Von Josef Maria Mayer
ERSTES KAPITEL
DAS LIED DER ARCHITEKTIN
Was, mein geliebter Josef,
Sind dir die Sterne?
Ist dir der Morgenstern
Die allerschönste nackte Göttin Venus?
Der Große Bär, ists dir
Am Himmel die schöne Nymphe Kallisto,
Nymphe aus der Schar der Jungfrau Diana,
Von der lüsternen Venus verführt?
Orion, ist es dir der Heros,
Der sein Schwert an seinem Gürtel trägt?
Und Sirius, ist es sein Hund?
Und Sirius, ist es sein Hund?
Die Dioskuren, die Dioskuren,
Sind es dir die Zwillinge Kastor und Pollux,
Gottessohn der eine, Menschensohn der andre,
Brüder der schönen Helena?
Das Sternbild der Jungfrau,
Ist es dir Asträa, die Jungfrau,
Die Göttin des Goldenen Zeitalters,
Welche wiederkommen wird?
Ist dir der Mond ein toter Stein
Oder die Unbefleckte Luna?
Und was ist dir die Schöpfung,
Mein geliebter Josef,
Was ist dir die Natur?
Ist sie ein mechanisches Uhrwerk,
Ein chaotischer Zufall von toten Atomen,
Oder ist die Schöpfung ein Lebewesen?
Siehst du sie nicht, die Lebendige,
Die ich Natura nenne?
Schau dir die Frau Natura an,
Wie schön sie ist!
Ihr Kleid ist aus Sonnenlicht fein gewoben,
Blüten des Lenzes hineingestickt
Wie in das Kleid der Nymphe Primavera,
Als Mantel trägt sie alle grüne Vegetation,
Auf ihrem Haupt den Zodiak,
Sie wandelt mit der jungen Luna
Und trägt in ihrem Kleide
Über ihrem süßen gewölbten Bauch
Die goldene Blume der Mystik.
Schau, wie schön die Frau Natura ist,
Das Kleid der Gottheit hat sie fein gewoben,
Fein gesponnen, so fein,
Wie ein ägyptisches Kleidchen von Spinnenweben,
So fein, dass durch die transparente Gaze
Der Körper der Gottheit schimmert!
Mein geliebter Josef,
Du sprichst von Gott,
Du sprichst vom Menschen, mein Josef,
Den Gott erschaffen als Mann und Frau.
Ich aber kenn ein drittes Wesen noch,
Das ist das schöne Wesen der Frau Natura.
Denn zu dem ersten Wesen der Gottheit
Und zu dem andern Wesen der Humanität
Tritt noch das Wesen der Frau Natura.
Ja, kühn bekenn ich,
Ob Theologen mich kritisieren,
Der Minnesänger Frauenlob steht mir bei,
Kühn bekenn ich, die Frau Natura
Ist die Mitschöpferin mit dem Schöpfer.
Der Ursprung von allem ist die Höchste Gottheit,
Allein die schöpferische Gottheit
Schafft mithilfe der Mitschöpferin,
Der Mitschöpferin Frau Natura.
Mein geliebter Josef, deine Brüder,
Die frommen Mönche in ihren Zellen,
Sie schauen die Frau Natura
Und lesen in ihr wie in einem Buch,
Sie sprechen vom Buch der Frau Natura,
Sie lesen im Buch der Frau Natura
Vom heimlich-öffentlichen Geheimnis
Der Schönheit der schöpferischen Gottheit.
Allein von der Gottheit lesen sie
Und nicht von dem Wesen der Frau Natura,
Allein in meiner Schule
Die Kosmologisten
Verehren in aller gebotenen Demut
Die Mitschöpferin auch, die Frau Natura.
Mein geliebter Josef, lausche
Dem Liede der Architektin,
Was die Architektin geschaut.
