Herausgegeben von Dr. P.M. – Herausgeber der

RÖMISCHE ELEGIEN



Von Josef Maria Mayer



ERSTER TEIL

ERSTE ELEGIE

Lass doch andere Männer sammeln silberne Gelder,
   Viele Hektar und gut furchend gepflügten Besitz,
Lass auch endlose Sorgen-Probleme sie haben mit Feinden
   Und des Krieges Gelärm blasend verscheuchen den Schlaf -
Ich mit meinen bescheidenen Mitteln leb lieber ruhig,
   Wenn nur brennt mein Kamin endlos mit weißlicher Glut.
Wenn ich glücklich sein könnte, mit nur wenig zu leben,
   Und nicht immer erneut süchtig nach Reiselust wär.
Aber ich neide die steigende Hundstagshitze des Juli
   In dem Schatten des Baums an meinem fließenden Strom.
Schäme dich auch nicht der lockernden Hacke zu Zeiten
   Oder tadle den Ochs, welcher zur Arbeit zu faul.
Oder das Mutterschaf trägt ein Lamm nach Hause zur Hürde
   Oder ein junges Kind wird von der Mutter verschmäht!
Lass mich pflanzen die zarten Reben zum richtigen Zeitpunkt,
   Ländliches Leben erschaff ich mit den Händen geschickt.
Lass nicht die Hoffnung scheitern, sondern gib Früchte in Menge,
   Und der reichliche Wein reich füllt die Bottiche an,
Seit ich verehre einen Stein in den frommen Bereichen
   Oder ein heiliges Bild wird an dem Kreuzweg bekränzt.
Was für Frucht mir doch bringt die neue fruchtbare Jahrszeit,
   Das bring ich als Geschenk dar auf dem Felde dem Gott.
Habe die goldne Demeter die Krone aus meinem Besitze,
   Die vor dem Tor aufgehängt wird zu dem heiligen Dom.
Und errötend Priapus steht im Garten als Wächter
   Und er terrorisiert Vöglein mit grausamem Pfahl.
Ihr auch, akzeptiert meine Gaben, Ahnen, ihr Wächter
  Eines verarmten Felds, das einst ein fruchtbares war.
Dann ein geschlachtetes Kalb gereinigt, unzählige Färsen,
   Jetzt ein Opfer das Lamm ist meines ärmlichen Lands.
Ja, ein Lamm wird euch gefallen! Die ländliche Jugend
   Schreit: Hurra! Und gib reichlich von Ernte und Wein!
Aber ihr Wölfe und Diebe, verschont meine winzige Herde,
   Nehmt die Plünderung euch doch von dem reicheren Mann.
Dies ists, was ich zu meinen Hirten sage, den treuen:
   Sät ins Ackerfeld aus, nährt auch das Lämmlein mit Milch.
Götter! Seid bitte mit mir, verachtet nicht meine Gaben,
  Die auf bescheidenem Tisch da stehn im tönernen Krug.
Diese Becher waren aus Steingut, gemacht von den Alten,
   In der goldenen Zeit einfach getöpfert aus Ton.
Nein, ich brauche nicht den Reichtum der geizigen Väter,
   Den die Ernte gebracht meinem hartherzigen Ahn.
Nur ein kleines Feld, genug, um in Ruhe zu schlafen,
   Ruhen zu lassen den Leib müde im lieblichen Bett.
Welche Wonne, die tobenden Winde zu hören, ich lieg dort,
   Halte mein Mädchen warm, dicht an der zärtlichen Brust.
Wenn ein winterlicher Nordwind bringt eisige Schauer,
  Ruhig zu schlafen dann, glüht im Kamine die Glut.
Lass dies meinen Schatz sein, lass ihn reich sein, den guten,
   Der das tobende Meer, traurigen Regen besteht.
O wie viel Gold und Smaragde musste ich lassen, verloren
   Wie die Tränen der Frau, die meine Reisen beweint.
Das ist richtig für dich, der Krieg in den Ländern, o Marcus,
   So dass dein Haus zeigt bald feindliche Beute genug.
Aber die Bande des Mädchens binden mich, halten gefangen,
   Wie ein Türsteher steh ich vorm verschlossenen Tor.
Nein, ich glaube nicht, dass sich um mein Lob kümmert Evi.
   Lass mich nur mit dir sein! Sei ich nicht müßig und faul!
Lass mich dich schauen, wenn meine letzte Stunde gekommen,
   Dass ich sterbend dich fass, letzte der Sünden vorm Tod.
Weinend legst du mich auf den Scheiterhaufen, o Evi,
   Und gewährst mir den Kuss, trauernd mit Tränen gemischt.
Du wirst weinen. Dein Geist ist nicht aus Stahl oder Eisen,
   Nicht ist ein harter Stein dein so empfindsames Herz.
Nicht ein Knabe, kein junges Mädchen wird kehren nach Hause
   Von der Beerdigung trockenen Auges den Tag.
Du hast gefesselt meinen Geist, o Evi! Verschone
   Deine Wangen so rot und dein wild flatterndes Haar.
Bis dahin, wenn’s das Schicksal erlaubt, lass Liebe uns machen!
   Bald kommt der Bruder Tod mit dem verschleierten Haupt,
Bald das Alter bestiehlt uns und Eros ist nicht mehr passend,
   Schmeichelei spreche ich nicht mehr, wenn dein Haar ist ergraut.
Jetzt ist Zeit für den heißen Eros! Es ist keine Schande,
   Aufzubrechen die Tür, Freude ist heftiger Kampf.
Hier bin ich ein allgemeiner tapferer Krieger,
   Kriegstrompeten, schweigt! Wundmale trägt die Armee,
Reichtümer gierige Männer. Ich bin still in dem Bette
   Und verachte ihr Geld und allen Hunger und Durst.


