Von Josef Maria Mayer
DER BUDDHIST
Vorm Papste sagte der Buddhist, der stille:
Im Meditieren finden wir schon hier
Im Meditieren finden wir schon hier
Das Ingeborene, wenn unser Wille
Zum Leben uns erloschen ist und wir
Uns abgewandt von dieses Daseins Fülle,
Dann findest du den Buddha tief in dir,
Zur Buddha-Werdung bist du auserkoren,
Er ist der Geist, der in dir ingeboren.
Wir wollen in der Stille meditieren
Und uns versenken in der Einsamkeit.
Wir leben einsam unter wilden Tieren
Und wenden ab uns von dem Lauf der Zeit.
Versunken in dem tiefsten Kontemplieren,
Wir leben hier schon in der Ewigkeit
Und werden Licht vom reinen Geistes-Licht sein,
Wenn wir verloschen sind im leeren Nichtsein.
Wir suchen nicht der Welt und Menschen Ehre,
Wir suchen nur das ingeborne Bild,
Dazu begeben wir uns in die Leere,
Der Leere transzendentes Lichtgefild.
Wir folgen unsres Meisters weiser Lehre
Und werden mitleidvoll und werden mild
Und üben die Barmherzigkeit mit allen,
Die aus dem Nichts ins Dasein sind gefallen.
O wehe dem, der in der Welt geworden,
O wehe dem, der ward geboren und
Nun leidend lebt! Doch wir in Buddhas Orden
Sehn zwar das Weltrad und der Erde Rund,
Doch preisen glücklich den, der ist entworden
Und eingegangen in der Leere Mund.
Der Mensch der Welt ist von den Leiden trunken,
Glückselig der, der in das Nichts versunken!
Was aber finden wir in reiner Leere?
Den ingebornen Buddha, unsern Kern!
Ein Tropfen ist verloschen in dem Meere,
Ins All versunken ist der Abendstern.
Die Götter in des Paradieses Sphäre
Sind auch erlöst von Buddha, ihrem Herrn.
Nichts ist das All als reiner Geist, als Mana,
Bist du im Ungewordnen, im Nirwana.
Zwei Bäume stehen in dem Paradiese,
Zwei Bäume stehen in dem Reinen Land.
Ich preise beide Bäume, preise diese
Erblühten Bäume über den Verstand.
Sie stehen auf der Weisheit grünen Wiese
Und winken Buddha-Jüngern mit der Hand,
Daß diese Buddha-Jünger, diese weisen,
Die süßen Früchte beider Bäume speisen.
Der erste Baum, das ist der Baum der Leere,
Der Baum der Leere, der ist wurzellos,
Er ist befreit von aller Erdenschwere
Und wird im geisterfüllten Äther groß,
Er breitet seine Wipfel zu dem Meere
Des Allerbarmens in der Weisheit Schoß.
Und danach sollen wir uns stets bemühen,
Daß wir wie dieser Baum der Leere blühen.
Der Baum der Leere, der hat keine Blätter,
Hat keine Blüten und hat keine Frucht.
Doch Buddha, unser Meister, unser Retter,
Hat doch an diesem Baum die Frucht gesucht.
Von seinen Früchten speisen auch die Götter
Und lernen strenger Selbstbeherrschung Zucht.
Die wurzellosen Wurzeln streckt hinunter
Der Baum ins Nichts, des Ungewordnen Wunder.
Der andre Baum, der lehrt dich mitzuleiden
Mit allem Dasein, das geworden ist.
Die Blüten sind empfindsam, sanft und seiden,
Kein Mensch den Umfang seiner Krone misst.
Wir speisen seine süße Frucht bescheiden,
Und wer gespeist des Mitleids Frucht, vergisst
Sein Ich und leidet mit den Kreaturen
Und allen den gewordenen Naturen.
Was nützt euch Mönchen denn der Baum der Leere,
Wenn ihr vom Baum des Mitleids nicht gespeist?
Des Universalen Allerbarmens Lehre
Ist dieses grünen Lebensbaumes Geist.
