Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

ZWEI MÄRCHEN



Von Josef Maria Mayer


SCHNEEWITTCHEN


Einmal war es in dem Winter,
Flocken spielten da wie Kinder,
Weiße Flocken von dem Himmel
Fielen tanzendes Gewimmel,
Saß die Königin am Fenster,
Lunas Mond, am Himmel glänzt er,
Saß die Königin und stickte,
Sich in ihren Finger pickte,
Und drei Tropfen rotes Blutes
In den Neuschnee tropfen tut es,
Schwarz von Ebenholz der Rahmen
War der Edelsten der Damen,
Weiß der Schnee wie Luna lohte
Und das Blut, das war das Rote.
Sprach die Königin im Herzen:
Wenn ich einst gebär mit Schmerzen,
Hat mein Kindlein weiße Glieder,
Schaut sie an dem Leibe nieder,
Wird sie schwarze Haare haben,
Haare, schwarz wie schwarze Raben,
Und es wird der Tochter Seide
Rot sein, eine Augenweide.

Als die Königin geboren
Eine Tochter auserkoren,
Weiß wie Schnee all ihre Glieder,
Sah sie an dem Leibe nieder,
Wie es glänze da und gleiße
All vor Lichtglanz und vor Weiße,
Und beschert hat sie die Parze
Mit den Haaren rabenschwarze,
Zwischen Wangen weiß wie Flocken
Schwarz der Haare krause Locken,
Haare wie die feinste Seide,
Rötlich war die süße Seide,
Rot wie Blut und rote Rosen
War die Glut der Makellosen.
Und Schneewittchen hieß das Mädchen,
War die Schönste in dem Städtchen.
Als die Tochter ward geboren,
Von dem lieben Gott erkoren,
Nach der Taufe starb die Mutter,
Nahm sie noch das Engelsfutter,
Starb, war mit ihr Gottes Friede.
Heil der Königin Elfriede!

Doch der König da, der Gatte,
Keine Gattin jetzt mehr hatte,
Nahm das schöne Weib Ulrike,
Das er sie allnächtlich pieke.
Die Stiefmutter von Schneewittchen,
Die Stiefmutter war ein Flittchen.
War Schneewittchen eine Reine,
Die Stiefmutter war doch keine.
Nun die Königin Ulrike,
Das sie stets den Finger pieke,
Legte nieder einen Spiegel,
Schaute ihren Venushügel
Und die Schwellungen der Seide,
War sich selber Augenweide,
Weidete die eignen Blicke.
Sprach die Königin Ulrike:
Spieglein, Spieglein auf dem Boden,
Wer hat denn für Lied und Oden
In der Welt die schönste Seide,
Dass ein Mann sich daran weide?
Spiegel, künde die Geschicke!
Sprach der Spiegel: Frau Ulrike,
Eure Schönheit ist die beste,
Die am Zärtlichsten benässte.

Nun, Schneewittchen wuchs im Alter,
Vierzehn Jahr jung war der Falter,
Immer schöner ward die Schöne,
Dass ein jeder Jüngling stöhne.
Lieblich wie die Morgenröte,
Wenn sie blies die Jadeflöte,
Vierzehn Jahre jung die Sonne,
Ein Entzücken, eine Wonne!
Da die Königin Ulrike
Wieder in den Spiegel blicke,
Sprach sie: Spieglein auf dem Boden,
Wer hat denn für Lied und Oden
In der Welt die schönste Seide,
Dass ein Mann sich daran weide?
Spiegel, künde die Geschicke!
Sprach der Spiegel: Frau Ulrike,
Euer Stiefkind, das Schneewittchen!
Ihr dagegen seid ein Flittchen!
Das bezeugen alle Sänger,
Dass Schneewittchens Leib ist enger!