ZWEITE ELEGIE

Wein! Mehr Wein! Es sollen sich neue Schmerzen verringern
   Von der Traube, der Schlaf still das ermüdete Aug.
Niemand soll meinen Kopf berühren, betäuben mit Trank ihn,
   Während der elende Gott Eros betäubt liegt im Schlaf.
Eine wilde Wache hat aufgestellt die Geliebte,
   Die die harte Tür schnell mit dem Riegel verschloss.
Tür eines mürrischen Meisters, der Regen laut prasselt an dich,
   Ob die Blitze des Zeus einschlagen, finde heraus.
Diese Tür zu öffnen, durch meine Beschwerden erobert,
   Schallt kein Ton, tust du auf, drehst das verschlossne Scharnier.
Wenn meine Wahnsinns-Passion je schlecht von dir hat gesprochen,
   Dann verzeih mir! Ich fleh: Falle der Fluch mir aufs Haupt!
Daran solltest du dich erinnern, was ich gesagt hab,
   Bittend, als ich dir gebracht Blumengirlanden zum Ruhm.
Du hast, Evi, nicht zu betrügen die schüchterne Wache,
   Kühn sei! Charis selbst hilft ja dem mutigen Geist.
Sie begünstigt die Jugend, die probt die Schwelle, die neue,
   Oder die schöne Frau, öffnet sie willig die Tür.
Charis lehrt, wie man heimlich schleicht aus dem weichlichen Bette,
   Lehrt, wie man seinen Fuß still und unhörbar platziert.
Charis ordnet sprechende Gesten von der Präsenz eines Mannes,
   Birgt das schmeichelnde Wort in dem bescheidenen Wink.
Lehren sollst du mich nicht, lehr jene, welche nicht müßig,
  Die keine Bangnis hemmt, heimlich zu kommen zur Nacht.
Schau, wie ich ängstlich durch die Straßen wandre im Dunkel,
   Aphrodite sorgt für meine Sicherheit dann.
Niemand greift mich an, der könnte binden den Körper,
   Der mit dem Messer sticht oder nach Lösegeld fragt.
Wer ist von Eros besessen, der geht sicher und heilig,
   Wohin immer er will, fürchtet den Hinterhalt nicht.
Nichts tut mir die betäubende Kälte der Winternacht oder
   Strömender Regen, der duscht Massen von Wasser auf mich.
Diese Arbeit tut mir nicht leid, öffnet Evi die Tür nur,
   Ruft mich schweigend herein, schließt sie die Pforte mir auf.
Mann oder Frau, verbergt eure Augen, wenn wir euch begegnen,
   Ihren Diebstahl will Charis verbergen vor euch.
Nicht erschreckt uns mit Schritten und fragt nicht nach unseren Namen,
   Bringt auch nicht das Licht lodernder Fackeln uns nah.
Sah uns jemand, unvorbereitet, er soll es verbergen,
   Bei den Göttern, dass er, was er gesehen, vergisst.
Falls er sich aufspielt als Informant, findet er Charis
   Als die Tochter des Bluts, Tochter der wütenden See.
Nichts wird dein Mann erfahren, denn die prophetische Weisheit
   Sagt ihren Schutz mir zu kraftvoller magischer Kunst.
Ich hab ihre Sterne gesehen vom Himmel hernieder
   Strahlen, ihr Gesang stoppte den fließenden Fluss.
Ihre Zauber sind auf der Erde und Geister des Grabes
   Ruft sie und totes Gebein steigt von dem Holzstoß herauf.
Und sie fesselt die höllische Menge mit magischem Zischen,
   Mit dem Regnen von Milch ihnen befiehlt sie zu fliehn.
Wie sie will, vertreibt sie die Wolken vom düsteren Himmel,
   Wie sie will, ruft sie Schnee-Flocken im Sommer herab.
Sie sagt, sie sei im Besitz von Medeas tödlichen Kräutern,
   Sie hab den wilden Hund Hekates weise gezähmt.
Sie komponiert einen Zauber für mich, den Gatten zu täuschen:
   Sing ihn dreimal und dreimal den Speichel spuck aus.
Dann wird keiner fähig sein, etwas von uns zu erkennen,
   Selbst nicht dein Ehemann, säh er uns liegen im Bett.
Noch musst du fern sein. Er hat deinen Körper gesehen,
   Aber mich soll er nicht sehen bei dir in dem Bett!
Was denn? Glaub ich? Sicher sprach die prophetische Weisheit,
   Dass sie des Eros Bann magisch zu lösen vermag.
Sie will mich reinigen mit dem Feuer und Ruhe zur Nachtzeit,
   Und bringt ein Opferlamm dar für den Gott der Magie.
Nicht zu beten wusst ich, die Liebe solle verschwinden,
   Teilen will ich dich nicht, Liebste, mit deinem Gemahl.
Ohne dich zu sein? Als ob ich ohne dich sein könnt!
   Der Mann wäre aus Stahl, wenn er dich hätte, der dann
Dummerweise es vorgezogen, nach Mammon zu jagen,
   Soll er mit Kriegern doch stürmen Ziliziens Burg
Und errichten die Kriegszelte auf gefangenem Boden
   Oder sitzen zu Ross, staunen die Krieger ihn an,
Alles bedeckt mit Gold und alles mit Silber verkleidet,
   Wenn ich nur könnte das Joch schleppen, o Evi, mit dir,
Könnte ich füttern die Herden bei der üblichen Arbeit,
   Während ich deinen Leib halte im zärtlichen Arm,
Dann lass weichen Schlaf mein sein auf der Erde, der harten.
   Eine Sidonierin liegen zu haben im Bett,
Was soll das nützen, ohne von Eros begnadet zu werden,
   Wenn das Dunkel kommt wachend und weinend zu mir?
Seitdem gibt es keine Federkissen und Decken,
   Und von Wasser kein Ton Stille und Ruhe mir bringt.
Hab ich Unrecht getan der Göttin Charis mit Worten,
   Hat meine Zunge voll Schuld Sühne zu leisten voll Weh?
Kannst du sagen, ich hätte sündhaft betreten den Tempel
   Aphrodites, den Kranz stehlend vom Opferaltar?
Bin ich schuldig, zögre ich nicht, in dem Tempel zu knieen
   Und zu gewähren ihr Küsse auf heiligen Grund,
Knieend, ein Bittsteller, über den heiligen Boden zu kriechen
   Und zu schlagen den Kopf gegen die eherne Tür.
Aber ihr, gleichgültig mein Leiden belachend, bald müsst ihr
   Achtgeben: Götter nicht einen verstoßen allein.
Ich sah einen, der höhnte das Elend der Liebe der Jugend,
   Beugte den Hals als Greis dann in der Liebe Joch selbst,
Komponierte Schmeicheleien mit zitternder Stimme,
   Schmückte sein graues Haar schön mit der eigenen Hand.
Und er schämte sich nicht, vor der Tür seines Mädchens zu stehen,
   Anzuflehn ihre Magd offen am Tag auf dem Markt.
Um ihn herum die Jünglinge drängten sich eng, um den Alten,
   Jeder spuckte da auf seine zärtliche Brust.
Aphrodite, verschon mich! Mein Herz dient dir ewig!
   Warum brennst du herab, was du doch selber gesät?