Des Mitleids Krone in des Himmels Sphäre
Uns zur Barmherzigkeit die Wege weist.
Übt Mitleid, Mönche mit geschornen Köpfen,
Übt Allbarmherzigkeit mit den Geschöpfen!
Die Grüne Tara bitten wir um Frieden
Und murmeln allezeit die Perlenschnur
Der Namen unsrer Göttin, dass hienieden
Die Wesen aller hier und die Natur
Erlangen Frieden, von dem Geist beschieden,
Den kann erlangen eine Seele nur
In diesem eitlen irdischen Verderben,
Wenn sie bereit, der Ichsucht abzusterben.
Wir rufen unsre Mutter an, die große,
Und rufen alle ihre Namen an,
Daß sie uns berge in dem Mutterschoße,
Das kleine Kind, die Frau und auch den Mann.
Die große Mutter soll, die makellose,
Uns lösen von des Daseins bösem Bann
Und uns, durch der Barmherzigkeit Umfassen,
In dem Nirwana uns verlöschen lassen!
Die Mutter führe uns zum Paradiese,
Sie führe uns an ihrer Mutterhand
Zur himmlischen und zur smaragdnen Wiese,
Sie führe uns hinan zum Reinen Land,
Zur ewigen Natur des Buddha, diese
Im Himmel ruht in des Ur-Buddha Hand,
Dort ist die Schar von Heiligen, von Rettern,
Dort ist das Paradies erlösten Göttern.
Das Höchste aber, das sind noch nicht diese
Smaragdnen Wiesen in dem Reinen Land.
Das Höchste ist nicht die smaragdne Wiese
Und nicht die Wonne über den Verstand
Bei Himmelsjungfraun in dem Paradiese.
Die Mutter führe uns an ihrer Hand
Noch übers Paradies hinaus ins Licht-Sein
Der Leere, in des Ungewordnen Nichtsein!
O Grüne Tara, übe dein Erbarmen,
Barmherzig uns erlöse von dem Ich,
Umfange uns mit deinen Mutterarmen,
Die wir als deine Kinder ehren dich,
Mit deinem Mutterherzen, mit dem warmen,
Führ uns in das Nirwana ewiglich,
Daß dort verschmelzen unsre Existenzen
Mit Ungewordenheiten, Transzendenzen.
DER HINDUIST
Es sprach der Hinduist: Wir wollen bitten
Die große Göttin Lakschmi um das Glück.
Die süße Göttin in des Universums Mitten
Erfüllt das All mit ihrem Liebesblick.
Was sind der Menschen Tugenden und Sitten
Als von der großen Göttin Gunst ein Stück?
Der Göttin liebevolle Worte ziehen
Durchs ganze All in schönen Harmonieen.
Am Schöpfungstag die großen Götter standen
Hoch auf dem Weltenberg und hielten fest
Die Urweltschlange wie in festen Banden,
Kein Gott die Schlange aus den Händen lässt,
Die Götter vor sich weiß das Milchmeer fanden,
Das Milchmeer weiß, als wie vom Mond benässt,
Und mit der Schlange wirbelten die guten
Und großen Götter auf des Milchmeers Fluten.
Und aus des aufgeschäumten Milchmeers Wogen
Die schöne Göttin stieg aus weißem Schaum,
Wie Seidenraupen fein der Brauen Bogen,
Der Körper schlank wie ein Zypressenbaum,
Der Mund wie eine rote Schnur gezogen,
Die volle Brust wie eines Mannes Traum.
Die Götter alle in Gedanken küssten
Dies Wunderwerk von weißen Marmorbrüsten.
Die Göttin Lakschmi sitzt auf einer Blume,
Sie sitzt auf einem Lotos überm Teich.
Die Göttin lebt in ihrem Heiligtume
Der heiligen Natur, ihr Himmelreich
Ist die Natur, und voll von ihrem Ruhme
Ist die Natur, die einer Mutter gleich,
Und Lakschmi ist die Mutter aller Inder,
Ja, alle Menschen sind der Göttin Kinder.