Da erschrak die Frau Ulrike,
Da ward diese alte Zicke
Gelb vor Neid und immer gelber,
Denn sie schätze sich nur selber.
Neid, der Ärgerniserreger!
Frau Ulrike rief den Jäger,
Sprach Ulrike: Bring das Mädchen
In das Wäldchen vor dem Städtchen,
Schenke deinen langen Rüssel,
Steck ins Schlüsselloch den Schlüssel,
Bohre in Schneewittchens Leib!
Und der Jäger mit dem Weib,
Mit Schneewittchen vor das Städtchen
Ging, im Wäldchen er dem Mädchen
Sagte: Unter deinem Rocke
Ist das Laub dem Ziegenbocke,
Ich will dir das Haar entschleiern,
Deine Schlankheit auszuleiern!
Doch Schneewittchen bitter weinte,
Lachend sah’s der Feind der Feinde,
Und Schneewittchen sprach zum Jäger:
O du Ärgerniserreger,
Schau, ich gleiche jungen Nixen,
Lass mich doch vorm Jäger knicksen!
Und der Jäger nahm die Latte
Und Schneewittchens Rechte hatte
Wenig Mühe unverhohlen,
Tat ihm Schönes unverstohlen!
Mitleid hatte da der Jäger,
Dieser Ärgerniserreger,
Sprach zum schönen Kind Schneewittchen:
Ob du Jungfrau oder Flittchen,
Niemals kann ich dich vergessen.
Doch dass dich ein Tier gefressen,
Sage ich der Frau Ulrike,
Dann befriedigt ist die Zicke.

Lief Schneewittchen bis zum Abend,
Sich an Lunas Huld erlabend,
Kam Schneewittchen an ein Häuschen,
Wie das Haus von Bruder Kläuschen,
Drinnen wohnten sieben Zwerge,
Draußen standen sieben Berge,
In dem Häuschen sieben Betten.
Und Schneewittchen, sich zu betten,
Legte sich auf alle sieben,
So ist liegen sie geblieben
In der Seelenruhe Hafen
Und ist friedlich eingeschlafen.

Als es dunkel war geworden,
Sieben nun vom Zwergen-Orden
Still zu einem Ruhepäuschen
Traten in das Zwergenhäuschen.
O den gnädigsten Geschicken!
Wie Schneewittchen sie erblicken,
Wie sie sehn die vierzehn Jahre,
Volle rabenschwarze Haare,
Weiß der Leib dem lieben Kindchen
Und so rosenrot das Mündchen!
O das Haupthaar schön, das lange,
Schwärzlich, Schlange über Schlange,
Ach die Haare rabenschwarze.
O Geschick, o Huld der Parze!
Auch am wunderschönen Kindchen
Nicht nur scharlachrot das Mündchen,
Rot wie purpurrote Seide
War der Jungfrau Augenweide,
Lichter als der Blitz von Engeln
War der Lichtglanz vor den Bengeln.
Und die Zwerge, alle sieben,
Liebevoll Schneewittchen lieben,
Weil so klein der Bräutigam,
Nicht verletzte er die Scham.
Und trotz alle dem Gedräng
Bleibt Schneewittchens Leibchen eng.
Und da freuten sich die Sieben
An Schneewittchen, sie zu lieben,
Und an ihr sich zu beleiben,
Wollt sie auch bei ihnen bleiben:
Herzlich gerne bleib ich, gerne,
Sprach sie unterm Venussterne.

Eines Tages Frau Ulrike
Wieder in den Spiegel blicke:
Spieglein, Spieglein auf dem Boden,
Wer hat denn für Lied und Oden
In der Welt die schönste Seide,
Dass ein Mann sich daran weide?
Spiegel, künde die Geschicke!
Sprach der Spiegel: Frau Ulrike,
Altes Ziege, altes Flittchen,
In der ganzen Welt Schneewittchen
Ist die größte Augenweide,
Hat die allerfeinste Seide,
Königin der Venusberge
Lebt sie in dem Haus der Zwerge!