DRITTE ELEGIE

Überquere die Ägäis ohne mich, Marcus,
   Oh, ich hoffe noch, dass du wieder meiner gedenkst.
Mich hält Phönizien, ich bin krank im ausländischen Lande,
    Tod, halte deine Hand ferne von mir, schwarzer Tod!
Tod, ich flehe dich an, bleibe fern! Meine Mutter ist ferne,
   Kann meine Asche nicht sammeln an trauernder Brust,
Keine Schwester ist da, assyrische Salben zu schütten
   Auf den verkohlten Leib, weinend am Grabe zu stehn.
Keine Evi ist da, die, wenn sie mich weggeschickt hatte,
   Sich beriet und sprach für mich zu jeglichem Gott.
Sie nahm den Heiligen dreimal vom Ministranten entgegen,
   Und der Knabe sprach dreimal den Segen ihr zu.
Alle versprachen meine Rückkehr, aber nichts brachte
   Sie zum Weinen und zum Nachsinnen über mein Gehn.
Ich selbst, der Tröster, als ich meinen Abschiedsbefehl gab,
   Endlos, suchte bang träge Verzögerung nur.
Meine Entschuldigung war des Vogelflugs Vorzeichen böse,
   Oder Saturnus’ Tag ungünstig hielt mich zurück.
Oh, wie oft ich schon sagte: Fahre los! Meine Füße
   Stolperten an der Tür, traurige Warnung war das.
Wenn die Liebe den Mann nicht gehen lässt, kann er wohl merken,
   Dass der erotische Gott selber das Gehn ihm verbot.
Was nützt mir Isis? Was nützt mir Evi? Was ist der Nutzen
   Jenes klappernden Blechs, das du da hältst in der Hand?
Oder während du betest im heiligen Ritus, ich sehe
   Deinen Bikini im Bad, sehe dich schlafen im Bett.
Jetzt, o Göttin, hilf mir jetzt (da die zahllosen Bilder
   Zeigen in deinem Dom, dass du die Heilerin bist) –
So meine Evi erfüllte ihr Mitternachts-Weihegelöbnis,
   Sitzend vor deiner Tür, weißliches Linnen als Kleid,
Dreimal am Tag sich verpflichtend, deine Grüße zu sprechen,
   Aufgelösten Haars unter der pilgernden Schar.
Darf ich bereit sein, bei mir zuhaus zu den Ahnen zu beten,
   Darzubringen den Qualm heiligen Weihrauchs dem Geist?
O wie fromm sie lebten unter Saturnus’ Regierung,
   Als die Welt noch nicht fuhr reisend ins fernere Land.
Damals nahm man die Fichte nicht, zu bereisen die Wellen,
   Zu verbreiten im Wind Segel zur stürmischen Fahrt.
Auch das Wandern der Seemänner zielte nicht nach Profiten,
   Nicht das fremde Land häufte die Waren ins Boot.
Damals haben die Ochsen nicht abgeschüttelt die Joche
   Und das Pferd biss nicht das Zaumzeug mit bissigem Maul.
Unverschlossene Häuser, kein Stein fixiert in der Erde,
   Eine Grenze so fest zu bestimmen im Land.
Ungezüchtete Eichen tropften von selber den Honig,
   Vollbusig kam das Schaf willig zum Hirten und Herrn.
Da gabs keine Armee, keinen Hass, keine grausamen Kriege,
   Keiner hatte ein Schwert schrecklich geschmiedet zum Kampf.
Jetzt unter Zeus’ Regierung gibt es nur blutende Wunden,
   Plötzlich der schwarze Tod kommt auf dem wütenden Meer.
Unser Vater, vergib! Ich schwör nicht fälschliche Eide
   Oder red gottloses Wort gegen den heiligsten Gott.
Wenn ich erfüllt hab meine bestimmten Jahre, ein Stein soll
   Tragen diesen Vers überm vermodernden Fleisch:
HIER LIEGT JOSEF MARIA MAYER / VERZEHRT VON DEM TODE /
   DA IN PHÖNIZIEN ER HATTE GEWARTET AUFS SCHIFF.
Aber ich, der ich mit Schriften Eros verherrlicht,
   Werde von Charis geführt ins elysäische Feld,
Dort wird Gesang und Tanz erblühen und das Gevögel
   Singt dort süßen Gesang schlankesten Halses voll Brunst.
Jene Gefilde tragen Zimt und überall blühen
   Erdblumen freundlichschön, duftende Rosen erglühn,
Reihen von jungen Männern und Mädchen mischen sich spielend,
   Und Gott Eros erweckt seinen unsterblichen Krieg.
Da sind Liebhaber, denen nahte der gierige Tod, sie
   Tragen Myrten im Haar, allen ist sichtbar der Kranz.
Aber der Ort der Bösen, der Verdammten, ist drunten
   In der Finsternis, rundum der feurige Fluss.
Und die wilde Tisiphone tobt, in den Haaren die Schlangen,
   Und die gottlose Schar schwärmt durch den Höllenbereich.
Und der schwarze Cerberus trägt eine Schlange im Maule
   Und er zischt und er bellt, wacht an dem ehernen Tor.
Ixion ist da, der wagte, zu versuchen die Hera,
   Nun wirbelt jedes Glied um auf dem kreisenden Rad.
Tityos dort erstreckt sich über neun Hektar des Bodens,
   Geier immer neu fressen die Leber ihm auf.
Tantalus ist da, Wasserbecher sind um ihn, sie fliegen
   Immer wieder weg, er kann nicht löschen den Durst.
Und die Danaiden, die Aphrodite beleidigt,
    Tragen die Lethe in undichte Eimer umsonst.
Wer meine Liebe verletzte, der soll schmoren dort unten,
   Wer da lange mit mir wollte im Auslande sein.
Aber ich bitte dich, treu zu bleiben! Lasse die Alte,
   Die deine Ehre schützt, sorgfältig sitzen bei dir.
Du wirst Geschichten erzählen und wenn leuchtet die Lampe,
  Ziehst du Fäden lang, die um die Spindel gerollt,
Während die Mägde umher die Arbeit tun ihrer Pflichten,
   Bis allmählich sie müde zu Bette dann gehn.
Dann lass mich kommen! Bringe aber niemandem Nachricht,
   Lass es scheinen, als ob ich von dem Himmelreich käm.
Dann komm zu mir, o Evi, dass ich heilig wie du werd,
   Komm mit Füßen nackt und ungeordnetem Haar.
Darum bete ich für Evi: Auf purpurnem Rosse
   Lass das Morgenrot bringen des Morgensterns Glut.