Zu ihrer Seite stehn zwei Elefanten,
Die Göttin duscht in ihrem Wasserstrahl,
Den diese Riesen aus den Rüsseln sandten.
Die Göttin hebt die Hände auf einmal,
Sie segnet alle, die den Frieden fanden,
Den Frieden in der Erde Jammertal,
Weil sie sich in der Muttergöttin Gnaden
Als wie in lauter Harmonieen baden.
Wir Hinduisten wollen Götter lieben
Und lieben in der Statue den Gott.
Von Gold und Silber ist der Gott getrieben,
Ist modelliert von körnigem Schamott.
Ist euch die Bilderliebe fremd geblieben,
Was spottet ihr mit Unverstand und Spott?
Wir ehren unsern Gott so lieb und milde
Und schaun ihn gerne an in seinem Bilde.
Gott Krishna ehren wir als fromme Inder,
Gott Krishna ehren wir als kleines Kind.
Wir sind der Welt der Sünden Überwinder,
Wenn wir die frommen Gottverehrer sind.
Gott ist die Liebe, wir sind Gottes Kinder,
Gott ist der Geist und wir sind Gottes Wind.
Und die Erlösung, Indiens Bekenntnis,
Ist, dass wir eins mit Gott in der Erkenntnis.
Wie aber kann man einen Gott denn lieben?
So wie der Vater liebt den kleinen Sohn!
Gott Krishnas Bild, von reinem Gold getrieben,
Gott Krishnas Bild, geformt von weißem Ton,
Ist allezeit in unserm Haus geblieben,
Der unsrer Liebe einst verheißt den Lohn,
Daß wir nach diesem Jammertal der Erden
Geboren nicht mehr auf der Erde werden.
So kleiden wir die Puppe dieses Kindes,
Wir kleiden unsern kleinen Krishna-Gott.
Dann mit der Feuersglut des Sommerwindes
Umarmen wir die Gottheit im Schamott.
Gott ist ein Kind, ein liebevolles, lindes,
Und trotz der harten Männer kaltem Spott
Wir lieben mit der reinsten Vaterliebe
Den Gott als Kind, den Gott der Lebenstriebe.
Wir tragen unsre Puppe auf den Armen
Und ehren Gott in seinem Götzenbild,
Umarmen mit dem herzlichsten Erbarmen
Das Krishna-Kind so väterlich und mild,
Den kalten Ton mit Liebe zu erwarmen,
Und sind zur Gottesliebe so gewillt
Wie junge Väter zu den kleinen Söhnen.
Gott Krishna ist das Urbild alles Schönen.
Gott ist der Geist und wir sind seine Geister,
Der Gläubige ist mit der Gottheit eins.
Eins ist der Schüler mit dem Herrn und Meister,
Eins in der Liebe trunkenen Vereins.
Der Gott des Lebens, Geist und Atem heißt er,
Er hebt von uns den Schleier schönen Scheins,
Und wir in der Erkenntnis klaren Reinheit
Erkennen mit dem Geist, dem Gott, die Einheit.
Doch stärker als das Einssein ist die Liebe,
Ist die erotische Zwei-Einigkeit.
Wir lieben mit dem tiefsten Liebestriebe
Die Gottheit in dem Reich der Ewigkeit.
Und wenn ich die Erotik euch beschriebe
Von Gott und Seele und das Liebesleid
Der Sehnsucht nach dem liebevollen Gotte,
Ihr spottet mein mit Unverstandes Spotte.
Die Seele, welche fern von der Gemeinheit,
Den Gott mit reiner Gottesliebe liebt,
Die will noch gar nicht zur vollkommnen Einheit,
Was ihr für Sünden auch auf Erden triebt,
Erkennt die Gottheit in vollkommner Reinheit,
Ob ihr dann in dem reinen Einssein bliebt,
So seid ihr doch noch nicht am schönsten Ziele,
Da Gott und Seele spielen Liebesspiele.