Königin Ulrike wusste
Jetzt, verloren die Verluste,
Dass der Jäger sie betrogen,
Alle Menschen sie belogen,
Und da sann der alte Drache
Frau Ulrike gar auf Rache.
Alte Marketenderinnen
Gehen so im grauen Linnen,
Wie Ulrike jetzo wandelt,
Hat im Geist schon schlecht gehandelt,
Wandelt über sieben Berge
Zu dem Haus der sieben Zwerge,
Zu Schneewittchens schwarzem Haare:
Mädchen, habe schöne Ware,
Die erfreut die Mädchenherzen,
Schau, die längste aller Kerzen!
Sprach das Kind Schneewittchen aber:
Habe keinen Kandelaber,
Was denn soll ich mit der Kerze?
Hexe, sprichst du wohl nur Scherze?
Sprach die Königin Ulrike,
Alter Drache, dumme Zicke,
Wild auf alte Ziegenböcke:
Mädchen, hebe deine Röcke,
Nimm zur Hand die dicke Kerze!
Sprach Schneewittchen, dass das schmerze.
Sprach die Hexe Frau Ulrike,
Dass sich solch ein Schmerz nicht schicke,
Sondern dass sie soll genießen
Dieses Kerzenwachses Fließen,
Und Ulrike hat’s getan,
Legte sanft die Kerze an
An der Seide von Schneewittchen.
Künste kannte ja das Flittchen,
Doch das lieben nur die Huren,
Nicht so machen es die Puren.
Doch Schneewittchen ist vom Wallen
Rasch zu Tode umgefallen!
Sprach die Königin Ulrike
Mit dem bitterbösen Blicke:
Ha, Schneewittchen, jetzt aufs längste
Bist gewesen du die Engste!

Doch die Zwerge kamen wieder,
Ließen sich am Tische nieder,
Sich am Käsebrot erlabend
Und am Apfelsaft am Abend,
Sahen das Schneewittchen liegen,
Alle ganz betroffen schwiegen,
Sahen aus dem Leibchen ragen
Eine Kerze, nichts zu sagen,
Sie mit heftigem Getreibe
Zogen sie aus ihrem Leibe,
Wo sie steckte ganz inwendig,
Und Schneewittchen ward lebendig.

Aber Königin Ulrike
Wieder in den Spiegel blicke,
Selbstverliebte, ohne Zweifel,
Hinterm Spiegel saß der Teufel,
Wie erschrak da ihre Seele,
Als sie sah sich voller Fehle.
Spieglein, Spieglein auf dem Boden,
Wer hat denn für Lied und Oden
Doch die allerfeinste Seide,
Dass der Mann sich daran weide?
Sprach der Spiegel: Frau Ulrike,
Ihr seid eine alte Zicke,
Doch Schneewittchen über Bergen
Bei den lieben sieben Zwergen
Hat, bezeugen meine Worte,
Doch die allerschönste Pforte!
Wenn Schneewittchen hätt geboren,
Wäre ja ihr Kind verloren,
Weil bei der Geburt Gedränge
Ihre Mutter wär zu enge!

Da Ulrike dieses hörte,
Sie voll Zornwut sich empörte:
Das Schneewittchen möge sterben,
Soll nicht meinen Reichtum erben!
Und sie ging in ihre Kammer,
So steht’s auch im Hexenhammer,
Wo sie nach den Hexenschriften
Machte Kügelchen von Giften.
Alte Marketenderinnen
Gehen so im grauen Linnen,
Wie Ulrike über Berge
Ging zum Haus der sieben Zwerge.
Sprach Ulrike zu Schneewittchen,
Zu dem Engel sprach das Flittchen:
Mädchen, nicht so dümmlich schaue,
Steck die Kugel in die Aue,
Dieses Kügelchen wie Sonnen
Wird in deinem Leib zerronnen
Dich glückselig wohl beglücken
Und wollüstig dich verzücken.
Und Schneewittchen, diese Närrin,
Hörte auf des Teufels Herrin,
Tat die Kugel in die Falte,
Wie gesagt zu ihr die Alte.
Da zerplatzten alle Gifte,
Faule Eier, Schwefeldüfte,
Und gestorben ist Schneewittchen
Und zufrieden war das Flittchen,
Königin Ulrike lachte:
Schwarz wie Ebenholz der Nachte
War das Haar doch dieses Weibchens,
Weißer war der Schnee des Leibchens,
Rot wie eine rote Rose
War am Leib die Makellose,
An der Mutter unverdorben,
Ha, nun ist sie doch gestorben!