VIERTE ELEGIE

So die schützenden Schatten dein sein könnten, o Priap,
   Nicht durch die Sonne dein Haupt würde versehrt oder Schnee,
Welche Fähigkeiten von dir bestechen die Knaben?
   Nicht sind leuchtend dein Bart oder die Haare gepflegt.
Nackt erfüllst du deine Rolle im frostigen Winter,
   Auch in der trockenen Zeit bist in der Hitze du nackt.
Also hab ich gebetet. Dionysos’ Sohn gab mir Antwort,
   Gott, der bewaffnet ist mit dem errichteten Pfahl.
O vertraue du der Menge der Opfer der Knaben,
   Sie sind immer ein Grund, ja, für des Eros Gewalt.
Dieser Knabe will, der da hält im Zaume sein Rösslein,
   Dass man das Eis zerbricht seiner erfrorenen Brust.
Dieser ist berühmt für den kühnen Mut, doch der Jungfrau
   Schüchterne Röte glüht schamhaft auf seinem Gesicht.
Lass keine Langeweile aufkommen, wenn er dich leugnet,
   Dann wird doch mit der Zeit er sich ergeben dem Joch.
Lange Zeit haben Löwen gelernt, sich mit Menschen zu füllen,
    Mit der Länge der Zeit höhlt selbst das Wasser den Stein.
Siehe, es reifen die Trauben an den sonnigen Hängen,
   Konstellationen gehn licht auf der sicheren Bahn.
Winde tragen vergeblich Schwüre der Liebe, sei furchtlos,
   Über die Länder dahin, über den Rücken der See.
Danke Zeus! Der Vater bestritt die Macht solcher Schwüre,
   Eros töricht kann alles in Leidenschaft schwörn.
Artemis selber kann schwören straffrei bei all ihren Pfeilen,
   Und Athene kann schwören beim schwärzlichen Haar.
Wenn du verweilst, so gehst du verloren! Die Zeiten vergehen,
   Darum sei der Tag untätig nicht oder faul.
Schnell die Erde verliert ihre violetten Reflexe,
   Und die Ulme, wie schnell sie ihre Blätter verliert!
Wird verachtet das Pferd doch, wenn schwaches Alter sein Schicksal,
   Das in den Startlöchern stand, man in dem Alter erschießt.
Einen Jüngling sah ich, in späteren Jahren bekümmert,
   Trauer drückte herab seinen sehr törichten Kopf.
Grausame Götter! Die Schlange erneuert sich siebenmal, aber
   Uns das Schicksal gewährt keine Verzögerung mehr.
Nur Dionysos leben und Phöbus in ewiger Jugend,
   Ungeschorenes Haar passend ist ewig den zwein.
Du aber wirst deinem Knaben geben, was er begehrt, denn
   Eros immer gebührt höchste Verehrung und Huld.
Du wirst mit ihm reisen, wenn er zu reisen verlangt, ob
   Auch der Hundsstern kocht über der Erde in Glut,
Ob auch der Regenbogen droht mit kommenden Stürmen
   Und den Himmel bemalt bunt mit Reflexen des Lichts,
Wenn er die blauen Wellen mit einem Boot will besegeln,
   Mit dem Ruder das Schiff treiben durch schäumende Flut.
Nicht bei selbst zu harter Arbeit beschwere dich oder
   Wenn deine Hände nicht mehr schaffen wie sie es gewohnt.
Siehe, ich bitte dich, wenn er will tiefe Täler erobern,
   Weigre dich nicht, bei der Jagd sklavisch zu tragen das Netz.
Will er kämpfen, versuch ich, mit leichter Kraft nur zu kämpfen,
   Stelle mich schwach, dass er siege im ungleichen Kampf.
Dann wird er zärtlich mit dir umgehen, dann kannst du haschen
   Einen kostbaren Kuss, du wirst ihn ziehn an die Brust.
Anfangs lasse dich fangen, später schafft er es selber,
   Wenn du gefragt wirst, dann streich ihm voll Sanftheit das Haar.
Leider! Die Zeiten produzieren jetzt elende Künste!
   Nun will das Kind ein Geschenk, reichlich, so wie es gewohnt.
Wissen sie doch, wer du bist. Wer zuerst verkaufte den Eros,
   Den soll ein Mühlstein doch unten versenken im Meer!
Knaben und Eros, Musen und inspirierte Poeten –
   Nie kann ein goldnes Geschenk mehr als das Musenlob sein.
Nur durch Poesie sind die Spitzen der Haare noch schwärzlich,
   Ohne Verse erglänzt nirgends ein Heros im Ruhm.
Nur der Musen Namen wird leben, solange die Erde
    Eichen trägt und das All schön von den Sternen erstrahlt.
Aber der nicht liebte die Musen, verkaufte den Eros,
   Folg er den Wagen denn, wandernd durch Städte im Reich,
Sei er vom wertlosen Glied entmannt auf phrygische Weise,
   Wer die Musen nicht liebt, aber den Eros verkauft.
Aphrodite will Schmeicheleien! Die Göttin begnadet
   Ihrer Beter Beschwer und ihrer Elenden Leid!
Dich besitzt ein dummer Kerl durch schwarze Magie nur!
   Jedem seinen Ruhm! Frage dein Ehemann mich:
Meine Türen sind weit geöffnet der herzlichen Liebe!
   Einst kommt eine Zeit, dann werden Männer im Bund
Führen mein anderes Selbst nach den Gesetzen der Charis.
   Ah, wie Tom mich quält, zögert er mit dem Besuch!
Meine Kunst ist nutzlos, unbrauchbar all meine Weisheit,
   Ach, erspare mir das, Knabe, ich flehe dich an,
Der ich geworden bin eine unwürdig dumme Geschichte,
   Alle lachen schon laut: Ha, was ist das für ein Narr!


 