O Seele, spare die vollkommne Einheit,
In göttlicher Erotik sei gespannt!
Gott Geist und Menschen-Geist in frommer Reinheit
In Liebe spielen in der Liebe Land.
Die Seele, fern von irdischer Gemeinheit,
Liebt über ihren menschlichen Verstand
Den Gott der Liebe, sie ist seine Shakti,
Gott ist die Liebe und der Mensch ist Bakthi.
Wenn so der Gott und so die Seele lieben
Sich in erotischer Zwei-Einigkeit,
Der Mensch wird dann mit allen Lebenstrieben
Vereinigt mit dem Gott der Ewigkeit,
Ist nicht mehr in dem Jammertal geblieben,
Ist Gott vereinigt in der Heiligkeit,
Wird nicht mehr von der Erdenwelt gepeinigt,
Die Seele ist mit ihrem Gott vereinigt!
DER MOSLEM
Der Moslem sprach: Sei Fatima gegrüßet!
Denn in den Himmel reiste Mohammed,
Er hat den alten Götzendienst gebüßet
Und nun im Paradiese Gottes steht,
Die Feige ihm das Paradies versüßet,
Die Feige ein zu seinem Mund geht
Und wird in seiner Lende Mannessamen,
So ging er ein zur Liebsten seiner Damen.
Und Mohammeds Gemahlin hat geboren
Die allerschönste Jungfrau Fatima.
Und Mohammed in ihre Muschelohren
Geflüstert hat: Am Tag, da ich dich sah,
Hielt ich für eine Jungfrau dich, erkoren
Von Gott, des Paradieses Jungfrau, nah
War mir in Fatima die schönste Huri,
Die schöner als Suleika und Siduri.
Die Jungfrau Fatima im Himmelreiche,
Sie reitet auf dem schaukelnden Kamel,
Die Wimpern des Kamels sind ohnegleiche,
Das Tier geführt vom Engel Gabriel
Trägt Fatima, die honiggoldne, weiche,
Zur Seite ihr der Engel Michael,
Die Engel alle Fatima bedienen,
Ihr roter Mund gleicht purpurnen Rubinen.
Der Engel Gabriel ruft: Seid nun stille,
Ihr Himmelsbürger in dem Paradies,
Denn jetzt kommt Fatima, und Gottes Wille
Ist, dass ihr stille seid, und überdies
Verehrt der schönsten Paradiesfrau Fülle,
Daß jeder Moslem Fatima genieß,
Ja, Fatima im Leib von Honiggolde,
Des Paradieses Jungfrau sie, die Holde!
O, Fatima ist voller Licht und Schimmer,
Sie ist verherrlicht von Allah, dem Herrn!
In ihres himmlischen Palastes Zimmer
Wie der Rubin erstrahlt der Morgenstern.
Das Allerbarmen Gottes waltet immer,
Die Gottheit ist dem Paradies nicht fern,
Da Fatima erstrahlt wie ein Karfunkel,
Ein Diamant, erleuchtend alles Dunkel
Wir werden alle einst von Gott gerichtet
Vorm Richtstuhl göttlicher Gerechtigkeit.
Die Übeltäter werden dann vernichtet
Und leiden Qualen alle Ewigkeit.
Wer aber auf die Lust der Welt verzichtet,
Vertraut der göttlichen Barmherzigkeit,
Der lebt im Himmel auf smaragdner Wiese
Im Garten Eden, in dem Paradiese.
Gerichtet werden wir nach unsern Werken,
Die Werke seien böse oder gut.
Allah wird die gerechten Moslems stärken
Und wird sie laden ein zum Höchsten Gut.
Im Paradiese, das sollt ihr euch merken,
Fließt unterm frischen Grün kristallne Flut
Und hohe Palmen sanft sich zu euch neigen
Und schütten euch in euren Schoß die Feigen.
Ihr werdet Gott im Paradies nicht sehen,
Doch Jungfraun seht ihr in dem Paradies.
Die Jungfraun sich im Schleiertanze drehen,
Sie alle honiggold und honigsüß,
Die langen schwarzen Haare flattern, wehen.