Im Anbeginn der Schöpfung
War die Idea der Frau Natura
Vor dem Throne der Sapientia Divina
Und weinte vor der Ewigen Weisheit:
Ach Sapientia Divina,
Ach Sapientia Divina,
Schau doch den beklagenswerten Zustand
Der Prima Materia an im Chaos!
Was für ein Tohuwabohu!
Was für eine Nigredo!
Was für eine bleierne Schwermut!
Alles ist in Unordnung,
Alles in wahlloser Vermischung,
Alles umnachtet!
Was für ein Chaos,
Was für ein Chaos,
Was für ein wahllos sich vermischendes
Blindes Treiben chaotischer Triebe!
Die Frau Natura sprach weinend
Vor dem Thron der göttlichen Sapientia:
Schau die Hyle an,
Schau die Hyle an,
Die Mater, die Matrix, die Materia,
Schwarze Magna Mater,
Hyle, die Primitive,
Dieses stoffliche Wesen!
Erbarme dich, göttliche Sapientia,
Und erleuchte die dunkle Nacht
Und ordne die drängenden blinden Triebe
Und räume das Tohuwabohu auf
Und stille den Meeressturm
Und schaffe aus dem blinden Begehren
Durch einen schöpferischen Akt
Einen Kosmos als Schmuckstück,
Einen Kosmos als Schönheit,
Als einen Glanz der Ordnung,
Den Kosmos als Kosmetik der Gottheit!
Siehe, da machte sich Sapientia auf
Und entnahm dem Meer des Chaos
Vier Elemente,
Das Feuer, die Luft, das Wasser, die Erde,
Und schied sie sauber von einander.
Dann gab Sapientia auch
Dem Himmel der geistigen Wesen
Eine heilige Hierarchie
Und richtete ein die Chöre
Der Himmlischen, nämlich neun Chöre,
Wie Dionysios trunken geschaut,
Die Throne, auch Götter genannt,
Die Seraphim und Cherubim
Und Mächte, Herrschaften und Gewalten,
Erzengel, Engel zum Dienst der Gottheit!
Dann ging Sapientia an die Sternbilder,
Fügte sie zum Zodiak zusammen,
Zwölf Sterne, die Krone bildend
Der schönsten Frau Natura,
Und Sapientia gab dem Zodiak Macht
Und Einfluss auf die niedre Natur
Des menschlichen Herzens
Bei Wahrung der Willensfreiheit des Menschen,
Wie der Engelgleiche Tomas bezeugt.
Alle Sterne des Himmels
Rief Sapientia mit Namen
Und gab ihnen ihren Ort im All,
Den Carina-Nebel,
Den Asteroiden Muschi
Im Asteroiden-Hauptgürtel
Und den Asteroiden Astarte
Im Asteroiden-Hauptgürtel,
Alle kennt sie mit Namen.
Aber in der Galaxie der Sonne
Wie eine kristallene Kuppel
Sphären über Sphären
Schuf Sapientia zur Himmelstreppe
Sieben Planeten,
Die Luna,
Den Merkur und den Mars,
Die Venus wischen Juppiter und Saturn
Und Sol, die Sonne der Gerechtigkeit.
Dann blies Sapientia
Und rief von den Enden der Erde
Vier Winde, Ostwind und Westwind,
Nordostwind und Südwestwind.
Dann formte Sapientia
Wie eine Töpferin töpfert aus Ton
Unser aller Mutter Erde
Mit den breiten Brüsten,
Nicht ein totes Ding, mein Josef,
Sondern die Architektin sagt,
Die Mutter Erde mit den breiten Brüsten
Ist ein lebendiges Lebewesen.
Und Sapientia ging auf der Erde
Und unter den Tritten ihrer bloßen Füße
Sprossen die roten Rosen
Und die weißen Lotosblumen,
Der starke Eichbaum, der Efeu,
Die Ulm, die prallen Trauben,
Erdbeerbüsche hauchten sich an
Und Thymian duftete
Und der Mohn gesellte sich zur Malve
Und der Krokus war verliebt
In die gelbe Narzisse.