ZWEITER TEIL


ERSTE ELEGIE

Wer ist hier, mich zu besuchen? Wir reinigen Felder und Ernten,
   Dies im Ritus, der uns ward überliefert von einst.
Komm, Dionysos, lass die süßen Weintrauben prangen,
   Und Demeter, die Stirn golden umwinde mit Korn.
Lass die Erde ruhen an diesem heiligen Tage,
   Lasse die Bauern ruhn, ruhen lass gleichfalls den Pflug.
Löse die Gurte vom Joch, die Ochsen dürfen nun stehen
   An der Krippe, bekränzt mit dem Getreide des Felds.
Alle Dinge sollen den Gott erwarten, es soll auch
   Nicht der Spinnenden Hand wagen, die Arbeit zu tun.
Dir befehle ich, wegzubleiben, lass die Altäre,
   Aphrodite erlaubt uns das Vergnügen der Nacht!
Reinheit erfreut die Götter, zu kommen mit reinem Gewande
   Und zu ziehen das Wasser des Brunnens herauf.
Siehe, das heilige Lamm, das geht zum lichten Altare!
   Siehe die Menge in Weiß, und von Oliven den Kranz.
Götter unserer Ahnen, reinigt das Feld und die Bauern,
   Lasst das Böse fern bleiben von unserem Land,
Lasst die Felder uns nicht betrügen zu Zeiten der Ernte,
   Lasst die Lämmer nicht fallen der Wölfe Begier.
Lasst den schwitzenden Landwirt sicher auf fruchtbaren Feldern
   Häufen Mengen von Holz hoch auf dem lodernden Herd,
Eine Menge von jungen Sklaven, Zeichen des Reichtums,
   Sollen spielen und baun kindisch die Hütten von Holz.
Siehe, ich bete und sehe: Die Eingeweide sind günstig,
   Zeigen: Zufrieden ist Gott, wie an der Leber zu sehn!
Jetzt bringen alte Konsulate würzige Weine,
   Lösen die Bindungen, die uns mit den Ketten versklavt.
Wein zur Feier! Es ist keine Schande, betrunken zu werden,
   An dem Tage des Fests schwanken wir wankenden Gangs!
Lasst uns über unserem Weinbecher sagen: Heil Marcus!
    Und der Name des Freunds tönt zum getrunkenen Wein.
Marcus hat Triumph übers reizende Frankreich gefeiert.
   Herrlicher Sieger, Ruhm deiner Familie, des Volks!
Komm zu mir, begünstige mich, und ich will dir danken
   Mit der Verse Kunst und den Gebeten zu Gott!
Siehe, ich singe das Land und die ländlichen Götter. Mit ihnen
   Jagen die Menschen den Hunger mit Eichelkost weg.
Diese Götter lehrten am Anfang, mit Balken zu bauen
   Und zu decken das Haus dicht mit dem grünlichen Laub.
Und sie lehrten zum ersten Mal den Ochsen zu dienen
   Und des Wagens Rad, still sich im Kreise zu drehn.
Goldene Trauben gaben Saft den trampelnden Füßen,
   Nüchternes Wasser ward klug mit dem Weine vermischt.
Und das Land trägt die Ernte, jedes Jahr neu die Ernte,
   Und die Erde ihr Haar wirft in die himmlische Glut.
Schnelle Bienenschwärme des Frühlings häufen die Pollen,
   Eifrig füllen sie Waben mit süßlichem Seim.
Dann wird der Bauer satt vom konstanten Pflügen der Erde,
   Der als Erster die ländlichen Liedweisen sang,
Spielte die Melodien auf getrockneter Schilfrohre Flöte
   Vor dem ländlichen Gott, spielte die Lieder bekränzt.
War es ein Bauer, der als Erster gefärbt sich mit Beeren
   Und den Tanz aufgeführt, wenn auch in Kunst nicht gelehrt?
Er, er bietet den Ziegenbock, den Führer der Herde