O Moslem, deinen Harem dort genieß,
Du kannst Allahs Barmherzigkeit vertrauen,
Er schenkt dir zweiundsiebzig Haremsfrauen!
Du wirst in hoher Dattelpalmen Schatten
Dich mit den Jungfraun dort in deinem Zelt
Vereinigen, die Jungfraun dort begatten,
Die Jungfernhaut wird stets neu hergestellt,
Und nie erlahmen dort der Moslems Latten,
Die Huris, schöner als die Fraun der Welt –
Ich kenne jeder Haura, jede Huri,
Suleika und Sulima und Siduri.
Der Duft von Einer ihrer Lockenspitzen
Erfüllt die Welt mit einem Liebestraum,
Du wirst mit ihr auf grünem Sopha sitzen,
Sie ist so schön wie Sohre aus dem Schaum,
Du saugst an ihrer großen Brüste Spitzen
Und merkst vor Lust dass du gestorben kaum
Und wirst die Huris in den Paradiesen
Von Ewigkeit zu Ewigkeit genießen.
Jetzt aber will ich meinen Liebling preisen,
Sein Name, der beginnt mit einem A,
Und ich bekenne wie die andern Weisen,
Sein Name endet mit der Letter H.
Ich ewig will um meinen Liebling kreisen,
Ich sage allzeit zu dem Liebling Ja
Und nenne ihn mit andern Menschensöhnen,
Den Liebling nenn ich Schönsten aller Schönen.
Ich will ihm meine ganze Liebe schenken,
Im Tempel, in dem Dom, in der Moschee,
Ja, in dem Wirtshaus und in dunklen Schenken,
Ich überall im Geist den Liebling seh,
Und sehe ich den Knaben, meinen Schenken,
Wenn ich mich vom verbotnen Weine dreh,
Will ich betrunken von dem Geiste meinen,
Es kommt der Liebling selbst, mir zu erscheinen.
Ich such den Liebling in Ägyptens Wüste,
Ich such den Liebling auch in Hindostan,
Ich, der ich den verbotnen Rotwein büßte,
Ich such den Liebling in Afghanistan,
Ich such ihn an des Roten Meeres Küste,
Am Himalaya und in Pakistan.
Wo lebt der Liebling, wo, in welchen Zelten?
Ja, ist er überhaupt in diesen Welten?
Ich such den Liebling auf smaragdner Wiese,
Bei Paradieses Jungfraun in dem Zelt,
Bei Knaben such ich ihn im Paradiese,
Ich such den Liebling in der Sternenwelt,
Ich such ihn in den Universen, diese,
Die alle er in seinen Händen hält.
Wo aber kann ich meinen Liebling finden,
Mich ewig mit dem Liebling zu verbinden?
Ich glaub, mein Liebling ist jetzt bei den Toten,
Er ist der Lebende im Totenreich.
Bei meinem Liebling sind die Engelsboten,
Die Engel sind den Himmelsjungfraun gleich.
Ich such ihn in dem Wein, dem scharlachroten,
Ich such ihn in den süßen Feigen weich.
Der Liebling ist aus dieser Welt verschwunden,
Ich hab ihn erst in meinem Tod gefunden.
DER JUDE
Der Jude sprach: Prinzessin Schabbath komme,
Mein Freund, Prinzessin Schabbath kommt zu dir.
Ganz still erwartet sie der Gläubig-Fromme,
Sie ist des Freitagabends lichte Zier.
Am Freitagabend essen wir die pomme
De paradis und trinken Rotwein hier
Und warten an dem stillen Freitag Abend
Auf die Prinzessin, die so schön erlabend.
Der fromme Jude ist des Gottes Sklave,
Der fromme Israel ist Gottes Kind.
Wir grüßen die Prinzessin Schabbath: Ave!
Weil wir die kleinen Kinder Gottes sind.