Die Mutter Erde mit den breiten Brüsten
Brachte aus dem Mutterschoß
Das Brot des Lebens hervor,
Das Herz der Menschen zu stärken,
Und brachte hervor den Weinberg
Mit den prallen Trauben,
Auf dass der Wein ergötze
Das Herz des Mannes.
Mein geliebter Josef, mein Liebling,
Sprach die Architektin der Kathedrale,
Ich spreche von der Schöpfung der Menschheit.
Sapientia gab das Gebot
Der heiligen Frau Natura,
Sie sollte suchen die Königin des Himmels,
Urania, die Idee der Schönheit,
Die Göttin purer spiritueller Liebe,
Die im dritten Himmel lebt,
Und suchen solle sie auch die reizende Physis,
Die reizende Physis – Body of Evidence –
Die im Schoß der Erde wohnt.
Die heilige Frau Natura steigt
Wie einst Maria Magdalena
Die Himmelstreppe der sieben Sphären hinan
Der sieben Planeten und pilgert
Durch die achte Sphäre des Fixsternhimmels
Und findet in der neunten Sphäre
Des Empyreums Urania,
Die Göttin der Schönheit und Liebe.
Die himmlische Göttin Urania
Und die heilige Frau Natura gemeinsam
Kommen vom dritten Himmel zur Erde
Und pilgernd durch den Kosmos
Bannen sie alle Dämonen der Sterne
Und machen unschädlich alle Schlangen,
Alle Skorpione und Wassermänner,
Und kommen unbeschadet
Zur Mutter Erde mit den breiten Brüsten
Und finden die Tochter der Mutter Erde,
Die reizende Physis – Body of Evidence.
Die geistige Göttin Urania
Und die seelenvolle Frau Natura
Und die körperlich reizende Physis gemeinsam
Schaffen die Menschheit, Mann und Weib.
Urania aber fährt in heiliger Himmelfahrt
Heim in den dritten Himmel
Und offenbart der heiligen Frau Natura
Dieses Mysterium von der Menschheit:
Alle Tugenden des Morgensternes Venus
Alle Tugenden des Morgensternes Venus
Und der milden Luna
Und der all-erleuchtenden Sonne
Leben in der Menschheit,
Die Energien des heiligen Geistes,
Die strömen durch die Bahnen der Planeten
Und lassen die Fixsterne strahlen,
Alle diese Energien der göttlichen Dynamis
Wirken auch gewaltig in der Menschheit.
Die göttliche Vitalität des Ewigen Lebens
Wirkt als fruchtbare Grünkraft
Auch im Innern von Weib und Mann.
Die Macht aller Mächte
In ihrer vollkommnen Potenz
Schuf durch ihren Akt
So wie das Universum die Menschheit
Und die schöpferische Omnipotentia
Der Macht aller Mächte lebt
Auch in Mann und Weib
Als Potenz und Akt
Und Bruder Sol und Schwester Luna
In geschwisterlicher Harmonie
Und geistiger Hochzeit mystischer Wesen
Leben in Mann und Weib
Und die Menschen sind weise
Wie der uralte Vater Saturnus
Und die Menschen sind freundlich
Wie der joviale Juppiter Xenius
Und die Menschen sind Kämpfer
Wie der Mars, der für die Venus kämpfte,
Und die Menschen sind klug
Wie Hermes Psychopompus
Und die Menschen sind schön
Und voller leidenschaftlicher Liebe
Wie die astrale Venus.
Siehe, sprach die Architektin lächelnd,
Siehe, mein Freund und Bruder Josef,
Wenn die gehauchte Psyche
In die reizende Physis einkehrt,
Weiß die gehauchte Psyche,
Daß sie von den Sternen stammt.