Abends nun die sieben Zwerge
In dem Schutze hoher Berge
Sahn Schneewittchen tot da liegen,
Voller Ehrfurcht alle schwiegen,
Zwar gemäß den Zwergen-Schriften
Suchten sie nach Todesgiften,
Aber fanden nichts, die Lieben,
Ist Schneewittchen tot geblieben,
Legten sie sie auf die Bahre,
Küssten ihre schwarzen Haare,
Hielten trauernd Totenwache,
Schweigend, ohne Menschensprache,
Weinten jammernd sieben Tage
Allen Jammer ihrer Klage,
Doch Schneewittchen noch so blühend,
Weiße Wangen rosig glühend,
Weiß noch immer Hals und Nacken
Und so rund, so rund die Backen!
Einer, trauernder Gebärde,
Sprach: Nicht drunten in der Erde
Soll sie schlafen bei Verwesern,
Sondern in dem Sarge gläsern.
Und in einem Sarg von Glase
Sie die schlanke Lilienvase
Ihres lieben Leibes legten,
Und es schrieben die Erregten
Ihren Namen goldner Lettern,
Widerstehend allen Wettern.

Kam ein Königssohn geritten,
War noch nie zum Weib geschritten,
Sah im Sarge das Schneewittchen,
Lichte Jungfrau süß, kein Flittchen,
Las er ihren reinen Namen,
Mächtig liebte er die Damen,
Wollte er beim Weibe schlafen,
Mit dem Schiffe in dem Hafen.
Unerfahren solcher Sachen,
Sollen keine Weiber lachen,
Unbeholfen Ungeschickter
War Verzagter und Verzückter,
Aber da sie lag im Tode,
Ihre Wange rosenrote,
Kann er ruhig ja versuchen,
Gnädig sanft sie heimzusuchen.
Ruhig könne nun sein Mann
Suchen den geheimen Bann
Ihrer Venus. Der Erregte
Zu Schneewittchen still sich legte,
Zu dem Gott der Liebe betet
Und Schneewittchens Schulter knetet,
Schultern zärtlich zu massieren,
Den Verstand so zu verlieren,
Und mit heißen Schweißesperlen
Liebt er mit der Kraft von Kerlen,
Er an ihrem Leib zerronnen
Schwamm in Seligkeit und Wonnen
Und sie öffnete die Augen,
An dem Strahl des Lichts zu saugen
Und nach diesem tollen Trauen
In das Leben frisch zu schauen.
Gott, ach Gott, so sprach sie sinnig,
Gott, ach lieber Gott, wo bin ich?
Sprach der Prinz: Du bist die Meine,
Ich bin absolut der Deine,
Dir geweiht mein Schlangenrüssel,
Zu dem Schlüsselloch der Schlüssel,
Und der Schlüssel ist verloren
Und Schneewittchen neugeboren,
Nach des Teufels Neid und Schmerzen
Nun mit frischerquicktem Herzen.
Als er dieses Lied geleiert,
Hochzeitsfeier ward gefeiert!

Zu der frohen Freudenfeier
Kam Ulrike, schwarze Schleier
Trug sie traurig, schwarze Brille,
Voll des Neides Überfülle,
Weil der Spiegel dies gesprochen:
Frau Ulrike, ausgestochen
Von Schneewittchen ist Ulrike,
Ausgeschieden ist die Zicke,
Königin wart Ihr aufs längste,
Nur Schneewittchen ist die Engste!
Bleibt in der Geburt Gedränge
Allezeit die reizend Enge,
Vierzigjährig noch die Alte
Hat die allerfeinste Falte!
Ihr, Ulrike, müsst verlieren
Und Schneewittchen triumphieren,
Triumphieren noch und noch,
Jungfrau mit dem Schlüsselloch.
Sieh, als das vernahm Ulrike,
Ist die Große und die Dicke
Gelb vor Satans Neid gestorben,
In Verwesung bald verdorben.
Satan, nicht so neidisch starre!
Heil, Schneewittchens schwarze Haare!