   Und durch das Opfergeschenk mehrt seinen Reichtum der Gott.
Auf dem Lande ein Knabe machte Kränze von Blumen
   Und bekränzte fromm Geister der Ahnen damit.
Da gibt es Schafe, Arbeit für junge niedliche Mädchen,
    Tragen die Schafe doch lachende Mädchen durchs Land.
Frauen am Markt bekommen davon die Knäuel der Wolle,
   Rocken und Spindel wird fleißig mit Fingern gedreht.
Und die Spinnerin singt von Athenes endloser Mühsal
   Und der Webstuhl schwingt sich zu dem Rhythmus des Leibs.
Alle sagen, dass Eros ward geborn auf dem Lande,
   Unter den Herden und wildfreien Stuten geborn.
Mit dem ungeschulten Bogen ging er als Knabe,
   Aber ah wie geschickt jetzt ist des Göttlichen Hand!
Er strebt nicht zu solchen Kreaturen wie früher,
  Sondern Mädchen, jung, niedlich, die reizen ihn jetzt!
Junge Männer beraubt er des Reichtums, gebietet den Alten,
   Lüstern zu reden mit reizenden Mädchen im Tor.
Eros führt die Mädchen vorbei an den schlafenden Wächtern,
   Und sie kommen allein zu den Geliebten des Nachts,
Fühlen ihren Weg mit den Füßen, in Angst und in Spannung,
   Und erkunden die Schatten mit tastender Hand.
Elende, denen der Gott legt schwere Lasten auf, wehe!
   Aber glücklich ist der, welchem die Liebe ein Hauch.
Heiliger Gott, zu unserm Abendmahl komm! Doch beiseite
   Lass den giftigen Pfeil, welcher die Herzen verletzt!
Alle singen den Gott, den wir verherrlichen, rufen
   Ihn zur Herde! So ruft doch zu der Herde den Gott!
Oder ruft für euch selber, und die glücklichen Menschen
   Hören gerne den Ruf, phrygischer Flöte Gesang.
Blase die Flöte! Jetzt kommt die Nacht! Die funkelnden Sterne
   Folgen der Mutter Gefährt, tanzen verspielt ihren Tanz,
Dann kommt der stille Schlaf, in dunkle Schwingen gebettet
   Und es nähert sich der unheilverkündende Traum.


ZWEITE ELEGIE

Lass uns nur Gutes reden: Der Festtag kommt zum Altare,
   Dein Geburtstag! Wer bleibt stumm dabei, Mann oder Frau?
Feuer lassen brennen den heiligen Weihrauch, die Harze,
   Süßen arabischen Duft sendend aus reicherem Land.
Lass deinen Schutzgeist kommen, um seine Ehre zu schauen,
   Weiche Girlanden schling ihm um den heiligen Kopf.
Lass dir deine Schläfen mit reinem Balsam betropfen,
   Lass dich mit Kuchen gefüllt werden und gallischem Wein.
Was auch immer du suchst, frag Marcus, er wird dazu nicken,
   Schau und frage, so komm, weil er bejahend schon nickt.
Siehe, ich prophezeie: Was du wünschst deinem Weibe –
   Ja, ich glaube, der Gott hat wohl inzwischen gelernt.
Du wirst es vorziehen, nicht die ganze Erde zu haben,
  Die von den Bauern wird oft mit den Ochsen gepflügt,
Auch nicht die Perlen, gefischt aus dem seligen indischen Meere,
   Wo die Wellen der See röten sich östlich von Glut.
Deine Gebete sind erfüllt, und Eros fliegt zu dir,
   Surrenden Flügels, er bringt purpurnes Band deiner Frau,
Ewige Liebesbeziehungen, während das langsame Alter
   Falten bringt ins Gesicht und lässt ergrauen das Haar.
Lass den Geburtstag ein Omen für Kinder sein, Lieber,
   Lass eine Kinderschar spielen im eigenen Haus.