Ja, sprach die lächelnde Architektin,
Die gehauchte Psyche nennt sich
Außerirdischen Ursprungs
Und fühlt sich Fremdlingin auf der Erde,
Denn sie ist ein Sternenwesen,
Ein inkarnierter Engel,
Und ihre insgeheime Sehnsucht
Sehnt sich nach dem himmlischen Garten
Eden auf dem Venussterne
Und heim in den Schoß des Ursprungs,
Heim in die Quelle des Lichts,
Denn aus der Quelle des Lichts
Emanierte das Hauchwesen Psyche,
Um mit der reizenden Physis –
Oh Body of Evidence –
Heimzukehren in den Schoß der überkosmischen Gottheit!
ZWEITES KAPITEL
DER HEILIGE KUSS DER GOTTHEIT
Petrus sprach zu Maria Magdalena:
Schwester, wir wissen,
Schwester, wir wissen,
Daß der Erlöser dich mehr liebt
Als die andern Frauen.
Petrus sprach zu den andern Jüngern:
Sollte der Erlöser heimlich
Sollte der Erlöser heimlich
Gesprochen haben mit einer Frau,
Sie bevorzugt haben vor uns
Und alles das heimlich?
Levi sprach zu Petrus:
Petrus, du bist bekannt als Hitzkopf,
Levi sprach zu Petrus:
Petrus, du bist bekannt als Hitzkopf,
Und nun redest du über die Frau,
Als wenn sie ein Dämon wäre.
Doch wenn der Erlöser sie
Begnadet hat für ihr Werk,
Dann nenne sie nicht gottlos.
Der Erlöser kennt sie ganz genau,
Drum liebt er sie mehr als uns.
Die Gefährtin von Christus war
Maria Magdalena.
Er liebte sie mehr als die andern Jünger.
Die andern Jünger sprachen zu Jesus:
Warum liebst du sie mehr als uns?
Der Erlöser sprach zu den Jüngern:
Warum liebe ich euch nicht so wie sie?
Warum liebst du sie mehr als uns?
Der Erlöser sprach zu den Jüngern:
Warum liebe ich euch nicht so wie sie?
Hermes Trismegistos
Reiste mit einem Schüler
Über die sieben Himmelssphären
In die achte und die neunte Sphäre,
Dort nennt der Schüler seinen Meister Vater
Und der Meister nennt seinen Schüler Sohn.
Hermes Trismegistos sprach:
Ich bin schwanger von der Quelle,
Ich bin schwanger von der Quelle,
Die in mir fließt.
Diese Kraft ist von geistiger Natur
Und gebiert geistige Kinder.
Die geistigen Kinder des Meisters sind jene,
Die seine Erkenntnis empfingen.
Beim Eintritt in die neunte Sphäre
Ruft Hermes Trismegistos:
Lass uns einander küssen, mein Sohn, in Liebe!
Lass uns einander küssen, mein Sohn, in Liebe!
Freue dich über den Kuss!
Schon kommt die Kraft,
Schon kommt das Licht zu uns!
Der Meister Hermes Trismegistos
Führte drei Schüler
Ins Allerheiligste ein.
Vor dem Heiligen Mahl
Sprachen sie ein Gebet.
Als sie das Gebet gen Himmel gesandt,
Umarmten sie einander
Und gaben einander den heiligen Kuss.
Dann traten sie zum Tisch
Und nahmen die heilige Mahlzeit ein.
Mani sprach vom Mysterium des Kusses:
Der erste Kuss ist der Kuss,
Der erste Kuss ist der Kuss,
Womit Eva, die Mutter des Lebens,
Den Urmenschen küsste,
Als der Urmensch hinabstieg in das Reich des Todes,
Die Macht des Todes zu besiegen.
Der zweite Kuss ist der Kuss,
Mit dem Eva, die Mutter des Lebens,
Und Adam, der Vater aller Menschen,
Den Urmenschen küssten,
Als er auferstand von den Toten.
Diesen Kuss, sprach Mani,
Den Kuss des Urmenschen küssen
Frauen und Männer, wenn sie
Sich vorübergehend trennen,
Wenn sie verreisen,
Wenn sie sich wieder treffen,
Dann küssen sie den Kuss
Gemäß dem Mysterium des Urmenschen.
