dem wandelt sie milde zur Seite.
Die stolzen Herzen wirft sie nieder!
Am blauen Himmel wandelt Eucharis,
Sie wandelt auf dem Meer,
Der Frühling wird durch ihre Gnade!
Sie lockt den Samen hervor
Und lässt das Leben werden
Durch ihren göttlichen Liebestrieb!


Philosoph, betrachte mit deinem Geist
Die göttliche Liebe!
Was staunen deine Augen?
Was bleibst du sitzen?
In den Sterblichen
Lebt die göttliche Liebe,
Die Sterblichen lieben, wenn sie lieben,
Mit der Kraft der göttlichen Liebe!
Wenn sie Eintracht stiften
In schöner Harmonie,
So nennen sie die göttliche Liebe
Süßigkeit und Wonne!
Die göttliche Liebe wollen wir versöhnen
Mit frommen Weihegaben
Und köstlich duftendem Salböl,
Mit zerriebener Myrrhe
Und alleredelstem Weihrauch!
Rotblonden Honig will ich weihen
Der göttlichen Liebe!
Durch die Macht der göttlichen Liebe
Vereinen sich Glieder
Zum lebendigen Menschen
Und der Mensch besteigt
Die Höhe des blühenden Lebens.


Aber rasch, sehr rasch
Zertrennt der Vater Krieg die Glieder
Und die Toten irren
An den Ufern des Todes!
So blüht der Busch
Durch die Schöne Liebe
Und muss doch welken bald, wie bald!
So schlüpft der Fisch im Meer dahin,
So weiden die Lämmer auf den Gipfeln
Und der Schwan singt sein Lied
Durch den Kuss der Schönen Liebe!


Wie glänzt doch Eucharis!
Sie verströmt die Tropfen der Schönheit!
Die festen weißen Brüste
Präsentiert sie nackt!
Doch das Kleid verhüllt
Die gespaltene Wiese der Venus!
Das Haar bedeckt sie
Mit rotblondem Schleier!
Weit hat der Diener der Göttin,
Der Dichter der Kunst der Liebe,
Den Namen der Göttin berühmt gemacht,
Der Göttin der Ewigen Liebe!
Im Himmel spürt man die Macht der Liebe!
In der Hölle zittert man vor der Macht der Liebe!
Auf Erden sehnen sich alle nach der Macht der Liebe!
Im Meere baden die Kinder Gottes
In den Fluten der Schönen Liebe!
Die Menschen spüren deinen Atem,
Gevögel und Kräuter,
Kastanienbäume und Turteltauben
Spüren deinen Hauch, o Göttin!
In dieser Schöpfung lebt kein Geschöpf,
Es sei denn durch die Macht der Schönen Liebe!
Ohne Liebe hat kein Werk Bestand,
Kein Werk hat einen Wert, es sei denn durch Liebe!


Nun, makellose Mädchengöttin Eucharis,
Schenk deinem Diener deine Huld und Gnade!
Jungfräuliche Göttin, deren Diener ich bin,
Lehre mich, deine Wonne zu verströmen
In dieser Welt der Menschen,
Deine Wonne, die du mir schenkst,
Wenn du mir mit Ganzhingabe nahekommst!


Geboren aus einem Akt
Der lieblichsten Wonne
Kam das makellose Mädchen
Mit himmlisch reinen Zügen
Und ward vom Westwind herbeigetragen
Und es wogten die Wellen der Wonne!


O Mädchen, eines Morgens
Mitten im Mai
War ich in einem Garten,
Da wuchsen gelbe Lilien
Und weiße Rosen,
Die Wiese war süß.
O Mädchen,
Bevor die Süße verwelkt,
Wenn sie in voller Blüte steht,
Pflücke die weiße Rose!


Oh, wer meine Geliebte gesehen,
Nackt
Und weißer als das Laken des Lagers!