Prinzessin Schabbath spricht vom Namen Jahwe,
Ihm opfern wir nicht Ziege, Schaf und Rind,
Ihm opfern wir von Herzen Dankgebete
In stille Synagogen unsrer Städte.
Der Jude ist erfüllt von tiefer Trauer,
Zerknirschte Herzen sind dem Herrn genehm.
O wo ist Millo hin, wo Zions Mauer?
In Trümmern liegt die Stadt Jerusalem.
Wir beten unter heißer Tränen Schauer,
Daß der Messias kommt aus Bethlehem,
Von Tamar stammt er, von der Wurzel Jesse.
Wir aber feiern keine schwarze Messe!
Wir warten im Gebet der Synagogen
Auf den Messias, auf den Menschensohn.
Gott ist die Liebe über Meereswogen,
Auf Schaum des Meeres steht sein weißer Thron.
Die ganze Erde haben wir durchzogen
Und waren in der Christenmenschen Fron
Und bauten auf Bazaren unsre Buden,
Auf den Messias warteten die Juden.
Prinzessin Schabbath wartet auf den Gatten,
Die Braut erwartet ihren Bräutigam.
Wir aber leben unter Todesschatten,
An unsern Pforten ist das Blut vom Lamm.
Als wir in dem Exile Hoffnung hatten,
War unsre Hoffnung treu und monogam,
Da Israel mit allen seinen Seelen
Will sich der Gottheit Elohim vermählen.
Wir hören Jahwe in dem Hohenliede
Von Liebe singen seiner Schechinah.
Komm, komm in meine Kammer, dort ist Friede,
Dort bin ich dir als Freund in Liebe nah.
Wir weiden unter Lilien in dem Süde
Und sagen Ja und immer wieder Ja
Und werden allerbesten Wein genießen
Und uns mit purpurroten Lippen küssen.
Du, Schechinah, bist eine rote Rose,
Bist eine weiße Lilie in dem Tal.
Du bist die Faltenlose, Fleckenlose,
Ich bin dein Bruder und bin dein Gemahl.
Ich trinke roten Wein aus deinem Schoße,
Ich führe dich in meinen Hochzeitssaal,
Ich führ dich zu dem Schaumwein in die Schenke,
Wo ich mich tief in deinen Schoß versenke.
O Schechinah, o deine vollen Brüste
Sind pralle Trauben an dem Rebenzweig,
Wir betten uns an süßer Wonnen Küste
Und tanzen durch das Liebeshimmelreich.
Ich, der ich deine vollen Brüste küsste,
Ich pflücke mir die Feige süß und weich.
Wir wollen von der Liebe mystisch schweigen,
Dein Schoß ist süßer als die süßen Feigen.
Du bist so hoch und schlank wie eine Palme,
Du schüttelst mir die Feige in den Schoß.
Wir pflücken grüner Auen Gräserhalme
Und liegen unter Hennasträuchern bloß.
Wie Lämmer weiden wir auf unsrer Alme
Und unsre Liebe ist getreu und groß.
Ich schau in deine blauen Lotos-Augen,
Aus deinen Brüsten Honigmilch zu saugen.
Wie Zwillingskitze hüpfender Gazellen
Sind deine Brüste, wie der Rosenstock
Sind deine Lippen rot, die Lippen schwellen,
Ich bin der springende Gazellenbock
Und dränge mich an deiner Brüste Wellen
Und hebe dir hinan den langen Rock,
Ich will die hohe Palme mit den Feigen
Als brünstiger Gazellenbock besteigen.
Die Bibel redet menschlich von dem Gotte,
Da hebt der Vater seinen rechten Arm,
Trägt einen langen Bart, trotz allem Spotte,
Da ist sein Herz von Leidenschaften warm,
Sein Zorn verzehrt die Schönheit wie die Motte,
Sein Schoß ist voll Erbarmen, und sein Charme
Ist schön, sein Angesicht ist voller Gnade,
Im Blut der Feinde badet er die Wade.
Da hören protestieren wir die Zofen:
Ist denn die Gottheit etwa wie ein Mann?
Ist denn die Gottheit etwa wie ein Mann?