Christus singt diesen Psalm:
Maria, Maria, erkenne mich,
Maria, Maria, erkenne mich,
Magdalena, rühre mich nicht an!
Trockne die Tränen deiner Augen
Und erkenne, dass ich dein Meister bin,
Und sei Apostelin für mich,
Auf dass mich die irrenden Menschen erkennen.
Spute dich, spute dich in Freude
Und geh zu den Aposteln,
Vor allem zu Petrus, und sprich:
Steht auf, denn euer Bruder ruft euch!
Steht auf, denn euer Bruder ruft euch!
Wenn sie mich nicht Bruder nennen wollen,
Dann sage Petrus und den andern:
Euer Meister ruft euch!
Euer Meister ruft euch!
Christus sprach zu Petrus aber:
Petrus, bleibe treu wie ein Fels
Petrus, bleibe treu wie ein Fels
Und bleibe bei mir,
Denn ich habe dich erwählt.
Ich habe mit dir den Anfang gemacht
Auch für die andern,
Die ich berufen will zur Gotteserkenntnis.
Petrus sprach zum gekreuzigten Christus:
Was muss ich schauen, Herr?
Was muss ich schauen, Herr?
Du wirst von den Sündern ergriffen
Und gleichzeitig du ergreifst mich?
Du wirst gemartert auf dem Kreuz
Und lachst und bist fröhlich auf dem Kreuz?
Deine Hände und Füße werden durchbohrt
Und du lachst und freust dich?
Und der gekreuzigte Christus sprach zu Petrus:
Jesus wird zu Tode gemartert,
Jesus wird zu Tode gemartert,
Aber Christus freut sich und lacht.
Da sprach Petrus zu Jesus:
Herr, sie erkennen dich nicht!
Christus sprach zu Petrus:
Wenn sie mich erkennen würden,
Herr, sie erkennen dich nicht!
Christus sprach zu Petrus:
Wenn sie mich erkennen würden,
So würden sie den Herrn der Herrlichkeit
Nicht schlagen ans Kreuz und töten.
Sie sind blind,
Sie wissen auch nicht, was sie reden.
Da sah Petrus in dem gekreuzigten Jesus
Den lachenden fröhlichen Christus,
Der den heiligen Geist ausgoss!
Jakobus aber war im Gebet,
Da erschien der Herr dem Jakobus.
Jakobus beendete sein Gebet
Und umarmte den Herrn.
Jakobus küsste den Herrn und sprach:
Rabbi, ich hab dich gefunden!
Rabbi, ich hab dich gefunden!
Ich habe von deinen Leiden gehört,
Die du erleiden musstest,
Und ich war voller Mitleid mit dir!
Nun spricht die Braut aber selber:
Küsse mich
Küsse mich
Mit den Küssen
Deines Mundes!
Wie lange noch schickt
Mir mein Bräutigam
Küsse durch die Schriften Moses?
Küsse durch die Verse der Propheten?
Nein, seine Lippen will ich
Nein, seine Lippen will ich
Berühren,
Er soll kommen,
Ihn will ich herunterholen
Vom Himmel.
Saturnus kam in den Himmel,
Von Engeln getragen
Kam er
Ins Paradies.
Dort sah er Christus.
Saturnus sprach: Ich sah
Dort einen Greis mit weißen Haaren
Und mit einem jugendlichen Antlitz,
Ich sah nicht seine Füße.
Rechts und links von ihm
Standen Älteste.
Voller Bewunderung trat ich ein
Und stellte mich vor den Thron.
Die Engel haben mich aufgehoben
Und ich habe den Herrn geküsst
Und der Herr hat mit seiner Hand
Mein Haupt gestreichelt.
Bilder und Rätselsprüche will ich nicht,
Träume und Visionen will ich nicht,
Einen Menschen und einen Engel will ich nicht,
Sondern Christus will ich.