DRITTE ELEGIE

Marcus, mein Mädchen Julia ist auf dem Land, in dem Landhaus.
   Der ist von Eisen, der bleiben kann da in der Stadt!
Aphrodite selbst ist auf freiem Felde gegangen
   Und auch Eros lernt, wie man so bäuerlich spricht.
Oh wenn ich nur an mein Mädchen denke, fest auf sie blicke,
   Würd ich den fruchtbaren Grund ritzen mit Hacke und Stich,
Würde folgen der geschwungenen Klinge als Pflüger,
   Während der Ochse gepflügt Schollen der fruchtbaren Saat.
Würde mich nicht beschweren, wenn die brennende Sonne
   Meine Glieder versengt mit ihrer zehrenden Glut,
Oder wenn aufgebrochene Blasen die Hände verwunden,
   Fütterte doch auch Apoll weiland die Ochsen Admets.
Seine Leier und sein lockiges Haar war nichts nütze,
   Krankheit heilte er nicht weise mit heilendem Kraut.
Eros erobert, was seine Weisheit vielleicht zu heilen vermöchte.
    Du sagst: Gott setze sie ein, Kühe zu weiden des Lands,
Sie zu führen aus dem Stall auf die grünlichen Auen,
   Gott lehrte, wie man Lab mischt mit der schäumenden Milch.
Dann wird der Korb aus lichten Stielen von Binsen geflochten,
   Dünnes Gitter gemacht wird für die Molke der Milch.
Oh wie oft seine Schwester errötete, ihm zu begegnen,
   Als er ein Kälbchen trug bäuerlich durch das Gefild.
Oh wie oft die ruhlosen Tiere wagten zu stören
   Seinen schönen Gesang, den er gesungen im Tal!
Oft suchten Führer Orakel und prophetische Omen,
   Unternehmer gehn dann als Enttäuschte nach Haus.
Oft Latona beklagt, wie wild seine struppigen Haare,
   Das war ein Staunen der göttlichen Mutter Apolls.
Wer sah unbedeckt den Kopf, die struppigen Haare?
   Wo war das Heiligtum nun, Phöbus’ geheiligtes Haus?
Wo ist dein Delos nun, Phöbus, oder dein pythisches Delphi?
   Eros gibt dir nur einen bescheidenen Stall.
Selig aber die Götter! Sie sagen: Die ewigen Götter
   Schämten sich noch nie, Charis zu dienen als Knecht.
Jetzt ists ein Mythos. Aber wer sorgt um sein Liebchen,
   Wäre lieber ein Knecht als ein unliebender Gott.
Aber du, wer bist du, der du stirnrunzelnd Eros
   Arbeit zu tun gibst hier in meinem einsamen Haus?
Dich kann auch ein reicherer Liebhaber einst noch ersetzen.
   In der eisernen Zeit lobt man nicht Lust, nur Profit!
Und doch ist der Profit an mancherlei Übeln beteiligt,
   Und Profit macht den Krieg, alles führt Krieg um Profit!
Ach, aus diesem Blut und Gemetzel kommt doch der Tod nur!
   Auch verdoppelt Profit wütenden Meeres Gefahr,
Wütenden Meeres, das Kriegswidder bringt zu gefährdeten Schiffen,
   Wer voll Profitgier ist, er will besitzen die Welt,
Seine Schafe auf vielen Hektar Land grasen lassen.
   Er liebt fremdländischen Stein, Marmor, es soll die Armee
Ihre Heerreihen führen durch die zitternden Städte,
   Tausend Männer des Heers, starkes und schreckliches Heer!
Dämme umschließen das unregierbare Meer, dass in Ruhe
   Fische achten nicht auf den bedrohlichen Sturm.
Junge Mädchen seh ich an reichen Männern sich freuen,
   Aphrodite wünscht von den Verehrern ihr Geld!
So kann nun mein Mädchen Julia schwelgen im Luxus,
   Weil ich Geld ihr gab, geht sie zu Fuß auf den Markt.
Lass sie tragen transparente Seide, gewoben
   Von dem Seidenwurm fern im chinesischen Reich.
Soll sie doch Perlenketten tragen, indisches Kunstwerk,
   Afrikanisches Tuch wickle sie sich um den Kopf.
Ich sag, was bekannt ist: Profitgier hat die Erde erobert,
   Auch auf dem Sklavenmarkt herrscht ja die Grausamkeit nur.
Gebe euch Mutter Erde keine Ernteerträge,
   Grausame Felder ihr, die ihr mir Julia raubt.
Zarter Dionysos, der du pflanzt erfreuliche Reben,
   Auf die Fässer verzicht, lastet auf ihnen ein Fluch.
Niemand darf schöne Mädchen schicken auf düstere Felder,
   Weingott, selbst dein Wein ist solches Tausches nicht wert.
Lass die Früchte der Erde herrschen, es werden nicht Mädchen
   Leben auf dem Land, wo man die Eicheln verspeist.
Eicheln aßen die Alten und machten überall Liebe –
   Was hats geschadet, dass sie nicht ihren Acker besät?
Aphrodite brachte Freuden offen, im Schatten
   Eines reizenden Tals, Eros blies freundlich sie an.
Wächter waren nicht da, die Türen dem Mann nicht verschlossen,
   Wenn das stimmt, so erbitt ich mir zurück diese Zeit.
Sollen doch dicke Gliedmaßen tragen linnene Kleider,
   Aber, wenn mein Gott Eros vom Himmelreich kommt,
Wenn ich nur sehen kann den Körper Julias nackig,
   Was soll mir dann noch fließende Tunika sein?
Auf denn! Ich werde den Acker meiner Herrin bestellen!
   Und ich nehme auch Fesseln und Peitschen zum Werk.