Wir aber preisen selbst im Feuerofen
Und beten todgeweiht noch Jahwe an.
Doch lernen wir auch von den Philosophen,
Wie Rabbi Moyses über Jahwe sann,
Daß Gott ist Erstursache, Ersterreger,
Ist aller der Bewegung Erstbeweger.
Wie Rabbi Moyses unsern Schöpfer preiste,
Wir machen uns vom Herrn kein Gottesbild,
Wir preisen ihn als großen Gott im Geiste,
Den Transzendenten in dem Lichtgefild.
Nur menschliches Gerede ist das meiste,
Daß Gott ist wie ein alter Vater mild,
So ist der Gott für Menschen nur erkennlich,
Gott ist nicht weiblich und Gott ist nicht männlich.
Gott ist die Erstursache aller Welten
Und ist ein Gotteswesen ganz aus Geist.
Gott zeltet nicht in goldnen Sternenzelten,
Und Gott nicht darum lieber Vater heißt,
Weil vor dem Herrn die Frauen wenig gelten,
Nein, Israel den Gott als Vater preist,
Weil Gott ist Liebe zu den Menschensöhnen
Und ist die Erstursache alles Schönen.
Wie schlanke Lilien in kristallnen Vasen
So ist die Gottheit in dem innern Herz.
Allein mit unsern liebenden Ekstasen
Und nicht mit unserm Denken himmelwärts
Erkennen wir des Gottes Hypostasen
Und schrein zu Gott in unserm Todesschmerz
Und über alles Gottes Weisheit preisen,
Ihn preisen wir, den Einen, den Allweisen.
DER CHRIST
Da betete der Katholik hienieden:
Maria, Mutter, Friedenskönigin,
Erbitte du der Menschheit doch den Frieden!
Mein Leben Christus ist, mein Tod Gewinn,
Wenn Jesu Friede mir und Gnad beschieden.
Maria, fleh zum ewigen Ich-bin,
Daß er die Welt und ganze Menschheit rette
Und führ zu Gott und seinem Hochzeitsbette!
Maria, wenn wir Gott dem Herrn vertrauen
Und alle uns vertrauen an dem Kreuz,
Dann kommt durch dich, die Schönste aller Frauen,
Die Gnade Gottes, Gottes Charme und Reiz,
Und überwunden wird des Krieges Grauen
Und aller kalten Herzen Liebesgeiz,
Wenn wir mit Gottes Liebe uns versöhnen.
O Jungfrau, höre unser Flehn und Stöhnen!
Dann wollen Frieden wir im Herzen haben
Und nicht mehr führen auf der Erde Streit.
Nicht mehr zum Kriege üben dann die Knaben,
Der Stolz entflieht und die Hartherzigkeit.
Die milde Demut wird uns dann erlaben,
Der treue Glaube noch im tiefsten Leid.
Den Himmel schmecken wir dann schon hienieden
In stiller Freude und im Seelenfrieden.
Dann werden alle Menschensöhne Brüder
Und alle Frauen unsre Schwestern sein.
Wir singen dann dem Vater Liebeslieder
Und treten in des Lehrers Schule ein.
Wir sind am Leib des einen Meisters Glieder
Und haben Anteil auch an seiner Pein
Und nach des Schicksals Wendung oder Drehung
Auch Anteil an der heitern Auferstehung.
Dann sind Geschwister uns der Mond, die Sonne,
Ein Bruder ist der Bruder Esel Leib,
Die schwarze Mutter Erde unsre Wonne,
Die Todin lieben wir als schönes Weib.
Wir trinken aus der Gnade Gnadenbronne,
Daß uns die Gnade in den Himmel treib.
Wenn uns die Gnade nicht gen Himmel triebe,
Wir hätten Anteil nicht an Gottes Liebe.
Der Jesusknabe, Herrscher der Geschichte,
Steht triumphierend auf dem Chariot,
Im Winde weht sein Lockenhaar, das dichte,
Der blonde Knabe ist der schöne Gott.