Mein Christus ist ja schöner
Als ein Mensch und als ein Engel.
Meinen Christus bitt ich,
Mich mit dem Kusse seines Mundes zu küssen.
Ach, nicht darf ich bitten,
Von meinem Christus geküsst zu werden,
Aber demütig darf ich bitten,
Daß mein Christus mich küsst
Mit dem Kusse seines Mundes.
Mein Christus,
Laß mich dir die bloßen Füße küssen!
Mein Christus, lass mich dir küssen die zärtliche Hand!
Mein Christus,
Oh, ich wage zuviel,
Laß mich küssen deinen süßen Mund!
Wenn ich küsse deinen Fuß,
Bekehre ich mich,
Wenn ich küsse deine Hand,
Schreite ich voran,
Wenn ich dich küsse auf den Mund,
So werde ich vollendet.
Mein Kuss auf deinen Fuß
Ist noch die Strenge der Buße,
Mein Kuss auf deine Hand
Ist Liebe in Selbstverleugnung,
Oh mein Christus,
Laß mich einmal gewürdigt werden,
Deinen Mund zu küssen,
Denn da werde ich vollkommen!
Wer darf die Lippen küssen
Meines geliebten Christus?
Wer die wüste Begierde des Fleisches verlassen,
Wer vom geheimen Manna gekostet,
Wer die versiegelte Quelle getrunken!
Während der Heiligen Messe
Sah ich einen Adler
Vom Altare zu mir kommen,
Der Adler kündete mir
Die kommende Einswerdung an.
Dann sah ich vom Altare
Jesus als Kind zu mir kommen,
Jesus als Gott zu mir kommen,
Christus selber kam,
Aber noch wie von außen.
Da ward ich plötzlich eins mit ihm!
So sehr verging Er
Und zerschmolz Er
In der Einheit mit mir,
Daß ich ihn nicht mehr außen wahrnahm,
Daß er fortan von mir nicht mehr zu trennen war.
Es war eine süße Liebe,
Ein zärtliches Umarmen
Und allerlieblichstes Küssen!
Christus küsste mich,
Das war die geistige Hochzeit!
Ich ging in der Wohnung der Seele
Sechs Zimmer hindurch,
Im siebenten Zimmer
Zog Christus mich an sich
Und gab mir den liebevollen Kuss,
Um den ich ihn gebeten habe.
In diesem heimlichen Zimmer
Zeigte er mir alle seine Herrlichkeit,
Zeigte er mir alle seine Macht und Pracht.
Er selber zeigte sich
Und seine innige Liebe,
Die er schon vor langer Zeit
Mir zugedacht hatte.
O geliebte Seele,
Es muss dir ernst sein mit der Weisheit,
Suche ohne Unterlass die Weisheit,
Die Liebe
Eines Kusses
Der göttlichen SOPHIA –
Im Namen Jesu –
Diese Liebe empfängst du wohl,
Denn die göttliche Sophia
Steht vor deiner Tür
Und klingelt!
Oh, jetzt tritt sie ein,
Sie, die Göttliche Jungfrau Sophia,
Sie kommt zur Seele
Und küsst den Menschen
Mit ihrer honigsüßen Liebe
In dem innersten Wesen innerlich
Und drückt dem Menschen
Ihre Liebe ein,
Zum Triumph in die Begierde des Menschen!
Die göttliche Jungfrau Sophia spricht:
O mein geliebter Bräutigam!
O mein geliebter Bräutigam!
Bleib doch mit deinem Antlitz
Vor mir stehen
Und gib mir alle deine Feuerflammen
Und zünde mich an,
So will ich aus meiner zärtlichen Sanftmut
Deine glühenden Feuerflammen
In reine Weißglut wandeln,
Ich will meine Liebe
Durch deine glühende Weißglut
In deine liebeslodernde Flammenseele
Einführen
Und dich ewig – ewig küssen!