VIERTE ELEGIE

Hier seh ich die Herrin, sehe die Sklaven bereit stehn,
   Abschied nehme ich nun von meiner Freiheit! Adieu!
Traurig wegen der Sklaverei, von Ketten gebunden,
   Eros hängt nie durch bei meinem elenden Werk,
Und verbrennt mich, ob ich schuldlos, ob ich’s verdient hab,
   Ah ich brenne! Brutal, Mädchen! Entferne die Glut!
Ich bin nicht in der Lage, solche Schmerzen zu tragen,
   Besser wäre es Eis-Brocken zu sein auf dem Berg,
Oder ein Pfosten, ein Fels, ausgesetzt der Leere der Winde,
   Dran Schiffbrüchiger bricht scheiternd im stürmischen Meer.
Jetzt ist bitter der Tag, die Nacht ist bitterer, weh mir,
   Jeden Augenblick bin ich in Galle getränkt.
Verse helfen nicht, auch nicht der inspirierende Phöbus,
   Meines Mädchens Hand täglich geb ich ein Geschenk.
Geht, ihr Musen, wenn ihr nicht helfen könnt dem Verliebten,
   So kann man singen nicht einen heroischen Kampf,
Und ich singe auch nicht die Reisen der Sonne, wie Luna
   Reitet auf weißem Ross mitten im milchigen Meer.
Nein, ich sing um das Herz meines Mädchens noch zu gewinnen,
   Geht, ihr Musen, wenn ihr nichts einem Liebenden nützt.
Gaben für sie brauch ich nicht zu erwerben durch Morde,
   Brauch nicht zu weinen vorm Haus, vor der verschlossenen Tür,
Brauch nicht zu klauen die Ikonen des heiligen Tempels,
   Aphrodite selbst wird eine Diebin für mich,
Fordert mich auf zu Verbrechen, gewährt mir mein gieriges Mädchen.
   Soll sie es spüren, wie ich gar noch den Tempel beraub.
Wer da sammelt die grünen Smaragde, umkommen soll er,
   Oder wer Vliese färbt purpurn mit tyrischem Rot,
Perlen des Roten Meeres und feinste Seide Ägyptens
   Sind der Grund für die Gier, welche die Mädchen befällt.
So werden Gottlose, weil die Tür den Schlüssel im Loch kennt
   Und es weiß stets vorm Tore zu wachen der Hund.
Wenn du reiche Geschenke bringst, besiegt das den Wächter,
   Dreht der Schlüssel sich um, bellt nicht der wachende Hund.
Ah, gab Gott die Schönheit dem jungen gierigen Mädchen,
   Was hat Gott mir gebracht doch für gewaltiges Weh!
Ihrem Weinen und Streiten entsteigt, und ist es auch flüchtig,
   Warum der Liebesgott wandert in Schande und Schmach.
Du, die aussperrt den Liebhaber, durch Geschenke geschlagen,
   Kannst dem Feuer, dem Wind eilig entreißen dein Geld.
Mögen die jungen Männer es sehen, die Flammen zu freuen,
   Niemand beschäftigte sich, dass er das Feuer ersäuft.
Oder wenn der Tod kommt, soll euch keiner beweinen,
   Oder bringen Geschenk zu der Beerdigung Fest.
Aber die nicht so ist, nicht gierig ist, möge sie leben
   Hundert Jahre, die weint dann an dem blumigen Grab.
Alten Männern, zur Ehre ihrer vergangenen Liebe,
   Jährlich wird gelegt dann auch ein Kranz auf ihr Grab.
Wenn er scheidet, sagt man: Schlaf süß und ruhe in Frieden,
   Leicht ruht die Erde nur auf dem verstorbenen Leib.
So sprech ich Warnungen aus, doch was nützt die Weisheit mir selber?
   Meine Liebe ist lang mir vorher schon bestimmt!
Warum, selbst wenn sie mich in meine Heimat verkaufen,
   Muss der Väter Gut unter den Hammer denn doch?
Julia mische Drogen, wie Circe oder Medea,
   Und was die Erde für Kraut trägt für der Hexen Magie,
Flüssigkeiten, die aus der Vulva tropfen der Stute,
  Wenn Cythere Lust einbläst dem feurigen Hengst,
Tausend andere Kräuter, wenn Julia schauen nur wollte

   Voller Huld mich an, siehe, so trink ich den Trank!