Ich sah in seinem seligen Gesichte
Zwei Sphinxe, Frauenleiber von Schamott,
Die zogen seinen Wagen – gratia plena –
Links Sulamith und rechts Sankt Magdalena.
Zwölf Jahre alt war grad der Jesusknabe,
Als er die Schriftgelehrten klug befragt.
Und so ich meinen Gott gesehen habe,
Den blonden Sohn der schönen Göttermagd.
Sein Wort war allen Weisen süße Labe,
Die reine Weisheit wars, was er gesagt,
Der schöne Gott aus höchsten Sphärenkreisen
Beschämte alle alten, stolzen Weisen.
Der Jesusknabe saß auf meinem Schoße
Und drückte fest sich an mein volles Herz.
Im Garten blühte schön die rote Rose,
Die Lerche sang die Hymne himmelwärts.
Leis lächelnd sah uns zu die Makellose,
Der Jesusknabe mir gestand den Schmerz
Und ich gestand ihm, wie an Liebesleiden
Der Sehnsucht muß sich meine Seele weiden.
Und als der Jesusknabe war gegangen,
Hab ausgeschüttet ich die Tränenflut
Der Wehmut: Ach, ich hatte ihn umfangen,
Ich drückte an mein Herz das Höchste Gut!
Madonnas lange schwarze Lockenschlangen
Noch steigerten der Liebe Sehnsuchtsglut!
Madonna ist die Schönste aller Schönen
Und Jesulein der Gott von allen Söhnen!
Ich sah in Prag dereinst, der Stadt der Kaiser,
Das Prager Jesulein mit Gold gekrönt.
Kein Weiser ist als dieser Knabe weiser,
Der Gottessohn, vom Vatergott verschönt.
Ich habe immer stiller, immer leiser
Nach meinem kleinen Knabengott gestöhnt,
Daß er die Menschheit rette und nicht richte,
Mein Jesulein, der Kaiser der Geschichte!
Wir Katholiken sind ja nur Verliebte
Und Gottesliebe ist uns unsre Lust.
Sind wir nun fröhlich oder Tiefbetrübte,
Doch hängen wir an unsres Vaters Brust.
Gott öffnet schon die Siegel, schon das siebte,
Da sind wir wie die Träumer unbewusst,
Und mit dem großen Weibe in der Sonne
Zur Rechten Gottes preisen wir die Wonne!
O Gottesliebe, du bist eine Wahrheit
Und eine höchste Schönheit bist du auch!
O Liebe du in deiner lichten Klarheit,
Gebete steigen auf zu dir wie Rauch.
Du Liebe in Messias’ Offenbarheit,
Wir sind nur Schatten, ach, wir sind nur Hauch,
Wir schwinden in den Tod mit Todestrauer,
Du aber dauerst aus in ewger Dauer.
Ja, unser Gott hat uns hinan gerufen
Und hat uns seine Liebe offenbart.
Wir stehen, Majestät, vor deinen Stufen,
Vorm lichten Glanze deiner Gegenwart.
Die sieben Elohim, die alles schufen,
Sind alle um den weißen Thron geschart.
Wir alle kommen, Kinder, Exegeten
Und Frauen, um die Liebe anzubeten.
Wir singen dir ein Lied, o Gottesliebe,
Ein neues Lied der Mutter Caritas!
Zu dir wir streben mit dem Lebenstriebe,
Zu schauen dich in deiner Claritas!
Zu uns gekommen bist du gleich dem Diebe,
Hast uns geoffenbart die Veritas,
Die Gottheit alles Schönen, alles Guten,
Die große Liebeslust des Absoluten!
Um deinen Thron versammelt Engelsboten
Und Heilige in ihrer Heiligkeit,
Wir, die du speistest mit den Himmelsbroten,
Wir danken dir der Seele Seligkeit.
O, Gottes Liebe lebt auch bei den Toten,
Die Caritas in ihrer Ewigkeit
Erwartet uns im Jenseits, wo uns diese
Geliebte Gottheit liebt im Paradiese!