MARIENKIND


(Fragment)

Einst in einem großen Walde
Lebte still ein Mann, der Alte
Hatte mit der lieben Gattin
Eine Tochter nur, die Göttin
War gerade sieben Jahre,
Lang und voll die schwarzen Haare.
Doch sie litten großen Hunger.
Hunger, vor der Tür nicht lunger!
Unserm Hunger, unserm großen,
Gott, gib Brot uns, gib uns Rosen!
Dieser Mann ging nun am Morgen,
In dem Herzen viele Sorgen,
Brot zu suchen durch die Felder,
Fleisch zu suchen durch die Wälder,
Und an eine Lichtung kame,
Sah er eine Schöne Dame,
Sie, die Königin der Feen,
Glorios im Licht zu sehen.
Zwar der arme Bauer glaubte,
Diese hohe Dame raubte
Sicher ihm den Mannesnamen,
Wie es gern tun reiche Damen,
Die mit ihren weißen Händen
Oft die Bauernarme schänden.
Darum sprach der Bauer traurig
Vor der Elfe wonneschaurig:
Gerne wollt ich Euch bedienen
Und mir meinen Lohn verdienen
Und an diesem schönen Morgen
Euch die Liebe schön besorgen,
Dass ihr mir dann, hohe Holde,
Meinen Dienst mir lohnt mit Golde,
Aber schaut nur an mir nieder,
Schlaff an mir sind alle Glieder,
Hängt der Mann mir doch, der schlappe,
Unbeschnittner Eichelkappe,
Wie Ihr immer tätet hauchen,
Ach ich wär nicht zu gebrauchen.
Doch da sprach die Schöne Dame:
Was ich will, ist nicht dein Name,
Denn ich hab im Feenhimmel
Doch das männlichste Gewimmel,
Die mir alle Wonnen gönnen,
Du wirst dir’s nicht träumen können,
Wie im süßen Feenhimmel
Liebe machte das Lichtgewimmel.
Nein, ich weiß, wie meine Armen
Hungern, dürsten nach Erbarmen.
Lächelnd sprach ihr rotes Mündchen:
Schenke mir dein liebes Kindchen
Heute am Oktobermorgen,
Ich will für dein Kindchen sorgen.
Im Gehorsam ging der Bauer,
Weggeblasen alle Trauer
Von der Elfe rotem Mündchen,
Ging und brachte ihr sein Kindchen,
Um der wunderschönen Feien
Sein geliebtes Kind zu weihen.
O das Kind, das Zuckerpüppchen,
Immer Honig auf das Lippchen
Strich dem Kind die Schöne Dame,
So als wäre gar ihr Name
Zucker-Königin geheißen,
Brüste voller Milch, die weißen.

Als geworden vierzehn Jahre
War das Kind, die schwarzen Haare
Waren sanft wie schwarze Seide
An der unbefleckten Maide.
Sprach die Fee, die Schöne Dame:
Mädchen, sei Marie dein Name,
Die du Jungfrau jetzt geworden,
Jungfrau in der Jungfraun Orden.
Deine Rosenlippen glühend,
Deine Rosenbacken blühend,
Schaust du deinen Leib im Spiegel,
Knete du der Schultern Hügel
Und liebkose all dein Leibchen
Mit der Zärtlichkeit von Weibchen,
Doch berühre nicht die Falte,
Sondern in der Reinheit walte.
In Gehorsam sprach das Mädchen,
Lebend in dem Elfenstädtchen,
Dass sie nicht berühr die Falte,
Sondern in der Reinheit walte
Mit den Fingern und den Händen
Und mit ihren süßen Lenden!
Als die Elfe fortgegangen,
Sah das Mädchen ihre Spangen
Golden glänzen in dem Spiegel
Und der Schultern feste Hügel
Und die Rosenpracht der Backen
Und den Schwanenhals und Nacken,
Wieder dann die Marmorbälle
Und des Busens hohe Welle
Und die Spitzen von Rosinen,
Die wie Jadeknospen schienen.
Da zu Amor sie gebetet,
Sie die Schultern zärtlich knetet,
Ihre Schultern sie massierte,
Weil es doch so sehr pressierte,
Und das Schleierhaar, das schwarze,
Fiel auf die Rosinenwarze,
Die Rosinenwarze spitzte
Sich, als ob sie Milch schon spritzte.
Dann mit heißem Atemhauche
Mit den Händen auf dem Bauche
Sie liebkoste auch den Bauch,
Abel hing an Eva auch,
Abel, dieser Knaben-Engel,
Und sie schaute ihre Schenkel,
Diese weißen Marmorsäulen,
Täubchen ähnlicher als Eulen,
Und das tat sie so bewegen,
Tat sie zart den Finger legen
An die makellose Falte,
Dass sie in der Keuschheit walte,
Und mit aller Ars Amoris
Sie liebkoste ihre Doris,
Mit den kleinen Fingerstummeln
An der Mutter rumzufummeln.
Wie auch immer spotten Witzler,
Wie sie kitzelten die Kitzler,
Als der Finger spielte drinnen,
Kitzlerin der Kitzlerinnen,
Und da ist es ihr gekommen.
Oft schon in dem Traum verschwommen
Hatte Liebe sich ergossen,
Sie die süße Lust genossen,
Doch sie kannte solche Sachen
Doch bisher noch nicht im Wachen.
Diese Kitzelein zu spüren,
Schien den Hals ihr zuzuschnüren,
Warf sie tot sich auf das Bette!
O, der Liebe Allmacht, rette!

Die Gewohnheit ist geblieben,
Sünde, sich nicht selbst zu lieben!
Was genannt wird Eigenliebe,
Dieses starke Weltgetriebe,
Hat getan Marie unsäglich
Morgens, abends und alltäglich
Und so ist der Tau geflossen
Von der Finger Liliensprossen
Und so fühlte sie ein Bangen
Wie von Zungen schlimmer Schlangen
Und so tat das Herz ihr pochen
In den liebeheißen Knochen
Und wollt ja nicht ruhig werden
In dem Treiben dieser Erden.
Doch bemerkte auch die Elfe,
Dass das Mädchen selbst sich helfe,
Sah sie doch die nassen Röschen
Liebesperlen auf dem Höschen,
Zürnte sie: Ihr jungen Dinger,
Ach ihr seid so schlimme Finger!
Ach ihr seid so schlimme Lümmel,
Sünder in dem Weltgewimmel,
Rumzufummeln an der Falte
Wie es oft macht eine Alte.
Doch das Mädchen hat gelogen
Und die schöne Fee betrogen:
Nein, ich liebte mich nicht selber,
Wurde nicht von Ichsucht gelber,
Das Verbot des Katechismus
Ist genügend Exorzismus,
Meine Mutter selbst zu reizen,
Nur für sich die Beine spreizen,
Das ist eine schwere Sünde,
Wie ich fromm und keusch verkünde.
Doch die Hand die Elfe legte
Auf des Mädchens Brust, erregte
Fühlte sie das Herze pochen
Zwischen ihren Rippenknochen,
Wusste, dass das Kind gelogen,
Sie die schöne Fee betrogen,
Und die Elfe fragte wieder:
Liebst du deine eignen Glieder
Mit der Eigenliebe Künsten,
Schlimmen Egoismus-Brünsten?
Wieder log das junge Mädchen,
Allzu gern log doch das Käthchen,
Doch die Herrin mit dem Stocke
Fasste nach dem roten Rocke,
Hat den roten Rock gehoben,
Über ihren Leib geschoben,
Weißes Tuch mit rosa Röschen,
Perlen sah sie auf dem Höschen.
Wieder sprach die Schöne Dame:
Mädchen, sei du monogame,
Lass nur einzig deinen Gatten
In der Ehe dich begatten,
Treibst du Unzucht mit dir selber,
Wird die Haut dir immer gelber,
Wird die Haut dir immer dünner:
Eve, you are an evil sinner!
Doch da log das Mädchen wieder:
Lieb nicht meine eignen Glieder,
Tu nicht mit mir selber scherzen,
Hasse mich aus tiefstem Herzen,
Tu nicht nach mir selber schmachten,
Sondern tu mich selbst verachten!
Doch da sprach die strenge Herrin,
Elfen-Königin: Du Närrin,
Sünde treibst im Weltgewimmel,
Weiche aus dem Elfenhimmel!
Dich verbannen freche Spiele
Aus dem Eden zum Exile!


(Der Rest blieb ungeschrieben)